Yahoo-Chefin Mayer UNTERNEHMEN Frau mit Freak-Faktor Seit Marissa Mayer vor gut einem Jahr den angeschlagenen Internetkonzern Yahoo übernommen hat, gilt sie als Star in der globalen Riege weiblicher Führungskräfte. Doch wie sieht ihre wirtschaftliche Bilanz eigentlich aus? ART STREIBER / AUGUST
Wirtschaft Fragt man Yahoo-Mitarbeiter, wie sich ihr Unternehmen gewandelt hat, seit Marissa Mayer, 38, ihre Chefin ist, bekommt man oft die gleiche Anekdote zu hören. Jahrelang war die Unternehmenszentrale im Silicon Valley von hohen Metallzäunen umgeben. Mitarbeiter, die zu den Firmenparkplätzen wollten, mussten Schranken und elektronische Kontrollen überwinden. Wenige Tage nachdem Mayer die Führung übernommen hatte, waren die Zäune plötzlich weg. „Ich stelle mir immer vor, wie Marissa nachts als Superheldin angeflogen kam und die Zäune eigenhändig aus dem Boden gerissen und ins Meer geworfen hat“, sagt Lee Parry, einer der führenden Manager im Mobile-Team von Yahoo. So sehen Nerd-Phantasien aus. Und es gibt zurzeit viele solcher Träume, in denen Marissa Mayer die Hauptrolle spielt. Für die Yahoo-Mitarbeiter, ausgelaugt von Jahren des schleichenden Abstiegs, den ständigen Bedrohungen durch schnellere Start-ups und der Häme der Blogger, war die Symbolkraft von Mayers erster Tat groß. Sie hatten sich belagert gefühlt hinter den hohen Zäunen. Die Firmenzentrale, eine Ansammlung grauer Klötze am Rande der San Francisco Bay, wirkte wie eine Versicherungszentrale, nicht wie die kreative Welt von Google, Facebook, Twitter mit ihren bunten Hauptquartieren, die Abent<strong>eu</strong>erspielplätzen ähneln. Es ist typisch für Mayer, dass sie den Zaunabriss offiziell mit Zahlenlogik begründete: Sie rechnete vor, wie viele Stunden Arbeitskraft aufs Jahr gerechnet dem Unternehmen durch die Parkkontrollen verlorengingen. Die Anekdote wurde zum Mosaiksteinchen in dem Bild, das sie sorgfältig kultiviert: dem Bild der zutiefst rationalen Informatikerin, für die nur Logik, Effizienz und Fakten zählen. Damit ist sie früh zum Medienstar geworden, zur Vorzeigefrau der männer - dominierten Technologiebranche: brillant und machtorientiert, gutaussehend, im Herzen aber ein „Geek“, ein Computerfreak. Sie war eine der ersten Mitarbeiterinnen von Google und über ein Jahrzehnt lang das prominenteste Gesicht des Konzerns neben den beiden Gründern, verantwortlich für Google Search und Google Maps. Im Sommer 2012 wechselte Mayer als Chefin zu Yahoo. Es war eine der aufsehenerregendsten Wirtschaftspersonalien der vergangenen Jahre, weltweit. Der schlingernde Konzern hatte zuvor in wenigen Jahren weitgehend unbemerkt drei n<strong>eu</strong>e Chefs ernannt. Aber erst Mayers Ernennung löste ein Medien - f<strong>eu</strong>erwerk aus. Es klang, als hätte der 1. FC Nürnberg im Abstiegskampf auf einmal José Mourinho als Trainer bekommen: Zuvor waren nur die eigenen Fans inter essiert, plötzlich schaute die ganze Fachwelt darauf, ob ein Star es schafft, eine abgehalfterte Mannschaft wieder in Schwung zu bringen – oder krachend scheitert. Mayer ging dabei nie so spielerisch mit der Öffentlichkeit um wie die zweite große Führungsfrau der Jetzt-Zeit, Facebook- Vizechefin Sheryl Sandberg. Die schrieb nebenher noch das Buch „Lean in – Frauen und der Wille zum Erfolg“ und ließ sich zur Ikone eines modernen Feminismus küren. Aber auch das n<strong>eu</strong>e Duo Yahoo und Mayer taugt zum symbolträchtigen Spektakel, denn es geht um viele N<strong>eu</strong>e Hoffnung Yahoo-Aktienkurs, in Dollar 3.1.2010 16,8 16. Juli 2012: Marissa Mayer wird Vorstandsvorsitzende Quelle: Thomson R<strong>eu</strong>ters Datastream 15,7 11.10.2013 34,1 Ausgewählte Zukäufe unter Marissa Mayer Nachrichten- App GhostBird IQ Engines Lexity Loki Studios MileWise OnTheAir Rondee Stamped kauft und integriert, darunter das Blog- Portal Tumblr. Irgendwie hat es Yahoo zuletzt sogar geschafft, das erste Mal seit Jahren Google als meistbesuchtes Web- Portal abzulösen, zumindest in den USA. Blickt man aber kritisch auf den Konzern, gibt es bislang wenige Indizien für eine dauerhafte Trendwende. Es lässt sich sogar argumentieren, dass Mayers Strategie nicht viel mehr ist als eine sehr t<strong>eu</strong>er erkaufte Imagepolitur: Umsatz und Marktanteile schrumpfen. Der Yahoo- Kurs stieg vor allem wegen der Beteiligung an dem aufstrebenden chinesischen Internetriesen Alibaba. Es gibt Stimmen im Silicon Valley, die sagen: Mayer selbst sei überbewertet, wirklich erfolgreich nur in der Selbst - vermarktung. Sie sei ein Produktmensch, „nicht interessiert an den finanziellen Aspekten der Unternehmensführung“. So formuliert es einer, der lange mit ihr gearbeitet hat. Yahoo ist immer noch eine der bekanntesten Medienmarken der Welt. Ein Pionier der digitalen Revolution, gegründet 1994 als Web-Katalog, schnell aufgestiegen zum führenden Portal für die n<strong>eu</strong>e Internetwelt mit einem der größten E- Mail-Dienste. Doch schon bald nachdem die New Economy kollabiert war, verlor der Konzern den Anschluss. Vergangenes Jahr setzte Yahoo fünf Milliarden Dollar um, rund ein Drittel weniger als 2008. Wechselnde Top-Manager hatten unterschiedliche Ideen, was Yahoo sein sollte: Medienunternehmen? Dienstleister? Zuletzt galt es als Sony-Walkman des Internets: einst Vorreiter, h<strong>eu</strong>te nur noch von Nostalgiewert, ohne ernstzunehmende Kraft oder Idee in den knallhart gefochtenen Kämpfen um die Technologieführerschaft. Markus Spiering hat die miesen Jahre miterlebt, er ist seit 2006 bei Yahoo und sagt nun: „Das waren unschöne Zeiten.“ Spiering kommt aus Dresden, hat eigentlich Architektur studiert, sich aber mehr für Websites und Mobiltelefone inter - essiert. Nun ist er Produktchef von Flickr. Damit steht Spiering ziemlich weit oben in der Hierarchie von Yahoo, denn auf Flickr speichern, teilen und diskutieren 92 Millionen Nutzer ihre Fotos. Das macht die Plattform zu einem der wichtigsten Produkte des Konzerns. Viele Jahre hat man das nicht gemerkt. 2002 gegründet und 2005 von Yahoo übernommen, war Flickr schnell aufgestiegen zum weltweit größten und wichtigsten Fotografieportal im Internet. Es ist offensichtlich ein Produkt von enormem Wert, denn kaum etwas lockt mehr Internetnutzer an als das Thema Fotos. Und kein anderes Beispiel zeigt besser als Flickr, weshalb Yahoo so weit zurückgefallen ist. Seitdem auch Handys ordentliche Bilder produzieren, ist Fotografie ein globa- Mikroblogging- Netzwerk +117% Foto- und Video-App Foto-App-Entwicklung Bilderkennungssoftware E-Commerce-Service Smartphone-Spiele Flug-Suchmaschine sozialer Video-Chat Telefonkonferenzdienst Empfehlungs-App große Fragen: ob das dominante Triumvirat der Internetgiganten um Google, Amazon und Facebook doch verwundbar ist. Ob eine Frau sich behaupten kann in einer der machohaftesten Branchen überhaupt. Und vor allem: ob ein Unternehmen, das im digitalen Zeitalter einmal den Anschluss verloren hat, noch eine zweite Chance bekommt. Ein Erfolg von Marissa Mayer wäre zugleich ein Signal für jene, die zurzeit einen zunehmend aussichtslosen Kampf gegen den eigenen Bed<strong>eu</strong>tungsverfall führen: BlackBerry und Hewlett-Packard etwa, aber auch Sony und sogar Microsoft. Schaut man h<strong>eu</strong>te wohlwollend auf das Unternehmen, dann sieht es so aus, als habe Mayer bereits Wunder vollbracht. Der Börsenkurs hat sich verdoppelt. Viele n<strong>eu</strong>e Anwendungen wurden auf den Markt gebracht. 20 Firmen hat Mayer ge- DER SPIEGEL 42/2013 75
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