Fünf Jahre Christophorus-Haus - Christophorus Hospiz Verein e.V.
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auf uns wartete, gehörte zum Kinderglauben.<br />
Als junge Medizinerin beschäftigte mich<br />
vor allem die Geburt, dieser unendlich<br />
spannende Prozess am Lebensanfang. In der<br />
Lebensmitte verschob sich der Blick nach<br />
vorn, das uns allen bevorstehende Ende erregte<br />
meine Aufmerksamkeit, je mehr es aus<br />
dem Klinikalltag verdrängt wurde. So waren<br />
die Begegnungen mit Elisabeth Kübler-<br />
Ross und Cicely Saunders Meilensteine in<br />
meiner Zuwendung zur <strong>Hospiz</strong>bewegung,<br />
und die Gedanken über Sterben, Tod und<br />
Trauer begleiten diese ehrenamtliche Tätigkeit<br />
seit zwanzig <strong>Jahre</strong>n.<br />
Die Diskussionen über aktive und passive<br />
Sterbehilfe, die zur Zeit allerorten in den<br />
Medien geführt werden, haben neben den<br />
hochstürmenden Emotionen eine gute<br />
Seite: Man kann mit vielen Menschen ins<br />
Gespräch kommen, und das Nachdenken<br />
über das eigene Sterben beginnt wieder.<br />
In den Psalmen habe ich ein Wort König<br />
Davids gefunden: „Herr, lass mich mein<br />
Ende wissen und die Zahl meiner <strong>Jahre</strong>,<br />
damit ich das Maß meines Lebens kenne.”<br />
Dieses „finale Denken” oder besser das<br />
„Vom-Ende-her-Denken” tut wieder Not<br />
und könnte unser Leben in einen neuen<br />
(= alten) Lebenszusammenhang bringen.<br />
In meiner Praxis der Ehe-, Partnerschafts-,<br />
Familien- und Lebensberatung sehe ich<br />
zunehmend Menschen auf der Suche nach<br />
dem Sinn ihres Lebens. Konflikte, zwischenmenschlicheKommunikationsstörungen<br />
und Lebenskrisen können durch<br />
einen „Blick nach vorn” eine heilende<br />
Chance erleben.<br />
8<br />
„Memento mori” war zu allen Zeiten als<br />
Hilfe zu einem besseren, sinnstiftenden<br />
Leben gedacht. Das Leben als Weg zu sehen,<br />
als Reise, fördert die Erstellung einer<br />
Lebensbilanz und ruft nach spiritueller<br />
Wegzehrung. Die ursprüngliche Bedeutung<br />
von „Sinn” stammt vom nord- und<br />
mittelhochdeutschen „sinnan” ab und bedeutet<br />
„reisen, streben, gehen”. Die gleiche<br />
Wurzel steckt im germanischen Wort für<br />
„Reise” und „Weg”.<br />
Während noch im 19. Jahrhundert der<br />
Tod allgegenwärtig war, haben die Forschung<br />
und Behandlung früher unweigerlich<br />
zum Tode führender Krankheiten im<br />
20. Jahrhundert unsere Lebenszeit enorm<br />
verlängert. Die leistungsfähige und leistungsbereite<br />
Medizin hat aber auch neue<br />
Schreckensbilder hervorgerufen: Bilder<br />
von hilflos an unzählige Schläuche und<br />
Maschinen angeschlossenen Menschen,<br />
die nicht sterben durften, Geschichten von<br />
einsam und unter großen Schmerzen sterbenden<br />
Menschen, die niemand aus ihrer<br />
sozialen Isolation holen konnte, Krankengeschichten<br />
von Aids- und Krebskranken,<br />
die zum Lebensende hin von Medizin und<br />
Gesellschaft verlassen waren.<br />
Aber in dieser Zeit der Resignation erwuchs<br />
eine neue Hoffnung: Die Krankenschwester,<br />
Sozialarbeiterin und Ärztin<br />
Dame Dr. Cicely Saunders begann sich der<br />
Not der Schwerstkranken und Sterbenden<br />
anzunehmen, und die moderne <strong>Hospiz</strong>bewegung<br />
nahm von London aus ihren Weg<br />
in die ganze Welt. Aufmerksames Zuhören,<br />
behutsames Fragen nach den Wünschen<br />
und Bedürfnissen der Betroffenen, Offenheit<br />
und Wahrhaftigkeit am Krankenbett<br />
haben neben der Erforschung und Ent-