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Was haben Drogen mit Liebe zu tun?

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Leben, dort sieht man, was <strong>Liebe</strong> wäre. Durch ihre Abwesenheit wird einem bewusst, was man<br />

braucht, gebraucht hätte.<br />

In dieser Wege habe ich drei Jahre gearbeitet, habe alles gegeben und alles bekommen. Von<br />

Anfang an wusste ich, dass die Arbeit nur möglich ist, wenn ich mich auf einen irren Dialog<br />

einlasse, wenn ich das Leben am Rand kennen lernen will. Ich habe Abgründe gesehen,<br />

Dimensionen erlebt und habe begriffen. Ich habe mir Erfahrungen angeeignet und diese trage<br />

ich nun <strong>mit</strong> mir. In der Wege höre ich auf, ich bin müde geworden, habe alles gegeben und alles<br />

bekommen.<br />

Nun gehe ich in die Welt hinaus und verstehe plötzlich Dinge, die ich früher nie verstanden<br />

habe.<br />

<strong>Drogen</strong> konsumierende Menschen stillen ein Bedürfnis, wie das andere auch <strong>tun</strong>. Illegal zwar,<br />

aber was ist illegal? Alkohol war es in Amerika in den 30er Jahren. Hanf wurde in der Schweiz<br />

legal bis 1963 geraucht. Welche Substanzen wann und warum legal oder illegal sind,<br />

bestimmen die Mächtigen der Gesellschaft. Vielleicht so wie die Gesellschaft die Sicherheit auf<br />

der Strasse definiert. Seit dem 2. Weltkrieg sind mehr Menschen von andern Menschen <strong>zu</strong> Tode<br />

gefahren worden, als im Weltkrieg selbst umgekommen sind. Warum die Autos deshalb nicht<br />

verboten werden, kann ich mir nicht besser erklären, als warum Tabak und Alkohol legale<br />

<strong>Drogen</strong> sind, Heroin und Kokain aber illegale. Wer bestimmt, was gut ist fürs Leben und was<br />

nicht, ist willkürlich.<br />

Machen unsere BewohnerInnen es wie alle andern Menschen auch? Sie wursteln sich durchs<br />

Leben, spielen bei den Machtspielen <strong>mit</strong>, so gut wie sie eben können?<br />

Wer <strong>zu</strong> langsam ist, kauft sich ein Auto. Wer geschickt ist, lässt die Arbeit von einer Maschine<br />

machen. Wer seine Probleme nicht selbst bewältigen kann, verdrängt sie <strong>mit</strong> <strong>Drogen</strong>. Ist es<br />

<strong>zu</strong>fällig, wer für seine Arbeit Geld bekommt und wer als unselbständig bezeichnet wird? Sind<br />

Menschen, die für die Landesverteidigung Tö<strong>tun</strong>gsmaschinen bedienen gute Menschen und<br />

<strong>Drogen</strong>konsumierende schlechte?<br />

<strong>Was</strong> fehlt unseren BewohnerInnen? <strong>Was</strong> machen andere besser? Ist es besser, legal <strong>mit</strong> dem<br />

Flugzeug von Kongress <strong>zu</strong> Kongress <strong>zu</strong> fliegen und die Luft <strong>zu</strong> verpesten, oder ist es besser, still<br />

und möglichst heimlich viel Alkohol oder andere <strong>Drogen</strong> <strong>zu</strong> konsumieren, um von der Welt<br />

nichts mehr <strong>zu</strong> spüren, <strong>zu</strong> warten, bis man sang und klanglos untergeht, einem andern<br />

Erdenbewohner den Platz lässt.<br />

<strong>Was</strong> fehlt unseren BewohnerInnen?<br />

<strong>Liebe</strong>!<br />

Ich habe in den letzten drei Jahren gelernt, wie wertvoll <strong>Liebe</strong> ist. Ich habe erfahren, was <strong>Liebe</strong><br />

ist. Ich habe sie dort gefunden, wo ich sie am wenigsten gesucht hätte. Die<br />

<strong>Drogen</strong>konsumentInnen <strong>haben</strong> mir wie niemand sonst gezeigt, dass ich sie nur in mir selbst<br />

finden kann. Die Beobach<strong>tun</strong>g von Menschen, denen die <strong>Liebe</strong> in extremem Masse abhanden<br />

gekommen ist, hat sie mir gebracht. Bei ihnen habe ich gelernt, dass sie überall und nirgends ist,<br />

unergründlich, verborgen, schwer <strong>zu</strong> finden, leicht <strong>zu</strong> verlieren. Nur die volle Hingabe ans Leben<br />

selbst produziert sie laufend neu. Ich trage sie nun in mir und hoffe, dass sie mich trägt.<br />

So verabschiede ich mich vom Team und den BewohnerInnen der Wege Weierbühl <strong>mit</strong> einer<br />

unerwarteten Bereicherung. Dafür werde ich ihnen solange dankbar sein, wie mich die <strong>Liebe</strong><br />

<strong>zu</strong>m Leben trägt, ich hoffe, bis ans Ende meines Lebens. Danke.<br />

Urban Kühnis

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