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Die Ableitung zervikaler und okulärer vestibulär ... - HNO Schwindel

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<strong>HNO</strong><br />

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilk<strong>und</strong>e, Kopf- <strong>und</strong> Hals-Chirurgie<br />

Deutsche Akademie für Hals-Nasen-Ohren-Heilk<strong>und</strong>e, Kopf- <strong>und</strong> Hals-Chirurgie<br />

Elektronischer Sonderdruck für<br />

L.E. Walther<br />

Ein Service von Springer Medizin<br />

<strong>HNO</strong> 2010 · 58:1129–1144 · DOI 10.1007/s00106-010-2184-9<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

zur nichtkommerziellen Nutzung auf der<br />

privaten Homepage <strong>und</strong> Institutssite des Autors<br />

L.E. Walther · K. Hörmann · O. Pfaar<br />

<strong>Die</strong> <strong>Ableitung</strong> <strong>zervikaler</strong> <strong>und</strong> <strong>okulärer</strong> <strong>vestibulär</strong><br />

evozierter myogener Potenziale<br />

Teil 2: Einflussfaktoren, Bewertung der Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> klinische Bedeutung<br />

www.<strong>HNO</strong>.springer.de


CME<br />

Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung<br />

<strong>HNO</strong> 2010 · 58:1129–1144<br />

DOI 10.1007/s00106-010-2184-9<br />

Online publiziert: 21. Oktober 2010<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

Redaktion<br />

A. Neumann, Neuss<br />

L.E. Walther 1 · K. Hörmann 2 · O. Pfaar 2<br />

1<br />

<strong>HNO</strong>-Gemeinschaftspraxis, Sulzbach (Taunus)<br />

2<br />

Universitätsklinikum Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Mannheim<br />

<strong>Die</strong> <strong>Ableitung</strong> <strong>zervikaler</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>okulärer</strong> <strong>vestibulär</strong> evozierter<br />

myogener Potenziale<br />

Teil 2: Einflussfaktoren, Bewertung der Bef<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> klinische Bedeutung<br />

Zusammenfassung<br />

VEMP-Messungen unterliegen unterschiedlichen Einflüssen: Alter des Patienten, Reizschwelle,<br />

Reizlautstärke <strong>und</strong> Reizfrequenz. Mit Luft- (AC) <strong>und</strong> Knochenleitungsreizen (BC) werden die <strong>vestibulär</strong>en<br />

Rezeptoren <strong>und</strong> Afferenzen der Otolithenorgane in unterschiedlichem Ausmaß stimuliert.<br />

Klinisch stehen die zervikal abgeleiteten VEMP (cVEMP) sowie die okulären (oVEMP) zur<br />

Verfügung. AC-cVEMP stellen vorwiegend einen Indikator für die sacculocollische Reflexstrecke<br />

dar. VEMP ermöglichen zusammen mit Bef<strong>und</strong>en des vestibulookulären Reflexes (VOR, Bogenganganalyse)<br />

<strong>und</strong> ergänzender Otolithentests die seitengetrennte Analyse der Otolithenfunktion.<br />

Auch die Abgrenzung von kombinierten oder isolierten Bogengang- <strong>und</strong> Otolithenfunktionsstörungen<br />

im Sinne einer Subtypisierung von Schädigungsmustern bei ein- <strong>und</strong> beidseitigen Affektionen,<br />

wie der Neuritis vestibularis oder der bilateralen Vestibulopathie, ist möglich. Darüber hinaus<br />

gewinnt der Einsatz von VEMP bei prognostischen <strong>und</strong> therapeutischen Fragestellungen sowie<br />

bei der Begutachtung an Bedeutung.<br />

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Teilnahmemöglichkeiten<br />

– kostenfrei im Rahmen des jeweiligen<br />

Zeitschriftenabonnements<br />

– individuelle Teilnahme durch den Erwerb<br />

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Zertifizierung<br />

<strong>Die</strong>se Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten<br />

zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen<br />

<strong>und</strong> der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>und</strong> damit auch für<br />

andere Ärztekammern anerkennungsfähig.<br />

Hinweis für Leser aus Österreich<br />

Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm<br />

(DFP) der Österreichischen Ärztekammer<br />

werden die auf CME.springer.de erworbenen<br />

CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische<br />

Fortbildung anerkannt.<br />

Kontakt <strong>und</strong> weitere Informationen<br />

Springer-Verlag GmbH<br />

Fachzeitschriften Medizin / Psychologie<br />

CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17<br />

69121 Heidelberg<br />

E-Mail: cme@springer.com<br />

CME.springer.de<br />

Schlüsselwörter<br />

<strong>Schwindel</strong> · Otolithen · Sacculus · Utriculus · Okuläre <strong>vestibulär</strong> evozierte myogene Potenziale<br />

(oVEMP) · Zervikale <strong>vestibulär</strong> evozierte myogene Potenziale (cVEMP)<br />

Recording cervical and ocular vestibular evoked<br />

myogenic potentials · Part 2: Influencing factors,<br />

evaluation of findings and clinical significance<br />

Abstract<br />

VEMP measurements are subject to various influencing factors: patient age, threshold, so<strong>und</strong> intensity<br />

and frequency. Using air (AC) and bone conduction (BC) the vestibular receptors and afferents<br />

of the otolith organs can be activated to varying degrees. Recordings of cervical (cVEMP)<br />

and ocular VEMP (oVEMP) are clinically possible. AC-cVEMP are primarily an indicator of the<br />

sacculocollic reflex pathway. Together with findings on the vestibuloocular reflex (VOR) and complimentary<br />

otolith tests, VEMP enable otolith function analysis of each side separately. In addition,<br />

the distinction between combined or isolated canal and otolith dysfunction in terms of subtyping<br />

and patterns of damage in mono- and bilateral disorders, such as vestibular neuritis or bilateral<br />

vestibulopathy, is possible. Moreover, VEMP is relevant in terms of prognostic and therapeutic<br />

considerations as well as expert assessments.<br />

Keywords<br />

Vertigo · Otoliths · Sacculus · Utriculus · Ocular vestibular evoked myogenic potentials (oVEMP) ·<br />

Cervical vestibular evoked myogenic potentials (cVEMP)<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

1129


Den Einfluss von Patientenmerkmalen <strong>und</strong> Stimulationsparametern auf die <strong>Ableitung</strong><br />

<strong>zervikaler</strong> (cVEMP) <strong>und</strong> <strong>okulärer</strong> <strong>vestibulär</strong> evozierter myogener Potenziale (oVEMP) beschreibt<br />

der vorliegende Beitrag. Zusätzlich gibt er Einblick in die klinische Beurteilung der<br />

mit diesen Messungen erhobenen Bef<strong>und</strong>e.<br />

7 Bogengangdehiszenzsyndrom<br />

Der Wissensstand über die <strong>vestibulär</strong> evozierten Potenziale (VEMP) hat sich seit der Erstbeschreibung<br />

Mitte der 1990er-Jahre bis heute vervielfacht. Im Vordergr<strong>und</strong> steht derzeit die Erweiterung<br />

des klinischen Einsatzes der cVEMP <strong>und</strong> der neueren oVEMP. <strong>Die</strong> VEMP können z. B. zur Diagnostik<br />

des 7 Bogengangdehiszenzsyndroms, zur Diagnostik des Anfallschwindels (M. Menière), bei<br />

Kopfanpralltraumen zur Klärung der Frage einer Otolithenbeteiligung, vor <strong>und</strong> nach Eingriffen am<br />

Innenohr, aber auch im Rahmen der Therapie (intratympanale Gentamicingabe beim M. Menière)<br />

eingesetzt werden. Zunehmend gewinnen sie auch im Rahmen der Begutachtung <strong>vestibulär</strong>er Störung<br />

an Bedeutung [7, 14, 22, 71, 92]. <strong>Die</strong> Beurteilung der Bef<strong>und</strong>e bei klinischen Fragenstellungen<br />

erfordert die Kenntnis von Einflussgrößen des Patienten <strong>und</strong> technischen Parametern, die die Messung<br />

beeinflussen können.<br />

Einflussgrößen <strong>und</strong> Parameter bei der Messung<br />

Einfluss des Alters<br />

VEMP-Amplituden vermindern sich<br />

mit zunehmendem Alter<br />

7 Physiologische Reflexasymmetrie<br />

<strong>Die</strong> VEMP-Reizschwellen <strong>und</strong> die<br />

Latenzzeiten nehmen mit zunehmendem<br />

Lebensalter geringfügig zu<br />

VEMP-Amplituden vermindern sich mit zunehmendem Alter. So haben 20-Jährige durchschnittlich<br />

doppelt so große Amplituden wie 80-Jährige. <strong>Die</strong> Ursache dieser Veränderungen ist hauptsächlich<br />

myogener Natur. <strong>Die</strong> Muskelvorspannung nimmt mit zunehmendem Alter ab. Bei cVEMP-<strong>Ableitung</strong>en<br />

wird die tonische Aktivität des M. sternocleidomastoideus elektromyographisch kontrolliert.<br />

<strong>Die</strong> ermittelten Amplituden müssen altersabhängigen Normwerten zugeordnet werden.<br />

Bei den oVEMP ist der Effekt der Muskelvorspannung offensichtlich vernachlässigbar gering, jedoch<br />

nimmt auch hier die Amplitude mit zunehmendem Alter ab. Das Amplitudenverhältnis im Seitenvergleich<br />

weist mit zunehmendem Alter Unterschiede auf: 7 physiologische Reflexasymmetrie.<br />

Für die oVEMP <strong>und</strong> cVEMP existieren umfangreiche Untersuchungen zu Referenzbereichen für die<br />

Lebensdekaden, die bei der Bewertung der Bef<strong>und</strong>e berücksichtigt werden müssen. [3, 4, 10, 46, 50,<br />

61, 64, 91]. <strong>Die</strong> VEMP-Reizschwellen <strong>und</strong> die Latenzzeiten nehmen mit zunehmendem Lebensalter<br />

geringfügig zu: Der Anstieg der Reizschwelle der VEMP mit dem Lebensalter ist unabhängig vom<br />

Hörvermögen <strong>und</strong> vom verwendeten Stimulus, hängt jedoch von der Frequenz ab. Allerdings ist der<br />

Effekt relativ gering ausgeprägt: Im Vergleich zu Zwanzigjährigen nimmt die Reizschwelle bei einem<br />

500-Hz-Stimulus bis zum 80. Lebensjahr um etwa 10 dB nHL zu [4, 10, 46, 50, 61, 64, 91]. Auch die<br />

Latenzzeiten verändern sich mit zunehmendem Alter im Sinne einer Latenzverlängerung geringfügig<br />

[22, 46, 64, 71].<br />

Luftleitung<br />

Reizintensität <strong>und</strong> Amplitude<br />

verhalten sich direkt proportional<br />

zueinander<br />

7 Weiter Aquaeductus vestibuli<br />

Für klinische Zwecke empfiehlt<br />

sich die einmalige <strong>Ableitung</strong> bei<br />

100 dB nHL<br />

Reizintensität, Reizschwelle, Reizfrequenz <strong>und</strong> Stimulus<br />

Bei Einsatz der Luftleitung („air conduction“, AC) zeigt sich bei allen VEMP mit zunehmender Reizintensität<br />

eine direkt proportionale Zunahme der Amplitudengröße (. Abb. 1).<br />

<strong>Die</strong> so zu ermittelnde Reizschwelle schwankt individuell <strong>und</strong> frequenzabhängig etwa zwischen<br />

70 dB nHL <strong>und</strong> 95 dB nHL. Bei einer Reizfrequenz von 250 Hz bzw. 500 Hz zeigen sich in etwa identische<br />

mittlere VEMP-Schwellen für die AC-cVEMP (74 dB nHL) <strong>und</strong> die AC-oVEMP-<strong>Ableitung</strong>en<br />

(83 dB nHL). <strong>Die</strong> mittleren oVEMP-Schwellen sind dabei höher als die cVEMP-Schwellen. <strong>Die</strong> Beachtung<br />

der Schwellen im Rahmen der Untersuchung ist bedeutsam, da diese ein Hinweiszeichen für<br />

eine Dehiszenz des Bogengangs oder einen 7 weiten Aquaeductus vestibuli darstellen können [56].<br />

Lässt sich andererseits kein Potenzial ableiten, kann die Schwelle ggf. erhöht werden, im Fall einer<br />

Schallleitungsstörung sollte ein Knochenleitungsreiz eingesetzt werden. Für klinische Zwecke empfiehlt<br />

sich die einmalige <strong>Ableitung</strong> bei 100 dB nHL. Bei dieser überschwelligen Reizintensität ist gesichert,<br />

dass eine reproduzierbare, qualitativ gute myogene Antwort induziert wird. Zeigen sich stark<br />

erhöhte VEMP-Amplituden, die für ein Bogengangdehiszenzsyndrom sprechen können, ist die Reizintensität<br />

entsprechend zu vermindern: Lassen sich keine Antworten ableiten <strong>und</strong> ist eine Schallleitungsstörung<br />

ausgeschlossen, sollte keine weitere Erhöhung der Reizintensität erfolgen [22, 71, 92].<br />

1130 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

+ 0.40 [µV]<br />

100<br />

100<br />

97<br />

97<br />

95<br />

95<br />

93<br />

P 1<br />

93<br />

91<br />

91<br />

89<br />

89<br />

[ms]<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

[ms]<br />

Abb. 1 8 AC-cVEMP-Untersuchung. Abhängigkeit von Reizintensität <strong>und</strong> Amplitude. Eindeutige cVEMP bei 13 ms<br />

<strong>und</strong> 23 ms zeigen sich erstmals beidseits bei einer Reizschwelle von 91 dB nHL (500 Hz, Burstreiz). Zunehmende<br />

Amplitude mit Steigerung der Reizintensität. Rot rechte Seite, blau linke Seite<br />

AC-cVEMP <strong>und</strong> AC-oVEMP-Untersuchungen sollten mit einem Burstreiz erfolgen. Zwar eignen<br />

sich für die Applikation bei Luftleitung Click- <strong>und</strong> Burstreize, <strong>und</strong> signifikante Unterschiede in der<br />

Verwendung des Stimulus sind nicht bekannt. Doch verwenden wir für die Stimulation Burstreize<br />

mit einer Frequenz von 500 Hz bei etwa 5–7 Stimuli pro Sek<strong>und</strong>e, da bei der Burstreizung im Vergleich<br />

zu Clicks niedrigere absolute Stimulusintensitäten erforderlich sind [4, 10, 46, 50, 61, 64, 91].<br />

Nur mit einer Reizfrequenz von 500 Hz lassen sich in 100% der Fälle mit Click- als auch Burstreizung<br />

bei Ges<strong>und</strong>en mit 95 <strong>und</strong> 100 dB nHL AC-oVEMP <strong>und</strong> AC-cVEMP ableiten. <strong>Die</strong> Amplitude<br />

ist bei diesen Frequenzen am größten [46, 50, 64].<br />

Optimale Parameter für die AC-cVEMP<br />

Für AC-VEMP-Untersuchungen mit klinischen Fragestellungen empfehlen wir eine 7 monaurale<br />

Messung, die auf jeder Seite einmal reproduziert werden sollte. Hierfür eignet sich die Verwendung<br />

eines 500-Hz-Burstreizes (etwa 5–7 Stimuli pro Sek<strong>und</strong>e) mit einer Reizintensität von 100 dB nHL.<br />

Bei dieser Parameterkonstellation finden sich stabile Latenzen, ausreichend große Amplituden mit<br />

einer 100%igen <strong>Ableitung</strong>. <strong>Die</strong> Reizschwelle ist bei dieser Frequenz am niedrigsten.<br />

Burstreize erfordern niedrigere Stimulusintensitäten<br />

als Clickreize<br />

7 Monaurale Messung<br />

Knochenleitungsstimulation<br />

Bei der Knochenleitung („bone conduction“, BC) ist Folgendes zu beobachten: Neben 7 hochleistungsfähigen<br />

Knochenleitungshörern setzt sich gegenwärtig für die BC-VEMP-Diagnostik die Anwendung<br />

eines 7 Minishakers Typ 4810 (Fa. Bruel & Kjaer, Naerum, Dänemark) durch. Für die BCoVEMP<br />

werden Clicks oder Burstreize mit einer Reizfrequenz von 500 Hz bei etwa 100 dB nHL verwendet.<br />

Damit kann eine Stimulation in Kopfmitte an der Stirn-Haar-Grenze (Fz) <strong>und</strong> über dem<br />

Mastoid (Ma) auf beiden Seiten erfolgen. <strong>Die</strong> Abhängigkeiten der Parameter entsprechen prinzipiell<br />

denen, die bei der Luftreizung angegeben wurden [21, 22, 43, 44, 71, 81–83].<br />

7 Hochleistungsfähige Knochenleitungshörer<br />

7 Minishaker<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

1131


Bewertung pathologischer Bef<strong>und</strong>e<br />

Reflexstrecke<br />

VEMP müssen mit Blick auf die gesamte<br />

Reflexstrecke analysiert werden<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse der Untersuchungen der VEMP müssen mit Blick auf die gesamte Reflexstrecke interpretiert<br />

werden. Verzögerte Latenzzeiten sind ein Hinweis für eine Störung, die im Bereich der Rezeptoren,<br />

der otolithären Afferenzen über zentrale Bahnen bis hin zum Muskel lokalisiert sein kann.<br />

Somit sind VEMP nicht nur ein Indikator für Erkrankungen der Otolithenorgane, sondern auch für<br />

neurogene <strong>und</strong> myogene Affektionen im Verlauf der jeweils geprüften Reflexstrecken.<br />

Latenzen<br />

Das cVEMP-Potenzial nach 13 ms ist<br />

stabiler<br />

7 Interaurale Latenzzeitdifferenz<br />

(LD)<br />

Für die Beurteilung sind jeweils die Ergebnisse der <strong>Ableitung</strong>en einer Seite zu betrachten. Je nach<br />

Methodik <strong>und</strong> den hierfür geltenden Referenzbereichen sind die Latenzzeiten der „p13-“ <strong>und</strong> „n23-<br />

Komponente“ für die Beurteilung der cVEMP bzw. der „n10“- <strong>und</strong> „p15-Komponente“ der oVEMP<br />

maßgeblich. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die ersten Potenziale des biphasischen Muskelpotenzials<br />

nach 13 ms bei den cVEMP <strong>und</strong> nach 10 ms bei den oVEMP eine größere Stabilität<br />

besitzen als das jeweilige 2. Potenzial [13, 22]. Ob mit Knochen- oder Luftleitung gereizt wird, hat<br />

keinen wesentlichen Einfluss auf die Generierung der biphasischen Muskelantwort bzw. der Latenzzeiten<br />

[22, 71, 92].<br />

<strong>Die</strong> interaurale Latenzdifferenz ist für die Bewertung peripherer <strong>und</strong> neurogener Störungen von<br />

Bedeutung. Bei der Bewertung der Reflexreaktion beurteilen wir die beiderseitigen Latenzzeiten der<br />

„p13/n23“- bzw. „n10/p15-Komponenten“. Zeigt sich eine Verlängerung der Latenzzeit, liegt zumeist<br />

eine neurogene Läsion (z. B. Hirnstammläsion) vor. Amplitudenminderungen sprechen für eine periphere<br />

(otolithäre), aber auch für eine zentrale Affektion oder kombinierte Störungen [22, 71, 92].<br />

<strong>Die</strong> 7 interaurale Latenzzeitdifferenz (LD) kann durch einfache Subtraktion der ersten bzw. zweiten<br />

(größeren) Komponente des biphasischen Potenzials von der 1. bzw. 2. (kleineren) Komponente<br />

des biphasischen Potenzials ausgedrückt werden (Gleichung 1):<br />

Gleichung 1:<br />

Symmetrie der Amplituden<br />

7 Interaurale Amplitudenverhältnis<br />

(AV)<br />

<strong>Die</strong> „n13-Komponente“ der cVEMP<br />

ist in erster Linie ein Indikator für die<br />

Sacculusfunktion<br />

Das 7 interaurale Amplitudenverhältnis (AV) ist ein guter Indikator für die quantitative Einschätzung<br />

der VEMP-Amplituden im Seitenvergleich (. Abb. 2; Gleichung 2).<br />

Gleichung 2:<br />

AV [%] =<br />

größere Amplitude − kleinere Amplitude<br />

größere Amplitude + kleinere Amplitude ∗ 100<br />

Bei klinischen Fragestellungen sind die Angabe der interauralen Latenzzeitdifferenz <strong>und</strong> des Amplitudenverhältnisses<br />

zu fordern. Bei ges<strong>und</strong>en Personen gelten prozentuale Abweichungen bis etwa<br />

10% bei Burstreizung, etwa 15% bei Clickreizung (cVEMP) sowie etwa 20% bei Click- <strong>und</strong> Burstreizung<br />

(oVEMP) als normal [15, 43, 44].<br />

Selektive Aussage über die Otolithenfunktion?<br />

Mit überschwelligen Luftleitungsreizen<br />

werden bei <strong>Ableitung</strong> mittels<br />

cVEMP vordergründig sacculäre Afferenzen<br />

stimuliert<br />

Nach dem Stand der Literatur kann man gegenwärtig davon ausgehen, dass mit überschwelligen Luftleitungsreizen<br />

(AC) mit den cVEMP vordergründig sacculäre Afferenzen stimuliert werden. Aufgr<strong>und</strong><br />

der zentralen Projektionen des Sacculus <strong>und</strong> seiner afferenten Bahnen auf den ipsilateralen<br />

M. sternocleidomastoideus spiegeln die AC-cVEMP vordergründig den Funktionszustand des Sacculus<br />

<strong>und</strong> der Afferenzen über den N. vestibularis inferior wider, eine utriculäre Stimulation findet<br />

statt, tritt jedoch bei dieser <strong>Ableitung</strong> in den Hintergr<strong>und</strong> [17, 22, 33, 71]. <strong>Die</strong> „n13-Komponente“<br />

der cVEMP ist in erster Linie ein Indikator für die Sacculusfunktion.<br />

1132 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

100<br />

100<br />

-20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 [ms]<br />

Abb. 2 8 AC-cVEMP-Untersuchung (500 Hz, Burstreizung): Verzögerung der „n13-Komponente“ links (untere Kurve).<br />

Interaurale Latenzdifferenz von etwa 5 ms. Gleichzeitig liegt ein pathologisches interaurales Amplitudenverhältnis<br />

von etwa 35% vor. Verdacht auf eine neurogene (zentrale) Störung. Rot rechte Seite, blau linke Seite<br />

Tierexperimentelle <strong>und</strong> klinische Studien bei Patienten mit akuten <strong>vestibulär</strong>en Störungen sprechen<br />

derzeit für die Hypothese, dass eine vordergründige Stimulation 7 utriculärer Afferenzen mit<br />

einem Knochenleitungsreiz (BC) bei der <strong>Ableitung</strong> der oVEMP erreicht wird. Geeignet sind Stimulationen<br />

an der Stirn-Haar-Grenze in Kopfmitte, BC-oVEMP (Fz), <strong>und</strong> über dem Mastoid, BCoVEMP<br />

(Ma), unter Verwendung eines Minishakers Typ 4810 (Fa. Bruel & Kjaer, Naerum, Dänemark).<br />

Aus klinischer Sicht zeigt sich eine vordergründige utriculäre Affektion in einer Verminderung<br />

oder einem Fehlen der Amplitude der jeweiligen BC-oVEMP. Noch effektiver soll diese Reizung<br />

ausfallen, wenn besonders geringe Frequenzen (100–250 Hz) in Verbindung mit schockwellenartigen<br />

Linearbeschleunigungsreizen, die der Minishaker generiert, eingesetzt werden. Ein standardisierter<br />

klinischer Einsatz wie bei den AC-cVEMP steht bevor. In welchem exakten Ausmaß bei<br />

der <strong>Ableitung</strong> der BC-cVEMP <strong>und</strong> AC- bzw BC-oVEMP sacculäre Afferenzen in den Hintergr<strong>und</strong><br />

treten bzw. utriculäre Afferenzen dominieren, ist bisher nicht exakt geklärt [17, 20–22, 33, 43, 44, 54,<br />

55, 70, 81–83]. Über die bevorzugte Stimulation von Utriculus <strong>und</strong> Sacculus im Rahmen der Anwendung<br />

unterschiedlicher Reize herrscht derzeit im internationalen Schrifttum kein Konsens [17, 19–<br />

22, 33, 43, 44, 45, 54, 55, 58, 68, 70, 76, 81–83].<br />

7 Utriculäre Afferenzen<br />

Klinisch zeigt sich eine vordergründige<br />

utriculäre Affektion in einer Verminderung<br />

oder Fehlen der Amplitude<br />

der jeweiligen BC-oVEMP<br />

Krankheitsbilder<br />

<strong>Die</strong> Otolithenorgane sind bei einer Reihe von Funktionsstörungen aufgr<strong>und</strong> ihrer zentralen Lage früher<br />

<strong>und</strong> wahrscheinlich häufiger betroffen als die Bogengänge. Isolierte Otolithenfunktionsstörungen<br />

oder eine Otolithenbeteiligung bei Bogengangfunktionsstörungen finden sich bei labyrinthären Störungen<br />

in etwa 50% der Fälle [93, 94]. Daher ist eine differenzierte Beurteilung der Otolithenfunktion<br />

bei jeder <strong>vestibulär</strong>en Störung von Bedeutung. <strong>Die</strong> VEMP-Diagnostik leistet hierbei einen entscheidenden<br />

Beitrag. Funktionsstörungen der Otolithenorgane kommen isoliert, aber auch kombiniert<br />

mit cristären Störungen, uni- <strong>und</strong> bilateral, vor.<br />

Funktionsstörungen der Otolithenorgane<br />

kommen isoliert, aber auch<br />

kombiniert mit cristären Störungen,<br />

uni- <strong>und</strong> bilateral, vor<br />

Bogengangfunktionsstörungen mit Otolithenbeteiligung<br />

„Vestibularisausfall“<br />

Mittels der VEMP-Diagnostik kann heute geklärt werden, ob Otolithenstörungen bei einer Affektion<br />

der Bogengänge vorliegen. Weisen Patienten die typischen Symptome eines „Vestibularisausfalls“<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

1133


Tab. 1 Beispiel für eine Subtypisierung <strong>und</strong> Differenzierung der Schädigungsmuster der 5 <strong>vestibulär</strong>en Rezeptoren bei einseitiger Schädigung.<br />

Annahme einer vordergründigen Utriculusreizung bei BC-oVEMP-(Fz)-Stimulation. (Mod. nach [20, 54, 55])<br />

Klinischer Test Ges<strong>und</strong>e Person Neuritis des N. vestibularis<br />

superior <strong>und</strong> inferior<br />

(„Vestibularisausfall“)<br />

Kopfimpulstest für horizontalen<br />

Bogengang<br />

Kopfimpulstest für hinteren<br />

Bogengang<br />

Kopfimpulstest für vorderen<br />

Bogengang<br />

Thermische Prüfung<br />

BC-oVEMP (Fz)<br />

Normal<br />

(Keine Rückstellsakkaden)<br />

Pathologisch (Rückstellsakkade<br />

zur ges<strong>und</strong>en Seite)<br />

Neuritis des N. vestibularis<br />

inferior<br />

Normal<br />

(Keine Rückstellsakkaden)<br />

Normal Pathologisch Pathologisch Normal<br />

Normal Pathologisch Normal Pathologisch<br />

Normal<br />

(Wasser 44°C <strong>und</strong> 33°C)<br />

Ipsi- <strong>und</strong> kontralaterale<br />

„n10-Komponente“ mit<br />

normaler Amplitude<br />

Pathologisch<br />

(keine thermische Erregbarkeit)<br />

Pathologisch<br />

(keine oder verminderte Amplitude<br />

der „n10-Komponente“<br />

auf der Seite der Läsion)<br />

Normal<br />

(Wasser 44°C <strong>und</strong> 33°C)<br />

Ipsi- <strong>und</strong> kontralaterale „n10-<br />

Komponente“ mit normaler<br />

Amplitude<br />

Neuritis des N. vestibularis<br />

superior<br />

Pathologisch (Rückstellsakkade<br />

zur ges<strong>und</strong>en Seite)<br />

Pathologisch<br />

(keine thermische Erregbarkeit)<br />

Pathologisch<br />

(keine oder verminderte Amplitude<br />

der „n10-Komponente“ auf der<br />

Seite der Läsion)<br />

AC-cVEMP<br />

Normal<br />

(„p13-Komponente“ ipsilateral)<br />

Pathologisch<br />

(verminderte oder keine Amplitude<br />

der „p13-Komponente“<br />

ipsilateral)<br />

Pathologisch<br />

(verminderte oder keine Amplitude<br />

der „p13-Komponente“<br />

ipsilateral)<br />

Normal<br />

(„p13-Komponente“ ipsilateral)<br />

Fehlende ipsilaterale AC-cVEMP <strong>und</strong><br />

pathologische Amplituden der kontralateralen<br />

BC-oVEMP stützen die<br />

Diagnose einer „Neuritis“ des N. vestibularis<br />

superior et inferior<br />

7 Thermische Erregbarkeit<br />

Bei etwa 2/3 der Patienten liegt tatsächlich<br />

eine „komplette“ Funktionsstörung<br />

(„Vestibularisausfall“) aller<br />

5 Rezeptoren vor<br />

7 Vestibuläre Rehabilitation<br />

7 Spontannystagmus<br />

auf, stellt sich die Frage, ob alle 5 <strong>vestibulär</strong>en Rezeptoren oder lediglich ein Teil, d. h. die Afferenzen<br />

des N. vestibularis superior oder inferior, betroffen sind. Fehlende ipsilaterale AC-cVEMP <strong>und</strong> pathologische<br />

Amplituden der kontralateralen BC-oVEMP stützen die Diagnose einer „Neuritis“ des<br />

N. vestibularis superior et inferior.<br />

Liegt eine verminderte oder fehlende 7 thermische Erregbarkeit vor, kann dies für eine Affektion<br />

des N. vestibularis superior sprechen, da die Afferenzen des horizontalen <strong>und</strong> vorderen Bogengangs<br />

in den N. vestibularis superior münden. Wenn die BC-oVEMP kontralateral eine Amplitudenbeeinträchtigung<br />

zeigen oder ein Fehlen der Amplitude vorliegt (unter der Voraussetzung, dass<br />

diese vordergründig die Funktion des Utriculus <strong>und</strong> dessen Afferenzen, den N. vestibularis superior,<br />

widerspiegeln), kann eine gleichzeitig präsente Utriculusfunktionsstörung angenommen werden<br />

[19, 20, 21, 22, 43, 44, 45, 54, 55].<br />

Lassen sich dazu auf der Seite der Läsion keine AC-cVEMP nachweisen, muss von einer zusätzlichen<br />

Störung des unteren Anteils des N. vestibularis einschließlich des hinteren Bogengangs <strong>und</strong><br />

des Sacculus ausgegangen werden (Neuritis vestibularis superior et inferior). Bei etwa 2/3 der Patienten<br />

liegt tatsächlich eine „komplette“ Funktionsstörung („Vestibularisausfall“) aller 5 Rezeptoren<br />

vor [14, 15, 61]. Zusätzliche Untersuchungen, wie die Durchführung des Kopfimpulstests zur Bogengangfunktionsprüfung<br />

<strong>und</strong> Otolithenfunktionstests (z. B. Bestimmung der subjektiven Vertikale,<br />

Wendetest im Rahmen der thermischen Prüfung, exzentrische Rotation) sichern <strong>und</strong> bestätigen<br />

die Diagnose [16, 37, 39, 61, 62, 93, 94].<br />

Neben einem vollständigen Funktionsverlust mit Beeinträchtigung des oberen <strong>und</strong> unteren Anteils<br />

des N. vestibularis gibt es in der Praxis Fälle, bei denen entweder eine Affektion des N. vestibularis<br />

superior oder eine isolierte Störung des N. vestibularis inferior vorliegt.<br />

Aus prognostischer Sicht tragen die VEMP-Untersuchungen dazu bei, ähnlich wie bei der Klärung<br />

der Frage der Wiederkehr der thermischen Erregbarkeit, auch die Frage nach der Erholung der Funktion<br />

der Otolithenorgane zu beantworten. Daher sollte im Rahmen der 7 <strong>vestibulär</strong>en Rehabilitation<br />

der Otolithenstörung, für welche strukturierte Trainingsprogramme – z. B. Neurofeedbackmechanismen<br />

– entwickelt worden sind, eine differenzierte Verlaufskontrolle mittels VEMP erfolgen [5].<br />

„Neuritis“ des N. vestibularis superior<br />

Handelt es sich um eine Störung des horizontalen vestibulookulären Reflexes (VOR), kann von einer<br />

cristären Störung (Bogengänge) ausgegangen werden. Bei einer Störung des VOR finden sich üblicherweise<br />

ein 7 Spontannystagmus in das Gegenohr, eine pathologische Seitendifferenz bei der<br />

thermischen Erregbarkeit <strong>und</strong> Hinweise auf eine periphere <strong>vestibulär</strong>e Störung des vestibulookulären<br />

Reflexes bei Prüfung des horizontalen <strong>und</strong> vorderen Bogengangs.<br />

1134 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

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-20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 [ms]<br />

Abb. 3 8 Patient mit einer Neuritis des N. vestibularis inferior rechts. Schwank- <strong>und</strong> Kippschwindel. Normale<br />

thermische Erregbarkeit rechts. Fehlendes biphasisches Potenzial rechts (obere Kurve), während sich links das<br />

typische Potenzialmuster hier bei etwa 15 ms <strong>und</strong> 23 ms zeigt. AC-cVEMP-Untersuchung. 500-Hz-Burstreizung<br />

bei 100 dB nHL. Rot rechte Seite, blau linke Seite<br />

<strong>Die</strong> Subtypisierung <strong>vestibulär</strong>er Störungen gestattet eine differenzialdiagnostische Abgrenzung<br />

von einer simultanen neuralen oder Rezeptoraffektion: Sind ipsilateral, auf der Seite der vermuteten<br />

Schädigung, AC-cVEMP mit der typischen „n13-Komponente“ nachweisbar <strong>und</strong> fehlen kontralaterale<br />

BC-oVEMP („n10-Komponente“) oder zeigt sich eine Amplitudenverminderung unter der Annahme<br />

einer vordergründigen Utriculusstimulation, so erhärtet sich die Diagnose einer Rezeptorstörung<br />

oder Affektion des N. vestibularis superior (. Tab. 1). Der N. vestibularis inferior jedoch ist intakt.<br />

Auch hier eignen sich der Kopfimpulstest <strong>und</strong> weitere Otolithenfunktionstests zur Sicherung der<br />

Diagnose einer utriculär bedingten Otolithenfunktionsstörung [16, 30, 37, 39, 61, 62, 93, 94].<br />

„Neuritis“ des N. vestibularis inferior<br />

<strong>Die</strong> Differenzierung einer „Neuritis“ des N. vestibularis inferior geht auf Untersuchungen des VOR<br />

mittels dreidimensionaler Augenbewegungsanalyse zurück [2, 4, 27, 28]. Halmagyi et al. stellten die<br />

Diagnose erstmals bei 2 Patienten mittels AC-cVEMP-Untersuchung [31]. <strong>Die</strong> klinischen Zeichen<br />

einer „Neuritis“ des N. vestibularis inferior sind nicht eindeutig. 7 Schwankschwindel, aber auch<br />

7 Kippschwindel sind beschrieben worden. Das typische funktionsdiagnostische Kriterium dieser<br />

Erkrankung ist die normale thermische Erregbarkeit als Ausdruck einer normalen Funktion des horizontalen<br />

Bogengangs, die früher bei Übertragung dieses Ergebnisses auf das gesamte Labyrinth<br />

fälschlicherweise zur Annahme einer intakten peripheren <strong>vestibulär</strong>en Funktion führte (. Abb. 3).<br />

Zudem können videonystagmographisch in der Akutphase vertikale bzw. torsionale Augenbewegungen<br />

beobachtet werden.<br />

VEMP-Untersuchungen erweitern die Differenzialdiagnostik dieser <strong>vestibulär</strong>en Störung: <strong>Die</strong><br />

Rezeptoren des hinteren Bogengangs <strong>und</strong> die überwiegende Zahl der Afferenzen aus dem Sacculus<br />

münden in den N. vestibularis inferior, der mittels AC-cVEMP geprüft werden kann: Bei einer<br />

Störung des N. vestibularis inferior mit Funktionsstörung des Sacculus <strong>und</strong> des hinteren Bogengangs<br />

fehlt die ipsilaterale „n13-Komponente“ bei den AC-cVEMP, während die kontralateralen<br />

BC-oVEMP (Fz) („n10-Komponente) im Sinne einer intakten Utriculusfunktion (<strong>und</strong> Funktion des<br />

N. vestibularis superior) vorhanden sind – unter der Voraussetzung, dass hiermit eine vordergründige<br />

Utriculusstimulation erfolgt [20, 54, 55]. <strong>Die</strong> Häufigkeit einer „Neuritis“ des N. vestibularis inferior<br />

im Ergebnis der Evaluierung durch VEMP-Untersuchungen wird in der Literatur mit bis zu<br />

1/3 der Fälle angegeben, stellt jedoch ein immer häufiger diagnostiziertes Krankheitsbild in der klinischen<br />

Praxis dar [20, 34, 43, 45, 59, 62].<br />

Präsente ipsilaterale AC-cVEMP <strong>und</strong><br />

fehlende kontralaterale BC-oVEMP<br />

auch über Fz stützen die Diagnose<br />

einer „Neuritis“ des N. vestibularis<br />

superior<br />

7 Schwankschwindel<br />

7 Kippschwindel<br />

Fehlende ipsilaterale AC-cVEMP <strong>und</strong><br />

präsente kontralaterale BC-oVEMP<br />

auch über Fz stützen die Diagnose<br />

einer „Neuritis“ des N. vestibularis<br />

inferior<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

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-20 -10 0 10 20 30 40<br />

50 60 [ms]<br />

Abb. 4 8 Amplitudenverminderung bei einem Patienten mit M. Menière rechts. Obere Kurve AC- cVEMP. 500-Hz-<br />

Burstreizung bei 100 dB nHL. Rot rechte Seite, blau linke Seite<br />

Isolierte Otolithenfunktionsstörungen<br />

7 Sacculusfunktionsstörung<br />

7 Utriculusfunktionsstörung<br />

<strong>Schwindel</strong>beschwerden können sich bei einer intakten Bogengangfunktion auch im Sinne einer isolierten<br />

ein- oder beiderseitigen Otolithenfunktionsstörung manifestieren [37, 39, 72]. <strong>Die</strong> VEMP-<br />

Diagnostik trägt gegenwärtig zur Aufklärung solcher isolierten uni- oder bilateralen Störungen bei.<br />

<strong>Die</strong> klinische Symptomatik bei isolierten Otolithenfunktionsstörungen ist jedoch nicht richtungweisend.<br />

Das Symptom „Schwankschwindel“ deutet nicht nur auf eine nicht<strong>vestibulär</strong>e, sondern offenbar<br />

auch auf eine <strong>vestibulär</strong>e, otolithäre Störung hin [37, 39, 72].<br />

Bei einer 7 Sacculusfunktionsstörung liegt sowohl eine normale thermische Erregbarkeit als<br />

auch ein regelrechter Kopfimpulstest bei der Prüfung des horizontalen vestibulookulären Reflexes<br />

beidseits vor. Das interaurale AC-cVEMP-Amplitudenverhältnis ist bei einer partiellen Läsion pathologisch<br />

oder die „n13-Komponente“ fehlt bei einer kompletten Funktionsstörung.<br />

Angenommen, die BC-oVEMP (Fz) spiegeln die Utriculusfunktion im Wesentlichen wider, ist<br />

das interaurale Amplitudenverhältnis bei einer 7 Utriculusfunktionsstörung im Seitenvergleich pathologisch<br />

oder die „n10 Komponente“ ist bei einem Funktionsverlust nicht nachweisbar [54, 55].<br />

Auch hier werden ergänzende Otolithenfunktionsprüfungen empfohlen, um die Diagnose zu stützen<br />

[16, 30, 37, 39, 61, 62, 72, 93, 94].<br />

M. Menière<br />

VEMP-Untersuchungen dienen der<br />

Objektivierung einer Otolithenfunktionsstörung<br />

beim M. Menière<br />

7 Endolymphatischer Hydrops<br />

Im zeitlichen Verlauf eines M. Menière werden die Otolithenorgane frühzeitig geschädigt. Dabei tritt<br />

eine Funktionsstörung des Sacculus vermutlich eher ein als im Utriculus [24]. <strong>Die</strong> thermische Erregbarkeit<br />

ist im frühen Stadium nicht verändert. Im weiteren Verlauf kommt es dann auch zu einer Beeinträchtigung<br />

der Bogengangfunktion. VEMP sind aufgr<strong>und</strong> ihrer hohen Sensitivität <strong>und</strong> Spezifität<br />

zur Diagnostik des M. Menière geeignet [6, 23, 48, 63]. VEMP-Untersuchungen dienen der Objektivierung<br />

einer Otolithenfunktionsstörung beim M. Menière. VEMP können bereits pathologische<br />

Veränderungen aufweisen, selbst wenn sich bei der Prüfung des VOR oder der thermischen Erregbarkeit<br />

noch keine <strong>vestibulär</strong>e Funktionsstörung objektivieren lässt.<br />

In der Akutphase kommt es im Rahmen eines 7 endolymphatischen Hydrops durch fluiddynamische<br />

Veränderungen im Endolymphbereich zur Druckschädigung des Neuroepithels der Otolithenorgane.<br />

Offenbar sind die akustisch sensitiven <strong>vestibulär</strong>en Haarzellen besonders empfindlich<br />

auf Druckveränderungen der Innenohrflüssigkeiten. <strong>Die</strong> VEMP-Amplituden sind beim Hydrops nur<br />

1136 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

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Abb. 5 8 AC-cVEMP-Untersuchung nach intratympanaler Gentamicintherapie bei rezidivierenden <strong>Schwindel</strong>attacken<br />

(M. Menière) links. Kein Nachweis einer Amplitude links. Hinweis auf eine Funktionsstörung des Sacculus nach<br />

der Therapie. Rechts normale „n13-Komponente“. 500-Hz-Burstreizung bei 100 dB nHL. Rot rechte Seite, blau linke<br />

Seite<br />

kurzzeitig erhöht <strong>und</strong> nehmen dann im Zeitverlauf über St<strong>und</strong>en stetig ab (. Abb. 4). Eine Regeneration<br />

ist bei kurzzeitiger Affektion möglich. Bei längerfristigen Störungen stellen sich irreversible<br />

Veränderungen ein. Eine 7 Amplitudenverminderung ist hierfür ein objektives Kriterium [47, 49,<br />

51]. Ob VEMP mit dem Hörvermögen korrelieren, ist gegenwärtig nicht vollständig geklärt. <strong>Die</strong> Ergebnisse<br />

mehrerer Studien sprechen im Moment dagegen [6, 23, 63, 71].<br />

Intratympanale Gentamicinapplikation<br />

Nach einer intratympanalen Gentamicintherapie bei Patienten mit einem M. Menière lässt sich nach<br />

aktuellen Erkenntnissen mittels AC-cVEMP keine Sacculusfunktion mehr nachweisen [38]. Bisherige<br />

Untersuchungen deuten auf eine hohe Empfindlichkeit der Rezeptoren des Sacculus auf Gentamicin<br />

hin, während die Utriculusfunktion nur teilweise beeinträchtigt ist. <strong>Die</strong> Degeneration der <strong>vestibulär</strong>en<br />

Typ-1-Haarzellen, die parastriolär gelegen eine akustische Sensitivität aufweisen, ist nach<br />

einer Gentamicinapplikation stärker ausgeprägt als die Schädigung der <strong>vestibulär</strong>en Typ-2-Haarzellen<br />

[6, 23, 38, 52, 60, 63, 66].<br />

Wir führen vor <strong>und</strong> im Verlauf nach intratympanaler Gentamicinapplikation beim M. Menière<br />

VEMP-Untersuchungen (AC-cVEMP, AC-oVEMP) durch, um die Auswirkungen auf die Otolithenorgane<br />

zu objektivieren (. Abb. 5, 6).<br />

7 Amplitudenverminderung<br />

Gentamicin wirkt in erster Linie auf<br />

die <strong>vestibulär</strong>en Typ-1-Zellen des<br />

Sacculus<br />

Symptomkomplex bei der Dehiszenz der oberen Bogengänge<br />

Bei dem 1998 erstmal von Minor beschriebenen Krankheitsbild fehlt die knöcherne Bedeckung des<br />

oberen (vorderen) Bogengangs im Bereich der kranialen Zirkumferenz [57]. Das exponierte membranöse<br />

Labyrinth kann, je nach Ausprägungsgrad der knöchernen Dehiszenz <strong>und</strong> dem Eintritt des<br />

Schalls in das Innenohr, zu einer Reihe von audiologischen <strong>und</strong> <strong>vestibulär</strong>en Symptomen führen,<br />

die auf das Vorhandensein eines „3. Fensters“ schließen lassen (. Abb. 7, [1, 7, 8, 11, 57, 65, 80,<br />

86]). Symptome der Bogengangdehiszenz sind: 7 Autophonie, Schallleitungsschwerhörigkeit sowie<br />

<strong>Schwindel</strong> bei überschwelligen <strong>und</strong> pressorischen Reizen. Dehiszenzen der oberen Bogengänge können<br />

den vorderen sowie selten auch den hinteren Bogengang betreffen.<br />

<strong>Die</strong> Bogengangdehiszenz führt zu<br />

audiologischen <strong>und</strong> <strong>vestibulär</strong>en<br />

Symptomen<br />

7 Autophonie<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

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0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50<br />

[ms]<br />

Abb. 6 8 BC-oVEMP-(Fz)-Untersuchung nach intratympanaler Gentamicintherapie bei rezidivierenden <strong>Schwindel</strong>attacken<br />

(M. Menière) links. Gleicher Patient wie in . Abb. 5. Kein Nachweis eines Potenzials links. Rechts normales<br />

kontralaterales Potenzial nach etwa 11 ms <strong>und</strong> 15 ms. 500-Hz-Burstreizung bei 100 dB nHL. Rot rechte Seite, blau<br />

linke Seite<br />

Abb. 7 9 Schematische Darstellung<br />

einer Dehiszenz des oberen (vorderen)<br />

Bogengangs. Intaktes membranöses<br />

Labyrinth. Ovalärer Knochendefekt<br />

kranial. Der Schall entweicht<br />

über den vorderen Bogengang via<br />

Cupula über das 3. Fenster. <strong>Schwindel</strong>erscheinungen<br />

sind die Folge<br />

7 Verminderte Reizschwellen<br />

7 Vergrößerte Amplituden<br />

7 „Tullio-Phänomen“<br />

Bei der VEMP-Diagnostik finden sich typische Merkmale: Sowohl die cVEMP als auch die<br />

oVEMP zeigen bei Reizung mit dem Kopfhörer (Luftleitung) 7 verminderte Reizschwellen <strong>und</strong><br />

7 vergrößerte Amplituden [32, 69]. Das Phänomen einer „<strong>vestibulär</strong>en Überempfindlichkeit“ auf<br />

akustische Reize höherer Intensität wird durch eine gesteigerte Transmission von Schallenergie zu<br />

akustisch sensitiven Rezeptoren des Sacculus, aber auch mit einer veränderten endolymphatischen<br />

Hydromechanik erklärt [18, 57].<br />

<strong>Die</strong> Symptomkonstellation ist unterschiedlich. Viele Patienten berichten ausschließlich über eine<br />

Autophonie. Über das „3. Fenster“ im oberen Bogengang können akustische Reize aufgr<strong>und</strong> der<br />

veränderten Impedanz (Puls, eigene Stimme) direkt in das Labyrinth gelangen <strong>und</strong> werden so über<br />

die Rezeptoren der Cochlea wahrgenommen [8, 57].<br />

Ein 2. Symptom ist das 7 „Tullio-Phänomen“, bei dem durch überschwellige akustische Reize<br />

<strong>Schwindel</strong> ausgelöst wird. Der Schall kann entweder über das Crus commune (keine <strong>Schwindel</strong>symptome)<br />

oder über die Cupula des vorderen Bogengangs (<strong>Schwindel</strong>) über das 3. Fenster „entweichen“.<br />

1138 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

<strong>Die</strong>ser Reiz führt zu reflektorischen Augenbewegungen, die der Patient als „Blicksprünge“ beschreibt.<br />

<strong>Die</strong>ser vestibulookuläre Reflex kann auch videonystagmographisch registriert werden.<br />

Einige Patienten klagen über <strong>Schwindel</strong> bei pressorischen Ereignissen. So können beim 7 Valsalva-Versuch<br />

über die Änderung des intrakraniellen Drucks via Bogengangdehiszenz Endolymphbewegungen<br />

ausgelöst werden, die zu einer Cupulaauslenkung mit <strong>Schwindel</strong> <strong>und</strong> Nystagmus führen<br />

[18, 57].<br />

<strong>Die</strong>s sollte bei einem entsprechenden Verdacht auch dokumentiert werden (Provokation mittels<br />

akustischer Reize sowie Valsalva- <strong>und</strong> Toynbee-Versuche bei gleichzeitiger Untersuchung mit der<br />

Videobrille).<br />

In vielen Fällen liegt eine Schallleitungsschwerhörigkeit vor, die der Konstellation der Knochen-<br />

Luftleitungs-Kurve einer 7 Otosklerose (Typ der elastischen Versteifung) ähnelt [77]. Picavet et al.<br />

fanden bei 5,3% der Patienten eine Dehiszenz des oberen Bogengangs, bei denen aus klinischer Sicht<br />

die Diagnose einer Otosklerose gestellt worden ist [65]. Demnach kann mittels AC-VEMP-Untersuchungen<br />

eine Abgrenzung einer Bogengangdehiszenz von einer Otosklerose erfolgen. <strong>Die</strong> AC-<br />

VEMP-Amplituden sind bei einer Otosklerose wegen der Schallleitungsstörung entweder vermindert<br />

oder nicht nachweisbar. Mit zunehmender Schallleitungsstörung kommt es dazu, dass die VEMP-Reflexschwelle<br />

steigt <strong>und</strong> schließlich nicht mehr erreicht werden kann. In solchen Fällen ist eine Knochenleitungsreizung<br />

vorzuziehen. Mit einer ergänzenden hochauflösenden Computertomographie<br />

(CT) kann die Diagnose einer Bogengangdehiszenz erhärtet werden. Liegt keine Dehiszenz des oberen<br />

Bogengangs vor, kommen auch eine Dehiszenz des hinteren Bogengangs oder ein erweiterter<br />

Aquaeductus vestibuli differenzialdiagnostisch in Frage [56].<br />

Eine Dehiszenz des oberen Bogengangs ist bei der VEMP-Diagnostik durch folgende Kriterien<br />

gekennzeichnet:<br />

F erniedrigte Schwellen,<br />

F stark erhöhte Amplituden.<br />

7 Valsalva-Versuch<br />

7 Otosklerose<br />

Mittels AC-VEMP-Untersuchungen<br />

kann eine Bogengangdehiszenz von<br />

einer Otosklerose abgegrenzt werden<br />

Erweiterter Aquaeductus vestibuli<br />

Auch bei Patienten mit einem erweitertem Aquaeductus vestibuli kann die VEMP-Diagnostik hilfreich<br />

sein. In der Literatur werden in Analogie zur Dehiszenz des oberen Bogengangs bei der <strong>Ableitung</strong><br />

der VEMP (Luftleitung) erniedrigte VEMP-Schwellen bei gleichzeitiger Amplitudenerhöhung<br />

beschrieben [56, 74].<br />

Von einem erweiterten Aquaeductus vestibuli kann man nach den Angaben im internationalen<br />

Schrifttum bei einem Durchmesser von mehr als 1,5–2 mm ausgehen [79, 95]. Aus klinischer Sicht<br />

stehen bei den betroffenen Patienten progressive, bis zur Ertaubung führende bzw. fluktuierende<br />

7 Hörstörungen von der frühen Kindheit an im Vordergr<strong>und</strong>. Akute Hörverschlechterungen nach<br />

Schädeltraumen <strong>und</strong> pressorischen Ereignissen sind beschrieben worden. <strong>Schwindel</strong> tritt in etwa<br />

einem Drittel der Fälle auf. In erster Linie liegt, wie bei der Dehiszenz des oberen Bogengangs, eine<br />

Überempfindlichkeit auf Schallreize (Tullio-Phänomen) vor. Im Gegensatz zur Dehiszenz des oberen<br />

Bogengangs sind hier in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle beide Seiten betroffen. Eine einseitige<br />

Erweiterung des Aquaeductus vestibulis ist eher selten, wobei jedoch auch einseitige Fälle im<br />

Schrifttum beschrieben sind.<br />

In den meisten Fällen findet sich eine Schallleitungsstörung im Tieftonbereich (Maximum bei<br />

250 Hz mit Verminderung bis 500 Hz). Audiologische <strong>und</strong> <strong>vestibulär</strong>e Symptome werden beim erweiterten<br />

Aquaeductus vestibuli ähnlich wie bei der Dehiszenz des oberen Bogengangs mit dem<br />

Vorhandensein eines „3. Fensters“ erklärt, welches Volumen <strong>und</strong> Druckschwankungen im Innenohr<br />

ermöglicht [56, 74, 79, 95]. Neben der Schallleitungssschwerhörigkeit wurde in seltenen Fällen bei<br />

einem weiten Aquaeductus vestibuli ein perilymphatischer Überdruck beschrieben, der sich im Rahmen<br />

einer Stapesplastik als 7 „Gusher-Syndrom“ bemerkbar machen kann.<br />

Ob die VEMP-Diagnostik einen Beitrag im Rahmen der präoperativen Erkennung solcher Komplikationen<br />

zu leisten vermag, bleibt vorerst eine Hypothese. <strong>Die</strong>se bildet jedoch auch einen interessanten<br />

Ansatzpunkt für weitere Untersuchungen <strong>und</strong> den möglichen Einsatz der VEMP, insbesondere<br />

in Fällen mit einer Fehlbildung des Innenohrs (Pendred-Syndrom, Waardenburg-Syndrom) bzw.<br />

generell vor einem Eingriff am Steigbügel. <strong>Die</strong> Diagnosestellung eines erweiterten Aquaeductus vestibuli<br />

kann mittels hochauflösender CT (axiale Darstellung) <strong>und</strong> ergänzender Magnetresonanztomographie<br />

(MRT) erfolgen.<br />

Bei einem erweiterten Aquaeductus<br />

vestibuli finden sich ebenfalls erniedrigte<br />

Schwellen <strong>und</strong> erhöhte Amplituden<br />

bei der <strong>Ableitung</strong> der VEMP<br />

7 Hörstörung<br />

7 „Gusher-Syndrom“<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

1139


Otosklerose <strong>und</strong> VEMP<br />

7 Kapselotosklerose<br />

VEMP tragen zur Differenzialdiagnose<br />

zwischen Otosklerose <strong>und</strong> Dehiszenz<br />

des oberen Bogengangs bzw. erweitertem<br />

Aquaeductus vestibuli bei<br />

Beeinträchtigungen können im Rahmen einer Otosklerose mit Innenohrbeteiligung, der sog. 7 Kapselotosklerose,<br />

auftreten, wenn der Sacculus in die Veränderungen einbezogen ist [97]. Das interaurale<br />

AC-cVEMP-Amplitudenverhältnis ist in diesen Fällen pathologisch, oder es sind keine Amplituden<br />

nachweisbar. Nach einer Stapedotomie finden sich i. d. R. keine Veränderungen der AC-cVEMP<br />

[75]. <strong>Die</strong> Durchführung von AC-cVEMP sollten präoperativ zur differenzialdiagnostischen Abklärung<br />

einer Dehiszenz des oberen Bogengangs in Erwägung gezogen werden. VEMP tragen zur differenzialdiagnostischen<br />

Abklärung zwischen Otosklerose <strong>und</strong> Dehiszenz des oberen Bogengangs bzw.<br />

erweitertem Aquaeductus vestibuli bei.<br />

Zentrale <strong>vestibulär</strong>e Störungen<br />

7 Multiple Sklerose<br />

7 Hirnstamminfarkt<br />

<strong>Die</strong> interaurale Latenzdifferenz der AC-oVEMP <strong>und</strong> AC-cVEMP ist in erster Linie bei zentralen Störungen<br />

pathologisch. Dazu zählen Erkrankungen, die mit einer Demyelinisierung einhergehen, wie<br />

7 multiple Sklerose, sowie 7 Hirnstamminfarkte [25, 36, 42, 67, 87]. So sind bei Patienten mit einer<br />

multiplen Sklerose pathologische AC-cVEMP mit einer Verlängerung der Latenzzeit der „p13-Komponente“,<br />

jedoch ohne nachweisbare Veränderungen in der MRT nachgewiesen worden [25]. Bei Patienten<br />

mit Hirnstamminfarkten oberhalb der Vestibulariskerne konnte mittels AC-cVEMP sowohl<br />

eine fehlende Amplitude als auch die Kombination verlängerter Latenzzeiten auf der Seite der Läsion<br />

(pathologische interaurale Latenzdifferenz) in Kombination mit einer Amplitudenreduktion (pathologisches<br />

interaurales Amplitudenverhältnis) nachgewiesen werden.<br />

<strong>Die</strong> bisherigen Untersuchungen zeigen, dass bei der Interpretation der VEMP-Bef<strong>und</strong>e der differenzialdiagnostische<br />

Blick auf die gesamte Reflexstrecke gerichtet sein sollte. Sie unterstreichen den<br />

potenziellen Einsatz der VEMP-Diagnostik im Rahmen der differenzialdiagnostischen Abgrenzung<br />

zentraler <strong>vestibulär</strong>er Störungen.<br />

Akustikusneurinom<br />

Richtungweisend für ein Akustikusneurinom<br />

ist eine pathologische<br />

interaurale Latenzdifferenz bzw. ein<br />

pathologisches interaurales Amplitudenverhältnis<br />

<strong>Die</strong> meisten Akustikusneurinome sind im Bereich des N. vestibularis inferior lokalisiert. In Abhängigkeit<br />

von der Tumorgröße <strong>und</strong> von der Lage des Schwannoms lässt sich die AC-cVEMP-Diagnostik<br />

auch im Rahmen der Diagnostik von Akustikusneurinomen anwenden. Pathologische Veränderungen<br />

der AC-cVEMP werden in 59–71% der Fälle beschrieben. Richtungweisend ist eine pathologische<br />

interaurale Latenzdifferenz bzw. ein pathologisches interaurales Amplitudenverhältnis [6,<br />

35, 85].<br />

Weitere klinische Einsatzmöglichkeiten<br />

Beim Zoster oticus liegt in den<br />

meisten Fällen eine Affektion aller<br />

5 Gleichgewichtsrezeptoren vor<br />

Bei der „bilateralen Vestibulopathie“<br />

kann mittels VEMP eine Abgrenzung<br />

von Maculafunktionsstörungen <strong>und</strong><br />

damit eine Subklassifikation erfolgen<br />

7 Schleudertrauma<br />

Beim Zoster oticus ist es für prognostische Zwecke interessant festzustellen, welcher Anteil der peripheren<br />

Rezeptoren bei dieser Erkrankung betroffen ist. Bisherige Untersuchungen deuten darauf<br />

hin, dass in den meisten Fällen eine Affektion des oberen <strong>und</strong> unteren Anteils des Vestibularnervs,<br />

also ein „Ausfall“ aller 5 Rezeptoren vorliegt [53, 73].<br />

Mit der VEMP-Diagnostik gelingt derzeit, ähnlich wie bei akuten einseitigen peripheren Störungen,<br />

eine Differenzierung des Krankheitsbilds der bilateralen Vestibulopathie. Einerseits lassen<br />

sich Patienten mit einer erhaltenen Sakkulsufunktion bei fehlender thermischer Erregbarkeit selektieren.<br />

Bei diesen Personen finden sich keine vertikalen Oszillopsien. <strong>Die</strong> <strong>Schwindel</strong>symptomatik<br />

ist nicht so ausgeprägt wie in Fällen, in denen eine klassische Symptomatik mit nachweislich „erloschener“<br />

Otolithenfunktion besteht [9]. Auf der anderen Seite können Patienten mit einer bilateralen<br />

Maculafunktionsstörung aufgr<strong>und</strong> fehlender VEMP mit erhaltener thermischer Erregbarkeit beider<br />

horizontaler Bogengänge abgegrenzt werden. <strong>Die</strong>se Patienten beschreiben Oszillopsien sowie einen<br />

episodisch auftretenden <strong>Schwindel</strong> [29].<br />

Nach Kopfanprall- <strong>und</strong> 7 Schleudertraumen mit akuten oder prolongierten <strong>Schwindel</strong>beschwerden<br />

ist eine VEMP-Diagnostik zur Identifizierung einer posttraumatischen Otolithenfunktionsstörung<br />

sinnvoll, insbesondere auch im Rahmen der Begutachtung solcher Störungen. Auch der Einsatz<br />

vor <strong>und</strong> nach Eingriffen am Mittel- <strong>und</strong> Innenohr, die eine potenzielle Affektion der Maculaorgane<br />

mit sich bringen, wird praktiziert [26, 75, 78, 84].<br />

1140 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


CME<br />

<strong>Die</strong> akustische Empfindlichkeit der Otolithenorgane rückt VEMP-Untersuchungen auch bei<br />

7 Lärmschädigungen in den Blickpunkt des Interesses. <strong>Die</strong> Sacculusfunktion kann im Rahmen akuter<br />

oder chronischer Lärmschädigungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Darüber hinaus sollen<br />

VEMP beim akuten akustischen Trauma <strong>und</strong> akuten Tieftonschwerhörigkeiten prognostische Bedeutung<br />

haben [40, 41, 88–90, 96].<br />

7 Lärmschädigung<br />

Ausblick<br />

VEMP können innerhalb kürzester Zeit abgeleitet werden. Sie stellen eine Bereicherung der Vestibularisdiagnostik<br />

dar. VEMP können heute u. a. im Rahmen der Abgrenzung von isolierten Otolithenfunktionsstörungen<br />

oder zur Klärung der Frage einer Otolithenbeteiligung bei peripheren Störungen<br />

eingesetzt werden. VEMP-Ergebnisse beeinflussen therapeutische Entscheidungen <strong>und</strong> bereichern<br />

die Begutachtung <strong>vestibulär</strong>er Störungen [12]. Der Einsatz für weitere Indikationsbereiche, so auch<br />

zum intraoperativen Monitoring, zeichnet sich derzeit ab [26].<br />

Luft- <strong>und</strong> Knochenleitungsreize bei cVEMP <strong>und</strong> oVEMP stellen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand<br />

keine ausschließlich spezifischen, selektiven Stimuli für den Sacculus oder den Utriculus<br />

dar. Für die cVEMP-<strong>Ableitung</strong> im Rahmen der Stimulation mit Luftleitungsreizen (AC-cVEMP)<br />

geht man heute davon aus, dass hauptsächlich der Sacculus ipsilateral stimuliert wird. Klinische Untersuchungen<br />

sprechen derzeit dafür, dass mit BC-oVEMP-<strong>Ableitung</strong>en wahrscheinlich eine Aussage<br />

über utriculäre Afferenzen möglich ist. Sollte diese derzeit im Schrifttum noch heftig diskutierten<br />

Fragestellungen geklärt werden, ist mit den VEMP <strong>und</strong> mit Hilfe ergänzender Vestibularisdiagnostik<br />

eine eindeutige Aussage über die Funktion aller 5 Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans möglich.<br />

VEMP werden zur Differenzialdiagnose<br />

von peripheren <strong>vestibulär</strong>en Störungen<br />

im Rahmen der Begutachtung eingesetzt<br />

Fazit für die Praxis<br />

F VEMP-Untersuchungen sind im Rahmen der Differenzialdiagnostik <strong>und</strong> Subtypisierung von<br />

<strong>Schwindel</strong>beschwerden erforderlich, wenn sich Hinweise für eine Otolithenbeteiligung bei Bogengangfunktionsstörungen<br />

oder eine isolierte Otolithenfunktionsstörung ergeben oder ein<br />

entsprechender Verdacht vorliegt.<br />

F Auch bei normaler thermischer Prüfung kann sowohl eine kombinierte cristäre-otolithäre Funktionsstörung<br />

(z. B. „Neuritis“ des N. vestibularis inferior) als auch eine isolierte ein- oder beiderseitige<br />

Rezeptorfunktionsstörung der Otolithenorgane vorliegen.<br />

F VEMP-Untersuchungen sind obligater Bestandteil der Vestibularisdiagnostik bei gutachtlichen<br />

Fragstellungen, die eine Beurteilung von <strong>Schwindel</strong> <strong>und</strong> Gleichgewichtsstörungen erfordern.<br />

F Wenn diagnostische Hinweisen für eine Otolithenbeteiligung bei einer Bogengangfunktionsstörung<br />

oder eine isolierte Otolithenfunktionsstörung mit begleitenden <strong>Schwindel</strong>beschwerden<br />

vorliegen, ergibt sich die therapeutische Konsequenz eines <strong>vestibulär</strong>en Habituationstrainings<br />

zur Förderung der <strong>vestibulär</strong>en Kompensation <strong>und</strong> Neueinstellung des vestibulookulären<br />

bzw. otolith-okulären Reflexes. Speziell für Bogengang- <strong>und</strong> Otolithenfunktionsstörungen liegen<br />

entsprechende Trainingsprogramme vor.<br />

F Im Rahmen der Differenzialdiagnostik einer Schallleitungsstörung (Otosklerose) muss mittels<br />

VEMP eine Dehiszenz des vorderen Bogengangs ausgeschlossen werden.<br />

F Vor <strong>und</strong> ggf. nach chirurgischen Eingriffen am Innenohr sollten VEMP-Untersuchungen in Ergänzung<br />

zur Prüfung des Rezeptorstatus der Bogengänge durchgeführt werden.<br />

Korrespondenzadresse<br />

PD Dr. L.E. Walther<br />

<strong>HNO</strong>-Gemeinschaftspraxis<br />

Main-Taunus-Zentrum<br />

65843 Sulzbach (Taunus)<br />

Leif.Walther@hno-praxis-sulzbach.de<br />

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />

<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

1141


D<br />

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Das vollständige<br />

Literaturverzeichnis …<br />

… finden Sie in der<br />

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im Online-Archiv auf der<br />

Zeitschriftenhomepage<br />

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1142 | <strong>HNO</strong> 11 · 2010


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CME<br />

Bitte beachten Sie:<br />

F Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de<br />

F <strong>Die</strong> Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt.<br />

F Es ist immer nur eine Antwort möglich.<br />

Welche Aussage ist nicht<br />

richtig? Otolithenfunktionsstörungen<br />

…<br />

können gleichzeitig mit Bogengangfunktionsstörungen<br />

vorliegen.<br />

sind aufgr<strong>und</strong> der zentralen<br />

Lage der Maculaorgane relativ<br />

häufig.<br />

können mit der VEMP-Diagnostik<br />

diagnostiziert werden.<br />

sind immer an das Vorhandensein<br />

eines Spontannystagmus<br />

geb<strong>und</strong>en.<br />

können auch isoliert ohne<br />

Bogengangfunktionsstörung<br />

auftreten.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Bei folgenden Erkrankungen<br />

können mit Hilfe der VEMP-<br />

Diagnostik wichtige differenzialdiagnostische<br />

Erkenntnisse<br />

gewonnen werden:<br />

Dehiszenz des vorderen Bogengangs<br />

Neuritis vestibularis<br />

M. Menière<br />

Bilaterale Vestibulopathie<br />

Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Bei der Neuritis des N. vestibularis<br />

inferior …<br />

liegt eine Störung des Sacculus<br />

vor.<br />

liegt eine Störung des Rezeptors<br />

bzw. der Afferenzen des<br />

hinteren Bogengangs vor.<br />

ist der Utriculus teilweise geschädigt.<br />

ist die AC-cVEMP-Diagnostik<br />

weiterführend.<br />

finden sich keine zervikalen<br />

<strong>vestibulär</strong> evozierten myogenen<br />

Potenziale (cVEMP) ipsilateral<br />

auf der Seite der Läsion.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Bei der Neuritis des N. vestibularis<br />

superior …<br />

kann auch eine Utriculusfunktionsstörung<br />

vorliegen.<br />

können Rezeptoren des horizontalen<br />

<strong>und</strong> vertikalen (vorderen)<br />

Bogengangs betroffen<br />

sein.<br />

führen VEMP zu keiner weiteren<br />

differenzialdiagnostischen<br />

Abklärung.<br />

kann eine thermisch fassbare<br />

Funktionsstörung vorliegen.<br />

sind ipsilateral AC-cVEMP<br />

nachweisbar.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Beim Syndrom der Dehiszenz<br />

des vorderen Bogengangs …<br />

finden sich erhöhte VEMP-<br />

Amplituden.<br />

finden sich erniedrigte VEMP-<br />

Schwellen.<br />

sind keine VEMP nachweisbar.<br />

kann ein Tullio-Phänomen auftreten.<br />

liegt häufig eine Schallleitungsstörung<br />

vor.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Bei der Otosklerose …<br />

findet sich in bis zu 5% der Fälle<br />

eine Schallleitungsstörung,<br />

die nicht durch mittelohrbedingte<br />

Veränderungen, sondern<br />

durch ein sog. 3. Fenster<br />

(z. B. Dehiszenz des oberen<br />

oder des hinteren Bogengangs)<br />

bedingt ist.<br />

sind in der Regel keine VEMP<br />

nachweisbar.<br />

findet sich postoperativ immer<br />

eine Otolithenstörung.<br />

sollte eine präoperative VEMP-<br />

Diagnostik erfolgen.<br />

kann durch innenohrbedingte<br />

Veränderungen (Kapselotosklerose)<br />

eine Otolithenfunktionsstörung<br />

(Sacculus) induziert<br />

werden.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

<strong>Ableitung</strong>en <strong>vestibulär</strong> evozierter<br />

myogener Potenziale<br />

(VEMP) …<br />

zeigen eine Abhängigkeit vom<br />

Alter.<br />

gehen mit einer Amplitudenverminderung<br />

mit zunehmendem<br />

Alter einher.<br />

weisen mit zunehmendem<br />

Alter vergrößerte Amplituden<br />

auf.<br />

sollten nur bei einer definierten<br />

Muskelvorspannung<br />

(cVEMP) unter EMG-Kontrolle<br />

abgeleitet werden.<br />

lassen sich durch überschwellige<br />

akustische Stimulation<br />

mittels Luftleitungsreiz induzieren.<br />

Welche Aussage ist nicht<br />

richtig? Okuläre <strong>vestibulär</strong><br />

evozierte myogene Potenziale<br />

(oVEMP) …<br />

sind mit Knochen- (BC) <strong>und</strong><br />

Luftleitungsreizen (AC) ableitbar.<br />

spiegeln nach derzeitigem Erkenntnisstand<br />

eine ausschließliche<br />

Stimulation sacculärer<br />

Rezeptoren <strong>und</strong> Afferenzen<br />

wider.<br />

zeigen typische Potenziale<br />

nach 10 ms <strong>und</strong> 15 ms.<br />

werden kontralateral infraorbital<br />

abgeleitet.<br />

basieren auf einem vestibulookulären<br />

Reflex.<br />

Welche Aussage ist nicht richtig?<br />

Beim M. Menière kann sich<br />

nach jahrelangem Verlauf mit<br />

<strong>vestibulär</strong>er Beteiligung eine<br />

Amplitudenminderung oder<br />

ein Fehlen der Amplitude bei<br />

den AC-cVEMP zeigen.<br />

Nach einer intratympanalen<br />

Gentamicintherapie beim<br />

M. Menière können AC-cVEMP<br />

als Zeichen einer Sacculusfunktionsstörung<br />

fehlen.<br />

Bei einem Bogengangdehiszenzsyndrom<br />

können sich erhöhte<br />

VEMP-Amplituden finden.<br />

Bei einer bilateralen Vestibulopathie<br />

finden sich im Ergebnis<br />

bisheriger VEMP-Studien unterschiedliche<br />

Subtypen, auch<br />

mit einer isolierten bilateralen<br />

Otolithenfunktionsstörung.<br />

VEMP lassen sich nur mit Knochenleitungsreizung<br />

durchführen.<br />

Welche Aussage ist falsch?<br />

Für die Bewertung von VEMP-<br />

Bef<strong>und</strong>en in der klinischen<br />

Praxis sind von Bedeutung:<br />

<strong>Die</strong> interaurale Latenzdifferenz.<br />

Das interaurale Amplitudenverhältnis.<br />

Das Alter des Patienten.<br />

<strong>Die</strong> Frage, ob bisher ein Lagerungsschwindel<br />

vorgekommen<br />

ist.<br />

<strong>Die</strong> klinische Fragestellung.<br />

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<strong>HNO</strong> 11 · 2010 |<br />

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