18.01.2014 Aufrufe

KNEWLEDGE-Staatspreis 2004 - ibw

KNEWLEDGE-Staatspreis 2004 - ibw

KNEWLEDGE-Staatspreis 2004 - ibw

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

<strong>KNEWLEDGE</strong>-<strong>Staatspreis</strong> <strong>2004</strong><br />

zur Förderung des lebensbegleitenden<br />

Lernens im beruflichen Kontext<br />

Österreichs Berufstätige werden immer älter. Im Jahr<br />

2000 waren 35 Prozent der Erwerbstätigen im Alter<br />

zwischen 45 und 65, im Jahr 2010 wird diese Altersgruppe<br />

bereits 41 Prozent stellen. Laut einer WIFO-<br />

Studie werden zwischen 2010 und 2025 etwa eine<br />

halbe Million Fachkräfte in Österreich fehlen. Um den<br />

Wohlstand zu erhalten, muss daher die Produktivität<br />

pro Kopf deutlich steigen. Das kann nur mit kontinuierlicher<br />

Weiterbildung gelingen – Stichwort „lebensbegleitendes<br />

Lernen“. Doch nur ein Drittel der Beschäftigten<br />

bildet sich kontinuierlich weiter, ein weiteres Drittel<br />

versucht selten, seine Kenntnisse aufzufrischen, und<br />

das letzte Drittel macht einen großen Bogen um Seminare<br />

und Workshops. Um die berufliche Weiterbildung<br />

zu fördern wurde der <strong>KNEWLEDGE</strong>-Preis ins Leben<br />

gerufen, welcher österreichische Firmen und Organisationen<br />

für ihre innovativen Projekte zur Personalentwicklung<br />

prämiert. Heuer wurde die Auszeichnung<br />

erstmals in Form des „<strong>KNEWLEDGE</strong>-<strong>Staatspreis</strong>es zur<br />

Förderung des lebensbegleitenden Lernens im beruflichen<br />

Kontext" verliehen. Während im Durchschnitt in<br />

Österreich jeder Arbeitnehmer 1,8 Tage im Jahr mit<br />

Aus- und Weiterbildung verbringt, verwenden die<br />

Mitarbeiter der Preisträger dafür etwa eine Woche.<br />

Für die <strong>KNEWLEDGE</strong> STAATSPREISE <strong>2004</strong> und den Sonderpreis 45+<br />

waren nominiert<br />

Computerkabel Kaminek<br />

Die s Bausparkasse<br />

dm drogerie markt GmbH<br />

DYNEA Austria GmbH<br />

FAB - Verein zur Förderung von Arbeit & Beschäftigung<br />

Ing. Friedrich Bauer GmbH<br />

Kinder in Wien<br />

Landeskrankenhaus Villach<br />

Magistrat Linz<br />

Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Oberösterreich<br />

Philips Austria GmbH<br />

Verbund, Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG<br />

voestalpine AG<br />

1


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Die Preisträger <strong>2004</strong><br />

Ing. Friedrich Bauer GmbH<br />

(Sieger in der Kategorie bis 100 Mitarbeiter)<br />

BR Komm.-Rat Sonja Zwazl (Präsidentin der WK NÖ), Herr und<br />

Frau Bauer (Fa. Ing. Friedrich Bauer GmbH), Mag. Christian Domany<br />

(Generalsekretär der WKO), Elisabeth Gehrer (BM für Bildung,<br />

Wissenschaft und Kultur), Dr. Martin Bartenstein (BM für Wirtschaft<br />

und Arbeit)<br />

(v.l.n.r.)<br />

FAB - Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung<br />

(Sieger in der Kategorie 100-500 Mitarbeiter)<br />

Moderatorin Mag. Ursula Puschmann, Dr. Martin Bartenstein (BM<br />

für Wirtschaft und Arbeit), Karl Mitterhuber, Karl Mühlbachler,<br />

Helene Maderscheid und Mag. Dr. Christoph Jungwirth (alle FAB-<br />

Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung), Elisabeth<br />

Gehrer (BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur)<br />

(v.l.n.r.)<br />

2


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

VOEST-alpine AG<br />

(Sieger in der Kategorie über 500 Mitarbeiter)<br />

Moderatorin Mag. Ursula Puschmann, Dir. Heinz Rittenschober und Mag. Wolfgang<br />

Berger (voestalpine AG), Dr. Kaspar Speckle (Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

der PEF Privatuniversität für Management), Dr. Martin Bartenstein (BM<br />

für Wirtschaft und Arbeit), Elisabeth Gehrer (BM für Bildung, Wissenschaft und<br />

Kultur), Mag. Christian Domany (Generalsekretär der WKO), Generaldirektor<br />

Dr. Wolfgang Eder (voestalpine AG)<br />

(v.l.n.r.)<br />

Verbund, Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG<br />

(Sonderpreis für die Förderung älterer Arbeitnehmer)<br />

Vorstandsdirektor Dr. Johann Sereinig und Mag. Vera Futter-Mehringer<br />

(beide Verbund, Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG), Dr. Martin<br />

Bartenstein (BM für Wirtschaft und Arbeit), Elisabeth Gehrer (BM für<br />

Bildung, Wissenschaft und Kultur), Mag. Herbert Tumpel (Präsident der<br />

Kammer für Arbeiter und Angestellten für Wien)<br />

(v.l.n.r.)<br />

3


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Sieger in der Kategorie bis 100 Mitarbeiter<br />

Das Wort „ausgelernt“ ist aus dem Wortschatz zu<br />

streichen! Beim Ingenieurbüro Bauer zeigt sich,<br />

dass intensive Fortbildung auch für kleinere Betrieben<br />

Markenzeichen und Schlüssel zum Erfolg<br />

werden kann.<br />

Die Teilnahme am <strong>KNEWLEDGE</strong>-Wettbewerb, versteht<br />

Maria Gindl, die Assistentin der Geschäftsleitung, als<br />

Dank an ihren Chef, der jeder Mitarbeiterin und jedem<br />

Mitarbeiter viele Ressourcen für die Weiterbildung zur<br />

Verfügung stellt. Bereits vor der Einstellung weist Friedrich<br />

Bauer alle neuen Mitarbeiter darauf hin, dass er<br />

kontinuierliche Weiterbildung erwartet. Wer dazu nicht<br />

bereit ist, hat im Team der Firma Bauer keinen Platz.<br />

„Das Wort ausgelernt ist aus dem Wortschatz zu streichen“<br />

– dieses Motto gilt nicht nur für die Mitarbeiter<br />

des Ingenieurbüros, sondern in erster Linie auch für<br />

den Gründer und Leiter Friedrich Bauer selbst. Der<br />

Lebenslauf des Maschinenbauingenieurs weist die<br />

Teilnahme an mehreren Dutzend Fortbildungslehrgänge<br />

auf. 1987 hat Friedrich Bauer sein eigenes Unternehmen<br />

gegründet, in dem er heute 60 Mitarbeiter<br />

beschäftigt und das über Tochtergesellschaften in<br />

Deutschland und Ungarn verfügt. Ein Schwerpunkt des<br />

Unternehmens ist die Planung von Biogasanlagen, die<br />

im In- und Ausland auf sehr große Nachfrage stoßen.<br />

Besondere Chancen verspricht man sich in Osteuropa<br />

und Nordafrika. Durch die starke Ausweitung des Marktes,<br />

erklärt Friedrich Bauer, sind fast alle Mitarbeiter<br />

gefordert, ihre Sprachkenntnisse auszubauen. „Zumindest<br />

müssen sie ausgezeichnet Englisch können. Leider<br />

sind die Techniker in diesem Bereich von den<br />

Schulen her nicht besonders gesegnet, und wir müssen<br />

als Betrieb viel nachholen.“<br />

Bei Weiterbildung ziemlich lästig<br />

Schon vor dem Schritt in die Selbständigkeit hat Friedrich<br />

Bauer erkannt, dass man sich nur durch kontinuierliche<br />

Weiterbildung einen Vorsprung gegenüber der<br />

Konkurrenz verschafft. Bereits vor der Einstellung weist<br />

er alle neuen Mitarbeiter darauf hin, dass er in diesem<br />

Punkt, wie er sagt „ziemlich lästig“ sein kann. Wer nicht<br />

bereit ist, ständig Neues zu lernen, passt nicht in das<br />

Team der Firma Bauer.<br />

Dass sich Techniker immer auf den neusten Stand der<br />

Entwicklungen bringen und sich mit der aktuellen Konstruktions-Software<br />

vertraut machen, ist selbstverständlich,<br />

reicht aber nicht aus. Da man immer mehr für<br />

das Ausland plant, wird es auch zunehmend erforderlich,<br />

sich mit Marketing und den kulturellen Gegebenheiten<br />

in den Ländern der Kunden auseinander zusetzen.<br />

Die Techniker müssen sich zum Beispiel mit den<br />

Gepflogenheiten in der Abfallwirtschaft auseinandersetzen,<br />

weil in den selbst entwickelten und patentierten<br />

Biogasanlagen Schlachtabfälle oder Abfälle aus Gastronomie<br />

und Tourismus zu Biogas umgewandelt werden.<br />

Das kann am i-Punkt scheitern<br />

Die Qualifizierungserfordernisse der 60 Mitarbeiter sind<br />

extrem unterschiedlich: Sprachen und Marketing,<br />

Schweißtechnologie, Sicherheitstechnik oder das Wissen<br />

um die Spielregeln der EU-Bürokratie. „Denn wenn<br />

man heute Förderansuchen für EU-Projekte einreicht“,<br />

so die Erfahrung von Friedrich Bauer, „kann bereits ein<br />

fehlender i-Punkt das Projekt scheitern lassen.“<br />

Bei der Auswahl der Weiterbildungsmaßnahmen zählen<br />

nicht ausschließlich die betrieblichen Anforderungen,<br />

sondern auch die Wünsche und das Potential der<br />

Mitarbeiter. Denn Betriebe sind vergänglich, so die<br />

Überzeugung des Unternehmensleiters, „aber was<br />

einer gelernt hat, kann man ihm nicht mehr nehmen.<br />

Damit ist auch seine Zukunft gesichert. Wenn ein<br />

Techniker Fremdsprachen beherrscht und dazu noch<br />

etwas von Marketing und Kostenrechnung versteht,<br />

wird er nie arbeitslos werden!“<br />

Von der kleinen Sekretärin zur Führungskraft<br />

Wenn neue berufliche Aufgaben innerhalb des Unternehmens<br />

bevorstehen, bekommen die Mitarbeiter bei<br />

Bedarf einen Coach zur Seite gestellt. Als Maria Gindl,<br />

die gemäß eigener Aussage, nach der Schule als kleine<br />

Sekretärin begonnen hat, mehr und mehr Führungstätigkeiten<br />

übernahm, half ihr ein Coach, ihr Selbstbewusstseins<br />

zu fördern und ihre spezifischen Stärken<br />

deutlicher zu erkennen und optimal zu nützen.<br />

Besondere Bedeutung für die gute Zusammenarbeit<br />

innerhalb des Unternehmens misst Maria Gindl auch<br />

den Mitarbeiter- und Teambildungsmaßnahmen bei, für<br />

die jeweils ein externer Coach engagiert wird. Mit dem<br />

Blick von außen kann er Dinge aufspüren, die den Mitarbeitern<br />

selbst verborgen bleiben.<br />

4


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Mit der Mama ins Büro<br />

Der Blick von außen macht nicht nur unbewusste<br />

Schwächen deutlich, sondern auch Stärken. Daher war<br />

man im Ingenieurbüro Bauer zunächst überrascht, als<br />

man dieses Jahr mit dem Preis für den familien- und<br />

frauenfreundlichsten Mittelbetrieb Niederösterreichs<br />

ausgezeichnet wurde, denn vieles schien selbstverständlich.<br />

Doch für Natascha Engel, Mitarbeiterin im<br />

Sekretariat, hat das Unternehmen den Preis zu Recht<br />

bekommen. „Bei uns ist es nie ein Problem, wenn man<br />

sein Kind mitbringt oder wenn man kurzfristig Urlaub<br />

braucht.“ Dies sei nicht sein Verdienst, merkt Friedrich<br />

Bauer an, sondern das seiner Mitarbeiter, die sich in<br />

Eigenregie bei familiären Notfällen zur Seite stehen.<br />

Doch wie erzeugt man ein so gutes Betriebsklima, dass<br />

sich die Mitarbeiter gegenseitig unterstützen? „Den<br />

Mitarbeiter als Mensch betrachten, der Lernen und sein<br />

Potential entfalten will, der im Team integriert sein und<br />

anerkannt werden will“ – so lautet die Antwort von<br />

Friedrich Bauer: „Und noch etwas: die oberste Autorität<br />

liegt nicht bei mir, sondern beim jeweiligen Projekt.<br />

Dadurch kommen bei uns diese Autoritätsstreitereien<br />

nicht vor, wie ich sie in vielen anderen Unternehmen<br />

erlebt habe. Wir wissen, dass wir ein Projekt so fertig<br />

stellen müssen, dass der Kunde zufrieden ist und uns<br />

auch den nächsten Auftrag gibt.“<br />

In der Projektarbeit zeigt sich häufig auch der Bedarf<br />

an Aus- und Weiterbildung, denn es ist das Bestreben,<br />

jedem Mitarbeiter so viel Eigenverantwortung zu übertragen<br />

wie möglich.<br />

Fehler als Fingerzeig<br />

„Außerdem“, so gibt Friedrich Bauer zu bedenken, „wo<br />

viel und hart gearbeitet wird, lassen sich Fehler nicht<br />

vermeiden.“ Häufig nimmt Friedrich Bauer den Fehler<br />

zum Anlass, gemeinsam mit dem Mitarbeiter nach einer<br />

geeigneten Weiterbildungsmaßnahme zu suchen.<br />

Gelegentlich kommt es auch vor, dass man feststellt,<br />

dass ein Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben nicht geeignet<br />

ist, dann sucht Friedrich Bauer mit ihm nach<br />

einem neuen Arbeitsgebiet. Schon öfters hat Friedrich<br />

Bauer die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter nach<br />

einem Wechsel ihres Tätigkeitsbereiches viel glücklicher<br />

waren. „Wenn die Arbeitnehmer mit vollem Herzen<br />

dabei sind, dann geht’s auch für den Chef leichter.“<br />

5<br />

Zusammensetzen und schauen, was man machen<br />

kann<br />

Schnell, flexibel, informell – das Ingenieurbüro Bauer<br />

nützt die Stärken des überschaubaren, kleinen Betriebes.<br />

Wo bei großen Unternehmen Projekte und Anträge<br />

mit hohem administrativen Aufwand nötig sind, setzt<br />

man sich hier einfach zusammen.<br />

Natascha Engel und ihr Chef Friedrich Bauer haben<br />

sich letzten Sommer zusammengesetzt, um zu überlegen,<br />

wo ihre Interessen liegen und was für den Betrieb<br />

von Nutzen wäre. Inzwischen hat sie diverse Software-<br />

Programme gelernt, um besser mit den Werbeagenturen<br />

arbeiten zu können, und außerdem hat sie Kurse in<br />

Direct-Marketing und Export-Marketing für Osteuropa<br />

absolviert. „Mit meinen neuen Kenntnissen kann ich<br />

den Chefs wirklich zur Seite stehen!“ berichtet Natascha<br />

Engel nicht ohne Stolz.<br />

Frauen heben das Arbeitsklima<br />

Dass Frauen wichtige Aufgaben übernehmen, ist eine<br />

weitere Besonderheit des Ingenieurbüros Bauer, denn<br />

Frauen sind in dieser Branche noch immer eine Seltenheit.<br />

Unter den 60 Mitarbeitern befinden sich zehn<br />

Frauen. Friedrich Bauer stellt gerne Frauen ein, wodurch<br />

sich das gesamte Arbeitsklima verbessert.<br />

„Frauen leisten dasselbe und sollen auch das gleiche<br />

Gehalt bekommen,“ ist Friedrich Bauer überzeugt. Sie<br />

übernehmen auch typische Männeraufgaben z.B. als<br />

Montageassistentinnen und sind wegen ihrer Härte oft<br />

gefürchtet. Einige HTL-Absolventinnen, die bei ihm<br />

begonnen haben, bekleiden jetzt in anderen Unternehmen<br />

Führungspositionen. „Da bin ich besonders<br />

stolz drauf!“<br />

Sofort noch 30 Mitarbeiter<br />

Stolz kann Friedrich Bauer auch auf die geschäftliche<br />

Entwicklung des Unternehmens sein. Die Auftragsbücher<br />

sind voll, und derzeit verhandelt man interessante<br />

Projekte in Slowenien und Ägypten. Er könnte sofort 30<br />

Mitarbeiter einstellen, sagt Friedrich Bauer, aber das<br />

Büro, zum Teil in seinem Wohnhaus in Oberegging bei<br />

Ybbs untergebracht, zum Teil in Tulln, platzt aus allen<br />

Nähten. Die Mitarbeiter sitzen dicht gedrängt vor ihren<br />

Computern. Jeder von ihnen kann eine ganze Reihe<br />

von Bildungsmaßnahmen aufzählen, die er in den letzten<br />

Jahren absolviert hat und die für die nächsten Monate<br />

geplant sind. Die meisten Ausbildungen finden<br />

extern statt, bei den WIFIs in Linz oder St. Pölten, in<br />

universitären Lehrgängen oder bei den Managerkursen


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

des Hernstein-Instituts. Die Kursgebühren des Jahres<br />

2003 beliefen sich auf über 30 000 Euro. Bei kürzeren<br />

Kursen zahlt das Unternehmen die Gebühr und die<br />

Mitarbeiter stellen ihre Zeit zur Verfügung, längere Kurse<br />

finden während der Arbeitszeit statt.<br />

Löcher im Bildungs-Emmentaler<br />

Durch den beständigen engen Kontakt mit den Mitarbeitern<br />

ist es im Ingenieurbüro Bauer relativ einfach,<br />

den Nutzen der Fortbildung herauszufinden. In den<br />

Projekten merkt Friedrich Bauer, mit welchem Erfolg<br />

jemand seine neuen Kenntnisse anwendet. „Aber je<br />

mehr man sich bildet, umso mehr sieht man die Löcher<br />

in seinem Wissen – es ist wie bei einem Emmentaler.“<br />

Den Emmentaler mit den Bildungslöchern stopfen,<br />

diese Aufgabe nehmen die Mitarbeiter des Ingenieur-<br />

Büros gerne wahr. Meist kommen sie selbst mit Vorschlägen<br />

und daran zeigt sich, dass sie das Motto des<br />

Betriebes „das Wort ausgelernt ist aus dem Wortschatz<br />

zu streichen“ bereits verinnerlicht haben.<br />

www.bauertech.com<br />

6


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Sieger in der Kategorie 100-500<br />

Mitarbeiter<br />

Hilfestellung für ein geglücktes Leben.<br />

Im Linzer Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung<br />

betreibt man professionelle Personalentwicklung<br />

im not-for-profit-Sektor.<br />

Der Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung<br />

betreibt an zehn Standorten in Oberösterreich<br />

unter anderem Metallwerkstätten, eine Druckerei, eine<br />

Austernpilzzucht und eine Montagewerkstatt. Knapp<br />

500 Mitarbeiter sind darin beschäftigt, davon etwa 400<br />

mit „besonderen Bedürfnissen“ – von körperlich oder<br />

geistig Behinderten spricht man hier nicht gerne. Die<br />

Mitarbeiter müssen 70 Prozent des gesamten Aufwandes<br />

von 10 Millionen Euro selbst erwirtschaften, die<br />

restlichen 30 Prozent decken Förderungen des Landes<br />

Oberösterreich. In früheren Jahren hat das Land die<br />

geschützten Werkstätten zur Hälfte finanziert.<br />

„Du Karl, der EDV-Kurs ist spitze!“, „Karl, darf ich dich<br />

kurz was fragen?“, „Karl, hast morgen einmal Zeit für<br />

mich?“ Wer Karl Mitterhuber, den Leiter der Abteilung<br />

Personalentwicklung des Vereins zur Förderung von<br />

Arbeit und Beschäftigung, durch die geschützten Werkstätten<br />

in Linz begleitet, braucht viel Zeit. Alle paar<br />

Schritte erzählt ihm jemand seine jüngsten Erfahrungen<br />

in einem Kurs oder will ihm seinen Teilnahmewunsch<br />

an diesem und jenem Seminar mitteilen.<br />

EDV-Kurse, Kommunikationstraining, Frauen- und<br />

Männertage – obwohl es für Einrichtungen dieser Art<br />

nicht üblich ist, leistet sich der Verein ein breit gefächertes<br />

Bildungsprogramm für seine Mitarbeiter. Die<br />

treibende Kraft hinter den Bildungsangeboten ist Karl<br />

Mitterhuber. Seit drei Jahren leitet er die Personalentwicklung<br />

des Vereins. Alle seine Initiativen sind geprägt<br />

von der Überzeugung, dass jeder Mensch den Wunsch<br />

nach einem geglückten Leben in sich trägt. „Alle unsere<br />

Mitarbeiter wollen von sich sagen können ‚ich bin wer<br />

und ich kann was!‘. Ich versuche ihnen mit Personalentwicklung<br />

dabei Hilfestellung zu leisten.<br />

Nicht die Steigerung der Produktivität genießt für Karl<br />

Mitterhuber oberste Priorität beim Erstellen des Bildungsprogramms,<br />

sondern die Arbeitszufriedenheit.<br />

Wo die Mitarbeiter der Schuh drückt und welche Wünsche<br />

sie haben, das äußern sie in den ausführlichen<br />

Mitarbeitergesprächen.<br />

7<br />

„Wie in großen Betrieben üblich, verwenden wir sehr<br />

viel Zeit und Mühe darauf, gemeinsam mit den Sozialarbeitern<br />

ausführliche Mitarbeitergespräche zu führen<br />

und daraus Zielvereinbarungen abzuleiten. Außerdem<br />

bietet sich dabei die Möglichkeit, dem Mitarbeiter Wertschätzung<br />

zu zeigen – das kommt nämlich immer viel<br />

zu kurz. Und schließlich bilden diese Gespräche auch<br />

die Basis für alle Weiterbildungsangebote, die wir entwickelt<br />

haben.“<br />

Nicht mehr vom Bildschirm weg gebracht<br />

Die beliebtesten Weiterbildungsangebote sind eindeutig<br />

die Computerkurse. Bereits am Vormittag, so berichtet<br />

die Trainerin Eva-Maria Landschützer, sagen ihr die<br />

Teilnehmer, wie sehr sie sich auf den Kurs am Nachmittag<br />

freuen. Früher durften nur die Mitarbeiter an den<br />

EDV-Schulungen teilnehmen, die auch beruflich einen<br />

Computer nützen, doch Karl Mitterhuber verfolgt einen<br />

anderen Ansatz. „EDV ist in der heutigen Gesellschaft<br />

eine Kulturtechnik, und daher soll jeder, der das<br />

wünscht, auch Zugang zum Computer und zum Internet<br />

haben.“<br />

Die Sozialarbeiterin Helga Rieser hat beobachtet, dass<br />

sich die Teilnahme an den EDV-Kursen auf die gesamte<br />

Persönlichkeit der Mitarbeiter auswirkt: „Ein Mitarbeiter<br />

hat durch seine guten Fortschritte beim Computerkurs<br />

so stark an Selbstbewusstsein gewonnen, dass er<br />

sich auch in anderen Bereichen plötzlich Aufgaben<br />

zugetraut hat, die vorher undenkbar gewesen wären<br />

und die auch wir ihm nicht zugetraut hätten.“<br />

Viele Mitarbeiter müssen bei den Computerkursen erhebliche<br />

Schwierigkeiten überwinden. Der Umgang mit<br />

der Maus zum Beispiel, erfordert beharrliches Üben,<br />

denn bei vielen ist die Feinmotorik eingeschränkt. Eva-<br />

Maria Landschützer, die Trainerin, ist immer wieder<br />

überrascht, wie viel Geduld und Begeisterung ihre<br />

Schüler aufbringen. „Sie investieren einen Teil der<br />

Freizeit und man merkt, dass sie das wirklich lernen<br />

wollen.“ Es kommt zwar vor, dass jemand vor dem<br />

Computer sitzt und in Tränen ausbricht, weil er sich so<br />

unfähig vorkommt. Doch die Teilnehmerin, bei der das<br />

der Fall war, hat nicht aufgegeben: „Nach zwei Monaten<br />

hat man diese Frau überhaupt nicht mehr vom Bildschirm<br />

weggebracht.“<br />

Deutsch und Mathematik trotz schlechter Erinnerungen<br />

Unter der Überschrift „Schulwissen und Kulturtechniken“<br />

finden sich im übersichtlichen Bildungsfolder des


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Vereins auch Kurse für Deutsch und Mathematik. Obwohl<br />

vielen diese Fächer aus der Schule nicht in bester<br />

Erinnerung sind, so Trainerin Eva-Maria Landschützer,<br />

werden sie gerne belegt. „Prinzipiell besteht der Ehrgeiz<br />

besser sprechen oder rechnen zu lernen und sich<br />

mit der neuen Rechtschreibung vertraut zu machen.“<br />

Die Teilnehmer wenden das Erlernte auch an und Fortschritte<br />

sind deutlich sichtbar. Der Leiter der Metallwerkstatt,<br />

Michael Aigmüller unterstützt die Teilnahme<br />

an den Kursen. „Meine Mitarbeiter müssen ständig mit<br />

Zahlen umgehen, da wirken sich die Kurse sehr positiv<br />

aus.“<br />

Mit Schimpfwörtern zur Kaffee-Pause<br />

Um den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre<br />

beruflichen und privaten Sorgen und Ängste zur Sprache<br />

zu bringen, hat Karl Mitterhuber vor drei Jahren<br />

Kommunikationstrainings eingeführt. Sie umfassen<br />

jeweils vier halbe Tage und einen Follow-up-<br />

Nachmittag nach einigen Wochen. Im Mittelpunkt, so<br />

Kursleiter Peter Kerbel, stehen das Gruppenerlebnis,<br />

der Umgang mit Vorgesetzten und das Verhalten am<br />

Arbeitsplatz.<br />

Können die Kurse Änderungen im Berufsalltag bewirken?<br />

Peter Kerbel antwortet mit einem klaren Ja und<br />

gibt ein Beispiel: „Wir haben einmal gegen Ende eines<br />

Kurses alle Schimpfwörter aufgelistet, die üblicherweise<br />

am Arbeitsplatz verwendet werden. Dann haben wir<br />

eine Vereinbarung getroffen: Wer eines dieser<br />

Schimpfwörter verwendet, der muss eine Runde Kaffee<br />

bezahlen. Nach einigen Wochen hat man mir berichtet,<br />

dass es toll funktioniert, was mich sehr gefreut hat!“<br />

Wobei „toll funktioniert“ nicht bedeutet, dass nun sehr<br />

viel Kaffee getrunken würde, wie Peter Kerbel lachend<br />

anfügt.<br />

Stärken stärken<br />

Nicht alle Verhaltensweisen lassen sich so leicht ändern,<br />

wie der Gebrauch von Schimpfwörtern, vor allem<br />

dann nicht, wenn sie mit den individuellen Behinderungen<br />

verbunden sind. Doch das sieht Peter Kerbel auch<br />

nicht das Ziel des Trainings. „Es geht nicht darum, die<br />

Schwächen der einzelnen auszumerzen, sondern mit<br />

der Summe der Stärken zu arbeiten und sie für bessere<br />

Kommunikation im Umgang miteinander zu nützen.“<br />

Dieser Meinung schließt sich auch Karl Mitterhuber an,<br />

das ganze Weiterbildungskonzept beruhe darauf, bei<br />

den Stärken anzusetzen.<br />

„Die Stärken fördern und das Selbstvertrauen stärken“<br />

– so könnte die Devise für das gesamte Bildungsprogramm<br />

lauten. Es umfasst auch Kurse in Selbstverteidigung<br />

sowie geschlechtsspezifische Seminare. In Linz<br />

hat man zum Beispiel einen Frauentag veranstaltet<br />

unter dem Motto „Ich trau mich!“ Auch die Männertage<br />

und die Seminare zur Sexualkunde sind gut besucht,<br />

denn bei den Mitarbeitern besteht ein großes Bedürfnis,<br />

sich über dieses Tabu-Thema auszutauschen.<br />

Sofern es das Budget oder Sponsoren-Gelder zulassen,<br />

bietet der Verein seinen Mitarbeitern sogar organisierte<br />

Urlaubsreisen an, um ihnen die Möglichkeit zu<br />

einem all-inclusive Urlaub am Mittelmeer zu geben.<br />

Von Staplern und Feuerwehrautos<br />

Mit 35 Tausend Euro ist das Weiterbildungsbudget sehr<br />

begrenzt. Karl Mitterbauer befindet sich daher in einem<br />

ständigen Spagat zwischen dem Wunsch, die Mitarbeiter<br />

optimal zu fördern und den ökonomischen Zwängen.<br />

Doch von der Direktion bis hin zu den<br />

Werkstattleitern und den Sozialarbeitern stehen alle<br />

Beschäftigten hinter seinem<br />

Personalentwicklungskonzept, beteuert Karl<br />

Mitterhuber, sonst wäre es nicht durchführbar.<br />

Die meisten Bildungsmaßnahmen stehen im Zusammenhang<br />

mit den beruflichen Erfordernissen. Bei Bedarf<br />

unterstützt man Mitarbeiter, die sich zum Staplerfahrer<br />

ausbilden lassen, und die Beschäftigten der Metallwerkstatt<br />

erhalten Fortbildungen in Materialkunde,<br />

um ihr Verständnis der Werkstoffe auszuweiten. Außerdem<br />

organisiert Karl Mitterhuber Exkursionen zu<br />

den Betrieben, für die in den geschützten Werkstätten<br />

Teile produziert werden. Letztes Jahr besichtigten die<br />

Mitarbeiter der Metallwerkstatt die Firma Rosenbauer,<br />

die Feuerwehrautos in die ganze Welt liefert. „Es ist<br />

eine schöne Erfahrung, wenn die Kollegen merken,<br />

dass sie als Zulieferer für eine renommierte Firma arbeiten.“<br />

Das Feedback ermuntert zu Neuem<br />

Bisher ist Karl Mitterhuber mit den Ergebnissen des<br />

Bildungsprogramms zufrieden, wobei er sein Urteil auf<br />

drei Quellen stützt: Die Teilnehmer bewerten jeden<br />

Kurs ausführlich, die Trainer geben ihr Feedback und<br />

schließlich finden ein Mal im Jahr Workshops mit den<br />

Werkstattleiterinnen und -leitern statt.<br />

Die Rückmeldungen auf die Weiterbildungsprogramme<br />

sind teils sehr positiv, in anderen Fällen merken die<br />

8


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Werkstattleiter keine unmittelbaren Effekte der Maßnahmen.<br />

„Dazu stehe ich, das heißt noch lange nicht,<br />

dass wir unser Ziel nicht erreicht hätten,“ kommentiert<br />

Karl Mitterhuber gelassen. Wie auch die Sozialarbeiterin<br />

Helga Rieser, ist er überzeugt, auf dem richtigen<br />

Weg zu sein. „Durch die Teilnahme an den Kursen sind<br />

die Mitarbeiter viel selbständiger geworden. Sie sind<br />

jetzt auch wählerischer und überlegen sich genau, welche<br />

Kurse für sie geeignet sind. Ihr gutes Feedback<br />

ermuntert uns, so weiterzumachen und uns neue Programme<br />

zu überlegen.“<br />

www.bfi-bbrz.at/fab<br />

9


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

VOEST-alpine AG Sieger in der Kategorie<br />

über 500 Mitarbeiter<br />

A different kind of holiday<br />

Wo Stahlarbeiter in ein Stahlwerk auf Urlaub fahren<br />

Die VOEST-alpine AG hat sich in den letzten 10 Jahren<br />

zu einem internationalen Konzern gewandelt. Bereits<br />

heute sind 40 Prozent der Mitarbeiter im Ausland tätig,<br />

in einigen Jahren wird es die Hälfte der Belegschaft<br />

sein. Damit die Mitarbeiter diesen Wandel mitvollziehen<br />

können, musste sich das Personalmanagement einiges<br />

einfallen lassen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:<br />

Vom Vorstandsmitglied bis zum Lehrling – jeder versucht<br />

auf seine Art im internationalen Netzwerk zu lernen<br />

und seine neuen Erkenntnisse in seinen Arbeitsbereich<br />

einfließen zu lassen.<br />

„Vor vier Jahren sind sechs Arbeiter von der VOEST-<br />

Alpine nach England zu British Steel zu einem Erfahrungsaustausch<br />

gefahren,“ erinnert sich Betriebsrat<br />

Jupp Stadler. Anfangs fanden sich kaum Stahlarbeiter,<br />

die bereit gewesen wären, auch ihren Urlaub in einem<br />

Stahlwerk zu verbringen, zumal sich die Arbeiter den<br />

Flug selbst bezahlen mussten, doch als der Besuch<br />

von London ins Programm aufgenommen wurde, war<br />

die Motivation ausreichend groß. „Doch der Aufenthalt<br />

bei British Steel und die Kontakte mit den englischen<br />

Arbeitskollegen waren so interessant, dass die London-<br />

Frage plötzlich vom Tisch war.“ „A different kind of holiday”<br />

nannte sich das Projekt, das auch einen Gegenbesuch<br />

der englischen Kollegen in Linz zum Inhalt hatte.<br />

Auf Grundlage dieser Erfahrungen hat man bei der<br />

VOEST weitere Austauschprogramme für Arbeiter entwickelt.<br />

Derzeit lernen 300 Arbeiter Englisch und am<br />

30. Juni werden 20 Arbeiter für vier Tage zur VOEST-<br />

Tochter Bunschoten in der Nähe von Amsterdam reisen,<br />

um die dortigen Kollegen und ihre Arbeitswelt<br />

kennen zu lernen.<br />

Mitarbeiter in aller Welt<br />

Von den 25 000 Mitarbeitern des VOEST-Konzerns<br />

arbeiten heute 40% im Ausland. Die Internationalisierung<br />

des Stahlerzeugers soll auch in Zukunft weitergeführt<br />

werden, bald wird der Anteil der österreichischen<br />

Mitarbeiter nur noch die Hälfte betragen.<br />

Neben der Stahlerzeugung setzt die VOEST-alpine AG<br />

zunehmend auch auf Stahlveredelung und -<br />

verarbeitung und ist dabei vorwiegend für die Automobilindustrie<br />

und im Bau von Bahnstrecken tätig. Der<br />

Wissens- und Know how-Transfer innerhalb der einzelnen<br />

Gesellschaften bildet daher ein entscheidendes<br />

Thema der Personalentwicklung. Wolfgang Berger von<br />

der Abteilung strategisches Personalmanagement<br />

nennt eine Reihe von Maßnahmen, die den Wissensund<br />

Erfahrungsaustausch zwischen den Tochterunternehmen<br />

auch über die Staatsgrenzen hinweg fördern<br />

sollen: Etwa die „Job-Rotation“ zwischen den Tochter-<br />

Gesellschaften, der Lehrlingsaustausch zwischen Österreich<br />

und England oder gemeinsame Weiterbildungsprogramme<br />

auf Englisch und Deutsch und<br />

schließlich kurze Aufenthalte in anderen Betrieben, um<br />

z.B. die andere Herangehensweise in Holland zu lernen.<br />

„People in motion“<br />

heißt das Programm, bei dem sich Mitarbeiter mit ähnlichen<br />

Aufgaben gegenseitig für 14 Tage besuchen.<br />

Klaus Achleitner, Redakteur beim VOEST-Mitarbeiter-<br />

Magazin, hat kürzlich einer Kollegin bei der Firma<br />

Matzner, einem Tochterunternehmen in Osnabrück<br />

einen Besuch abgestattet. Die deutsche Kollegin hat<br />

seinen Aufenthalt gründlich vorbereitet. Sie hat Gespräche<br />

mit der Geschäftsleitung organisiert, eine Betriebsbesichtigung<br />

geplant und ihm Einblicke in ihren<br />

Arbeitsalltag gewährt.<br />

„Die VOEST hat 240 Tochtergesellschaften, da ist es<br />

ganz wichtig, sich ein persönliches Netzwerk zu schaffen,<br />

über das Informationen ausgetauscht werden können.“<br />

Klaus Achleitner war beeindruckt von der Kommunikationskultur<br />

bei der deutschen VOEST-Tochter. Während<br />

die Unternehmenskommunikation in Linz vorwiegend<br />

über Medien geschieht, dienen dazu in Osnabrück<br />

eigens in Innenhöfen eingerichtete Kommunikationsräume.<br />

Das Interessante für Klaus Achleitner: „Es<br />

gibt dort Aufenthaltspflicht für Führungskräfte, so dass<br />

der Informationsfluss immer gewahrt ist.“<br />

Personalmanager Wolfgang Berger sieht darin ein gelungenes<br />

Beispiel für Wissenstransfer. Für ihn bedeutet<br />

Internationalisierung vor allem, voneinander lernen.<br />

Führungskräfte hoch mobil<br />

Als weiteres Beispiel dafür, wie man mit Personalentwicklung<br />

die Internationalisierung des Konzerns begleitet,<br />

nennt der Leiter des strategischen Personalmana-<br />

10


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

gements Heinz Rittenschober, die sogenannte „hoch<br />

mobile Gruppe“. In den letzten sechs Jahren hat man<br />

rund 30 Mitarbeiter für kommende Auslandseinsätze<br />

vorbereitet und zwar bereits zu einem Zeitpunkt, zu<br />

dem noch unsicher war, ob sich die Übernahmepläne<br />

für ein bestimmtes Unternehmen überhaupt realisieren<br />

lassen. Für Heinz Rittenschober ist die hoch mobile<br />

Gruppe ein echtes Chancenkonzept, mit dem man<br />

bisher schon sehr gute Erfahrungen gemacht hat.<br />

Formel 33<br />

Vom Vorstand bis hin zum Lehrling versteht sich die<br />

VOEST-alpine als lernendes Unternehmen und bringt<br />

dies auf eine kurze Formel. Die Formel 33. Jeder Mitarbeiter<br />

erhält die Möglichkeit. 2% seiner Arbeitszeit,<br />

etwa 33 Stunden im Jahr, für Weiterbildung zu nützen.<br />

Die erste Phase des Programms Formel 33 ist bereits<br />

abgeschlossen, und am Ergebnis zeigt sich für Heinz<br />

Rittenschober der Stellenwert den die Bildungsarbeit im<br />

Unternehmen einnimmt. „Acht von zehn Mitarbeitern<br />

haben im letzten Jahr an diesem Programm teilgenommen.<br />

Ich glaube, das ist einzigartig für so einen<br />

großen Betrieb. Für Führungskräfte leistet man sich<br />

zwar überall viele Maßnahmen, aber bei Lohnempfängers<br />

schaut das ganz anders aus.“<br />

Die Tatsache, dass auch Arbeitern die Formel 33 angeboten<br />

wird, spiegelt für Wolfgang Berger den Kulturwandel<br />

wider, den die VOEST in den letzten 10 Jahren<br />

durchgemacht hat.<br />

„Bei VOEST-alpine arbeiten bedeutet, nicht mit 33 oder<br />

34 aufzuhören sich weiterzuentwickeln, sondern lebenslang<br />

Neues zu lernen, neue Chancen zu bekommen<br />

und neue Arbeitsinhalte zu finden bis zum letzten<br />

Arbeitstag.“<br />

Auch wer schon genau weiß, dass er in wenigen Monaten<br />

in Pension gehen wird, kann und soll noch am Programm<br />

Formel 33 teilnehmen. Doch was bringt man<br />

einem Mitarbeiter bei, dessen Tage bis zum Ruhestand<br />

gezählt sind? Wolfgang Berger macht dies am Beispiel<br />

eines verdienten Außendienstarbeiters deutlich, der<br />

kurz vor der Pensionierung stand. „Das war ein alter<br />

Hase, der viel Know-how über seine Kunden im Kopf,<br />

aber wenig davon im Computer hatte. Im Rahmen der<br />

Formel 33 hat der Vorgesetzte ein Tandem zwischen<br />

dem Außendienstarbeiter und seinem jungen Nachfolger<br />

gebildet, um den Wissenstansfer zu sichern.“<br />

Computerfreaks als EDV-Trainer<br />

„Formel 33“ – man kann es auch als „Formel drei-drei“<br />

lesen. Drei Generationen von Mitarbeitern nehmen drei<br />

Arten von Weiterbildung wahr, nämlich Weiterbildung<br />

am Arbeitsplatz, im Arbeitsumfeld oder außerhalb davon<br />

– on, near oder off the job. Wobei man der Fortbildung<br />

on the job zunehmend den Vorzug gegenüber<br />

Seminaren außerhalb – also off the job – einräumt. Die<br />

Personalentwicklung on the job kann z.B. darin bestehen,<br />

einem Mitarbeiter Verantwortung für einen größeren<br />

Arbeitsbereich oder die Leitung einzelner Projekte<br />

zu übertragen und ihn dabei in seinem Wachstum zu<br />

begleiten.<br />

Ein Beispiel für das Lernen der drei Generationen bilden<br />

die Computer-Kurse bei der VOEST. Man hat festgestellt,<br />

dass ältere Mitarbeiter Hemmungen haben,<br />

den professionellen EDV-Trainern gegenüber ihre<br />

Schwächen und Defizite zu zeigen. Die Lösung lag<br />

darin, Lehrlinge als Trainer zu engagieren. Bei den<br />

jungen Computerfreaks lernten die älteren Kollegen<br />

sehr schnell, was auch der erfrischenden Umkehr des<br />

üblichen Verhältnisses von Lehrling und Lehrendem zu<br />

verdanken war. Im Gegenzug stellen sich die älteren<br />

Mitarbeiter den Lehrlingen als Mentoren zur Verfügung,<br />

um sie an ihrem Erfahrungsschatz teilhaben zu lassen.<br />

360-Grad-Feedback<br />

Während der Erfolg bei den Computer-Kursen leicht<br />

ersichtlich war, gestaltet sich das Bildungscontrolling<br />

bei komplexeren Weiterbildungsmaßnahmen oft<br />

schwierig. Zu den üblichen Instrumenten zählen Fragebögen<br />

oder die Evaluierung durch die Führungskräfte<br />

einige Monate nach der Schulung. Um den Erfolg der<br />

zweijährigen Führungskräfteausbildung zu erheben, hat<br />

man bei der VOEST das sogenannte „360-Grad-<br />

Feedback“ entwickelt, bei dem Vorgesetzte, Mitarbeiter,<br />

Lieferanten, das gesamte Umfeld und der Teilnehmer<br />

selbst befragt werden. Bei der Auswertung durch<br />

ein externes Institut sieht man, wie sich die Persönlichkeitsmerkmale<br />

entwickelt haben.<br />

Die Führungskräfte, vor allem die direkten Vorgesetzten,<br />

bilden den Schlüsselfaktor einer erfolgreichen Personalentwicklung,<br />

denn es ist ihre Aufgabe im Rahmen<br />

von Mitarbeitergesprächen, das Potential der Arbeitnehmer<br />

auszuloten und über ideale Wege ihrer Weiterentwicklung<br />

nachzudenken.<br />

Seit zehn Jahren betreibt man bei der VOEST bereits<br />

ein Führungskräfteprogramm, und zahlreiche Mitarbei-<br />

11


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

ter haben bereits am eigenen Leib die fördernde Wirkung<br />

eines guten Vorgesetzten erfahren. Zwar klafft bei<br />

einigen Führungskräften noch eine tiefe Kluft zwischen<br />

dem Führungskräfteleitbild und ihrem tatsächlichen<br />

Handeln, doch andere Vorgesetzte haben sich den Ruf<br />

erworben, ihre Mitarbeiter immer auf die geeignetsten<br />

Schienen zu stellen, damit sie zügig in die richtige<br />

Richtung vorankommen.<br />

„Bei diesen bewerben sich dann auch immer viele sehr<br />

gute Leute, weil sie wissen, dass dort interessante<br />

Aufgaben und Entwicklungsmöglichkeiten auf sie warten.“<br />

Erläutert Wolfgang Berger.<br />

Kein bürokratischer Apparat<br />

Noch einmal zurück zum Thema Internationalisierung:<br />

Um die Integration zu erleichtern, hat die VOESTalpine<br />

ein Handbuch erstellt, das die Spielregeln des<br />

Konzerns erklärt und gleichzeitig auch die spezifische<br />

Kultur der Länder erklärt, in welchen der Konzern aktiv<br />

ist.<br />

Mit einem Augenzwinkern werden die Eigenheiten der<br />

Franzosen, Engländer usw. dargestellt. Auch über die<br />

österreichischen Eigenarten und die hiesigen Dos and<br />

Don’ts erfahren hier Mitarbeiter einiges, wie Wolfgang<br />

Berger berichtet: „Da steht, dass wir uns sehr stark mit<br />

dem Unternehmen identifizieren und bei Bedarf auch<br />

nach 18 Uhr arbeiten. Aber es steht auch drinnen, dass<br />

wir es nicht mögen, als verstaatlichter bürokratischer<br />

Apparat betrachtet zu werden, denn darüber sind wir<br />

schon weit hinaus.“<br />

www.voestalpine.com<br />

12


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Sonderpreis für die Förderung älterer<br />

Arbeitnehmer<br />

„Ich glaube, es ist das Thema Wertschätzung...“<br />

Wie der Verbund-Konzern gemeinsam mit seinen<br />

älteren Mitarbeitern in die Zukunft geht...<br />

Im einst verstaatlichten Verbund-Konzern beginnt man<br />

1994 mit der strategischen Personalentwicklung. Von<br />

Anfang an besteht der Ehrgeiz, moderne Personalarbeit<br />

zu leisten, die auch externer Überprüfung standhält.<br />

Daher hat der Verbund bereits vor sechs Jahren<br />

erstmals am <strong>KNEWLEDGE</strong>-Wettbewerb teilgenommen.<br />

Sukzessive hat er sich ins vordere Feld vorgearbeitet<br />

und erhält dieses Jahr für seine vorbildliche Förderung<br />

älterer Arbeitnehmer den Sonderpreis der Kammer für<br />

Arbeiter und Angestellte Wien.<br />

„Ich glaube, es ist das Thema Wertschätzung und<br />

offene Kommunikation mit dem Mitarbeiter,“ antwortet<br />

Vera Futter-Mehringer, Gruppenleiterin beim strategischen<br />

Personalmanagement, wenn man sie nach dem<br />

wichtigsten Element im Umgang mit älteren Mitarbeitern<br />

fragt.<br />

Rund 2600 Mitarbeiter beschäftigt der Verbund-<br />

Konzern. Er betreibt über 120 Kraftwerke sowie das<br />

österreichische Hochspannungsnetz und sorgt dafür,<br />

dass Stromverbrauch und Stromangebot stets in der<br />

Balance bleiben.<br />

In den letzten 10 Jahren musste sich der Konzern einem<br />

umfassenden Veränderungsprozess stellen. Das<br />

verstaatlichte Unternehmen mit seinem engen rechtlichen<br />

Korsett – Spötter sprachen von „geschützten<br />

Werkstätten“ – hat sich im Zuge der Liberalisierung des<br />

europäischen Strommarktes zu einem international<br />

erfolgreichen Energiekonzern gewandelt. Dazu waren<br />

harte Einschnitte erforderlich. Seit 1994 sind Personalstand<br />

und Personalaufwand halbiert worden, allerdings,<br />

wie Konzernpersonalchef Rudolf Thurner betont,<br />

„sozialverträglich“, d.h. ohne betriebsbedingte Kündigungen.<br />

Die Mitarbeiter mussten dabei sehr flexibel<br />

und mobil sein. Sie mussten Versetzungen an andere<br />

Orte in Kauf nehmen und bereit sein, innerhalb des<br />

Konzerns neue Aufgaben zu übernehmen. Für viele<br />

war es ein Sprung ins kalte Wasser, doch, so Rudolf<br />

Thurner, die Konzernführung hat jedem einzelnen klar<br />

gemacht, dass keiner ohne Hilfestellung bleibt, „sondern<br />

dass das Unternehmen sehr wohl den Schwimmreifen<br />

anbietet, um ihm ans neue Ufer schwimmen zu<br />

helfen.“<br />

Weiterbildung als Schwimmreifen<br />

Der Schwimmreifen – das waren die Angebote zur<br />

Weiterbildung. Während sich die Personalentwicklung<br />

in der Zeit des verstaatlichten Unternehmens mit den<br />

Schlagwörtern „nicht systematisiert, nicht bedarfsorientiert,<br />

nicht im ganzen Konzern“ charakterisieren lässt,<br />

hat man mit der Neuorientierung des Unternehmens<br />

auch ein modernes Personalmanagement eingeführt.<br />

Die Änderungen der letzten zehn Jahre sind für Personalmanagerin<br />

Vera Futter-Mehringer an mehreren Faktoren<br />

ersichtlich: Erstens hat man die Bildungsinvestitionen<br />

verdoppelt. Zweitens verbringt heute jeder Mitarbeiter<br />

durchschnittlich eine Woche im Jahr mit Weiterbildung,<br />

während es vor zehn Jahren nur zweieinhalb<br />

Tage waren, und drittens werden heute die Mitarbeiter<br />

aktiv in die Entscheidung über Weiterbildungsmaßnahmen<br />

miteinbezogen, während früher nur die Vorgesetzen<br />

entschieden haben.<br />

Auch für die Arbeitnehmer sind die Veränderungen der<br />

Unternehmenskultur deutlich wahrnehmbar, wie das<br />

Ergebnis einer großen Befragung zum Thema Führung<br />

zeigt. Die Mitarbeiter fühlen sich heute deutlich motivierter<br />

als früher, sie freuen sich, dass das Unternehmen<br />

in ihre Entwicklung investiert und auch die Gesprächskultur<br />

zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern<br />

hat sich in sehr positiv entwickelt.<br />

Ungesunde Alterspyramide<br />

Neben den positiven Entwicklungen stellen sich im<br />

Verbund-Konzern auch neue Herausforderungen, die<br />

sich in erster Linie durch die Reduktion des Personals<br />

ergeben haben. Die „zurückhaltende Aufnahmepolitik“,<br />

wie Konzernpersonalchef Rudolf Thurner es ausdrückt,<br />

hat zu einer ungesunden Alterspyramide geführt. 47<br />

Jahre beträgt heute das Durchschnittsalter im Verbund-<br />

Konzern, und mit der ASVG-Novelle <strong>2004</strong> wird die<br />

Verweildauer um weitere fünf Jahre verlängert. „Das<br />

war für uns der Ansatzpunkt, uns theoretisch und praktisch<br />

mit der Frage der Beschäftigung des älteren Mitarbeiters<br />

intensiv auseinander zu setzen.“ erklärt Konzernpersonalchef<br />

Rudolf Thurner.<br />

Mehrere Tochtergesellschaften des Verbund-Konzerns<br />

haben daher spezielle Projekte für die Qualifizierung<br />

älterer Arbeitnehmer entwickelt. Das Projekt der Netzgesellschaft<br />

APG – für Austrian Power Grip – trägt den<br />

13


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

Titel „Gemeinsam in die Zukunft“. Ein Ziel des Projektes<br />

besteht darin, ein gemeinsames Führungsverständnis<br />

zu entwickeln, das den Anforderungen bei der<br />

Führung älterer Mitarbeiter gerecht wird. Schulungen<br />

für die Führungskräfte standen daher am Beginn des<br />

Projekts. Wie wichtig diese Maßnahme ist, zeigt das<br />

Ergebnis einer Studie über fördernde und hemmende<br />

Faktoren bei der Qualifizierung älterer Mitarbeiter.<br />

Nichts hemmt ältere Arbeitnehmer mehr, sich weiterzubilden,<br />

als eine negative Einstellung der Führungskraft<br />

dazu. Im nächsten Schritt haben die Mitarbeiter ohne<br />

Führungskräfte detaillierte Anforderungsprofile für jede<br />

Stelle erstellt. „Diese Diskussion hat die Mitarbeiter<br />

sehr motiviert,“ stellt Vera Futter-Mehringer fest, „denn<br />

sie hat ihnen gezeigt, dass ihre Meinung gehört wird.“<br />

Das Personal mitentscheiden lassen<br />

Ausgehend von den künftigen Anforderungen an die<br />

Mitarbeiter hat man nach einem Mitarbeitergespräch für<br />

jeden einzelnen ein persönliches, maßgeschneidertes<br />

Qualifizierungsprogramm erarbeitet.<br />

Angebote zur Weiterbildung signalisieren dem Arbeitnehmer<br />

das langfristige Interesse des Unternehmens<br />

an seiner Mitarbeit und die Bereitschaft, in ihn zu investieren.<br />

Dabei muss Weiterbildung nicht immer in Form<br />

von klassischen Seminaren stattfinden. Andrea Kindl,<br />

die ein Projekt für ältere Arbeitnehmer im Bereich der<br />

thermischen Kraftwerke betreut, hat festgestellt, dass<br />

der Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus anderen<br />

Teilen des Konzerns bei den Mitarbeitern höchsten<br />

Stellenwert genießt. „Daraus lernen sie aktiv sehr viel,<br />

und sie ziehen diese Maßnahmen echten Seminaren<br />

oder Schulungsprogrammen vor.“<br />

Der Erfahrungsaustausch steht für einen Trend, der<br />

sich generell bei Programmen der Personalentwicklung<br />

beobachten lässt. Zunehmend verlagert sich die Weiterbildung<br />

weg vom typischen Seminar hin zu Schulungen<br />

nahe am Arbeitsplatz. Im Jargon der Personalentwickler<br />

gesprochen: weg vom Training off the job – hin<br />

zum Training on the job oder near the job.<br />

Lernen lernen<br />

Leitungsobermeister Herbert Minichberger sieht bei<br />

den Weiterbildungsmaßnahmen deutliche Verbesserungen.<br />

Während früher die Seminare allgemeine<br />

Themen behandelten, erhebt man jetzt ganz spezifisch<br />

den Bedarf der jeweiligen Zielgruppe. Die Mitarbeiter<br />

des Netzbetreibers brauchen z.B. Trainings im Projektmanagement<br />

und rechtliche Schulungen, da sie den<br />

Verbund bei vielen Bauverhandlungen vertreten.<br />

Noch eine weitere positive Veränderung fällt Herbert<br />

Minichberger auf: Im Gegensatz zu früher nimmt man<br />

heute die Vorschläge der Mitarbeiter für Bildungsmaßnahmen<br />

bereitwillig auf. „Das ist der Weg in die richtige<br />

Richtung, dass man das Personal mitentscheiden<br />

lässt!“<br />

Auch im Alter lernbegierig<br />

Dass Mitarbeiter motivierter beim Lernen sind, wenn<br />

sie selbst ein Wörtchen mitzureden haben, was sie<br />

lernen, lässt sich leicht nachvollziehen. Aber wie steht<br />

es generell mit der Fortbildungsbereitschaft, wenn man<br />

älter wird? Sind ältere Arbeitnehmer weniger bereit,<br />

sich fortzubilden? Diese Frage hat Andrea Kindl untersucht,<br />

sie ist Forschungsmitarbeiterin im Verbund-<br />

Personalmanagement. „Ich habe in zahlreichen Interviews<br />

festgestellt, dass ältere Mitarbeiter absolut bereit<br />

sind, sich auch in Freizeit weiterzubilden, wenn ihnen<br />

die Ziele klar sind.“<br />

14<br />

Bei Personalentwicklungs-Maßnahmen gilt meist das<br />

biblische Prinzip, „wer hat, dem wird gegeben werden“.<br />

D.h., wer schon über eine qualifizierte Grundausbildung<br />

verfügt, erhält häufiger Gelegenheit, sich weiterzubilden,<br />

als Mitarbeiter mit niedrigem Ausbildungsniveau.<br />

Beim Verbund-Konzern zieht man seit einigen Jahren<br />

auch weniger qualifizierte Arbeitnehmergruppen systematisch<br />

in die Personalentwicklung mit ein. Beispielsweise<br />

hat man für Hilfskräfte in der Metallbearbeitung<br />

Umschulungen organisiert, damit sie Aufgaben<br />

von Schlossern übernehmen können. Für die meisten<br />

dieser Mitarbeiter war es ungewohnt und schwierig,<br />

eine ganze Woche intensiv Neues zu lernen. Daher hat<br />

man für sie eine Hilfestellung entwickelt – ein Begleitprogramm<br />

mit dem Thema: „Lernen lernen“. Die Auswertung<br />

des Programms zeigt für Andrea Kindl ein<br />

erfreuliches Ergebnis: „Schulungen, die von solchen<br />

Programmen begleitet wurden, sind viel besser angekommen.“<br />

Weiterbildungsangebote nützen nicht nur dem Unternehmen,<br />

sondern auch jedem einzelnen Mitarbeiter, so<br />

ist Vera Futter-Mehringer überzeugt. Denn wer seinen<br />

beruflichen Alltag mit aktuellem Know-how erfolgreich<br />

meistert, fühlt sich auch privat zufriedener. Die Mitarbeiter<br />

und Führungskräfte des Verbund-Konzerns<br />

scheinen dies erkannt zu haben, denn im Vergleich zu<br />

früher kommen sie heute viel öfter und regen Maß-


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Juni <strong>2004</strong>, Dr. Monika Thum-Kraft<br />

nahmen von sich aus an. Für Vera Futter-Mehringer,<br />

die den Bereich Bildung leitet, ein echtes Erfolgserlebnis.<br />

„Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter von sich aus zur<br />

Personalentwicklung kommen, um Vorschläge zu machen,<br />

so empfinde ich das als gutes Zeichen. Ich glaube,<br />

wir haben in den letzten Jahren schon einiges erreicht.“<br />

! Das Programm<br />

! Die Jury<br />

! Besonderer Dank<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!