August 2013 - Habichtswald-Klinik
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- Morbus Parkinson -60 %<br />
- Depression -40-50 %<br />
- Zahl der Krankenhaustage -29 %<br />
- Gesamtsterblichkeit -39 %<br />
Also: Viele der großen Volkskrankheiten, die das Gesundheitssystem durch immense Kosten<br />
und den Einzelnen durch subjektives Leid stark belasten, können zu einem erheblichen Teil<br />
allein durch Bewegung vermieden werden. Im Studium müssten angehende Ärzte eigentlich<br />
viel mehr über Bewegungstherapie als über Pharmakologie lernen.<br />
…und der Einzelfall?<br />
Statistiken sind schön und überzeugen auf einer rationalen Ebene. Aber war es nicht (wir<br />
bleiben beim ehemaligen englischen Premierminister) Winston Churchill, der gesagt hat: „Ich<br />
glaube keiner Statistik, es sei denn ich habe sie selbst gefälscht.“? Überzeugender als große<br />
Statistiken kann daher durchaus der gut dokumentierte Einzelfall sein.<br />
Von mir selbst kann ich sagen, dass der Sport nach langer schwerer Krankheit einer der<br />
entscheidenden Gründe dafür war, wieder rasch zu einem halbwegs normalen Leben<br />
zurückzukehren. Nach einer Blutvergiftung mit unbekanntem Erreger versagten im Rahmen<br />
eines „banalen“ Infektes innerhalb weniger Stunden alle Organe (Multiorganversagen mit<br />
Ausfall von Nieren, Leber, Darm, Lunge usw.). Es folgten 5 Wochen Koma, 2 Monate<br />
künstliche Beatmung, künstliche Ernährung, künstliche Blutwäsche und insgesamt 75 Tage<br />
auf der Intensivstation. Im Mai 2012 war ich soweit stabilisiert, dass ich in die Früh-Reha<br />
entlassen werden konnte, saß aber noch im Rollstuhl. An Spaziergänge war nicht zu denken,<br />
die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit oder gar Marathon-Laufen lag in weiter Ferne. Und<br />
doch sollte gerade das vermeintlich Unmögliche gedacht werden. Ich setzte mir das Ziel, im<br />
Mai <strong>2013</strong> den Halbmarathon in Kassel erfolgreich zu bewältigen, was angesichts meines<br />
körperlichen Zustands im Frühjahr 2012 zugegeben ein eher übermütiges Unterfangen war.<br />
Mit Hilfe der Krankengymnasten und Ergotherapeuten meiner Reha-<strong>Klinik</strong> lernte ich<br />
zunächst wieder gehen und suchte dann sobald als möglich den Fitnessraum der <strong>Klinik</strong> auf,<br />
um über die Therapiestunden hinaus meine Muskeln zu trainieren. Im Sommer 2012 fragte<br />
ich meine Ärzte, wann ich denn wieder würde arbeiten können. Die deprimierende Antwort:<br />
„Frühestens im Sommer <strong>2013</strong>, wenn alles gut läuft und auch dann nur halbschichtig.“ Das<br />
konnte ich nicht akzeptieren und trainierte noch intensiver. In der Anschlussheilbehandlung<br />
in einer weiteren <strong>Klinik</strong> konnte ich immerhin schon Treppensteigen, nahm an der<br />
allgemeinen Gruppengymnastik teil und konnte nach einigen Wochen sogar schon am<br />
Nordic Walking teilnehmen. Im <strong>August</strong> war ich wieder zuhause, aber noch arbeitsunfähig. Ich<br />
ging nahezu jeden Tag in mein FitnessFirst-Sportstudio und trainierte drei Stunden Kraft,<br />
Koordination und Ausdauer nach Erstellung eines gezielten Planes durch die erfahrenen<br />
Mitarbeiter des Studios.<br />
Einer der großen Vorteile eines strukturierten Trainings ist, dass man recht rasch Fortschritte<br />
erzielt und diese auch dokumentieren kann. Wenn ich den Bizeps mit sehr geringen 1 kg<br />
trainiere (3x15 Wiederholungen, beim nächsten Mal 3x16, dann 3x17 usw. bis 3x20) und<br />
nach einer Woche bereits auf 2 kg steigere, dann sind diese Erfolge unglaublich motivierend,<br />
selbst wenn man noch auf einem sehr niedrigen Niveau trainiert. Wie bei kaum einem<br />
anderen Therapieverfahren sieht man beim Sport, wie es vorwärts geht – im wahrsten Sinne<br />
des Wortes.<br />
Als persönlich frustrierend habe ich die wohlmeinenden Ratschläge – sowohl von<br />
Therapeuten als auch von Laien empfunden -, die mir zu Schonung und Ruhe rieten. Ich<br />
hatte Monate im Bett gelegen und Wochen im Rollstuhl gesessen. Ich wollte keine<br />
Schonung, ich wollte gefordert und gefördert werden.