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SWR2 Musikstunde Reif für die Insel? - Eine musikalische Reise (5)

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2<br />

SWR 2 <strong>Musikstunde</strong><br />

Freitag, den 26. Juli 2013<br />

Mit Susanne Herzog<br />

<strong>Reif</strong> für <strong>die</strong> <strong>Insel</strong>?<br />

<strong>Eine</strong> <strong>musikalische</strong> <strong>Reise</strong><br />

Auf der <strong>Insel</strong> Mauritius im indischen Ozean, dort und ausschließlich dort<br />

lebte bis Ende des 17. Jahrhundert der Dodo: eine Art graue Taube, so groß<br />

allerdings wie ein Schwan, mit gebogenem Schnabel und mit winzigen<br />

Flügeln. So klein, dass der Dodo damit nicht fliegen konnte. Das brauchte<br />

der Riesenvogel auch überhaupt nicht, denn auf Mauritius hatte er keine<br />

natürlichen Feinde. Die Früchte, <strong>die</strong> von den Bäumen fielen, <strong>die</strong>nten dem<br />

Dodo als Nahrung, seine Nester baute der flugunfähige Vogel auf der Erde.<br />

Ins Para<strong>die</strong>s des Dodo fielen <strong>die</strong> ersten Schatten, als Menschen sich der<br />

unbewohnten <strong>Insel</strong> Mauritius näherten. Den Seefahrern schmeckte das<br />

Fleisch des Dodo nämlich ganz hervorragend: der Vogel wurde zu einer<br />

guten Frischfleischquelle für <strong>die</strong> Weiterreise. Und vielleicht noch schlimmer:<br />

<strong>die</strong> portugiesischen Seefahrer brachten Schweine auf <strong>die</strong> <strong>Insel</strong> mit. Auch<br />

Affen waren nach Mauritius gelangt, wie genau ist unklar. Schweine und<br />

Affen jedenfalls fraßen gemeinsam <strong>die</strong> Eier des Dodo. Bereits Ende des 17.<br />

Jahrhunderts gab es keinen einzigen <strong>die</strong>ser Vögel mehr.<br />

„As dead as a Dodo“ sagt man in England, wenn etwas definitiv vorbei ist.<br />

Von der Erde verschwunden ist der Dodo und ob er singen konnte, wissen<br />

wir nicht und werden es auch nicht erfahren. Trotzdem jetzt ein Gesang der<br />

Vögel. 1‟18<br />

1. Musik<br />

Pablo Casals<br />

El Cant dels Ocells<br />

3„13<br />

David Geringas, Cello<br />

Titel CD: solo for tatjana<br />

Es Dur, ES 2019, LC 7186<br />

WDR 5026 864<br />

“El Cant dels Ocells” – “Der Gesang der Vögel” eigentlich ein katalanisches<br />

Weihnachtslied, bekannt geworden durch Pablo Casals als Hymne der Exil<br />

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Katalanen, hier wurde der Vogelgesang gespielt in einer Fassung für Cello<br />

solo von David Geringas.<br />

Der Dodo singt nicht mehr, hat vielleicht nie gesungen, auf der <strong>Insel</strong><br />

Mauritius konnte <strong>die</strong>ses seltene Exemplar lange überleben, bis <strong>die</strong><br />

Menschen kamen und das bis dahin bestehende günstige Umfeld des Dodo<br />

zerstörten. Was wie eine traurige Geschichte klingt, ist für<br />

Evolutionsbiologen sehr aufschlussreich: denn <strong>Insel</strong>n sind sozusagen<br />

evolutionäre Mikrokosmen. In abgeschlossenen <strong>Insel</strong>räumen entwickeln sich<br />

aber nicht nur spezielle Tiere und Pflanzen, sondern auch seltene<br />

Erbkrankheiten. In westlichen Ländern ist circa ein Mensch von 30.000<br />

vollständig farbenblind: kann also nicht nur kein rot und grün<br />

unterscheiden, was häufiger vorkommt, sondern wirklich keine Farben<br />

sehen und hat auch überhaupt keine Vorstellung von Farben. Auf der <strong>Insel</strong><br />

Pingelap mitten im Pazifischen Ozean, ist etwa jeder zehnte farbenblind:<br />

verbunden mit einer starken Seeschwäche, großer Lichtempfindlichkeit und<br />

Augenzittern. Schuld daran ist ein Gendefekt. Als ein Taifun vor mehr als<br />

200 Jahren über <strong>die</strong> <strong>Insel</strong> fegte und viele Pingelapesen starben, hat das<br />

defekte Gen sich dann in der Folgezeit vermehrt durchgesetzt. Deshalb ist<br />

zum Beispiel das Meer für einige Einwohner der <strong>Insel</strong> nicht blau, sondern<br />

einfach grau. Aber interessanterweise empfinden viele Farbenblinde das gar<br />

nicht als Nachteil: schließlich kennen sie keine Farben. Dafür aber können<br />

sie in Schwarzweiß deutlicher Strukturen und auch Bewegungen<br />

wahrnehmen. Ideal zum Fischen im Dämmerlicht: dann wenn Farben nicht<br />

mehr viel nutzen.<br />

Hier kommt jetzt farbige Musik und auch wieder nicht: Denn obwohl in<br />

Ludwig van Beethovens Lied Feuerfarb„ einige Farben besungen werden, ist<br />

am Ende doch nur eine Farbe entscheidend: eine, <strong>die</strong> man nicht sehen<br />

kann, <strong>die</strong> Farbe der Wahrheit. 1‟53<br />

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2. Musik<br />

Ludwig van Beethoven<br />

Feuerfarb„ op. 52, 2<br />

2„52<br />

Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton<br />

Hartmut Höll, Klavier<br />

WDR Kompilation<br />

WDR 5154 531<br />

Feuerfarb„ op. 52 Nr. 2 von Ludwig van Beethoven. Es sang Dietrich Fischer-<br />

Dieskau, am Klavier begleitete Hartmut Höll.<br />

„Insulmanie“: der amerikanische Historiker, Autor und Journalist Thurston<br />

Clarke hat <strong>die</strong>ses Wort kreiert, um <strong>die</strong> Sehnsucht, ja Sucht nach <strong>Insel</strong>n zu<br />

beschreiben. Ob er selbst von „Insulmanie“ befallen sei, das sagt er nicht<br />

explizit, obwohl einiges dafür spricht: schließlich trat er eine ausgedehnte<br />

<strong>Insel</strong>hopping <strong>Reise</strong> an, <strong>die</strong> er in seinem Buch „Die <strong>Insel</strong>. <strong>Eine</strong> Welt für sich“<br />

abwechslungsreich schildert.<br />

Zuerst einmal habe er eine Liste mit „No-go-<strong>Insel</strong>n“ angelegt: zu klein, zu<br />

groß, zu einsam, zu touristisch. Wie klein eine <strong>Insel</strong> sein dürfe, um noch als<br />

<strong>Insel</strong> zu gelten, da orientierte sich Clarke an einer schottischen Verordnung<br />

aus dem 19. Jahrhundert, <strong>die</strong> besagte: mindestens ein Schaf müsse auf ihr<br />

weiden können …<br />

Schließlich reiste er zu berühmten <strong>Insel</strong>n wie zum Beispiel den<br />

Gewürzinseln, zu <strong>Insel</strong>n, <strong>die</strong> ihm persönlich am Herzen lagen wie der<br />

schottischen <strong>Insel</strong> Jura zu den inneren Hebriden gehörig, wo er als junger<br />

Mensch immer wieder gewesen war, außerdem zu symbolischen <strong>Insel</strong>n, wie<br />

Clarke sie nennt, wie der <strong>Insel</strong> Malekula im Pazifischen Ozean, wo noch im<br />

letzten Jahrhundert Menschen verspeist wurden.<br />

Und los ging es da, wo seit langer Zeit <strong>die</strong> <strong>Insel</strong>sucht einsetzte: auf Robinson<br />

Crusoes <strong>Insel</strong> Más a Tierra.<br />

Natürlich stellt sich <strong>die</strong> Frage, ob Clarke am Ende herausgefunden hat, was<br />

<strong>die</strong> von Insulmanie Befallenen antreibt? Eindeutig ist sein Ergebnis nicht,<br />

aber er glaubt doch bemerkt zu haben, dass das Leben auf <strong>Insel</strong>n <strong>die</strong><br />

Menschen häufig „verbessere“: Einfachheit und Stille förderten <strong>die</strong><br />

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5<br />

Konzentration aufs Wesentliche und wer nicht so leicht den Standort<br />

wechseln könne, sei einfach netter zu den Nachbarn.<br />

Wie dem auch sei: Insulmanie bleibt irgendwie doch unerklärlich und<br />

faszinierend. Blicken wir von einer <strong>Insel</strong> ins blaue Meer: da kommt jetzt ein<br />

bissiger Haifisch von Astor Piazzolla vorbeigeschwommen. 2‟05<br />

3. Musik<br />

Astor Piazzolla<br />

Escualo<br />

3„49<br />

Münchner Klaviertrio<br />

Titel CD: Astor Piazzolla: Tangos y Canciones<br />

Genuin, GEN 88110, LC 12029<br />

WDR 5164 892<br />

Escualo von Astor Piazzolla, es spielte das Münchner Klaviertrio.<br />

Wer jetzt von der „Insulmanie“ gepackt ist und meint, es gäbe noch nicht<br />

genug <strong>Insel</strong>n, der kann sicher gut verstehen, warum Menschen künstliche<br />

<strong>Insel</strong>n erzeugen: <strong>die</strong> palmförmige <strong>Insel</strong>anlage vor Dubai etwa. Ebenfalls vor<br />

Dubai im Meer erbaut: 300 künstlich geschaffene <strong>Insel</strong>n in Form einer<br />

Weltkarte, genannt „The World“. Das Ganze umgeben von einem künstlichen<br />

Riff, das <strong>die</strong> exklusive <strong>Insel</strong>welt gegen Strömungen und Unwetter schützen<br />

soll. Je hundert Meter sind <strong>die</strong> <strong>Insel</strong>n voneinander entfernt und ein Marine-<br />

Transport-System soll sie miteinander verbinden. Bisher ist noch nicht viel<br />

los auf den <strong>Insel</strong>n der Luxuswelt vor Dubai: auf der World <strong>Insel</strong> „Libanon“<br />

hat jetzt immerhin der erste Beach Club eröffnet, ein Hotel ist in Planung.<br />

Für seine Zeit ebenfalls ziemlich exzentrisch und luxuriös ging es bei Festen<br />

von Ludwig XIV. in Versailles zu: eine künstliche <strong>Insel</strong> im großen Kanal von<br />

Versailles gehörte zur Ausstattung des Festes „Les plaisirs de l‟île enchantée“<br />

– „Die Vergnügungen der verzauberten <strong>Insel</strong>“, das 1664 stattfand. Thema des<br />

mehrere Tage dauernden Festes war Alcinas Zauberinsel. Eröffnet wurde mit<br />

einem „Carrousel“, ein Reiterspiel in prächtigen Kostümen, am Abend folgte<br />

ein Ballett der Jahreszeiten, für das extra exotische Tiere beschafft worden<br />

waren und so ging es auch in den nächsten Tagen mit vielfältigen<br />

Attraktionen weiter. Höhepunkt war <strong>die</strong> Erstürmung des Palasts der Alcina<br />

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auf ihrer Zauberinsel. Der war auf der künstlichen <strong>Insel</strong> für <strong>die</strong>ses Spektakel<br />

errichtet worden: und wurde dann in einem großartigen Feuerwerk zerstört.<br />

1„35<br />

4. Musik<br />

Jean-Baptiste Lully<br />

Ausschnitt aus: Les plaisirs de l‟ile enchantée<br />

1„54<br />

Isabelle Obadia, Sopran<br />

Emmanuelle Halimi, Sopran<br />

Les Arts Florissants<br />

William Christie, Ltg.<br />

Titel CD: Lully Les Divertissements de Versailles<br />

Erato, 0927-44655-2, LC 0200<br />

WDR 5080 805<br />

Jean-Baptiste Lully: ein Ausschnitt aus Les plaisirs de l‟ile enchantée. Es<br />

sangen Isabelle Obadia und Emmanuelle Halimi. William Christie leitete Les<br />

Arts Florissants.<br />

Absolutistische Prachtentfaltung mit extravaganten Festen: das war nicht<br />

nur Sache des Sonnenkönigs, auch in Sachsen eiferte man dem Glanz von<br />

Versailles nach. Mit Matthäus Daniel Pöppelmann hatte August der Starke<br />

den richtigen Baumeister für sein Repräsentationsbedürfnis an seiner Seite:<br />

nicht nur den Zwinger in Dresden baute Pöppelmann, er plante auch den<br />

Umbau von Schloss Pillnitz an der Elbe und des Jagd- und Lustschlosses<br />

Moritzburg. Besonders eindrucksvoll wirkt Schloss Moritzburg vor den Toren<br />

Dresdens gelegen, weil das Schloss auf einer künstlichen <strong>Insel</strong> steht und<br />

sich im Teich drum herum spiegelt. Aber es gibt noch mehr Wasser und<br />

<strong>Insel</strong>chen in unmittelbarer Umgebung: In östlicher Richtung von Schloss<br />

Moritzburg gelangt man zum Fasanenschlösschen: Friedrich August III. ließ<br />

hier am nahe gelegenen See einen Hafen, sowie eine Mole und einen<br />

Leuchtturm errichten. Zum Vergnügen des Hofes wurden sogar kleine<br />

Seeschlachten veranstaltet. Oder man fuhr mit einer Gondel zu einer der<br />

beiden künstlichen <strong>Insel</strong>n: auf der größeren befand sich <strong>die</strong> Eremitage mit<br />

dem Bad der Kurfürstin.<br />

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Diese phantasievolle Wasser- und <strong>Insel</strong>landschaft war noch Zukunftsmusik,<br />

als 1719 <strong>die</strong> Serenata di Moritzburg des Komponisten Johann David<br />

Heinichen aufgeführt wurde. Es spielt Musica Antiqua Köln unter der<br />

Leitung von Reinhard Goebel. 1„33<br />

5. Musik<br />

Johann David Heinichen<br />

Serenata di Moritzburg<br />

2. CD 3„00<br />

Musica Antiqua Köln<br />

Reinhard Goebel, Ltg.<br />

Titel CD: Heinichen Dresden Concerti<br />

DG, 437 549-2, LC 0113<br />

WDR 5011 534<br />

Johann David Heinichen: Serenata di Moritzburg. Reinhard Goebel leitete<br />

Musica Antiqua Köln.<br />

Fünf Museen auf einer einzigen <strong>Insel</strong>? Das klingt ziemlich ungewöhnlich. Na<br />

ja, Sie alle kennen <strong>die</strong>se <strong>Insel</strong> bestimmt, waren vielleicht auch schon mal da:<br />

<strong>die</strong> Museumsinsel auf der Spree mitten in Berlin. <strong>Eine</strong> geballte Ladung<br />

Kultur, <strong>die</strong> man sich auf <strong>die</strong>ser <strong>Insel</strong> einverleiben kann.<br />

Kaum anders ist es auf einer <strong>Insel</strong> nahe bei Neuss: auch hier geht es um<br />

Kultur: um eine Verbindung von Kunst, Architektur und Natur. Und dabei<br />

ist <strong>die</strong> Museumsinsel Hombroich keine von Wasser umspülte <strong>Insel</strong>, auch<br />

wenn im Museumspark durchaus viel Wasser fließt. Aber ein <strong>Insel</strong>gefühl<br />

bekommt man trotzdem, wenn man das Kassenhaus hinter sich gelassen<br />

hat und den Park mit seinen Kunstwerken betritt: man fühlt sich jenseits<br />

des Alltags in einer anderen Welt, auf einer Museumsinsel eben. Ob man im<br />

Labyrinth wandelt und Skulpturen aus dem frühen China betrachtet,<br />

schließlich wieder den Ausgang zum Park findet, über verschlungene Pfade<br />

und kleine Brücken über Flüsschen weiter schlendert und dann in der<br />

Orangerie <strong>die</strong> sieben Khmer-Köpfe aus den 12. und 13. Jahrhundert<br />

bewundert, während <strong>die</strong> Natur durch <strong>die</strong> riesige Glasfront im Raum präsent<br />

zu sein scheint: das <strong>Insel</strong>gefühl ist stets vorhanden.<br />

7


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Und zu Kunst und Natur gesellt sich auch immer wieder Musik: denn Musik<br />

– besonders <strong>die</strong> Neue Musik – wird auf der Museumsinsel Hombroich groß<br />

geschrieben. Es gibt sogar ein eigenes <strong>Insel</strong>festival, wo neue als auch<br />

klassische Musik gespielt wird. 1„30<br />

6. Musik<br />

Max Bruch<br />

Andante und Allegro con moto<br />

aus: Acht Stücke für Klarinette, Bratsche und Klavier op. 83<br />

3„24<br />

2„32<br />

Sabine Meyer, Klarinette<br />

Tabea Zimmermann, Viola<br />

Hartmut Höll, Klavier<br />

Titel CD: Mozart: Kegelstatt-Trio, Schumann: Märchenerzählungen, Bruch: 4<br />

Stücke aus op. 83<br />

EMI, CD 7 49736 2, LC 0542<br />

Zwei Stücke von Max Bruch aus seinem op. 83 für Klarinette, Bratsche und<br />

Klavier. Es spielten Sabine Meyer, Tabea Zimmermann und Hartmut Höll.<br />

Kultur schafft <strong>Insel</strong>n wie man an der Museumsinsel Hombroich sehen kann,<br />

aber <strong>Insel</strong>n schaffen auch Kultur. So wie auf der schwedischen Ostseeinsel<br />

Gotland: <strong>die</strong> wird nämlich nicht nur von Meereswellen umspült, sondern<br />

auch von Schallwellen. Jedenfalls jedes Jahr im Mai: dann treffen sich junge<br />

Komponisten zum Festival „Ljudvågor“, was übersetzt Schallwellen heißt, in<br />

der mittelalterlichen Hauptstadt Visby. Rund fünfzig Uraufführungen gibt es<br />

während der vier Festivaltage auf der <strong>Insel</strong>.<br />

Oder Baltrum vor der Küste Ostfrieslands: auch hier gibt es <strong>Insel</strong> Kultur.<br />

Zum vierten Mal fand in <strong>die</strong>sem Jahr ein Treffen von Cartoonisten und<br />

Karikaturisten statt: „<strong>Insel</strong>witz“ heißt <strong>die</strong> Veranstaltung. Sie brachten dabei<br />

alles aufs Papier, was ihnen zum Thema „Männer mit Bärten – Cartoons<br />

über Stürme, Seeräuber und allerlei Getier“ so einfiel. Die <strong>Insel</strong>witze der<br />

letzten Jahre kann man in dem Buch „Vom Winde verwirrt – Cartoons<br />

zwischen Ebbe und Flut“ ansehen.<br />

Aber Scherz bei Seite: es gibt sogar ein Streichquartett, das sich nach einer<br />

<strong>Insel</strong> benannt hat. Das amerikanische Turtle Island Quartet. Allerdings nicht<br />

nach einer der <strong>Insel</strong>n, <strong>die</strong> so heißen – da gibt es einige. Sondern das<br />

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9<br />

Quartett, das sich musikalisch zwischen Klassik, Jazz, Folk und Neuer<br />

Musik bewegt, benennt sich nach einer traditionellen Geschichte der<br />

Onondaga, Indianer aus Nord Amerika. Die erzählt unter anderem, dass eine<br />

Schildkröte ein kleines Stück Land auf ihrem Rücken getragen habe, als <strong>die</strong><br />

Welt nur aus Wasser bestand. Dieses Land wurde immer schöner und<br />

größer und schließlich zu einer <strong>Insel</strong> im Wasser. Manche Leute nannten es<br />

Kanada oder Amerika, andere als Erinnerung an <strong>die</strong> Schildkröte: Turtle<br />

Island. 1„48<br />

7. Musik<br />

David Balakrishnan<br />

Snakes and Ladders<br />

aus: Mara‟s Garden of False Delights<br />

6„22<br />

Turtle Island String Quartet<br />

Ying Quartet<br />

Titel CD: 4 + four<br />

Telarc, CD 80630, LC 05307<br />

WDR 5730 378<br />

Das war das Turtle Island Quartet gemeinsam mit dem Ying Quartet mit<br />

„Snakes and Ladders“ aus „Mara‟s Garden of False Delights“. <strong>Eine</strong><br />

Komposition, <strong>die</strong> das stetige Auf und Ab im Leben beschreibt. Sie stammt<br />

von David Balakrishnan, dem ersten Geiger des Quartetts.<br />

Es gibt sie immer mal wieder, aber selten: Musiker, <strong>die</strong> inselbegabt sind.<br />

Besser bekannt unter dem Begriff Savant-Syndrom: Menschen, <strong>die</strong> auf<br />

einem Spezialgebiet Unglaubliches leisten, ansonsten aber häufig an einer<br />

Entwicklungsstörung oder dem Asperger Syndrom bzw. Autismus leiden.<br />

Also sozusagen ihre Begabung auf einer <strong>Insel</strong> angesiedelt haben.<br />

Manche haben ein sagenhaftes Gedächtnis und erinnern sich an kleinste<br />

Details aus jedem Tag in ihrem Leben. Andere sind wahre Rechenkünstler<br />

und können schwierigste Aufgaben in wenigen Sekunden im Kopf lösen, für<br />

<strong>die</strong> Normalsterbliche niemals ohne Taschenrechner auskommen würden.<br />

Ja und <strong>die</strong> inselbegabten Musiker: es gibt Savants, <strong>die</strong> quasi über Nacht<br />

Klavier spielen gelernt haben, ohne dass ihnen jemand gezeigt hätte, wie das<br />

geht. Ein Hirnforscher aus Dublin, Prof. Michael Fitzgerald, ist der Meinung,<br />

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dass außerordentliche Kreativität besonders häufig bei Autisten auftrete.<br />

Auch Einstein, Newton und Mozarts Gehirne seien in <strong>die</strong>sem Sinn „falsch“<br />

verkabelt gewesen und damit inselbegabt.<br />

Ob sich das nachträglich wirklich noch so feststellen lässt, sei mal dahin<br />

gestellt, aber, dass Mozart ein Wunderkind und damit ein absolut<br />

erstaunliches Talent war, ist natürlich unbestritten. Hier der letzte Satz aus<br />

seinem Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur. 1„58<br />

8. Musik<br />

Wolfgang Amadeus Mozart<br />

Rondo<br />

aus: Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur KV 453<br />

6. CD 8„07<br />

Malcolm Bilson, Hammerklavier<br />

The English Baroque Soloists<br />

John Eliot Gardiner, Ltg.<br />

Titel CD: Mozart: The Piano Concertos Vol. II<br />

Archiv Produktion, 431 217-2, LC 0113<br />

WDR 5014 496<br />

Malcom Bilson am Hammerklavier war der Solist im letzten Satz aus Mozarts<br />

Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur KV 453. John Eliot Gardiner leitete The<br />

English Baroque Soloists.<br />

Und damit sind wir schon fast am Ende der SWR 2 <strong>Musikstunde</strong>n <strong>Insel</strong><br />

Woche. Vielleicht wurde im Verlauf der Woche Ihre Sehnsucht nach fernen<br />

<strong>Insel</strong>n geweckt, vielleicht haben Sie aber auch Lust bekommen, immer mal<br />

wieder Zeitinseln zu schaffen, um bewusst Musik zu hören. Dazu gibt es<br />

sogar eine Reihe im Konzerthaus Dortmund, bei der man sich zu einem<br />

bestimmten Komponisten oder Thema etwas mehr Zeit als gewöhnlich im<br />

schnelllebigen Konzertalltag gönnt.<br />

Zeit nehmen, zur Ruhe kommen, Musik hören: eine Zeitinsel für Musik. Hier<br />

ist <strong>die</strong> letzte für <strong>die</strong>se Woche: so schön, dass man <strong>die</strong>se <strong>Insel</strong> gar nicht mehr<br />

verlassen möchte. 0„52<br />

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9. Musik<br />

Traditionell<br />

La dama d‟Aragó<br />

3‟37<br />

Nuria Rial, Gesang<br />

L‟Arpeggiata<br />

Christina Pluhar, Ltg.<br />

Titel CD: Mediterraneo<br />

Virgin Classics, 5099946454720, LC 7873<br />

Privat CD<br />

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