Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2012 - ETC Graz
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12 2. Die Menschenrechtssituation <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> im Überblick<br />
2.2 Wirtschaftliche und soziale Rechte<br />
Wirtschaftliche und soziale Rechte wurden durch eine<br />
qualitative Evaluation <strong>der</strong> Empfehlungen 17 bis 23 des<br />
<strong>Graz</strong>er <strong>Menschenrechtsbericht</strong>es 2011 in Form von<br />
mo<strong>der</strong>ierten Fokusgruppen überprüft. Dabei wurde <strong>der</strong><br />
Schwerpunkt auf die Empfehlungen 18, 19 und 22 gelegt.<br />
Den Einschätzungen <strong>der</strong> befragten TeilnehmerInnen<br />
zufolge konnten bei <strong>der</strong> Empfehlung 21 (Erhöhung des<br />
Angebotes an Lern- und Nachmittagsbetreuung sowie<br />
Sprachför<strong>der</strong>ung an <strong>Graz</strong>er Schulen) offenkundig die<br />
größten Erfolge in <strong>der</strong> Umsetzung verbucht werden.<br />
Die TeilnehmerInnen nannten als Beleg für die weitreichende<br />
Umsetzung <strong>der</strong> Empfehlung 21 viele konkrete<br />
Maßnahmen vom generellen Ausbau <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenplätze,<br />
die Integrationsassistenz, bis zum Ausbau von<br />
Schulsozialarbeit.<br />
An zweiter Stelle, was die Umsetzung von Empfehlungen<br />
des Menschenrechtsbeirates anlangt, stehen<br />
die gesetzten Initiativen im Bereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Wohnungspolitik (Empfehlung 19). Allerdings betonten<br />
alle TeilnehmerInnen, dass eine gravierende Differenz<br />
zwischen dem vorhandenen Bedarf an erschwinglichem<br />
Wohnraum und dem vorhandenen Wohnungsangebot<br />
besteht, somit also nur von einer ansatzweisen<br />
Umsetzung <strong>der</strong> Empfehlung 19 die Rede sein könne.<br />
An dritter Stelle in <strong>der</strong> Umsetzung finden sich die Empfehlung<br />
18 (Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit)<br />
und die Empfehlung 22 (För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mehrsprachigkeit).<br />
Bei <strong>der</strong> Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit<br />
wurden unter an<strong>der</strong>em die Produktionsschulen und die<br />
überbetriebliche Lehrlingsausbildung genannt, die den<br />
jungen Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt<br />
verschaffen. Die ArbeitsmarktexpertInnen in<br />
den Fokusgruppen wiesen jedoch einhellig darauf hin,<br />
dass sich die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> diese erfreulichen Erfolge bei<br />
<strong>der</strong> Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit nicht auf<br />
die eigenen Fahnen heften könne, son<strong>der</strong>n dass die<br />
<strong>Stadt</strong>regierung gerade in <strong>der</strong> Arbeitsmarktpolitik viel<br />
mehr investieren müsste, um sich als „soziale Menschenrechtsstadt“<br />
von vergleichbaren Städten positiv<br />
abzuheben. Was die För<strong>der</strong>ung von Mehrsprachigkeit<br />
betrifft, wurden vor allem die Initiativen von <strong>Graz</strong>er<br />
Pflichtschulen als Good Practice angeführt.<br />
Auch bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Empfehlung 17 (Anteil<br />
von Frauen in Führungspositionen) konnten Erfolge<br />
verzeichnet werden. Von <strong>der</strong> Quotenregelung (40%<br />
Frauen) in den Aufsichtsräten <strong>der</strong> städtischen Beteiligungen<br />
über geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen<br />
bei <strong>der</strong> GBG über neue zertifizierte Gen<strong>der</strong>-<br />
Agents bis zum signifikanten Anstieg von weiblichen<br />
Führungskräften im Magistrat <strong>Graz</strong> lassen sich konkrete<br />
Umsetzungsschritte erkennen. Die vom Menschenrechtsbeirat<br />
empfohlene „Gesundheitsfolgenabschätzung“<br />
(Empfehlung 20) und die Einrichtung eines<br />
Menschenrechtsbildungsfonds (Empfehlung 23) fanden<br />
bislang allerdings keine Berücksichtigung seitens<br />
<strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er <strong>Stadt</strong>regierung.<br />
Obwohl erfreulicher Weise bei den Empfehlungen 18,<br />
19, 21 und 22 konkrete und für verschiedene Zielgruppen<br />
wichtige Schritte <strong>der</strong> Umsetzung beschrieben worden<br />
sind, so muss dennoch festgehalten werden, dass<br />
die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> trotz erzielter Etappenerfolge von einer<br />
bedarfs- und nachfragegerechten Realisierung <strong>der</strong> sozialen<br />
Menschenrechte noch weit entfernt ist. Die TeilnehmerInnen<br />
gaben mit hoher Übereinstimmung zu<br />
Protokoll, dass die jeweiligen Angebote in keinem Fall<br />
den vorhandenen Bedarf abdecken, also nicht ausreichend<br />
finanziert bzw. in keinem Fall für alle Personen<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Zielgruppe verfügbar sind. Dennoch fanden<br />
die gesetzten Umsetzungsschritte mehrheitlich<br />
eine (kritische) Würdigung durch die TeilnehmerInnen.<br />
Die TeilnehmerInnen betonten bei allen Empfehlungen,<br />
dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> zwar viele Initiativen setze, dass sie<br />
jedoch dem Anspruch zufolge, eine Menschenrechtsstadt<br />
zu sein, weitaus mehr in die Umsetzung <strong>der</strong> Empfehlungen<br />
investieren müsse, um österreichweit eine<br />
Vorreiterrolle übernehmen zu können.<br />
Die TeilnehmerInnen betonten bei allen diskutierten<br />
Empfehlungen, dass im weitesten Sinne benachteiligte<br />
Personengruppen es zunehmend schwerer haben,<br />
sich auf dem Arbeits-, Bildungs- o<strong>der</strong> Wohnungsmarkt<br />
erfolgreich zu behaupten. Dazu zählen u.a. Menschen<br />
mit Defiziten in <strong>der</strong> Basisbildung, Personen ohne formale<br />
Bildungsabschlüsse, psychisch o<strong>der</strong> körperlich<br />
beeinträchtigte Personen, Menschen mit Migrationsgeschichte<br />
o<strong>der</strong> Menschen mit Alkohol- o<strong>der</strong><br />
Suchtproblemen. Eine Zunahme sozial benachteiligter<br />
Personen(gruppen) sei zu beobachten, mit <strong>der</strong> die vorhandene<br />
Angebotsstruktur – sowohl qualitativ, als auch<br />
quantitativ – aktuell nicht mithalten kann. Diese Beobachtung<br />
<strong>der</strong> insgesamt 29 ExpertInnen sollte in den<br />
kommenden Jahren von <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er <strong>Stadt</strong>regierung<br />
ernst genommen werden, um eine „Menschenrechtsstadt<br />
für alle <strong>Graz</strong>erInnen“ bleiben zu können und Segregation<br />
und Exklusion entgegen zu wirken.