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Fünf Jahre Christophorus-Haus - Christophorus Hospiz Verein e.V.

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CHVaktuell Nummer 62 November 2011<br />

<strong>Fünf</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />

Dr. Gustava Everding: Ars moriendi<br />

Katarina Theißing: Die Rolle der Pflegenden<br />

Katharina Keitel: Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong>


Karl Albert Denk<br />

(Bestattermeister)<br />

✆<br />

Unsere Beratungsräume<br />

München<br />

Individuelle<br />

Gestaltung<br />

Kompetente und<br />

familiäre Betreuung<br />

�����������������������<br />

�������������<br />

Persönliche und familiäre Betreuung.<br />

Karl Albert Denk knüpft an eine beispielhafte Familientradition<br />

an. Seit über vier Generationen pflegt die Familie<br />

Denk eine einzigartige Bestattungs- und Trauerkultur, die<br />

nun wieder neu belebt wird. Die Würde das Menschen zu<br />

wahren und zu bewahren, ist uns ein wichtiges Anliegen.<br />

Kommen Sie und sprechen Sie mit uns. Auf Wunsch kommen<br />

wir zu Ihnen nach <strong>Haus</strong>e, selbstverständlich kostenlos<br />

und unverbindlich.<br />

089-64 24 86 80<br />

Tag und Nacht für Sie da, auch an Sonn- und Feiertagen.<br />

München, Ismaninger Str.17<br />

Grünwald, Tölzer Straße 37<br />

Erding, Kirchgasse 2a<br />

Freising, Prinz-Ludwig-Str. 5<br />

www.karlalbertdenk.de<br />

Persönliche<br />

Abschiednahme


Editorial<br />

Liebe Mitglieder, Leser und Freunde des CHV,<br />

Alter und altern bringen einerseits mehr Freiheiten,<br />

andererseits auch vermehrt Abschiede mit sich. Das<br />

ist einer der Gründe, warum ich in diesem Heft den<br />

prominenten Platz des Editorials nutzen darf.<br />

Im Januar 2012 werde ich, nach fast 18 <strong>Jahre</strong>n, die<br />

Geschäftsführung sowohl des CHV als auch der<br />

<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> Verwaltungs GmbH an<br />

Herrn Wagner übergeben. Ich wünsche ihm, dass<br />

seine Tätigkeit bei uns ihm ebenso viel Freude und<br />

Zufriedenheit bringt, wie sie es mir all die <strong>Jahre</strong> gebracht<br />

hat. Er wird sich Ihnen im nächsten Heft<br />

selbst vorstellen, und spätestens bei der Mitgliederversammlung<br />

im Mai 2012 können Sie ihn persönlich kennen lernen.<br />

Gestatten Sie mir einen knappen Blick zurück. Bei meinem Einstieg in die Geschäftsführung<br />

des CHV war ich die neunte Mitarbeiterin. Der Umzug von der Liegsalzstraße<br />

in ein dringend notwendiges größeres Büro am Rotkreuzplatz war vollzogen, und ich<br />

weiß noch wie heute, dass mir beim Einstellungsgespräch einer der Vorstände sagte: „Als<br />

Geschäftsführerin sollten sie auch einmal eine Stunde finden, in der sie aus dem Fenster<br />

sehen und über die Arbeit und ihre Weiterentwicklung nachdenken können“. Aus heutiger<br />

Sicht scheint mir dies eine romantische Vorstellung gewesen zu sein, die allerdings<br />

nichts von ihrer grundsätzlichen Richtigkeit verloren hat. Sehr schnell und auch ohne<br />

Stunden am Fenster hat mich und uns alle die weitere Entwicklung der <strong>Hospiz</strong>arbeit, der<br />

notwendige weitere Ausbau der Gewinnung, Schulung und Fortbildung von ehrenamtlichen<br />

<strong>Hospiz</strong>helfern und das Aufkommen palliativer Versorgungsstrukturen in eine<br />

Beschleunigung unserer Arbeitsprozesse gebracht, die bis heute andauert. Mehr und<br />

klarere Strukturen in den einzelnen Versorgungsbereichen wurden notwendig. Wir konzipierten<br />

gemeinsam mit der Stadt die zweite Münchner Palliativstation im Krankenhaus<br />

Harlaching und unterstützte diese viele <strong>Jahre</strong> durch zwei CHV-Mitarbeiterinnen, dem<br />

Brückenteam, sowie notwendige Dinge, die nicht über das städtische Budget ermöglicht<br />

werden konnten. Wir gründeten und betrieben die <strong>Christophorus</strong> Akademie, die nach<br />

drei erfolgreichen <strong>Jahre</strong>n am Rotkreuzplatz in das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin<br />

(IZP) des Klinikums Großhadern übergegangen ist und mit der wir bis heute<br />

wichtige Fortbildungsveranstaltungen durchführen.<br />

Wir verzeichnen eine beständig ansteigende Zahl von Beratungsanfragen und verwirklichten<br />

das erste stationäre <strong>Hospiz</strong> in München (in Kooperation mit der Münchner Aids-<br />

1


Hilfe). Den Kauf des eigenen <strong>Haus</strong>es in der Effnerstraße sowie den damit einhergehenden<br />

großen Umbau für die 16 zeitgemäßen Bewohnerzimmer stemmten wir nur mit Hilfe<br />

eines Kredits, der nicht leicht zu bekommen war. Wir konnten keine großen regelmäßigen<br />

Einnahmen nachweisen, waren aber in der Lage, Dank einer wunderbaren großen<br />

Erbschaft von Marianne Meier und weiteren großzügigen Spendern, einen hohen Eigenanteil<br />

der Kaufsumme aufzubringen.<br />

Immer mehr Mitarbeiter wurden nötig für die Erfüllung unsere Aufgaben – zurzeit sind<br />

es 65, die in verschiedenen Bereichen tätig sind. Wir schufen das ambulante Angebot eines<br />

Palliativgeriatrischen Dienstes (PGD) und der SAPV (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung),<br />

gründeten den Stifterkreis, der uns – und dafür bin ich sehr dankbar – eine<br />

stabile Entwicklung von treuen Mitgliedern, Spendern und Stiftern sichert. Durch<br />

ihre finanziellen Zuwendungen können wir therapeutische Angebote, notwendige Ausstattungsgegenstände<br />

und manche erleichternde Personalstelle ermöglichen, für die es<br />

keine anderweitige Finanzierung gibt.<br />

Die genannten Aktivitäten werden ergänzt durch Trauerbegleitungsangebote, der Teilnahme<br />

an Fachbuchprojekten und Broschüren, der Entwicklung von Standards in Ausund<br />

Weiterbildungsmaßnahmen sowie der Mitarbeit in Verbandsgremien und politischen<br />

Arbeitskreisen auf Landes- und Bundesebene. Wir dürfen alle zusammen ein wenig<br />

stolz darauf sein, dass wir diese Dinge nicht nur geschaffen haben, sondern auch bundesweit<br />

einen besonders guten Ruf haben, wenn es um die Umsetzung dieser Aktivitäten<br />

geht. Viele Anfragen zu Beratung, zu Möglichkeiten für ein Praktikum oder eine Hospitation<br />

erreichen uns mittlerweile nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus<br />

Österreich und der Schweiz.<br />

Ich freue mich, dass ich ein gut bestelltes <strong>Haus</strong> übergeben kann. Ich weiß aber auch, dass<br />

ich all die <strong>Jahre</strong> ohne die Unterstützung und die Leidenschaft meiner vielen Kolleginnen<br />

und Kollegen, unserer <strong>Hospiz</strong>helfer und eines loyalen Vorstands dies alles nicht hätte<br />

schaffen können. Von Anfang an hat mich ein großes Vertrauen von allen Seiten getragen<br />

und beflügelt.<br />

Der zweite Grund, warum ich mich an der Stelle des Vorstands-Editorials an Sie wende,<br />

ist das Ausscheiden von Frau Dr. Thorbrietz. Sie hat ihr Mandat übernommen in einer<br />

Phase der schweren Erkrankung und des Sterbens von Dr. Albrecht Ohly, was nicht leicht<br />

war. Wir bedanken uns für die vielen Stunden persönlichen Einsatzes, die sie mit und für<br />

uns als erste Vorsitzende geleistet hat. Dr. Kurt Fürnthaler als zweiter Vorsitzender übernahm<br />

nahtlos die von ihr wahrgenommenen Aufgaben und stellt die Kontinuität in der<br />

Vorstandsarbeit sicher. Inge Scheller als Schatzmeisterin wurde im Registergericht eingetragen,<br />

so dass wieder zwei unterschriftenberechtigte Vertreter des <strong>Verein</strong>s zur Verfügung<br />

stehen. Das operative Geschäft, also die tagtägliche Arbeit im ambulanten und<br />

stationären <strong>Hospiz</strong> läuft weiter und wird durch die Vorstandsmitglieder begleitet wie<br />

2


isher. Diese kümmern sich um die Nachbesetzung, die in unserer Satzung geregelt ist.<br />

Ein Vorstands-Ehrenamt erfordert nicht nur Nähe und Verständnis für die <strong>Hospiz</strong>- und<br />

Palliativarbeit, sondern auch viel Arbeit, Verantwortung und Zeitaufwand. Wir sind<br />

zuversichtlich, dass wir jemanden finden, der, wie viele Menschen vorher, wieder ja zu<br />

uns sagt und sein Herz und seine Leidenschaft dem CHV zur Verfügung stellt.<br />

Wandel und Beständigkeit – immer wieder müssen wir uns damit auseinandersetzen,<br />

privat und beruflich. Beim <strong>Hospiz</strong>helfertag in Bernried im Oktober habe ich mich von<br />

unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern verabschiedet. Meine Kollegen planen im Januar<br />

einen internen Abschied für „ihre Chefin“, und im Frühjahr 2012 wollen wir ein Symposium<br />

organisieren, bei dem ich mich von Ihnen allen, von Fachkollegen und Institutionsvertretern<br />

verabschieden werde. Unseren Stifterkreis und seine Mitglieder betreue<br />

ich weiterhin.<br />

Von allen Menschen, denen ich nicht persönlich „Auf Wiedersehen“ sagen kann, möchte<br />

ich mich auf diesem Weg sehr herzlich bedanken für Zuspruch und Bestätigung, für<br />

Lob und Tadel und für Ihre Treue, die Sie mir und unserer Arbeit erwiesen haben. Ich<br />

habe dadurch jeden meiner Arbeitstage mit Freude und Kraft beginnen können und viel<br />

für mich gewonnen in meinen wunderbaren 18 CHV-<strong>Jahre</strong>n.<br />

Ihre Angelika Westrich<br />

3


Inhalt<br />

4<br />

5 Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> lebt<br />

Einen „Quantensprung in der Geschichte<br />

des CHV“ nannte Dr. Albrecht Ohly, der<br />

damalige Vorstandsvorsitzende, den Erwerb<br />

des <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>es. Seit<br />

2006 sind alle Bereiche und Mitarbeiter<br />

unter einem Dach vereinigt. Eine Bilanz<br />

nach fünf <strong>Jahre</strong>n. Angelika Westrich<br />

7 Ars moriendi<br />

Wir müssen das Sterben wieder hineinnehmen<br />

ins Leben, die „Kunst des Sterbens“<br />

lernen, mahnt die Ehrenvorsitzende<br />

des CHV Dr.Gustava Everding<br />

11 Die Rolle der Pflegenden<br />

Schmerzbegleitung statt Schmerzbekämpfung<br />

– als Pflegefachkraft im stationären<br />

<strong>Hospiz</strong> Katarina Theißing<br />

14 Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen im<br />

CHV<br />

Interview mit zwei Einsatzleiterinnen<br />

Uve Hirsch<br />

16 Neu im <strong>Hospiz</strong><br />

„Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,<br />

mag lähmender Gewöhnung sich entraffen“<br />

(H.Hesse) Cornelia Rommé<br />

18 Der Weg ist das Ziel<br />

Betriebsausflug 2011 Uve Hirsch<br />

20 Von der Schwierigkeit,<br />

Bedürfnisse zu begreifen<br />

Keine „Zwangsbeglückung“, die Bedürfnisse<br />

schwerstkranker Menschen sind höchst<br />

individuell Ulrich Heller<br />

22 Eine Frage der Zeit<br />

Überlebenskunst. Die krebskranke Eva<br />

Maria „lebt ihr Leben fertig”<br />

Andreas Unger (BISS)<br />

Titelbild: Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> 2011; Foto: Inge Scheller<br />

25 Die Distanz und ich – Grundseminar<br />

zur <strong>Hospiz</strong>helferausbildung<br />

Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer<br />

Julia Hagmeyer<br />

28 Wenn sich der Kreis schließt<br />

22 <strong>Jahre</strong> <strong>Hospiz</strong>helferin – „ich mache das<br />

auch für mich” Irene Braun<br />

30 Der Weg entsteht im Gehen –<br />

Unterstützung in der Zeit der Trauer<br />

Jürgen Wälde<br />

33 Berührt im Atemrhythmus<br />

Die Arbeit mit dem Atem bietet den<br />

Schwerkranken die Möglichkeit, sich und<br />

ihren Körper neu zu erfahren und anzunehmen.<br />

Ursula Schubert<br />

36 Ärzte im CHV-Team der spezialisierten<br />

Ambulanten Palliativ-Versorgung<br />

<strong>Fünf</strong> Ärztinnen und Ärzte betreuen für<br />

den <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong><br />

schwerstkranke Patienten in ihrer häuslichen<br />

Umgebung. Erfahrungsbericht nach<br />

zwei <strong>Jahre</strong>n. Christoph Fuchs<br />

39 Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong><br />

Eine große Herausforderung, bei der sehr<br />

viel über das Sterben, wie über das Leben<br />

gelernt werden kann. Dies stellt<br />

dankbar fest: Katharina Keitel<br />

42 Kursbuch Ehrenamt Gerda Graf<br />

44 <strong>Christophorus</strong> – Christusträger<br />

und Nothelfer Uve Hirsch<br />

Rubriken<br />

24 Gedicht<br />

46 Aus dem <strong>Verein</strong><br />

48 Stifterkreis <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />

49 Kurznachrichten<br />

50 Termine<br />

52 Impressum


Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> lebt<br />

Schon bei der Überschrift bin ich ins<br />

Grübeln gekommen. Kann ein <strong>Haus</strong><br />

leben? Und dann noch eines, das sich mit<br />

den Menschen die in diesem <strong>Haus</strong><br />

arbeiten, dem Sterben verschrieben hat?<br />

Viele Menschen, mit denen ich in Kontakt<br />

komme und die ich ermutige, doch einmal<br />

in unser <strong>Haus</strong> zu kommen, um es sich<br />

anzuschauen, sehen mich zweifelnd oder<br />

sogar etwas unsicher an, ob sie sich das<br />

zutrauen könnten und auch wirklich<br />

wollen – ein <strong>Haus</strong> zu besuchen, in dem<br />

regelmäßig Menschen sterben. Und wenn<br />

sie dann kommen, vermeine ich, eingezogene<br />

Schultern oder einen leicht gesenkten<br />

Kopf bei ihnen zu bemerken. Allerdings<br />

lässt das schnell nach, wenn sie unser<br />

helles, freundliches <strong>Haus</strong> erleben in einer<br />

so gar nicht erhabenen Stille, sondern tatsächlich<br />

als ein <strong>Haus</strong>, in dem gelebt u n d<br />

gestorben wird, das von Alltag, von Freude<br />

und Lachen, aber natürlich auch von Trauer<br />

und Schwerem durchflutet wird. Diese<br />

Polarität von Leben und Sterben ist es, die<br />

dem <strong>Haus</strong> ein ganz besonderes und intensives<br />

Leben gibt, unsere Arbeit reich<br />

macht, uns immer wieder lächeln oder sogar<br />

herzhaft lachen lässt und durch die wir<br />

viel Dankbarkeit von unseren betreuten<br />

Menschen und ihren Angehörigen zurück<br />

bekommen. Ja, unser <strong>Haus</strong> lebt sehr. Es ist<br />

ein wunderbares Beispiel für die <strong>Hospiz</strong>-<br />

Idee mit ihrer Aussage: „Leben bis zuletzt“.<br />

Wir können und wollen das Sterben nicht<br />

verhindern, aber wir können vieles tun,<br />

was den Lebenden, die das Sterben vor sich<br />

haben, Erleichterung verschafft, ihnen gut<br />

Von Angelika Westrich<br />

tut und ihnen die Zeit, die sie noch haben,<br />

lebenswert macht.<br />

Wie oft habe ich von kranken Menschen<br />

oder ihren Angehörigen gehört, dass sie bedauern,<br />

nicht schon eher zu uns gekommen<br />

zu sein. Aber sie haben nicht gewusst oder<br />

sich vorstellen können, was ein <strong>Hospiz</strong> ist<br />

und was man von einer solchen Einrichtung<br />

erwarten kann. Seit Herbst 2005 sind wir<br />

nun mit unserem ambulanten Team in der<br />

Effnerstraße, seit dem Jahr 2006, nach einem<br />

größeren Umbau, auch mit dem stationären<br />

<strong>Hospiz</strong>. Eine große Erbschaft von<br />

Marianne Meier und viele weitere glückliche<br />

Umstände haben den Kauf und den<br />

Umbau damals möglich gemacht.<br />

Leider hat unser <strong>Haus</strong> eine Eigenschaft<br />

mit vielen anderen Häusern gemeinsam, in<br />

denen dynamische Teams arbeiten: Es ist<br />

schon fast wieder zu knapp. Wir haben<br />

bereits Seminarräume wieder zu Büros<br />

umgestaltet und sitzen mittlerweile doch<br />

fast in jedem Büro zu dritt. Da heißt es gut<br />

überlegen, wer mit wem durch welche<br />

Arbeitsbereiche verbunden, eng zusammenarbeiten<br />

muss.<br />

Rund um unser <strong>Haus</strong> sind wir wieder fleißig<br />

am Bauen. Eine vorgesetzte Fassade soll den<br />

zunehmenden Lärm und die starke Sonneneinstrahlung<br />

insbesondere im Bereich des<br />

stationären <strong>Hospiz</strong>es, aber auch in anderen<br />

Räumen und Büros abhalten. Die entstehende<br />

dichte Bebauung auf der anderen<br />

Straßenseite vis à vis unseres <strong>Haus</strong>es und die<br />

verstärkte Funktion der Effnerstraße als Zu-<br />

5


Foto: Inge Scheller<br />

bringer zum Flughafen lässt den Lärmpegel<br />

deutlich ansteigen. Wenn Bewohner ihre<br />

Zimmerfenster öffnen wollen, vielleicht aus<br />

Luftnot, dann kann durch eine vorgesetzte<br />

Fassade Lärm und Sonne trotzdem wirkungsvoll<br />

abgeschirmt werden.<br />

Leben kommt in unser <strong>Haus</strong> auch<br />

dadurch, dass wir regelmäßig unterschiedliche<br />

gesellschaftliche Gruppen und<br />

Vertreter ins <strong>Haus</strong> zu Veranstaltungen<br />

bitten wie Führungen für Schüler, angehende<br />

Pflegekräfte und interessiertes<br />

Publikum, Schulungen für Ärzte und<br />

Sozialpädagogen zur Schmerz- und Symptombehandlung,<br />

Fortbildungen für<br />

stiftungsinteressierte Menschen, Informationsveranstaltungen<br />

zu den schwierigen<br />

Themen Patientenverfügung, Testament<br />

und Erben oder zu spirituellen Themen.<br />

Es kommen Vorstände aus anderen <strong>Hospiz</strong>vereinen<br />

zum Gesprächsaustausch. Mit<br />

Theologen, Therapeuten und Fachkollegen<br />

anderer Einrichtungen sprechen wir<br />

über unsere langjährige Erfahrung im<br />

6<br />

Bereich hospizlicher und<br />

palliativer Versorgung ambulant<br />

und stationär und<br />

gemeinsam überlegen wir,<br />

wie wir diese immer wieder<br />

verbessern können.<br />

Wir veranstalten manches<br />

Mal im <strong>Haus</strong> Lesungen, Ausstellungen<br />

und kleine<br />

Konzerte, Sommerfeste, Stiftertreffen,<br />

Nikolaus- und<br />

Weihnachtsfeiern und freuen<br />

uns über die jährlichen Besuche<br />

unserer Burda-Bande, einer<br />

Kindergartengruppe aus<br />

der Nähe. Unsere <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

kommen regelmäßig zu ihren Supervisionen<br />

ins <strong>Haus</strong> und immer wieder gibt es<br />

Hospitanten oder Praktikanten, die tages-,<br />

wochen- oder semesterweise bei uns lernen<br />

und mit uns arbeiten.<br />

Über vieles davon haben wir Ihnen in früheren<br />

Heften von CHV aktuell berichtet,<br />

manches kennen Sie vielleicht aus eigener<br />

Anschauung, und doch gibt es in diesem<br />

Jahr wieder etwas neues, zusätzliches für<br />

uns alle im <strong>Haus</strong>. Seit September haben wir<br />

erstmalig zwei junge Männer aus dem freiwilligen<br />

sozialen Jahr bei uns. Sie werden<br />

im stationären <strong>Hospiz</strong> eingesetzt und unterstützen<br />

nicht nur unsere Kollegen, sondern<br />

sie kümmern sich auch um unsere Bewohner<br />

und haben Zeit fürs Spazierengehen,<br />

Vorlesen, Reden und Zuhören und<br />

für das Erfüllen kleiner Wünsche. Mit ihrer<br />

Entscheidung für diesen Dienst bekunden<br />

sie ihre Solidarität mit den kranken und<br />

sterbenden Menschen bei uns, und wir<br />

freuen uns, weil wir solche junge Menschen<br />

brauchen, die diese Haltung weiter tragen.


Leben und Sterben, oder genauer Geboren-Werden<br />

und Sterben sind die beiden<br />

Pole, zwischen denen sich unsere menschliche<br />

Existenz bewegt. So wundert es<br />

nicht, dass Eintritt ins Leben und Ausgang<br />

aus ihm seit Jahrtausenden besondere<br />

Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Während<br />

die Geburt eines neuen, kleinen und<br />

hilflosen Menschleins alle guten und angenehmen<br />

Gefühle auslöst, häufen sich beim<br />

Sterben und Tod unangenehme Emotionen<br />

von Verlassen-Werden, Hilflosigkeit,<br />

Ohnmacht gegenüber unerträglich scheinendem<br />

Leiden, Gefühle von Sünde und<br />

Schuld, ja, Wut über Ungelöstes und<br />

scheinbar nicht mehr Gutzumachendes<br />

mit der Angst vor dem eigenen Sterben<br />

und dem Übergang in unbekanntes Land.<br />

Vielleicht ist das einer der Gründe, warum<br />

die Gesellschaft, warum wir die Gedanken<br />

an Sterben, Tod und Trauer aus dem Lebensalltag<br />

verbannt und in den Tabubereich<br />

abgeschoben haben. Das war nicht<br />

zu allen Zeiten so. Ja, fast das Gegenteil ist<br />

der Fall: Was wir aus der Frühzeit menschlicher<br />

Kulturen wissen, haben wir aus ihren<br />

Grabstätten erfahren, Geschichte<br />

vorschriftlicher Überlieferung ist die<br />

Geschichte von Sterberitualen, Todesriten<br />

und Grabbeigaben. Dagegen erscheint mir<br />

die in unserer Zeit zunehmenden, anonymen<br />

Urnenbeisetzungen auf großen<br />

Ars moriendi<br />

Von Gustava Everding<br />

Das Sterben hineinnehmen ins Leben<br />

„Das einzig Sichere im Leben ist der Tod.”<br />

„Der Tod ist die Sollbruchstelle des Lebens.”<br />

Wiesen der Großstadtfriedhöfe ein<br />

erschreckender Kulturverfall.<br />

Alte Dorffriedhöfe erzählen Geschichten,<br />

individuelle Biographien, wie ich sie erst<br />

kürzlich neben einer 1000 <strong>Jahre</strong> alten<br />

Kirche las: Es wurde der 92-jährigen Hebamme<br />

gedacht, die neben neun eigenen<br />

Kindern unendlich vielen Dorfbewohnern<br />

ins Leben geholfen hatte.<br />

In meinen Kindertagen gehörte der Allerseelenbesuch<br />

auf mindestens drei Friedhöfen<br />

der Gegend zum alljährlich wiederkehrenden<br />

Herbstritual. Lebendige<br />

Familiengeschichte gab ein sicheres Gefühl<br />

zur Frage, wo kommst du her und wo gehst<br />

du einmal hin. Die Erzählung des geliebten<br />

und geachteten Großvaters über seine<br />

Mutter, die ihren eigenen Todestag vorausgesagt<br />

hatte, erregte und beschäftigte das<br />

kleine, noch in der Märchen- und Mythenwelt<br />

lebende Mädchen, und die uralte<br />

Fotografie dieser Urgroßmutter schaute<br />

mit gütig-ernsten Augen auf es herab.<br />

Ähnlich prägend waren der sich täglich<br />

mindestens einmal wiederholende Satz im<br />

„Gegrüßet seist du, Maria”: „Heilige Maria,<br />

Mutter Gottes, bitte für uns Sünder<br />

jetzt und in der Stunde unseres Todes.<br />

Amen.” Die Vorstellung, dass der im Krieg<br />

gefallene Vater (ohne Grab) im Himmel<br />

7


auf uns wartete, gehörte zum Kinderglauben.<br />

Als junge Medizinerin beschäftigte mich<br />

vor allem die Geburt, dieser unendlich<br />

spannende Prozess am Lebensanfang. In der<br />

Lebensmitte verschob sich der Blick nach<br />

vorn, das uns allen bevorstehende Ende erregte<br />

meine Aufmerksamkeit, je mehr es aus<br />

dem Klinikalltag verdrängt wurde. So waren<br />

die Begegnungen mit Elisabeth Kübler-<br />

Ross und Cicely Saunders Meilensteine in<br />

meiner Zuwendung zur <strong>Hospiz</strong>bewegung,<br />

und die Gedanken über Sterben, Tod und<br />

Trauer begleiten diese ehrenamtliche Tätigkeit<br />

seit zwanzig <strong>Jahre</strong>n.<br />

Die Diskussionen über aktive und passive<br />

Sterbehilfe, die zur Zeit allerorten in den<br />

Medien geführt werden, haben neben den<br />

hochstürmenden Emotionen eine gute<br />

Seite: Man kann mit vielen Menschen ins<br />

Gespräch kommen, und das Nachdenken<br />

über das eigene Sterben beginnt wieder.<br />

In den Psalmen habe ich ein Wort König<br />

Davids gefunden: „Herr, lass mich mein<br />

Ende wissen und die Zahl meiner <strong>Jahre</strong>,<br />

damit ich das Maß meines Lebens kenne.”<br />

Dieses „finale Denken” oder besser das<br />

„Vom-Ende-her-Denken” tut wieder Not<br />

und könnte unser Leben in einen neuen<br />

(= alten) Lebenszusammenhang bringen.<br />

In meiner Praxis der Ehe-, Partnerschafts-,<br />

Familien- und Lebensberatung sehe ich<br />

zunehmend Menschen auf der Suche nach<br />

dem Sinn ihres Lebens. Konflikte, zwischenmenschlicheKommunikationsstörungen<br />

und Lebenskrisen können durch<br />

einen „Blick nach vorn” eine heilende<br />

Chance erleben.<br />

8<br />

„Memento mori” war zu allen Zeiten als<br />

Hilfe zu einem besseren, sinnstiftenden<br />

Leben gedacht. Das Leben als Weg zu sehen,<br />

als Reise, fördert die Erstellung einer<br />

Lebensbilanz und ruft nach spiritueller<br />

Wegzehrung. Die ursprüngliche Bedeutung<br />

von „Sinn” stammt vom nord- und<br />

mittelhochdeutschen „sinnan” ab und bedeutet<br />

„reisen, streben, gehen”. Die gleiche<br />

Wurzel steckt im germanischen Wort für<br />

„Reise” und „Weg”.<br />

Während noch im 19. Jahrhundert der<br />

Tod allgegenwärtig war, haben die Forschung<br />

und Behandlung früher unweigerlich<br />

zum Tode führender Krankheiten im<br />

20. Jahrhundert unsere Lebenszeit enorm<br />

verlängert. Die leistungsfähige und leistungsbereite<br />

Medizin hat aber auch neue<br />

Schreckensbilder hervorgerufen: Bilder<br />

von hilflos an unzählige Schläuche und<br />

Maschinen angeschlossenen Menschen,<br />

die nicht sterben durften, Geschichten von<br />

einsam und unter großen Schmerzen sterbenden<br />

Menschen, die niemand aus ihrer<br />

sozialen Isolation holen konnte, Krankengeschichten<br />

von Aids- und Krebskranken,<br />

die zum Lebensende hin von Medizin und<br />

Gesellschaft verlassen waren.<br />

Aber in dieser Zeit der Resignation erwuchs<br />

eine neue Hoffnung: Die Krankenschwester,<br />

Sozialarbeiterin und Ärztin<br />

Dame Dr. Cicely Saunders begann sich der<br />

Not der Schwerstkranken und Sterbenden<br />

anzunehmen, und die moderne <strong>Hospiz</strong>bewegung<br />

nahm von London aus ihren Weg<br />

in die ganze Welt. Aufmerksames Zuhören,<br />

behutsames Fragen nach den Wünschen<br />

und Bedürfnissen der Betroffenen, Offenheit<br />

und Wahrhaftigkeit am Krankenbett<br />

haben neben der Erforschung und Ent-


wicklung einer verbesserten Schmerztherapie<br />

und Symptomkontrolle die „Ars moriendi”<br />

zurückgeholt in unsere Gegenwart.<br />

Die ganzheitliche Betreuung des Betroffenen<br />

und seiner Angehörigen und Freunde,<br />

das Zusammenwirken eines multidisziplinären<br />

Teams von Arzt, Pflegenden, Seelsorgern<br />

und verschiedenen Therapeuten<br />

kann dem Wunsch der meisten Menschen<br />

nach einem Sterben zu <strong>Haus</strong>e weitgehend<br />

entsprechen. Die gewohnte Umgebung<br />

gibt Sicherheit, die Hand eines Nächsten<br />

gibt Geborgenheit, die Errungenschaften<br />

der neuen Palliativmedizin geben weitgehende<br />

Schmerzfreiheit und ermöglichen so<br />

erst die spirituelle Annäherung an diesen<br />

letzten Übergang, den wir in unserem Leben<br />

zu gestalten haben. „Manche Menschen<br />

erleben erst in dieser Zeit ihre letzte<br />

Reifung, sie lassen ihre Masken fallen und<br />

werden wesentlich” (Cicely Saunders).<br />

Sie erleben, dass sie trotz aller Reduktion,<br />

körperlichen Verfalls sie selber bleiben in<br />

ihrer eigenen Wesenheit mit ihrer unsterblichen<br />

Seele. Ihre Wünsche und Vorstellungen,<br />

welche Therapie sie noch wollen<br />

oder nicht, die Kriterien ihres Gefühls von<br />

Lebensqualität sind wichtig und werden<br />

gehört wie auch ihr Wunsch, keine lebensverlängernden<br />

Maßnahmen zu erdulden.<br />

Therapieabbruch und Absetzen der künstlichen<br />

Ernährung sind keine Tötung, sondern<br />

Zulassen des Sterbens.<br />

„Wir bringen nicht Tage in ihr Leben, sondern<br />

Leben in ihre Tage” (Cicely Saunders):<br />

So ist die <strong>Hospiz</strong>- und Palliativbetreuung<br />

nicht Hilfe zum Sterben, sondern<br />

Hilfe beim Sterben.<br />

Es bedarf noch vieler Veränderungen im<br />

herrschenden Gesundheitswesen, um diese<br />

Forderungen umzusetzen. Es bedarf noch<br />

vieler Veränderungen in unser aller Denken,<br />

bis diese Haltungen und Einstellungen,<br />

aber auch das Wissen über Palliativmedizin<br />

bei Ärzten und Pflegenden zu<br />

einer Verbesserung der Situation Sterbender<br />

führen können.<br />

Wie man vor einer Entbindung auf der<br />

„Wartburg” sitzt und Familie und Freunde<br />

Anteil daran nehmen, so würde ich mir ein<br />

Innehalten wünschen, wenn in unserer Familie<br />

oder Nachbarschaft ein Mensch sich<br />

auf seine letzte Reise vorbereitet. Mit welchen<br />

Worten hat Jesus seine Jünger gebeten<br />

am Gründonnerstagabend, im Getsemani-Garten<br />

bei ihm zu bleiben! Er<br />

wusste, dass er den Leidensweg des Sterbens<br />

am Kreuze allein gehen musste.<br />

„Wachet und betet mit mir!”<br />

Hilde Domin zeigt uns noch einen anderen<br />

Grund für unser Ausharren und Dasein<br />

bei einem Sterbenden: „Jeder, der geht,<br />

belehrt uns ein wenig über uns selber. Kostbarster<br />

Unterricht an den Sterbebetten ...<br />

Nur einmal sterben sie für uns, nie wieder.<br />

Was wüssten wir ohne sie? ... Dein Tod oder<br />

meiner der nächste Unterricht: so hell, so<br />

deutlich, dass es gleich dunkel wird.”<br />

Die Zunahme der Menschen, die sich in<br />

der <strong>Hospiz</strong>bewegung ehrenamtlich engagieren,<br />

ist vielleicht der größte Hoffnungsschimmer<br />

in diesem neuen Jahrhundert.<br />

Damit wir das Sterben wieder hineinnehmen<br />

ins Leben, Trauernden hilfreich begegnen,<br />

unserem eigenen Leben Sinn und<br />

9


Aufgabe verleihen, ist die Beschäftigung<br />

mit dem Ende des zeitlichen, sterblichen<br />

Lebens notwendig, vor allem aber hilfreich.<br />

Wünschen würde ich uns allen diese<br />

letzte Zeit unserer menschlichen Reifung<br />

und nicht die Abschaffung allen<br />

Leidens mit der Entgeheimnissung des<br />

Todes. In unserem Zeitalter der sauberen<br />

„Entsorgung” bedarf es der Achtsamkeit,<br />

des Respekts und des Mitgefühls für den<br />

leidenden Mitmenschen, damit er sich<br />

10<br />

nicht am Ende seines Lebens als Last für<br />

seine Familie und die Gesellschaft empfindet.<br />

Phantasievoll und vorausschauend diesen<br />

letzten Übergang unseres Lebens zu gestalten,<br />

damit wir wieder von einer „Kunst des<br />

Sterbens” sprechen können – darum geht es.<br />

Ein Wort Martin Bubers macht deutlich,<br />

wie ich das meine:<br />

„Ich habe keine Lehre.<br />

Ich zeige nur etwas.<br />

Ich zeige Wirklichkeit,<br />

ich zeige etwas an der Wirklichkeit,<br />

was nicht oder zu wenig gesehen worden ist.<br />

Ich nehme den, der mir zuhört, an der Hand<br />

und führe ihn zum Fenster.<br />

Ich stoße das Fenster auf und zeige hinaus.<br />

Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.”<br />

Frau Dr. Everding ist Ehrenvorsitzende des CHV,<br />

den sie von 1991 bis 2001 geleitet hat<br />

Foto: Christiane Sarraj


Die Rolle der Pflegenden in der Schmerztherapie<br />

unheilbar kranker Menschen<br />

Im Buch „Leben mit dem Sterben“ von<br />

Cicely Saunders und Mary Baines ist die<br />

Zeichnung einer unheilbar an Krebs erkrankten<br />

Frau abgebildet. Auf diesem<br />

Bild stellt sie dar, wie sie den, durch ihre<br />

Krankheit ausgelösten Schmerz wahrnimmt:<br />

Sie zeichnet sich selbst, als ein baufälliges,<br />

abbruchreifes <strong>Haus</strong> und den Schmerz als<br />

Abbruchbirne, die mit unbarmherzigen<br />

Schlägen dieses <strong>Haus</strong> nach und nach<br />

zerstört.<br />

Eine Bewohnerin in unserem <strong>Hospiz</strong> hat<br />

ein ähnliches Gefühl einmal so ausgedrückt:<br />

„Es ist, als würde mein Körper gar<br />

nicht mehr mir gehören, als würde er<br />

Stück für Stück einfach wegbrechen.“<br />

Mehr als jeder Fachtext haben mir diese<br />

Bilder die Multidimensionalität von<br />

Schmerz im Terminalstadium einer unheilbaren<br />

Erkrankung nahe gebracht.<br />

Sie zeigen deutlich, dass Schmerz hier<br />

mehr ist, als ein lokales körperliches<br />

Phänomen, vielmehr etwas, das den<br />

Menschen als Ganzes betrifft und bedroht.<br />

Menschen, die sich in der letzten Phase einer<br />

unheilbaren Erkrankung befinden, haben<br />

zum großen Teil mehr als zwei verschiedene<br />

körperliche Schmerzen, circa 30<br />

% haben mehr als vier. Dazu kommen häufig<br />

massive Veränderungen des Körperbildes<br />

durch Wunden, Operationsnarben,<br />

Von Katarina Theißing<br />

Therapiefolgen, Ödeme oder ausgeprägte<br />

Kachexie. So wie man einmal war körperlich<br />

unversehrt, ist man nicht mehr.<br />

Vielleicht braucht man jetzt Hilfe beim<br />

Aufsetzen oder Gehen, beim Essen oder<br />

beim Waschen. So wie man einmal war,<br />

selbstständig, ist man nicht mehr.<br />

Vielleicht kann man seinen Beruf nicht<br />

mehr ausüben, den <strong>Haus</strong>halt nicht mehr<br />

führen, die Kinder oder Enkelkinder<br />

nicht mehr versorgen, vielleicht noch<br />

nicht mal zuhause wohnen bleiben. So<br />

wie man einmal war, selbstbestimmt, ist<br />

man nicht mehr.<br />

Man wird die große Reise, die man geplant<br />

hatte, nicht mehr machen, nicht<br />

mehr in ein größeres <strong>Haus</strong> umziehen, die<br />

neue Stelle nicht antreten. Die Hochzeit<br />

des Sohnes nicht erleben, vielleicht Weihnachten<br />

schon nicht mehr da sein. Der,<br />

der man einmal war, ein Mensch mit Zukunft,<br />

ist man nicht mehr.<br />

In der Begleitung von Menschen, die sich<br />

mit einer Vielzahl von Schmerzen konfrontiert<br />

sehen, nehmen Pflegekräfte eine<br />

zentrale Rolle ein.<br />

Dies liegt zum einen daran, dass sie in der<br />

Regel die meiste Zeit mit den Betroffenen<br />

verbringen. Das heißt, sie haben die<br />

Möglichkeit, den Bedarf bzw. die Wirksamkeit<br />

einer Schmerztherapie über einen<br />

11


längeren Zeitraum (z.B. im Laufe einer<br />

Schicht), zu verschiedenen Tageszeiten<br />

und unter verschiedenen Bedingungen<br />

(in Ruhe, bei Belastung) zu erfassen. Sie<br />

nehmen wahr, wenn Nebenwirkungen<br />

auftreten, die Dosis nicht mehr ausreicht,<br />

neue Symptome auftreten oder Tabletten<br />

nicht mehr geschluckt werden können<br />

bzw. ihre Einnahme aus anderen Gründen<br />

nicht mehr gesichert ist.<br />

Sie beraten die Betroffenen und ihre Zugehörigen,<br />

erklären, wie die Schmerzmittel<br />

genommen werden sollten und warum<br />

und entkräften Vorbehalte gegenüber<br />

Schmerzmitteln (z.B. Angst vor Abhängigkeit<br />

etc.).<br />

Pflegekräfte haben außerdem die Möglichkeit,<br />

die medikamentöse Schmerztherapie<br />

durch pflegerische Maßnahmen zu<br />

unterstützen. Das können zum Beispiel<br />

entlastende Lagerungen sein, aber auch<br />

sogenannte komplementäre Pflegemaßnahmen<br />

wie Einreibungen, Wickel und<br />

Auflagen und der Einsatz von Aromaölen.<br />

In stationären <strong>Hospiz</strong>en kommt den Pflegenden<br />

eine besondere Rolle in der<br />

Schmerztherapie zu. Ähnlich wie in Alten-<br />

und Pflegeheimen werden die Bewohner<br />

hier von <strong>Haus</strong>ärztinnen und<br />

<strong>Haus</strong>ärzten betreut. Diese müssen ihr<br />

großes Engagement in der <strong>Hospiz</strong>arbeit<br />

mit der Arbeit in ihrer eigenen Praxis und<br />

nicht selten auch noch mit der Betreuung<br />

von Pflegeheimen unter einen Hut bringen.<br />

Manchmal haben sie bis dahin auch<br />

wenig Berührung mit der Palliativmedizin<br />

gehabt. Pflegende haben hier eine beratende<br />

Funktion und sind in der Regel<br />

maßgeblich an der Entwicklung, Anpas-<br />

12<br />

sung und Umsetzung des Therapieplans<br />

beteiligt.<br />

So viel zu den körperlichen Schmerzen.<br />

Für die anderen Schmerzen, die Verluste<br />

und die Trauer gibt es keine Therapie, dafür<br />

gibt es nur einen Umgang. Schmerzbegleitung<br />

statt Schmerzbekämpfung<br />

nennt Monika Müller dass und Anteilnahme<br />

und Solidarität seien dafür wichtige<br />

Werkzeuge.<br />

Pflege ist Beziehungsarbeit und findet<br />

nicht selten innerhalb des Intimbereichs<br />

eines Menschen statt.<br />

Um noch einmal auf das Bild der Patientin<br />

von Cicely Saunders zurückzukommen:<br />

Pflegende bewegen sich innerhalb des<br />

<strong>Haus</strong>es, sie sind Zeuginnen der Zerstörung,<br />

aber auch dessen, was intakt geblieben<br />

und vielleicht auch neu entstanden ist.<br />

Um noch mal deutlicher den Bezug zum<br />

Thema herzustellen: Wir arbeiten dort,<br />

wo der Schmerz sitzt. Wir sehen die<br />

Wunden, den Tumor, den veränderten<br />

Körper. Wir greifen dort ein, wo Selbständigkeit<br />

nicht mehr möglich ist, und<br />

machen ihren Verlust damit sichtbar.<br />

Ein Beispiel:<br />

Vor einiger Zeit begleiteten wir in unserem<br />

<strong>Hospiz</strong> eine Frau, die an Brustkrebs erkrankt<br />

war. Der Tumor hatte in mehrere<br />

Organe, darunter die Haut, metastasiert.<br />

Der gesamte Oberkörper der Frau war<br />

überzogen von extrem schmerzhaften, teilweise<br />

übelriechenden Wunden. Die Bewohnerin<br />

gab selbst an, vor dem Sterben wenig<br />

Angst zu haben. Es sei die körperliche Entstellung,<br />

die für sie kaum zu ertragen sei.


Häufig zeigte sie Photos von sich vor ihrer<br />

Erkrankung, es war ihr wichtig, dass wir sie<br />

sahen, wie sie einmal war.<br />

Ihre Wunden mussten natürlich regelmäßig<br />

verbunden werden, eine für sie auf allen<br />

Ebenen schmerzhafte und anstrengende<br />

Prozedur.<br />

Um es für sie einigermaßen erträglich zu<br />

machen war es nötig, den Verbandswechsel<br />

so zu gestalten, dass er möglichst<br />

schmerzfrei, schnell und selten durchgeführt<br />

wurde. Um das zu erreichen, verwendeten<br />

wir Verbandsmaterial, das atraumatisch<br />

zu entfernen und nur selten zu<br />

wechseln war, und natürlich bekam sie vor<br />

jedem Verbandswechsel zusätzlich zu ihrer<br />

Basismedikation eine hohe Bedarfsgabe.<br />

Außerdem wurde der Verbandswechsel<br />

immer von zwei Pflegenden durchgeführt.<br />

Es wurde ihr angeboten, zusätzlich zum<br />

Schmerzmittel auch ein beruhigendes,<br />

angstlösendes Medikament zu nehmen,<br />

aber das wollte sie nicht.<br />

Sie konnte jedoch genau angeben, was sie<br />

in dieser Situation unterstützen würde:<br />

Sie wollte nicht hinsehen müssen. Sie<br />

Literatur:<br />

Cicely Saunders, Mary Baines,<br />

Leben mit dem Sterben,<br />

Verlag Hans Huber, Bern, 1991<br />

Monika Müller, Total Pain, in:<br />

Cornelia Knipping (Hrsg.),<br />

Lehrbuch Palliative Care, Verlag Hans Huber, Bern, 2007<br />

wollte nicht über ihre Wunden informiert<br />

werden. Sie wollte während des Verbandswechsels<br />

nicht zu ihrer Befindlichkeit<br />

befragt werden. „Am liebsten würde<br />

ich den Raum verlassen.“ sagte sie. Da<br />

dies nicht möglich war, wollte sie sich mit<br />

der zweiten anwesenden Pflegenden über<br />

„etwas Schönes“ unterhalten. Häufig<br />

ging es bei diesen Gesprächen um ihre<br />

Vergangenheit, ihre Arbeit, Reisen die sie<br />

unternommen hatte. Intakte Räume.<br />

Die theoretisch unterschiedenen Dimensionen<br />

des Total Pain in physische, psychische,<br />

soziale und spirituelle Aspekte<br />

verdichten sich in pflegerischen Situationen<br />

häufig zu einer einzigen schmerzhaften<br />

Wirklichkeit.<br />

Hier ist es zentrale Aufgabe der Pflegenden,<br />

die Situation in einer Weise zu gestalten,<br />

die weitere Schmerzen möglichst verhindert,<br />

die Raum anbietet für das Ausdrükken<br />

von Trauer und Schmerz, aber auch die<br />

individuellen Bewältigungsstrategien der<br />

Betroffenen erkennt und unterstützt und<br />

Wege in intakte Räume aufzeigt.<br />

Katarina Theißing ist Palliativfachkraft im<br />

stationären <strong>Hospiz</strong><br />

13


CHV aktuell: Wer wird heute <strong>Hospiz</strong>helfer?<br />

Haben sie eine besondere Motivation?<br />

Irene Lenz: Helfer werden Menschen aller<br />

Altersgruppen, die sich dem Thema Sterben,<br />

Tod und Trauer zuwenden wollen.<br />

Meistens haben sie selbst Sterbefälle und<br />

Schwersterkrankungen in ihrem Umfeld<br />

erlebt und dabei Unterstützung erfahren<br />

oder aber auch Unterstützung vermisst.<br />

Nach unserer Erfahrung geht ein ganz bewusster,<br />

persönlicher Entscheidungsprozess<br />

der <strong>Hospiz</strong>helfertätigkeit voraus.<br />

CHV aktuell: Was dürfen, was können<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer tun? Was wird von ihnen erwartet?<br />

Jutta Schriever: In erster Linie unterstützen<br />

sie die sterbenden Menschen und<br />

deren Zugehörige durch ihr Dasein, das<br />

Einfühlen in deren Situation in dieser besonderen<br />

Lage.<br />

Sie bekommen von uns als Einsatzleitung,<br />

die sich ja vorher schon mit dem Patienten<br />

beschäftigt hat, einen Auftrag mit, an welcher<br />

Stelle ihr Einsatz hilfreich ist, einen<br />

Handlungsrahmen. Dies kann sich natürlich<br />

im Laufe der Begleitung ändern.<br />

CHV aktuell: Wer fordert <strong>Hospiz</strong>helfer an<br />

und nach welchen Kriterien wird entschieden,<br />

wer die Begleitung übernimmt?<br />

14<br />

Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen im CHV<br />

23 Millionen Menschen sind in Deutschland ehrenamtlich in <strong>Verein</strong>en, Verbänden, Kirchen<br />

etc. tätig. 150 freiwillige Helfer engagieren sich im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>. Sie begleiten<br />

Patienten und Angehörige und stehen ihnen in ihren letzten, schweren Stunden bei. Ein<br />

Team von sechs hauptamtlichen Einsatzleiterinnen koordiniert und betreut die <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

bei ihrer Arbeit.<br />

Irene Lenz: Die Anforderungen geschehen<br />

ganz unterschiedlich. Von der Familie<br />

selbst, von Freunden, Sozial- und Pflegediensten.<br />

Bei unseren Erstbesuchen erfahren<br />

die Familien häufig überhaupt erst,<br />

dass es <strong>Hospiz</strong>helfer gibt, was sie tun und<br />

nehmen dann gern deren Hilfe in Anspruch.<br />

Wir versuchen, Menschen zueinander<br />

zu bringen, die auch zueinander passen.<br />

Glücklicherweise gelingt dies in den<br />

allermeisten Fällen.<br />

CHV aktuell: Kann eine Begleitung auch<br />

abgelehnt werden?<br />

Jutta Schriever: Ja, natürlich. In erster Linie<br />

achten wir darauf, dass ein <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

von seinen Qualitäten her in die Situation<br />

passt. Auch zum Beispiel von der<br />

Ortsnähe her oder dem zeitlichen Rahmen,<br />

den er zur Verfügung stellen kann.<br />

Wir sagen dem <strong>Hospiz</strong>helfer ganz genau,<br />

was von ihm erwartet wird. Es ist aber<br />

auch total in Ordnung, wenn er nein sagt.<br />

Wir machen ja auch zusammen mit dem<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer den Erstbesuch in der Familie.<br />

Dort erklären wir, was sozusagen das<br />

Angebot ist. Die Menschen sollen ja eine<br />

gute Zeit miteinander haben. Wenn sich<br />

herausstellen sollte, dass es nicht so ganz<br />

passt, dann schauen wir neu. Die <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

lernen in ihrer Ausbildung auch,<br />

Ablehnung nicht persönlich zu nehmen,


sondern dass es ausschließlich um eine gute<br />

Lösung geht.<br />

CHV aktuell: Als Einsatzleiterinnen stehen<br />

sie ja auch während der Begleitung<br />

den <strong>Hospiz</strong>helfern zur Seite. Welche Probleme<br />

gibt es da?<br />

Irene Lenz: Probleme würde ich nicht sagen<br />

wollen. Höchstens, dass <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

von der Begleitung sehr unterschiedlich berührt<br />

werden. Aber dafür sind wir ja da, Gedanken<br />

und Gefühle einzuordnen, zu fragen,<br />

wie es ihnen in der Begleitung geht.<br />

Wir stehen in engem Kontakt. Alles, was<br />

unklar ist, soll mit uns als Einsatzleitung<br />

besprochen werden. Außerdem sind die<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer verpflichtet, regelmäßig an<br />

Supervisionen teilzunehmen, wo das eigene<br />

Handeln nochmal reflektiert werden kann.<br />

Irene Lenz im Gespräch mit Jutta Schriever<br />

CHV aktuell: Wie viel Zeit sollten die<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer für die Patienten haben und<br />

wie lange dauert eine durchschnittliche<br />

Begleitung?<br />

Jutta Schriever: Wir gehen von zwei bis<br />

vier Stunden wöchentlich aus. Aber das<br />

bleibt ganz individuell, je nach Situation.<br />

Wie lange Begleitungen dauern? Ich weiß<br />

als Einsatzleitung nur, dass man sich da<br />

sehr täuschen kann. Man denkt, das wird<br />

eine relativ kurze Begleitung. Dann gibt es<br />

aber viele Faktoren, durch die sich der Patient<br />

plötzlich unerwartet stabilisiert. Oder<br />

auch umgekehrt. Man glaubt, es geht noch<br />

eine ganze Weile gut, und dann wird die<br />

Begleitung in kurzer Zeit durch den Tod<br />

beendet.<br />

Das Interview führte Uve Hirsch<br />

15<br />

Foto: Uve Hirsch


Wie wahr, wie wahr, dachte ich mir in den<br />

letzten zwei <strong>Jahre</strong>n immer wieder, wenn<br />

ich mir diese Sätze aus dem Gedicht<br />

„Stufen” von Hermann Hesse vor Augen<br />

führte. Bezogen auf meine beruflichen Lebensräume<br />

hatte ich schon einige durchschritten.<br />

In jedem dieser Räume lernte<br />

ich viel, sammelte für mich wertvolle Erfahrungen.<br />

Nach einiger Zeit zog ich weiter,<br />

um Neues zu entdecken, um in mir<br />

Fähigkeiten zu wecken, die bisher noch<br />

ruhten.<br />

In diesem Jahr war es wieder soweit. Ich<br />

hatte mich entschieden, einen neuen beruflichen<br />

Weg einzuschlagen und bin seit<br />

April 2011 im SAPV-Team im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />

tätig.<br />

Schon länger beschäftigte ich mich in<br />

verschiedenster Weise mit dem Thema<br />

Sterben, Tod und Trauer. So beschloss ich<br />

im Sommer 2009, mich intensiver damit<br />

zu befassen, und meldete mich für einen<br />

Palliativ-Care-Kurs für psycho-soziale Berufsgruppen<br />

an der <strong>Christophorus</strong>-Akademie<br />

in Großhadern an. Die Kursleitung<br />

hatte Jürgen Wälde und einer der Referenten<br />

in der ersten Kurswoche war Sepp<br />

Raischl.<br />

Zunehmend spürte ich, dass der Weg in<br />

Richtung <strong>Hospiz</strong>arbeit mein Weg sein<br />

könnte.<br />

16<br />

Neu im <strong>Hospiz</strong><br />

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,<br />

an keinem wie an einer Heimat hängen ...<br />

Von Cornelia Rommé<br />

Aber wohin? Und ... so leicht geht das ja<br />

auch wieder nicht. Will ich das wirklich alles<br />

aufgeben? Meine Arbeit machte mir<br />

Freude und gab mir Sicherheit. Zweifel<br />

und auch Ängste stiegen gleichzeitig auf<br />

mit dem Gedanken, einen neuen beruflichen<br />

Lebensraum zu suchen.<br />

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,<br />

an keinem wie an einer Heimat<br />

hängen ...<br />

Mein letzter beruflicher Lebensraum war<br />

das Franziskuswerk Schönbrunn, eine Einrichtung<br />

für Menschen mit Behinderung.<br />

Der Anspruch, den das Franziskuswerk an<br />

sich selber stellt, lautet, den behinderten<br />

Menschen Heimat zu geben für ein ganzes<br />

Leben.<br />

Hier war ich elf <strong>Jahre</strong> tätig und dieser<br />

Raum war mir zunehmend zur beruflichen<br />

Heimat geworden. War es jetzt nicht an<br />

der Zeit, diesen Raum zu verlassen, fragte<br />

ich mich immer mal wieder. Denn inzwischen<br />

war es zweifelsohne so, dass ich an<br />

diesem Raum hing wie an einer Heimat.<br />

Doch was stand noch bei Hesse?<br />

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise<br />

Und traulich eingewohnt,<br />

so droht Erschlaffen,<br />

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,<br />

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.


Okay, okay, ich hab schon verstanden.<br />

Langsam tastete ich mich vor auf der Suche<br />

nach einer neuen beruflichen Tätigkeit<br />

und streckte meine Fühler aus. Mein erstes<br />

Gespräch mit Sepp Raischl fand im September<br />

2009 statt. Als letzten „Test” für<br />

mich selbst hospitierte ich im August 2010<br />

im Johannes-<strong>Hospiz</strong> der Barmherzigen<br />

Brüder und begleitete die Pflegekräfte dort<br />

acht Tage lang. Danach eröffnete sich mir<br />

die Möglichkeit, 2011 im CHV im ambulanten<br />

Team zu beginnen und ich sagte zu.<br />

Der Abschied aus dem Franziskuswerk<br />

Schönbrunn fiel natürlich nicht leicht.<br />

Doch um noch einmal mit Hesse zu<br />

sprechen:<br />

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe<br />

bereit zum Abschied sein und Neubeginne<br />

Und als Lebensruf habe ich diese ganze<br />

Entwicklung auch empfunden. Inzwischen<br />

weiß ich, dass die Entscheidung für<br />

Abschied und Neubeginn richtig war. Ich<br />

bin gut gelandet im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>.<br />

Die neuen Kolleginnen und Kollegen im<br />

SAPV-Team machten und machen es mir<br />

sehr leicht, mich in meinem neuen Arbeitsumfeld<br />

zu Recht zu finden und wohl<br />

zu fühlen. In den ersten Wochen wurde<br />

mir Zeit gegeben, alle Bereiche kennenzulernen<br />

und die dazugehörigen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter zu begleiten. So<br />

konnte ich auch die Kolleginnen und Kollegen<br />

näher kennenlernen und erfuhr, wie<br />

sich die konkrete Arbeit der einzelnen Berufsgruppen<br />

im SAPV-Team gestaltet. Ich<br />

lernte viel über Medizin und Pflege sowie<br />

über die psycho-sozialen Nöte, denen<br />

Menschen in Situationen von Krankheit<br />

und Sterben ausgesetzt sind. Mittlerweile<br />

mache ich selber <strong>Haus</strong>besuche, informiere<br />

und berate Menschen, setze<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer/innen zur Unterstützung ein.<br />

Und ich spüre, wie viel Freude mir das<br />

macht.<br />

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,<br />

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.<br />

Darauf zu vertrauen, ist oft ganz schön<br />

schwer. Das Alte, Vertraute, Sicherheit gebende<br />

loszulassen, kostet viel Mut und<br />

Kraft. Aber es lohnt sich. Erst wenn ich<br />

loslasse, werde ich frei, um wieder Neues<br />

empfangen und geben zu können.<br />

Cornelia Rommé ist Einsatzleiterin<br />

für <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

17


„Also, schön zusammenbleiben, wir gehen<br />

jetzt zuerst in die Altstadt“ – Inge Scheller<br />

ist bei dem von ihr organisierten, alljährlichen<br />

Betriebsausflug des <strong>Christophorus</strong>-<br />

Seit 23 <strong>Jahre</strong>n engagiert sich die gelernte<br />

Fotografin für den <strong>Verein</strong>, brachte zuerst<br />

die Buchhaltung in Ordnung, wurde dann<br />

1991 Schatzmeisterin und prägt bis heute<br />

als Vorstandsmitglied Geschichte und<br />

Zukunft des <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s<br />

wesentlich mit. Nur wenige wissen,<br />

dass Inge Scheller aber außerdem Chefin<br />

einer renommierten Münchner Aufzugs-<br />

18<br />

Der Weg ist das Ziel …<br />

Von Uve Hirsch<br />

<strong>Haus</strong>es in ihrem Element. Rund ein Drittel<br />

der 60 Festangestellten des CHV wanderte<br />

mit ihr Mitte Juli durch Landsberg<br />

und den Lech entlang.<br />

firma ist und nicht nur im CHV, sondern<br />

auch in anderen karitativen Organisationen<br />

tatkräftig und mit Spendengeldern<br />

hilft. Selbst ihr Hobby, große Wanderungen<br />

und Fotografieren, stellt sie in den<br />

Dienst der CHV-Mitarbeiter. Dreimal, an<br />

verschiedenen Tagen, hat sie die Ausflugsstrecke<br />

erkundet und ausführlich dokumentiert.<br />

Foto: Uve Hirsch


Foto: Uve Hirsch Foto: Inge Scheller<br />

So wurde auch der diesjährige Betriebsausflug,<br />

mit seinem Höhepunkt, einem opulenten<br />

Mittagsessen in der direkt am Lech<br />

gelegenen „Hexenküche“ von allen Teilnehmern<br />

als wieder sehr gelungen angesehen.<br />

Gute, ausführliche Gespräche, zu de-<br />

nen im anspruchsvollen <strong>Hospiz</strong>betrieb<br />

kaum Zeit bleibt, oder auch das Kennenlernen<br />

von neuen Kollegen und anderen<br />

Bereichen des <strong>Haus</strong>es, kurz, ein Gewinn<br />

für alle, der sich auch im alltäglichen<br />

Miteinander widerspiegelt.<br />

Schatzmeisterin Inge Scheller und Geschäftsführerin Angelika Westrich im eiskalten Naturkneippbad<br />

19


„Ihr Gesunden versteht nicht was wir Sterbenden<br />

eigentlich brauchen“ hielt mir einmal<br />

ein Bewohner unseres <strong>Hospiz</strong>es vor. Ich<br />

wollte ihm gerade ein frisch gemachtes Rührei<br />

zum Abendessen schmackhaft machen.<br />

Ich ging, mit meiner pflegerischen Brille, davon<br />

aus, dass es mal kein süßer Brei ist und<br />

trotzdem gut zu schlucken sei. Scheinbar ein<br />

Irrtum.<br />

Dieser Bewohner ging im Verlauf seines Aufenthaltes<br />

einmal mit unserem Seelsorger Pizza<br />

essen. Er konnte kein Stück schlucken,<br />

war aber begeistert über den Duft der Pizza.<br />

Bei genauerem Nachdenken ist dies vielleicht<br />

auch viel wesentlicher für einen Menschen,<br />

der kurz vor dem Tode steht, dessen Körper<br />

schon ausgemergelt ist, als sich damit zu beschäftigen,<br />

in welcher Form er sich am besten<br />

ausreichend Nahrung zuführen kann.<br />

Diese Ansicht kann man natürlich nicht verallgemeinern.<br />

Die Bedürfnisse der schwerstkranken<br />

Menschen sind tatsächlich höchst<br />

individuell. Es ist allerdings hilfreich, sich bewusst<br />

zu machen, dass jeder, ob <strong>Hospiz</strong>helfer,<br />

Angehöriger, Arzt oder Pflegekraft, aus seiner<br />

eigenen gesunden, persönlichen Sichtweise<br />

versucht zu ermitteln, welche Bedürfnisse der<br />

schwerstkranke Mensch hat. Und häufig liegen<br />

alle dadurch völlig falsch. Die professionellen<br />

Berufsgruppen haben zwar oft den<br />

Vorteil, mit vielen sterbenskranken Menschen<br />

über deren Bedürfnisse kommuniziert<br />

zu haben. Die jeweilige berufliche Brille ist<br />

bei der Ermittelung der Wünsche der Betroffenen<br />

jedoch dafür oft hinderlich. Sehr<br />

schnell ist der Bedarf, den die Erkrankung<br />

20<br />

Von der Schwierigkeit, Bedürfnisse zu begreifen<br />

Von Ulrich Heller<br />

oder die Situation des Betroffenen mit sich<br />

bringt, mit seinen Bedürfnissen gleichgesetzt.<br />

In der Praxis heißt das für alle Beteiligten,<br />

immer wieder zu hinterfragen, sich gegenseitig<br />

auf die Subjektivität aufmerksam zu<br />

machen.<br />

Es kann die Vorstellung der Angehörigen<br />

sein, dass für den Kranken ein ganz ruhiges<br />

Zimmer gut wäre, während derjenige sich<br />

freuen würde, noch etwas von der Stadtluft<br />

und von dem Leben auf der Straße mitzubekommen.<br />

Während Limo, Cola und Schokolade<br />

noch häufige Genüsse sein können,<br />

kann das gut gemeinte, frische, gesunde Essen<br />

oft nicht mehr die Vorlieben unserer Bewohner<br />

treffen. Und genauso kann es auch<br />

genau anders herum sein.<br />

Die Frage muss also lauten, wie komme ich<br />

hinter die Bedürfnisse der zu betreuenden<br />

Menschen. Was beeinflusst denn diese<br />

Bedürfnisse, im Gegensatz zum Gesunden?<br />

Hier sind natürlich erst einmal die Symptome<br />

zu sehen. Diese können so dominant<br />

sein, dass es überhaupt kein Verlangen gibt<br />

außer dem der körperlichen Linderung die-


ser Symptome. Beispiele für solche Symptome<br />

sind Schmerzen, Atemnot oder Schwäche.<br />

Letztere kann man leider nur sehr unzureichend<br />

behandeln, und oft sind sie für die<br />

Menschen entscheidend, dass sie ihre Wünsche<br />

nicht mehr befriedigen können. Lediglich<br />

der Helfer kann, wenn er sich als Werkzeug<br />

anbietet, die Schwäche teilweise<br />

kompensieren. Schmerzen kann man dafür<br />

häufig sehr gut lindern. Oft ist es deshalb die<br />

erste Aufgabe, eine möglichst gute Symptomkontrolle<br />

zu erreichen. Erst dann können<br />

neue Bedürfnisse bei den Betroffenen<br />

entstehen und Platz haben. Erfüllt man diese,<br />

tauchen häufig weitere, neue Bedürfnisse<br />

auf. Es ist vielleicht ein bisschen vergleichbar<br />

mit dem Häuten bei der Zwiebel. Ziel kann<br />

für die Helfer vielleicht sein, von dem Verlangen<br />

der Linderung der Symptome zum<br />

Stillen der einfachsten Bedürfnisse, zu den<br />

vielleicht tiefer gelegen sozialen, psychischen<br />

und spirituellen Wünschen zu kommen.<br />

Zu den einfachsten Anliegen, die durch die<br />

Einschränkungen der Erkrankung nicht<br />

mehr selber zu befriedigen sind, können beispielsweise<br />

Wünsche wie gut gebettet zu sein,<br />

gut zu duften oder mal eine andere Perspektive<br />

zu erleben und in den Rollstuhl gesetzt<br />

zu werden, zählen.<br />

Andere Faktoren, die das momentane Bedürfnis<br />

der erkrankten Menschen beeinflussen,<br />

können zum Beispiel Kultur, Erziehung,<br />

Sozialisation oder Ängste sein. Diese Aspekte<br />

sind aber individuell sehr unterschiedlich<br />

und für die Helfer oft schwer zu eruieren.<br />

Helfer sollen Mut machen, dass man als<br />

Kranker die Norm jetzt verlassen darf. Zum<br />

Beispiel ihn zu ermutigen, die Grundpflege<br />

sein zu lassen, seiner Schwäche nachzugeben<br />

und stattdessen lieber ein Glas Prosecco zu<br />

genießen. Aber nicht jeder Erkrankte will so<br />

ermutigt werden. Um wirklich auf die tiefer<br />

gehenden Bedürfnisse zu kommen, braucht<br />

man Zeit und viel Vertrauensentwickelung.<br />

Die Wünsche sind nicht immer der Krankheitssituation<br />

und der Ratio angepasst. Der<br />

Mensch will, ob krank oder nicht, als<br />

Mensch, und zwar als vollwertiger Mensch,<br />

gesehen werden. Auch wenn der Bedarf nach<br />

Sicherheit, Ruhe und Rücksicht besteht,<br />

wollen viele Menschen trotzdem bis zum<br />

Schluss als lebend und auch lebenshungrig<br />

gesehen werden. Gerade wenn Symptome<br />

gelindert sind, gibt es das Bedürfnis, weiter -<br />

leben zu wollen. Es gibt weiter das Bedürfnis<br />

nach menschlicher Nähe. Diese kann entstehen<br />

durch Zuwendung, Humor oder auch<br />

zwischenmenschliche Nähe. Menschen haben<br />

bis zum Schluss ihre Eigenheiten und<br />

auch Eitelkeiten, die sie beachtet haben wollen.<br />

Und ihre Bedürfnisse widersprechen sich<br />

auch häufig. Der Wunsch nach Gesundheit<br />

und Leben steht dem gegenüber, so krank<br />

nicht mehr leben zu wollen. Der Wunsch<br />

21


nach Schonung und Ruhe steht dem Wohlgefühl<br />

gegenüber, frisch gewaschen zu sein.<br />

Auch der Anspruch auf Rücksichtnahme<br />

und Achtsamkeit, nicht nur krank gesehen<br />

werden zu wollen, kann manchmal konträr<br />

zueinander stehen.<br />

Ich glaube, wenn wir Helfer durch Palliativmedizin<br />

und Pflege soweit kommen, dass der<br />

Betroffene wieder seine Eigenheiten einfor-<br />

Diesmal wird Eva Maria den Krebs nicht<br />

besiegen. Doch sie weiß damit umzugehen.<br />

Sie kennt das Gefühl, nicht mehr viel Zeit<br />

zu haben. Und sie weiß, wozu das Gefühl<br />

gut ist: dazu, die Zeit zu nutzen. Als Eva<br />

Maria vor 22 <strong>Jahre</strong>n zum ersten Mal Krebs<br />

hatte, da räumte sie ihr Leben auf. Sie ließ<br />

sich die Zähne sanieren, begann mit Yoga,<br />

ernährte sich gesünder, ging öfter schwimmen<br />

und spazieren. Sie sprach sich mit<br />

ihren Geschwistern aus. „Und ich habe<br />

meine Ehe in Ordnung gebracht, indem ich<br />

mich habe scheiden lassen.“<br />

Sie dachte über den Tod nach und erkannte:<br />

„Sobald man geboren ist, stirbt man. Es<br />

ist nur eine Frage der Zeit.“<br />

Man könnte sagen, Eva Maria war innerlich<br />

gut gewappnet, als der Krebs im Juli 2010<br />

zum zweiten Mal kam. „Das ist falsch“, sagt<br />

sie dann und erzählt, wie er sie auch beim<br />

zweiten Mal kalt erwischt habe. Wie sie die<br />

22<br />

Eine Frage der Zeit<br />

Von Andreas Unger<br />

dern kann, es also wieder „menscheln” kann,<br />

dann hat man schon sehr viel erreicht. Auch<br />

wenn die Bedürfnisse nicht immer ganz erkannt<br />

werden und nicht immer erfüllbar<br />

sind. Denn das ist zumindest wieder ein<br />

Stückchen Normalität und geht „uns Gesunden“<br />

doch genauso.<br />

Ulrich Heller ist Leiter des Pflegedienstes am<br />

<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> München<br />

ersten acht Wochen nach der Diagnose<br />

kaum außer <strong>Haus</strong> gegangen ist. Wie sie sich<br />

ins Bett verkrochen hat und das Telefon hat<br />

klingeln lassen, bis ihre Freunde immer seltener<br />

anriefen. Sie machte es wie manche Kaninchen<br />

im Angesicht des Feindes: halten<br />

ganz still und hoffen, er geht vorüber. Ihren<br />

„Totstellreflex“ nennt sie das.<br />

Aber diesmal wird der Feind nicht vorübergehen,<br />

und Eva Maria weiß das. Deshalb<br />

macht sie jetzt genau das Gegenteil: Sie ist<br />

lebendig geworden.<br />

Sie legt nicht mehr wie früher 150 Euro im<br />

Monat zurück, denn wozu? Sie kauft sich<br />

häufiger Kleidung. Sie geht fast täglich ins<br />

Café. Ihr Auto hat sie behalten, auch wenn<br />

das völlig überflüssig ist hier im Lehel, von<br />

wo aus sie mit der S-Bahn an den Tegernsee<br />

fährt und zu Fuß in die Oper geht, zu<br />

den Kammerspielen und in die Pinakotheken.<br />

Irgendwo hat sie neulich diesen Sinn-


spruch gelesen, der ihr nicht mehr aus dem<br />

Kopf geht: „Nicht mehr Tage in das Leben<br />

bringen, sondern mehr Leben in die Tage.“<br />

Eher distanziert berichtet Eva Maria von<br />

Rippenbrüchen, Brust-OP, Chemotherapie,<br />

Haarausfall, Metastasen in Rücken, Leber<br />

und Knochen. Vielleicht will sie sich keine<br />

Blöße geben. Vielleicht hat sie vieles schon<br />

hinter sich gelassen: den Schmerz, die Panik,<br />

die Abschiede. Wahrscheinlich ist: Sie<br />

ist bei sich, ohne ständig um sich zu kreisen.<br />

„Ich lebe zurzeit mein Leben fertig“, sagt Eva Maria<br />

Sie ist aus ihrer Wohnung am Stadtrand<br />

ausgezogen, in der sie 23 <strong>Jahre</strong> lang gewohnt<br />

hat. Es war eine große, helle Wohnung<br />

mit einem Garten, den sie angelegt<br />

und gepflegt und geliebt hat. Aber die Wohnung<br />

war auch voll von Vergangenem, und<br />

für das ist jetzt keine Zeit mehr. Sie ist in ein<br />

Apartment im Lehel gezogen, 22 Quadratmeter<br />

klein. Kurz nach dem Umzug dachte<br />

sie: „Das wird wohl mein Sterbezimmer.“<br />

Dann dachte sie: „Aber jetzt noch nicht.“<br />

Einmal die Woche machte Eva Maria, die<br />

anders heißt, einen Spaziergang: vom Lehel<br />

über die Isar, den Bogenhausener Friedhof<br />

und die Wehrlestraße zum Rosenkavalierplatz<br />

– zur Chemotherapie. Zuerst hat sie<br />

35 Minuten dafür gebraucht. Als es ihr<br />

schlecht ging, anderthalb Stunden. Aber<br />

statt der Tram hat sie sich Zeit genommen.<br />

Heute ist sie in die Effnerstraße 93 gekommen,<br />

wo der <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong><br />

seinen Sitz hat. Sie ist durch das helle Atrium<br />

gegangen, hinauf in den ersten Stock,<br />

durch den Gang und in den Begegnungsraum.<br />

Eine Uhr tickt. Ihr Pullover hat denselben<br />

milden Grünton wie ihre Augen.<br />

Durch ihre randlose Brille schaut sie auf<br />

Bäume, die in ein paar Wochen blühen<br />

werden. Später wird sie ihre<br />

<strong>Hospiz</strong>helferin treffen. Irene Lenz<br />

stößt dazu und erzählt vom <strong>Hospiz</strong><br />

<strong>Verein</strong>. Dessen Mitarbeiter stellen<br />

den Patienten Helfer zur Seite. Das<br />

Ziel ist es, bis zuletzt in der eigenen<br />

Wohnung bleiben zu können. Falls<br />

das nicht möglich ist, stehen 16 stationäre<br />

Plätze zur Verfügung.<br />

Etwa 150 Helfer hat der <strong>Verein</strong>.<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer und Patient lernen sich<br />

erst über den ambulanten <strong>Hospiz</strong>dienst<br />

kennen. „Wenn die beiden schon lange befreundet<br />

wären, würden sie auf eine gemeinsame<br />

Geschichte zurückblicken und<br />

würden sie interpretieren. Unsere <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

aber interpretieren das Leben der<br />

Sterbenden nicht. Wichtig ist allein deren<br />

eigener Blick zurück. Wir wünschen uns,<br />

dass unsere Betreuten mit ihrem Wesenskern<br />

in Kontakt kommen.“<br />

Zur Zeit geht es Eva Maria wieder so gut,<br />

dass sie ein schlechtes Gewissen hat, in ihrem<br />

Zustand beim Chrisophorus <strong>Hospiz</strong> zu<br />

sein. Irene Lenz tröstet sie mit dem Hinweis:<br />

„Wir freuen uns, wenn die Erkrankten<br />

und ihre Angehörigen möglichst frühzeitig<br />

zu uns kommen.“<br />

23


Eva Maria hat zu einer Radikalität gefunden,<br />

die ihr gut tut. Da ist zum Beispiel<br />

das Gerede mancher Leute, die meinen,<br />

den Krebs erklären zu können. Mit Erbsünde<br />

etwa oder schlechter Ernährung.<br />

Oder Leute, die meinen, sie trösten zu<br />

müssen. Zum Beispiel durch ihren Glauben<br />

an Wiedergeburt. Diesen Leuten sagt<br />

sie: „Niemand weiß, woher der Krebs<br />

kommt. Das ist ein physikalisch-chemischer<br />

Vorgang. Und niemand weiß, was<br />

nach dem Tod passiert.“ Und dann verzichtet<br />

sie darauf, sie weiterhin zu treffen.<br />

Niemals wäre sie früher so konsequent gewesen.<br />

Jetzt schon. „Ich habe dem Tod ins<br />

Angesicht geschaut.“ Das scheint ihr<br />

Angst genommen zu haben.<br />

Sie möchte verbrannt werden, ihre Asche<br />

soll anonym unter einem Baum beigesetzt<br />

Die Seele ist wie ein Wind,<br />

der über die Kräuter weht,<br />

wie der Tau,<br />

der über die Wiesen träufelt,<br />

wie die Regenluft,<br />

die wachsen macht.<br />

Desgleichen ströme der Mensch<br />

Wohlwollen auf uns alle,<br />

die da Sehnsucht tragen.<br />

24<br />

Die Seele<br />

werden. Zum Abschied soll die Air aus<br />

Johann Sebastian Bachs Dritter Suite für<br />

Orchester gespielt werden. Für den Leichenschmaus<br />

hat sie Geld zurückgelegt.<br />

„Mein Sohn steht im Leben, und meine<br />

Mutter habe ich gepflegt, bis sie gestorben<br />

ist. Ich habe meine Pflichten erfüllt.“<br />

Jetzt ist sie 70 und sagt: „Ich lebe zur Zeit<br />

mein Leben fertig.“<br />

Doch bevor es so weit ist, ist es noch zu<br />

leben. Zum Ende des Gesprächs fragt sie,<br />

ob sie die Serviette auf dem Tisch mitnehmen<br />

dürfe, mit aufgedruckten Tulpen,<br />

Orangen und Kirschen. Sie sammelt sie.<br />

Mit freundlicher Genehmigung der<br />

Zeitschrift BISS<br />

Text und Foto Andreas Unger<br />

Ein Wind sei er,<br />

der den Elenden hilft,<br />

ein Tau,<br />

der die Verlassenen tröstet.<br />

Er sei wie die Regenluft,<br />

die die Ermatteten aufrichtet<br />

und sie mit Liebe erfüllt<br />

wie Hungernde.<br />

(Hildegard von Bingen<br />

* 1098, gest. 17.09.1179)


Die Distanz und ich – Grundlagenseminar zur<br />

<strong>Hospiz</strong>helferausbildung<br />

Nachdem meine Großmutter im Sommer<br />

2009 – zu <strong>Haus</strong>e wunderbar betreut<br />

– gestorben ist, hatte ich das Gefühl,<br />

mich mit dem Thema Sterben und der<br />

Unterstützung der <strong>Hospiz</strong>arbeit zu beschäftigen,<br />

mich einbringen zu wollen.<br />

Seit Anfang 2010 bin ich nun beim CHV<br />

aktuell und schreibe hie und da einen Artikel<br />

für diese Mitgliederzeitschrift. Die<br />

Arbeit als <strong>Hospiz</strong>helfer kann ich mir<br />

(noch) nicht vorstellen, doch das Grundseminar<br />

dürfte doch kein Problem darstellen.<br />

Als ich vor der Tür stehe, um am Samstagmorgen<br />

das Seminar zu beginnen, bin<br />

ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob<br />

es eine gute Idee war, teilzunehmen. Der<br />

Inhalt des Grundseminars ist mit „Die<br />

<strong>Hospiz</strong>idee und der Umgang mit Sterben,<br />

Tod und Trauer“ umschrieben und der<br />

Kloß in meinem Hals wird mit jedem<br />

Meter, den ich dem Veranstaltungsort näher<br />

komme, größer. Was und auch wer<br />

wird mich erwarten? Zwei Tage lang werde<br />

ich mit wildfremden Menschen über<br />

den Tod und das Sterben sprechen. Ich<br />

ignoriere den Kloß und betrete den<br />

Raum. Mein erster Gedanke ist: „Sind das<br />

viele Menschen hier.“ Der Zweite: „Sind<br />

die alle jung.“<br />

Gerechnet hatte ich mit vielleicht 12<br />

allesamt älteren Herrschaften, mit ernsten,<br />

weisen Gesichtern – bekommen habe<br />

ich 24 Menschen in jedem Alter, die<br />

Von Julia Hagmeyer<br />

allesamt ganz „normal“ aussehen. Soweit,<br />

so gut.<br />

Die etwas esoterisch wirkende Frau, die<br />

mich begrüßt hat, schlägt einen Gong, in<br />

der Mitte unseres Stuhlkreises steht ein<br />

Blumenstrauß, bunte Tücher und eine<br />

Kerze sollen wohl eine wohnliche Atmosphäre<br />

schaffen. Mein Kloß drückt.<br />

In der Vorstellungsrunde spreche ich mit<br />

meiner Nebensitzerin, einer jungen Frau,<br />

wir stellen uns vor, erzählen von unseren<br />

Berufen – warum wir hier sind, erwähnen<br />

wir beide nicht. Fast wie abgesprochen.<br />

Anschließend stellt jeder in der großen<br />

Runde seinen Nachbarn vor und ich sehe,<br />

andere waren nicht so zimperlich, sagen<br />

sofort, warum sie hier im <strong>Hospiz</strong> sind, erzählen<br />

von Krankheiten und Todesfällen,<br />

meist in der Familie.<br />

Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück,<br />

wild entschlossen, die journalistische Distanz<br />

vor alle Gefühle zu stellen, ich bin<br />

hier um zu beobachten, nicht, um etwas<br />

von mir preiszugeben.<br />

Auch notiere ich zuerst noch mit, was Irene<br />

Lenz und Martin Alsheimer, die beiden<br />

leiten das Seminar, sagen. Irene Lenz ist<br />

eine von sechs Einsatzleiterinnen des<br />

<strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>es und koordiniert<br />

die <strong>Hospiz</strong>helfer, Martin Alsheimer leitete<br />

die <strong>Hospiz</strong>akademie Ingolstadt und ist<br />

Ausbilder in der <strong>Hospiz</strong>arbeit. Im Laufe<br />

25


des Seminars wird sich zeigen, dass die beiden<br />

sich perfekt ergänzen.<br />

Nach der Vorstellungsrunde geht es<br />

inhaltlich um die <strong>Hospiz</strong>idee und die Frage<br />

nach der eigenen Einstellung zum<br />

Sterben. Hier wird es dann doch wieder<br />

persönlich und ich bin froh, dass andere<br />

sprechen und erzählen und mein Kloß<br />

und ich nur hier sitzen und beobachten.<br />

Gleichzeitig werden uns aber auch<br />

Entwicklungen aufgezeigt, wie die Gesellschaft<br />

mit dem Sterben umgeht, wie die<br />

medizinische Versorgung aussieht und wie<br />

sich die Zukunft entwickeln wird.<br />

Danach wird die Rolle des <strong>Hospiz</strong>helfers<br />

betrachtet, an einem Rollenspiel, in dem<br />

Martin Alsheimer einen Patienten spielt<br />

wird uns klar, dass die wesentliche Aufgabe<br />

des Helfers ist, da zu sein. Ohne Tatendrang<br />

und Ziele, ohne Programm und<br />

Wertung. Einfach da sein, hier und da etwas<br />

fragen, etwas einbringen, aber nur so<br />

viel, wie von allen Beteiligten gewünscht<br />

wird.<br />

In der Mittagspause gehe ich mit den zwei<br />

sympathischen Frauen, die neben mir sitzen,<br />

Eiskaffee trinken und plötzlich ist es<br />

ganz leicht, über die persönlichen Hintergründe,<br />

die uns hierher bewegt haben, zu<br />

sprechen.<br />

Am Nachmittag erwartet uns ein Film,<br />

der einen Mann auf seinem letzten Weg<br />

begleitet. Von der Krebsdiagnose, zur letzten<br />

Urlaubsreise, über Behandlungsversuche<br />

und -verweigerung bis zum Tod. Meine<br />

journalistische Distanz ist übrigens<br />

nach der Mittagspause nicht mehr mit in<br />

den Raum gekommen – anscheinend ha-<br />

26<br />

be ich sie draußen irgendwo verloren,<br />

mein Notizblock liegt verwaist neben mir<br />

auf dem Boden.<br />

So beiße ich mir auf die Backe, um der<br />

Gefühle, die der Film in mir auslöst, Herr<br />

zu werden und schaue nicht nach rechts<br />

und links. Hätte ich das getan, hätte ich<br />

gesehen, dass es den anderen ähnlich ging,<br />

wie wir danach in der Pause besprechen.<br />

Da der Film einen ganz normalen<br />

Menschen zeigte, geschieden, Raucher,<br />

bei manchen beliebt, bei anderen nicht,<br />

geht er umso näher und verleitet dazu, eine<br />

Wertung vorzunehmen, manches anders<br />

zu machen. Aber genau darum geht<br />

es, der <strong>Hospiz</strong>helfer soll und darf nicht<br />

werten.<br />

In den Pausen auf der Terrasse kommt<br />

man immer wieder mit anderen Menschen<br />

ins Gespräch und an allen fällt auf,<br />

wie offen und interessiert sie sind. Mit<br />

dem einen spreche ich über die Münchner<br />

Opernszene, eine andere erzählt mir, dass<br />

sie in einem Nachbarschaftsring beteiligt<br />

ist, wo jeder etwas beiträgt und sie Kuchen<br />

für ein soziales Café bäckt. Eine Dritte<br />

hat, wie ich und auch noch gleichzeitig<br />

mit mir, während des Studiums in einem<br />

Bungalow im Olympiadorf gewohnt.<br />

Am nächsten Morgen hat sich der Kloß<br />

verabschiedet, und ich bin gespannt auf<br />

den Tag. Heute geht es um Trauer und die<br />

Endlichkeit des Lebens und wir sprechen<br />

zuerst über Situationen, die Anlass zum<br />

Trauern geben. Die Trauer wird als seelische<br />

Wunde, der Prozess der Wundheilung<br />

als Trauern beschrieben. Wir befassen<br />

uns mit unterschiedlichen Arten des


Trauerns und die Gruppe bekommt wieder<br />

viel Raum, aus eigenen Erfahrungen<br />

zu berichten.<br />

Danach beschäftigen wir uns weiter mit<br />

dem Themenkomplex Trauer, anhand von<br />

einzelnen Aussagen und Thesen unterhalten<br />

wir uns untereinander über unsere<br />

Vorstellung von Trauer.<br />

Nach der Mittagspause, die wir alle gemeinsam<br />

im Garten des <strong>Christophorus</strong>-<br />

<strong>Haus</strong>es verbringen, machen wir uns Gedanken<br />

um die eigene Endlichkeit – jeder<br />

für sich oder in der Gruppe. Insgesamt hat<br />

man an diesem Wochenende die Wahl,<br />

wie sehr man aus sich herausgehen möchte,<br />

oder ob man das eben nicht möchte,<br />

sondern ganz bei sich bleibt.<br />

Am Nachmittag bekommen wir Besuch<br />

von einer erfahrenen <strong>Hospiz</strong>helferin – unser<br />

Fenster in die Praxis, können alle Fragen<br />

stellen, die uns einfallen. Wir lernen noch<br />

einige ganz praktische Dinge über die <strong>Hospiz</strong>arbeit<br />

– so zum Beispiel, dass es auch<br />

Aufgabe des <strong>Hospiz</strong>helfers sein kann, mit<br />

dem Kleinkind der Familie spazieren zu gehen,<br />

damit der sterbende Mann und seine<br />

Frau eine ruhige Stunde haben können.<br />

Am Sonntagabend hat sich innerhalb der<br />

Gruppe eine unwahrscheinliche Intimität<br />

und freundliche Vertrautheit eingestellt –<br />

wir verabschieden uns wie Freunde.<br />

Für mich persönlich hat sich die Teilnahme<br />

in jedem Fall gelohnt – ich habe viel<br />

Foto: Inge Scheller<br />

über mich und andere gelernt und bin<br />

ziemlich sicher, dass ich irgendwann als<br />

<strong>Hospiz</strong>helferin arbeiten möchte – dann,<br />

wenn es in mein Leben passt.<br />

Die Ausbildung zum <strong>Hospiz</strong>helfer ist dreistufig:<br />

Grundseminar (ein Wochenende<br />

oder sechs Abende), Auswahlgespräch und<br />

Aufbauseminar (drei Wochenenden, zehn<br />

Abende und zehn Stunden Praktikum) bereiten<br />

umfassend auf die Tätigkeit vor.<br />

Julia Hagmeyer ist Redaktionsmitglied von<br />

CHV aktuell, www.chv.org<br />

27


Ein Mensch wird geboren, wirkt eine Weile.<br />

Und tritt wieder ab. Ein Mensch lernt, für<br />

sich zu sorgen, erst dann kann er lernen,<br />

sich um andere zu kümmern.<br />

Und ähnlich wie zu Beginn seines Lebens<br />

kehrt er auch dahin zurück, dass unter Umständen<br />

für ihn gesorgt werden muss. Wenn<br />

er Glück hat, hat er ein gutes Wissen darüber,<br />

wie man sich um sich selbst kümmert.<br />

In diesem Kreis leben und wirken auch die<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer.<br />

Frau Ristow hat ihre aktive Tätigkeit als<br />

<strong>Hospiz</strong>helferin nach 22 <strong>Jahre</strong>n niedergelegt.<br />

CHV aktuell will berichten. Als ich Kontakt<br />

aufnehme, ist ihr das gar nicht so ganz<br />

recht. Sie will nicht so im Vordergrund stehen.<br />

Redet von anderen, die viel besser reden<br />

können. Von Jüngeren... Ich merke<br />

schon...<br />

Ja, was? Sie ist nicht untypisch, diese Bescheidenheit,<br />

dieses Sich-selbst-Zurücknehmen<br />

kennzeichnet viele <strong>Hospiz</strong>helfer. Und,<br />

ja: Da gibt es auch andere. Die besser reden<br />

können. Ich verstehe…<br />

Vielleicht macht gerade das mich besonders<br />

neugierig, diese scheuen <strong>Hospiz</strong>helfer, die<br />

ihre Person nicht so in den Vordergrund<br />

stellen. Und sie dennoch wichtig nehmen.<br />

Ich bereite Fragen vor. Zum vereinbarten<br />

Termin ist Frau Ristow erkrankt. Ihre Stimme<br />

ist deutlich angeschlagen, und ihr fehlt<br />

die Energie. Wir telefonieren einen Monat<br />

28<br />

Wenn sich der Kreis schließt<br />

Von Irene Braun<br />

später nochmals. Sie hat es sich überlegt: Es<br />

gibt da Jüngere, welche, die viel besser reden<br />

können. Ich sage, Sie möchten wohl lieber<br />

nicht? Das liegt Ihnen nicht so, so etwas? Sie<br />

klingt erleichtert, und wir reden klar und offen<br />

in wenigen dürren Worten über die<br />

wunderbaren, wertvollen Menschen, die im<br />

<strong>Hospiz</strong> engagiert und tätig sind. Und über<br />

die teilweise ausgezeichneten Supervisoren.<br />

Und über das Geschick und Feingefühl der<br />

Einsatzleiter, mit dem sie <strong>Hospiz</strong>helfer und<br />

Patienten zusammenbringen. Und darüber,<br />

dass jeder <strong>Hospiz</strong>helfer über ganz besondere,<br />

eigene Fähigkeiten verfügt für das Begleiten<br />

Todkranker und Sterbender. Und indem ich<br />

denke, darüber möchte ich mit ihr reden,<br />

sagt Frau Ristow, aber wir können uns gerne<br />

so mal treffen, uns unterhalten.<br />

Als ich nochmal zwei Monate später hinkomme,<br />

sitzen wir in einem blühenden<br />

Garten an einem Kaffeetischchen. Und ich<br />

sehe und erlebe einen Menschen, der mit jeder<br />

Faser all dem verbunden ist, was sein<br />

Leben ausmacht. Jeder <strong>Hospiz</strong>helfer hat seine<br />

Kraftquellen. Frau Ristow erinnert sich<br />

ebenfalls an eine frühere Einsatzleiterin, die<br />

bei den regelmäßigen Gesprächen mit ihren<br />

<strong>Hospiz</strong>helferinnen genau danach fragte:<br />

Woraus beziehen Sie Ihre Kraft? Und für<br />

sich selbst schwärmte von jeder freien Minute<br />

in der Natur. Wie wir da so sitzen im<br />

vielfarbigen, zwitschernden Grün, wird mir<br />

klar, dass alle Menschen, nicht nur <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

genau wissen müssen, woraus sie ihre<br />

Kraft beziehen. Sterbebegleitung erfordert<br />

nichts wesentlich anderes als jedes ganz nor-


male Privatleben. Nur: Vielleicht gründlicher!<br />

Sorgfältiger!<br />

Und dann sprechen wir davon: Dass man,<br />

wenn es einem nicht so gut geht, erst mal<br />

für sich selber sorgen muss, um dann für die<br />

da zu sein, die von einem abhängen. Die<br />

darauf angewiesen sind, dass man eben<br />

nicht zusammenklappt. Wir haben beide<br />

immer wieder erlebt, dass Außenstehende<br />

glauben, es koste viel Kraft, Todkranke,<br />

Sterbende zu begleiten. In Wahrheit<br />

schließt sich auch hier ein Kreis: Wir beziehen<br />

ebenso viel aus einer Begleitung, wie<br />

wir hineingeben. (In so mancher Supervisions-Sitzung<br />

ist über das sogenannte „Helfersyndrom”<br />

gesprochen worden. Bis einmal<br />

jemand frappierend klar und<br />

unumwunden äußerte, ich mache das –<br />

ganz ehrlich – doch nicht nur für die anderen,<br />

ich mache das auch für mich!) Dieser<br />

Kreislauf muss im Gleichgewicht sein.<br />

Übereinstimmend stellen wir fest, wie klar<br />

die Einsatzleitung bei der Auswahl und Zuordnung<br />

der <strong>Hospiz</strong>helfer diesem Umstand<br />

Rechnung trägt, wie eine Störung bei uns<br />

selbst dieses Gleichgewicht kippen kann.<br />

Wenn sich der Kreis nicht mehr schließt…<br />

Frau Ristow gehört zu den <strong>Hospiz</strong>helferinnen,<br />

die aus der Sozialarbeit stammen und<br />

von da aus zum <strong>Hospiz</strong> gelangen. Sie war<br />

auch im Ausland, in Brasilien tätig, hatte<br />

Ehrenämter inne, in der Diakonie. Hatte<br />

dann auch selbst Familie. Und fühlte sich<br />

von Anfang an angezogen von der <strong>Hospiz</strong>idee,<br />

als diese in Deutschland Fuß fasste.<br />

Eine der <strong>Hospiz</strong>helferinnen „der zweiten<br />

Stunde“, wie sie selbst sagt. Wir wünschen<br />

ihr, dass sie selbst auch immer gut umsorgt<br />

ist so wie all jene, um die sie sich ein tätiges<br />

Leben lang gekümmert hat.<br />

Irene Braun ist selbst <strong>Hospiz</strong>helferin und<br />

Redaktionsmitglied CHV aktuell<br />

29<br />

Foto: Christine Sarraj


„Am schlimmsten ist es, abends in die leere<br />

Wohnung zurückzukommen“, erzählt Frau<br />

M. mit nur mühsam unterdrückten Tränen<br />

in der Stimme. Eine große innere Not steht<br />

ihr ins Gesicht geschrieben. Blicke, Mimik<br />

und Gesten vieler in der Runde der offenen<br />

Trauergruppe zeigen, dass auch ihnen diese<br />

Erfahrung vertraut ist und Frau M. ihnen<br />

mit ihren Worten aus der Seele spricht.<br />

Zweimal monatlich, jeweils in einer Dienstagnachmittagszeit,<br />

trifft sich dieser Gesprächskreis<br />

– geleitet und moderiert von<br />

Anette von Dercks und mir. Er möchte<br />

Menschen, die einen ihnen nahe stehenden<br />

Angehörigen durch Tod verloren haben,<br />

Unterstützung in dieser schwierigen Zeit<br />

anbieten. Das Bild vom <strong>Hospiz</strong> als einer<br />

Herberge für schwerstkranke und sterbende<br />

Menschen schließt ausdrücklich auch die<br />

Fürsorge für all jene ein, die den Kranken<br />

aufgrund familiärer oder freundschaftlicher<br />

Bindungen „zugehörig“ sind und auch über<br />

deren Tod hinaus zugehörig bleiben. Mascha<br />

Kaléko hat dies in einem ihrer Gedichte<br />

treffend auf den Punkt gebracht: „ Den<br />

eigenen Tod stirbt man (nur), doch mit<br />

dem Tod der anderen muss man leben!“ Genau<br />

vor dieser Aufgabe stehen Trauernde<br />

und sie kann zu einer Herausforderung werden,<br />

die Menschen schmerzhaft mit den<br />

Grenzen ihrer Kräfte und Möglichkeiten<br />

in Berührung bringt. Nicht wenige Betroffene<br />

erleben Trauerprozesse als seelische<br />

Schwerstarbeit und sprechen von der Notwendigkeit,<br />

das Leben, in dem nichts mehr<br />

so ist wie zuvor, wieder von Grund auf neu<br />

30<br />

Der Weg entsteht im Gehen –<br />

Unterstützung in der Zeit der Trauer<br />

Von Jürgen Wälde<br />

lernen zu müssen. Für manche wird dabei<br />

die Teilnahme an der Gruppe zu einer wertvollen<br />

Erfahrung, die ihnen zeigt, dass sie<br />

mit ihrem Suchen und Ringen nicht alleine<br />

stehen, die ihnen Mut macht, nicht aufzugeben,<br />

sondern Schritt für Schritt einen für<br />

sie gangbaren Weg zu entwickeln.<br />

Zu Beginn der einzelnen Treffen entzünden<br />

die Teilnehmenden als Zeichen der<br />

Verbundenheit eine Kerze für ihre verstorbenen<br />

Angehörigen, die auf diese Weise<br />

symbolisch im Raum mit anwesend sind.<br />

In einer offenen Runde erhält dann jeder<br />

der meist 8 bis 10 Teilnehmenden Gelegenheit,<br />

von dem zu erzählen, was ihn im<br />

Augenblick bewegt und beschäftigt. Dabei<br />

ist uns die Freiheit des Einzelnen wichtig,<br />

ohne jeden Erwartungsdruck selbst darüber<br />

zu entscheiden, wovon er in diesem<br />

Moment sprechen und worüber er vielleicht<br />

lieber schweigen möchte. Nicht jedem<br />

fällt es gleichermaßen leicht, sich vor<br />

einer Gruppe zu öffnen, eigene Erfahrungen<br />

ins Wort zu bringen und mit intensiven<br />

Gefühlen in diesem Rahmen umzugehen.<br />

Aus den eingebrachten Beiträgen<br />

kristallisieren sich dann oft wie von selbst<br />

Themen heraus, über die wir in der<br />

Gruppe ins Gespräch kommen.<br />

Beispielhaft seien an dieser Stelle einige<br />

Fragestellungen benannt: Habe ich bzw.<br />

haben wir etwas versäumt, was den Tod<br />

meines Angehörigen möglicherweise verhindert<br />

hätte? Wie soll ich mit den Bildern


von Krankheit und<br />

Sterben umgehen, die<br />

mir auf eine sehr belastende<br />

Weise immer<br />

wieder vor Augen stehen?<br />

Ist das eigentlich<br />

noch normal, derart<br />

dünnhäutig, verletzlich<br />

und unsicher geworden<br />

zu sein? Wer bin<br />

ich und wie bewege ich<br />

mich ohne den geliebten<br />

Partner an meiner<br />

Seite? Wie halte ich<br />

bloß die Einsamkeit,<br />

insbesondere an den<br />

Abenden und Wochenenden aus? Soll ich<br />

Erinnerungen an die unwiederbringlich<br />

vergangene Zeit pflegen oder verstärken sie<br />

nur den Schmerz? Wer kümmert sich jetzt<br />

um mich, wenn ich selbst Unterstützung<br />

brauche? Welche Erwartungen hat meine<br />

Familie bzw. mein Umfeld an mich und<br />

mein Verhalten? Wie gehe ich damit um,<br />

wenn sich mir wichtige Menschen nicht<br />

mehr melden oder aber durch vermeintlich<br />

gute Ratschläge an meinen wirklichen<br />

Bedürfnissen vorbeigehen? Hört Trauer eigentlich<br />

auch einmal auf? Darf ich mich<br />

dem Leben wieder zuwenden, auch wenn<br />

der Mensch, dem ich noch immer in Liebe<br />

verbunden bin, dies nun nicht mehr mit<br />

mir teilen kann?<br />

Worum es inhaltlich im Einzelnen auch<br />

gehen mag, immer achten wir als Leitung<br />

sorgfältig darauf, dass wir miteinander auf<br />

der Ebene eines respektvollen Austausches<br />

tatsächlich gemachter Erfahrungen bleiben,<br />

die gerade auch dort Raum bekommen<br />

und Würdigung erfahren, wo sie<br />

nicht von jedem in der Runde spontan<br />

mitvollzogen werden<br />

können. Nicht selten<br />

gehen gerade von solchen<br />

auf den ersten<br />

Blick eher „anstößigen“<br />

Beiträgen öffnende<br />

und hilfreiche Impulse<br />

aus. So erinnere<br />

ich mich etwa noch gut<br />

an eine Teilnehmerin,<br />

die sich in der Gruppe<br />

fast ein wenig fehl am<br />

Platze vorkam, da sie<br />

offenbar als Einzige<br />

nicht mit einem „Heiligen“<br />

verheiratet gewesen<br />

war, der alle nur wünschenswerten<br />

Eigenschaften in seiner Person vereinigte.<br />

Gerade ihre unverblümte Offenheit ermöglichte<br />

es schließlich auch anderen in<br />

der Gruppe, Idealisierungen ihres verstorbenen<br />

Partners zurück und dafür eigene<br />

Stärken und Talente besser in den Blick zu<br />

nehmen. Während das Ernstnehmen von<br />

Wahrnehmungen und Erfahrungen fast<br />

immer mit einem persönlichen Gewinn<br />

für die Teilnehmenden verbunden ist, erweisen<br />

sich allgemeine Diskussionen darüber,<br />

wie man angemessen bzw. „richtig“<br />

trauert oder wer es im Vergleich zu anderen<br />

nun leichter oder schwerer hat, mit seiner<br />

Verlusterfahrung zurecht zu kommen,<br />

meist als recht unfruchtbar. Hier sind alle<br />

in der Gruppe mit ihrer Achtsamkeit<br />

gefragt, einem Abgleiten in solche Diskussionsschleifen<br />

frühzeitig einen Riegel vorzuschieben.<br />

Neben den persönlichen Erfahrungen<br />

der Trauernden selbst nutzen<br />

wir in der Gruppe auch kurze Impulse, die<br />

wir als Leitung mit dem Ziel einbringen,<br />

ein besseres Verständnis für das Durchleben<br />

von Trauerprozessen zu wecken.<br />

31


Hier haben wir etwa mit dem Trauermodell<br />

von Pisarski/Orth, den Traueraufgaben<br />

nach Worden oder auch mit dem Ansatz<br />

von Roland Kachler gute Erfahrungen gemacht.<br />

Bisweilen bieten auch ausgewählte<br />

Symbole, Bilder, Gedichte oder Märchen<br />

einen fruchtbaren Zugang zum Thema und<br />

einen guten Einstieg in ein Gespräch. Für<br />

die letzte halbe Stunde unserer zweistündigen<br />

Gruppentreffen lösen wir die große<br />

Runde auf und laden diejenigen, die möchten,<br />

dazu ein, bei einer Tasse Kaffee untereinander<br />

ins Gespräch zu kommen. Vielleicht<br />

hat mich jemand mit seinen<br />

Beiträgen besonders angesprochen oder ich<br />

verspüre das Bedürfnis, an einem Punkt genauer<br />

nachzufragen bzw. eigene Erfahrungen<br />

zu ergänzen, die in der großen Runde<br />

zu äußern ich Scheu hatte.<br />

Dieser informelle Ausklang bietet darüber<br />

hinaus eine gute Gelegenheit, sich wechselseitig<br />

etwas besser kennen zu lernen und<br />

dort, wo es als stimmig empfunden wird,<br />

auch Kontakte zu knüpfen, die über die<br />

Teilnahme am Gesprächskreis hinausgehen.<br />

Ein erster Schritt in diese Richtung<br />

deutet sich meist an, wenn Menschen, die<br />

alleine hergekommen sind, sich gemeinsam<br />

auf den Rückweg zur U-Bahn machen<br />

oder eine Mitfahrgelegenheit in ihrem Auto<br />

anbieten. In den letzen <strong>Jahre</strong>n hat es<br />

sich immer wieder ergeben, dass Trauernde,<br />

die sich im Gesprächskreis kennen gelernt<br />

und nach einer gewissen Zeit aus diesem<br />

Kreis auch wieder verabschiedet<br />

haben, trotzdem untereinander Verbindung<br />

hielten und sich aus eigener Initiative<br />

auch weiterhin zu gemeinsamen Unternehmungen<br />

trafen. Auf diese Weise<br />

entstehen aus der Gruppe und über sie<br />

32<br />

hinaus immer wieder kleinere Netzwerke,<br />

die in ihrer stabilisierenden, unterstützenden<br />

und ermutigenden Wirkung nicht<br />

hoch genug eingeschätzt werden können.<br />

Wenn Sie als CHVaktuell Leser nun eine<br />

etwas konkretere Vorstellung von unserem<br />

Gesprächskreis für Trauernde gewonnen<br />

haben, freuen wir uns, wenn Sie Menschen<br />

auf dieses Angebot aufmerksam machen,<br />

für die es von Interesse sein könnte. Nach<br />

kurzer telefonischer Absprache (Telefon<br />

089-1307870) ist eine Teilnahme an der<br />

Gruppe in der Regel jederzeit möglich –<br />

und zwar unabhängig davon, ob der CHV<br />

an der Betreuung der verstorbenen Angehörigen<br />

beteiligt war. Neben der Möglichkeit<br />

zu Einzelgesprächen mit Trauerbegleitern<br />

stellt dieser niederschwellige, zu<br />

keiner regelmäßigen Teilnahme verpflichtende<br />

Gesprächskreis die zweite Säule unseres<br />

Unterstützungsangebots dar. Wir<br />

möchten darin betroffene Menschen zusammen<br />

führen und ihnen einen Raum<br />

zur Verfügung stellen, in dem sie wechselseitig<br />

von ihren Erfahrungen profitieren<br />

und Schritte in ein Leben unter gänzlich<br />

veränderten Bedingungen entwickeln können.<br />

Das Land, in dem sich Trauernde bewegen,<br />

erscheint ihnen nicht selten wegund<br />

perspektivlos. Aber jeder noch so kleine<br />

Schritt, einer vor den anderen gesetzt,<br />

lässt unmerklich etwas entstehen, was<br />

schließlich im Rückblick auf die durchlebte<br />

schwere Zeit als Fortschreibung eines<br />

Weges erkennbar wird, der „trotz allem“<br />

wieder ins Leben führt.<br />

Jürgen Wälde ist hauptamtlicher Trauerbegleiter des<br />

CHV, waelde@chv.org


Berührt im Atemrhythmus<br />

Mein Beruf ist Atemtherapeutin und seit<br />

September 2007 arbeite ich zwei Tage pro<br />

Woche im <strong>Hospiz</strong>. Die Lebenssituation<br />

der Schwerkranken und Sterbenden dort<br />

erfordert eine andere Weise der Begleitung<br />

als die, die mir sonst in der Atempraxis begegnet.<br />

Die klassische Atemtherapie begleitet die<br />

Menschen ins Leben, sie unterstützt die<br />

Persönlichkeitsentwicklung und aktiviert<br />

sowohl den Lebensfluss als auch die Selbstheilungskräfte.<br />

Die Palliative Atemtherapie<br />

begleitet den Wandlungsprozess am<br />

Lebensende und lindert körperliche<br />

Ängste und Nöte von Schwerkranken<br />

und Sterbenden.<br />

Zu Arbeitsbeginn erfahre ich von den Pflegefachkräften<br />

bei der Übergabe, wer neu<br />

eingezogen und wer verstorben ist und<br />

informiere mich über die momentane<br />

Situation der mir bekannten Bewohner.<br />

Vor jeder Behandlung nehme ich zuerst<br />

meine eigene Haltung/Stimmung war. Bin<br />

ich aufgeregt oder unsicher, vielleicht noch<br />

in Gedanken bei der letzten Begleitung?<br />

Um mir wieder einen guten Stand zu verschaffen,<br />

muss ich mit beiden Beinen gut<br />

geerdet sein und meine eigene Mitte spüren,<br />

so dass mein Atem frei fließen kann.<br />

Dann bin ich offen für die neue Begegnung<br />

und bleibe trotzdem bei mir und<br />

meinem Atem.<br />

Anhand von drei Begleitungen möchte ich<br />

meine Arbeit mit den Bewohnern vorstellen.<br />

Von Ursula Schubert<br />

Bei meiner ersten Begegnung mit Frau S.<br />

stellte ich mich vor und bot ihr eine Behandlung<br />

an. Darauf hin wollte sie von<br />

mir wissen, ob die Behandlung lebensverlängernd<br />

sei. Frau S. stellte klar: „Ich will<br />

keine lebensverlängernden Maßnahmen,<br />

sondern bald sterben.“ Die Bewohnerin<br />

erzählte mir, dass sie sich in der Bauchregion<br />

unwohl und sehr aufgebläht fühlte.<br />

Ansonsten möchte sie bald sterben und<br />

„alles hinter sich haben“. Ich berührte zunächst<br />

mit leicht kreisenden Bewegungen<br />

den Bauch, nahm die Atembewegung auf<br />

und strich lösend in diesem Rhythmus.<br />

„So etwas Wohltuendes habe ich noch nie<br />

erlebt!“, sagte Frau S. Nach einiger Zeit<br />

wurde es ruhiger in dieser Körperregion.<br />

Sie konnte sich auf die Berührungen einlassen<br />

und nach innen spüren.<br />

Im Verlauf der nächsten Behandlungen gelang<br />

es Frau S., sich immer mehr anzuvertrauen,<br />

sie konnte sich darauf einlassen,<br />

berührt zu werden und zugleich berührt zu<br />

sein. Im Rückblick war sie mit ihrem Leben<br />

zufrieden und sehr dankbar, ihren<br />

Körper nicht nur ablehnend in Erinnerung<br />

zu haben, sondern trotz der Erkrankung<br />

noch ein angenehmes Körpergefühl wahrzunehmen.<br />

Die Arbeit mit dem Atem führt tief nach<br />

innen und spricht den Menschen immer<br />

in seiner Ganzheit an, auf allen Ebenen<br />

und mit seiner ganzen Geschichte. Dabei<br />

wird sowohl die körperlich-seelische, als<br />

auch die geistig-spirituelle Ebene angesprochen.<br />

Mein Anliegen ist es, die Be-<br />

33


wohner dort zu erreichen wo sie gerade<br />

stehen und sie auf ihrem Weg ein Stück zu<br />

begleiten. Das kann in den Bereichen<br />

Trauer, Wut, Angst, Atemnot, Verlust,<br />

Schmerzen oder auch Ablehnung des eigenen<br />

Körpers sein. Sanfte Berührungen,<br />

Streichungen, geführte Bewegungen und<br />

leichte Massagen wirken oft lösend, lindernd<br />

und entspannend. Während der<br />

Behandlungen geht es darum, vorhandene<br />

Atemressourcen zu integrieren. So kann<br />

Raum entstehen für eine bessere Körperwahrnehmung,<br />

Entspannung und<br />

Schmerzlinderung.<br />

Bereits vertraute Atemübungen können in<br />

Krisensituationen hilfreich und unterstützend<br />

sein.<br />

Die Begleitung von Herrn T. bestand zu<br />

Anfang aus kurzen Gesprächen und einer<br />

vorsichtigen Annäherung. Bei unserem<br />

dritten Treffen fand dann die erste Behandlung<br />

statt. Nach einer kräftigen Fußmassage<br />

wurde ich von Herrn T. gebeten,<br />

seine Hände ebenfalls zu massieren. Anschließend<br />

meinte er: „Ich kann mich endlich<br />

wieder spüren.“ Nach einem tiefen<br />

Seufzer schlummerte er ein wenig ein. Im<br />

Laufe der weiteren Behandlungen kommunizierten<br />

Atem und Hände in fließenden<br />

Streichungen und Massagen und über<br />

den ruhenden Kontakt der wärmenden<br />

Hände. Herr T. war bereits sehr abgemagert<br />

und betonte immer wieder, sehr darunter<br />

zu leiden. Die Berührungen und<br />

Streichungen ermöglichten es dem Bewohner,<br />

sich wieder besser zu spüren und<br />

wahrzunehmen. Er konnte sich immer<br />

mehr darauf einlassen, gehalten zu werden<br />

und zur Ruhe kommen. Sein Atem wurde<br />

ruhiger und konnte besser fließen.<br />

34<br />

Die Arbeit am und mit dem Atem ist bei<br />

Schwerkranken und Sterbenden nicht nur<br />

bei Atemnot indiziert, sondern bietet eine<br />

Möglichkeit, sich und den eigenen Körper<br />

mit der Erkrankung neu zu erfahren und<br />

anzunehmen. Dies ist aber nicht bei allen<br />

möglich. Einige Bewohner lehnen ab oder<br />

hören nach einigen Behandlungen wieder<br />

auf. Es kommt auch vor, dass die Palliative<br />

Atemtherapie erst in der letzten Lebensphase<br />

angenommen wird. Das kann ein<br />

Halten im Kopfbereich oder auch der Fußsohlen<br />

sein, ein Gehaltensein im Nieren-<br />

Beckenbereich oder aber der Ausatem wird<br />

mit sanften Streichungen begleitet.<br />

Meine dritte Begleitung, Frau G., lernte<br />

ich am Tag ihrer Ankunft im <strong>Hospiz</strong> kennen.<br />

Sie war der Atemarbeit gegenüber<br />

sehr offen und wir verabredeten uns gleich<br />

für eine Behandlung. Durch ihre Erkrankung<br />

war der Bauch sehr hart und die Beine<br />

waren angeschwollen. Die sanften Berührungen<br />

in der Bauchregion und an den<br />

Beinen empfand sie als harmonisierend<br />

und sagte: „In meinem Körper kommt alles<br />

wieder in Fluss.“<br />

Im Laufe der Behandlungen kamen weitere<br />

Körperregionen hinzu. Das Halten im<br />

Nieren-Beckenbereich ermöglichte es Frau<br />

G., die Rückseite ihres Körpers bewusster<br />

wahrzunehmen und Ängste bzw. Trauer im<br />

Hinblick auf den bevorstehenden Tod anzusprechen.<br />

Sie hoffte sehr darauf, noch<br />

einmal nach <strong>Haus</strong>e zu kommen, aber körperlich<br />

war das leider nicht mehr möglich.<br />

Wir machten eine Reise mit inneren Bildern<br />

durch Frau G.'s Wohnung und verabschiedeten<br />

die Räume. Bis zu meinem<br />

nächsten Besuch hatte sich ihr Gesundheitszustand<br />

weiter verschlechtert. Die Be-


wohnerin wollte „ein letztes Mal“ von mir<br />

berührt werden. Im Raum herrschte eine<br />

andere Stimmung als sonst. Ich machte<br />

sanfte Ausstreichungen und hielt längere<br />

Zeit ihre Fußsohlen. Ihr Atem wurde ganz<br />

ruhig. Im Anschluss sang ich mehrmals ein<br />

Mantra und wir ließen die Klänge in der<br />

Stille nachwirken. Frau G. verabschiedete<br />

sich mit leisen Worten: „Vielen Dank für<br />

den schönen Abschied, ich glaube, wir<br />

sehen uns hier nicht mehr.“ Als ich das<br />

nächste Mal kam, war Frau G. bereits verstorben.<br />

Meist bin ich zwischen drei und fünf<br />

Stunden im <strong>Hospiz</strong> und behandle vier bis<br />

sechs Bewohner. Die Behandlungseinheiten<br />

richten sich ganz nach den Möglichkeiten<br />

und Bedürfnissen des Einzelnen.<br />

Am Ende der Behandlungen tausche ich<br />

mich mit den Pflegefachkräften aus und<br />

gebe Beobachtungen und Eindrücke<br />

weiter, mit Ausnahme von vertraulichen<br />

Gesprächen.<br />

Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-<br />

Ross schrieb „Sterben ist nur ein Umziehen<br />

in ein anderes <strong>Haus</strong>.“ Für mich persönlich<br />

ist die Arbeit mit Schwerkranken<br />

und Sterbenden Menschen sehr kostbar<br />

und ich hoffe, noch viele Bewohner bei ihrem<br />

„Umzug in ein anderes <strong>Haus</strong>“ begleiten<br />

zu dürfen.<br />

Foto: Christiane Sarraj<br />

Zitat:<br />

„Wie ein Mensch stirbt, hängt davon ab, wie<br />

er gelebt hat. So verschieden das Leben der<br />

Menschen, so verschieden der Tod. In der<br />

Einstellung zum Tode spiegelt sich die Einstellung<br />

zum Leben. Wenn das Leben zu Ende<br />

geht, wird sichtbar, was einer unter „Leben“<br />

verstand und ob er letzten Endes mehr<br />

aus seinem himmlischen oder aus seinem irdischen<br />

Ursprung gelebt hat.“<br />

(Dürckheim, K., Vom doppelten Ursprung<br />

des Menschen, 2003, S.263)<br />

35


Seit 1.10.2009 arbeiten fünf Ärzte auf<br />

zweieinhalb Vollzeitstellen in unserem ambulanten<br />

Palliativteam. Die beiden Palliativmedizinerinnen<br />

Monika Lieb und Anette<br />

Wille und ich, waren von Anfang an mit<br />

dabei. Gemeinsam haben wir mit unserer<br />

Geschäftsführerin Angelika Westrich,<br />

Sepp Raischl, den Kollegen aus dem<br />

Pflege- und Sozialarbeiterteam, sowie mit<br />

tatkräftiger Unterstützung der Verwaltungskollegen,,<br />

die Aufgabe geschultert,<br />

die neue Versorgungsform „SAPV“ – wie<br />

folgend dargestellt – aus dem CHV in die<br />

Praxis umzusetzen.<br />

Das Gesetz zur Spezialisierten Ambulanten<br />

Palliativversorgung (SAPV) § 37b<br />

SGB V trat 2007 in Kraft und wird<br />

deutschlandweit seit 2009 in unterschiedlichen<br />

Modellen umgesetzt. Das Gesetz<br />

sichert „Versicherten mit einer nicht heilbaren,<br />

fortschreitenden und weit fortgeschrittenen<br />

Erkrankung bei einer zugleich<br />

begrenzten Lebenserwartung, die eine<br />

besonders aufwändige Versorgung benötigen,<br />

spezialisierte ambulante Palliativversorgung<br />

zu”. Diese wird von einem Vertrags-<br />

oder Krankenhausarzt verordnet<br />

und von den gesetzlichen Krankenkassen<br />

finanziert.<br />

Eine Optimierung der ambulanten palliativmedizinischen<br />

Patientenversorgung mit<br />

all ihren Facetten der multiprofessionellen<br />

Betreuung und achtsamen Begleitung war<br />

von Anbeginn die Motivation zur ärztli-<br />

36<br />

Ärzte im CHV-Team der Spezialisierten<br />

Ambulanten Palliativ-Versorgung – (SAPV)<br />

Von Christoph Fuchs<br />

chen Mitarbeit im CHV Team. Durch die<br />

langjährige ärztliche Berufserfahrung (aus<br />

Klinik oder Praxis) der Kollegen, gelang<br />

eine rasche Integration der Mediziner in<br />

das ambulante Palliativ-Team. Binnen<br />

kürzester Zeit konnte das neugeschaffene<br />

Team (bestehend aus den drei beteiligten<br />

Berufsgruppen Sozialarbeit, Pflege und<br />

Medizin) viele Palliativ-Patienten im gesamten<br />

Stadtgebiet Münchens in die Betreuung<br />

aufnehmen.<br />

Der Weggang zweier ärztlicher Mitstreiter<br />

aus erster Stunde – Edda Eckhofer und<br />

Jörg Augustin – nach wenigen Monaten<br />

war eine ziemliche Zerreißprobe für das<br />

gesamte SAPV-Team; musste doch die bereits<br />

große Zahl an Patienten weiter gut<br />

versorgt werden und der Ersatz eines erfahrenen<br />

Palliativarztes ist nach wie vor nicht<br />

einfach. Zudem wurde im Verlauf des<br />

ersten SAPV-<strong>Jahre</strong>s der enorme bürokratische<br />

Aufwand (Krankenkassenantragsverfahren,<br />

Dokumentation, Widerspruchsverfahren,)<br />

erst so richtig evident.<br />

Mittlerweile ist das Team wieder in ruhigerem<br />

Fahrwasser angekommen; mit der<br />

Einstellung der erfahrenen ärztlichen<br />

Kollegen Rebekka Ammon (Teilzeit)und<br />

Holger Wegner (Vollzeit) hat das Team seit<br />

der 2. <strong>Jahre</strong>shälfte 2010 eine deutlich stabilere<br />

Struktur erhalten.<br />

Was sind nun typisch ärztliche Aufgaben<br />

in einem ambulanten Palliativteam?


Es sind zumeist nicht die typischen Klischee-Einsätze<br />

des invasiven Doktors, der<br />

in Blaulicht-Manier ausrückt, um mit<br />

technischen Hilfsmitteln Symptomlinderung<br />

zu bewirken. Tatsächlich können<br />

wir dank einfacher diagnostischer Unterstützung<br />

(z.B. tragbares Ultraschallgerät)<br />

entlastende Maßnahmen ärztlicherseits<br />

durchführen und dadurch belastende Klinikeinweisungen<br />

vermeiden helfen. Die<br />

Mehrzahl unserer ärztlichen Einsätze besteht<br />

allerdings größtenteils aus Kommunikation<br />

und Kommunikation und wieder<br />

Kommunikation – wie meistens in der palliative<br />

care!<br />

Die Herausforderung in den Erstkontakten<br />

mit unseren Patienten besteht häufig<br />

darin, herauszuarbeiten, worum es eigentlich<br />

geht; hierbei merken wir Ärzte und<br />

Pflegende oft, dass gar nicht die körperliche<br />

Symptomkontrolle den Kern des palliativen<br />

Auftrags darstellt. Häufig begegnen<br />

wir großen psychosozialen Ängsten<br />

und Nöten in der Existenzkrise „schwerstkrank-sein“<br />

und „sterben-wollen in häuslicher<br />

Umgebung“, die unsere gesamte<br />

CHV-Teamexpertise (mit all seinen Beteiligten<br />

wie <strong>Hospiz</strong>helfern, Atem-/Kunsttherapeuten,<br />

Trauerbegleitung) benötigen.<br />

Eine typische ärztliche Aufgabe stellt die<br />

exakte diagnostische Einschätzung des<br />

Krankheitsbildes sowie die Erstellung des<br />

zumeist medikamentösen Behandlungsplanes<br />

dar. Die leider nach wie vor häufig<br />

fehlende palliative care-Expertise in vielen<br />

Kliniken und mangelhaftes Entlassmanagement<br />

bedeutet für uns nicht selten einen<br />

erheblichen logistischen Aufwand für die<br />

Verordnung der erforderlichen Medikamente<br />

und Hilfsmittel für den individuel-<br />

len Patienten. Die Absprache mit niedergelassen<br />

Ärzten (<strong>Haus</strong>ärzten, Tumorspezialisten,<br />

Neurologen) hat sich erfreulicherweise<br />

in unserer Münchner Region als<br />

wenig problematisch herausgestellt und ist<br />

ebenso eine Kernaufgabe unserer Palliativmediziner.<br />

Da wir als Palliativmediziner eines<br />

SAPV-Teams noch keinen strengen<br />

Arzneimittel-Budgetvorgaben unterworfen<br />

sind, können wir für niedergelassene<br />

Ärzte in der Verordnungspraxis von Medikamenten<br />

sogar eine Entlastung darstellen.<br />

Die fehlende Verfügbarkeit der gewünschten,<br />

vertrauten Ärzte / Pflegenden / Therapeuten<br />

/ Experten an Wochenenden,<br />

Feiertagen oder nachts bedeutet für<br />

Schwerstkranke und deren Angehörige<br />

häufig eine erhebliche Belastung – mit<br />

Ängsten vor belastenden Maßnahmen wie<br />

Klinikeinweisungen durch unerfahrene<br />

Notdienstärzte, die mit den schweren<br />

Krankheitsbildern bei Krebs oder neurologischen<br />

Krankheitsbildern bzw. deren<br />

Therapie nicht vertraut sind. Durch unsere<br />

24-Stunden-Rufbereitschaft für die<br />

Patienten in der sogenannten Teilversorgungs-Stufe<br />

(der SAPV-Verordnung) können<br />

wir zu einer erheblichen Entlastung<br />

unser Patientensorgen beitragen; häufig<br />

trägt allein die Sicherheit, im Krisenfall<br />

nur einfach anrufen zu können, zur psychischen<br />

Erleichterung und Stabilisierung<br />

der Situation bei.<br />

Diese Interventionsmöglichkeiten im multiprofessionellen<br />

Team haben es uns ermöglicht,<br />

den größten Teil unserer betreuten<br />

Patienten (über 80%) zuhause bis zu<br />

deren Tod zu begleiten. Damit erreichen<br />

wir sehr häufig die Umsetzung unseres Behandlungsauftrages<br />

und können dem<br />

37


meist geäußerten Wunsch, zuhause, in<br />

„guter“ Symptomkontrolle sterben zu<br />

können, gerecht werden.<br />

Das Abgleichen unserer Patienten-Erfahrungen<br />

aus <strong>Haus</strong>besuchen, Telefonaten,<br />

etc. erfordert eine regelmäßige Teambesprechung<br />

(1 mal pro Woche) sowie individuelle<br />

Therapiebesprechungen der beteiligten<br />

Mitarbeiterinnen – was angesichts<br />

der 4 Teilzeitärzte nicht immer einfach<br />

umzusetzen ist, aber dank moderner Telekommunikation<br />

meist doch gelingt. Die<br />

große Zahl unserer betreuten Schwerstkranken<br />

mit all ihren Problemen können<br />

wir als Team nur wirklich „gut“ begleiten,<br />

indem auch wir Mediziner uns 4-6-wöchig<br />

einer externen Team-Supervision „stellen“.<br />

Durch regelmäßige Durchführung von<br />

Fort-und Weiterbildungen (u.a. Teilnahme<br />

an <strong>Haus</strong>ärzte-Qualitätszirkeln, Vorträgen<br />

an der <strong>Christophorus</strong>-Akademie im Rahmen<br />

des Münchner Palliativforums und<br />

weiterer CHV-Fortbildungen) versuchen<br />

wir Ärzte, unseren Teil beizutragen zur<br />

38<br />

Foto: Christiane Sarraj<br />

Verbesserung eines Münchner Palliativund<br />

<strong>Hospiz</strong>-Netzwerkes zugunsten einer<br />

verbesserten Patientenversorgung. Aufgrund<br />

der sehr „geringen“ Arbeitszeiten (4<br />

von 5 Ärzten in 50% -Teilzeit bzw. Honorar-Arzttätigkeit)<br />

und weiterer Verpflichtungen<br />

bleibt leider wenig Zeit, sich im<br />

<strong>Verein</strong> zu „zeigen“. Im Rahmen der CHV-<br />

Veranstaltungen (z.B. Gedenkfeiern, <strong>Hospiz</strong>helfertage)<br />

versuchen wir dennoch,<br />

über unsere SAPV-Mannschaft hinaus einen<br />

CHV-internen Dialog zu pflegen.<br />

Die zuweilen vorgetragene Sorge, dass<br />

durch eine Professionalisierung der<br />

<strong>Hospiz</strong>-und Palliativversorgung die Qualität<br />

der Patientenbegleitung substantiell<br />

verändert oder verschlechtert würde, glauben<br />

wir durch unsere SAPV-Teamarbeit<br />

im CHV ein Stück entkräften zu können.<br />

Auf eine gute weitere Teamarbeit!<br />

Ihre CHV-Ärzte von links nach rechts:<br />

Holger Wegner, Monika Lieb, Anette Wille,<br />

Rebekka Ammon, Christoph Fuchs.


Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong><br />

Wenn ich erzähle, dass ich als Krankenschwester<br />

im <strong>Hospiz</strong> arbeite, treffe ich<br />

meist auf ganz gegensätzliche Reaktionen:<br />

– Entweder auf eine verklärte Vorstellung<br />

des <strong>Hospiz</strong>es als einen Ort, in dem Menschen<br />

in den Armen der Lieben friedlich<br />

und bewusst einschlafen. Oder – und das<br />

ist häufiger – das <strong>Hospiz</strong> als einen beängstigenden,<br />

hoffnungslosen Ort am Rande<br />

des Lebens, den man gerne verdrängt, weil<br />

er zu sehr an die eigene Sterblichkeit und<br />

Angst rührt.<br />

Mein Eindruck ist, dass das Leben kurz vor<br />

dem Tod sehr intensives Leben ist, das in<br />

gewisser Weise ein Leben widerspiegelt.<br />

Auch wenn es in den Zimmern der Bewohner<br />

oft still ist, ist die Präsenz von Emotionen,<br />

Gerüchen und Krankheitssymptomen<br />

laut. Der Alltag aller beteiligten Berufsgruppen<br />

ist geprägt von Bemühungen, um<br />

die oft akut wechselnden Zustände, zunehmende<br />

Einschränkungen der Bewohner<br />

und die Auswirkungen auf die Angehörigen<br />

zu lindern. Symptome, wie Schmerzen,<br />

Atemnot, Übelkeit und Erbrechen, können<br />

wir oft kontrollieren. Mit anderen Krankheitsfolgen,<br />

wie nur beispielsweise Verwirrtheit,<br />

Inkontinenz, Schluckstörungen<br />

und Mobilitätsverlust, muss der Bewohner<br />

irgendwie leben. Für viele eine schwierige<br />

Aufgabe, die mit Krisen, sowohl bei den<br />

Bewohnern als auch bei den Angehörigen,<br />

einhergeht. Dabei gerät manches Familiengefüge<br />

ins Wanken, familiäre Zerwürfnisse<br />

lösen sich angesichts des Todes nicht auf,<br />

sondern kommen deutlich ans Licht.<br />

Von Katharina Keitel<br />

Rundum eine Extremsituation, die von den<br />

Mitarbeitern eine Vielzahl an Fähigkeiten<br />

abverlangt:<br />

Soziales, medizinisches, organisatorisches<br />

Können und ein gutes Zeitmanagement, da<br />

wir oft unter Zeitdruck arbeiten müssen.<br />

Als besondere Herausforderung erfahre<br />

ich, emotional die stabile Mitte zu finden:<br />

Sich nicht von Emotionen überschwemmen<br />

zu lassen, aber auch nicht hinter einer<br />

Fassade der Professionalität einzufrieren.<br />

Neben fachlicher Kompetenz fühle ich<br />

mich als Mensch gefordert, der Empathie,<br />

Offenheit, Zeit und Hoffnung mitbringt,<br />

weil vielen gerade Angst und Hoffnungslosigkeit<br />

das Sterben erschwert. Dabei meine<br />

ich nicht die Hoffnung, die in einem religiösen<br />

Bekenntnis Ausdruck findet, sondern<br />

Hoffnung als ein helles, offenes und<br />

positives Lebensgefühl.<br />

Foto: Christiane Sarraj<br />

39


Ich werde gefragt: Wie kannst Du dort arbeiten,<br />

wo es keine Hoffnung gibt, weil alle<br />

sterben? – Hier gibt es Hoffnung. Hier<br />

sterben Menschen mit Hoffnung, die bis<br />

zuletzt dankbar sein können und sich freuen,<br />

wenn ein Mensch sich Zeit für sie<br />

nimmt. Krankheit und Tod sind kein Argument<br />

für sie, Hoffnung und Freude aufzugeben.<br />

Obwohl sie vielleicht auch<br />

schwere Krisen durchleben, bemühen sie<br />

sich aktiv, positiv zu bleiben, und suchen<br />

den Kontakt mit ihrer Umgebung. Mein<br />

Eindruck ist, dass sie dadurch für Hilfe zugänglicher<br />

sind, und dass ihre Hoffnung<br />

ihnen das Sterben erleichtert.<br />

Andere Bewohner erwecken den Eindruck<br />

wenig Hoffnung zu sehen, obwohl sie vielleicht<br />

noch über viele Fähigkeiten verfügen,<br />

sie noch Kinder und Partner haben<br />

und auf ein erfolgreiches Leben zurückblicken<br />

können. Trotzdem sehen sie nur,<br />

dass sie bis zum Tod unentwegt Verluste<br />

erleiden. Viele von ihnen sollen vor der<br />

Krankheit positiv gewesen sein, aber die<br />

Hoffnung habe dem Leid nicht standhalten<br />

können. Es sei einfach viel zu viel gewesen.<br />

Ein Mensch, der die Hoffnung aufgegeben<br />

hat, scheint mir für Trost und<br />

Hilfe weniger empfänglich zu sein. Durch<br />

meine Arbeit erkenne ich klarer, dass ein<br />

als erfüllt empfundenes Leben nicht abhängig<br />

ist von äußeren Umständen, sondern<br />

wie sich ein Mensch in seinem Leben<br />

verhält – bis zuletzt. So gesehen ist das<br />

Sterben eine große Herausforderung, die<br />

letzte Aufgabe im Leben. Sie wird geprägt<br />

von der Art und Weise, wie man das Leben<br />

gelebt hat, wie man gelernt hat, mit<br />

Verlusten und unerfüllten Wünschen umzugehen,<br />

trotz Schwierigkeiten zu vertrauen<br />

und der Zukunft hoffnungsvoll zu be-<br />

40<br />

gegnen, oder ob man sich resigniert zurück<br />

zog.<br />

Mir fällt eine ältere Frau ein, die ich während<br />

eines Nachtdienstes betreute. Ihr Bewusstsein<br />

war schon eingetrübt, die Atemgeräusche<br />

klangen angestrengt. Schon<br />

einige Male wurde sie als „final“ übergeben,<br />

d.h. wir glaubten, dass sie bald gehen<br />

würde. – Aber das tat sie nicht. Sie schien<br />

schwer zu kämpfen und kein Medikament,<br />

keine Maßnahme half wirklich. Ich<br />

bat eine Kollegin in der Nacht um Hilfe<br />

und gemeinsam setzten wir uns zu ihr, was<br />

unsere Zeit eigentlich nicht zuließ. Als wir<br />

dann eine Weile so dasaßen, meinten wir<br />

deutlich zu hören, dass sie unter starken<br />

seelischen Schmerzen litt. Da war etwas<br />

wie ein großer dunkler Stein auf der Brust<br />

gegen den sie kämpfte, gegen den sie atmete.<br />

Obwohl ich nichts von ihr wusste<br />

und nicht mit ihr kommunizieren konnte,<br />

hatte ich doch das Gefühl einer starken<br />

Begegnung. – Sie starb schließlich einige<br />

Tage später. Wir konnten das Problem am<br />

Ende des Lebens nicht mehr lösen, sondern<br />

nur so gut wie möglich palliativ ummanteln.<br />

Später erzählte man uns, dass sie als Kind<br />

traumatisierende Erfahrungen gemacht<br />

habe, von denen sie sich nie hat befreien<br />

können. Bis zuletzt habe sie unter schwersten,<br />

therapieresistenten Depressionen gelitten<br />

und sei tief unglücklich gewesen. Ihre<br />

Betreuerin meinte, dass die Verstorbene<br />

immer wieder gesagt habe: „Ich habe nicht<br />

gelebt, ich lebe nicht!“. Dieses Lebensgefühl<br />

war im Sterben präsent.<br />

Ich denke auch an einen sehr alten Mann in<br />

einem Nachtdienst, der bereits sechzig <strong>Jahre</strong>


verheiratet war und dessen Krebserkrankung<br />

man erst vor wenigen Wochen entdeckt<br />

hatte. Er war erst am Vormittag gekommen,<br />

geistig wach, aber aufgrund<br />

seiner Schmerzen bewegungsunfähig. Seine<br />

Frau bat darum, bei ihm übernachten zu<br />

können und schlief am späten Abend auf<br />

dem Gästebett ein. Als sie eingeschlafen<br />

war, wurde er sehr unruhig und wirkte abwesend.<br />

Ich wollte ihn lagern, aber er war so<br />

angespannt, dass ich ihn nicht bewegen<br />

konnte. Als ich ihn bat etwas locker zu lassen<br />

um ihn auf die Seite drehen zu können,<br />

war er mit seiner Aufmerksamkeit ganz da<br />

und drehte sich plötzlich mit aller Kraft auf<br />

die Seite, was ihm Anstrengung und<br />

Schmerz bereitete. Mich hat es getroffen zu<br />

sehen, was er auf sich nahm, um keine Mühe<br />

zu bereiten. Bei meinem nächsten Rundgang<br />

bemerkte ich an den Veränderungen<br />

seiner Atmung und seiner Haut, wie nah er<br />

dem Tod war. Ich konnte deutlich Angst<br />

wahrnehmen, als würde er den Tod vor sich<br />

sehen. Mein Eindruck war, dass er sich mit<br />

großem Mut seiner Angst stellte und entschlossen<br />

ins Unbekannte ging. – Nur eine<br />

Stunde später ist er gestorben.<br />

Foto: Christiane Sarraj<br />

Als ich dann seine Frau weckte, war sie voller<br />

Trauer, aber noch größer war die Dankbarkeit<br />

ihm gegenüber und das Bewusstsein,<br />

das Geschenk eines erfüllten Lebens<br />

mit ihm empfangen zu haben. Sie erzählte<br />

lange von ihrer Ehe, wie sie ihn mit 19 geheiratet<br />

hat, und wie freundlich und aufrichtig<br />

er gewesen sei. Ich glaube, dass diese<br />

Eigenschaften ihm halfen, im Sterben<br />

nicht zu resignieren.<br />

Eine positive Lebenshaltung erleichtert das<br />

Leben und das Sterben, denke ich. Die<br />

Zuwendung z.B. der Angehörigen, der<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer und aller <strong>Hospiz</strong>-Mitarbeitenden<br />

begleiten und unterstützen die<br />

Menschen im Sterbeprozess. Sie tragen<br />

dazu bei, dass sich die Sterbenden angenommen<br />

fühlen und mit mehr Vertrauen<br />

loslassen können. Ihr einfühlsamer, wertschätzender<br />

und kompetenter Umgang ist<br />

nicht zu unterschätzen.<br />

Trotz der großen Herausforderung als<br />

Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong> bin ich dankbar<br />

für diese Arbeit, in der ich so viel über<br />

das Sterben und das Leben lernen darf.<br />

41


42<br />

Kursbuch Ehrenamt<br />

Begleitung – Klientel, sterbende Angehörige und Freunde<br />

Wer ist Angehöriger?<br />

Auf den ersten Blick scheint die Definition,<br />

wer ein Angehöriger ist, ganz einfach.<br />

Das sind primär all die Menschen, die<br />

durch familiäre Verwandtschaft als Großeltern,<br />

Eltern, und Kinder zu einer direkten<br />

Familie gehören. Oft spricht man von<br />

den Blutsverwandten, im Erbrecht von<br />

den Angehörigen in direkter Linie. Im Alltag<br />

schließen wir selbstverständlich und<br />

fast in erster Linie die Ehepartner als Angehörige<br />

mit ein.<br />

In den letzten <strong>Jahre</strong>n hat sich der Begriff<br />

der Angehörigkeit allmählich erweitert.<br />

Durch Patchwork-Familien, d.h. Partner,<br />

die in zweiter oder dritter Ehe jeweils mit<br />

Kindern aus vorhergehenden Ehen eine<br />

neue gemeinsame Lebensgemeinschaft begründen,<br />

durch gleichgeschlechtliche Lebens-Partnerschaften<br />

oder enge Freunde<br />

ist die Zuschreibung, wer Angehöriger ist,<br />

individueller und subjektiver geworden.<br />

Angehörigkeit wird aus der Perspektive<br />

desjenigen definiert, der einem anderen<br />

Menschen diese Zuschreibung erteilt.<br />

Um mit dem engen Begriff der Angehörigkeit,<br />

der an ein bestehendes Rechtsverständnis<br />

gekoppelt ist, besser umgehen zu<br />

können, verwenden wir heute häufiger den<br />

Begriff der Zugehörigkeit. Im Englischen<br />

sprechen wir von den „loved ones“, einem<br />

Ausdruck, der die Angehörigkeit deutlich<br />

auf die Gefühlsebene erweitert. Wir wis-<br />

Von Gerda Graf<br />

sen, dass diese erweiterte Gruppe von Angehörigen<br />

respektive Zugehörigen gerade<br />

bei der Begleitung sterbender Menschen<br />

hohe Wichtigkeit erlangt.<br />

Im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen<br />

gehen Menschen häufig und ganz<br />

selbstverständlich davon aus, dass sie, zumal<br />

als direkte Angehörige, Entscheidungen<br />

für ihren kranken Menschen treffen<br />

können, dass der Arzt mit ihnen die<br />

Krankheit des Partners, der Ehefrau bespricht<br />

und den weiteren Verlauf mit ihnen<br />

entscheidet. Das ist aber nur dann<br />

möglich, wenn diese Angehörigen oder andere<br />

Menschen denen man Vertrauen entgegenbringt,<br />

beispielsweise in einer Patientenverfügung,<br />

als Bevollmächtige benannt<br />

wurden. Nur einem Bevollmächtigten gegenüber<br />

darf ein Arzt seine Schweigepflicht,<br />

die er für seinen Patienten hat, brechen.<br />

Allerdings kann der Patient, solange<br />

er sich dazu äußern kann, jederzeit seinen<br />

Arzt von dieser Schweigepflicht befreien.<br />

Bei Rechtsgeschäften, zum Beispiel mit einer<br />

Bank, reicht eine normale Bevollmächtigung<br />

in aller Regel nicht aus. Hier sollte<br />

man frühzeitig gemeinsam mit dem Anbzw.<br />

Zugehörigen gemeinsam zur Bank<br />

gehen und eine Kontovollmacht, ggf. über<br />

den Tod hinaus, hinterlegen.<br />

Bei allen Beschreibungen über hospizliche<br />

Begleitungen werden selbstverständlich sowohl<br />

die kranken Menschen als auch ihre


Angehörigen in einem Atemzug als Adressaten<br />

dieser Fürsorge genannt. Erfahrungsgemäß<br />

sind Angehörige oftmals die Bedürftigeren<br />

im Gegensatz zum Patienten.<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer, aber auch Krankenpflegerinnen<br />

und Sozialpädagogen, Theologen und<br />

Trauerbegleiter beschreiben häufig, dass sie<br />

sich mehr um die Angehörigen kümmern<br />

müssen als um den Patienten. Und dieses<br />

„mehr“ bezieht sich nicht nur auf die Zeit,<br />

sondern auch auf die Intensität.<br />

Patienten leben in und mit ihrem kranken<br />

Körper und wissen oft sehr genau um ihre<br />

Situation. Angehörige wollen ihnen helfen,<br />

sind ängstlich, haben wenig Vorstellungen,<br />

was sie für ihren Kranken tun können<br />

und fühlen sich hilflos. Dazu kommt<br />

das Gefühl, überfordert zu sein, nicht<br />

mehr zu können, es nicht mehr auszuhalten.<br />

Oft haben Angehörige eine lange Zeit<br />

der vorhergehenden Pflege übernommen<br />

und sind nun selbst krank oder erschöpft.<br />

Sie verstehen die Fachsprache des Arztes,<br />

der ihnen die Situation ihres schwerkranken<br />

Angehörigen erklärt, zu wenig und<br />

können sich nicht damit abfinden, nur wenig<br />

für ihn tun zu können.<br />

Begleitung für diese Angehörigen bedeutet<br />

dann, ihnen die jeweilige Situation, in der<br />

sich der Kranke befindet, so zu erklären,<br />

dass sie sie verstehen. Ihnen Handgriffe zu<br />

zeigen, die den Kranken entlasten, ihm gut<br />

tun und bei denen der pflegende Angehörige<br />

weiß, dass er damit nichts „falsch“ machen<br />

kann. Begleitung der Angehörigen<br />

heißt aber auch, ihre Überlastung, ihre<br />

Angst, ihre Wut, ihre Ohnmacht und ihre<br />

Foto: Christiane Sarraj<br />

Verzweiflung zu spüren, sie verständnisvoll<br />

und wertungsfrei anzusprechen und ihnen<br />

das Recht zuzugestehen, auch an sich<br />

selbst denken zu dürfen.<br />

Im großstädtischen Umfeld erleben wir gelegentlich,<br />

dass die Rolle der Angehörigen<br />

durch Freunde ersetzt wird. Sei es, dass es<br />

keine oder keine greifbaren Angehörigen<br />

gibt, sei es, dass es eine bewusste Entscheidung<br />

eines Menschen ist, sich eine „Ersatzfamilie“<br />

zu schaffen. Dieser Freundeskreis<br />

kann erstaunlich stabil und verlässlich<br />

funktionieren und übernimmt im besten<br />

Fall auch die Begleitung und Fürsorge in<br />

schwerer Krankheit bis hin zum Tod.<br />

Selbstverständlich müssen auch diese<br />

Freunde in die Begleitung der Begleiter<br />

und Angehörigen eingeschlossen werden.<br />

Die Koordinationsfachkräfte ambulanter<br />

<strong>Hospiz</strong>- und Palliativdienste können so,<br />

ggf. durch eine zeitlich geregelte Abfolge<br />

der Anwesenheit dieses Freundeskreises,<br />

auch Alleinstehenden ein Sterben daheim<br />

ermöglichen.<br />

43


44<br />

<strong>Christophorus</strong> – Christusträger und Nothelfer<br />

Der Schutzpatron der Autofahrer ist einer<br />

der Vierzehn Nothelfer. Viele Legenden<br />

ranken sich um sein Leben, ob er aber tatsächlich<br />

als Märtyrer gestorben ist, konnte<br />

historisch nicht belegt werden. Deshalb<br />

wurde er 1962 aus der Liste der kanonischen<br />

Heiligen der katholischen Kirche gestrichen.<br />

Die Christophoroslegende (griechisch<br />

„Christusträger“) entstand im<br />

13.Jahrhundert: Anstelle eines Fährmanns<br />

trug <strong>Christophorus</strong> Menschen über einen<br />

Fluss. Eines Tages nahm er ein Kind auf<br />

die Schultern, das so schwer war, dass es<br />

ihn unter Wasser drückte. Dieses Kind<br />

Von Uve Hirsch<br />

Oben: Elias Lenker, Pokal, um 1628, Augsburg<br />

Links: Hieronymus Bosch, <strong>Christophorus</strong> mit dem<br />

Jesukind, um 1496


war Christus, der ihn auf diese Weise taufte.<br />

Die sogenannte „Legenda Aurea“ des<br />

Jacobus de Voragine hatte außergewöhnlichen<br />

Einfluss. <strong>Christophorus</strong> wurde<br />

Kult. Luther sah in ihm eine Allegorie des<br />

Christenmenschen. Sein Bildnis sollte vor<br />

unvorbereitetem Tod schützen, <strong>Hospiz</strong>e,<br />

Pilgerhäuser, Bruderschaften wurden nach<br />

<strong>Christophorus</strong> benannt, das Motiv des<br />

Christusträgers wurde unzählige Male<br />

künstlerisch dargestellt.<br />

Nicht zuletzt heißt nach dem ersten<br />

modernen, 1967 in London eröffneten<br />

<strong>Hospiz</strong> St.Christophers unser <strong>Hospiz</strong><br />

„<strong>Christophorus</strong> <strong>Haus</strong>“.<br />

Oben: J.M. Feichtmayr,<br />

<strong>Christophorus</strong>,um 1610<br />

Basilika Vierzehnheiligen<br />

Links: Konrad Witz <strong>Christophorus</strong><br />

um 1436<br />

45


Aus dem <strong>Verein</strong><br />

Eine Flut von Bewerbungen, nämlich exakt<br />

82, erreichte uns, als wir die Nachbesetzung<br />

der Geschäftsführung im CHV<br />

und der <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> Verwaltungs<br />

GmbH in zwei großen Tageszeitungen<br />

und im Internet ausgeschrieben<br />

hatten. Unser Vorstand hatte alle Hände<br />

voll zu tun, diese Bewerbungen zu bearbeiten,<br />

zu kategorisieren, wieder zu lesen,<br />

sich auf ein erstes und zweites Ausschlussverfahren<br />

zu verständigen, die potentiellen<br />

Bewerber zu Gesprächen einzuladen,<br />

eine zweite Vorstellungsrunde<br />

zu organisieren und sich schließlich für<br />

eine Person zu entscheiden. Dann mussten<br />

die vertraglichen Dinge geklärt und<br />

abgestimmt werden und endlich stand<br />

fest, wer die Geschäftsführung nach meinem<br />

Ausscheiden übernehmen wird,<br />

nämlich Herr Leonhard Wagner.<br />

Herr Wagner kennt uns aufgrund seines<br />

Interesses für die <strong>Hospiz</strong>arbeit. Vor einigen<br />

<strong>Jahre</strong>n hat er ein Grundseminar bei<br />

uns besucht und arbeitet heute als Geschäftsführer<br />

eine Einrichtung der Lebenshilfe.<br />

Er wird Ihnen selbst noch genauer<br />

erzählen, was ihn dazu veranlasst<br />

hat, sich bei uns zu bewerben, wie er sich<br />

die Gestaltung seines Amtes vorstellt und<br />

was er für Pläne für den CHV hat. Im<br />

Januar 2012 wird er seinen Dienst bei<br />

uns antreten.<br />

Von der Planung einer vorgesetzten Fassade<br />

für unser <strong>Haus</strong> habe ich Ihnen bereits<br />

im letzten Heft erzählt. Mittlerweile<br />

sind wir mitten in einer Großbaustelle –<br />

jedenfalls sieht es so ähnlich aus. Mit einem<br />

ausgetüftelten Bauzeitenplan ver-<br />

46<br />

suchen wir, unvermeidbare Geräuschbelästigungen<br />

auf ein Minimum zu reduzieren<br />

und sie so zu verteilen, dass unsere<br />

Bewohner nicht zu sehr darunter leiden<br />

müssen. Immer wieder ergeben sich unvorhersehbare<br />

Verzögerungen, so dass wir<br />

derzeit hinter dem ursprünglichen Fertigstellungstermin<br />

herhinken. Der regnerische<br />

Sommer tat das Seine dazu – Beton-<br />

und Abdichtungsarbeiten mussten<br />

gelegentlich verschoben werden. Aber<br />

man kann sich inzwischen vorstellen, wie<br />

das Ganze aussehen wird. Die Kollegen<br />

berichten bereits jetzt von einem deutlich<br />

verringerten Geräuschpegel in den Bewohnerzimmern.<br />

Wenn erst die Außenanlagen<br />

wieder hergestellt sind, die entfernte<br />

Bäume und Büsche neu gepflanzt<br />

und der Blauregen im nächsten Jahr an<br />

der neuen Fassade rankt, werden die Beschwerlichkeiten<br />

des Baues schnell vergessen<br />

sein. Das ist ähnlich wie beim<br />

Kinderkriegen: Wenn alles vorbei ist, ist<br />

es nur noch schön.<br />

Im Juni gelang es uns, trotz des Baustellentrubels,<br />

ausreichend Platz für unser<br />

jährliches Sommerfest im Garten zu<br />

schaffen. Mit dem Gospelchor „al dente“,<br />

der von einer Bogenhausener Kinderärztin<br />

geleitet wird, bekamen wir eine<br />

fröhliche musikalische Ausgestaltung des<br />

Nachmittags. Mit einer Glaskünstlerin<br />

fertigten die Gäste aus vielen kleinen<br />

Glasstückchen eine große bunte Glasscheibe,<br />

die gebrannt wurde. Nun soll sie<br />

noch in eine Metallfassung, damit wir sie<br />

sturmsicher im Garten verankern können.<br />

Sepp Raischl beschäftigte die Gast-<br />

Kinder mit einem Bauernschach. Trotz-


dem war es unseren jungen Besuchern<br />

langweilig, weil „ja fast keine Kinder da<br />

waren“.Und sie hatten mit Ihrer Kritik<br />

recht. Es ist nicht einfach, kleine Kinder<br />

für ein Sommerfest im <strong>Hospiz</strong> zu begeistern.<br />

Die Kinder unserer Kollegen sind<br />

entweder selbst knapp erwachsen oder<br />

noch zu klein, um spielend dabei zu sein.<br />

Mit gelben Bändern, die wir an Besucher<br />

und Mitarbeiter austeilten und die an die<br />

Zweige der Felsenbirne beim „Fluss der<br />

Erinnerung“ gebunden wurden, bezeugten<br />

alle Sommerfestgäste ihre Solidarität<br />

mit unseren kranken und sterbenden<br />

Menschen. Immer wenn ich jetzt in den<br />

Garten gehe und die gelben Bändchen<br />

flattern sehe, schicke ich einen gedanklichen<br />

Gruß zu ihnen.<br />

Entsprechend dem Motto: Ein Mann soll<br />

ein <strong>Haus</strong> bauen, einen Sohn zeugen und<br />

einen Baum pflanzen habe ich beim<br />

Sommerfest zwar keinen Baum, aber dafür<br />

einen Rosenstrauch in den <strong>Hospiz</strong>garten<br />

gepflanzt. Das <strong>Hospiz</strong>-<strong>Haus</strong> ist<br />

gebaut, die Tochter gezeugt – also alle<br />

drei Aufgaben erfüllt. Ich hoffe, dass in<br />

den nächsten <strong>Jahre</strong>n meine Kollegen daran<br />

denken, die Rose zu schneiden, zu<br />

wässern und gelegentlich zu düngen und<br />

ihr so ein langes und prächtig blühendes<br />

Leben ermöglichen.<br />

Unsere Abendvortragsreihe im Bayerischen<br />

Kunstgewerbeverein anlässlich einer<br />

Ausstellung über künstlerisch gestaltete<br />

Urnen, Trauerschmuck und Särge,<br />

die teilweise vorher als Schrank, Regal<br />

oder Truhe zu verwenden sind, war ein<br />

voller Erfolg. Die Besucher saßen ohne<br />

Murren teilweise auf Postkisten und umgedrehten<br />

Papierkörben, weil der Platz<br />

und die vorhandenen Stühle in den schönen<br />

Verkaufs- und Ausstellungsräumen<br />

nicht mehr ausreichten. Es entspannen<br />

sich interessante Gespräche mit den Besuchern<br />

und wir haben Menschen mit<br />

unserer <strong>Hospiz</strong>idee erreicht, die uns bisher<br />

noch nicht gekannt haben.<br />

Ein großes Besucherinteresse erwarten wir<br />

auch bei der Ausstellung „Ein Koffer für<br />

die letzte Reise“, die die Erzdiözese in Kooperation<br />

mit uns und anderen Einrichtungen<br />

in der ehemaligen Karmeliterkirche<br />

veranstaltet. Ein Rahmenprogramm<br />

mit ca. 30 zusätzlichen Veranstaltungen<br />

wird viele Besucher ansprechen und möglicherweise<br />

werden Sie bei ihrem Besuch<br />

den ein- oder anderen unserer <strong>Hospiz</strong>helfer<br />

entdecken, die sich ehrenamtlich für<br />

die Standbesetzung im Rahmen der Ausstellung<br />

gemeldet haben.<br />

Mit meinem Beitrag „Aus dem <strong>Verein</strong>“<br />

verantworte ich ein letztes Mal dessen<br />

Inhalt. Ab der nächsten Ausgabe wird Sie<br />

Herr Wagner über die kleinen und größeren<br />

Ereignisse rund um den CHV informieren.<br />

Mir bleibt es, Ihnen für alles,<br />

was Sie für uns getan haben, sehr herzlich<br />

zu danken und auf Wiedersehen zu sagen.<br />

Alles Gute für Sie.<br />

Ihre Angelika Westrich<br />

47


Stifterkreis<br />

Stellung beziehen und Verantwortung<br />

übernehmen sind zwei herausragende Eigenschaften,<br />

die Stifter kennzeichnen. Mit<br />

ihrer Stiftung bekennen sie sich zu einer<br />

Sache, die ihnen so wichtig ist, dass sie zumindest<br />

einen größeren Teil ihrer Gelder<br />

in eine Stiftung legen. Gleichzeitig handeln<br />

sie verantwortlich, weil ihr Engagement<br />

ein andauerndes ist und auch dann<br />

noch wirkt, wenn die Stiftergründer längst<br />

verstorben sind. Deshalb müssen sie Regelungen<br />

treffen, die die Verwaltung und Betreuung<br />

ihrer Stiftung nachhaltig sicherstellen.<br />

Im Rahmen unseres Stifterkreises kann das<br />

z.B. an den Vorstand des <strong>Verein</strong>s delegiert<br />

werden, wenn es keine familiären oder betrieblichen<br />

Nachfolger gibt. Damit ist sichergestellt,<br />

dass die Stiftung in ihrem Sinne<br />

weitergeführt wird und frei werdende<br />

Mittel ausschließlich dem Zweck zufließen,<br />

den die Stifter fördern wollten. Ein<br />

Vorteil der Stiftungsgründung zu Lebzeiten<br />

können Steuervorteile sein, aber viel<br />

mehr noch die Möglichkeit, direkt Einfluss<br />

auf „seine Stiftung“ nehmen zu können<br />

und sie aktiv zu begleiten. Allerdings<br />

bindet eine Stiftung auch einen Teil des<br />

Vermögens, das dem Stifter dann für mögliche<br />

Pflege- oder Krankheitskosten nicht<br />

mehr zur Verfügung steht.<br />

Eine Stiftung von Todes wegen ist dann eine<br />

gute Alternative. Sie wird ausschließlich<br />

mittels einer letztwilligen Verfügung errichtet<br />

und muss entsprechende Formvorschriften<br />

des Erbrechts beachten. Eine solche<br />

Stiftung kann Erbin, Miterbin,<br />

48<br />

Vermächtnisnehmerin, Auflagenbegünstigte<br />

oder sogar Nacherbin sein. Allerdings<br />

soll man beachten, dass das Nachlassvermögen<br />

ausreichend groß sein soll, damit<br />

aus den Erträgen dieses Vermögens der gewünschte<br />

Stiftungszweck erfüllt werden<br />

kann.<br />

Ein Testament zugunsten einer Stiftung<br />

von Todes wegen muss besonders sorgfältig<br />

verfasst werden und Sie sollten einen<br />

erfahrenen Testamentsvollstrecker mit<br />

der Aufgabe Ihrer Stiftungsgründung betrauen.<br />

Und noch eine Meldung für Stifter, die die<br />

Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug<br />

bei rechtlich unselbstständigen Stiftungen<br />

betrifft: Wird bei einem inländischen<br />

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut<br />

ein Konto oder Depot für eine<br />

nach §5 Abs.1/9 befreite Stiftung auf<br />

den Namen eines anderen Berechtigten geführt<br />

und ist das Konto oder Depot durch<br />

einen Zusatz zur Bezeichnung eindeutig<br />

sowohl vom übrigen Vermögen des anderen<br />

Berechtigten zu unterscheiden als auch<br />

steuerlich der Stiftung zuzuordnen, kann<br />

es für Kapitalerträge, die nach dem<br />

31.12.2010 zugeflossen sind, als im<br />

Namen der Stiftung geführt behandelt<br />

werden.<br />

Ich freue mich auf unser nächstes Treffen<br />

im Stifterkreis mit Ihnen.<br />

Ihre Angelika Westrich


Kurznachrichten<br />

<strong>Hospiz</strong> macht Schule –<br />

ein Projekt im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />

<strong>Verein</strong> für Schüler<br />

Junge Menschen sind von Sterben und<br />

Tod nicht weniger betroffen als Erwachsene.<br />

Unserem <strong>Verein</strong> ist es ein wichtiges Anliegen,<br />

diese Themen als Bestandteile jedes<br />

menschlichen Lebens in das gesellschaftliche<br />

Bewusstsein zu integrieren. Für Schulklassen<br />

ab der 7.Jahrgangsstufe haben wir<br />

spezielle Unterrichtseinheiten vorbereitet,<br />

die den Schülern Möglichkeiten bieten,<br />

sich behutsam dem Thema zu nähern, ihre<br />

eigenen Erfahrungen einzubringen und<br />

Berührungsängste zu überwinden. Als Referenten<br />

stehen ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen<br />

des <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s<br />

zur Verfügung: Sie erzählen<br />

authentisch über ihre Begleitungen bei<br />

sterbenden Menschen und ihren Familien,<br />

sie sprechen offen über ihre persönlichen<br />

Erfahrungen und vermitteln praxisorientiert<br />

die Ideen einer lebensbejahenden<br />

<strong>Hospiz</strong>arbeit. Sie geben den Schüler/innen<br />

Raum, ihre Fragen und Gedanken zum<br />

Thema anzusprechen. Darüber hinaus<br />

können die Schüler unser <strong>Christophorus</strong>-<br />

<strong>Haus</strong> mit dem stationären <strong>Hospiz</strong> im Rahmen<br />

einer Führung kennen lernen und in<br />

der Begegnung mit hauptamtlichen Mitarbeitern<br />

einen praktischen Einblick in deren<br />

Berufsalltag und das lebensbejahende<br />

<strong>Hospiz</strong>konzept erhalten. Die ersten Unterrichtseinheiten<br />

haben im Frühjahr dieses<br />

<strong>Jahre</strong>s begonnen.<br />

Kontakt über Ulrike Wagner,<br />

wagner@chv.org oder<br />

Telefon: 089/ 13 07 87 26<br />

Zu <strong>Haus</strong>e würdevoll leben bis zuletzt<br />

Die neue Broschüre „Zu <strong>Haus</strong>e würdevoll<br />

leben bis zuletzt“ gibt grundlegende Orientierung<br />

und Hilfestellung in der letzten<br />

Lebensphase bis zum Tod zu <strong>Haus</strong>e. Sie<br />

richtet sich an Betroffene und deren Angehörige,<br />

aber auch an Pflegekräfte, Ärzte<br />

und alle anderen Beteiligten. Herausgegeben<br />

vom <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> ist<br />

der Leitgedanke der erarbeiteten Empfehlungen,<br />

Selbstbestimmung und Würde<br />

des kranken, alten Menschen in den Mittelpunkt<br />

zu rücken. Für diesen höchst<br />

sensiblen und individuellen Prozess will<br />

die Broschüre Sicherheit bieten, Ängste<br />

abbauen helfen und die Möglichkeiten eines<br />

Lebens in der eigenen Häuslichkeit bis<br />

zuletzt beschreiben. Behandlungen sollten<br />

unterbleiben dürfen, die das Sterben alter<br />

Menschen nicht erleichtern, sondern<br />

mehr oder weniger schwerwiegend belasten<br />

oder gar unmöglich machen. Vorab<br />

geäußerte Wünsche oder getroffene Verfügungen<br />

zu lebensverlängernden Maßnahmen<br />

sollen berücksichtigt und umgesetzt<br />

werden.<br />

Kostenlos erhältlich in der Rathausinformation,<br />

dem <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> oder<br />

download unter: www.chv.org<br />

49


Termine<br />

Information und Beratung zur Patientenverfügung<br />

Viele Menschen möchten Vorsorge treffen für den Fall, dass sie durch Unfall, Krankheit<br />

oder Alter nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern und selbstständig zu entscheiden.<br />

Ein offenes Angebot für alle Interessierten zu Fragen der Patientenverfügung<br />

und Vorsorge-Vollmacht. Jeweils am letzten Mittwoch im Monat von 10:00 bis<br />

12:00 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.<br />

30. November, 2011<br />

25. Januar, 2012,<br />

29. Februar, 2012<br />

Erfahrene Mitarbeiter/innen unseres Teams informieren Sie an diesen Vormittagen, was<br />

Sie beachten sollten und gehen auf Ihre individuellen Fragen ein.<br />

Teilnahmegebühr: 5 Euro (für Mitglieder 3 Euro)<br />

Vorträge<br />

Was geschieht beim Sterben?<br />

16. April 2012<br />

Leiden lindern<br />

14. Mai 2012<br />

jeweils von 18:30 – 20:00 Uhr<br />

Offene Führungen im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> 2011<br />

Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> vereint alle ambulanten und stationären Angebote des <strong>Christophorus</strong><br />

<strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s e.V. unter einem Dach. Mit den offenen Führungen vermitteln<br />

wir Interessierten einen Einblick in unser <strong>Haus</strong> und unsere Arbeit.<br />

02. November 2011 von 10:00 bis 12:00 Uhr<br />

11. Januar 2012 von 14:00 bis 16:00 Uhr<br />

14. März 2012 von 10:00 bis 12:00 Uhr<br />

09. Mai 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr<br />

04. Juli 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr<br />

50<br />

28. März 2012,<br />

25. April 2012,<br />

30. Mai 2012,<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer/innen<br />

erzählen<br />

23. April 2012<br />

27. Juni 2012,<br />

25. Juli 2012<br />

Sterben zuhause ermöglichen<br />

7. Mai 2012<br />

Abschiednehmen<br />

21. Mai 2012


Interesse an ehrenamtlicher Mitarbeit?<br />

An diesen Tagen stellen wir Ihnen Möglichkeiten vor, sich im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />

<strong>Verein</strong> zu engagieren:<br />

01. Februar und 15. Mai 2012<br />

jeweils von 17:00 bis 18:30 Uhr<br />

Offener Trauertreff<br />

Der CHV bietet trauernden Menschen Unterstützung an. Der offene Gesprächskreis<br />

findet zweimal monatlich, jeweils dienstags um 15:00 Uhr statt.<br />

Termine und Anmeldung unter Telefonnummer 089/ 13 07 87-0<br />

Grundseminare 2011/2012<br />

Wochenendseminar WS 1 im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />

17.-18. März 2012 jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am Sonntag<br />

Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />

Wochenendseminar WS 2 im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />

14.-15. Juli 2012 von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am Sonntag<br />

Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />

Abendseminar<br />

sechs Montagabende<br />

06. Februar bis 19.März 2012 (außer Rosenmontag)<br />

von 19:00 bis 21:30 Uhr im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />

Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />

Bitte melden Sie sich zu den Seminaren frühzeitig schriftlich an über die Internetseite<br />

www.chv.org oder per Mail: bildung@chv.org<br />

Telefon: 089 / 13 07 87- 0<br />

Alle oben genannten Veranstaltungen finden in den Räumen des CHV statt.<br />

MVV: U 4 Arabellapark, Tram 17 und 18 bis Effnerplatz, Bus 188 bis Odinstraße<br />

Ausstellung: „Ein Koffer für die letzte Reise”<br />

15. Oktober bis 25. November 2011in der ehemaligen Karmeliterkirche, Karmeliterstr. 1<br />

Organisiert von der Erzdiözese München und Freising in Kooperation mit dem <strong>Christophorus</strong><br />

<strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V. und anderen Mitveranstaltern.<br />

Aktuelle Öffnungszeiten sowie das Rahmenprogramm entnehmen Sie bitte der Presse<br />

oder besuchen Sie uns im Internet.<br />

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Impressum<br />

CHV aktuell erscheint zweimal jährlich und wird herausgegeben vom<br />

<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V., München.<br />

Redaktion: Irene Braun, Julia Hagmeyer, Uve Hirsch, Helmut Nadler, Inge Scheller (v.i.S.d.P.),<br />

Angelika Westrich und Brigitte Wummel<br />

Layout und Herstellung: Helmut Nadler<br />

Anzeigenleitung: Helga Ostermeier Tel. (08441) 80 57 37, 0160-580 67 98<br />

Die nächste Ausgabe von CHV aktuell ist für Mai 2012 vorgesehen.<br />

Geplanter Schwerpunkt: „Das letzte Hemd – Memento mori“<br />

Redaktionsschluss: 15. April 2012<br />

<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V., Effnerstraße 93, 81925 München,<br />

Tel.( 089) 13 07 87-0, Fax 13 07 87-13; www.chv.org; info@chv.org<br />

Bürozeiten: Montag bis Freitag von 9:00 bis 16:30 Uhr<br />

Sozialbank München, Konto Nr. 98 555 00, BLZ 700 205 00<br />

Commerzbank München, Konto Nr. 42 42 111, BLZ 700 400 41<br />

HOSPIZ<br />

Foto: Uve Hirsch


Angelis Bestattungen<br />

Mensch sein hört mit dem Tod nicht auf.<br />

Jeder Mensch ist einzigartig, jeder Abschied auch. Trauer braucht<br />

Menschen, Raum, Zeit und Ausdruck. Das sind die Grundlagen<br />

unserer Arbeit als Bestatter. Wir unterstützen Sie in der schweren Zeit<br />

zwischen Sterben und Bestattung einfühlsam, menschlich, tatkräftig<br />

und ideenreich. Geben Sie Ihren geliebten Menschen in achtsame<br />

Hände. Mit unserem Namen, unserer Erfahrung und unserem Wissen<br />

stehen wir Ihnen gerne zur Seite und sorgen für die Gestaltung eines<br />

einzigartigen Abschieds.<br />

Angelis, wir begleiten Sie auf Ihrem Weg.<br />

tel. 089 - 12596924 an 365 Tagen 24h für sie erreichbar<br />

Lindwurmstraße 45 80337 München Inh. Andreas Lindner<br />

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