18.01.2014 Aufrufe

diese Seite drucken - Institut für Bibliothekswissenschaft - Humboldt ...

diese Seite drucken - Institut für Bibliothekswissenschaft - Humboldt ...

diese Seite drucken - Institut für Bibliothekswissenschaft - Humboldt ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

| Homepage Engelbert Plassmann | <strong>Institut</strong> für <strong>Bibliothekswissenschaft</strong> | <strong>Humboldt</strong> Universität zu<br />

Berlin |<br />

mailto:plassmannbo@cityweb.de<br />

Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr<br />

1999<br />

– Exkursionsbericht –<br />

Leitung: Prof. Plassmann<br />

Text: Ben Kaden (5. Sem.), Tuisko Steinhoff (4. Sem.)<br />

Einleitung<br />

Libraries are as the shrines where all the relics of the ancient saints, full of true<br />

virtue, and that without delusion or imposture, are preserved and reposed.<br />

Francis BACON (1561-1626)<br />

Es hat sich einiges in den Bibliotheken verändert, seit Sir Francis Bacon seine<br />

Gedanken niederschrieb.<br />

Und <strong>diese</strong> nahezu metamorphosischen Verwandlungen von den<br />

Büchersammlungen zu progressiven Informationsdienstleistern behalten<br />

augenscheinlich ihre Kontinuität bei. Dieses Faktum wurde den Teilnehmern der<br />

Exkursion, sechs Studierenden der <strong>Bibliothekswissenschaft</strong>, mit eindringlicher<br />

Deutlichkeit in den fünf Tagen "an Rhein und Ruhr" vor Augen geführt.<br />

Alle besichtigten Einrichtungen sind aktiv mit dem Einstieg in die Integration und<br />

der Entdeckung neuer Routen durch die sich zunehmend verästelnden<br />

Informationswege beschäftigt, bzw. versuchen, durch Modifikationen – welche<br />

durchaus bis in die Grundstruktur der Bibliotheken eingreifen können – dem<br />

ungeheuren Informationsdruck von allen <strong>Seite</strong>n zu begegnen. Damit <strong>diese</strong>s nicht<br />

wie der berühmte don-quijotesche Kampf mit den Windmühlen endet, ist eine<br />

radikale Umorientierung des Bibliothekswesens notwendig, die offenkundig<br />

verbreitet und in ihrer Realisierung schon weit fortgeschritten ist. Eine ganzes<br />

System ist im Wandel, und es ist außerordentlich spannend, <strong>diese</strong>n Prozess zu<br />

beobachten (und natürlich noch weitaus spannender, in <strong>diese</strong>n aktiv eingreifen zu<br />

können).<br />

Die folgende Darstellung gibt zusammengefasst die Aspekte wieder, welche<br />

unserer Gruppe subjektiv am bemerkenswertesten erschienen.<br />

1.<br />

Exkursionstag 19.10.1999<br />

Das Informationszentrum Technik und Patente (ITP) in der UB Dortmund<br />

Das erste Ziel unserer Exkursion war das Informationszentrum Technik und<br />

Patente, welches zur UB Dortmund gehört. Aufgabe <strong>diese</strong>r Einrichtung ist<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (1 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

es, Informationen zu Patenten, Marken und Geschmacksmustern an sich und<br />

weiterführend zum kompletten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes<br />

bereitzustellen. Selbstrecherchen vor Ort sind ebenso möglich wie<br />

Auftragsrecherchen. Das Angebot umfasst neben der<br />

Patentinformationsrecherche die Stichwortrecherche, die Statistikrecherche,<br />

die Neuheitsrecherche, die Namensrecherche, die Rechtsstandrecherche<br />

sowie die Überwachungsrecherche. Dafür steht ein modernes<br />

Kommunikationsnetz mit CD-ROM-Servern und Jukeboxen mit neun<br />

Benutzerarbeitsplätzen zur Verfügung. Neben fachspezifischen<br />

bibliographischen CD-Roms sind entsprechende deutsche und internationale<br />

Online-Datenbanken recherchierbar. Die Zahl der gesammelten Dokumente<br />

beläuft sich auf ca. 3-4 Millionen. Die Einrichtung bedient mit ihrem<br />

Angebot Nachfragen aus dem gesamten Ruhrgebiet.<br />

Internet: Depanet & Informationszentrum Technik und Patente der UB DO<br />

Die Universitätsbibliothek Dortmund<br />

Im Anschluss besuchten wir die 1965 gegründete Universitätsbibliothek.<br />

Diese Bibliothek verfügt über mehr als 1,6 Millionen Medieneinheiten, im<br />

Besonderen aus den Wissensgebieten Mathematik, Ingineur-, Natur-,<br />

Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, darunter zahlreiche DIN-Normen,<br />

VDE-Vorschriften und VDI-Richtlinien; etwa 5.200 Zeitschriften werden<br />

laufend gehalten.<br />

Mit der Zentralbibliothek bilden die spezialisierten 16 Bereichsbibliotheken<br />

ein einheitliches Bibliothekssystem. Die Bibliothek bietet den Nutzern im<br />

"Elektronischen Lesesaal" eine große Anzahl von Internetzugängen mit<br />

Recherchemöglichkeiten. Die Bibliothek ist Mitentwickler des<br />

Zeitschriftenaufsatz-Lieferdienstes JASON. Sie ist der 1997 gegründeten<br />

Digitalen Bibliothek NRW angeschlossen und bietet als neuestes Projekt<br />

unter dem Namen ELDORADO das digitale Publizieren von Dortmunder<br />

Dissertationen im Volltext an.<br />

Internet: UB DO<br />

Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund<br />

Der architektonische Höhepunkt der gesamten Exkursion war zweifellos die<br />

Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, deren Neubau direkt gegenüber<br />

dem Hauptbahnhof steht und unmittelbar an die Innenstadt angrenzt. Schon<br />

die Lage der "Bibliothek für das 21. Jahrhundert", wie es in der aktuellen<br />

Broschüre heißt, verdeutlicht, dass eine moderne Bibliothek im Mittelpunkt<br />

stehen und für jeden leicht erreichbar sein sollte. Nach dem Umzug der<br />

Hauptbibliothek in das zentral gelegene Gebäude blieben gleichwohl alle<br />

Zweigstellen erhalten. Das Gebäude entstand unter der Planung des<br />

Schweizer Architekten Mario Botta. Für <strong>diese</strong>n ist die Bibliothek "die<br />

verkörperte Form des Gedächtnisses" , primär also an die alte Intention des<br />

Speichers für das Wissen der Menschheit angelehnt. Daher hat er bei seinem<br />

Entwurf neben der Funktionalität auch repräsentative Attribute in den<br />

Mittelpunkt gestellt.<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (2 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

Die Zeit von der Grundsteinlegung bis zur Eröffnung dauerte nur ca. zwei<br />

Jahre, der Bau an sich kostete insgesamt 49 Mio. DM. Dabei hat man<br />

sowohl die finanziellen (um etwa 1 Mio. DM) wie auch die terminlichen<br />

Planungen (um drei Monate) unterboten, betonte der Leiter der Bibliothek<br />

Ulrich Moeske.<br />

Die Bibliothek ist zweigeteilt: Der erste Teil ist ein langes Gebäude, der<br />

sogenannte "Riegel", in welchem sich die Verwaltung befindet, außerdem<br />

das <strong>Institut</strong> für Zeitungsforschung und ein sehr attraktiver<br />

Veranstaltungsraum auf Erdgeschosshöhe, der durch seine Glaswände direkt<br />

vom anliegenden Durchgang einsehbar ist. In <strong>diese</strong>m werden regelmäßig<br />

Veranstaltungen (Lesungen etc.) durchgeführt. Der zweite Bereich, die<br />

"Rotunde" ist für die Bibliotheksnutzung an sich vorgesehen. Der gläserne<br />

Rundbau beherbergt die Freihandbestände (etwa 200.000 Medien),<br />

Internetarbeitsplätze, Onlinedatenbanken und auf jeder Etage einen<br />

Informationsschalter. Dieser Teil des Hauses ist absolut symmetrisch<br />

entworfen, die Geschosse sind via Rolltreppe miteinander verbunden. Die<br />

Grundfläche des Freihandbereiches beträgt ca. 4.000 m&sup2;. Der Boden<br />

besteht durchweg aus Doppelböden, die eine nachträgliche Verlegung von<br />

Kabelage sehr erleichtern.<br />

Neben <strong>diese</strong>m zugänglichen Bereich besitzt die Bibliothek im<br />

Kellergeschoss Kompaktmagazine, in denen sich weitere 800.000 Medien<br />

befinden. Ebenfalls in lokaler Verwahrung ist eine sehr bedeutende<br />

Nachlasssammlung mit Schriften u.a. von Beethoven, Einstein und Annette<br />

von Droste-Hülshoff sowie die Dortmunder Autorendokumentation. Eine<br />

weitere interessante Besonderheit des Hauses ist die Artothek, in der<br />

Aquarelle, Grafiken und Zeichnungen entleihbar sind, und die nach den<br />

vorliegenden Daten sehr intensiv in Anspruch genommen wird.<br />

Selbstverständlich bietet die Bibliothek auch einen professionellen<br />

(kostenpflichtigen) Recherchedienst an.<br />

Fazit: Die neue Stadt- und Landesbibliothek Dortmund hat neben dem<br />

eindrucksvollen Gebäude eine sehr benutzerorientierte Gestaltung erfahren,<br />

welche innovativ und modern sicherlich ihrer Rolle als "Bibliothek für das<br />

21. Jahrhundert" entgegen gehen kann.<br />

Weitere Infos im Internet unter: hier<br />

2.<br />

Exkursionstag 20.10. 1999<br />

Die Fachhochschulbibliothek Bochum<br />

Auf dem Campus der Ruhr-Universität befindet sich auch die<br />

Fachhochschule Bochum, welche auf die Fachgebiete Wirtschaft und<br />

Technik ausgerichtet ist. Das Fächerangebot bestimmt in der dazugehörigen<br />

Bibliothek das Erwerbungsprofil; das Themenspektrum spiegelt sich in den<br />

in der Bibliothek freihand aufgestellten Titeln. Die Bibliothek an sich<br />

vereint zwei Teilbibliotheken: die Fachbibliothek Wirtschaft (die anderswo<br />

untergebracht ist) und die Fachbibliothek Technik, die Studiengänge wie<br />

Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik, Vermessungswesen etc.<br />

und ganz aktuell den Studiengang Mechatronik vereint. Da <strong>diese</strong> beiden<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (3 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

Teile zu einem verbunden werden sollen, entsteht direkt neben dem<br />

Eingangsbereich der Fachhochschule ab Ende 1999 ein Bibliotheksneubau.<br />

Die Benutzerschaft umfasst die ca. 4.500 Studenten der FH und die etwa<br />

150 Professoren, die hier die Rolle der Fachreferenten übernehmen, und der<br />

Bibliothek mitteilen, welche Titel akquiriert werden sollen. Der Bestand ist<br />

weniger als Büchersammlung sondern mehr als Informationsangebot<br />

ausgelegt, weswegen das Bestandsniveau auf etwa 120.000 Monografien<br />

gehalten und möglichst nicht erhöht wird. Des weiteren hält man hier 440<br />

Zeitschriftentitel und 21 Zeitungen. Auch die obligatorischen<br />

CD-Rom-Datenbanken und Internet-Arbeitsplätze sind vorhanden. Während<br />

die letzteren – den Ausführungen der stellvertretenden Leiterin der<br />

Bibliothek, Heidi Martin, zufolge – stark frequentiert sind, ist das<br />

Datenbankangebot noch nicht in den Mittelpunkt der Nutzeraufmerksamkeit<br />

gerückt. Regelmäßige Nutzerschulungen in den Bereichen Recherche,<br />

Multimedia, Internet und wissenschaftliches Arbeiten sollen <strong>diese</strong>n Zustand<br />

ändern. Hilfreich dabei ist das sogenannte Lernzentrum, in welchem neben<br />

den Online- und CD-ROM-Zugängen auch die Möglichkeit besteht,<br />

fachspezifische Videos zu sehen oder auch virtuelle Lernprogramme zu<br />

nutzen. Vier Stunden täglich steht ein Informationsdienst zur Verfügung.<br />

Auf <strong>diese</strong>m Gebiet arbeitet die Bibliothek mit dem <strong>Institut</strong> für<br />

zukunftsorientierte Konzeptentwicklung der FH Bochum zusammen.<br />

Fazit: Die Bibliothek der FH Bochum beeindruckte durch ihre ausgeprägte<br />

Nutzerorientierung, speziell mit ihrer Ausrichtung auf virtuelle<br />

Lernmöglichkeiten.<br />

Die HBZ-Speicherbibliothek Bochum<br />

Nur einen Steinwurf von der FH-Bibliothek liegt die Speicherbibliothek des<br />

HBZ, eine Einrichtung die in ihrem Profil einen absoluten Kontrast zu der<br />

zuvor besuchten Instutition darstellt. Nicht die aktuelle Literatur steht hier<br />

im Mittelpunkt und auch nicht die Benutzung, vielmehr findet hier das alte<br />

Bibliotheksideal des Bewahrens auf Dauer seine Darstellung in Reinkultur.<br />

Durch das HBZ von Köln aus verwaltet, beschäftigen sich die beiden<br />

Mitarbeiter ausschließlich mit dem Einlagern von (bislang nur) Periodika,<br />

Zeitschriftenbeständen bzw. mehrbändigen begrenzten Werken ab fünf<br />

Bänden aufwärts, aus Hochschulbibliotheken. Aufgenommen werden solche<br />

Titel, welche nicht in die Zuständigkeit der Zentralbibliotheken fallen. Eine<br />

Einlagerung von Dubletten erfolgt nicht. Sämtliche Daten sind in der ZDB<br />

recherchierbar und auch eine Ortsbenutzung ist möglich, wird allerdings<br />

selten in Anspruch genommen. Beliebter ist die Anforderung von<br />

Aufsätzen über JASON, die die Bibliothek problemlos mittels eines A 2<br />

Scanners bedienen kann. Das zweigeschossige Mehrzweckgebäude, in dem<br />

sich die Bibliothek befindet, liegt auf dem Campus der Ruhr-Universität,<br />

und war in vergangenen Zeiten u.a. deren provisorische Mensa. Daher sind<br />

die Decken für die Aufstellung einer Büchersammlung weniger geeignet,<br />

was Kapazitätseinschränkungen zur Folge hat. Möglich ist hier die<br />

Einlagerung von ca. 700.000 Bänden, der momentane Bestand liegt bei<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (4 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

280.000, worunter sich 80.000 ausgelagerte Titel der Stadtbibliothek Köln,<br />

etliche vorübergehend aufbewahrte Zeitschriftenbände der Staatsbibliothek<br />

Berlin und hunderte Dissertationen der Universität Bochum befinden.<br />

Lit.: Erwin Hardeck: Die Speicherbibliothek Bochum des<br />

Hochschulbibliothekzentrums des Landes Nordrhein-Westfalen. – In:<br />

ABI-Technik 10 (1990) S. 13-18.<br />

Die Stadtbücherei Bochum<br />

Im Zentrum der Stadt, mit direkter baulicher Verbindung zum Rathaus,<br />

findet man die Stadtbücherei Bochum. Das Gebäude war am Tag unseres<br />

Besuches für den öffentlichen Betrieb geschlossen, da Arbeiten an der<br />

EDV-Anlage durchgeführt wurden, was uns aber nicht von einer<br />

ausführlichen Besichtigung abhielt. Zuvor jedoch analysierte die Leiterin,<br />

Frau IrmgardMämecke, in Vortragsform den Jahresbericht 1998, welcher<br />

einige bemerkenswerte Fakten enthält. Wie an der UB Dortmund findet hier<br />

ein Verkauf von Dubletten und ausgesonderten Titeln statt, der letztes Jahr<br />

Einnahmen von ca. 30.000 DM in die Bibliothekskasse brachte. Da die<br />

Bibliothek nach dem System der Budgetierung agieren kann, fließen <strong>diese</strong><br />

Einnahmen nicht in die Stadtkasse, sondern kommen dem Haus unmittelbar<br />

zugute. Eine weitere außergewöhnliche Unterstützung in Höhe von 2,2 Mio.<br />

DM wird der Bücherei durch die Bertelsmann Stiftung im Rahmen des<br />

Projekts "Bibliotheksfilialen" zuteil, für das Bochum gemeinsam mit<br />

Dresden aus 19 Großstadtbibliotheken ausgewählt worden ist. Das Geld soll<br />

für nutzeroreintierte Projekte eingesetzt werden, und nach unserem<br />

Eindruck ist es hier zu <strong>diese</strong>m Zweck in besten Händen.<br />

Das Haus hält zusätzlich zu den 510.000 Medien auch einen umfangreichen<br />

Informationsservice bereit, der intensiv genutzt wird. Im Belletristikbereich<br />

fiel die Präsentation neuer Titel auf, die sowohl optisch als auch von der<br />

Aktualität in Konkurrenz zum Buchhandel durchaus bestehen kann. Die<br />

Bestseller der etwa zeitgleich stattfindenden Frankfurter Buchmesse waren<br />

in mehreren Exemplaren vorrätig. Thematisch zusammengefasste<br />

Literaturlisten, die oft parallel zu Ausstellungen oder Jahrestagen<br />

erscheinen, geben einen überschaubaren Einblick in verschiedenste Gebiete<br />

(z.B. "Stief und Halb und Adoptiv" – Neue Formen der Familie, "Natur<br />

kommt in die Stadt", "Theodor Fontane" etc.). Es ist geplant, einen<br />

Lieferdienst für bestellte Titel bis an die Haustür des Entleihers zu<br />

installieren. Ein umfangreicher Veranstaltungsplan (410 Events im letzten<br />

Jahr), soll wiederum die Nutzer in die Bibliothek locken. Besonders im<br />

Bereich der Kinderbibliothek ist man hier aktiv. Diverse Projekte werden in<br />

Zusammenarbeit mit den ÖB in Essen, Duisburg und Möchengladbach<br />

optimiert. Weiterhin sollen ausgewählte Zweigstellen der Bibliothek in<br />

Zukunft spezialisierte Informationsaufgaben erfüllen, z.B. ist die<br />

Einrichtung einer Multimedia-, einer Jugend- und einer Aus-, Fort- und<br />

Weiterbildungsbibliothek vorgesehen.<br />

Fazit: Die Stadtbücherei Bochum ist eine sehr nutzerorientierte ÖB, bei der<br />

ebenfalls der Gedanke der Informationsdienstleistung verstärkt in den<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (5 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

Vordergrund rückt, die aber daneben den Unterhaltungsaspekt einer<br />

Bibliothek weiterhin ausbaut.<br />

3.<br />

Exkursionstag 21.10.1999<br />

Die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln<br />

Die nächste Einrichtung war wiederum eine WB, diesmal eine sehr<br />

spezielle. Die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin ist eine der vier<br />

Zentralen Fachbibliotheken und, wie der Name schon sagt, ausschließlich<br />

auf Literatur zur Humanmedizin und zu ihren sämtlichen Randgebieten<br />

spezialisiert. In <strong>diese</strong>r Funktion ist sie die größte ihrer Art in Europa. Als<br />

Zentralbibliothek wird sie vom Land NW, den anderen Bundesländern und<br />

dem Bund finanziert. Die Anschaffungskosten liegen im Jahr bei etwa 5<br />

Mio. DM. Damit werden die gesamte deutsche Produktion und der größte<br />

Teil der einschlägigen ausländischen Literatur angeschafft.<br />

Verstärkt kommen auch hier Multimedia und Online-Datenbanken zum<br />

Einsatz. Durch ihren einzigartigen Bestand ist <strong>diese</strong> Einrichtung von<br />

essentieller Bedeutung für die medizinische Forschung in Deutschland, und<br />

dem entsprechend ist die ZBMed die meist genutzte Fernleihbibliothek des<br />

Landes. Als Reaktion auf <strong>diese</strong>n Umstand wurde ein Direktversand für<br />

Dokumente eingerichtet, der ihr bei Einnahmen von etwa 4 Mio. DM einen<br />

Kostendeckungsgrad von 32% ermöglicht. Natürlich liefert die Einrichtung<br />

auch über JASON und SUBITO. Die Dokumentenlieferung ist nicht<br />

fachbezogen, d.h. als ein Full-Service-Team führen die<br />

Informationsspezialisten der ZBMed Recherchen zu jedem Fachgebiet<br />

durch (Bestellung über SUBITO). Die Ortsleihe ist dagegen verhältnismäßig<br />

klein; sie bedient in erster Linie Studenten und Professoren der Universität<br />

Köln. Als Besonderheit ist noch das vollautomatische Buchtransportsystem<br />

zu nennen, welches die einzelnen Geschosse und den alten mit dem neuen<br />

Flügel der Bibliothek verbindet.<br />

Fazit: Mit der ZBMed hat Deutschland eine umfassende Sammlung<br />

medizinischer Literatur, die für den angesprochenen Benutzerkreis eine<br />

ideale Quelle darstellt, wobei der Dienstleistungsgedanke wiederum im<br />

Vordergrund steht.<br />

British Council in Köln<br />

Direkt im Anschluss an den Besuch der ZBMed war eine weitere spezielle<br />

Einrichtung auf dem Exkursionsplan als Besichtigungsobjekt vorgesehen:<br />

das British Council in Köln. Diese <strong>Institut</strong>ion ist eine<br />

Informationseinrichtung mit ausschließlichem Bezug auf Großbritannien<br />

bzw. das Commonwealth, besonders auf der sprachlichen und kulturellen<br />

Ebene. Ein Großteil der Aktivitäten entfällt auf die Studienberatung mit ca.<br />

12.000 Anfragen im Jahr.<br />

Das System des Britisch Council umfasst fünf Büros in Deutschland, wobei<br />

das Council in Köln bislang als Zentrale fungierte. Ab April 2000 wird <strong>diese</strong><br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (6 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

4.<br />

Funktion von der Zweigstelle in Berlin (Hackesche Höfe) übernommen<br />

werden. Die zum Council gehörende Bibliothek musste vor einiger Zeit<br />

unter den Auswirkungen eines neuartigen Finanzierungskonzepts im<br />

Bereich der Grundfläche halbiert und im Bestand von 30.000 auf 9.000<br />

Bände verkleinert werden, es wird als Ersatz heute viel Wert auf Onlineund<br />

CD-Rom-Datenbanken gelegt (z.B. Know UK). Auch sind<br />

Internetrecherchen an sechs Terminals möglich. Neben <strong>diese</strong>n Datenquellen<br />

wird viel Wert auf den AV-Bereich gelegt, und es liegen aktuelle britische<br />

Zeitungen und Zeitschriften aus. Die Zielgruppe ist hauptsächlich im<br />

Bildungsbereich zu sehen, viele Studierende nutzen die akademische<br />

Beratung, Abiturienten wiederum recherchieren für Hausarbeiten, besonders<br />

im Bereich der britischen Landeskunde. Weitere Aktivitätsfelder sind z.B.<br />

Buchlesungen.<br />

Fazit: Für alle an Information zu Großbritannien und dem Commonwealth<br />

Interessierten ist das British Council eine sehr kompetente Anlaufstelle, die<br />

besonders im Bereich der Studienberatung und der Vermittlung von<br />

Auslandstudienplätzen eine große Rolle spielt.<br />

Exkursionstag 22. 10. 1999<br />

Die Stadtbibliothek Köln<br />

Den beein<strong>drucken</strong>den Abschluss unserer Exkursion bildete die Stadtbibliothek<br />

Köln, welche vom Profil einen außergewöhnlich progressiven Charakter hat, der<br />

hundertprozentig in Richtung Kundendienst strebt, wobei die wissenschaftliche<br />

Ausrichtung der ÖB weiterhin eine Rolle spielt. Der Besucherstrom von 4.000<br />

Personen pro Tag allein in der Zentralstelle und eine aktive Mitgliederzahl von<br />

100.000 führt die bestehenden Leistungskapazitäten bis an die Grenzen. Dieses<br />

massive Interesse resultiert besonders aus den Möglichkeiten, welche die<br />

Bibliothek neben der Bereitstellung von Büchern anbietet. Ein umfangreiches<br />

Angebot an Informationen auf allen Medientypen von der Landkarte bis zur DVD,<br />

die kostenlose Ausleihe von Modems für einen Internetzugang daheim, ein<br />

Videobestand mit solchen Titeln, die kommerzielle Videotheken selten<br />

bereithalten, sowie aktuelleste Musik-CDs aus allen Bereichen sind nur einige<br />

Aspekte, welche das Haus attraktiv machen. Viel Wert wird auch auf die<br />

Einbeziehung von Nutzerbereichen gelegt, welche sonst weniger für ÖBs in<br />

Betracht gezogen werden. So stehen für Geschäftskunden spezielle Datenbanken<br />

(z.B. MARKUS) zur Verfügung, und es wird ein Informationsbrokeringprogramm<br />

angeboten. Innerhalb von 36 Stunden besorgen die Informationsspezialisten der<br />

Einrichtung jedes Dokument. Einige große Kölner Unternehmen, u.a. aus der<br />

Medienbranche, nutzen <strong>diese</strong>s Serviceangebot reichlich. Auch ein Lieferdienst<br />

nach Hause wird gegen Gebühr angeboten.<br />

Andererseits bietet die Stadtbibliothek Köln eine umfangreiche Blindenbibliothek<br />

mit 4.000 Hörbüchern, speziellen Videos, Computern mit Braille-Tastatur etc. an.<br />

In der Abteilung für Musikalien ist ein Tonstudio integriert, das man für 5 DM/h<br />

mieten kann. Ganz neu ist das Angebot für 15 DM/15 min Videokonferenzen<br />

durchzuführen. Die Einrichtung <strong>diese</strong>s Dienstes erfolgte im Rahmen eines<br />

Programms zur Videovernetzung diverser Bibliotheken in ganz Europa.<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (7 von 8) [26.07.2004 13:52:00]


Engelbert Plassmann - Exkursion zu Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen an Rhein und Ruhr 1999<br />

Derartige kostenpflichtige Angebote oder auch der Verkauf von ausgesonderten<br />

Titeln führen zu einer guten Einnahmesituation, außerdem sorgen Sponsorengelder<br />

für finanziellen Spielraum über das städtische Budget hinaus. Eine umfangreiche,<br />

sehr professionelle Werbekampagne und ein überaus dichtes<br />

Veranstaltungsprogramm halten die Bibliothek ununterbrochen im öffentlichen<br />

Leben präsent. Für die Zukunft ist die Einrichtung einer Jugendbibliothek für die<br />

Altersgruppe 12-20 eingeplant. Auf der technischen <strong>Seite</strong> beginnt ab Mitte 2000<br />

der Probebetrieb einer chipgesteuerten Ausleihe, welcher im Endeffekt die Theke<br />

zum reinen Informationszentrum umwandeln soll.<br />

Fazit: Informationen unabhängig vom Medium jedem Nutzer so leicht wie<br />

möglich anzubieten, so lautet die Philosophie <strong>diese</strong>s Hauses, und es ist in der Tat<br />

nicht mehr weit davon entfernt. Ein intelligentes Finanzmanagement, ein<br />

progressives Leistungsprofil und eine strikte Orientierung auf Relevanz und<br />

Aktualität sind hierfür die Ursache und der Grund für den großen Nutzer- und<br />

Kundenstamm.<br />

*<br />

Fazit der ganzen Exkursion: Es bewegt sich was an Rhein- und Ruhr. Und<br />

sicherlich nicht nur dort. Aber in jedem Fall eilen die besichtigten Einrichtungen<br />

der Zukunft der Information mit grossen Schritten entgegen. Sicherlich sind nicht<br />

alle Aspekte <strong>diese</strong>r Entwicklung euphorisch zu begrüßen, aber eine<br />

Umstrukturierung der äußeren Gegebenheiten fordert ihre Entsprechung auf davon<br />

abhängenden Ebenen, sofern <strong>diese</strong> ihre Position wahren wollen. Eine<br />

Rollenumverteilung im Bibliothekswesen scheint daher notwendig. Auch wenn<br />

Zukunftsprognostik immer eine sehr skeptisch zu betrachtende Angelegenheit ist,<br />

ist die folgende Tendenz doch wahrscheinlich:<br />

Information ist nicht länger unmittelbar mit Papier verknüpft, daher entfällt für<br />

informationsvermittelnde <strong>Institut</strong>ionen (PIZ, British Council,<br />

Informationsabteilungen der ÖBs) in gewissem Umfang die Notwendigkeit, Papier<br />

(Bücher/Zeitschriften etc.) aufzubewahren. Der Auftrag zur Sammlung der<br />

physischen Dokumente relativiert sich jedenfalls, und zwar in zunehmendem Maß.<br />

Eine darauf folgende Entspannung beim Raumbedarf würde eine Umorientierung<br />

der frei werdenden Kapazitäten zugunsten der Kundenausrichtung ermöglichen.<br />

Auf der anderen <strong>Seite</strong> steht die Bewahrung des Schrifttums, welche in<br />

Speicherbibliotheken (Bochum) oder in den Magazinen der National- bzw. der<br />

Zentralbibliotheken erfolgt. Somit ist eine weitere Existenz der Informationen in<br />

schriftlicher Form gegeben. Dass die Möglichkeit <strong>diese</strong>r Dualität zukünftig im<br />

Bibliothekswesen konkretisiert werden wird, ist unsere zentrale Erkenntnis im<br />

Ergebnis <strong>diese</strong>r überaus gelungenen und nachhaltig prägenden Exkursion.<br />

zurück nach oben | <strong>diese</strong> <strong>Seite</strong> <strong>drucken</strong><br />

26. Juli 2004<br />

http://www.ib.hu-berlin.de/~eplass/exkursionen/rhr2.htm (8 von 8) [26.07.2004 13:52:00]

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!