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Engelbert Plassmann - Institut für Bibliothekswissenschaft ...

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<strong>Engelbert</strong> <strong>Plassmann</strong> - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr<br />

abrufbar.<br />

Noch eine augenzwinkernde Bemerkung zur studentischen Benutzung: Die Kölner Medizinstudenten<br />

werden durch die Bibliothek ausschließlich zum konsequenten Arbeiten angehalten. Da der gesamte<br />

Bestand (Monographien und Zeitschriften voneinander getrennt) nach Numerus Currens aufgestellt ist,<br />

muss der Informationssuchende gezielt die Kataloge benutzen – Herumstöbern und ineffizientes<br />

Durch-die-Regalreihen-Schlendern wird auf diese Weise geschickt unterbunden. Auch die zahlreichen<br />

Internet-Plätze vermiesen dem vergnügungssüchtigen Studenten das Surfen durch nicht-medizinische<br />

www-Seiten: Unter Zuhilfenahme von Filtersoftware sind nämlich nur medizinisch relevante Seiten<br />

freigeschaltet. Das Verschicken von e-mails oder das Begucken von bunten Schmuddel-Seiten ist<br />

höchstens per Anmeldung mit der persönlichen Kennnummer des Bibliotheksausweises möglich.<br />

Düsseldorf<br />

Bibliothek des Landtags NW – eine runde Sache mit architektonischen Kanten<br />

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen und seine Bibliothek liegen direkt am malerischen Rheinufer,<br />

nicht fern der Düsseldorfer Altstadt. Die Anfänge der Bibliothek begannen nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg mit einem einzigen Bücherregal, in dem klassische Belletristik für die Abgeordneten zwecks<br />

Entspannung in den Abendstunden zur Ausleihe bereit stand. Heute gibt es das Referat II 4<br />

(Bibliothek, Informationsdienste, Archiv), welches in erster Linie die parlamentarische und politische<br />

Arbeit der Abgeordneten und Fraktionen unterstützt. Des Weiteren werden Anfragen von Bürgern und<br />

<strong>Institut</strong>ionen bearbeitet. Der Bereich, der als Bibliothek bezeichnet wird, sammelt Monographien und<br />

Zeitschriften zur parlamentarischen und politischen Diskussion, während der Archivbereich<br />

Parlamentspapiere enthält. Die Parlamentsmaterialien (ausgewählte Papiere des Bundes, der anderen<br />

Bundesländer und der EU, sonstiges amtliches Schriftgut und politisch relevante Materialien wie<br />

Broschüren und ähnliches) werden seit 1946 gesammelt, erschlossen und dokumentatorisch aufbereitet<br />

(vornehmlich auf optischen Fotoplatten). Hieraus ergibt sich der sog. Parlamentsspiegel, der im<br />

Rahmen eines Integrierten Informationssystems aller Länder das Parlamentarische Geschehen in ganz<br />

Europa dokumentiert. Seit 1989/90 werden ausgewählte Tageszeitungen ausgewertet und sind in einer<br />

Volltextdatenbank abrufbar. Auch die Retrokonversion schreitet voran: Die ab 1990 erschienene<br />

Literatur ist nur noch im Online-Katalog nachgewiesen.<br />

Mit den elektronischen Möglichkeiten des Information-Retrieval tun sich Personal und Nutzer aber<br />

noch sehr schwer: Dem Personal fehlen vor allem EDV-geschulte Mitarbeiter. In der Vergangenheit<br />

wurden frei werdende Stellen von den Zuständigen auch gern mit MitarbeiterInnen des Hauses besetzt,<br />

die aus verschiedenen Gründen in ihrer alten Abteilung nicht mehr arbeiten konnten. Es gab sogar<br />

schon Vorfälle, so die Bibliotheksleiterin Frau Dransfeld, wo ungeschulte Küchenhilfen zur<br />

bibliothekarischen Arbeit verdonnert wurden. Diese Küchenhilfen mussten nun tagtäglich<br />

Zeitschriftenartikel ausschneiden. Aber auch seitens der Nutzer gibt es Schwierigkeiten. Besonders die<br />

älteren Abgeordneten zeigen sich nicht willig, die elektronischen Möglichkeiten zur<br />

Informationsrecherche zu nutzen. Dabei bietet das Referat II. 4 durchaus Schulungen für die<br />

selbständige Intra- und Internet-Bedienung an. Diese Seminare sind stets ausgebucht. Wegen Platzund<br />

PC-Mangels können jedoch nur alle paar Wochen acht Teilnehmer den Kursen beiwohnen. Bei<br />

den Übungen kommen erschreckende Fakten zutage: Die Unkenntnis und Unerfahrenheit der<br />

Mitarbeiter im Parlamentsgebäude lässt sie noch nicht einmal eine selbständige einfache Recherche in<br />

einer der populären I-net-Suchmaschinen wie „Fireball" durchführen.<br />

Im Parlament läuft also längst nicht alles rund – abgesehen von der Architektur. Vom gläsernen<br />

Fahrstuhl bis zum Plenarsaal und seiner Ausstattung dominieren runde Formen. Der Architekt<br />

symbolisiert damit natürlich die Idee des Runden Tisches. Nur der Bibliothek verweigerte er das<br />

angedachte demokratische Mitspracherecht. Bei der Diskussion um Umbauten in der Bibliothek,<br />

welche mit dem Archiv eine räumliche Einheit bildet, warf er die Vorschläge des Bibliothekspersonals<br />

barsch zurück: „Ich habe hier ein Parlament gebaut und keine Bibliothek!" Hübsch anzusehen ist sie ja,<br />

seine Konstruktion – aber unzweckmäßig. Vom darüber liegenden Flur kann man durch riesige<br />

Glaswände direkt auf den Lesesaal blicken und somit den Nutzern in ihre Papiere oder auf den<br />

Bildschirm blicken. Der Lesesaal selbst ist natürlich kreisrund und sein Boden aus Holz. Dieses Holz<br />

ist nicht nur hellfarbig, sondern auch hellhörig: Es knarrt bei jedem Schritt. Genau in der Mitte des<br />

Lesesaals befindet sich ein aufgemalter Kreis. Stellt man sich darauf, sieht man – obwohl man sich<br />

dem dahinter liegenden Bestand zuwendet – nur die Rückseiten der Regale, aber kein Buch. Da dies<br />

anscheinend ein sehr kreatives Moment darstellt, darf das Personal die auf diesen Punkt sternenförmig<br />

ausgerichteten Regale nicht verschieben. Würde der Architekt die Erlaubnis dazu endlich erteilen,<br />

könnten die Regale weiter in den Lesebereich und einige Arbeitsplätze an ihre Stelle geschoben<br />

werden. So hätte der Nutzer akustisch mehr Ruhe und müsste nicht ständig darum bangen, dass man<br />

von der Glasscheibe Einblick in seine Arbeit hätte. So arbeiten die Parlamentarier kaum in der<br />

Bibliothek, sondern lieber im eigenen Büro. Der Lesesaal bleibt weiterhin ungenutzt – aber wenigstens<br />

rund.<br />

Bonn im Umbruch 1:<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr3.htm (4 von 6) [26.07.2004 13:52:37]

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