Fünf Jahre Christophorus-Haus - Christophorus Hospiz Verein e.V.
Fünf Jahre Christophorus-Haus - Christophorus Hospiz Verein e.V.
Fünf Jahre Christophorus-Haus - Christophorus Hospiz Verein e.V.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
CHVaktuell Nummer 62 November 2011<br />
<strong>Fünf</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Dr. Gustava Everding: Ars moriendi<br />
Katarina Theißing: Die Rolle der Pflegenden<br />
Katharina Keitel: Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong>
Karl Albert Denk<br />
(Bestattermeister)<br />
✆<br />
Unsere Beratungsräume<br />
München<br />
Individuelle<br />
Gestaltung<br />
Kompetente und<br />
familiäre Betreuung<br />
�����������������������<br />
�������������<br />
Persönliche und familiäre Betreuung.<br />
Karl Albert Denk knüpft an eine beispielhafte Familientradition<br />
an. Seit über vier Generationen pflegt die Familie<br />
Denk eine einzigartige Bestattungs- und Trauerkultur, die<br />
nun wieder neu belebt wird. Die Würde das Menschen zu<br />
wahren und zu bewahren, ist uns ein wichtiges Anliegen.<br />
Kommen Sie und sprechen Sie mit uns. Auf Wunsch kommen<br />
wir zu Ihnen nach <strong>Haus</strong>e, selbstverständlich kostenlos<br />
und unverbindlich.<br />
089-64 24 86 80<br />
Tag und Nacht für Sie da, auch an Sonn- und Feiertagen.<br />
München, Ismaninger Str.17<br />
Grünwald, Tölzer Straße 37<br />
Erding, Kirchgasse 2a<br />
Freising, Prinz-Ludwig-Str. 5<br />
www.karlalbertdenk.de<br />
Persönliche<br />
Abschiednahme
Editorial<br />
Liebe Mitglieder, Leser und Freunde des CHV,<br />
Alter und altern bringen einerseits mehr Freiheiten,<br />
andererseits auch vermehrt Abschiede mit sich. Das<br />
ist einer der Gründe, warum ich in diesem Heft den<br />
prominenten Platz des Editorials nutzen darf.<br />
Im Januar 2012 werde ich, nach fast 18 <strong>Jahre</strong>n, die<br />
Geschäftsführung sowohl des CHV als auch der<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> Verwaltungs GmbH an<br />
Herrn Wagner übergeben. Ich wünsche ihm, dass<br />
seine Tätigkeit bei uns ihm ebenso viel Freude und<br />
Zufriedenheit bringt, wie sie es mir all die <strong>Jahre</strong> gebracht<br />
hat. Er wird sich Ihnen im nächsten Heft<br />
selbst vorstellen, und spätestens bei der Mitgliederversammlung<br />
im Mai 2012 können Sie ihn persönlich kennen lernen.<br />
Gestatten Sie mir einen knappen Blick zurück. Bei meinem Einstieg in die Geschäftsführung<br />
des CHV war ich die neunte Mitarbeiterin. Der Umzug von der Liegsalzstraße<br />
in ein dringend notwendiges größeres Büro am Rotkreuzplatz war vollzogen, und ich<br />
weiß noch wie heute, dass mir beim Einstellungsgespräch einer der Vorstände sagte: „Als<br />
Geschäftsführerin sollten sie auch einmal eine Stunde finden, in der sie aus dem Fenster<br />
sehen und über die Arbeit und ihre Weiterentwicklung nachdenken können“. Aus heutiger<br />
Sicht scheint mir dies eine romantische Vorstellung gewesen zu sein, die allerdings<br />
nichts von ihrer grundsätzlichen Richtigkeit verloren hat. Sehr schnell und auch ohne<br />
Stunden am Fenster hat mich und uns alle die weitere Entwicklung der <strong>Hospiz</strong>arbeit, der<br />
notwendige weitere Ausbau der Gewinnung, Schulung und Fortbildung von ehrenamtlichen<br />
<strong>Hospiz</strong>helfern und das Aufkommen palliativer Versorgungsstrukturen in eine<br />
Beschleunigung unserer Arbeitsprozesse gebracht, die bis heute andauert. Mehr und<br />
klarere Strukturen in den einzelnen Versorgungsbereichen wurden notwendig. Wir konzipierten<br />
gemeinsam mit der Stadt die zweite Münchner Palliativstation im Krankenhaus<br />
Harlaching und unterstützte diese viele <strong>Jahre</strong> durch zwei CHV-Mitarbeiterinnen, dem<br />
Brückenteam, sowie notwendige Dinge, die nicht über das städtische Budget ermöglicht<br />
werden konnten. Wir gründeten und betrieben die <strong>Christophorus</strong> Akademie, die nach<br />
drei erfolgreichen <strong>Jahre</strong>n am Rotkreuzplatz in das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin<br />
(IZP) des Klinikums Großhadern übergegangen ist und mit der wir bis heute<br />
wichtige Fortbildungsveranstaltungen durchführen.<br />
Wir verzeichnen eine beständig ansteigende Zahl von Beratungsanfragen und verwirklichten<br />
das erste stationäre <strong>Hospiz</strong> in München (in Kooperation mit der Münchner Aids-<br />
1
Hilfe). Den Kauf des eigenen <strong>Haus</strong>es in der Effnerstraße sowie den damit einhergehenden<br />
großen Umbau für die 16 zeitgemäßen Bewohnerzimmer stemmten wir nur mit Hilfe<br />
eines Kredits, der nicht leicht zu bekommen war. Wir konnten keine großen regelmäßigen<br />
Einnahmen nachweisen, waren aber in der Lage, Dank einer wunderbaren großen<br />
Erbschaft von Marianne Meier und weiteren großzügigen Spendern, einen hohen Eigenanteil<br />
der Kaufsumme aufzubringen.<br />
Immer mehr Mitarbeiter wurden nötig für die Erfüllung unsere Aufgaben – zurzeit sind<br />
es 65, die in verschiedenen Bereichen tätig sind. Wir schufen das ambulante Angebot eines<br />
Palliativgeriatrischen Dienstes (PGD) und der SAPV (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung),<br />
gründeten den Stifterkreis, der uns – und dafür bin ich sehr dankbar – eine<br />
stabile Entwicklung von treuen Mitgliedern, Spendern und Stiftern sichert. Durch<br />
ihre finanziellen Zuwendungen können wir therapeutische Angebote, notwendige Ausstattungsgegenstände<br />
und manche erleichternde Personalstelle ermöglichen, für die es<br />
keine anderweitige Finanzierung gibt.<br />
Die genannten Aktivitäten werden ergänzt durch Trauerbegleitungsangebote, der Teilnahme<br />
an Fachbuchprojekten und Broschüren, der Entwicklung von Standards in Ausund<br />
Weiterbildungsmaßnahmen sowie der Mitarbeit in Verbandsgremien und politischen<br />
Arbeitskreisen auf Landes- und Bundesebene. Wir dürfen alle zusammen ein wenig<br />
stolz darauf sein, dass wir diese Dinge nicht nur geschaffen haben, sondern auch bundesweit<br />
einen besonders guten Ruf haben, wenn es um die Umsetzung dieser Aktivitäten<br />
geht. Viele Anfragen zu Beratung, zu Möglichkeiten für ein Praktikum oder eine Hospitation<br />
erreichen uns mittlerweile nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus<br />
Österreich und der Schweiz.<br />
Ich freue mich, dass ich ein gut bestelltes <strong>Haus</strong> übergeben kann. Ich weiß aber auch, dass<br />
ich all die <strong>Jahre</strong> ohne die Unterstützung und die Leidenschaft meiner vielen Kolleginnen<br />
und Kollegen, unserer <strong>Hospiz</strong>helfer und eines loyalen Vorstands dies alles nicht hätte<br />
schaffen können. Von Anfang an hat mich ein großes Vertrauen von allen Seiten getragen<br />
und beflügelt.<br />
Der zweite Grund, warum ich mich an der Stelle des Vorstands-Editorials an Sie wende,<br />
ist das Ausscheiden von Frau Dr. Thorbrietz. Sie hat ihr Mandat übernommen in einer<br />
Phase der schweren Erkrankung und des Sterbens von Dr. Albrecht Ohly, was nicht leicht<br />
war. Wir bedanken uns für die vielen Stunden persönlichen Einsatzes, die sie mit und für<br />
uns als erste Vorsitzende geleistet hat. Dr. Kurt Fürnthaler als zweiter Vorsitzender übernahm<br />
nahtlos die von ihr wahrgenommenen Aufgaben und stellt die Kontinuität in der<br />
Vorstandsarbeit sicher. Inge Scheller als Schatzmeisterin wurde im Registergericht eingetragen,<br />
so dass wieder zwei unterschriftenberechtigte Vertreter des <strong>Verein</strong>s zur Verfügung<br />
stehen. Das operative Geschäft, also die tagtägliche Arbeit im ambulanten und<br />
stationären <strong>Hospiz</strong> läuft weiter und wird durch die Vorstandsmitglieder begleitet wie<br />
2
isher. Diese kümmern sich um die Nachbesetzung, die in unserer Satzung geregelt ist.<br />
Ein Vorstands-Ehrenamt erfordert nicht nur Nähe und Verständnis für die <strong>Hospiz</strong>- und<br />
Palliativarbeit, sondern auch viel Arbeit, Verantwortung und Zeitaufwand. Wir sind<br />
zuversichtlich, dass wir jemanden finden, der, wie viele Menschen vorher, wieder ja zu<br />
uns sagt und sein Herz und seine Leidenschaft dem CHV zur Verfügung stellt.<br />
Wandel und Beständigkeit – immer wieder müssen wir uns damit auseinandersetzen,<br />
privat und beruflich. Beim <strong>Hospiz</strong>helfertag in Bernried im Oktober habe ich mich von<br />
unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern verabschiedet. Meine Kollegen planen im Januar<br />
einen internen Abschied für „ihre Chefin“, und im Frühjahr 2012 wollen wir ein Symposium<br />
organisieren, bei dem ich mich von Ihnen allen, von Fachkollegen und Institutionsvertretern<br />
verabschieden werde. Unseren Stifterkreis und seine Mitglieder betreue<br />
ich weiterhin.<br />
Von allen Menschen, denen ich nicht persönlich „Auf Wiedersehen“ sagen kann, möchte<br />
ich mich auf diesem Weg sehr herzlich bedanken für Zuspruch und Bestätigung, für<br />
Lob und Tadel und für Ihre Treue, die Sie mir und unserer Arbeit erwiesen haben. Ich<br />
habe dadurch jeden meiner Arbeitstage mit Freude und Kraft beginnen können und viel<br />
für mich gewonnen in meinen wunderbaren 18 CHV-<strong>Jahre</strong>n.<br />
Ihre Angelika Westrich<br />
3
Inhalt<br />
4<br />
5 Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> lebt<br />
Einen „Quantensprung in der Geschichte<br />
des CHV“ nannte Dr. Albrecht Ohly, der<br />
damalige Vorstandsvorsitzende, den Erwerb<br />
des <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>es. Seit<br />
2006 sind alle Bereiche und Mitarbeiter<br />
unter einem Dach vereinigt. Eine Bilanz<br />
nach fünf <strong>Jahre</strong>n. Angelika Westrich<br />
7 Ars moriendi<br />
Wir müssen das Sterben wieder hineinnehmen<br />
ins Leben, die „Kunst des Sterbens“<br />
lernen, mahnt die Ehrenvorsitzende<br />
des CHV Dr.Gustava Everding<br />
11 Die Rolle der Pflegenden<br />
Schmerzbegleitung statt Schmerzbekämpfung<br />
– als Pflegefachkraft im stationären<br />
<strong>Hospiz</strong> Katarina Theißing<br />
14 Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen im<br />
CHV<br />
Interview mit zwei Einsatzleiterinnen<br />
Uve Hirsch<br />
16 Neu im <strong>Hospiz</strong><br />
„Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,<br />
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen“<br />
(H.Hesse) Cornelia Rommé<br />
18 Der Weg ist das Ziel<br />
Betriebsausflug 2011 Uve Hirsch<br />
20 Von der Schwierigkeit,<br />
Bedürfnisse zu begreifen<br />
Keine „Zwangsbeglückung“, die Bedürfnisse<br />
schwerstkranker Menschen sind höchst<br />
individuell Ulrich Heller<br />
22 Eine Frage der Zeit<br />
Überlebenskunst. Die krebskranke Eva<br />
Maria „lebt ihr Leben fertig”<br />
Andreas Unger (BISS)<br />
Titelbild: Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> 2011; Foto: Inge Scheller<br />
25 Die Distanz und ich – Grundseminar<br />
zur <strong>Hospiz</strong>helferausbildung<br />
Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer<br />
Julia Hagmeyer<br />
28 Wenn sich der Kreis schließt<br />
22 <strong>Jahre</strong> <strong>Hospiz</strong>helferin – „ich mache das<br />
auch für mich” Irene Braun<br />
30 Der Weg entsteht im Gehen –<br />
Unterstützung in der Zeit der Trauer<br />
Jürgen Wälde<br />
33 Berührt im Atemrhythmus<br />
Die Arbeit mit dem Atem bietet den<br />
Schwerkranken die Möglichkeit, sich und<br />
ihren Körper neu zu erfahren und anzunehmen.<br />
Ursula Schubert<br />
36 Ärzte im CHV-Team der spezialisierten<br />
Ambulanten Palliativ-Versorgung<br />
<strong>Fünf</strong> Ärztinnen und Ärzte betreuen für<br />
den <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong><br />
schwerstkranke Patienten in ihrer häuslichen<br />
Umgebung. Erfahrungsbericht nach<br />
zwei <strong>Jahre</strong>n. Christoph Fuchs<br />
39 Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong><br />
Eine große Herausforderung, bei der sehr<br />
viel über das Sterben, wie über das Leben<br />
gelernt werden kann. Dies stellt<br />
dankbar fest: Katharina Keitel<br />
42 Kursbuch Ehrenamt Gerda Graf<br />
44 <strong>Christophorus</strong> – Christusträger<br />
und Nothelfer Uve Hirsch<br />
Rubriken<br />
24 Gedicht<br />
46 Aus dem <strong>Verein</strong><br />
48 Stifterkreis <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />
49 Kurznachrichten<br />
50 Termine<br />
52 Impressum
Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> lebt<br />
Schon bei der Überschrift bin ich ins<br />
Grübeln gekommen. Kann ein <strong>Haus</strong><br />
leben? Und dann noch eines, das sich mit<br />
den Menschen die in diesem <strong>Haus</strong><br />
arbeiten, dem Sterben verschrieben hat?<br />
Viele Menschen, mit denen ich in Kontakt<br />
komme und die ich ermutige, doch einmal<br />
in unser <strong>Haus</strong> zu kommen, um es sich<br />
anzuschauen, sehen mich zweifelnd oder<br />
sogar etwas unsicher an, ob sie sich das<br />
zutrauen könnten und auch wirklich<br />
wollen – ein <strong>Haus</strong> zu besuchen, in dem<br />
regelmäßig Menschen sterben. Und wenn<br />
sie dann kommen, vermeine ich, eingezogene<br />
Schultern oder einen leicht gesenkten<br />
Kopf bei ihnen zu bemerken. Allerdings<br />
lässt das schnell nach, wenn sie unser<br />
helles, freundliches <strong>Haus</strong> erleben in einer<br />
so gar nicht erhabenen Stille, sondern tatsächlich<br />
als ein <strong>Haus</strong>, in dem gelebt u n d<br />
gestorben wird, das von Alltag, von Freude<br />
und Lachen, aber natürlich auch von Trauer<br />
und Schwerem durchflutet wird. Diese<br />
Polarität von Leben und Sterben ist es, die<br />
dem <strong>Haus</strong> ein ganz besonderes und intensives<br />
Leben gibt, unsere Arbeit reich<br />
macht, uns immer wieder lächeln oder sogar<br />
herzhaft lachen lässt und durch die wir<br />
viel Dankbarkeit von unseren betreuten<br />
Menschen und ihren Angehörigen zurück<br />
bekommen. Ja, unser <strong>Haus</strong> lebt sehr. Es ist<br />
ein wunderbares Beispiel für die <strong>Hospiz</strong>-<br />
Idee mit ihrer Aussage: „Leben bis zuletzt“.<br />
Wir können und wollen das Sterben nicht<br />
verhindern, aber wir können vieles tun,<br />
was den Lebenden, die das Sterben vor sich<br />
haben, Erleichterung verschafft, ihnen gut<br />
Von Angelika Westrich<br />
tut und ihnen die Zeit, die sie noch haben,<br />
lebenswert macht.<br />
Wie oft habe ich von kranken Menschen<br />
oder ihren Angehörigen gehört, dass sie bedauern,<br />
nicht schon eher zu uns gekommen<br />
zu sein. Aber sie haben nicht gewusst oder<br />
sich vorstellen können, was ein <strong>Hospiz</strong> ist<br />
und was man von einer solchen Einrichtung<br />
erwarten kann. Seit Herbst 2005 sind wir<br />
nun mit unserem ambulanten Team in der<br />
Effnerstraße, seit dem Jahr 2006, nach einem<br />
größeren Umbau, auch mit dem stationären<br />
<strong>Hospiz</strong>. Eine große Erbschaft von<br />
Marianne Meier und viele weitere glückliche<br />
Umstände haben den Kauf und den<br />
Umbau damals möglich gemacht.<br />
Leider hat unser <strong>Haus</strong> eine Eigenschaft<br />
mit vielen anderen Häusern gemeinsam, in<br />
denen dynamische Teams arbeiten: Es ist<br />
schon fast wieder zu knapp. Wir haben<br />
bereits Seminarräume wieder zu Büros<br />
umgestaltet und sitzen mittlerweile doch<br />
fast in jedem Büro zu dritt. Da heißt es gut<br />
überlegen, wer mit wem durch welche<br />
Arbeitsbereiche verbunden, eng zusammenarbeiten<br />
muss.<br />
Rund um unser <strong>Haus</strong> sind wir wieder fleißig<br />
am Bauen. Eine vorgesetzte Fassade soll den<br />
zunehmenden Lärm und die starke Sonneneinstrahlung<br />
insbesondere im Bereich des<br />
stationären <strong>Hospiz</strong>es, aber auch in anderen<br />
Räumen und Büros abhalten. Die entstehende<br />
dichte Bebauung auf der anderen<br />
Straßenseite vis à vis unseres <strong>Haus</strong>es und die<br />
verstärkte Funktion der Effnerstraße als Zu-<br />
5
Foto: Inge Scheller<br />
bringer zum Flughafen lässt den Lärmpegel<br />
deutlich ansteigen. Wenn Bewohner ihre<br />
Zimmerfenster öffnen wollen, vielleicht aus<br />
Luftnot, dann kann durch eine vorgesetzte<br />
Fassade Lärm und Sonne trotzdem wirkungsvoll<br />
abgeschirmt werden.<br />
Leben kommt in unser <strong>Haus</strong> auch<br />
dadurch, dass wir regelmäßig unterschiedliche<br />
gesellschaftliche Gruppen und<br />
Vertreter ins <strong>Haus</strong> zu Veranstaltungen<br />
bitten wie Führungen für Schüler, angehende<br />
Pflegekräfte und interessiertes<br />
Publikum, Schulungen für Ärzte und<br />
Sozialpädagogen zur Schmerz- und Symptombehandlung,<br />
Fortbildungen für<br />
stiftungsinteressierte Menschen, Informationsveranstaltungen<br />
zu den schwierigen<br />
Themen Patientenverfügung, Testament<br />
und Erben oder zu spirituellen Themen.<br />
Es kommen Vorstände aus anderen <strong>Hospiz</strong>vereinen<br />
zum Gesprächsaustausch. Mit<br />
Theologen, Therapeuten und Fachkollegen<br />
anderer Einrichtungen sprechen wir<br />
über unsere langjährige Erfahrung im<br />
6<br />
Bereich hospizlicher und<br />
palliativer Versorgung ambulant<br />
und stationär und<br />
gemeinsam überlegen wir,<br />
wie wir diese immer wieder<br />
verbessern können.<br />
Wir veranstalten manches<br />
Mal im <strong>Haus</strong> Lesungen, Ausstellungen<br />
und kleine<br />
Konzerte, Sommerfeste, Stiftertreffen,<br />
Nikolaus- und<br />
Weihnachtsfeiern und freuen<br />
uns über die jährlichen Besuche<br />
unserer Burda-Bande, einer<br />
Kindergartengruppe aus<br />
der Nähe. Unsere <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
kommen regelmäßig zu ihren Supervisionen<br />
ins <strong>Haus</strong> und immer wieder gibt es<br />
Hospitanten oder Praktikanten, die tages-,<br />
wochen- oder semesterweise bei uns lernen<br />
und mit uns arbeiten.<br />
Über vieles davon haben wir Ihnen in früheren<br />
Heften von CHV aktuell berichtet,<br />
manches kennen Sie vielleicht aus eigener<br />
Anschauung, und doch gibt es in diesem<br />
Jahr wieder etwas neues, zusätzliches für<br />
uns alle im <strong>Haus</strong>. Seit September haben wir<br />
erstmalig zwei junge Männer aus dem freiwilligen<br />
sozialen Jahr bei uns. Sie werden<br />
im stationären <strong>Hospiz</strong> eingesetzt und unterstützen<br />
nicht nur unsere Kollegen, sondern<br />
sie kümmern sich auch um unsere Bewohner<br />
und haben Zeit fürs Spazierengehen,<br />
Vorlesen, Reden und Zuhören und<br />
für das Erfüllen kleiner Wünsche. Mit ihrer<br />
Entscheidung für diesen Dienst bekunden<br />
sie ihre Solidarität mit den kranken und<br />
sterbenden Menschen bei uns, und wir<br />
freuen uns, weil wir solche junge Menschen<br />
brauchen, die diese Haltung weiter tragen.
Leben und Sterben, oder genauer Geboren-Werden<br />
und Sterben sind die beiden<br />
Pole, zwischen denen sich unsere menschliche<br />
Existenz bewegt. So wundert es<br />
nicht, dass Eintritt ins Leben und Ausgang<br />
aus ihm seit Jahrtausenden besondere<br />
Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Während<br />
die Geburt eines neuen, kleinen und<br />
hilflosen Menschleins alle guten und angenehmen<br />
Gefühle auslöst, häufen sich beim<br />
Sterben und Tod unangenehme Emotionen<br />
von Verlassen-Werden, Hilflosigkeit,<br />
Ohnmacht gegenüber unerträglich scheinendem<br />
Leiden, Gefühle von Sünde und<br />
Schuld, ja, Wut über Ungelöstes und<br />
scheinbar nicht mehr Gutzumachendes<br />
mit der Angst vor dem eigenen Sterben<br />
und dem Übergang in unbekanntes Land.<br />
Vielleicht ist das einer der Gründe, warum<br />
die Gesellschaft, warum wir die Gedanken<br />
an Sterben, Tod und Trauer aus dem Lebensalltag<br />
verbannt und in den Tabubereich<br />
abgeschoben haben. Das war nicht<br />
zu allen Zeiten so. Ja, fast das Gegenteil ist<br />
der Fall: Was wir aus der Frühzeit menschlicher<br />
Kulturen wissen, haben wir aus ihren<br />
Grabstätten erfahren, Geschichte<br />
vorschriftlicher Überlieferung ist die<br />
Geschichte von Sterberitualen, Todesriten<br />
und Grabbeigaben. Dagegen erscheint mir<br />
die in unserer Zeit zunehmenden, anonymen<br />
Urnenbeisetzungen auf großen<br />
Ars moriendi<br />
Von Gustava Everding<br />
Das Sterben hineinnehmen ins Leben<br />
„Das einzig Sichere im Leben ist der Tod.”<br />
„Der Tod ist die Sollbruchstelle des Lebens.”<br />
Wiesen der Großstadtfriedhöfe ein<br />
erschreckender Kulturverfall.<br />
Alte Dorffriedhöfe erzählen Geschichten,<br />
individuelle Biographien, wie ich sie erst<br />
kürzlich neben einer 1000 <strong>Jahre</strong> alten<br />
Kirche las: Es wurde der 92-jährigen Hebamme<br />
gedacht, die neben neun eigenen<br />
Kindern unendlich vielen Dorfbewohnern<br />
ins Leben geholfen hatte.<br />
In meinen Kindertagen gehörte der Allerseelenbesuch<br />
auf mindestens drei Friedhöfen<br />
der Gegend zum alljährlich wiederkehrenden<br />
Herbstritual. Lebendige<br />
Familiengeschichte gab ein sicheres Gefühl<br />
zur Frage, wo kommst du her und wo gehst<br />
du einmal hin. Die Erzählung des geliebten<br />
und geachteten Großvaters über seine<br />
Mutter, die ihren eigenen Todestag vorausgesagt<br />
hatte, erregte und beschäftigte das<br />
kleine, noch in der Märchen- und Mythenwelt<br />
lebende Mädchen, und die uralte<br />
Fotografie dieser Urgroßmutter schaute<br />
mit gütig-ernsten Augen auf es herab.<br />
Ähnlich prägend waren der sich täglich<br />
mindestens einmal wiederholende Satz im<br />
„Gegrüßet seist du, Maria”: „Heilige Maria,<br />
Mutter Gottes, bitte für uns Sünder<br />
jetzt und in der Stunde unseres Todes.<br />
Amen.” Die Vorstellung, dass der im Krieg<br />
gefallene Vater (ohne Grab) im Himmel<br />
7
auf uns wartete, gehörte zum Kinderglauben.<br />
Als junge Medizinerin beschäftigte mich<br />
vor allem die Geburt, dieser unendlich<br />
spannende Prozess am Lebensanfang. In der<br />
Lebensmitte verschob sich der Blick nach<br />
vorn, das uns allen bevorstehende Ende erregte<br />
meine Aufmerksamkeit, je mehr es aus<br />
dem Klinikalltag verdrängt wurde. So waren<br />
die Begegnungen mit Elisabeth Kübler-<br />
Ross und Cicely Saunders Meilensteine in<br />
meiner Zuwendung zur <strong>Hospiz</strong>bewegung,<br />
und die Gedanken über Sterben, Tod und<br />
Trauer begleiten diese ehrenamtliche Tätigkeit<br />
seit zwanzig <strong>Jahre</strong>n.<br />
Die Diskussionen über aktive und passive<br />
Sterbehilfe, die zur Zeit allerorten in den<br />
Medien geführt werden, haben neben den<br />
hochstürmenden Emotionen eine gute<br />
Seite: Man kann mit vielen Menschen ins<br />
Gespräch kommen, und das Nachdenken<br />
über das eigene Sterben beginnt wieder.<br />
In den Psalmen habe ich ein Wort König<br />
Davids gefunden: „Herr, lass mich mein<br />
Ende wissen und die Zahl meiner <strong>Jahre</strong>,<br />
damit ich das Maß meines Lebens kenne.”<br />
Dieses „finale Denken” oder besser das<br />
„Vom-Ende-her-Denken” tut wieder Not<br />
und könnte unser Leben in einen neuen<br />
(= alten) Lebenszusammenhang bringen.<br />
In meiner Praxis der Ehe-, Partnerschafts-,<br />
Familien- und Lebensberatung sehe ich<br />
zunehmend Menschen auf der Suche nach<br />
dem Sinn ihres Lebens. Konflikte, zwischenmenschlicheKommunikationsstörungen<br />
und Lebenskrisen können durch<br />
einen „Blick nach vorn” eine heilende<br />
Chance erleben.<br />
8<br />
„Memento mori” war zu allen Zeiten als<br />
Hilfe zu einem besseren, sinnstiftenden<br />
Leben gedacht. Das Leben als Weg zu sehen,<br />
als Reise, fördert die Erstellung einer<br />
Lebensbilanz und ruft nach spiritueller<br />
Wegzehrung. Die ursprüngliche Bedeutung<br />
von „Sinn” stammt vom nord- und<br />
mittelhochdeutschen „sinnan” ab und bedeutet<br />
„reisen, streben, gehen”. Die gleiche<br />
Wurzel steckt im germanischen Wort für<br />
„Reise” und „Weg”.<br />
Während noch im 19. Jahrhundert der<br />
Tod allgegenwärtig war, haben die Forschung<br />
und Behandlung früher unweigerlich<br />
zum Tode führender Krankheiten im<br />
20. Jahrhundert unsere Lebenszeit enorm<br />
verlängert. Die leistungsfähige und leistungsbereite<br />
Medizin hat aber auch neue<br />
Schreckensbilder hervorgerufen: Bilder<br />
von hilflos an unzählige Schläuche und<br />
Maschinen angeschlossenen Menschen,<br />
die nicht sterben durften, Geschichten von<br />
einsam und unter großen Schmerzen sterbenden<br />
Menschen, die niemand aus ihrer<br />
sozialen Isolation holen konnte, Krankengeschichten<br />
von Aids- und Krebskranken,<br />
die zum Lebensende hin von Medizin und<br />
Gesellschaft verlassen waren.<br />
Aber in dieser Zeit der Resignation erwuchs<br />
eine neue Hoffnung: Die Krankenschwester,<br />
Sozialarbeiterin und Ärztin<br />
Dame Dr. Cicely Saunders begann sich der<br />
Not der Schwerstkranken und Sterbenden<br />
anzunehmen, und die moderne <strong>Hospiz</strong>bewegung<br />
nahm von London aus ihren Weg<br />
in die ganze Welt. Aufmerksames Zuhören,<br />
behutsames Fragen nach den Wünschen<br />
und Bedürfnissen der Betroffenen, Offenheit<br />
und Wahrhaftigkeit am Krankenbett<br />
haben neben der Erforschung und Ent-
wicklung einer verbesserten Schmerztherapie<br />
und Symptomkontrolle die „Ars moriendi”<br />
zurückgeholt in unsere Gegenwart.<br />
Die ganzheitliche Betreuung des Betroffenen<br />
und seiner Angehörigen und Freunde,<br />
das Zusammenwirken eines multidisziplinären<br />
Teams von Arzt, Pflegenden, Seelsorgern<br />
und verschiedenen Therapeuten<br />
kann dem Wunsch der meisten Menschen<br />
nach einem Sterben zu <strong>Haus</strong>e weitgehend<br />
entsprechen. Die gewohnte Umgebung<br />
gibt Sicherheit, die Hand eines Nächsten<br />
gibt Geborgenheit, die Errungenschaften<br />
der neuen Palliativmedizin geben weitgehende<br />
Schmerzfreiheit und ermöglichen so<br />
erst die spirituelle Annäherung an diesen<br />
letzten Übergang, den wir in unserem Leben<br />
zu gestalten haben. „Manche Menschen<br />
erleben erst in dieser Zeit ihre letzte<br />
Reifung, sie lassen ihre Masken fallen und<br />
werden wesentlich” (Cicely Saunders).<br />
Sie erleben, dass sie trotz aller Reduktion,<br />
körperlichen Verfalls sie selber bleiben in<br />
ihrer eigenen Wesenheit mit ihrer unsterblichen<br />
Seele. Ihre Wünsche und Vorstellungen,<br />
welche Therapie sie noch wollen<br />
oder nicht, die Kriterien ihres Gefühls von<br />
Lebensqualität sind wichtig und werden<br />
gehört wie auch ihr Wunsch, keine lebensverlängernden<br />
Maßnahmen zu erdulden.<br />
Therapieabbruch und Absetzen der künstlichen<br />
Ernährung sind keine Tötung, sondern<br />
Zulassen des Sterbens.<br />
„Wir bringen nicht Tage in ihr Leben, sondern<br />
Leben in ihre Tage” (Cicely Saunders):<br />
So ist die <strong>Hospiz</strong>- und Palliativbetreuung<br />
nicht Hilfe zum Sterben, sondern<br />
Hilfe beim Sterben.<br />
Es bedarf noch vieler Veränderungen im<br />
herrschenden Gesundheitswesen, um diese<br />
Forderungen umzusetzen. Es bedarf noch<br />
vieler Veränderungen in unser aller Denken,<br />
bis diese Haltungen und Einstellungen,<br />
aber auch das Wissen über Palliativmedizin<br />
bei Ärzten und Pflegenden zu<br />
einer Verbesserung der Situation Sterbender<br />
führen können.<br />
Wie man vor einer Entbindung auf der<br />
„Wartburg” sitzt und Familie und Freunde<br />
Anteil daran nehmen, so würde ich mir ein<br />
Innehalten wünschen, wenn in unserer Familie<br />
oder Nachbarschaft ein Mensch sich<br />
auf seine letzte Reise vorbereitet. Mit welchen<br />
Worten hat Jesus seine Jünger gebeten<br />
am Gründonnerstagabend, im Getsemani-Garten<br />
bei ihm zu bleiben! Er<br />
wusste, dass er den Leidensweg des Sterbens<br />
am Kreuze allein gehen musste.<br />
„Wachet und betet mit mir!”<br />
Hilde Domin zeigt uns noch einen anderen<br />
Grund für unser Ausharren und Dasein<br />
bei einem Sterbenden: „Jeder, der geht,<br />
belehrt uns ein wenig über uns selber. Kostbarster<br />
Unterricht an den Sterbebetten ...<br />
Nur einmal sterben sie für uns, nie wieder.<br />
Was wüssten wir ohne sie? ... Dein Tod oder<br />
meiner der nächste Unterricht: so hell, so<br />
deutlich, dass es gleich dunkel wird.”<br />
Die Zunahme der Menschen, die sich in<br />
der <strong>Hospiz</strong>bewegung ehrenamtlich engagieren,<br />
ist vielleicht der größte Hoffnungsschimmer<br />
in diesem neuen Jahrhundert.<br />
Damit wir das Sterben wieder hineinnehmen<br />
ins Leben, Trauernden hilfreich begegnen,<br />
unserem eigenen Leben Sinn und<br />
9
Aufgabe verleihen, ist die Beschäftigung<br />
mit dem Ende des zeitlichen, sterblichen<br />
Lebens notwendig, vor allem aber hilfreich.<br />
Wünschen würde ich uns allen diese<br />
letzte Zeit unserer menschlichen Reifung<br />
und nicht die Abschaffung allen<br />
Leidens mit der Entgeheimnissung des<br />
Todes. In unserem Zeitalter der sauberen<br />
„Entsorgung” bedarf es der Achtsamkeit,<br />
des Respekts und des Mitgefühls für den<br />
leidenden Mitmenschen, damit er sich<br />
10<br />
nicht am Ende seines Lebens als Last für<br />
seine Familie und die Gesellschaft empfindet.<br />
Phantasievoll und vorausschauend diesen<br />
letzten Übergang unseres Lebens zu gestalten,<br />
damit wir wieder von einer „Kunst des<br />
Sterbens” sprechen können – darum geht es.<br />
Ein Wort Martin Bubers macht deutlich,<br />
wie ich das meine:<br />
„Ich habe keine Lehre.<br />
Ich zeige nur etwas.<br />
Ich zeige Wirklichkeit,<br />
ich zeige etwas an der Wirklichkeit,<br />
was nicht oder zu wenig gesehen worden ist.<br />
Ich nehme den, der mir zuhört, an der Hand<br />
und führe ihn zum Fenster.<br />
Ich stoße das Fenster auf und zeige hinaus.<br />
Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.”<br />
Frau Dr. Everding ist Ehrenvorsitzende des CHV,<br />
den sie von 1991 bis 2001 geleitet hat<br />
Foto: Christiane Sarraj
Die Rolle der Pflegenden in der Schmerztherapie<br />
unheilbar kranker Menschen<br />
Im Buch „Leben mit dem Sterben“ von<br />
Cicely Saunders und Mary Baines ist die<br />
Zeichnung einer unheilbar an Krebs erkrankten<br />
Frau abgebildet. Auf diesem<br />
Bild stellt sie dar, wie sie den, durch ihre<br />
Krankheit ausgelösten Schmerz wahrnimmt:<br />
Sie zeichnet sich selbst, als ein baufälliges,<br />
abbruchreifes <strong>Haus</strong> und den Schmerz als<br />
Abbruchbirne, die mit unbarmherzigen<br />
Schlägen dieses <strong>Haus</strong> nach und nach<br />
zerstört.<br />
Eine Bewohnerin in unserem <strong>Hospiz</strong> hat<br />
ein ähnliches Gefühl einmal so ausgedrückt:<br />
„Es ist, als würde mein Körper gar<br />
nicht mehr mir gehören, als würde er<br />
Stück für Stück einfach wegbrechen.“<br />
Mehr als jeder Fachtext haben mir diese<br />
Bilder die Multidimensionalität von<br />
Schmerz im Terminalstadium einer unheilbaren<br />
Erkrankung nahe gebracht.<br />
Sie zeigen deutlich, dass Schmerz hier<br />
mehr ist, als ein lokales körperliches<br />
Phänomen, vielmehr etwas, das den<br />
Menschen als Ganzes betrifft und bedroht.<br />
Menschen, die sich in der letzten Phase einer<br />
unheilbaren Erkrankung befinden, haben<br />
zum großen Teil mehr als zwei verschiedene<br />
körperliche Schmerzen, circa 30<br />
% haben mehr als vier. Dazu kommen häufig<br />
massive Veränderungen des Körperbildes<br />
durch Wunden, Operationsnarben,<br />
Von Katarina Theißing<br />
Therapiefolgen, Ödeme oder ausgeprägte<br />
Kachexie. So wie man einmal war körperlich<br />
unversehrt, ist man nicht mehr.<br />
Vielleicht braucht man jetzt Hilfe beim<br />
Aufsetzen oder Gehen, beim Essen oder<br />
beim Waschen. So wie man einmal war,<br />
selbstständig, ist man nicht mehr.<br />
Vielleicht kann man seinen Beruf nicht<br />
mehr ausüben, den <strong>Haus</strong>halt nicht mehr<br />
führen, die Kinder oder Enkelkinder<br />
nicht mehr versorgen, vielleicht noch<br />
nicht mal zuhause wohnen bleiben. So<br />
wie man einmal war, selbstbestimmt, ist<br />
man nicht mehr.<br />
Man wird die große Reise, die man geplant<br />
hatte, nicht mehr machen, nicht<br />
mehr in ein größeres <strong>Haus</strong> umziehen, die<br />
neue Stelle nicht antreten. Die Hochzeit<br />
des Sohnes nicht erleben, vielleicht Weihnachten<br />
schon nicht mehr da sein. Der,<br />
der man einmal war, ein Mensch mit Zukunft,<br />
ist man nicht mehr.<br />
In der Begleitung von Menschen, die sich<br />
mit einer Vielzahl von Schmerzen konfrontiert<br />
sehen, nehmen Pflegekräfte eine<br />
zentrale Rolle ein.<br />
Dies liegt zum einen daran, dass sie in der<br />
Regel die meiste Zeit mit den Betroffenen<br />
verbringen. Das heißt, sie haben die<br />
Möglichkeit, den Bedarf bzw. die Wirksamkeit<br />
einer Schmerztherapie über einen<br />
11
längeren Zeitraum (z.B. im Laufe einer<br />
Schicht), zu verschiedenen Tageszeiten<br />
und unter verschiedenen Bedingungen<br />
(in Ruhe, bei Belastung) zu erfassen. Sie<br />
nehmen wahr, wenn Nebenwirkungen<br />
auftreten, die Dosis nicht mehr ausreicht,<br />
neue Symptome auftreten oder Tabletten<br />
nicht mehr geschluckt werden können<br />
bzw. ihre Einnahme aus anderen Gründen<br />
nicht mehr gesichert ist.<br />
Sie beraten die Betroffenen und ihre Zugehörigen,<br />
erklären, wie die Schmerzmittel<br />
genommen werden sollten und warum<br />
und entkräften Vorbehalte gegenüber<br />
Schmerzmitteln (z.B. Angst vor Abhängigkeit<br />
etc.).<br />
Pflegekräfte haben außerdem die Möglichkeit,<br />
die medikamentöse Schmerztherapie<br />
durch pflegerische Maßnahmen zu<br />
unterstützen. Das können zum Beispiel<br />
entlastende Lagerungen sein, aber auch<br />
sogenannte komplementäre Pflegemaßnahmen<br />
wie Einreibungen, Wickel und<br />
Auflagen und der Einsatz von Aromaölen.<br />
In stationären <strong>Hospiz</strong>en kommt den Pflegenden<br />
eine besondere Rolle in der<br />
Schmerztherapie zu. Ähnlich wie in Alten-<br />
und Pflegeheimen werden die Bewohner<br />
hier von <strong>Haus</strong>ärztinnen und<br />
<strong>Haus</strong>ärzten betreut. Diese müssen ihr<br />
großes Engagement in der <strong>Hospiz</strong>arbeit<br />
mit der Arbeit in ihrer eigenen Praxis und<br />
nicht selten auch noch mit der Betreuung<br />
von Pflegeheimen unter einen Hut bringen.<br />
Manchmal haben sie bis dahin auch<br />
wenig Berührung mit der Palliativmedizin<br />
gehabt. Pflegende haben hier eine beratende<br />
Funktion und sind in der Regel<br />
maßgeblich an der Entwicklung, Anpas-<br />
12<br />
sung und Umsetzung des Therapieplans<br />
beteiligt.<br />
So viel zu den körperlichen Schmerzen.<br />
Für die anderen Schmerzen, die Verluste<br />
und die Trauer gibt es keine Therapie, dafür<br />
gibt es nur einen Umgang. Schmerzbegleitung<br />
statt Schmerzbekämpfung<br />
nennt Monika Müller dass und Anteilnahme<br />
und Solidarität seien dafür wichtige<br />
Werkzeuge.<br />
Pflege ist Beziehungsarbeit und findet<br />
nicht selten innerhalb des Intimbereichs<br />
eines Menschen statt.<br />
Um noch einmal auf das Bild der Patientin<br />
von Cicely Saunders zurückzukommen:<br />
Pflegende bewegen sich innerhalb des<br />
<strong>Haus</strong>es, sie sind Zeuginnen der Zerstörung,<br />
aber auch dessen, was intakt geblieben<br />
und vielleicht auch neu entstanden ist.<br />
Um noch mal deutlicher den Bezug zum<br />
Thema herzustellen: Wir arbeiten dort,<br />
wo der Schmerz sitzt. Wir sehen die<br />
Wunden, den Tumor, den veränderten<br />
Körper. Wir greifen dort ein, wo Selbständigkeit<br />
nicht mehr möglich ist, und<br />
machen ihren Verlust damit sichtbar.<br />
Ein Beispiel:<br />
Vor einiger Zeit begleiteten wir in unserem<br />
<strong>Hospiz</strong> eine Frau, die an Brustkrebs erkrankt<br />
war. Der Tumor hatte in mehrere<br />
Organe, darunter die Haut, metastasiert.<br />
Der gesamte Oberkörper der Frau war<br />
überzogen von extrem schmerzhaften, teilweise<br />
übelriechenden Wunden. Die Bewohnerin<br />
gab selbst an, vor dem Sterben wenig<br />
Angst zu haben. Es sei die körperliche Entstellung,<br />
die für sie kaum zu ertragen sei.
Häufig zeigte sie Photos von sich vor ihrer<br />
Erkrankung, es war ihr wichtig, dass wir sie<br />
sahen, wie sie einmal war.<br />
Ihre Wunden mussten natürlich regelmäßig<br />
verbunden werden, eine für sie auf allen<br />
Ebenen schmerzhafte und anstrengende<br />
Prozedur.<br />
Um es für sie einigermaßen erträglich zu<br />
machen war es nötig, den Verbandswechsel<br />
so zu gestalten, dass er möglichst<br />
schmerzfrei, schnell und selten durchgeführt<br />
wurde. Um das zu erreichen, verwendeten<br />
wir Verbandsmaterial, das atraumatisch<br />
zu entfernen und nur selten zu<br />
wechseln war, und natürlich bekam sie vor<br />
jedem Verbandswechsel zusätzlich zu ihrer<br />
Basismedikation eine hohe Bedarfsgabe.<br />
Außerdem wurde der Verbandswechsel<br />
immer von zwei Pflegenden durchgeführt.<br />
Es wurde ihr angeboten, zusätzlich zum<br />
Schmerzmittel auch ein beruhigendes,<br />
angstlösendes Medikament zu nehmen,<br />
aber das wollte sie nicht.<br />
Sie konnte jedoch genau angeben, was sie<br />
in dieser Situation unterstützen würde:<br />
Sie wollte nicht hinsehen müssen. Sie<br />
Literatur:<br />
Cicely Saunders, Mary Baines,<br />
Leben mit dem Sterben,<br />
Verlag Hans Huber, Bern, 1991<br />
Monika Müller, Total Pain, in:<br />
Cornelia Knipping (Hrsg.),<br />
Lehrbuch Palliative Care, Verlag Hans Huber, Bern, 2007<br />
wollte nicht über ihre Wunden informiert<br />
werden. Sie wollte während des Verbandswechsels<br />
nicht zu ihrer Befindlichkeit<br />
befragt werden. „Am liebsten würde<br />
ich den Raum verlassen.“ sagte sie. Da<br />
dies nicht möglich war, wollte sie sich mit<br />
der zweiten anwesenden Pflegenden über<br />
„etwas Schönes“ unterhalten. Häufig<br />
ging es bei diesen Gesprächen um ihre<br />
Vergangenheit, ihre Arbeit, Reisen die sie<br />
unternommen hatte. Intakte Räume.<br />
Die theoretisch unterschiedenen Dimensionen<br />
des Total Pain in physische, psychische,<br />
soziale und spirituelle Aspekte<br />
verdichten sich in pflegerischen Situationen<br />
häufig zu einer einzigen schmerzhaften<br />
Wirklichkeit.<br />
Hier ist es zentrale Aufgabe der Pflegenden,<br />
die Situation in einer Weise zu gestalten,<br />
die weitere Schmerzen möglichst verhindert,<br />
die Raum anbietet für das Ausdrükken<br />
von Trauer und Schmerz, aber auch die<br />
individuellen Bewältigungsstrategien der<br />
Betroffenen erkennt und unterstützt und<br />
Wege in intakte Räume aufzeigt.<br />
Katarina Theißing ist Palliativfachkraft im<br />
stationären <strong>Hospiz</strong><br />
13
CHV aktuell: Wer wird heute <strong>Hospiz</strong>helfer?<br />
Haben sie eine besondere Motivation?<br />
Irene Lenz: Helfer werden Menschen aller<br />
Altersgruppen, die sich dem Thema Sterben,<br />
Tod und Trauer zuwenden wollen.<br />
Meistens haben sie selbst Sterbefälle und<br />
Schwersterkrankungen in ihrem Umfeld<br />
erlebt und dabei Unterstützung erfahren<br />
oder aber auch Unterstützung vermisst.<br />
Nach unserer Erfahrung geht ein ganz bewusster,<br />
persönlicher Entscheidungsprozess<br />
der <strong>Hospiz</strong>helfertätigkeit voraus.<br />
CHV aktuell: Was dürfen, was können<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer tun? Was wird von ihnen erwartet?<br />
Jutta Schriever: In erster Linie unterstützen<br />
sie die sterbenden Menschen und<br />
deren Zugehörige durch ihr Dasein, das<br />
Einfühlen in deren Situation in dieser besonderen<br />
Lage.<br />
Sie bekommen von uns als Einsatzleitung,<br />
die sich ja vorher schon mit dem Patienten<br />
beschäftigt hat, einen Auftrag mit, an welcher<br />
Stelle ihr Einsatz hilfreich ist, einen<br />
Handlungsrahmen. Dies kann sich natürlich<br />
im Laufe der Begleitung ändern.<br />
CHV aktuell: Wer fordert <strong>Hospiz</strong>helfer an<br />
und nach welchen Kriterien wird entschieden,<br />
wer die Begleitung übernimmt?<br />
14<br />
Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen im CHV<br />
23 Millionen Menschen sind in Deutschland ehrenamtlich in <strong>Verein</strong>en, Verbänden, Kirchen<br />
etc. tätig. 150 freiwillige Helfer engagieren sich im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>. Sie begleiten<br />
Patienten und Angehörige und stehen ihnen in ihren letzten, schweren Stunden bei. Ein<br />
Team von sechs hauptamtlichen Einsatzleiterinnen koordiniert und betreut die <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
bei ihrer Arbeit.<br />
Irene Lenz: Die Anforderungen geschehen<br />
ganz unterschiedlich. Von der Familie<br />
selbst, von Freunden, Sozial- und Pflegediensten.<br />
Bei unseren Erstbesuchen erfahren<br />
die Familien häufig überhaupt erst,<br />
dass es <strong>Hospiz</strong>helfer gibt, was sie tun und<br />
nehmen dann gern deren Hilfe in Anspruch.<br />
Wir versuchen, Menschen zueinander<br />
zu bringen, die auch zueinander passen.<br />
Glücklicherweise gelingt dies in den<br />
allermeisten Fällen.<br />
CHV aktuell: Kann eine Begleitung auch<br />
abgelehnt werden?<br />
Jutta Schriever: Ja, natürlich. In erster Linie<br />
achten wir darauf, dass ein <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
von seinen Qualitäten her in die Situation<br />
passt. Auch zum Beispiel von der<br />
Ortsnähe her oder dem zeitlichen Rahmen,<br />
den er zur Verfügung stellen kann.<br />
Wir sagen dem <strong>Hospiz</strong>helfer ganz genau,<br />
was von ihm erwartet wird. Es ist aber<br />
auch total in Ordnung, wenn er nein sagt.<br />
Wir machen ja auch zusammen mit dem<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer den Erstbesuch in der Familie.<br />
Dort erklären wir, was sozusagen das<br />
Angebot ist. Die Menschen sollen ja eine<br />
gute Zeit miteinander haben. Wenn sich<br />
herausstellen sollte, dass es nicht so ganz<br />
passt, dann schauen wir neu. Die <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
lernen in ihrer Ausbildung auch,<br />
Ablehnung nicht persönlich zu nehmen,
sondern dass es ausschließlich um eine gute<br />
Lösung geht.<br />
CHV aktuell: Als Einsatzleiterinnen stehen<br />
sie ja auch während der Begleitung<br />
den <strong>Hospiz</strong>helfern zur Seite. Welche Probleme<br />
gibt es da?<br />
Irene Lenz: Probleme würde ich nicht sagen<br />
wollen. Höchstens, dass <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
von der Begleitung sehr unterschiedlich berührt<br />
werden. Aber dafür sind wir ja da, Gedanken<br />
und Gefühle einzuordnen, zu fragen,<br />
wie es ihnen in der Begleitung geht.<br />
Wir stehen in engem Kontakt. Alles, was<br />
unklar ist, soll mit uns als Einsatzleitung<br />
besprochen werden. Außerdem sind die<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer verpflichtet, regelmäßig an<br />
Supervisionen teilzunehmen, wo das eigene<br />
Handeln nochmal reflektiert werden kann.<br />
Irene Lenz im Gespräch mit Jutta Schriever<br />
CHV aktuell: Wie viel Zeit sollten die<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer für die Patienten haben und<br />
wie lange dauert eine durchschnittliche<br />
Begleitung?<br />
Jutta Schriever: Wir gehen von zwei bis<br />
vier Stunden wöchentlich aus. Aber das<br />
bleibt ganz individuell, je nach Situation.<br />
Wie lange Begleitungen dauern? Ich weiß<br />
als Einsatzleitung nur, dass man sich da<br />
sehr täuschen kann. Man denkt, das wird<br />
eine relativ kurze Begleitung. Dann gibt es<br />
aber viele Faktoren, durch die sich der Patient<br />
plötzlich unerwartet stabilisiert. Oder<br />
auch umgekehrt. Man glaubt, es geht noch<br />
eine ganze Weile gut, und dann wird die<br />
Begleitung in kurzer Zeit durch den Tod<br />
beendet.<br />
Das Interview führte Uve Hirsch<br />
15<br />
Foto: Uve Hirsch
Wie wahr, wie wahr, dachte ich mir in den<br />
letzten zwei <strong>Jahre</strong>n immer wieder, wenn<br />
ich mir diese Sätze aus dem Gedicht<br />
„Stufen” von Hermann Hesse vor Augen<br />
führte. Bezogen auf meine beruflichen Lebensräume<br />
hatte ich schon einige durchschritten.<br />
In jedem dieser Räume lernte<br />
ich viel, sammelte für mich wertvolle Erfahrungen.<br />
Nach einiger Zeit zog ich weiter,<br />
um Neues zu entdecken, um in mir<br />
Fähigkeiten zu wecken, die bisher noch<br />
ruhten.<br />
In diesem Jahr war es wieder soweit. Ich<br />
hatte mich entschieden, einen neuen beruflichen<br />
Weg einzuschlagen und bin seit<br />
April 2011 im SAPV-Team im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />
tätig.<br />
Schon länger beschäftigte ich mich in<br />
verschiedenster Weise mit dem Thema<br />
Sterben, Tod und Trauer. So beschloss ich<br />
im Sommer 2009, mich intensiver damit<br />
zu befassen, und meldete mich für einen<br />
Palliativ-Care-Kurs für psycho-soziale Berufsgruppen<br />
an der <strong>Christophorus</strong>-Akademie<br />
in Großhadern an. Die Kursleitung<br />
hatte Jürgen Wälde und einer der Referenten<br />
in der ersten Kurswoche war Sepp<br />
Raischl.<br />
Zunehmend spürte ich, dass der Weg in<br />
Richtung <strong>Hospiz</strong>arbeit mein Weg sein<br />
könnte.<br />
16<br />
Neu im <strong>Hospiz</strong><br />
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,<br />
an keinem wie an einer Heimat hängen ...<br />
Von Cornelia Rommé<br />
Aber wohin? Und ... so leicht geht das ja<br />
auch wieder nicht. Will ich das wirklich alles<br />
aufgeben? Meine Arbeit machte mir<br />
Freude und gab mir Sicherheit. Zweifel<br />
und auch Ängste stiegen gleichzeitig auf<br />
mit dem Gedanken, einen neuen beruflichen<br />
Lebensraum zu suchen.<br />
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,<br />
an keinem wie an einer Heimat<br />
hängen ...<br />
Mein letzter beruflicher Lebensraum war<br />
das Franziskuswerk Schönbrunn, eine Einrichtung<br />
für Menschen mit Behinderung.<br />
Der Anspruch, den das Franziskuswerk an<br />
sich selber stellt, lautet, den behinderten<br />
Menschen Heimat zu geben für ein ganzes<br />
Leben.<br />
Hier war ich elf <strong>Jahre</strong> tätig und dieser<br />
Raum war mir zunehmend zur beruflichen<br />
Heimat geworden. War es jetzt nicht an<br />
der Zeit, diesen Raum zu verlassen, fragte<br />
ich mich immer mal wieder. Denn inzwischen<br />
war es zweifelsohne so, dass ich an<br />
diesem Raum hing wie an einer Heimat.<br />
Doch was stand noch bei Hesse?<br />
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise<br />
Und traulich eingewohnt,<br />
so droht Erschlaffen,<br />
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,<br />
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Okay, okay, ich hab schon verstanden.<br />
Langsam tastete ich mich vor auf der Suche<br />
nach einer neuen beruflichen Tätigkeit<br />
und streckte meine Fühler aus. Mein erstes<br />
Gespräch mit Sepp Raischl fand im September<br />
2009 statt. Als letzten „Test” für<br />
mich selbst hospitierte ich im August 2010<br />
im Johannes-<strong>Hospiz</strong> der Barmherzigen<br />
Brüder und begleitete die Pflegekräfte dort<br />
acht Tage lang. Danach eröffnete sich mir<br />
die Möglichkeit, 2011 im CHV im ambulanten<br />
Team zu beginnen und ich sagte zu.<br />
Der Abschied aus dem Franziskuswerk<br />
Schönbrunn fiel natürlich nicht leicht.<br />
Doch um noch einmal mit Hesse zu<br />
sprechen:<br />
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe<br />
bereit zum Abschied sein und Neubeginne<br />
Und als Lebensruf habe ich diese ganze<br />
Entwicklung auch empfunden. Inzwischen<br />
weiß ich, dass die Entscheidung für<br />
Abschied und Neubeginn richtig war. Ich<br />
bin gut gelandet im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>.<br />
Die neuen Kolleginnen und Kollegen im<br />
SAPV-Team machten und machen es mir<br />
sehr leicht, mich in meinem neuen Arbeitsumfeld<br />
zu Recht zu finden und wohl<br />
zu fühlen. In den ersten Wochen wurde<br />
mir Zeit gegeben, alle Bereiche kennenzulernen<br />
und die dazugehörigen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zu begleiten. So<br />
konnte ich auch die Kolleginnen und Kollegen<br />
näher kennenlernen und erfuhr, wie<br />
sich die konkrete Arbeit der einzelnen Berufsgruppen<br />
im SAPV-Team gestaltet. Ich<br />
lernte viel über Medizin und Pflege sowie<br />
über die psycho-sozialen Nöte, denen<br />
Menschen in Situationen von Krankheit<br />
und Sterben ausgesetzt sind. Mittlerweile<br />
mache ich selber <strong>Haus</strong>besuche, informiere<br />
und berate Menschen, setze<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer/innen zur Unterstützung ein.<br />
Und ich spüre, wie viel Freude mir das<br />
macht.<br />
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,<br />
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.<br />
Darauf zu vertrauen, ist oft ganz schön<br />
schwer. Das Alte, Vertraute, Sicherheit gebende<br />
loszulassen, kostet viel Mut und<br />
Kraft. Aber es lohnt sich. Erst wenn ich<br />
loslasse, werde ich frei, um wieder Neues<br />
empfangen und geben zu können.<br />
Cornelia Rommé ist Einsatzleiterin<br />
für <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
17
„Also, schön zusammenbleiben, wir gehen<br />
jetzt zuerst in die Altstadt“ – Inge Scheller<br />
ist bei dem von ihr organisierten, alljährlichen<br />
Betriebsausflug des <strong>Christophorus</strong>-<br />
Seit 23 <strong>Jahre</strong>n engagiert sich die gelernte<br />
Fotografin für den <strong>Verein</strong>, brachte zuerst<br />
die Buchhaltung in Ordnung, wurde dann<br />
1991 Schatzmeisterin und prägt bis heute<br />
als Vorstandsmitglied Geschichte und<br />
Zukunft des <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s<br />
wesentlich mit. Nur wenige wissen,<br />
dass Inge Scheller aber außerdem Chefin<br />
einer renommierten Münchner Aufzugs-<br />
18<br />
Der Weg ist das Ziel …<br />
Von Uve Hirsch<br />
<strong>Haus</strong>es in ihrem Element. Rund ein Drittel<br />
der 60 Festangestellten des CHV wanderte<br />
mit ihr Mitte Juli durch Landsberg<br />
und den Lech entlang.<br />
firma ist und nicht nur im CHV, sondern<br />
auch in anderen karitativen Organisationen<br />
tatkräftig und mit Spendengeldern<br />
hilft. Selbst ihr Hobby, große Wanderungen<br />
und Fotografieren, stellt sie in den<br />
Dienst der CHV-Mitarbeiter. Dreimal, an<br />
verschiedenen Tagen, hat sie die Ausflugsstrecke<br />
erkundet und ausführlich dokumentiert.<br />
Foto: Uve Hirsch
Foto: Uve Hirsch Foto: Inge Scheller<br />
So wurde auch der diesjährige Betriebsausflug,<br />
mit seinem Höhepunkt, einem opulenten<br />
Mittagsessen in der direkt am Lech<br />
gelegenen „Hexenküche“ von allen Teilnehmern<br />
als wieder sehr gelungen angesehen.<br />
Gute, ausführliche Gespräche, zu de-<br />
nen im anspruchsvollen <strong>Hospiz</strong>betrieb<br />
kaum Zeit bleibt, oder auch das Kennenlernen<br />
von neuen Kollegen und anderen<br />
Bereichen des <strong>Haus</strong>es, kurz, ein Gewinn<br />
für alle, der sich auch im alltäglichen<br />
Miteinander widerspiegelt.<br />
Schatzmeisterin Inge Scheller und Geschäftsführerin Angelika Westrich im eiskalten Naturkneippbad<br />
19
„Ihr Gesunden versteht nicht was wir Sterbenden<br />
eigentlich brauchen“ hielt mir einmal<br />
ein Bewohner unseres <strong>Hospiz</strong>es vor. Ich<br />
wollte ihm gerade ein frisch gemachtes Rührei<br />
zum Abendessen schmackhaft machen.<br />
Ich ging, mit meiner pflegerischen Brille, davon<br />
aus, dass es mal kein süßer Brei ist und<br />
trotzdem gut zu schlucken sei. Scheinbar ein<br />
Irrtum.<br />
Dieser Bewohner ging im Verlauf seines Aufenthaltes<br />
einmal mit unserem Seelsorger Pizza<br />
essen. Er konnte kein Stück schlucken,<br />
war aber begeistert über den Duft der Pizza.<br />
Bei genauerem Nachdenken ist dies vielleicht<br />
auch viel wesentlicher für einen Menschen,<br />
der kurz vor dem Tode steht, dessen Körper<br />
schon ausgemergelt ist, als sich damit zu beschäftigen,<br />
in welcher Form er sich am besten<br />
ausreichend Nahrung zuführen kann.<br />
Diese Ansicht kann man natürlich nicht verallgemeinern.<br />
Die Bedürfnisse der schwerstkranken<br />
Menschen sind tatsächlich höchst<br />
individuell. Es ist allerdings hilfreich, sich bewusst<br />
zu machen, dass jeder, ob <strong>Hospiz</strong>helfer,<br />
Angehöriger, Arzt oder Pflegekraft, aus seiner<br />
eigenen gesunden, persönlichen Sichtweise<br />
versucht zu ermitteln, welche Bedürfnisse der<br />
schwerstkranke Mensch hat. Und häufig liegen<br />
alle dadurch völlig falsch. Die professionellen<br />
Berufsgruppen haben zwar oft den<br />
Vorteil, mit vielen sterbenskranken Menschen<br />
über deren Bedürfnisse kommuniziert<br />
zu haben. Die jeweilige berufliche Brille ist<br />
bei der Ermittelung der Wünsche der Betroffenen<br />
jedoch dafür oft hinderlich. Sehr<br />
schnell ist der Bedarf, den die Erkrankung<br />
20<br />
Von der Schwierigkeit, Bedürfnisse zu begreifen<br />
Von Ulrich Heller<br />
oder die Situation des Betroffenen mit sich<br />
bringt, mit seinen Bedürfnissen gleichgesetzt.<br />
In der Praxis heißt das für alle Beteiligten,<br />
immer wieder zu hinterfragen, sich gegenseitig<br />
auf die Subjektivität aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Es kann die Vorstellung der Angehörigen<br />
sein, dass für den Kranken ein ganz ruhiges<br />
Zimmer gut wäre, während derjenige sich<br />
freuen würde, noch etwas von der Stadtluft<br />
und von dem Leben auf der Straße mitzubekommen.<br />
Während Limo, Cola und Schokolade<br />
noch häufige Genüsse sein können,<br />
kann das gut gemeinte, frische, gesunde Essen<br />
oft nicht mehr die Vorlieben unserer Bewohner<br />
treffen. Und genauso kann es auch<br />
genau anders herum sein.<br />
Die Frage muss also lauten, wie komme ich<br />
hinter die Bedürfnisse der zu betreuenden<br />
Menschen. Was beeinflusst denn diese<br />
Bedürfnisse, im Gegensatz zum Gesunden?<br />
Hier sind natürlich erst einmal die Symptome<br />
zu sehen. Diese können so dominant<br />
sein, dass es überhaupt kein Verlangen gibt<br />
außer dem der körperlichen Linderung die-
ser Symptome. Beispiele für solche Symptome<br />
sind Schmerzen, Atemnot oder Schwäche.<br />
Letztere kann man leider nur sehr unzureichend<br />
behandeln, und oft sind sie für die<br />
Menschen entscheidend, dass sie ihre Wünsche<br />
nicht mehr befriedigen können. Lediglich<br />
der Helfer kann, wenn er sich als Werkzeug<br />
anbietet, die Schwäche teilweise<br />
kompensieren. Schmerzen kann man dafür<br />
häufig sehr gut lindern. Oft ist es deshalb die<br />
erste Aufgabe, eine möglichst gute Symptomkontrolle<br />
zu erreichen. Erst dann können<br />
neue Bedürfnisse bei den Betroffenen<br />
entstehen und Platz haben. Erfüllt man diese,<br />
tauchen häufig weitere, neue Bedürfnisse<br />
auf. Es ist vielleicht ein bisschen vergleichbar<br />
mit dem Häuten bei der Zwiebel. Ziel kann<br />
für die Helfer vielleicht sein, von dem Verlangen<br />
der Linderung der Symptome zum<br />
Stillen der einfachsten Bedürfnisse, zu den<br />
vielleicht tiefer gelegen sozialen, psychischen<br />
und spirituellen Wünschen zu kommen.<br />
Zu den einfachsten Anliegen, die durch die<br />
Einschränkungen der Erkrankung nicht<br />
mehr selber zu befriedigen sind, können beispielsweise<br />
Wünsche wie gut gebettet zu sein,<br />
gut zu duften oder mal eine andere Perspektive<br />
zu erleben und in den Rollstuhl gesetzt<br />
zu werden, zählen.<br />
Andere Faktoren, die das momentane Bedürfnis<br />
der erkrankten Menschen beeinflussen,<br />
können zum Beispiel Kultur, Erziehung,<br />
Sozialisation oder Ängste sein. Diese Aspekte<br />
sind aber individuell sehr unterschiedlich<br />
und für die Helfer oft schwer zu eruieren.<br />
Helfer sollen Mut machen, dass man als<br />
Kranker die Norm jetzt verlassen darf. Zum<br />
Beispiel ihn zu ermutigen, die Grundpflege<br />
sein zu lassen, seiner Schwäche nachzugeben<br />
und stattdessen lieber ein Glas Prosecco zu<br />
genießen. Aber nicht jeder Erkrankte will so<br />
ermutigt werden. Um wirklich auf die tiefer<br />
gehenden Bedürfnisse zu kommen, braucht<br />
man Zeit und viel Vertrauensentwickelung.<br />
Die Wünsche sind nicht immer der Krankheitssituation<br />
und der Ratio angepasst. Der<br />
Mensch will, ob krank oder nicht, als<br />
Mensch, und zwar als vollwertiger Mensch,<br />
gesehen werden. Auch wenn der Bedarf nach<br />
Sicherheit, Ruhe und Rücksicht besteht,<br />
wollen viele Menschen trotzdem bis zum<br />
Schluss als lebend und auch lebenshungrig<br />
gesehen werden. Gerade wenn Symptome<br />
gelindert sind, gibt es das Bedürfnis, weiter -<br />
leben zu wollen. Es gibt weiter das Bedürfnis<br />
nach menschlicher Nähe. Diese kann entstehen<br />
durch Zuwendung, Humor oder auch<br />
zwischenmenschliche Nähe. Menschen haben<br />
bis zum Schluss ihre Eigenheiten und<br />
auch Eitelkeiten, die sie beachtet haben wollen.<br />
Und ihre Bedürfnisse widersprechen sich<br />
auch häufig. Der Wunsch nach Gesundheit<br />
und Leben steht dem gegenüber, so krank<br />
nicht mehr leben zu wollen. Der Wunsch<br />
21
nach Schonung und Ruhe steht dem Wohlgefühl<br />
gegenüber, frisch gewaschen zu sein.<br />
Auch der Anspruch auf Rücksichtnahme<br />
und Achtsamkeit, nicht nur krank gesehen<br />
werden zu wollen, kann manchmal konträr<br />
zueinander stehen.<br />
Ich glaube, wenn wir Helfer durch Palliativmedizin<br />
und Pflege soweit kommen, dass der<br />
Betroffene wieder seine Eigenheiten einfor-<br />
Diesmal wird Eva Maria den Krebs nicht<br />
besiegen. Doch sie weiß damit umzugehen.<br />
Sie kennt das Gefühl, nicht mehr viel Zeit<br />
zu haben. Und sie weiß, wozu das Gefühl<br />
gut ist: dazu, die Zeit zu nutzen. Als Eva<br />
Maria vor 22 <strong>Jahre</strong>n zum ersten Mal Krebs<br />
hatte, da räumte sie ihr Leben auf. Sie ließ<br />
sich die Zähne sanieren, begann mit Yoga,<br />
ernährte sich gesünder, ging öfter schwimmen<br />
und spazieren. Sie sprach sich mit<br />
ihren Geschwistern aus. „Und ich habe<br />
meine Ehe in Ordnung gebracht, indem ich<br />
mich habe scheiden lassen.“<br />
Sie dachte über den Tod nach und erkannte:<br />
„Sobald man geboren ist, stirbt man. Es<br />
ist nur eine Frage der Zeit.“<br />
Man könnte sagen, Eva Maria war innerlich<br />
gut gewappnet, als der Krebs im Juli 2010<br />
zum zweiten Mal kam. „Das ist falsch“, sagt<br />
sie dann und erzählt, wie er sie auch beim<br />
zweiten Mal kalt erwischt habe. Wie sie die<br />
22<br />
Eine Frage der Zeit<br />
Von Andreas Unger<br />
dern kann, es also wieder „menscheln” kann,<br />
dann hat man schon sehr viel erreicht. Auch<br />
wenn die Bedürfnisse nicht immer ganz erkannt<br />
werden und nicht immer erfüllbar<br />
sind. Denn das ist zumindest wieder ein<br />
Stückchen Normalität und geht „uns Gesunden“<br />
doch genauso.<br />
Ulrich Heller ist Leiter des Pflegedienstes am<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> München<br />
ersten acht Wochen nach der Diagnose<br />
kaum außer <strong>Haus</strong> gegangen ist. Wie sie sich<br />
ins Bett verkrochen hat und das Telefon hat<br />
klingeln lassen, bis ihre Freunde immer seltener<br />
anriefen. Sie machte es wie manche Kaninchen<br />
im Angesicht des Feindes: halten<br />
ganz still und hoffen, er geht vorüber. Ihren<br />
„Totstellreflex“ nennt sie das.<br />
Aber diesmal wird der Feind nicht vorübergehen,<br />
und Eva Maria weiß das. Deshalb<br />
macht sie jetzt genau das Gegenteil: Sie ist<br />
lebendig geworden.<br />
Sie legt nicht mehr wie früher 150 Euro im<br />
Monat zurück, denn wozu? Sie kauft sich<br />
häufiger Kleidung. Sie geht fast täglich ins<br />
Café. Ihr Auto hat sie behalten, auch wenn<br />
das völlig überflüssig ist hier im Lehel, von<br />
wo aus sie mit der S-Bahn an den Tegernsee<br />
fährt und zu Fuß in die Oper geht, zu<br />
den Kammerspielen und in die Pinakotheken.<br />
Irgendwo hat sie neulich diesen Sinn-
spruch gelesen, der ihr nicht mehr aus dem<br />
Kopf geht: „Nicht mehr Tage in das Leben<br />
bringen, sondern mehr Leben in die Tage.“<br />
Eher distanziert berichtet Eva Maria von<br />
Rippenbrüchen, Brust-OP, Chemotherapie,<br />
Haarausfall, Metastasen in Rücken, Leber<br />
und Knochen. Vielleicht will sie sich keine<br />
Blöße geben. Vielleicht hat sie vieles schon<br />
hinter sich gelassen: den Schmerz, die Panik,<br />
die Abschiede. Wahrscheinlich ist: Sie<br />
ist bei sich, ohne ständig um sich zu kreisen.<br />
„Ich lebe zurzeit mein Leben fertig“, sagt Eva Maria<br />
Sie ist aus ihrer Wohnung am Stadtrand<br />
ausgezogen, in der sie 23 <strong>Jahre</strong> lang gewohnt<br />
hat. Es war eine große, helle Wohnung<br />
mit einem Garten, den sie angelegt<br />
und gepflegt und geliebt hat. Aber die Wohnung<br />
war auch voll von Vergangenem, und<br />
für das ist jetzt keine Zeit mehr. Sie ist in ein<br />
Apartment im Lehel gezogen, 22 Quadratmeter<br />
klein. Kurz nach dem Umzug dachte<br />
sie: „Das wird wohl mein Sterbezimmer.“<br />
Dann dachte sie: „Aber jetzt noch nicht.“<br />
Einmal die Woche machte Eva Maria, die<br />
anders heißt, einen Spaziergang: vom Lehel<br />
über die Isar, den Bogenhausener Friedhof<br />
und die Wehrlestraße zum Rosenkavalierplatz<br />
– zur Chemotherapie. Zuerst hat sie<br />
35 Minuten dafür gebraucht. Als es ihr<br />
schlecht ging, anderthalb Stunden. Aber<br />
statt der Tram hat sie sich Zeit genommen.<br />
Heute ist sie in die Effnerstraße 93 gekommen,<br />
wo der <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong><br />
seinen Sitz hat. Sie ist durch das helle Atrium<br />
gegangen, hinauf in den ersten Stock,<br />
durch den Gang und in den Begegnungsraum.<br />
Eine Uhr tickt. Ihr Pullover hat denselben<br />
milden Grünton wie ihre Augen.<br />
Durch ihre randlose Brille schaut sie auf<br />
Bäume, die in ein paar Wochen blühen<br />
werden. Später wird sie ihre<br />
<strong>Hospiz</strong>helferin treffen. Irene Lenz<br />
stößt dazu und erzählt vom <strong>Hospiz</strong><br />
<strong>Verein</strong>. Dessen Mitarbeiter stellen<br />
den Patienten Helfer zur Seite. Das<br />
Ziel ist es, bis zuletzt in der eigenen<br />
Wohnung bleiben zu können. Falls<br />
das nicht möglich ist, stehen 16 stationäre<br />
Plätze zur Verfügung.<br />
Etwa 150 Helfer hat der <strong>Verein</strong>.<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer und Patient lernen sich<br />
erst über den ambulanten <strong>Hospiz</strong>dienst<br />
kennen. „Wenn die beiden schon lange befreundet<br />
wären, würden sie auf eine gemeinsame<br />
Geschichte zurückblicken und<br />
würden sie interpretieren. Unsere <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
aber interpretieren das Leben der<br />
Sterbenden nicht. Wichtig ist allein deren<br />
eigener Blick zurück. Wir wünschen uns,<br />
dass unsere Betreuten mit ihrem Wesenskern<br />
in Kontakt kommen.“<br />
Zur Zeit geht es Eva Maria wieder so gut,<br />
dass sie ein schlechtes Gewissen hat, in ihrem<br />
Zustand beim Chrisophorus <strong>Hospiz</strong> zu<br />
sein. Irene Lenz tröstet sie mit dem Hinweis:<br />
„Wir freuen uns, wenn die Erkrankten<br />
und ihre Angehörigen möglichst frühzeitig<br />
zu uns kommen.“<br />
23
Eva Maria hat zu einer Radikalität gefunden,<br />
die ihr gut tut. Da ist zum Beispiel<br />
das Gerede mancher Leute, die meinen,<br />
den Krebs erklären zu können. Mit Erbsünde<br />
etwa oder schlechter Ernährung.<br />
Oder Leute, die meinen, sie trösten zu<br />
müssen. Zum Beispiel durch ihren Glauben<br />
an Wiedergeburt. Diesen Leuten sagt<br />
sie: „Niemand weiß, woher der Krebs<br />
kommt. Das ist ein physikalisch-chemischer<br />
Vorgang. Und niemand weiß, was<br />
nach dem Tod passiert.“ Und dann verzichtet<br />
sie darauf, sie weiterhin zu treffen.<br />
Niemals wäre sie früher so konsequent gewesen.<br />
Jetzt schon. „Ich habe dem Tod ins<br />
Angesicht geschaut.“ Das scheint ihr<br />
Angst genommen zu haben.<br />
Sie möchte verbrannt werden, ihre Asche<br />
soll anonym unter einem Baum beigesetzt<br />
Die Seele ist wie ein Wind,<br />
der über die Kräuter weht,<br />
wie der Tau,<br />
der über die Wiesen träufelt,<br />
wie die Regenluft,<br />
die wachsen macht.<br />
Desgleichen ströme der Mensch<br />
Wohlwollen auf uns alle,<br />
die da Sehnsucht tragen.<br />
24<br />
Die Seele<br />
werden. Zum Abschied soll die Air aus<br />
Johann Sebastian Bachs Dritter Suite für<br />
Orchester gespielt werden. Für den Leichenschmaus<br />
hat sie Geld zurückgelegt.<br />
„Mein Sohn steht im Leben, und meine<br />
Mutter habe ich gepflegt, bis sie gestorben<br />
ist. Ich habe meine Pflichten erfüllt.“<br />
Jetzt ist sie 70 und sagt: „Ich lebe zur Zeit<br />
mein Leben fertig.“<br />
Doch bevor es so weit ist, ist es noch zu<br />
leben. Zum Ende des Gesprächs fragt sie,<br />
ob sie die Serviette auf dem Tisch mitnehmen<br />
dürfe, mit aufgedruckten Tulpen,<br />
Orangen und Kirschen. Sie sammelt sie.<br />
Mit freundlicher Genehmigung der<br />
Zeitschrift BISS<br />
Text und Foto Andreas Unger<br />
Ein Wind sei er,<br />
der den Elenden hilft,<br />
ein Tau,<br />
der die Verlassenen tröstet.<br />
Er sei wie die Regenluft,<br />
die die Ermatteten aufrichtet<br />
und sie mit Liebe erfüllt<br />
wie Hungernde.<br />
(Hildegard von Bingen<br />
* 1098, gest. 17.09.1179)
Die Distanz und ich – Grundlagenseminar zur<br />
<strong>Hospiz</strong>helferausbildung<br />
Nachdem meine Großmutter im Sommer<br />
2009 – zu <strong>Haus</strong>e wunderbar betreut<br />
– gestorben ist, hatte ich das Gefühl,<br />
mich mit dem Thema Sterben und der<br />
Unterstützung der <strong>Hospiz</strong>arbeit zu beschäftigen,<br />
mich einbringen zu wollen.<br />
Seit Anfang 2010 bin ich nun beim CHV<br />
aktuell und schreibe hie und da einen Artikel<br />
für diese Mitgliederzeitschrift. Die<br />
Arbeit als <strong>Hospiz</strong>helfer kann ich mir<br />
(noch) nicht vorstellen, doch das Grundseminar<br />
dürfte doch kein Problem darstellen.<br />
Als ich vor der Tür stehe, um am Samstagmorgen<br />
das Seminar zu beginnen, bin<br />
ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob<br />
es eine gute Idee war, teilzunehmen. Der<br />
Inhalt des Grundseminars ist mit „Die<br />
<strong>Hospiz</strong>idee und der Umgang mit Sterben,<br />
Tod und Trauer“ umschrieben und der<br />
Kloß in meinem Hals wird mit jedem<br />
Meter, den ich dem Veranstaltungsort näher<br />
komme, größer. Was und auch wer<br />
wird mich erwarten? Zwei Tage lang werde<br />
ich mit wildfremden Menschen über<br />
den Tod und das Sterben sprechen. Ich<br />
ignoriere den Kloß und betrete den<br />
Raum. Mein erster Gedanke ist: „Sind das<br />
viele Menschen hier.“ Der Zweite: „Sind<br />
die alle jung.“<br />
Gerechnet hatte ich mit vielleicht 12<br />
allesamt älteren Herrschaften, mit ernsten,<br />
weisen Gesichtern – bekommen habe<br />
ich 24 Menschen in jedem Alter, die<br />
Von Julia Hagmeyer<br />
allesamt ganz „normal“ aussehen. Soweit,<br />
so gut.<br />
Die etwas esoterisch wirkende Frau, die<br />
mich begrüßt hat, schlägt einen Gong, in<br />
der Mitte unseres Stuhlkreises steht ein<br />
Blumenstrauß, bunte Tücher und eine<br />
Kerze sollen wohl eine wohnliche Atmosphäre<br />
schaffen. Mein Kloß drückt.<br />
In der Vorstellungsrunde spreche ich mit<br />
meiner Nebensitzerin, einer jungen Frau,<br />
wir stellen uns vor, erzählen von unseren<br />
Berufen – warum wir hier sind, erwähnen<br />
wir beide nicht. Fast wie abgesprochen.<br />
Anschließend stellt jeder in der großen<br />
Runde seinen Nachbarn vor und ich sehe,<br />
andere waren nicht so zimperlich, sagen<br />
sofort, warum sie hier im <strong>Hospiz</strong> sind, erzählen<br />
von Krankheiten und Todesfällen,<br />
meist in der Familie.<br />
Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück,<br />
wild entschlossen, die journalistische Distanz<br />
vor alle Gefühle zu stellen, ich bin<br />
hier um zu beobachten, nicht, um etwas<br />
von mir preiszugeben.<br />
Auch notiere ich zuerst noch mit, was Irene<br />
Lenz und Martin Alsheimer, die beiden<br />
leiten das Seminar, sagen. Irene Lenz ist<br />
eine von sechs Einsatzleiterinnen des<br />
<strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong>es und koordiniert<br />
die <strong>Hospiz</strong>helfer, Martin Alsheimer leitete<br />
die <strong>Hospiz</strong>akademie Ingolstadt und ist<br />
Ausbilder in der <strong>Hospiz</strong>arbeit. Im Laufe<br />
25
des Seminars wird sich zeigen, dass die beiden<br />
sich perfekt ergänzen.<br />
Nach der Vorstellungsrunde geht es<br />
inhaltlich um die <strong>Hospiz</strong>idee und die Frage<br />
nach der eigenen Einstellung zum<br />
Sterben. Hier wird es dann doch wieder<br />
persönlich und ich bin froh, dass andere<br />
sprechen und erzählen und mein Kloß<br />
und ich nur hier sitzen und beobachten.<br />
Gleichzeitig werden uns aber auch<br />
Entwicklungen aufgezeigt, wie die Gesellschaft<br />
mit dem Sterben umgeht, wie die<br />
medizinische Versorgung aussieht und wie<br />
sich die Zukunft entwickeln wird.<br />
Danach wird die Rolle des <strong>Hospiz</strong>helfers<br />
betrachtet, an einem Rollenspiel, in dem<br />
Martin Alsheimer einen Patienten spielt<br />
wird uns klar, dass die wesentliche Aufgabe<br />
des Helfers ist, da zu sein. Ohne Tatendrang<br />
und Ziele, ohne Programm und<br />
Wertung. Einfach da sein, hier und da etwas<br />
fragen, etwas einbringen, aber nur so<br />
viel, wie von allen Beteiligten gewünscht<br />
wird.<br />
In der Mittagspause gehe ich mit den zwei<br />
sympathischen Frauen, die neben mir sitzen,<br />
Eiskaffee trinken und plötzlich ist es<br />
ganz leicht, über die persönlichen Hintergründe,<br />
die uns hierher bewegt haben, zu<br />
sprechen.<br />
Am Nachmittag erwartet uns ein Film,<br />
der einen Mann auf seinem letzten Weg<br />
begleitet. Von der Krebsdiagnose, zur letzten<br />
Urlaubsreise, über Behandlungsversuche<br />
und -verweigerung bis zum Tod. Meine<br />
journalistische Distanz ist übrigens<br />
nach der Mittagspause nicht mehr mit in<br />
den Raum gekommen – anscheinend ha-<br />
26<br />
be ich sie draußen irgendwo verloren,<br />
mein Notizblock liegt verwaist neben mir<br />
auf dem Boden.<br />
So beiße ich mir auf die Backe, um der<br />
Gefühle, die der Film in mir auslöst, Herr<br />
zu werden und schaue nicht nach rechts<br />
und links. Hätte ich das getan, hätte ich<br />
gesehen, dass es den anderen ähnlich ging,<br />
wie wir danach in der Pause besprechen.<br />
Da der Film einen ganz normalen<br />
Menschen zeigte, geschieden, Raucher,<br />
bei manchen beliebt, bei anderen nicht,<br />
geht er umso näher und verleitet dazu, eine<br />
Wertung vorzunehmen, manches anders<br />
zu machen. Aber genau darum geht<br />
es, der <strong>Hospiz</strong>helfer soll und darf nicht<br />
werten.<br />
In den Pausen auf der Terrasse kommt<br />
man immer wieder mit anderen Menschen<br />
ins Gespräch und an allen fällt auf,<br />
wie offen und interessiert sie sind. Mit<br />
dem einen spreche ich über die Münchner<br />
Opernszene, eine andere erzählt mir, dass<br />
sie in einem Nachbarschaftsring beteiligt<br />
ist, wo jeder etwas beiträgt und sie Kuchen<br />
für ein soziales Café bäckt. Eine Dritte<br />
hat, wie ich und auch noch gleichzeitig<br />
mit mir, während des Studiums in einem<br />
Bungalow im Olympiadorf gewohnt.<br />
Am nächsten Morgen hat sich der Kloß<br />
verabschiedet, und ich bin gespannt auf<br />
den Tag. Heute geht es um Trauer und die<br />
Endlichkeit des Lebens und wir sprechen<br />
zuerst über Situationen, die Anlass zum<br />
Trauern geben. Die Trauer wird als seelische<br />
Wunde, der Prozess der Wundheilung<br />
als Trauern beschrieben. Wir befassen<br />
uns mit unterschiedlichen Arten des
Trauerns und die Gruppe bekommt wieder<br />
viel Raum, aus eigenen Erfahrungen<br />
zu berichten.<br />
Danach beschäftigen wir uns weiter mit<br />
dem Themenkomplex Trauer, anhand von<br />
einzelnen Aussagen und Thesen unterhalten<br />
wir uns untereinander über unsere<br />
Vorstellung von Trauer.<br />
Nach der Mittagspause, die wir alle gemeinsam<br />
im Garten des <strong>Christophorus</strong>-<br />
<strong>Haus</strong>es verbringen, machen wir uns Gedanken<br />
um die eigene Endlichkeit – jeder<br />
für sich oder in der Gruppe. Insgesamt hat<br />
man an diesem Wochenende die Wahl,<br />
wie sehr man aus sich herausgehen möchte,<br />
oder ob man das eben nicht möchte,<br />
sondern ganz bei sich bleibt.<br />
Am Nachmittag bekommen wir Besuch<br />
von einer erfahrenen <strong>Hospiz</strong>helferin – unser<br />
Fenster in die Praxis, können alle Fragen<br />
stellen, die uns einfallen. Wir lernen noch<br />
einige ganz praktische Dinge über die <strong>Hospiz</strong>arbeit<br />
– so zum Beispiel, dass es auch<br />
Aufgabe des <strong>Hospiz</strong>helfers sein kann, mit<br />
dem Kleinkind der Familie spazieren zu gehen,<br />
damit der sterbende Mann und seine<br />
Frau eine ruhige Stunde haben können.<br />
Am Sonntagabend hat sich innerhalb der<br />
Gruppe eine unwahrscheinliche Intimität<br />
und freundliche Vertrautheit eingestellt –<br />
wir verabschieden uns wie Freunde.<br />
Für mich persönlich hat sich die Teilnahme<br />
in jedem Fall gelohnt – ich habe viel<br />
Foto: Inge Scheller<br />
über mich und andere gelernt und bin<br />
ziemlich sicher, dass ich irgendwann als<br />
<strong>Hospiz</strong>helferin arbeiten möchte – dann,<br />
wenn es in mein Leben passt.<br />
Die Ausbildung zum <strong>Hospiz</strong>helfer ist dreistufig:<br />
Grundseminar (ein Wochenende<br />
oder sechs Abende), Auswahlgespräch und<br />
Aufbauseminar (drei Wochenenden, zehn<br />
Abende und zehn Stunden Praktikum) bereiten<br />
umfassend auf die Tätigkeit vor.<br />
Julia Hagmeyer ist Redaktionsmitglied von<br />
CHV aktuell, www.chv.org<br />
27
Ein Mensch wird geboren, wirkt eine Weile.<br />
Und tritt wieder ab. Ein Mensch lernt, für<br />
sich zu sorgen, erst dann kann er lernen,<br />
sich um andere zu kümmern.<br />
Und ähnlich wie zu Beginn seines Lebens<br />
kehrt er auch dahin zurück, dass unter Umständen<br />
für ihn gesorgt werden muss. Wenn<br />
er Glück hat, hat er ein gutes Wissen darüber,<br />
wie man sich um sich selbst kümmert.<br />
In diesem Kreis leben und wirken auch die<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer.<br />
Frau Ristow hat ihre aktive Tätigkeit als<br />
<strong>Hospiz</strong>helferin nach 22 <strong>Jahre</strong>n niedergelegt.<br />
CHV aktuell will berichten. Als ich Kontakt<br />
aufnehme, ist ihr das gar nicht so ganz<br />
recht. Sie will nicht so im Vordergrund stehen.<br />
Redet von anderen, die viel besser reden<br />
können. Von Jüngeren... Ich merke<br />
schon...<br />
Ja, was? Sie ist nicht untypisch, diese Bescheidenheit,<br />
dieses Sich-selbst-Zurücknehmen<br />
kennzeichnet viele <strong>Hospiz</strong>helfer. Und,<br />
ja: Da gibt es auch andere. Die besser reden<br />
können. Ich verstehe…<br />
Vielleicht macht gerade das mich besonders<br />
neugierig, diese scheuen <strong>Hospiz</strong>helfer, die<br />
ihre Person nicht so in den Vordergrund<br />
stellen. Und sie dennoch wichtig nehmen.<br />
Ich bereite Fragen vor. Zum vereinbarten<br />
Termin ist Frau Ristow erkrankt. Ihre Stimme<br />
ist deutlich angeschlagen, und ihr fehlt<br />
die Energie. Wir telefonieren einen Monat<br />
28<br />
Wenn sich der Kreis schließt<br />
Von Irene Braun<br />
später nochmals. Sie hat es sich überlegt: Es<br />
gibt da Jüngere, welche, die viel besser reden<br />
können. Ich sage, Sie möchten wohl lieber<br />
nicht? Das liegt Ihnen nicht so, so etwas? Sie<br />
klingt erleichtert, und wir reden klar und offen<br />
in wenigen dürren Worten über die<br />
wunderbaren, wertvollen Menschen, die im<br />
<strong>Hospiz</strong> engagiert und tätig sind. Und über<br />
die teilweise ausgezeichneten Supervisoren.<br />
Und über das Geschick und Feingefühl der<br />
Einsatzleiter, mit dem sie <strong>Hospiz</strong>helfer und<br />
Patienten zusammenbringen. Und darüber,<br />
dass jeder <strong>Hospiz</strong>helfer über ganz besondere,<br />
eigene Fähigkeiten verfügt für das Begleiten<br />
Todkranker und Sterbender. Und indem ich<br />
denke, darüber möchte ich mit ihr reden,<br />
sagt Frau Ristow, aber wir können uns gerne<br />
so mal treffen, uns unterhalten.<br />
Als ich nochmal zwei Monate später hinkomme,<br />
sitzen wir in einem blühenden<br />
Garten an einem Kaffeetischchen. Und ich<br />
sehe und erlebe einen Menschen, der mit jeder<br />
Faser all dem verbunden ist, was sein<br />
Leben ausmacht. Jeder <strong>Hospiz</strong>helfer hat seine<br />
Kraftquellen. Frau Ristow erinnert sich<br />
ebenfalls an eine frühere Einsatzleiterin, die<br />
bei den regelmäßigen Gesprächen mit ihren<br />
<strong>Hospiz</strong>helferinnen genau danach fragte:<br />
Woraus beziehen Sie Ihre Kraft? Und für<br />
sich selbst schwärmte von jeder freien Minute<br />
in der Natur. Wie wir da so sitzen im<br />
vielfarbigen, zwitschernden Grün, wird mir<br />
klar, dass alle Menschen, nicht nur <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
genau wissen müssen, woraus sie ihre<br />
Kraft beziehen. Sterbebegleitung erfordert<br />
nichts wesentlich anderes als jedes ganz nor-
male Privatleben. Nur: Vielleicht gründlicher!<br />
Sorgfältiger!<br />
Und dann sprechen wir davon: Dass man,<br />
wenn es einem nicht so gut geht, erst mal<br />
für sich selber sorgen muss, um dann für die<br />
da zu sein, die von einem abhängen. Die<br />
darauf angewiesen sind, dass man eben<br />
nicht zusammenklappt. Wir haben beide<br />
immer wieder erlebt, dass Außenstehende<br />
glauben, es koste viel Kraft, Todkranke,<br />
Sterbende zu begleiten. In Wahrheit<br />
schließt sich auch hier ein Kreis: Wir beziehen<br />
ebenso viel aus einer Begleitung, wie<br />
wir hineingeben. (In so mancher Supervisions-Sitzung<br />
ist über das sogenannte „Helfersyndrom”<br />
gesprochen worden. Bis einmal<br />
jemand frappierend klar und<br />
unumwunden äußerte, ich mache das –<br />
ganz ehrlich – doch nicht nur für die anderen,<br />
ich mache das auch für mich!) Dieser<br />
Kreislauf muss im Gleichgewicht sein.<br />
Übereinstimmend stellen wir fest, wie klar<br />
die Einsatzleitung bei der Auswahl und Zuordnung<br />
der <strong>Hospiz</strong>helfer diesem Umstand<br />
Rechnung trägt, wie eine Störung bei uns<br />
selbst dieses Gleichgewicht kippen kann.<br />
Wenn sich der Kreis nicht mehr schließt…<br />
Frau Ristow gehört zu den <strong>Hospiz</strong>helferinnen,<br />
die aus der Sozialarbeit stammen und<br />
von da aus zum <strong>Hospiz</strong> gelangen. Sie war<br />
auch im Ausland, in Brasilien tätig, hatte<br />
Ehrenämter inne, in der Diakonie. Hatte<br />
dann auch selbst Familie. Und fühlte sich<br />
von Anfang an angezogen von der <strong>Hospiz</strong>idee,<br />
als diese in Deutschland Fuß fasste.<br />
Eine der <strong>Hospiz</strong>helferinnen „der zweiten<br />
Stunde“, wie sie selbst sagt. Wir wünschen<br />
ihr, dass sie selbst auch immer gut umsorgt<br />
ist so wie all jene, um die sie sich ein tätiges<br />
Leben lang gekümmert hat.<br />
Irene Braun ist selbst <strong>Hospiz</strong>helferin und<br />
Redaktionsmitglied CHV aktuell<br />
29<br />
Foto: Christine Sarraj
„Am schlimmsten ist es, abends in die leere<br />
Wohnung zurückzukommen“, erzählt Frau<br />
M. mit nur mühsam unterdrückten Tränen<br />
in der Stimme. Eine große innere Not steht<br />
ihr ins Gesicht geschrieben. Blicke, Mimik<br />
und Gesten vieler in der Runde der offenen<br />
Trauergruppe zeigen, dass auch ihnen diese<br />
Erfahrung vertraut ist und Frau M. ihnen<br />
mit ihren Worten aus der Seele spricht.<br />
Zweimal monatlich, jeweils in einer Dienstagnachmittagszeit,<br />
trifft sich dieser Gesprächskreis<br />
– geleitet und moderiert von<br />
Anette von Dercks und mir. Er möchte<br />
Menschen, die einen ihnen nahe stehenden<br />
Angehörigen durch Tod verloren haben,<br />
Unterstützung in dieser schwierigen Zeit<br />
anbieten. Das Bild vom <strong>Hospiz</strong> als einer<br />
Herberge für schwerstkranke und sterbende<br />
Menschen schließt ausdrücklich auch die<br />
Fürsorge für all jene ein, die den Kranken<br />
aufgrund familiärer oder freundschaftlicher<br />
Bindungen „zugehörig“ sind und auch über<br />
deren Tod hinaus zugehörig bleiben. Mascha<br />
Kaléko hat dies in einem ihrer Gedichte<br />
treffend auf den Punkt gebracht: „ Den<br />
eigenen Tod stirbt man (nur), doch mit<br />
dem Tod der anderen muss man leben!“ Genau<br />
vor dieser Aufgabe stehen Trauernde<br />
und sie kann zu einer Herausforderung werden,<br />
die Menschen schmerzhaft mit den<br />
Grenzen ihrer Kräfte und Möglichkeiten<br />
in Berührung bringt. Nicht wenige Betroffene<br />
erleben Trauerprozesse als seelische<br />
Schwerstarbeit und sprechen von der Notwendigkeit,<br />
das Leben, in dem nichts mehr<br />
so ist wie zuvor, wieder von Grund auf neu<br />
30<br />
Der Weg entsteht im Gehen –<br />
Unterstützung in der Zeit der Trauer<br />
Von Jürgen Wälde<br />
lernen zu müssen. Für manche wird dabei<br />
die Teilnahme an der Gruppe zu einer wertvollen<br />
Erfahrung, die ihnen zeigt, dass sie<br />
mit ihrem Suchen und Ringen nicht alleine<br />
stehen, die ihnen Mut macht, nicht aufzugeben,<br />
sondern Schritt für Schritt einen für<br />
sie gangbaren Weg zu entwickeln.<br />
Zu Beginn der einzelnen Treffen entzünden<br />
die Teilnehmenden als Zeichen der<br />
Verbundenheit eine Kerze für ihre verstorbenen<br />
Angehörigen, die auf diese Weise<br />
symbolisch im Raum mit anwesend sind.<br />
In einer offenen Runde erhält dann jeder<br />
der meist 8 bis 10 Teilnehmenden Gelegenheit,<br />
von dem zu erzählen, was ihn im<br />
Augenblick bewegt und beschäftigt. Dabei<br />
ist uns die Freiheit des Einzelnen wichtig,<br />
ohne jeden Erwartungsdruck selbst darüber<br />
zu entscheiden, wovon er in diesem<br />
Moment sprechen und worüber er vielleicht<br />
lieber schweigen möchte. Nicht jedem<br />
fällt es gleichermaßen leicht, sich vor<br />
einer Gruppe zu öffnen, eigene Erfahrungen<br />
ins Wort zu bringen und mit intensiven<br />
Gefühlen in diesem Rahmen umzugehen.<br />
Aus den eingebrachten Beiträgen<br />
kristallisieren sich dann oft wie von selbst<br />
Themen heraus, über die wir in der<br />
Gruppe ins Gespräch kommen.<br />
Beispielhaft seien an dieser Stelle einige<br />
Fragestellungen benannt: Habe ich bzw.<br />
haben wir etwas versäumt, was den Tod<br />
meines Angehörigen möglicherweise verhindert<br />
hätte? Wie soll ich mit den Bildern
von Krankheit und<br />
Sterben umgehen, die<br />
mir auf eine sehr belastende<br />
Weise immer<br />
wieder vor Augen stehen?<br />
Ist das eigentlich<br />
noch normal, derart<br />
dünnhäutig, verletzlich<br />
und unsicher geworden<br />
zu sein? Wer bin<br />
ich und wie bewege ich<br />
mich ohne den geliebten<br />
Partner an meiner<br />
Seite? Wie halte ich<br />
bloß die Einsamkeit,<br />
insbesondere an den<br />
Abenden und Wochenenden aus? Soll ich<br />
Erinnerungen an die unwiederbringlich<br />
vergangene Zeit pflegen oder verstärken sie<br />
nur den Schmerz? Wer kümmert sich jetzt<br />
um mich, wenn ich selbst Unterstützung<br />
brauche? Welche Erwartungen hat meine<br />
Familie bzw. mein Umfeld an mich und<br />
mein Verhalten? Wie gehe ich damit um,<br />
wenn sich mir wichtige Menschen nicht<br />
mehr melden oder aber durch vermeintlich<br />
gute Ratschläge an meinen wirklichen<br />
Bedürfnissen vorbeigehen? Hört Trauer eigentlich<br />
auch einmal auf? Darf ich mich<br />
dem Leben wieder zuwenden, auch wenn<br />
der Mensch, dem ich noch immer in Liebe<br />
verbunden bin, dies nun nicht mehr mit<br />
mir teilen kann?<br />
Worum es inhaltlich im Einzelnen auch<br />
gehen mag, immer achten wir als Leitung<br />
sorgfältig darauf, dass wir miteinander auf<br />
der Ebene eines respektvollen Austausches<br />
tatsächlich gemachter Erfahrungen bleiben,<br />
die gerade auch dort Raum bekommen<br />
und Würdigung erfahren, wo sie<br />
nicht von jedem in der Runde spontan<br />
mitvollzogen werden<br />
können. Nicht selten<br />
gehen gerade von solchen<br />
auf den ersten<br />
Blick eher „anstößigen“<br />
Beiträgen öffnende<br />
und hilfreiche Impulse<br />
aus. So erinnere<br />
ich mich etwa noch gut<br />
an eine Teilnehmerin,<br />
die sich in der Gruppe<br />
fast ein wenig fehl am<br />
Platze vorkam, da sie<br />
offenbar als Einzige<br />
nicht mit einem „Heiligen“<br />
verheiratet gewesen<br />
war, der alle nur wünschenswerten<br />
Eigenschaften in seiner Person vereinigte.<br />
Gerade ihre unverblümte Offenheit ermöglichte<br />
es schließlich auch anderen in<br />
der Gruppe, Idealisierungen ihres verstorbenen<br />
Partners zurück und dafür eigene<br />
Stärken und Talente besser in den Blick zu<br />
nehmen. Während das Ernstnehmen von<br />
Wahrnehmungen und Erfahrungen fast<br />
immer mit einem persönlichen Gewinn<br />
für die Teilnehmenden verbunden ist, erweisen<br />
sich allgemeine Diskussionen darüber,<br />
wie man angemessen bzw. „richtig“<br />
trauert oder wer es im Vergleich zu anderen<br />
nun leichter oder schwerer hat, mit seiner<br />
Verlusterfahrung zurecht zu kommen,<br />
meist als recht unfruchtbar. Hier sind alle<br />
in der Gruppe mit ihrer Achtsamkeit<br />
gefragt, einem Abgleiten in solche Diskussionsschleifen<br />
frühzeitig einen Riegel vorzuschieben.<br />
Neben den persönlichen Erfahrungen<br />
der Trauernden selbst nutzen<br />
wir in der Gruppe auch kurze Impulse, die<br />
wir als Leitung mit dem Ziel einbringen,<br />
ein besseres Verständnis für das Durchleben<br />
von Trauerprozessen zu wecken.<br />
31
Hier haben wir etwa mit dem Trauermodell<br />
von Pisarski/Orth, den Traueraufgaben<br />
nach Worden oder auch mit dem Ansatz<br />
von Roland Kachler gute Erfahrungen gemacht.<br />
Bisweilen bieten auch ausgewählte<br />
Symbole, Bilder, Gedichte oder Märchen<br />
einen fruchtbaren Zugang zum Thema und<br />
einen guten Einstieg in ein Gespräch. Für<br />
die letzte halbe Stunde unserer zweistündigen<br />
Gruppentreffen lösen wir die große<br />
Runde auf und laden diejenigen, die möchten,<br />
dazu ein, bei einer Tasse Kaffee untereinander<br />
ins Gespräch zu kommen. Vielleicht<br />
hat mich jemand mit seinen<br />
Beiträgen besonders angesprochen oder ich<br />
verspüre das Bedürfnis, an einem Punkt genauer<br />
nachzufragen bzw. eigene Erfahrungen<br />
zu ergänzen, die in der großen Runde<br />
zu äußern ich Scheu hatte.<br />
Dieser informelle Ausklang bietet darüber<br />
hinaus eine gute Gelegenheit, sich wechselseitig<br />
etwas besser kennen zu lernen und<br />
dort, wo es als stimmig empfunden wird,<br />
auch Kontakte zu knüpfen, die über die<br />
Teilnahme am Gesprächskreis hinausgehen.<br />
Ein erster Schritt in diese Richtung<br />
deutet sich meist an, wenn Menschen, die<br />
alleine hergekommen sind, sich gemeinsam<br />
auf den Rückweg zur U-Bahn machen<br />
oder eine Mitfahrgelegenheit in ihrem Auto<br />
anbieten. In den letzen <strong>Jahre</strong>n hat es<br />
sich immer wieder ergeben, dass Trauernde,<br />
die sich im Gesprächskreis kennen gelernt<br />
und nach einer gewissen Zeit aus diesem<br />
Kreis auch wieder verabschiedet<br />
haben, trotzdem untereinander Verbindung<br />
hielten und sich aus eigener Initiative<br />
auch weiterhin zu gemeinsamen Unternehmungen<br />
trafen. Auf diese Weise<br />
entstehen aus der Gruppe und über sie<br />
32<br />
hinaus immer wieder kleinere Netzwerke,<br />
die in ihrer stabilisierenden, unterstützenden<br />
und ermutigenden Wirkung nicht<br />
hoch genug eingeschätzt werden können.<br />
Wenn Sie als CHVaktuell Leser nun eine<br />
etwas konkretere Vorstellung von unserem<br />
Gesprächskreis für Trauernde gewonnen<br />
haben, freuen wir uns, wenn Sie Menschen<br />
auf dieses Angebot aufmerksam machen,<br />
für die es von Interesse sein könnte. Nach<br />
kurzer telefonischer Absprache (Telefon<br />
089-1307870) ist eine Teilnahme an der<br />
Gruppe in der Regel jederzeit möglich –<br />
und zwar unabhängig davon, ob der CHV<br />
an der Betreuung der verstorbenen Angehörigen<br />
beteiligt war. Neben der Möglichkeit<br />
zu Einzelgesprächen mit Trauerbegleitern<br />
stellt dieser niederschwellige, zu<br />
keiner regelmäßigen Teilnahme verpflichtende<br />
Gesprächskreis die zweite Säule unseres<br />
Unterstützungsangebots dar. Wir<br />
möchten darin betroffene Menschen zusammen<br />
führen und ihnen einen Raum<br />
zur Verfügung stellen, in dem sie wechselseitig<br />
von ihren Erfahrungen profitieren<br />
und Schritte in ein Leben unter gänzlich<br />
veränderten Bedingungen entwickeln können.<br />
Das Land, in dem sich Trauernde bewegen,<br />
erscheint ihnen nicht selten wegund<br />
perspektivlos. Aber jeder noch so kleine<br />
Schritt, einer vor den anderen gesetzt,<br />
lässt unmerklich etwas entstehen, was<br />
schließlich im Rückblick auf die durchlebte<br />
schwere Zeit als Fortschreibung eines<br />
Weges erkennbar wird, der „trotz allem“<br />
wieder ins Leben führt.<br />
Jürgen Wälde ist hauptamtlicher Trauerbegleiter des<br />
CHV, waelde@chv.org
Berührt im Atemrhythmus<br />
Mein Beruf ist Atemtherapeutin und seit<br />
September 2007 arbeite ich zwei Tage pro<br />
Woche im <strong>Hospiz</strong>. Die Lebenssituation<br />
der Schwerkranken und Sterbenden dort<br />
erfordert eine andere Weise der Begleitung<br />
als die, die mir sonst in der Atempraxis begegnet.<br />
Die klassische Atemtherapie begleitet die<br />
Menschen ins Leben, sie unterstützt die<br />
Persönlichkeitsentwicklung und aktiviert<br />
sowohl den Lebensfluss als auch die Selbstheilungskräfte.<br />
Die Palliative Atemtherapie<br />
begleitet den Wandlungsprozess am<br />
Lebensende und lindert körperliche<br />
Ängste und Nöte von Schwerkranken<br />
und Sterbenden.<br />
Zu Arbeitsbeginn erfahre ich von den Pflegefachkräften<br />
bei der Übergabe, wer neu<br />
eingezogen und wer verstorben ist und<br />
informiere mich über die momentane<br />
Situation der mir bekannten Bewohner.<br />
Vor jeder Behandlung nehme ich zuerst<br />
meine eigene Haltung/Stimmung war. Bin<br />
ich aufgeregt oder unsicher, vielleicht noch<br />
in Gedanken bei der letzten Begleitung?<br />
Um mir wieder einen guten Stand zu verschaffen,<br />
muss ich mit beiden Beinen gut<br />
geerdet sein und meine eigene Mitte spüren,<br />
so dass mein Atem frei fließen kann.<br />
Dann bin ich offen für die neue Begegnung<br />
und bleibe trotzdem bei mir und<br />
meinem Atem.<br />
Anhand von drei Begleitungen möchte ich<br />
meine Arbeit mit den Bewohnern vorstellen.<br />
Von Ursula Schubert<br />
Bei meiner ersten Begegnung mit Frau S.<br />
stellte ich mich vor und bot ihr eine Behandlung<br />
an. Darauf hin wollte sie von<br />
mir wissen, ob die Behandlung lebensverlängernd<br />
sei. Frau S. stellte klar: „Ich will<br />
keine lebensverlängernden Maßnahmen,<br />
sondern bald sterben.“ Die Bewohnerin<br />
erzählte mir, dass sie sich in der Bauchregion<br />
unwohl und sehr aufgebläht fühlte.<br />
Ansonsten möchte sie bald sterben und<br />
„alles hinter sich haben“. Ich berührte zunächst<br />
mit leicht kreisenden Bewegungen<br />
den Bauch, nahm die Atembewegung auf<br />
und strich lösend in diesem Rhythmus.<br />
„So etwas Wohltuendes habe ich noch nie<br />
erlebt!“, sagte Frau S. Nach einiger Zeit<br />
wurde es ruhiger in dieser Körperregion.<br />
Sie konnte sich auf die Berührungen einlassen<br />
und nach innen spüren.<br />
Im Verlauf der nächsten Behandlungen gelang<br />
es Frau S., sich immer mehr anzuvertrauen,<br />
sie konnte sich darauf einlassen,<br />
berührt zu werden und zugleich berührt zu<br />
sein. Im Rückblick war sie mit ihrem Leben<br />
zufrieden und sehr dankbar, ihren<br />
Körper nicht nur ablehnend in Erinnerung<br />
zu haben, sondern trotz der Erkrankung<br />
noch ein angenehmes Körpergefühl wahrzunehmen.<br />
Die Arbeit mit dem Atem führt tief nach<br />
innen und spricht den Menschen immer<br />
in seiner Ganzheit an, auf allen Ebenen<br />
und mit seiner ganzen Geschichte. Dabei<br />
wird sowohl die körperlich-seelische, als<br />
auch die geistig-spirituelle Ebene angesprochen.<br />
Mein Anliegen ist es, die Be-<br />
33
wohner dort zu erreichen wo sie gerade<br />
stehen und sie auf ihrem Weg ein Stück zu<br />
begleiten. Das kann in den Bereichen<br />
Trauer, Wut, Angst, Atemnot, Verlust,<br />
Schmerzen oder auch Ablehnung des eigenen<br />
Körpers sein. Sanfte Berührungen,<br />
Streichungen, geführte Bewegungen und<br />
leichte Massagen wirken oft lösend, lindernd<br />
und entspannend. Während der<br />
Behandlungen geht es darum, vorhandene<br />
Atemressourcen zu integrieren. So kann<br />
Raum entstehen für eine bessere Körperwahrnehmung,<br />
Entspannung und<br />
Schmerzlinderung.<br />
Bereits vertraute Atemübungen können in<br />
Krisensituationen hilfreich und unterstützend<br />
sein.<br />
Die Begleitung von Herrn T. bestand zu<br />
Anfang aus kurzen Gesprächen und einer<br />
vorsichtigen Annäherung. Bei unserem<br />
dritten Treffen fand dann die erste Behandlung<br />
statt. Nach einer kräftigen Fußmassage<br />
wurde ich von Herrn T. gebeten,<br />
seine Hände ebenfalls zu massieren. Anschließend<br />
meinte er: „Ich kann mich endlich<br />
wieder spüren.“ Nach einem tiefen<br />
Seufzer schlummerte er ein wenig ein. Im<br />
Laufe der weiteren Behandlungen kommunizierten<br />
Atem und Hände in fließenden<br />
Streichungen und Massagen und über<br />
den ruhenden Kontakt der wärmenden<br />
Hände. Herr T. war bereits sehr abgemagert<br />
und betonte immer wieder, sehr darunter<br />
zu leiden. Die Berührungen und<br />
Streichungen ermöglichten es dem Bewohner,<br />
sich wieder besser zu spüren und<br />
wahrzunehmen. Er konnte sich immer<br />
mehr darauf einlassen, gehalten zu werden<br />
und zur Ruhe kommen. Sein Atem wurde<br />
ruhiger und konnte besser fließen.<br />
34<br />
Die Arbeit am und mit dem Atem ist bei<br />
Schwerkranken und Sterbenden nicht nur<br />
bei Atemnot indiziert, sondern bietet eine<br />
Möglichkeit, sich und den eigenen Körper<br />
mit der Erkrankung neu zu erfahren und<br />
anzunehmen. Dies ist aber nicht bei allen<br />
möglich. Einige Bewohner lehnen ab oder<br />
hören nach einigen Behandlungen wieder<br />
auf. Es kommt auch vor, dass die Palliative<br />
Atemtherapie erst in der letzten Lebensphase<br />
angenommen wird. Das kann ein<br />
Halten im Kopfbereich oder auch der Fußsohlen<br />
sein, ein Gehaltensein im Nieren-<br />
Beckenbereich oder aber der Ausatem wird<br />
mit sanften Streichungen begleitet.<br />
Meine dritte Begleitung, Frau G., lernte<br />
ich am Tag ihrer Ankunft im <strong>Hospiz</strong> kennen.<br />
Sie war der Atemarbeit gegenüber<br />
sehr offen und wir verabredeten uns gleich<br />
für eine Behandlung. Durch ihre Erkrankung<br />
war der Bauch sehr hart und die Beine<br />
waren angeschwollen. Die sanften Berührungen<br />
in der Bauchregion und an den<br />
Beinen empfand sie als harmonisierend<br />
und sagte: „In meinem Körper kommt alles<br />
wieder in Fluss.“<br />
Im Laufe der Behandlungen kamen weitere<br />
Körperregionen hinzu. Das Halten im<br />
Nieren-Beckenbereich ermöglichte es Frau<br />
G., die Rückseite ihres Körpers bewusster<br />
wahrzunehmen und Ängste bzw. Trauer im<br />
Hinblick auf den bevorstehenden Tod anzusprechen.<br />
Sie hoffte sehr darauf, noch<br />
einmal nach <strong>Haus</strong>e zu kommen, aber körperlich<br />
war das leider nicht mehr möglich.<br />
Wir machten eine Reise mit inneren Bildern<br />
durch Frau G.'s Wohnung und verabschiedeten<br />
die Räume. Bis zu meinem<br />
nächsten Besuch hatte sich ihr Gesundheitszustand<br />
weiter verschlechtert. Die Be-
wohnerin wollte „ein letztes Mal“ von mir<br />
berührt werden. Im Raum herrschte eine<br />
andere Stimmung als sonst. Ich machte<br />
sanfte Ausstreichungen und hielt längere<br />
Zeit ihre Fußsohlen. Ihr Atem wurde ganz<br />
ruhig. Im Anschluss sang ich mehrmals ein<br />
Mantra und wir ließen die Klänge in der<br />
Stille nachwirken. Frau G. verabschiedete<br />
sich mit leisen Worten: „Vielen Dank für<br />
den schönen Abschied, ich glaube, wir<br />
sehen uns hier nicht mehr.“ Als ich das<br />
nächste Mal kam, war Frau G. bereits verstorben.<br />
Meist bin ich zwischen drei und fünf<br />
Stunden im <strong>Hospiz</strong> und behandle vier bis<br />
sechs Bewohner. Die Behandlungseinheiten<br />
richten sich ganz nach den Möglichkeiten<br />
und Bedürfnissen des Einzelnen.<br />
Am Ende der Behandlungen tausche ich<br />
mich mit den Pflegefachkräften aus und<br />
gebe Beobachtungen und Eindrücke<br />
weiter, mit Ausnahme von vertraulichen<br />
Gesprächen.<br />
Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-<br />
Ross schrieb „Sterben ist nur ein Umziehen<br />
in ein anderes <strong>Haus</strong>.“ Für mich persönlich<br />
ist die Arbeit mit Schwerkranken<br />
und Sterbenden Menschen sehr kostbar<br />
und ich hoffe, noch viele Bewohner bei ihrem<br />
„Umzug in ein anderes <strong>Haus</strong>“ begleiten<br />
zu dürfen.<br />
Foto: Christiane Sarraj<br />
Zitat:<br />
„Wie ein Mensch stirbt, hängt davon ab, wie<br />
er gelebt hat. So verschieden das Leben der<br />
Menschen, so verschieden der Tod. In der<br />
Einstellung zum Tode spiegelt sich die Einstellung<br />
zum Leben. Wenn das Leben zu Ende<br />
geht, wird sichtbar, was einer unter „Leben“<br />
verstand und ob er letzten Endes mehr<br />
aus seinem himmlischen oder aus seinem irdischen<br />
Ursprung gelebt hat.“<br />
(Dürckheim, K., Vom doppelten Ursprung<br />
des Menschen, 2003, S.263)<br />
35
Seit 1.10.2009 arbeiten fünf Ärzte auf<br />
zweieinhalb Vollzeitstellen in unserem ambulanten<br />
Palliativteam. Die beiden Palliativmedizinerinnen<br />
Monika Lieb und Anette<br />
Wille und ich, waren von Anfang an mit<br />
dabei. Gemeinsam haben wir mit unserer<br />
Geschäftsführerin Angelika Westrich,<br />
Sepp Raischl, den Kollegen aus dem<br />
Pflege- und Sozialarbeiterteam, sowie mit<br />
tatkräftiger Unterstützung der Verwaltungskollegen,,<br />
die Aufgabe geschultert,<br />
die neue Versorgungsform „SAPV“ – wie<br />
folgend dargestellt – aus dem CHV in die<br />
Praxis umzusetzen.<br />
Das Gesetz zur Spezialisierten Ambulanten<br />
Palliativversorgung (SAPV) § 37b<br />
SGB V trat 2007 in Kraft und wird<br />
deutschlandweit seit 2009 in unterschiedlichen<br />
Modellen umgesetzt. Das Gesetz<br />
sichert „Versicherten mit einer nicht heilbaren,<br />
fortschreitenden und weit fortgeschrittenen<br />
Erkrankung bei einer zugleich<br />
begrenzten Lebenserwartung, die eine<br />
besonders aufwändige Versorgung benötigen,<br />
spezialisierte ambulante Palliativversorgung<br />
zu”. Diese wird von einem Vertrags-<br />
oder Krankenhausarzt verordnet<br />
und von den gesetzlichen Krankenkassen<br />
finanziert.<br />
Eine Optimierung der ambulanten palliativmedizinischen<br />
Patientenversorgung mit<br />
all ihren Facetten der multiprofessionellen<br />
Betreuung und achtsamen Begleitung war<br />
von Anbeginn die Motivation zur ärztli-<br />
36<br />
Ärzte im CHV-Team der Spezialisierten<br />
Ambulanten Palliativ-Versorgung – (SAPV)<br />
Von Christoph Fuchs<br />
chen Mitarbeit im CHV Team. Durch die<br />
langjährige ärztliche Berufserfahrung (aus<br />
Klinik oder Praxis) der Kollegen, gelang<br />
eine rasche Integration der Mediziner in<br />
das ambulante Palliativ-Team. Binnen<br />
kürzester Zeit konnte das neugeschaffene<br />
Team (bestehend aus den drei beteiligten<br />
Berufsgruppen Sozialarbeit, Pflege und<br />
Medizin) viele Palliativ-Patienten im gesamten<br />
Stadtgebiet Münchens in die Betreuung<br />
aufnehmen.<br />
Der Weggang zweier ärztlicher Mitstreiter<br />
aus erster Stunde – Edda Eckhofer und<br />
Jörg Augustin – nach wenigen Monaten<br />
war eine ziemliche Zerreißprobe für das<br />
gesamte SAPV-Team; musste doch die bereits<br />
große Zahl an Patienten weiter gut<br />
versorgt werden und der Ersatz eines erfahrenen<br />
Palliativarztes ist nach wie vor nicht<br />
einfach. Zudem wurde im Verlauf des<br />
ersten SAPV-<strong>Jahre</strong>s der enorme bürokratische<br />
Aufwand (Krankenkassenantragsverfahren,<br />
Dokumentation, Widerspruchsverfahren,)<br />
erst so richtig evident.<br />
Mittlerweile ist das Team wieder in ruhigerem<br />
Fahrwasser angekommen; mit der<br />
Einstellung der erfahrenen ärztlichen<br />
Kollegen Rebekka Ammon (Teilzeit)und<br />
Holger Wegner (Vollzeit) hat das Team seit<br />
der 2. <strong>Jahre</strong>shälfte 2010 eine deutlich stabilere<br />
Struktur erhalten.<br />
Was sind nun typisch ärztliche Aufgaben<br />
in einem ambulanten Palliativteam?
Es sind zumeist nicht die typischen Klischee-Einsätze<br />
des invasiven Doktors, der<br />
in Blaulicht-Manier ausrückt, um mit<br />
technischen Hilfsmitteln Symptomlinderung<br />
zu bewirken. Tatsächlich können<br />
wir dank einfacher diagnostischer Unterstützung<br />
(z.B. tragbares Ultraschallgerät)<br />
entlastende Maßnahmen ärztlicherseits<br />
durchführen und dadurch belastende Klinikeinweisungen<br />
vermeiden helfen. Die<br />
Mehrzahl unserer ärztlichen Einsätze besteht<br />
allerdings größtenteils aus Kommunikation<br />
und Kommunikation und wieder<br />
Kommunikation – wie meistens in der palliative<br />
care!<br />
Die Herausforderung in den Erstkontakten<br />
mit unseren Patienten besteht häufig<br />
darin, herauszuarbeiten, worum es eigentlich<br />
geht; hierbei merken wir Ärzte und<br />
Pflegende oft, dass gar nicht die körperliche<br />
Symptomkontrolle den Kern des palliativen<br />
Auftrags darstellt. Häufig begegnen<br />
wir großen psychosozialen Ängsten<br />
und Nöten in der Existenzkrise „schwerstkrank-sein“<br />
und „sterben-wollen in häuslicher<br />
Umgebung“, die unsere gesamte<br />
CHV-Teamexpertise (mit all seinen Beteiligten<br />
wie <strong>Hospiz</strong>helfern, Atem-/Kunsttherapeuten,<br />
Trauerbegleitung) benötigen.<br />
Eine typische ärztliche Aufgabe stellt die<br />
exakte diagnostische Einschätzung des<br />
Krankheitsbildes sowie die Erstellung des<br />
zumeist medikamentösen Behandlungsplanes<br />
dar. Die leider nach wie vor häufig<br />
fehlende palliative care-Expertise in vielen<br />
Kliniken und mangelhaftes Entlassmanagement<br />
bedeutet für uns nicht selten einen<br />
erheblichen logistischen Aufwand für die<br />
Verordnung der erforderlichen Medikamente<br />
und Hilfsmittel für den individuel-<br />
len Patienten. Die Absprache mit niedergelassen<br />
Ärzten (<strong>Haus</strong>ärzten, Tumorspezialisten,<br />
Neurologen) hat sich erfreulicherweise<br />
in unserer Münchner Region als<br />
wenig problematisch herausgestellt und ist<br />
ebenso eine Kernaufgabe unserer Palliativmediziner.<br />
Da wir als Palliativmediziner eines<br />
SAPV-Teams noch keinen strengen<br />
Arzneimittel-Budgetvorgaben unterworfen<br />
sind, können wir für niedergelassene<br />
Ärzte in der Verordnungspraxis von Medikamenten<br />
sogar eine Entlastung darstellen.<br />
Die fehlende Verfügbarkeit der gewünschten,<br />
vertrauten Ärzte / Pflegenden / Therapeuten<br />
/ Experten an Wochenenden,<br />
Feiertagen oder nachts bedeutet für<br />
Schwerstkranke und deren Angehörige<br />
häufig eine erhebliche Belastung – mit<br />
Ängsten vor belastenden Maßnahmen wie<br />
Klinikeinweisungen durch unerfahrene<br />
Notdienstärzte, die mit den schweren<br />
Krankheitsbildern bei Krebs oder neurologischen<br />
Krankheitsbildern bzw. deren<br />
Therapie nicht vertraut sind. Durch unsere<br />
24-Stunden-Rufbereitschaft für die<br />
Patienten in der sogenannten Teilversorgungs-Stufe<br />
(der SAPV-Verordnung) können<br />
wir zu einer erheblichen Entlastung<br />
unser Patientensorgen beitragen; häufig<br />
trägt allein die Sicherheit, im Krisenfall<br />
nur einfach anrufen zu können, zur psychischen<br />
Erleichterung und Stabilisierung<br />
der Situation bei.<br />
Diese Interventionsmöglichkeiten im multiprofessionellen<br />
Team haben es uns ermöglicht,<br />
den größten Teil unserer betreuten<br />
Patienten (über 80%) zuhause bis zu<br />
deren Tod zu begleiten. Damit erreichen<br />
wir sehr häufig die Umsetzung unseres Behandlungsauftrages<br />
und können dem<br />
37
meist geäußerten Wunsch, zuhause, in<br />
„guter“ Symptomkontrolle sterben zu<br />
können, gerecht werden.<br />
Das Abgleichen unserer Patienten-Erfahrungen<br />
aus <strong>Haus</strong>besuchen, Telefonaten,<br />
etc. erfordert eine regelmäßige Teambesprechung<br />
(1 mal pro Woche) sowie individuelle<br />
Therapiebesprechungen der beteiligten<br />
Mitarbeiterinnen – was angesichts<br />
der 4 Teilzeitärzte nicht immer einfach<br />
umzusetzen ist, aber dank moderner Telekommunikation<br />
meist doch gelingt. Die<br />
große Zahl unserer betreuten Schwerstkranken<br />
mit all ihren Problemen können<br />
wir als Team nur wirklich „gut“ begleiten,<br />
indem auch wir Mediziner uns 4-6-wöchig<br />
einer externen Team-Supervision „stellen“.<br />
Durch regelmäßige Durchführung von<br />
Fort-und Weiterbildungen (u.a. Teilnahme<br />
an <strong>Haus</strong>ärzte-Qualitätszirkeln, Vorträgen<br />
an der <strong>Christophorus</strong>-Akademie im Rahmen<br />
des Münchner Palliativforums und<br />
weiterer CHV-Fortbildungen) versuchen<br />
wir Ärzte, unseren Teil beizutragen zur<br />
38<br />
Foto: Christiane Sarraj<br />
Verbesserung eines Münchner Palliativund<br />
<strong>Hospiz</strong>-Netzwerkes zugunsten einer<br />
verbesserten Patientenversorgung. Aufgrund<br />
der sehr „geringen“ Arbeitszeiten (4<br />
von 5 Ärzten in 50% -Teilzeit bzw. Honorar-Arzttätigkeit)<br />
und weiterer Verpflichtungen<br />
bleibt leider wenig Zeit, sich im<br />
<strong>Verein</strong> zu „zeigen“. Im Rahmen der CHV-<br />
Veranstaltungen (z.B. Gedenkfeiern, <strong>Hospiz</strong>helfertage)<br />
versuchen wir dennoch,<br />
über unsere SAPV-Mannschaft hinaus einen<br />
CHV-internen Dialog zu pflegen.<br />
Die zuweilen vorgetragene Sorge, dass<br />
durch eine Professionalisierung der<br />
<strong>Hospiz</strong>-und Palliativversorgung die Qualität<br />
der Patientenbegleitung substantiell<br />
verändert oder verschlechtert würde, glauben<br />
wir durch unsere SAPV-Teamarbeit<br />
im CHV ein Stück entkräften zu können.<br />
Auf eine gute weitere Teamarbeit!<br />
Ihre CHV-Ärzte von links nach rechts:<br />
Holger Wegner, Monika Lieb, Anette Wille,<br />
Rebekka Ammon, Christoph Fuchs.
Als Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong><br />
Wenn ich erzähle, dass ich als Krankenschwester<br />
im <strong>Hospiz</strong> arbeite, treffe ich<br />
meist auf ganz gegensätzliche Reaktionen:<br />
– Entweder auf eine verklärte Vorstellung<br />
des <strong>Hospiz</strong>es als einen Ort, in dem Menschen<br />
in den Armen der Lieben friedlich<br />
und bewusst einschlafen. Oder – und das<br />
ist häufiger – das <strong>Hospiz</strong> als einen beängstigenden,<br />
hoffnungslosen Ort am Rande<br />
des Lebens, den man gerne verdrängt, weil<br />
er zu sehr an die eigene Sterblichkeit und<br />
Angst rührt.<br />
Mein Eindruck ist, dass das Leben kurz vor<br />
dem Tod sehr intensives Leben ist, das in<br />
gewisser Weise ein Leben widerspiegelt.<br />
Auch wenn es in den Zimmern der Bewohner<br />
oft still ist, ist die Präsenz von Emotionen,<br />
Gerüchen und Krankheitssymptomen<br />
laut. Der Alltag aller beteiligten Berufsgruppen<br />
ist geprägt von Bemühungen, um<br />
die oft akut wechselnden Zustände, zunehmende<br />
Einschränkungen der Bewohner<br />
und die Auswirkungen auf die Angehörigen<br />
zu lindern. Symptome, wie Schmerzen,<br />
Atemnot, Übelkeit und Erbrechen, können<br />
wir oft kontrollieren. Mit anderen Krankheitsfolgen,<br />
wie nur beispielsweise Verwirrtheit,<br />
Inkontinenz, Schluckstörungen<br />
und Mobilitätsverlust, muss der Bewohner<br />
irgendwie leben. Für viele eine schwierige<br />
Aufgabe, die mit Krisen, sowohl bei den<br />
Bewohnern als auch bei den Angehörigen,<br />
einhergeht. Dabei gerät manches Familiengefüge<br />
ins Wanken, familiäre Zerwürfnisse<br />
lösen sich angesichts des Todes nicht auf,<br />
sondern kommen deutlich ans Licht.<br />
Von Katharina Keitel<br />
Rundum eine Extremsituation, die von den<br />
Mitarbeitern eine Vielzahl an Fähigkeiten<br />
abverlangt:<br />
Soziales, medizinisches, organisatorisches<br />
Können und ein gutes Zeitmanagement, da<br />
wir oft unter Zeitdruck arbeiten müssen.<br />
Als besondere Herausforderung erfahre<br />
ich, emotional die stabile Mitte zu finden:<br />
Sich nicht von Emotionen überschwemmen<br />
zu lassen, aber auch nicht hinter einer<br />
Fassade der Professionalität einzufrieren.<br />
Neben fachlicher Kompetenz fühle ich<br />
mich als Mensch gefordert, der Empathie,<br />
Offenheit, Zeit und Hoffnung mitbringt,<br />
weil vielen gerade Angst und Hoffnungslosigkeit<br />
das Sterben erschwert. Dabei meine<br />
ich nicht die Hoffnung, die in einem religiösen<br />
Bekenntnis Ausdruck findet, sondern<br />
Hoffnung als ein helles, offenes und<br />
positives Lebensgefühl.<br />
Foto: Christiane Sarraj<br />
39
Ich werde gefragt: Wie kannst Du dort arbeiten,<br />
wo es keine Hoffnung gibt, weil alle<br />
sterben? – Hier gibt es Hoffnung. Hier<br />
sterben Menschen mit Hoffnung, die bis<br />
zuletzt dankbar sein können und sich freuen,<br />
wenn ein Mensch sich Zeit für sie<br />
nimmt. Krankheit und Tod sind kein Argument<br />
für sie, Hoffnung und Freude aufzugeben.<br />
Obwohl sie vielleicht auch<br />
schwere Krisen durchleben, bemühen sie<br />
sich aktiv, positiv zu bleiben, und suchen<br />
den Kontakt mit ihrer Umgebung. Mein<br />
Eindruck ist, dass sie dadurch für Hilfe zugänglicher<br />
sind, und dass ihre Hoffnung<br />
ihnen das Sterben erleichtert.<br />
Andere Bewohner erwecken den Eindruck<br />
wenig Hoffnung zu sehen, obwohl sie vielleicht<br />
noch über viele Fähigkeiten verfügen,<br />
sie noch Kinder und Partner haben<br />
und auf ein erfolgreiches Leben zurückblicken<br />
können. Trotzdem sehen sie nur,<br />
dass sie bis zum Tod unentwegt Verluste<br />
erleiden. Viele von ihnen sollen vor der<br />
Krankheit positiv gewesen sein, aber die<br />
Hoffnung habe dem Leid nicht standhalten<br />
können. Es sei einfach viel zu viel gewesen.<br />
Ein Mensch, der die Hoffnung aufgegeben<br />
hat, scheint mir für Trost und<br />
Hilfe weniger empfänglich zu sein. Durch<br />
meine Arbeit erkenne ich klarer, dass ein<br />
als erfüllt empfundenes Leben nicht abhängig<br />
ist von äußeren Umständen, sondern<br />
wie sich ein Mensch in seinem Leben<br />
verhält – bis zuletzt. So gesehen ist das<br />
Sterben eine große Herausforderung, die<br />
letzte Aufgabe im Leben. Sie wird geprägt<br />
von der Art und Weise, wie man das Leben<br />
gelebt hat, wie man gelernt hat, mit<br />
Verlusten und unerfüllten Wünschen umzugehen,<br />
trotz Schwierigkeiten zu vertrauen<br />
und der Zukunft hoffnungsvoll zu be-<br />
40<br />
gegnen, oder ob man sich resigniert zurück<br />
zog.<br />
Mir fällt eine ältere Frau ein, die ich während<br />
eines Nachtdienstes betreute. Ihr Bewusstsein<br />
war schon eingetrübt, die Atemgeräusche<br />
klangen angestrengt. Schon<br />
einige Male wurde sie als „final“ übergeben,<br />
d.h. wir glaubten, dass sie bald gehen<br />
würde. – Aber das tat sie nicht. Sie schien<br />
schwer zu kämpfen und kein Medikament,<br />
keine Maßnahme half wirklich. Ich<br />
bat eine Kollegin in der Nacht um Hilfe<br />
und gemeinsam setzten wir uns zu ihr, was<br />
unsere Zeit eigentlich nicht zuließ. Als wir<br />
dann eine Weile so dasaßen, meinten wir<br />
deutlich zu hören, dass sie unter starken<br />
seelischen Schmerzen litt. Da war etwas<br />
wie ein großer dunkler Stein auf der Brust<br />
gegen den sie kämpfte, gegen den sie atmete.<br />
Obwohl ich nichts von ihr wusste<br />
und nicht mit ihr kommunizieren konnte,<br />
hatte ich doch das Gefühl einer starken<br />
Begegnung. – Sie starb schließlich einige<br />
Tage später. Wir konnten das Problem am<br />
Ende des Lebens nicht mehr lösen, sondern<br />
nur so gut wie möglich palliativ ummanteln.<br />
Später erzählte man uns, dass sie als Kind<br />
traumatisierende Erfahrungen gemacht<br />
habe, von denen sie sich nie hat befreien<br />
können. Bis zuletzt habe sie unter schwersten,<br />
therapieresistenten Depressionen gelitten<br />
und sei tief unglücklich gewesen. Ihre<br />
Betreuerin meinte, dass die Verstorbene<br />
immer wieder gesagt habe: „Ich habe nicht<br />
gelebt, ich lebe nicht!“. Dieses Lebensgefühl<br />
war im Sterben präsent.<br />
Ich denke auch an einen sehr alten Mann in<br />
einem Nachtdienst, der bereits sechzig <strong>Jahre</strong>
verheiratet war und dessen Krebserkrankung<br />
man erst vor wenigen Wochen entdeckt<br />
hatte. Er war erst am Vormittag gekommen,<br />
geistig wach, aber aufgrund<br />
seiner Schmerzen bewegungsunfähig. Seine<br />
Frau bat darum, bei ihm übernachten zu<br />
können und schlief am späten Abend auf<br />
dem Gästebett ein. Als sie eingeschlafen<br />
war, wurde er sehr unruhig und wirkte abwesend.<br />
Ich wollte ihn lagern, aber er war so<br />
angespannt, dass ich ihn nicht bewegen<br />
konnte. Als ich ihn bat etwas locker zu lassen<br />
um ihn auf die Seite drehen zu können,<br />
war er mit seiner Aufmerksamkeit ganz da<br />
und drehte sich plötzlich mit aller Kraft auf<br />
die Seite, was ihm Anstrengung und<br />
Schmerz bereitete. Mich hat es getroffen zu<br />
sehen, was er auf sich nahm, um keine Mühe<br />
zu bereiten. Bei meinem nächsten Rundgang<br />
bemerkte ich an den Veränderungen<br />
seiner Atmung und seiner Haut, wie nah er<br />
dem Tod war. Ich konnte deutlich Angst<br />
wahrnehmen, als würde er den Tod vor sich<br />
sehen. Mein Eindruck war, dass er sich mit<br />
großem Mut seiner Angst stellte und entschlossen<br />
ins Unbekannte ging. – Nur eine<br />
Stunde später ist er gestorben.<br />
Foto: Christiane Sarraj<br />
Als ich dann seine Frau weckte, war sie voller<br />
Trauer, aber noch größer war die Dankbarkeit<br />
ihm gegenüber und das Bewusstsein,<br />
das Geschenk eines erfüllten Lebens<br />
mit ihm empfangen zu haben. Sie erzählte<br />
lange von ihrer Ehe, wie sie ihn mit 19 geheiratet<br />
hat, und wie freundlich und aufrichtig<br />
er gewesen sei. Ich glaube, dass diese<br />
Eigenschaften ihm halfen, im Sterben<br />
nicht zu resignieren.<br />
Eine positive Lebenshaltung erleichtert das<br />
Leben und das Sterben, denke ich. Die<br />
Zuwendung z.B. der Angehörigen, der<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer und aller <strong>Hospiz</strong>-Mitarbeitenden<br />
begleiten und unterstützen die<br />
Menschen im Sterbeprozess. Sie tragen<br />
dazu bei, dass sich die Sterbenden angenommen<br />
fühlen und mit mehr Vertrauen<br />
loslassen können. Ihr einfühlsamer, wertschätzender<br />
und kompetenter Umgang ist<br />
nicht zu unterschätzen.<br />
Trotz der großen Herausforderung als<br />
Krankenschwester im <strong>Hospiz</strong> bin ich dankbar<br />
für diese Arbeit, in der ich so viel über<br />
das Sterben und das Leben lernen darf.<br />
41
42<br />
Kursbuch Ehrenamt<br />
Begleitung – Klientel, sterbende Angehörige und Freunde<br />
Wer ist Angehöriger?<br />
Auf den ersten Blick scheint die Definition,<br />
wer ein Angehöriger ist, ganz einfach.<br />
Das sind primär all die Menschen, die<br />
durch familiäre Verwandtschaft als Großeltern,<br />
Eltern, und Kinder zu einer direkten<br />
Familie gehören. Oft spricht man von<br />
den Blutsverwandten, im Erbrecht von<br />
den Angehörigen in direkter Linie. Im Alltag<br />
schließen wir selbstverständlich und<br />
fast in erster Linie die Ehepartner als Angehörige<br />
mit ein.<br />
In den letzten <strong>Jahre</strong>n hat sich der Begriff<br />
der Angehörigkeit allmählich erweitert.<br />
Durch Patchwork-Familien, d.h. Partner,<br />
die in zweiter oder dritter Ehe jeweils mit<br />
Kindern aus vorhergehenden Ehen eine<br />
neue gemeinsame Lebensgemeinschaft begründen,<br />
durch gleichgeschlechtliche Lebens-Partnerschaften<br />
oder enge Freunde<br />
ist die Zuschreibung, wer Angehöriger ist,<br />
individueller und subjektiver geworden.<br />
Angehörigkeit wird aus der Perspektive<br />
desjenigen definiert, der einem anderen<br />
Menschen diese Zuschreibung erteilt.<br />
Um mit dem engen Begriff der Angehörigkeit,<br />
der an ein bestehendes Rechtsverständnis<br />
gekoppelt ist, besser umgehen zu<br />
können, verwenden wir heute häufiger den<br />
Begriff der Zugehörigkeit. Im Englischen<br />
sprechen wir von den „loved ones“, einem<br />
Ausdruck, der die Angehörigkeit deutlich<br />
auf die Gefühlsebene erweitert. Wir wis-<br />
Von Gerda Graf<br />
sen, dass diese erweiterte Gruppe von Angehörigen<br />
respektive Zugehörigen gerade<br />
bei der Begleitung sterbender Menschen<br />
hohe Wichtigkeit erlangt.<br />
Im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen<br />
gehen Menschen häufig und ganz<br />
selbstverständlich davon aus, dass sie, zumal<br />
als direkte Angehörige, Entscheidungen<br />
für ihren kranken Menschen treffen<br />
können, dass der Arzt mit ihnen die<br />
Krankheit des Partners, der Ehefrau bespricht<br />
und den weiteren Verlauf mit ihnen<br />
entscheidet. Das ist aber nur dann<br />
möglich, wenn diese Angehörigen oder andere<br />
Menschen denen man Vertrauen entgegenbringt,<br />
beispielsweise in einer Patientenverfügung,<br />
als Bevollmächtige benannt<br />
wurden. Nur einem Bevollmächtigten gegenüber<br />
darf ein Arzt seine Schweigepflicht,<br />
die er für seinen Patienten hat, brechen.<br />
Allerdings kann der Patient, solange<br />
er sich dazu äußern kann, jederzeit seinen<br />
Arzt von dieser Schweigepflicht befreien.<br />
Bei Rechtsgeschäften, zum Beispiel mit einer<br />
Bank, reicht eine normale Bevollmächtigung<br />
in aller Regel nicht aus. Hier sollte<br />
man frühzeitig gemeinsam mit dem Anbzw.<br />
Zugehörigen gemeinsam zur Bank<br />
gehen und eine Kontovollmacht, ggf. über<br />
den Tod hinaus, hinterlegen.<br />
Bei allen Beschreibungen über hospizliche<br />
Begleitungen werden selbstverständlich sowohl<br />
die kranken Menschen als auch ihre
Angehörigen in einem Atemzug als Adressaten<br />
dieser Fürsorge genannt. Erfahrungsgemäß<br />
sind Angehörige oftmals die Bedürftigeren<br />
im Gegensatz zum Patienten.<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer, aber auch Krankenpflegerinnen<br />
und Sozialpädagogen, Theologen und<br />
Trauerbegleiter beschreiben häufig, dass sie<br />
sich mehr um die Angehörigen kümmern<br />
müssen als um den Patienten. Und dieses<br />
„mehr“ bezieht sich nicht nur auf die Zeit,<br />
sondern auch auf die Intensität.<br />
Patienten leben in und mit ihrem kranken<br />
Körper und wissen oft sehr genau um ihre<br />
Situation. Angehörige wollen ihnen helfen,<br />
sind ängstlich, haben wenig Vorstellungen,<br />
was sie für ihren Kranken tun können<br />
und fühlen sich hilflos. Dazu kommt<br />
das Gefühl, überfordert zu sein, nicht<br />
mehr zu können, es nicht mehr auszuhalten.<br />
Oft haben Angehörige eine lange Zeit<br />
der vorhergehenden Pflege übernommen<br />
und sind nun selbst krank oder erschöpft.<br />
Sie verstehen die Fachsprache des Arztes,<br />
der ihnen die Situation ihres schwerkranken<br />
Angehörigen erklärt, zu wenig und<br />
können sich nicht damit abfinden, nur wenig<br />
für ihn tun zu können.<br />
Begleitung für diese Angehörigen bedeutet<br />
dann, ihnen die jeweilige Situation, in der<br />
sich der Kranke befindet, so zu erklären,<br />
dass sie sie verstehen. Ihnen Handgriffe zu<br />
zeigen, die den Kranken entlasten, ihm gut<br />
tun und bei denen der pflegende Angehörige<br />
weiß, dass er damit nichts „falsch“ machen<br />
kann. Begleitung der Angehörigen<br />
heißt aber auch, ihre Überlastung, ihre<br />
Angst, ihre Wut, ihre Ohnmacht und ihre<br />
Foto: Christiane Sarraj<br />
Verzweiflung zu spüren, sie verständnisvoll<br />
und wertungsfrei anzusprechen und ihnen<br />
das Recht zuzugestehen, auch an sich<br />
selbst denken zu dürfen.<br />
Im großstädtischen Umfeld erleben wir gelegentlich,<br />
dass die Rolle der Angehörigen<br />
durch Freunde ersetzt wird. Sei es, dass es<br />
keine oder keine greifbaren Angehörigen<br />
gibt, sei es, dass es eine bewusste Entscheidung<br />
eines Menschen ist, sich eine „Ersatzfamilie“<br />
zu schaffen. Dieser Freundeskreis<br />
kann erstaunlich stabil und verlässlich<br />
funktionieren und übernimmt im besten<br />
Fall auch die Begleitung und Fürsorge in<br />
schwerer Krankheit bis hin zum Tod.<br />
Selbstverständlich müssen auch diese<br />
Freunde in die Begleitung der Begleiter<br />
und Angehörigen eingeschlossen werden.<br />
Die Koordinationsfachkräfte ambulanter<br />
<strong>Hospiz</strong>- und Palliativdienste können so,<br />
ggf. durch eine zeitlich geregelte Abfolge<br />
der Anwesenheit dieses Freundeskreises,<br />
auch Alleinstehenden ein Sterben daheim<br />
ermöglichen.<br />
43
44<br />
<strong>Christophorus</strong> – Christusträger und Nothelfer<br />
Der Schutzpatron der Autofahrer ist einer<br />
der Vierzehn Nothelfer. Viele Legenden<br />
ranken sich um sein Leben, ob er aber tatsächlich<br />
als Märtyrer gestorben ist, konnte<br />
historisch nicht belegt werden. Deshalb<br />
wurde er 1962 aus der Liste der kanonischen<br />
Heiligen der katholischen Kirche gestrichen.<br />
Die Christophoroslegende (griechisch<br />
„Christusträger“) entstand im<br />
13.Jahrhundert: Anstelle eines Fährmanns<br />
trug <strong>Christophorus</strong> Menschen über einen<br />
Fluss. Eines Tages nahm er ein Kind auf<br />
die Schultern, das so schwer war, dass es<br />
ihn unter Wasser drückte. Dieses Kind<br />
Von Uve Hirsch<br />
Oben: Elias Lenker, Pokal, um 1628, Augsburg<br />
Links: Hieronymus Bosch, <strong>Christophorus</strong> mit dem<br />
Jesukind, um 1496
war Christus, der ihn auf diese Weise taufte.<br />
Die sogenannte „Legenda Aurea“ des<br />
Jacobus de Voragine hatte außergewöhnlichen<br />
Einfluss. <strong>Christophorus</strong> wurde<br />
Kult. Luther sah in ihm eine Allegorie des<br />
Christenmenschen. Sein Bildnis sollte vor<br />
unvorbereitetem Tod schützen, <strong>Hospiz</strong>e,<br />
Pilgerhäuser, Bruderschaften wurden nach<br />
<strong>Christophorus</strong> benannt, das Motiv des<br />
Christusträgers wurde unzählige Male<br />
künstlerisch dargestellt.<br />
Nicht zuletzt heißt nach dem ersten<br />
modernen, 1967 in London eröffneten<br />
<strong>Hospiz</strong> St.Christophers unser <strong>Hospiz</strong><br />
„<strong>Christophorus</strong> <strong>Haus</strong>“.<br />
Oben: J.M. Feichtmayr,<br />
<strong>Christophorus</strong>,um 1610<br />
Basilika Vierzehnheiligen<br />
Links: Konrad Witz <strong>Christophorus</strong><br />
um 1436<br />
45
Aus dem <strong>Verein</strong><br />
Eine Flut von Bewerbungen, nämlich exakt<br />
82, erreichte uns, als wir die Nachbesetzung<br />
der Geschäftsführung im CHV<br />
und der <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> Verwaltungs<br />
GmbH in zwei großen Tageszeitungen<br />
und im Internet ausgeschrieben<br />
hatten. Unser Vorstand hatte alle Hände<br />
voll zu tun, diese Bewerbungen zu bearbeiten,<br />
zu kategorisieren, wieder zu lesen,<br />
sich auf ein erstes und zweites Ausschlussverfahren<br />
zu verständigen, die potentiellen<br />
Bewerber zu Gesprächen einzuladen,<br />
eine zweite Vorstellungsrunde<br />
zu organisieren und sich schließlich für<br />
eine Person zu entscheiden. Dann mussten<br />
die vertraglichen Dinge geklärt und<br />
abgestimmt werden und endlich stand<br />
fest, wer die Geschäftsführung nach meinem<br />
Ausscheiden übernehmen wird,<br />
nämlich Herr Leonhard Wagner.<br />
Herr Wagner kennt uns aufgrund seines<br />
Interesses für die <strong>Hospiz</strong>arbeit. Vor einigen<br />
<strong>Jahre</strong>n hat er ein Grundseminar bei<br />
uns besucht und arbeitet heute als Geschäftsführer<br />
eine Einrichtung der Lebenshilfe.<br />
Er wird Ihnen selbst noch genauer<br />
erzählen, was ihn dazu veranlasst<br />
hat, sich bei uns zu bewerben, wie er sich<br />
die Gestaltung seines Amtes vorstellt und<br />
was er für Pläne für den CHV hat. Im<br />
Januar 2012 wird er seinen Dienst bei<br />
uns antreten.<br />
Von der Planung einer vorgesetzten Fassade<br />
für unser <strong>Haus</strong> habe ich Ihnen bereits<br />
im letzten Heft erzählt. Mittlerweile<br />
sind wir mitten in einer Großbaustelle –<br />
jedenfalls sieht es so ähnlich aus. Mit einem<br />
ausgetüftelten Bauzeitenplan ver-<br />
46<br />
suchen wir, unvermeidbare Geräuschbelästigungen<br />
auf ein Minimum zu reduzieren<br />
und sie so zu verteilen, dass unsere<br />
Bewohner nicht zu sehr darunter leiden<br />
müssen. Immer wieder ergeben sich unvorhersehbare<br />
Verzögerungen, so dass wir<br />
derzeit hinter dem ursprünglichen Fertigstellungstermin<br />
herhinken. Der regnerische<br />
Sommer tat das Seine dazu – Beton-<br />
und Abdichtungsarbeiten mussten<br />
gelegentlich verschoben werden. Aber<br />
man kann sich inzwischen vorstellen, wie<br />
das Ganze aussehen wird. Die Kollegen<br />
berichten bereits jetzt von einem deutlich<br />
verringerten Geräuschpegel in den Bewohnerzimmern.<br />
Wenn erst die Außenanlagen<br />
wieder hergestellt sind, die entfernte<br />
Bäume und Büsche neu gepflanzt<br />
und der Blauregen im nächsten Jahr an<br />
der neuen Fassade rankt, werden die Beschwerlichkeiten<br />
des Baues schnell vergessen<br />
sein. Das ist ähnlich wie beim<br />
Kinderkriegen: Wenn alles vorbei ist, ist<br />
es nur noch schön.<br />
Im Juni gelang es uns, trotz des Baustellentrubels,<br />
ausreichend Platz für unser<br />
jährliches Sommerfest im Garten zu<br />
schaffen. Mit dem Gospelchor „al dente“,<br />
der von einer Bogenhausener Kinderärztin<br />
geleitet wird, bekamen wir eine<br />
fröhliche musikalische Ausgestaltung des<br />
Nachmittags. Mit einer Glaskünstlerin<br />
fertigten die Gäste aus vielen kleinen<br />
Glasstückchen eine große bunte Glasscheibe,<br />
die gebrannt wurde. Nun soll sie<br />
noch in eine Metallfassung, damit wir sie<br />
sturmsicher im Garten verankern können.<br />
Sepp Raischl beschäftigte die Gast-<br />
Kinder mit einem Bauernschach. Trotz-
dem war es unseren jungen Besuchern<br />
langweilig, weil „ja fast keine Kinder da<br />
waren“.Und sie hatten mit Ihrer Kritik<br />
recht. Es ist nicht einfach, kleine Kinder<br />
für ein Sommerfest im <strong>Hospiz</strong> zu begeistern.<br />
Die Kinder unserer Kollegen sind<br />
entweder selbst knapp erwachsen oder<br />
noch zu klein, um spielend dabei zu sein.<br />
Mit gelben Bändern, die wir an Besucher<br />
und Mitarbeiter austeilten und die an die<br />
Zweige der Felsenbirne beim „Fluss der<br />
Erinnerung“ gebunden wurden, bezeugten<br />
alle Sommerfestgäste ihre Solidarität<br />
mit unseren kranken und sterbenden<br />
Menschen. Immer wenn ich jetzt in den<br />
Garten gehe und die gelben Bändchen<br />
flattern sehe, schicke ich einen gedanklichen<br />
Gruß zu ihnen.<br />
Entsprechend dem Motto: Ein Mann soll<br />
ein <strong>Haus</strong> bauen, einen Sohn zeugen und<br />
einen Baum pflanzen habe ich beim<br />
Sommerfest zwar keinen Baum, aber dafür<br />
einen Rosenstrauch in den <strong>Hospiz</strong>garten<br />
gepflanzt. Das <strong>Hospiz</strong>-<strong>Haus</strong> ist<br />
gebaut, die Tochter gezeugt – also alle<br />
drei Aufgaben erfüllt. Ich hoffe, dass in<br />
den nächsten <strong>Jahre</strong>n meine Kollegen daran<br />
denken, die Rose zu schneiden, zu<br />
wässern und gelegentlich zu düngen und<br />
ihr so ein langes und prächtig blühendes<br />
Leben ermöglichen.<br />
Unsere Abendvortragsreihe im Bayerischen<br />
Kunstgewerbeverein anlässlich einer<br />
Ausstellung über künstlerisch gestaltete<br />
Urnen, Trauerschmuck und Särge,<br />
die teilweise vorher als Schrank, Regal<br />
oder Truhe zu verwenden sind, war ein<br />
voller Erfolg. Die Besucher saßen ohne<br />
Murren teilweise auf Postkisten und umgedrehten<br />
Papierkörben, weil der Platz<br />
und die vorhandenen Stühle in den schönen<br />
Verkaufs- und Ausstellungsräumen<br />
nicht mehr ausreichten. Es entspannen<br />
sich interessante Gespräche mit den Besuchern<br />
und wir haben Menschen mit<br />
unserer <strong>Hospiz</strong>idee erreicht, die uns bisher<br />
noch nicht gekannt haben.<br />
Ein großes Besucherinteresse erwarten wir<br />
auch bei der Ausstellung „Ein Koffer für<br />
die letzte Reise“, die die Erzdiözese in Kooperation<br />
mit uns und anderen Einrichtungen<br />
in der ehemaligen Karmeliterkirche<br />
veranstaltet. Ein Rahmenprogramm<br />
mit ca. 30 zusätzlichen Veranstaltungen<br />
wird viele Besucher ansprechen und möglicherweise<br />
werden Sie bei ihrem Besuch<br />
den ein- oder anderen unserer <strong>Hospiz</strong>helfer<br />
entdecken, die sich ehrenamtlich für<br />
die Standbesetzung im Rahmen der Ausstellung<br />
gemeldet haben.<br />
Mit meinem Beitrag „Aus dem <strong>Verein</strong>“<br />
verantworte ich ein letztes Mal dessen<br />
Inhalt. Ab der nächsten Ausgabe wird Sie<br />
Herr Wagner über die kleinen und größeren<br />
Ereignisse rund um den CHV informieren.<br />
Mir bleibt es, Ihnen für alles,<br />
was Sie für uns getan haben, sehr herzlich<br />
zu danken und auf Wiedersehen zu sagen.<br />
Alles Gute für Sie.<br />
Ihre Angelika Westrich<br />
47
Stifterkreis<br />
Stellung beziehen und Verantwortung<br />
übernehmen sind zwei herausragende Eigenschaften,<br />
die Stifter kennzeichnen. Mit<br />
ihrer Stiftung bekennen sie sich zu einer<br />
Sache, die ihnen so wichtig ist, dass sie zumindest<br />
einen größeren Teil ihrer Gelder<br />
in eine Stiftung legen. Gleichzeitig handeln<br />
sie verantwortlich, weil ihr Engagement<br />
ein andauerndes ist und auch dann<br />
noch wirkt, wenn die Stiftergründer längst<br />
verstorben sind. Deshalb müssen sie Regelungen<br />
treffen, die die Verwaltung und Betreuung<br />
ihrer Stiftung nachhaltig sicherstellen.<br />
Im Rahmen unseres Stifterkreises kann das<br />
z.B. an den Vorstand des <strong>Verein</strong>s delegiert<br />
werden, wenn es keine familiären oder betrieblichen<br />
Nachfolger gibt. Damit ist sichergestellt,<br />
dass die Stiftung in ihrem Sinne<br />
weitergeführt wird und frei werdende<br />
Mittel ausschließlich dem Zweck zufließen,<br />
den die Stifter fördern wollten. Ein<br />
Vorteil der Stiftungsgründung zu Lebzeiten<br />
können Steuervorteile sein, aber viel<br />
mehr noch die Möglichkeit, direkt Einfluss<br />
auf „seine Stiftung“ nehmen zu können<br />
und sie aktiv zu begleiten. Allerdings<br />
bindet eine Stiftung auch einen Teil des<br />
Vermögens, das dem Stifter dann für mögliche<br />
Pflege- oder Krankheitskosten nicht<br />
mehr zur Verfügung steht.<br />
Eine Stiftung von Todes wegen ist dann eine<br />
gute Alternative. Sie wird ausschließlich<br />
mittels einer letztwilligen Verfügung errichtet<br />
und muss entsprechende Formvorschriften<br />
des Erbrechts beachten. Eine solche<br />
Stiftung kann Erbin, Miterbin,<br />
48<br />
Vermächtnisnehmerin, Auflagenbegünstigte<br />
oder sogar Nacherbin sein. Allerdings<br />
soll man beachten, dass das Nachlassvermögen<br />
ausreichend groß sein soll, damit<br />
aus den Erträgen dieses Vermögens der gewünschte<br />
Stiftungszweck erfüllt werden<br />
kann.<br />
Ein Testament zugunsten einer Stiftung<br />
von Todes wegen muss besonders sorgfältig<br />
verfasst werden und Sie sollten einen<br />
erfahrenen Testamentsvollstrecker mit<br />
der Aufgabe Ihrer Stiftungsgründung betrauen.<br />
Und noch eine Meldung für Stifter, die die<br />
Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug<br />
bei rechtlich unselbstständigen Stiftungen<br />
betrifft: Wird bei einem inländischen<br />
Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut<br />
ein Konto oder Depot für eine<br />
nach §5 Abs.1/9 befreite Stiftung auf<br />
den Namen eines anderen Berechtigten geführt<br />
und ist das Konto oder Depot durch<br />
einen Zusatz zur Bezeichnung eindeutig<br />
sowohl vom übrigen Vermögen des anderen<br />
Berechtigten zu unterscheiden als auch<br />
steuerlich der Stiftung zuzuordnen, kann<br />
es für Kapitalerträge, die nach dem<br />
31.12.2010 zugeflossen sind, als im<br />
Namen der Stiftung geführt behandelt<br />
werden.<br />
Ich freue mich auf unser nächstes Treffen<br />
im Stifterkreis mit Ihnen.<br />
Ihre Angelika Westrich
Kurznachrichten<br />
<strong>Hospiz</strong> macht Schule –<br />
ein Projekt im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />
<strong>Verein</strong> für Schüler<br />
Junge Menschen sind von Sterben und<br />
Tod nicht weniger betroffen als Erwachsene.<br />
Unserem <strong>Verein</strong> ist es ein wichtiges Anliegen,<br />
diese Themen als Bestandteile jedes<br />
menschlichen Lebens in das gesellschaftliche<br />
Bewusstsein zu integrieren. Für Schulklassen<br />
ab der 7.Jahrgangsstufe haben wir<br />
spezielle Unterrichtseinheiten vorbereitet,<br />
die den Schülern Möglichkeiten bieten,<br />
sich behutsam dem Thema zu nähern, ihre<br />
eigenen Erfahrungen einzubringen und<br />
Berührungsängste zu überwinden. Als Referenten<br />
stehen ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer/innen<br />
des <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s<br />
zur Verfügung: Sie erzählen<br />
authentisch über ihre Begleitungen bei<br />
sterbenden Menschen und ihren Familien,<br />
sie sprechen offen über ihre persönlichen<br />
Erfahrungen und vermitteln praxisorientiert<br />
die Ideen einer lebensbejahenden<br />
<strong>Hospiz</strong>arbeit. Sie geben den Schüler/innen<br />
Raum, ihre Fragen und Gedanken zum<br />
Thema anzusprechen. Darüber hinaus<br />
können die Schüler unser <strong>Christophorus</strong>-<br />
<strong>Haus</strong> mit dem stationären <strong>Hospiz</strong> im Rahmen<br />
einer Führung kennen lernen und in<br />
der Begegnung mit hauptamtlichen Mitarbeitern<br />
einen praktischen Einblick in deren<br />
Berufsalltag und das lebensbejahende<br />
<strong>Hospiz</strong>konzept erhalten. Die ersten Unterrichtseinheiten<br />
haben im Frühjahr dieses<br />
<strong>Jahre</strong>s begonnen.<br />
Kontakt über Ulrike Wagner,<br />
wagner@chv.org oder<br />
Telefon: 089/ 13 07 87 26<br />
Zu <strong>Haus</strong>e würdevoll leben bis zuletzt<br />
Die neue Broschüre „Zu <strong>Haus</strong>e würdevoll<br />
leben bis zuletzt“ gibt grundlegende Orientierung<br />
und Hilfestellung in der letzten<br />
Lebensphase bis zum Tod zu <strong>Haus</strong>e. Sie<br />
richtet sich an Betroffene und deren Angehörige,<br />
aber auch an Pflegekräfte, Ärzte<br />
und alle anderen Beteiligten. Herausgegeben<br />
vom <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> ist<br />
der Leitgedanke der erarbeiteten Empfehlungen,<br />
Selbstbestimmung und Würde<br />
des kranken, alten Menschen in den Mittelpunkt<br />
zu rücken. Für diesen höchst<br />
sensiblen und individuellen Prozess will<br />
die Broschüre Sicherheit bieten, Ängste<br />
abbauen helfen und die Möglichkeiten eines<br />
Lebens in der eigenen Häuslichkeit bis<br />
zuletzt beschreiben. Behandlungen sollten<br />
unterbleiben dürfen, die das Sterben alter<br />
Menschen nicht erleichtern, sondern<br />
mehr oder weniger schwerwiegend belasten<br />
oder gar unmöglich machen. Vorab<br />
geäußerte Wünsche oder getroffene Verfügungen<br />
zu lebensverlängernden Maßnahmen<br />
sollen berücksichtigt und umgesetzt<br />
werden.<br />
Kostenlos erhältlich in der Rathausinformation,<br />
dem <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> oder<br />
download unter: www.chv.org<br />
49
Termine<br />
Information und Beratung zur Patientenverfügung<br />
Viele Menschen möchten Vorsorge treffen für den Fall, dass sie durch Unfall, Krankheit<br />
oder Alter nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern und selbstständig zu entscheiden.<br />
Ein offenes Angebot für alle Interessierten zu Fragen der Patientenverfügung<br />
und Vorsorge-Vollmacht. Jeweils am letzten Mittwoch im Monat von 10:00 bis<br />
12:00 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.<br />
30. November, 2011<br />
25. Januar, 2012,<br />
29. Februar, 2012<br />
Erfahrene Mitarbeiter/innen unseres Teams informieren Sie an diesen Vormittagen, was<br />
Sie beachten sollten und gehen auf Ihre individuellen Fragen ein.<br />
Teilnahmegebühr: 5 Euro (für Mitglieder 3 Euro)<br />
Vorträge<br />
Was geschieht beim Sterben?<br />
16. April 2012<br />
Leiden lindern<br />
14. Mai 2012<br />
jeweils von 18:30 – 20:00 Uhr<br />
Offene Führungen im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> 2011<br />
Das <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong> vereint alle ambulanten und stationären Angebote des <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong>s e.V. unter einem Dach. Mit den offenen Führungen vermitteln<br />
wir Interessierten einen Einblick in unser <strong>Haus</strong> und unsere Arbeit.<br />
02. November 2011 von 10:00 bis 12:00 Uhr<br />
11. Januar 2012 von 14:00 bis 16:00 Uhr<br />
14. März 2012 von 10:00 bis 12:00 Uhr<br />
09. Mai 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr<br />
04. Juli 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr<br />
50<br />
28. März 2012,<br />
25. April 2012,<br />
30. Mai 2012,<br />
<strong>Hospiz</strong>helfer/innen<br />
erzählen<br />
23. April 2012<br />
27. Juni 2012,<br />
25. Juli 2012<br />
Sterben zuhause ermöglichen<br />
7. Mai 2012<br />
Abschiednehmen<br />
21. Mai 2012
Interesse an ehrenamtlicher Mitarbeit?<br />
An diesen Tagen stellen wir Ihnen Möglichkeiten vor, sich im <strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong><br />
<strong>Verein</strong> zu engagieren:<br />
01. Februar und 15. Mai 2012<br />
jeweils von 17:00 bis 18:30 Uhr<br />
Offener Trauertreff<br />
Der CHV bietet trauernden Menschen Unterstützung an. Der offene Gesprächskreis<br />
findet zweimal monatlich, jeweils dienstags um 15:00 Uhr statt.<br />
Termine und Anmeldung unter Telefonnummer 089/ 13 07 87-0<br />
Grundseminare 2011/2012<br />
Wochenendseminar WS 1 im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />
17.-18. März 2012 jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am Sonntag<br />
Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />
Wochenendseminar WS 2 im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />
14.-15. Juli 2012 von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am Sonntag<br />
Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />
Abendseminar<br />
sechs Montagabende<br />
06. Februar bis 19.März 2012 (außer Rosenmontag)<br />
von 19:00 bis 21:30 Uhr im <strong>Christophorus</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)<br />
Bitte melden Sie sich zu den Seminaren frühzeitig schriftlich an über die Internetseite<br />
www.chv.org oder per Mail: bildung@chv.org<br />
Telefon: 089 / 13 07 87- 0<br />
Alle oben genannten Veranstaltungen finden in den Räumen des CHV statt.<br />
MVV: U 4 Arabellapark, Tram 17 und 18 bis Effnerplatz, Bus 188 bis Odinstraße<br />
Ausstellung: „Ein Koffer für die letzte Reise”<br />
15. Oktober bis 25. November 2011in der ehemaligen Karmeliterkirche, Karmeliterstr. 1<br />
Organisiert von der Erzdiözese München und Freising in Kooperation mit dem <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V. und anderen Mitveranstaltern.<br />
Aktuelle Öffnungszeiten sowie das Rahmenprogramm entnehmen Sie bitte der Presse<br />
oder besuchen Sie uns im Internet.<br />
51
52<br />
Impressum<br />
CHV aktuell erscheint zweimal jährlich und wird herausgegeben vom<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V., München.<br />
Redaktion: Irene Braun, Julia Hagmeyer, Uve Hirsch, Helmut Nadler, Inge Scheller (v.i.S.d.P.),<br />
Angelika Westrich und Brigitte Wummel<br />
Layout und Herstellung: Helmut Nadler<br />
Anzeigenleitung: Helga Ostermeier Tel. (08441) 80 57 37, 0160-580 67 98<br />
Die nächste Ausgabe von CHV aktuell ist für Mai 2012 vorgesehen.<br />
Geplanter Schwerpunkt: „Das letzte Hemd – Memento mori“<br />
Redaktionsschluss: 15. April 2012<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>Verein</strong> e.V., Effnerstraße 93, 81925 München,<br />
Tel.( 089) 13 07 87-0, Fax 13 07 87-13; www.chv.org; info@chv.org<br />
Bürozeiten: Montag bis Freitag von 9:00 bis 16:30 Uhr<br />
Sozialbank München, Konto Nr. 98 555 00, BLZ 700 205 00<br />
Commerzbank München, Konto Nr. 42 42 111, BLZ 700 400 41<br />
HOSPIZ<br />
Foto: Uve Hirsch
Angelis Bestattungen<br />
Mensch sein hört mit dem Tod nicht auf.<br />
Jeder Mensch ist einzigartig, jeder Abschied auch. Trauer braucht<br />
Menschen, Raum, Zeit und Ausdruck. Das sind die Grundlagen<br />
unserer Arbeit als Bestatter. Wir unterstützen Sie in der schweren Zeit<br />
zwischen Sterben und Bestattung einfühlsam, menschlich, tatkräftig<br />
und ideenreich. Geben Sie Ihren geliebten Menschen in achtsame<br />
Hände. Mit unserem Namen, unserer Erfahrung und unserem Wissen<br />
stehen wir Ihnen gerne zur Seite und sorgen für die Gestaltung eines<br />
einzigartigen Abschieds.<br />
Angelis, wir begleiten Sie auf Ihrem Weg.<br />
tel. 089 - 12596924 an 365 Tagen 24h für sie erreichbar<br />
Lindwurmstraße 45 80337 München Inh. Andreas Lindner<br />
���������������������������������������������������������