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Schulerfolg in der Sekundarstufe II - ibw

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<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juli/August 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

KURT SCHMID<br />

<strong>Schulerfolg</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong><br />

Die Schulferien bef<strong>in</strong>den sich zwar momentan <strong>in</strong> ihrer<br />

hochsommerlichen Phase – für e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> SchülerInnen<br />

dürften diese aber getrübt se<strong>in</strong>: Sie stehen<br />

nämlich im Herbst vor e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>holungsprüfung, um<br />

doch noch den Aufstieg <strong>in</strong> die nächsthöhere Schulstufe<br />

bzw. den erfolgreichen Abschluss zu schaffen.<br />

Die <strong>Schulerfolg</strong>sanalyse 1 des <strong>ibw</strong> zeigt, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> zum Teil beträchtliche Unterschiede<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Repetentenquoten zwischen den diversen<br />

Schulformen gibt (vgl. Grafik 1). So bewegten sich<br />

im Zeitraum 2 <strong>der</strong> Schuljahre 1983/84 bis 2000/01 die<br />

durchschnittlichen Repetentenquoten 3 <strong>in</strong> Österreich<br />

zwischen m<strong>in</strong>imal 2,5% (Mädchen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule)<br />

und maximal 15% (Burschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> BHS)!<br />

Zwei Effekte s<strong>in</strong>d dabei deutlich ablesbar:<br />

!<br />

!<br />

Zum e<strong>in</strong>en weisen die Berufsschulen (unabhängig<br />

vom Geschlecht) sehr niedrige Repetentenquoten<br />

auf – im Gegensatz dazu s<strong>in</strong>d die Anteile <strong>der</strong> nichtaufstiegsberechtigten<br />

SchülerInnen <strong>in</strong> allen an<strong>der</strong>en<br />

Ausbildungsformen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> wesentlich<br />

höher. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> BMS und BHS s<strong>in</strong>d die<br />

sehr hohen Repetentenquoten auffällig. Aber auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> AHS-Oberstufe und <strong>in</strong> den polytechnischen<br />

Schulen liegen die Anteile <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten<br />

Schüler/<strong>in</strong>nen zwischen etwa 8% (Mädchen)<br />

und etwa 12% (Burschen) 4 .<br />

Zum an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen Schulformen die Mädchen<br />

(teilweise sogar deutlich) die „besseren“ Schüler, dh.<br />

ihre Repetentenquoten liegen <strong>in</strong> den jeweiligen Schulformen<br />

unter jenen ihrer männlichen Schulkollegen.<br />

GRAFIK 1:<br />

Durchschnittliche „Repetenten“-Quoten <strong>in</strong> den Schulformen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong><br />

nach dem Geschlecht <strong>in</strong> Österreich<br />

(Mittelwert des Anteils <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

am Ende <strong>der</strong> Schuljahre 1983/84 bis 2000/01)<br />

Durchschnittliche Repetentenquoten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

16%<br />

14%<br />

12%<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

Poly<br />

AHS<br />

BMS<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

Poly<br />

AHS<br />

BMS<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

Burschen<br />

Mädchen<br />

1


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juli/August 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

In den e<strong>in</strong>zelnen Bundeslän<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d aber durchaus<br />

deutliche Unterschiede bei den Repetentenquoten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> und <strong>der</strong>selben Schulform gegeben (vgl. Grafik 2).<br />

So schwankt zum Beispiel <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten<br />

männlichen BMS-Schüler zwischen<br />

den Extremwerten von etwa 11% <strong>in</strong> Salzburg und circa<br />

22% <strong>in</strong> Wien. In Wien bleiben demnach <strong>in</strong> dieser Schulform<br />

anteilsmäßig doppelt so viele Schüler am Ende<br />

e<strong>in</strong>es Schuljahres „sitzen“ als wie im Bundesland Salzburg.<br />

Auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Schulformen (mit Ausnahme<br />

<strong>der</strong> AHS-Oberstufe) s<strong>in</strong>d durchwegs große<br />

Spannweiten bei den Repetentenquoten gegeben.<br />

GRAFIK 2:<br />

Durchschnittliche „Repetenten“-Quoten <strong>in</strong> den Schulformen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> nach dem<br />

Geschlecht und dem Bundesland<br />

(Mittelwert des Anteils <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

am Ende <strong>der</strong> Schuljahre 1983/84 bis 2000/01)<br />

Durchschnittliche Repetentenquoten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

Poly<br />

AHS<br />

BMS<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

Poly<br />

AHS<br />

BMS<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

Burschen<br />

Mädchen<br />

Österreich Burgenland Kärnten NÖ OÖ Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg Wien<br />

E<strong>in</strong>e Detailanalyse för<strong>der</strong>t zutage, dass gerade die<br />

kaufmännischen Fachrichtungen, sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> BMS<br />

als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> BHS die höchsten Repetentenquoten<br />

aufweisen. Und dies sowohl für Burschen als auch<br />

Mädchen (wiewohl auch hier die Mädchen durchwegs<br />

„besser“ abschneiden als ihre männlichen Schulkollegen,<br />

dh. niedrigere Repetentenquoten aufweisen).<br />

Aber auch <strong>in</strong> den technisch/gewerblichen Fachrichtungen<br />

s<strong>in</strong>d die Anteile <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten<br />

Schüler sehr hoch. Vgl. dazu Tabelle 1.<br />

2


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juli/August 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

TABELLE 1:<br />

Mittlere „Repetenten“-Quoten <strong>in</strong> den Fachrichtungen <strong>der</strong> BMHS<br />

nach dem Geschlecht <strong>in</strong> Österreich<br />

(Mittelwert des Anteils <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

am Ende <strong>der</strong> Schuljahre 1983/84 bis 2000/01)<br />

Geschlecht Schulform Repetentenquoten<br />

Burschen BMS: t/g & kunstg. 17,0%<br />

BMS: kaufm. 22,0%<br />

BMS: wirtschaftsb. & sonstige 4,8%<br />

BHS: t/g & kunstg. 15,1%<br />

BHS: kaufm. 15,9%<br />

BHS: wirtschaftsb. & sonstige * -<br />

Mädchen BMS: t/g & kunstg. 9,8%<br />

BMS: kaufm. 14,9%<br />

BMS: wirtschaftsb. & sonstige 6,9%<br />

BHS: t/g & kunstg. 8,9%<br />

BHS: kaufm. 9,9%<br />

BHS: wirtschaftsb. & sonstige 8,7%<br />

* Die Anzahl <strong>der</strong> männlichen Schüler <strong>in</strong> dieser BHS-Fachrichtung ist <strong>der</strong>art ger<strong>in</strong>g, dass die Berechnung e<strong>in</strong>er<br />

Repetentenquote verzerrte Ergebnisse liefern würde.<br />

Beson<strong>der</strong>s hoch s<strong>in</strong>d die Repetentenquoten <strong>in</strong> den<br />

ersten Klassen (9. Schulstufe) – vgl. Grafik 3. Mit<br />

steigen<strong>der</strong> Ausbildungsdauer steigt auch die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

die jeweilige Schulstufe erfolgreich abzuschließen.<br />

So weisen am Ende <strong>der</strong> ersten Klasse e<strong>in</strong>er<br />

BMHS etwa 22-23% <strong>der</strong> Burschen (und 13-14% <strong>der</strong><br />

Mädchen) ke<strong>in</strong>en erfolgreichen Schulabschluss auf! 5<br />

Aber schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten Schulstufe gehen die<br />

Repetentenquoten – zum Teil deutlich – zurück.<br />

3


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juli/August 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

GRAFIK 3:<br />

Durchschnittliche „Repetenten“-Quoten <strong>in</strong> den Schulformen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> nach <strong>der</strong><br />

Schulstufe und dem Geschlecht <strong>in</strong> Österreich<br />

(Mittelwert des Anteils <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

am Ende <strong>der</strong> Schuljahre 1983/84 bis 2000/01)<br />

Anteil <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

AHS-<br />

Oberstufe<br />

Durchschnittliche Repetentenquoten nach Schulstufen<br />

BMS<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

AHS-<br />

Oberstufe<br />

BMS<br />

9. Schulstufe<br />

10. Schulstufe<br />

11. Schulstufe<br />

12. Schulstufe<br />

13. Schulstufe<br />

BHS<br />

Berufsschule<br />

Burschen<br />

Mädchen<br />

Dieser Rückgang ist auch dadurch bed<strong>in</strong>gt, dass viele<br />

SchülerInnen nach Vollendung ihrer Schulpflicht (am<br />

Ende <strong>der</strong> 9. Schulstufe) entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Lehrl<strong>in</strong>gsausbildung<br />

antreten bzw. direkt <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die stille Reserve überwechseln. Interessant ist<br />

dabei, dass praktisch alle SchülerInnen, die die 9.<br />

Schulstufe e<strong>in</strong>er AHS bzw. BHS positiv abgeschlossen<br />

haben, ihre Bildungskarriere <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsthöheren<br />

Schulstufe <strong>der</strong> jeweiligen Schulform fortsetzen. Jedoch<br />

nur 60-70% <strong>der</strong> „erfolgreichen“ BMS-SchülerInnen<br />

setzen ihre Ausbildung <strong>in</strong> ihrer Schulform fort. Ca. 20%<br />

wechseln <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lehrausbildung über. Dies bedeutet<br />

aber auch, dass 10-20% <strong>der</strong> erfolgreichen BMS-<br />

SchülerInnen vorzeitig ihre Ausbildung, trotz bisher<br />

erfolgreichem Schulverlauf, beenden und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en Ausbildungsform fortsetzen dürften 6 !<br />

Noch deutlicher wird das Bild, wenn man die weitere<br />

Laufbahn <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten SchülerInnen<br />

<strong>der</strong> 9. Schulstufe analysiert. Hatte e<strong>in</strong> Jugendlicher die<br />

9. Schulstufe e<strong>in</strong>er BMS nicht erfolgreich abgeschlossen,<br />

liegt die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass er diese<br />

Schulstufe <strong>in</strong> „se<strong>in</strong>er“ Schulform wie<strong>der</strong>holt, bei etwa<br />

4<br />

30-40%. Als zweite Option ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Lehrausbildung möglich. Bis Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre<br />

wechselten knapp 30% <strong>in</strong> die duale Ausbildung über.<br />

Seitdem ist diese Übertrittsquote auf etwa 40% angestiegen.<br />

Mit etwa 30-40% von BMS-Drop-Outs ist die<br />

Ausbildungsabbruchquote aber sehr hoch.<br />

Die Situation bei den nicht-aufstiegsberechtigten BHS-<br />

Schüler/<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> 9. Schulstufe ist etwas an<strong>der</strong>s gelagert.<br />

Auch hier wie<strong>der</strong>holen ungefähr 40% <strong>der</strong> BHS-<br />

„Sitzenbleiber“ die Schulstufe <strong>in</strong> „ihrer“ BHS, etwa 10%<br />

wechseln aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e BMS über. Auch die Lehrl<strong>in</strong>gsausbildung<br />

ist durchaus e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Option.<br />

Üblicherweise beg<strong>in</strong>nen etwa 40-50% <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten<br />

BHS-Schüler/<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> 9. Schulstufe<br />

e<strong>in</strong>e Lehre. E<strong>in</strong> Unterschied zwischen BMS und<br />

BHS ist, dass die Drop-Out-Quote <strong>der</strong> nicht-aufstiegsberechtigten<br />

BHS-Schüler/<strong>in</strong>nen durchwegs niedrig<br />

se<strong>in</strong> dürfte (~10%).<br />

Zusammenfassend kann also festgehalten werden,<br />

dass e<strong>in</strong> erfolgreicher Abschluss <strong>der</strong> 9. Schulstufe <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er AHS bzw. BHS „dazu führt“, dass die Aus-


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juli/August 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

bildungslaufbahn <strong>in</strong> diesen Schulformen weiter fortgesetzt<br />

wird. Im Gegensatz dazu gehen aber „nur“<br />

etwa drei Viertel aller erfolgreichen BMS-SchülerInnen<br />

<strong>der</strong> 9. Schulstufe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge weiter <strong>in</strong> diese Schulform.<br />

Bei den BMS-Durchgefallenen wie<strong>der</strong>holen etwa<br />

e<strong>in</strong> Drittel, bei den BHS-Durchgefallenen etwa 40% die<br />

9. Schulstufe <strong>in</strong> ihrer Schulform.<br />

Zusammenfassung und bildungspolitische<br />

Implikationen<br />

Die <strong>Schulerfolg</strong>sanalyse des <strong>ibw</strong> zeigt also, dass es <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> zum Teil beträchtliche Unterschiede<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Repetentenquoten zwischen den<br />

diversen Schulformen gibt. Darüber h<strong>in</strong>aus divergieren<br />

die Anteile <strong>der</strong> SitzenbleiberInnen e<strong>in</strong> und <strong>der</strong>selben<br />

Schulform auch noch <strong>in</strong> Bezug auf das Geschlecht des<br />

Schülers, <strong>der</strong> Region, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich die Schule bef<strong>in</strong>det und<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e, welche Schulstufe betrachtet wird.<br />

Ob diese hohen Repetentenquoten <strong>in</strong> den meisten<br />

Schulformen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong> <strong>II</strong> 7 e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle pädagogische<br />

Leistungsdifferenzierung wi<strong>der</strong>spiegeln o<strong>der</strong><br />

es sich dabei vielmehr um das Ergebnis e<strong>in</strong>es kontraproduktiven<br />

Ausleseprozesses handelt, ist <strong>in</strong> Österreich<br />

zwar e<strong>in</strong>e (mitunter heftig) kontrovers diskutierte Frage,<br />

mit <strong>der</strong> bislang jedoch weitgehend die empirische<br />

Bildungsforschung noch nicht befasst wurde.<br />

Die hohen Repetentenquoten <strong>in</strong> <strong>der</strong> 9. (und teilweise<br />

10.) Schulstufe müssen zudem vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />

<strong>der</strong> spezifischen Struktur des österreichischen Bildungswesens<br />

gesehen werden: Die meisten Jugendlichen<br />

absolvieren ihre Pflichtschulzeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> 9. Schulstufe –<br />

e<strong>in</strong> Jahr davor muss von ihnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel aber schon<br />

die grundsätzliche Entscheidung h<strong>in</strong>sichtlich des weiteren<br />

Bildungsweges getroffen werden. In wie weit s<strong>in</strong>d<br />

also die hohen Repetentenquoten <strong>in</strong> <strong>der</strong> 9. Schulstufe<br />

auch als strukturell bed<strong>in</strong>gtes Ergebnis eben dieser<br />

spezifischen Übergangsstruktur zwischen <strong>der</strong> <strong>Sekundarstufe</strong><br />

I und <strong>II</strong> und daher als Indikator für e<strong>in</strong>e Fehlallokation<br />

<strong>der</strong> Bildungsströme aufzufassen? Was würde<br />

e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung dieser Übergangsstruktur (Stichwort<br />

mittlere Reife) <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den <strong>Schulerfolg</strong> (und<br />

dadurch für die Bildungsaspiration und die weitere<br />

(Aus-)Bildungslaufbahn <strong>der</strong> Jugendlichen) bedeuten?<br />

Abgesehen davon stellt sich aber auch die Frage, wie<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die regionalen Unterschiede <strong>der</strong> Repetentenquoten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> und <strong>der</strong>selben Schulform mit dem<br />

Ziel bundesweiter Ausbildungsstandards (die ja das<br />

strukturelle Pendant zur angestrebten Ausweitung <strong>der</strong><br />

5<br />

Schulautonomie darstellen), z.B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Zentralmatura,<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d.<br />

Weitere Ergebnisse des Forschungsprojektes „Regionale<br />

Bildungsströme <strong>in</strong> Österreich. Entwicklungen seit<br />

dem Schuljahr 1985/86 und Prognosen für die<br />

<strong>Sekundarstufe</strong> I und <strong>II</strong> bis zum Jahr 2020“ werden im<br />

September und Oktober 2003 auf <strong>der</strong> <strong>ibw</strong>-Homepage<br />

veröffentlicht werden (Research Brief, Forschungsbericht<br />

sowie e<strong>in</strong> weiterer <strong>ibw</strong>-Mitteilungsartikel zur<br />

Vorbildungsverteilung <strong>der</strong> LehranfängerInnen).<br />

Literatur:<br />

Statistik Austria:<br />

„Je<strong>der</strong> achte Schüler e<strong>in</strong>er BHS bleibt sitzen, <strong>in</strong> den<br />

ersten Klassen erwischt es sogar jeden Sechsten“<br />

Presse<strong>in</strong>formation Juni 2003<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Diese <strong>Schulerfolg</strong>sanalyse ist e<strong>in</strong> Teilbereich e<strong>in</strong>es breiter<br />

angelegten Forschungsprojektes zum Thema „Regionale<br />

Bildungsströme <strong>in</strong> Österreich“, das dankenswerterweise<br />

von <strong>der</strong> Wirtschaftskammer Österreich sowie von den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Landeskammern unterstützt wurde.<br />

Aktuelle Befunde zum <strong>Schulerfolg</strong> im Schuljahr 2001/02<br />

wurden von <strong>der</strong> Statistik Austria im Juni 2003 <strong>in</strong> den<br />

Presse<strong>in</strong>formationen präsentiert.<br />

Die Repetentenquote ist <strong>der</strong> prozentuale Anteil <strong>der</strong> „nicht<br />

aufstiegsberechtigten“ Schüler/<strong>in</strong>nen an <strong>der</strong> Gesamtzahl<br />

<strong>der</strong> Schüler/<strong>in</strong>nen am Ende e<strong>in</strong>es Schuljahres. Die Quote<br />

sagt daher nichts darüber aus, wie viele SchülerInnen anteilsmäßig<br />

e<strong>in</strong>e Schulstufe auch tatsächlich wie<strong>der</strong>holen.<br />

E<strong>in</strong>e polytechnische Schule kann man zwar nicht wie<strong>der</strong>holen<br />

und daher auch nicht im landläufigen S<strong>in</strong>n „sitzen<br />

bleiben“. Für die weitere Erstausbildungskarriere hat aber<br />

e<strong>in</strong> <strong>der</strong>art negativer Schulabschluss weitreichende Konsequenzen.<br />

So ist die Aufnahme <strong>in</strong> die höheren Schulformen<br />

durchwegs an den positiven <strong>Schulerfolg</strong> des „Vorjahres“<br />

gebunden bzw. bei <strong>der</strong> Bewerbung um e<strong>in</strong>e Lehrstelle ist<br />

sicher e<strong>in</strong> <strong>der</strong>art negativer Schulabschluss ke<strong>in</strong> „positives<br />

Signal“.<br />

Die durchschnittlichen Repetentenquoten <strong>in</strong> <strong>der</strong> 9. Schulstufe<br />

nach Fachrichtungen belaufen sich auf:<br />

technisch/gewerbliche (<strong>in</strong>kl. Kunstgewerbliche) Fachrichtung:<br />

BMS: 28% (Burschen) bzw. 15% (Mädchen)<br />

BHS: 23% (Burschen) bzw. 13% (Mädchen)<br />

kaufmännische Fachrichtung:<br />

BMS: 35% (Burschen) bzw. 25% (Mädchen)<br />

BHS: 23% (Burschen) bzw. 15% (Mädchen)<br />

wirtschafts- und sozialberufliche Fachrichtung:<br />

BMS: 7% (Burschen) bzw. 9% (Mädchen)<br />

BHS: 20% (Burschen) bzw. 15% (Mädchen)<br />

Die Formulierung „dürften“ verweist darauf, dass aufgrund<br />

<strong>der</strong> Datenlage <strong>in</strong> Österreich ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuellen Bildungsbiografien<br />

erstellt werden können und Übertrittsquoten daher<br />

nur mittels e<strong>in</strong>es Aggregatsvergleichs geschätzt werden<br />

können (zur Problematik und weiteren Ergebnissen<br />

<strong>der</strong> Übertrittsquotenschätzung siehe Schmid 2003).<br />

Und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> 9. bzw. 10 Schulstufe.

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