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Grenzen trennen, Grenzen verbinden:

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Der deutsch-polnische Grenzraum an der unteren Oder<br />

<strong>Grenzen</strong> <strong>trennen</strong>,<br />

<strong>Grenzen</strong> <strong>verbinden</strong>:<br />

die Besonderheiten von <strong>Grenzen</strong> in der EU<br />

Kees Terlouw<br />

Urban and Regional Research Centre<br />

Fakultät Geowissenschaften<br />

Universität Utrecht<br />

Niederlande<br />

terlouw@geo.uu.nl


Hauptthemen<br />

• Vielfalt grenzüberschreitender Beziehungen<br />

• Interaktion und Regulierung auf<br />

verschiedene Weisen verbunden<br />

• Raum<br />

• Ort<br />

• Ebenen<br />

• Zeit<br />

• Mehr Differenzierung als Homogenisierung


Dominanter Diskurs in der Literatur<br />

• Wachstum grenzüberschreitender<br />

Zusammenarbeit und Beziehungen<br />

• Zahl<br />

• Verbreitung (zuletzt auch im Osten)<br />

• Intensität<br />

• Es gibt noch Hindernisse, aber immer<br />

weniger


Martinez 1994


Stimmt dieses Bild der linearen<br />

Entwicklung?<br />

• Einfaches und ansprechendes<br />

Entwicklungsmodell<br />

• Reduktion räumlicher Unterschiede auf<br />

zeitliche Unterschiede<br />

• Probleme:<br />

• Am Anfang war nichts<br />

• Es wird nur besser<br />

• Alles wird gleich


Nationale Blockaden „normaler“<br />

Entwicklung<br />

• Andauernde Unterschiede werden mit<br />

spezifischen Ursachen erklärt<br />

• Werden meistens mit Nationalstaaten<br />

verbunden<br />

• Alte Feindbilder<br />

• Kulturelle Unterschiede<br />

• Sprache<br />

• Organisatorische Unterschiede<br />

• Verwaltungsstruktur


Vielfalt grenzüberschreitender<br />

Zusammenarbeit<br />

• Nicht als Stationen auf einer Linie<br />

• Nicht (nur) als Folge spezifischer<br />

nationaler Blockaden<br />

• Drei mit Nationalstaat verbunden Perioden<br />

statt linearer Entwicklung<br />

• Vor<br />

• Höhepunkt (etwa 1900-1960)<br />

• Nach


Vielfalt durch Interferenz-Prozesse<br />

• Zwei <strong>Grenzen</strong><br />

• Barriere<br />

• Institutionelle Grenze<br />

• Drei Interaktionen<br />

• Menschen<br />

• Güter<br />

• Behörden<br />

• Vier Ebenen<br />

• An der Grenze<br />

• Grenzregion<br />

• Nationalstaat<br />

• International (Europäische Union)


Frühmoderne Periode<br />

• Westfälisches System souveräner<br />

Territorialstaaten (1648)<br />

• Demarkierung Staatsgrenzen (Barriere?)<br />

• Ausbau Staat (Institutionen)<br />

• Staatenbildung stimuliert Interaktion<br />

• Verstärken Unterschiede<br />

• Politische Grenze hindern kaum Interaktion<br />

• Frühkapitalistisches Weltsystem<br />

• Kernstaaten und Peripheriestaaten<br />

• Unterschiedliche sozialwirtschaftliche Regulation<br />

• Produktionsverhältnisse<br />

• Handel in Gütern<br />

• Agrararbeitsverteilung (Baltikum & Amsterdam)<br />

• Arbeit


Hollandgänger 17er und 18er Jahrhundert<br />

3 mal Höhere Löhne<br />

Passend in Argrarkalender<br />

Bevölkerungswachstum


Fazit Frühmoderne:<br />

<strong>Grenzen</strong> <strong>trennen</strong>, <strong>Grenzen</strong> <strong>verbinden</strong><br />

• Das Auseinanderwachsen an beiden Seiten der<br />

Grenze stimuliert Interaktion<br />

• Durch unterschiedliche Regulation wächst<br />

institutionelle Grenze<br />

• Arbeitsteilung in einem Wirtschafssystem<br />

• Güter<br />

• Menschen<br />

• Grenze als Barriere nicht so wichtig


Zeitalter der Nationalstaaten: Anfang<br />

des 20sten Jahrhunderts<br />

• Institutionen wachsen weiter auseinander:<br />

Abnahme subnationaler Unterschiede & Zunahme<br />

internationaler Unterschiede<br />

• Wirtschaft: Ausbau staatlicher Regulierung<br />

• Politik: Demokratie und Nationalismus<br />

• Kultur: Sprache und Nationalismus<br />

• Sozial: Ausbau sozialer Sicherheit<br />

• Grenze wird Barriere für Interaktion<br />

• Güter: Wirtschaftliche Autarkie<br />

• Menschen: Personengrenzkontrollen<br />

• <strong>Grenzen</strong> <strong>trennen</strong> mehr und <strong>verbinden</strong> kaum


Zeitalter der Nationalstaaten:<br />

Unterschiedliche Folgen<br />

• Verschiedene Staaten<br />

• Direkt an der Grenze: Abkupplung und<br />

Marginalisierung<br />

• Arbeitsteilung zwischen Unternehmen<br />

• Zentraler Orte vom Hinterland (Einkaufen)<br />

• Lokale Interaktion von Bürgern (Familien, Freunde)<br />

• Grenzübergänge: Wachstum<br />

• Interaktion zwischen nationalen Kerngebieten<br />

• Reguliert durch Behörden aus Hauptstädten<br />

• Abfertigung konzentriert an bestimmten<br />

Grenzübergängen (gateway)


Kerkrade (NL) - Herzogenrath (D)


Kerkrade (NL) - Herzogenrath (D)


Kerkrade (NL) - Herzogenrath (D)


Kerkrade (NL) - Herzogenrath (D)


Kerkrade (NL) - Herzogenrath (D)


Zeitalter der europäischen<br />

• Baut einige Grenze ab<br />

• Die Grenze als Barriere<br />

Integration<br />

• Die institutionelle wirtschaftliche Grenze (teilweise)<br />

• Europäische Kommission will mehr als<br />

Zwischenstaatlichkeit & Wirtschaft (80er)<br />

• Einigung Europäischer Raum: Territorialer Zusammenhalt<br />

• Projekte fördern transnationale Zusammenarbeit<br />

• Zwischen Behörden und gesellschaftlichen<br />

Organisationen<br />

• Städten und Regionen überall in der EU<br />

• Euroregionen: INTERREG Programm in Grenzregionen


Zusammenarbeit: von Grenze zu<br />

Grenzregionen<br />

• Am Anfang: informelle Zusammenarbeit von<br />

direkt Betroffenen der Grenze als Barriere<br />

• Benachbarte Bürgermeister<br />

• Sanktioniert durch Nationalstaaten (West Europa)<br />

• Nachkriegszeit: Versöhnung<br />

• 1960: Grenzvertrag Niederlande-Deutschland<br />

• 1963: Élisée Vertrag Frankreich-Deutschland<br />

• Teil der wachsenden europäischen Integration<br />

aber noch nicht organisiert durch europäische<br />

Institutionen


Unterschiedliche Ansätze zur<br />

Zusammenarbeit an der Grenze<br />

• Unterschiede zwischen Staaten<br />

• Neue (west?) deutsche nationale Identität<br />

• Lokale Initiativen<br />

• Gemeinsame Kultur<br />

• Sprache<br />

• Aktive Personen<br />

• Lokale problematische Grenzsituationen<br />

• Deindustrialisierung<br />

• Infrastruktur (Strassen, Brücken, Abwasser)<br />

• Stadt-Umland<br />

• Informelle Lösung für akute Grenzprobleme


EU Förderung ändert Logik Zusammenarbeit<br />

• EU harmonisiert durch INTERREG seit 80ern<br />

• Ziele der Zusammenarbeit (Regionalentwicklung)<br />

• Ebenen der Zusammenarbeit (NUTS2)<br />

• Professionalisierung (Komplexe EU Vorschriften):<br />

• Beamten in regionalen Hauptstädten<br />

• Spezialisierung in getrennten Ressorts<br />

• Von horizontalen Beziehungen über <strong>Grenzen</strong> zu<br />

vertikale Beziehungen zwischen administrativen<br />

Ebenen im Staat<br />

• Grenzlage als Instrument nationalen Machtkampfs<br />

(Rescaling)<br />

• Teilweise Territorialisierung der Netzwerke


EU Förderung ändert Logik Zusammenarbeit<br />

• Von Grenzproblemen nach Entwicklung der<br />

Grenzregionen<br />

• Probleme mit räumlichen Identitäten<br />

• Statt Verbundenheit spezifische Barriereprobleme<br />

(Dünne Identität)<br />

• Zerrissenheit breiterer alter territorialer Identitäten<br />

(Dicke Identität)<br />

• Proportionale Verteilung von Geldern auf Basis<br />

der Anzahl der Bewohner beider Grenzräume<br />

• Interessen Bevölkerung an der Grenze werden<br />

untergeordnet<br />

• Minderheit an Grenze, Mehrheit weiter weg


Euroregionen: Harmonisierung oder Vielfalt?<br />

• Harmonisierung<br />

• Gleiche Tendenz in allen Euroregionen<br />

• Immer mehr Euroregionen<br />

• Vielfalt<br />

• Unterschiedliche Anpassung in Euroregionen<br />

• Neue Heterogenität durch Interferenz<br />

mit anderen grenzüberschreitenden<br />

Interaktionen durch Änderungen in<br />

institutionellen <strong>Grenzen</strong>


Interferenz Ebenen der Grenz-<br />

Regulierung<br />

• EU in Brüssel (Lobby Interessenverbände)<br />

• Zwischen Nationalstaaten und nationalen<br />

Organisationen<br />

• Regelungen für binationale Grenzregionen<br />

• In Grenzregionen<br />

• Kooperation zwischen Behörden<br />

• Euroregionen<br />

• An der Grenze<br />

• Erst Grenzverbindungen, jetzt Trennung von<br />

offiziellen Kooperationen


Interferenz und Vielfalt<br />

• Dynamik von nationalen institutionellen Entwicklungen<br />

• Neue Grenzgefälle entstehen und verschwinden<br />

• Komplizieren Zusammenarbeit Behörden in Grenzregion<br />

• Stimulieren Interaktion Grenzbewohner an der Grenze<br />

• Unterschiedliche Interaktionen: institutionelle Preise<br />

• Einkaufen<br />

• Arbeiten<br />

• Wohnen<br />

• Ändernde Asymmetrien<br />

• Immer neue Regulierung Interaktion<br />

• Bilateral zwischen Nationalstaaten<br />

• EU ebene<br />

• Brüssel (Kommission)<br />

• Straßburg (Gerichtshof)


• ‘Border studies’<br />

Grenzsurfer<br />

• Von <strong>Grenzen</strong> (Verwaltung Raum)<br />

↓‘Top-down’<br />

• Zum Grenzüberschreiten (Benutzung Raum)<br />

↑‘Bottum-up’<br />

• ‘Mobility turn’ in Geography<br />

• Wer ist Europäer?<br />

= Einwohner europäischer Länder<br />

•Vertikale Integration<br />

= Grenzsurfer<br />

•Horizontal: überschreiten <strong>Grenzen</strong> von Territorien<br />

•Raumspezifische Differenzierung<br />

27


Billig wohnen in Frankreich:<br />

Raum, Häuserpreise und Steuern


Vaals 1990 billig wohnen in NL


Jetzt billig wohnen in D:<br />

D Preise NL Steuer


Grenzsurfer<br />

• Grenze spielt grosse Rolle im täglichen Leben<br />

• Profitieren von Preisunterschieden an beiden<br />

Seiten der Grenze<br />

• National verursachte institutionelle Unterschiede<br />

schaffen lokale Chancen<br />

• Unsicherheit:<br />

• Möglichkeitswellen entstehen und verschwinden<br />

• Unsichtbare und neue Klippen (z.B. Unterricht)<br />

• Unterschiede:<br />

• Nicht jeder traut sich<br />

• Lokale Situationen und Märkte<br />

31


Fazit <strong>Grenzen</strong> <strong>trennen</strong>, <strong>Grenzen</strong> <strong>verbinden</strong>?<br />

• Sehr unterschiedliche Antworten<br />

(Nationalstaat Ausnahme)<br />

• Ebene (Abstand zur Grenze)<br />

(lokale Situation)<br />

• Zeit<br />

• Ort<br />

• Zwei Welten:<br />

• Grenzsurfer profitieren von<br />

• Nationalen Unterschieden<br />

• EU Reisefreiheit<br />

• Regionale Grenzüberschreitende Zusammenarbeit<br />

• Räumliche Unterschiede als Problem<br />

• Problematische Zusammenarbeit Territorien<br />

• Passt oft nicht zu Realität (kleiner) und Regulierung<br />

(größer) der grenzüberschreitenden Interaktionen

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