PortrÄt Kunst aus Luft, Latex und viel Liebe Silke Pan fesselte ihr Publikum einst als Akrobatin, Schlangenfrau und Luftkünstlerin. Doch dann stürzte das zierliche Kraftpaket aus der Romandie bei einer Trapeznummer ab – seither sitzt sie im Rollstuhl. Heute lebt die Künstlerin ihre Kreativität und Fantasie in Dekorationen aus Ballons aus. Text: Christine Zwygart | Bilder: Beatrice Felder 10 | <strong>Paraplegie</strong>, Februar <strong>2013</strong>
Bunte Welt. Silke Pan arrangiert das Jupe einer ausserirdischen Dame im Einkaufszentrum Littoral. Immer an ihrer Seite: Chizu-Hündchen Wendy (Bild links). Zeichnungen helfen beim Formen der gewünschten Figuren (Bild oben). Ihre Hände gleiten dem schlangenförmigen Ballon entlang, an der richtigen Stelle klemmt sie ihn ab und dreht den Latexschlauch dann so lange um die eigene Achse, bis der Sektor dicht ist. Silke Pan formt aus dem apfelgrünen Schlauch in Windeseile eine Hand für die ausserirdische Dame, die da vor ihr auf dem Tisch liegt. «Ein gutes Augenmass hilft, die richtigen Proportionen zu finden. Der Rest ist Fantasie», sagt die Künstlerin. Das Geschäftshaus Littoral Centre in Allaman VD verwandelt sich nach und nach in ein Universum: von der Decke hängen Astronauten, ein Geschwader Ufos greift an, im Hintergrund pulsiert ein Raumschiff und ein Alien mit langen Tentakeln schlängelt sich um die Verkaufsstände. 45’000 Ballons verarbeitet die 40-Jährige mit ihrem Team zu einem begehbaren Weltraum. Die Ideen zu den Figuren hat sie gemeinsam mit ihrem Lebens- und Geschäftspartner Didier Dvorak, 50, entworfen. Wie immer, wenn eine so grosse Dekoration im Entstehen ist, geht’s hektisch zu und her. «Gewisse Ballons kamen zu spät, andere in schlechter Qualität», erzählt Didier. Egal – das Kunstwerk muss termingerecht fertig sein. Die Kompresser laufen auf Hochtouren, pressen Luft in die Latexschläuche, aus denen die zehn Ballonkünstler dann die vorgegebenen Figuren formen. Zeichnungen helfen, damit die Konstruktionen am Schluss so aussehen, wie sie das Chef-Duo gerne hätte. Silke und Didier sind ein starkes Gespann. Gemeinsam sind sie früher als Artisten durch die Welt gereist, haben Trapez- und Akrobatiknummern in Freizeitparks und Zirkussen vorgeführt. Bis zu jenem Tag im Herbst 2007. Hoffnungsvolle Karriere Schon als Mädchen liebte Silke das Turnen, Tanzen und Trampolinspringen. «Alles was mit Körperbeherrschung zu tun hatte, fiel mir leicht.» So absolvierte sie bereits früh Lehrgänge an Zirkusschulen. Aufgewachsen ist die gebürtige Deutsche in der Westschweiz, mit 18 Jahren zog sie dann nach Berlin, wo sie die staatliche Ballettschule und Schule für Artistik besuchte. «Ein Lebenstraum ging für mich in Erfüllung.» Mit dem Diplom im Sack reiste Silke Pan samt Wohnwagen durch ganz Europa, arbeitete im Zirkus, Freizeitpark, bei Modeshows, Openair-Festivals oder im Variété-Theater. «Ich war auf dem aufsteigenden Ast», erinnert sie sich. Das Glück schien perfekt, als sie während eines Engagements auf den Artisten Didier Dvorak traf. Die beiden passten gut zusammen; beruflich wie privat. Viele neue Duo-Nummern entstanden, das Paar genoss hohes Ansehen. In der Saison 2007 arbeiteten die beiden in einem Freizeitpark in Rimini, Italien, und zeigten dort ihre Luftnummer. «Wir fühlten uns in Hochform und unsere Zukunft war mit interessanten Angeboten gesichert», erzählt Silke. Nach dem Ende der Saison passten die beiden ihre Darbietung auf die Wünsche des nächsten Auftraggebers an. Die Kostüme waren fertig, die Proben fast beendet. Dann passierte der fatale Unfall: «Beim Üben einer Trapez- <strong>Paraplegie</strong>, Februar <strong>2013</strong> | 11