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2007 60 Jahre Institut für Psychotherapie

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<strong>2007</strong><br />

<strong>60</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong><br />

Veranstaltungsreihe<br />

Psychoanalyse und Zeitgeschehen<br />

Februar bis Dezember <strong>2007</strong>


<strong>60</strong>jähriges Jubiläum<br />

des <strong>Institut</strong>s für <strong>Psychotherapie</strong> e.V. Berlin<br />

Vortragsreihe <strong>2007</strong><br />

Psychoanalyse und Zeitgeschehen<br />

Veranstalter:<br />

Ausschuss für Fortbildung und Forschung<br />

des <strong>Institut</strong>s für <strong>Psychotherapie</strong> e. V. Berlin<br />

Leiter: Dipl.-Psych. Reiner Dilg<br />

Ort der Vortragsreihe:<br />

<strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong>, 12207 Berlin, Goerzallee 5, Raum 1<br />

Zertifizierung ist beantragt: jeweils 2 Fortbildungspunkte<br />

Eintritt: jeweils 10 € (ermäßigt 5 €)<br />

Mehr Informationen über das <strong>Institut</strong> und die Veranstaltungsreihe<br />

finden Sie unter www.ifp-berlin.de


Übersicht über die Vorträge in Kurzform<br />

17.02. 16:30 A. Springer: “Weltzerstörung - Selbstzerstörung”<br />

revisited<br />

10.03. 17:00 E.Wellendorf: Transplantation als Grenzerfahrung<br />

31.03. 17:00 R. Krause: Behandlung von Nachkommen deutscher<br />

Nazikollaborateure<br />

05.05. 17:00 A. Bruder-Bezzel: Prekarisierung unserer Lebensverhältnisse<br />

02.06. 17:00 I. Kohte-Meyer: Interkulturelle Perspektive im psychotherapeutischer<br />

Dialog<br />

23.06. 17:00 F. Dammasch: Vaterlose Familie und<br />

M. du Bois-Reymond: Neue Generationenbeziehungen<br />

07.07. 17:00 E. Bahner: Wandel gesellschaftlicher Organisation<br />

01.09. 17:00 H. Reinhardt-Bork und S. Murken:<br />

Warum Religion nicht aussterben wird<br />

29.09. 17:00 C. Schneider: Der Holocaust als Generationsobjekt<br />

28.10. 20:30 R. Lesmeister: Moral u. Ethik aus der Sicht der Analytischen<br />

Psychologie C.G. Jungs<br />

03.11. 10:00-13:00 Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Pädagogik<br />

(P. Herrmann u.a.): Kinderanalyse und virtuelle<br />

Gewaltspiele<br />

08.12. 15:00-19:00 H. Kentenich: Künstliche Befruchtung und<br />

P. Petersen: Schwangerschaftsabbruch


Das <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong><br />

Das <strong>Institut</strong> wurde am 9.5.1947 in Berlin auf Initiative von W. Kemper,<br />

W.M. Kranefeldt, C. Müller-Braunschweig, H. Schultz-Hencke,<br />

und J. Schirren mit dem Ziel gegründet, in Deutschland zwei <strong>Jahre</strong><br />

nach dem Ende der Herrschaft der Nationalsozialisten die Idee der<br />

Psychoanalyse wiederzubeleben. Die psychoanalytische Ausbildung<br />

sollte neu organisiert und der Bevölkerung sollte ein psychotherapeutisches<br />

Angebot ermöglicht werden.<br />

Die Gründungsmitglieder vertraten dabei unterschiedliche theoretische<br />

und behandlungstechnische Positionen. Diese Heterogenität<br />

prägt das <strong>Institut</strong> bis heute und gewährleistet einen interessanten<br />

Diskurs im Spannungsfeld von Forschung und Weiterentwicklung<br />

psychoanalytischer Theorie und ihrer Anwendung.<br />

Im <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong> e.V. Berlin (IfP) – DGPT sind Psychoanalytiker<br />

dreier Fachgruppen miteinander verbunden und jeweils in<br />

einem eigenen <strong>Institut</strong> organisiert:<br />

Fachgruppe Psychoanalyse: S. Freud und Weiterentwicklungen – im<br />

Psychoanalytisches <strong>Institut</strong> Berlin(PaIB) – DPG<br />

Fachgruppe Analytische Psychologie: C.G. Jung u. Weiterentwicklungen<br />

im C.G. Jung-<strong>Institut</strong> Berlin (JIB) – DGAP<br />

Fachgruppe Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie: A.<br />

Freud, M. Klein u. Weiterentwicklungen: im Edith-Jacobson-<strong>Institut</strong><br />

(EJI) – VAKJP, STÄKO<br />

Die Aus- und Weiterbildung erfolgt durch Mitglieder der <strong>Institut</strong>e,<br />

die zumeist gleichzeitig Mitglieder des IfP sind.<br />

4


Aus- und Weiterbildung wird angeboten:<br />

- zum Psychoanalytiker für die Fachrichtungen<br />

Psychoanalyse und Analytische Psychologie<br />

- zum Analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten<br />

- in Tiefenpsychologisch fundierter <strong>Psychotherapie</strong><br />

für Erwachsene und für Kinder u. Jugendliche<br />

- in Analytischer und Tiefenpsychologisch fundierter<br />

Gruppenpsychotherapie<br />

zudem: Orientierungs- und Informationssemester<br />

Das <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong> e.V. Berlin bietet<br />

außerdem folgende Fortbildungsangebote an:<br />

- Psychoanalytische Säuglingsbeobachtung<br />

- Analytische Paar- und Familientherapie<br />

- Weiterbildung in Psychodynamischer Organisationsberatung<br />

- Qualifikation zum Facherzieher für Integration<br />

Einrichtungen des IfP:<br />

- anerkannte Ambulanz,<br />

- Eltern-Baby-Sprechstunde<br />

Anerkennungen des IfP:<br />

- als Aus-/Weiterbildungsinstitut durch:<br />

DGPT, Ärztekammer Berlin, KBV, StÄKO, VAKJP;<br />

- nach dem Psychotherapeutengesetz durch:<br />

Landesamt für Gesundheit u. Soziales Berlin<br />

5


Psychoanalyse und Zeitgeschehen<br />

Das <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong> feiert am 9. Mai <strong>2007</strong> sein <strong>60</strong>-jähriges<br />

Jubiläum. Im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums wurde die lange<br />

und teilweise schwierige Geschichte des <strong>Institut</strong>s selbst bearbeitet.<br />

Jetzt – 10 <strong>Jahre</strong> später – wollen wir eine Verbindung von Zeitgeschehen<br />

und Psychoanalyse herstellen. Angesichts der rasanten<br />

gesellschaftlichen Entwicklungen im globalen Wandel ergeben sich<br />

auch für die Psychoanalyse und für psychotherapeutisches Handeln<br />

vielfältige neue Anforderungen.<br />

Einige dieser aktuellen Herausforderungen sollen in unserer Veranstaltungsreihe<br />

unter dem Leitgedanken, wie neue äußere Lebensformen<br />

veränderte psychische Innenwelten konstituieren, thematisiert<br />

werden:<br />

- Die traditionelle Familie ist nur noch eine von mehreren Lebensformen.<br />

Alleinerziehende Eltern und sog. “Patchwork-Familien”<br />

nehmen zahlenmäßig zu. Die Auswirkungen dieser veränderten<br />

Familienstrukturen auf die psychische Entwicklung des<br />

Individuums bestimmen unseren psychoanalytischen Alltag.<br />

- Gesellschaftliche Veränderungen führen zu gewaltigen Anforderungen<br />

für den einzelnen Menschen. Arbeitsanforderungen<br />

wandeln sich, Flexibilität ist gefragt, Sicherheit schwindet, Arbeitslosigkeit<br />

wird zum Massenphänomen. Wie wird Arbeitslosigkeit<br />

verarbeitet und bewältigt? Welche Auswirkungen hat Prekarisierung?<br />

Gewalt an Schulen verursacht Ängste bei Schülern<br />

und Lehrern. Braucht es neue Konzepte, um die psychische Belastung<br />

durch äußere Bedrohungen bearbeiten zu können? Die<br />

Thematisierung derartiger gesellschaftlicher Brennpunkte<br />

und ihrer Auswirkungen auf die Psyche wird somit ein Schwerpunkt<br />

der Veranstaltungsreihe sein.<br />

6


- Mit der Entwicklung medizinischer Möglichkeiten (u.a. Transplantation)<br />

entstehen tiefgreifende, das Selbst- und Beziehungserleben<br />

berührende Fragen der Patienten. Zu diesem Bereich der<br />

Bioethik gehören weiterhin die Themen künstliche Befruchtung<br />

und Abtreibung. Werte der Gesellschaft verändern sich, neue<br />

Lebensverhältnisse erfordern neuen ethischen Diskurs.<br />

- Jeder fünfte Einwohner Deutschlands ist Ausländer oder hat<br />

einen Migrationshintergrund. Psychotherapeuten sind mit anderen<br />

kulturellen Identitäten, anderen Wertvorstellungen und<br />

anderen Religionen konfrontiert. Die damit zusammenhängenden<br />

Fragen sollen in einem Themenschwerpunkt Wertewandel<br />

und kulturelle Identität bearbeitet werden. Bei den aktuellen<br />

weltpolitischen Konflikten spielen natürlich auch Fragen nach<br />

dem Zusammenhang von realen Bedrohungen und Ängsten<br />

sowie nach den Ursachen für Migration eine wichtige Rolle.<br />

Psychoanalyse war immer auch Kulturwissenschaft mit dem Anspruch,<br />

gesellschaftliche Phänomene zu verstehen und zu erklären. Mit dem<br />

gewählten Rahmenthema soll deshalb neben der Erörterung entwicklungstheoretischer<br />

und behandlungstechnischer Themen der Frage<br />

nachgegangen werden, welchen Beitrag die Psychoanalyse auch<br />

allgemein zum Verständnis einer sich rasch ändernden Welt leisten<br />

kann. Es soll auch thematisiert werden, welchen Einfluss diese Veränderungen<br />

der Welt wiederum rückwirkend auf die Psychoanalyse<br />

haben?<br />

Die Vielfältigkeit der kooperierenden Gruppierungen stellt eine<br />

Besonderheit des <strong>Institut</strong>s für <strong>Psychotherapie</strong> dar und bildet die<br />

Voraussetzung dieser Veranstaltungsreihe, zu deren Gestaltung alle<br />

beigetragen haben. Die Vorträge wurden von Gastreferenten und <strong>Institut</strong>smitgliedern<br />

erarbeitet. Wir hoffen auf eine Intensivierung des<br />

Austauschs über das Thema Psychoanalyse und Zeitgeschehen innerhalb<br />

des <strong>Institut</strong>s und laden alle Interessierten ein, mit uns zu<br />

diskutieren.<br />

7


Vorträge<br />

Samstag, den 17. Februar, 16.30 Uhr<br />

Eröffnung der Jubiläumsreihe durch Irmhild Kohte-Meyer<br />

(Vorsitzende des <strong>Institut</strong>s für <strong>Psychotherapie</strong>)<br />

Einführung in das Rahmenthema durch Reiner Dilg<br />

Anne Springer<br />

“Weltzerstörung - Selbstzerstörung” revisited<br />

In diesem Vortrag spricht Frau Springer aus ihrer heutigen Sicht über<br />

den inzwischen klassischen Sammelband „Weltzerstörung – Selbstzerstörung“,<br />

den H. Dieckmann und sie 1988 gemeinsam veröffentlichten.<br />

Darin wurden die für das Denken und Fühlen der Menschen<br />

bedeutsamen Themen der 80er <strong>Jahre</strong> (Bedrohungsängste und Umweltzerstörung)<br />

im Hinblick auf ihre Wirkungen auf Selbstbild und<br />

Identität behandelt. Die Bedeutung dieser damaligen Arbeit für die<br />

aktuelle psychoanalytische Diskussion wird ebenso thematisiert wie<br />

die Frage, welche Einflüsse aktuelle Politik auf Psychoanalysen und<br />

<strong>Psychotherapie</strong>n haben.<br />

9


Elisabeth Wellendorf, Hannover<br />

Transplantation als Grenzerfahrung<br />

Samstag, den 10. März <strong>2007</strong>, 17 Uhr<br />

Die Übertragung von Organen ist Dank der rasanten Entwicklung der<br />

Transplantationsmedizin möglich geworden und kann vielen Menschen<br />

das Leben verlängern. Die moralische und ethische Frage betrifft dabei<br />

die geltende Todesdefinition, die durch die sog. Hirntodtefinition<br />

ersetzt wird. Demnach kann ein Körper wochenlang mit Apparaten<br />

lebendig gehalten werden, um ihm „lebendfrische Organe“ entnehmen<br />

zu können. Unter der Hand geschieht damit eine Verdinglichung<br />

des Menschen. Die Unversehrtheit des Körpers wird aufgehoben. Und<br />

auch Fragen nach dem Sinn von Leid scheinen absurd.<br />

Im Vortrag wird auf die psychischen Folgen von Transplantation<br />

eingegangen und werden auch die Bedingungen einer freiwilligen<br />

Organspende erörtert.<br />

10


Rainer Krause<br />

Gegenübertragungsprobleme in der Behandlung von Nachkommen<br />

deutscher Nazikollaborateure<br />

Samstag, den 31. März, 17 Uhr<br />

Anhand von drei Fällen geht es um Gegenübertragungsprobleme<br />

deutscher Psychoanalytiker, und zwar hier um eine spezifische Übertragungsentwicklung,<br />

die zu einer positiv konnotierten Phantasiewelt<br />

über die Deutschen führt, die man im Allgemeinen von sich weist.<br />

Sie hat mit der vermeintlichen Allmacht dieses Kriegervolkes zu tun.<br />

Die versuchten Lösungen werden zur Diskussion gestellt.<br />

11


Almuth Bruder-Bezzel<br />

Prekarisierung unserer Lebensverhältnisse. Was bedeutet<br />

das für die psychoanalytische Theorie und Praxis?<br />

Samstag, den 5. Mai, 17 Uhr<br />

Die Erschütterung der Arbeitsgesellschaft erscheint unabweislich und<br />

führt – in der Marktwirtschaft – dauerhaft zu prekären Arbeits- und<br />

Lebensverhältnissen mit Arbeitslosigkeit, Arbeitsplatzunsicherheit,<br />

dequalifizierter Arbeit und Armut.<br />

Diese ökonomische Situation hat Auswirkungen auf die psychische<br />

Struktur und auf die Formen der Lebensbewältigung. Prekarisierung<br />

und Arbeitslosigkeit führen nachweislich zu psychischen Problemen<br />

oder verstärken diese.<br />

Die Psychoanalyse als Theorie innerpsychischer Konflikte ist darauf<br />

nicht gut vorbereitet. Sie hat äußere Belastungsfaktoren weitgehend<br />

aus ihrem Blickfeld ausgeschlossen und hat sich mit dem Einfluss<br />

von Arbeitsbedingungen und von Arbeitslosigkeit wenig beschäftigt.<br />

Gleichwohl haben diese Einwirkungen auf den Verlauf, die Ziele und<br />

auf die Erfolgsaussichten unserer <strong>Psychotherapie</strong>n.<br />

Auf der Grundlage therapeutischer Erfahrungen mit prekär lebenden<br />

Patienten und unter Einbeziehung der psychologisch empirischen Arbeitslosenforschung<br />

werden Problemfelder aufgezeigt und erste Orientierungen<br />

für Therapien formuliert.<br />

12


Irmhild Kohte-Meyer:<br />

Interkulturelle Perspektive im psychotherapeutischen<br />

Dialog: Zur Dynamik zwischen individuellem Konflikt, verinnerlichtem<br />

Kollektiv und transkulturellen Erfahrungen<br />

Samstag, den 2. Juni, 17 Uhr<br />

Die interkulturelle Perspektive in der Psychoanalyse führt zu spezifischen<br />

Veränderungen in der psychoanalytischen Behandlungs-<br />

Praxis. Fokussiert wird auf zwei unterschiedliche Komponenten: neben<br />

einem Erfassen des individuellen psychodynamischen Konfliktes<br />

auch auf den erlebten transkulturellen Prozess. Berücksichtigt wird<br />

die komplexe Wechselwirkung zwischen Konfliktgeschehen und den<br />

verinnerlichten, kulturell-kollektiven Erfahrungen. Zu reflektieren<br />

sind die Entwicklung der Ich-Identität und die Ausbildung einer Gruppen-Identität,<br />

sowie die innerseelische Bedeutung von Sprache und<br />

Sprachwechsel.<br />

An kasuistischen Beispielen wird dargelegt, dass in einer transkulturellen<br />

Konfliktkonstellation ein individueller Konflikt versteckt sein<br />

kann. Andererseits mag eine individuell erscheinende Konfliktdynamik<br />

eine kollektiv-kulturell geprägte Haltung verbergen. In dieser<br />

bifokalen psychoanalytischen Sichtweise findet der Psychoanalytiker<br />

zu einer triangulären Position, die ein Verstehen der verschiedenen<br />

transkulturellen Übertragungsfiguren ermöglicht.<br />

13


Frank Dammasch<br />

Vaterlose Familie – verhaltensauffälliger Junge<br />

Schulstörer und das Problem mit der väterlichen Struktur<br />

Samstag, den 23. Juni , 17 bis 20 Uhr<br />

Der gesellschaftliche Trend zur Auflösung traditionell triadischer Familien<br />

ist ungebrochen. Die Funktion des begrenzenden, strukturierenden<br />

väterlichen Prinzips ist sowohl gesellschaftlich als auch in der<br />

primären Sozialisation auf dem Rückzug. Was bedeutet dies für die<br />

Entwicklung der betroffenen Kinder?<br />

Am Beispiel eines achtjährigen Schulstörers wird deutlich gemacht,<br />

wie die Triangulierung und die Verinnerlichung des väterlichen Gesetzes<br />

basale Bausteine des Lernens und der Schulfähigkeit sind. Dabei<br />

wird auch das Wechselspiel zwischen der Mutter und dem Vater<br />

beim Bildungsprozeß des Kindes beleuchtet.<br />

14


Manuela du Bois-Reymond<br />

Neue Generationenbeziehungen<br />

Erkenntnisse aus der Kindheitssoziologie<br />

Samstag, den 23. Juni, 17 bis 20 Uhr<br />

Im Vortrag sollen Veränderungen darstellt werden, die sich in den<br />

letzten Jahrzehnten in dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern<br />

ergeben haben und die von der Soziologie gern als Übergang vom<br />

„Befehls- zum Verhandlungshaushalt“ analysiert werden. Im großen<br />

gesellschaftlichen Kontext geht es um demographische Entwicklungen:<br />

weniger Kinder pro Familie; mehr Scheidungen; Emanzipationsprozesse:<br />

steigende Teilnahme der Frauen am Arbeitsprozess und<br />

um neue Bildungsanforderungen und Wertehaltungen in Richtung<br />

auf Selbstverwirklichung und Individualisierung. In Verhandlungsprozessen<br />

zwischen (Ehe)-Partnern, aber auch zwischen erwachsenen<br />

Bezugspersonen und Kindern werden neue Machtbalancen ausgehandelt.<br />

Diese sollen anhand eigener Forschung und vergleichbarer<br />

Arbeiten von Kollegen darstellt werden.<br />

15


Ernst Bahner<br />

Wandel gesellschaftlicher Organisation –<br />

Wandel analytischen Denkens<br />

Samstag, den 7. Juli <strong>2007</strong>, 17 Uhr<br />

Es geht um die Veränderung der Organisation der Arbeitswelt unter<br />

dem Vorzeichen der Globalisierung, die den sog. „flexiblen Menschen“<br />

erfordert. Seine Merkmale sind wesentlich die einer Borderline-<br />

Persönlichkeit: eine klinische Diagnose mit Krankheitswert wird zur<br />

Normalität. Die Anforderungen an die Identität des Einzelnen steigen,<br />

die Bedeutung der Gruppeneinbettung nimmt stark zu. Theoretische<br />

Tendenzen im Umfeld dieser Problemstellung sollen erörtert werden.<br />

16


Hanna Reinhardt-Bork und Sebastian Murken<br />

Gruppe als Heimat, Heimat als Gruppe.<br />

Warum Religion nicht aussterben wird.<br />

Samstag, den 1. September <strong>2007</strong>, 17.00 Uhr.<br />

Trotz Individualisierung und Mobilität der Gesellschaft bleibt für den<br />

Einzelnen das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und sozialer Teilhabe<br />

grundlegend. Mit der Auflösung stabiler Familien- und Arbeitsstrukturen<br />

bleibt die Frage, welche Möglichkeiten der „gruppalen“ Verankerung<br />

bestehen. Neben virtuellen Gemeinschaften im Internet,<br />

eher flüchtigen Vereins- oder Sportsstrukturen oder nachbarschaftlichen<br />

Zusammenhängen, ist der gemeinsame Bezug auf transzendente<br />

Objekte eine der sichersten und stabilsten Möglichkeiten, sich als<br />

Teil einer Gruppe zu erleben und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit<br />

zu erfüllen.<br />

Das wechselseitige Verhältnis von Religion und Gruppe sowohl aus<br />

gruppenanalytischer als auch aus religionspsychologischer Perspektive<br />

wird beleuchtet und anhand theoretischer Überlegungen<br />

werden aktuelle religiöse Phänomene diskutiert werden.<br />

17


Christian Schneider<br />

Der Holocaust als Generationsobjekt. Generationengeschichtliche<br />

Anmerkungen zu einer deutschen<br />

Identitätsproblematik<br />

Samstag, den 29. September, 17 Uhr<br />

Für die so genannte ‘zweite Generation’, den Söhnen und Töchtern<br />

der NS-Tätergeneration, hat der Holocaust die Funktion eines identitätsstiftenden<br />

‘Generationsobjekts’ angenommen. Auf dem Hintergrund<br />

einer unbewußten Opferidentifizierung gerade der politisch<br />

sensibilisierten 68er-Generation wird der Holocaust von ihr als identitärer<br />

Besitz vereinnahmt und ein Interpretationsmonopol gegenüber<br />

der vorhergehenden, aber auch den nachfolgenden Generationen<br />

aufgerichtet.<br />

Damit wiederholt diese Generation mutatis mutandis das, was ihnen<br />

im Umgang mit den eigenen Eltern widerfuhr. Der Vortrag diskutiert<br />

die diesem Prozess zugrundeliegenden unbewussten Identifizierungen<br />

und die Folgen für die politische Kultur.<br />

18


Roman Lesmeister<br />

Moral und Ethik aus Sicht der Analytischen Psychologie<br />

C. G. Jungs<br />

Sonntag, den 28. Oktober, 20.30 Uhr<br />

In kritischer Absetzung zur Über-Ich-Theorie Freuds und dessen paternaler<br />

Konstitutionsgeschichte des moralischen Bewusstseins entwirft<br />

C. G. Jung in seinen Spätschriften eine Konzeption von Ethik, die auf<br />

zwei Grundlagen beruht: 1) Einer nicht kulturell-historisch, sondern<br />

artgeschichtlich gedachten Verankerung archetypischer Prinzipien von<br />

Gut und Böse im kollektiven Unbewussten; 2) Einer komplexen, ambivalenten<br />

und situationsspezifischen „Brechung“ dieser Prinzipien im<br />

individuellen Bewusstsein, die dem Ich die Verantwortung auferlegt,<br />

unter Bedingungen weitgehender Unbestimmtheit kontextabhängige<br />

moralische Entscheidungen zu treffen. An die Stelle des väterlichen<br />

Gesetzes bei Freud tritt die „Stimme des Selbst“, die nicht befolgt,<br />

sondern verstanden und auf das jeweils Angemessene (Gute) hin<br />

ausgelegt werden muss. Jungs Sichtweise stellt den Versuch dar,<br />

unter Umgehung von Geschichtlichkeit eine Verbindung von universalistischer<br />

und Situationsethik (ethischem Individualismus) zuwege<br />

zu bringen, die in dieser Form an zeitgenössische posttraditionale<br />

Ethik-Entwürfe anschließt. Von hier aus ergeben sich Konsequenzen<br />

für die psychoanalytische Praxis, die in die kritische Würdigung des<br />

Gesamtansatzes einbezogen werden.<br />

19


Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Pädagogik (Patrick Herrmann u.a.)<br />

Kinderanalyse und virtuelle Gewaltspiele – Über die Faszination<br />

der Spiele mit Konsole, Handy und Horror<br />

Samstag, den 3. November <strong>2007</strong>, 10 bis 13 Uhr<br />

Winnicott weist uns auf die unbewusste adoleszente Phantasie hin,<br />

dass das Wachstum des Jugendlichen „nur über die Leiche eines Erwachsenen<br />

vollzogen werden kann“. Dies scheint in manchen Computerspielen<br />

wörtlich genommen zu werden. Man muss sich fragen,<br />

ob das Agieren im virtuellen Raum überhaupt noch Spiel ist, das der<br />

symbolischen Konfliktverarbeitung dient. Winnicott sieht den Kampf<br />

auf Leben und Tod als notwendiges Durchgangsstadium in der Pubertät<br />

und fordert uns auf, „nicht abzudanken, wenn die Mörder<br />

kommen“. In dem Werkstattgespräch wollen wir versuchen, diese<br />

Faszination plastisch und theoretisch zu erfassen.<br />

20


Heribert Kentenich<br />

Eltern-Kind-Beziehung nach assistierter Reproduktion<br />

Samstag, den 8. Dezember, 15 bis 19 Uhr<br />

Die künstliche Befruchtung mittels in vitro-Fertilisation (IVF) und<br />

intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) wirft eine Vielzahl<br />

medizinischer, psychischer und ethischer Fragen auf. Der Vortrag, der<br />

auf den Ergebnissen zweier Forschungsprojekte zu (1.)Schwangerschaft,<br />

Geburt und früher Kindesentwicklung nach durch IVF erfülltem<br />

Kinderwunsch und (2.)Entwicklung von IVF-/ICSI-Eltern und<br />

deren Kinder vom 3. bis 5. Lebensjahr basiert, versucht Antworten<br />

aufgrund der empirischen Ergebnisse zu finden.<br />

21


Peter Petersen<br />

Schwangerschaftsabbruch – unser Bewusstsein vom Tod im<br />

Leben<br />

Samstag, den 8. Dezember, 15 bis 19 Uhr<br />

Es wird über die jahrzehntelangen Erfahrungen in Forschung, Beratung<br />

und psychotherapeutischer Begleitung von Frauen, Männern,<br />

Beraterinnen und Gynäkologinnen berichtet werden. Dabei werden<br />

tiefenpsychologische Aspekte des Schwangerschaftsabbruchs dargestellt<br />

bei normalpsychologischer Bewältigung; Durchbruch destruktiver<br />

Tiefenerlebnisse; Akzeptieren individueller Verantwortung und<br />

existentieller Wirklichkeit; Beziehung zum toten Kind.<br />

22


Referenten<br />

Die Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Pädagogik (Leitung Doris<br />

Mauthe-Schonig) ist interdisziplinär zusammengesetzt, sie wurde<br />

2002 am <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong> gegründet.<br />

Manuela du Bois-Reymond, emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaften<br />

mit dem Schwerpunkt Kindheits- und Jugendsoziologie an<br />

der Universität Leiden/NL ist weiterhin als Forscherin aktiv in mehreren<br />

europäischen Projekten.<br />

Almuth Bruder-Bezzel, Dr. phil., Psychoanalytikerin (DGIP/DGPT)<br />

in freier Praxis, Lehranalytikerin, Dozentin und Vorstandsmitglied des<br />

Alfred-Adler-<strong>Institut</strong>s Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Theorie<br />

und Geschichte der Individualpsychologie<br />

Ernst Bahner, Dr. phil., Psychoanalytiker, Lehranalytiker (DGPT),<br />

Supervisor, Coach und psychodynamischer Organisationsberater<br />

(DAGG u. DGSV), Arbeitskreis „Psychoanalyse und <strong>Institut</strong>ion“ am<br />

IfP;. Vorträge und Veröffentlichungen im Kontext Psychoanalyse und<br />

Gesellschaft<br />

Frank Dammasch, Prof. Dr. phil., analytischer Kinder- und Jugendlichen<br />

Psychotherapeut in freier Praxis, Professur für psychosoziale<br />

Störungen von Kindern- und Jugendlichen an der Fachhochschule<br />

Frankfurt.<br />

Heribert Kentenich, Prof. Dr. med., Vorstandsmitglied der<br />

Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Geburtshilfe und<br />

Gynäkologie; Chefarzt der DRK Frauenklinik Westend Berlin (Gynäkologie,<br />

Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin), Mitglied der Ethikkommission<br />

der Ärztekammer Berlin und der Ethikkommission der European<br />

Society of Human Reproduction and Embryology und Mitglied<br />

des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer<br />

23


Irmhild Kohte-Meyer, Dr. med, Fachärztin für Psychotherapeutische<br />

Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,<br />

Kinderheilkunde; Psychoanalytikerin in freier Praxis für Erwachsene,<br />

Jugendliche und Kinder seit 1986, Lehranalytikerin DPG, IPA, DGPT<br />

Vorsitzende des <strong>Institut</strong>s für <strong>Psychotherapie</strong> Berlin e.V. seit 2005<br />

Langjährige Tätigkeit in <strong>Institut</strong>ionen und Projektarbeit zur Migrationsthematik,<br />

Weiterbildungsbefugte für <strong>Psychotherapie</strong> in der Kinderund<br />

Jugendpsychiatrie an der Humboldt-Universität.<br />

Rainer Krause, Prof. Dr. phil. Dipl. Psych., Lehrstuhl für Klinische<br />

Psychologie und <strong>Psychotherapie</strong> an der Universität Saarbrücken,<br />

Dekan der Philosophischen Fakultät, zahlreiche Veröffentlichungen<br />

zur Psychoanalyse, zur psychoanalytischen Krankheitslehre, zu Affekten<br />

und ihrer Bedeutung für die seelische Regulierung.<br />

Roman Lesmeister, Dr. phil, Dipl.-Psych., Psychoanalytiker in<br />

freier Praxis, Dozent, Supervisor und Lehranalytiker in Bremen und<br />

Hamburg, 1994-97 Mitglied im Vorstand der DGAP, Redaktionsmitglied<br />

der Zeitschrift „Analytische Psychologie”, Vortrags- und Publikationstätigkeit<br />

zur Analytischen Psychologie C. G. Jungs, zu philosophischen<br />

Problemen der Psychoanalyse sowie zur Theorie und<br />

Technik der psychoanalytischen Behandlung.<br />

Sebastian Murken, PD Dr., Psychologischer Psychotherapeut,<br />

Gruppenanalytiker und Religionswissenschaftler. Er lehrt als Privatdozent<br />

Religionswissenschaft an der Universität Leipzig und leitet<br />

die Arbeitsgruppe Religionspsychologie am Forschungszentrum für<br />

Psychobiologie und Psychosomatik der Universität Trier. Forschungsschwerpunkte:<br />

Religion und Gesundheit sowie moderne Formen von<br />

Sinnsuche und Spiritualität<br />

Peter Petersen, Dr. med., emer. Prof. für <strong>Psychotherapie</strong> und<br />

Psychiatrie an der Med.Hochschule Hannover (1968-98). Leiter des<br />

Arbeitsbereiches Gynäkologische Psychosomatik und <strong>Psychotherapie</strong><br />

an der Frauenklinik der MHH. Nach Emeritierung Leiter des Forschungsinstituts<br />

für Künstlerische Therapien Hannover. Forschungen: Psychosomatik/Tiefenpsychologie<br />

medizinischer Eingriffe in die Fruchtbarkeit<br />

des Menschen.<br />

24


Hanna Reinhardt-Bork, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin,<br />

Einzel- und Gruppenanalytikerin in eigener Praxis sowie<br />

Dozentin, Supervisorin und Lehranalytikerin am Alfred-Adler-<strong>Institut</strong><br />

Berlin und im Berliner <strong>Institut</strong> für Gruppenanalyse e.V. (BIG). Sie ist<br />

Mitbegründerin des BIG und beschäftigt sich mit Fragen von Gruppe<br />

und Gesellschaft.<br />

Christian Schneider, Dr. phil., Soziologe und Forschungsanalytiker,<br />

Privatdozent an der Universität Kassel; zahlreiche Veröffentlichungen<br />

v.a. im Bereich psychoanalytischer Generationenforschung<br />

und analytischer Kulturtheorie; lebt in Frankfurt/Main.<br />

Anne Springer, Dipl.-Psych., Psychoanalytikerin in freier Praxis,<br />

Dozentin, Supervisorin , Lehr- und Kontrollanalytikerin am <strong>Institut</strong> für<br />

<strong>Psychotherapie</strong>, langjährige Lehr- und Gremienarbeit im <strong>Institut</strong> für<br />

<strong>Psychotherapie</strong> und im C.G.Jung-<strong>Institut</strong> Berlin, frühere Vorsitzende<br />

der DGAP; Vorsitzende der DGPT, Mitglied im Beratenden Fachausschuss<br />

<strong>Psychotherapie</strong> der KBV und der KV Berlin<br />

Elisabeth Wellendorf, Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin,<br />

Malerin, Schriftstellerin, Kunsttherapeutin; Psychotherapeutische<br />

Arbeit an der Medizinischen Hochschule Hannover.<br />

25


Vorbereitungsgruppe der Vortragsreihe Psychoanalyse und<br />

Zeitgeschehen:<br />

Dipl.-Psych. Reiner Dilg, Dipl. Soz.Päd., M.A.. Martina Drust, Dr. med.<br />

Reinhard Jackel, Dipl.-Päd. Doris Mauthe-Schonig, Dipl.-Psych. Johanna<br />

Möllering, Dr. rer.nat. Susanne Rothmaler, Dr. rer.soc. Roswith<br />

Väth-Szusdziara


I f P <strong>Institut</strong> für <strong>Psychotherapie</strong> e.V. Berlin<br />

Aus- und Weiterbildungsstätte<br />

für Psychoanalyse, <strong>Psychotherapie</strong> und Analytische<br />

Kinder- und Jugendlichen-<strong>Psychotherapie</strong><br />

(früher Koserstraße)<br />

Goerzallee 5<br />

12207 Berlin - Lichterfelde<br />

Tel 841867-0,<br />

Fax 841867-13<br />

www.ifp-berlin.de<br />

if.psychotherapie@berlin.de

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