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PDF Datei laden - Christophorus Hospiz Verein e.V.

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hundert hinein, ihren Sinn hatten. Heute<br />

jedoch sind Pflegeheime eher Ghettos, die<br />

Integration erschweren und Selbstbestimmung<br />

eher einschränken. Warum können<br />

wir unsere Alten und Pflegebedürftigen<br />

nicht in die Mitte der Gesellschaft holen?<br />

Warum sollten wir heute, wenn auf 1000<br />

Bürger 10 Demenzkranke kommen, nicht<br />

dafür sorgen können, dass diese 10, wie<br />

der Gütersloher Psychiater Dörner schon<br />

vor Jahren vorschlug, von den 990 Gesunden<br />

liebevoll und mit professioneller Unterstützung<br />

in der Gemeinschaft gepflegt<br />

werden? Sicher, das erfordert erhebliches<br />

Um- und Neudenken in unserer Gesellschaft:<br />

wir müssen neue Wohnformen entwickeln<br />

und die Arbeit muss neu organisiert<br />

werden. Dies würde im Übrigen auch<br />

Kosten sparen. Nichts spricht dagegen,<br />

dass auch Menschen mit terminalen Erkrankungen<br />

im Prinzip auf die gleiche<br />

Weise zu versorgen wären, so dass <strong>Hospiz</strong>e<br />

weitgehend überflüssig würden. Auf allen<br />

gesellschaftlichen Ebenen sind für die Umsetzung<br />

solcher Szenarien allerdings Mut<br />

und Ideen gefragt!<br />

U.H.: Sie beklagen in ihrem Buch auch, dass<br />

bei vielen Menschen„ der soziale Tod dem<br />

biologischen Tod“ vorausgeht. Wie kann diese<br />

Ungleichheit im Leben wie im Sterben abgebaut<br />

werden?<br />

M.d.R.: Der biologische Tod ist für uns alle<br />

unausweichlich, der soziale Tod, wohl<br />

das grausamste Schicksal zu Lebzeiten, keineswegs.<br />

Ihm kann allein durch soziale<br />

Teilhabe im Leben begegnet werden. Sie<br />

mehr Menschen zu ermöglichen ist ein<br />

drängendes und gewaltiges Thema, dem<br />

die Politik mehr Aufmerksamkeit schenken<br />

muss. Gerade in Großstädten wie Berlin,<br />

wo ich als ehemaliger Chefarzt der<br />

Rettungsstelle im Klinikum Am Urban in<br />

Kreuzberg mit den körperlichen und psychischen<br />

Folgen sozialer Isolation und <strong>Verein</strong>samung<br />

wie beispielsweise Suchterkrankungen,<br />

Mangelernährung und<br />

Suizidalität tagtäglich konfrontiert war, ist<br />

der soziale Tod ein kaum mehr wahrgenommenes<br />

„Routineereignis“, das wir<br />

nicht hinnehmen dürfen. Voraussetzung<br />

und Grundlage sozialer Teilhabe sind<br />

Achtsamkeit, Respekt und Zuwendung zu<br />

denen, die sich als „sozial Schwache“ an<br />

der Peripherie einer Gemeinschaft oder<br />

Gesellschaft bewegen. Achtsamkeit, Respekt<br />

und Zuwendung - drei humanistische<br />

Prinzipien, die auch grundlegend<br />

sind für die Pflege und Begleitung Sterbender<br />

im <strong>Hospiz</strong>.<br />

Dr. Michael de Ridder engagiert sich seit<br />

Jahrzehnten auf nahezu allen Feldern der<br />

Gesundheitspolitik: Sterbebegleitung, Pflegenotstand,<br />

ärztliche Behandlungsfehler,<br />

Drogenproblematik. Immer wieder griff er<br />

Tabuthemen auf und sparte auch nicht mit<br />

Kritik am ärztlichen Berufsstand. Mit 65<br />

Jahren, wenn andere in Rente gehen, gründete<br />

er in Berlin das Vivanteshospiz, das er<br />

seit September 2012 leitet.<br />

Sein bekanntestes Buch:<br />

Michael de Ridder: „Wie wollen wir sterben?“ Ein<br />

ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in<br />

Zeiten der Hochleistungsmedizin. Deutsche Verlags-Anstalt,<br />

München 2010. 320 S., geb., 19,95 E.<br />

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/michael-de-ridder-wie-wollen-wir-sterbenkraefteverfall-partnerverlust-mangelernaehrung-1971849.html<br />

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