Aufstehen - Orden der Barmherzigen Brüder Bayern
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Thema: <strong>Aufstehen</strong><br />
3<br />
<strong>Aufstehen</strong> und Auferstehen<br />
Warum das Leid im Leben nicht das letzte Wort hat<br />
Es geht auf Ostern zu, aufwärts sozusagen. Zuvor steht allerdings<br />
noch die Passionszeit an mit dem etwas düsteren<br />
Karfreitag als Gipfel. Was sich alle Jahre wie<strong>der</strong>holt, lässt sich<br />
ganz unterschiedlich sehen und bewerten: rein kalendarisch als<br />
Zusammenfallen von mehreren Feiertagen und als Ferienzeit,<br />
jahreszeitlich als Verheißung des nach langem grauen Winter<br />
ausbrechenden Frühlings, christlich als Erinnerung an das<br />
Geschehen vor bald 2000 Jahren in Jerusalem, an Jesu Leiden,<br />
Tod und Auferstehung. Und wir können es auch als Sinnbild<br />
deuten, wie es mit uns und unserem Leben so läuft, in den<br />
Jahren, die uns geschenkt sind, und danach.<br />
Wir leben Ostern entgegen, aber durch Passion hindurch.<br />
Beides gehört untrennbar zusammen. <strong>Aufstehen</strong> kann nur,<br />
wer danie<strong>der</strong>liegt, ans Licht finden nur, wer auch durchs Dunkel<br />
geht, Freude erleben, wer auch Kummer, Schmerz und<br />
Trauer kennt, Himmel erlangen, wer auch die Bitterkeit des<br />
Alltags schmeckt. Auch wenn wir uns dagegen sträuben, es uns<br />
überhaupt nicht behagt und wir es schon gar nicht begreifen<br />
können, warum es so ist: Passion gehört zum Leben. Aber<br />
sie hat nicht das letzte Wort. Ostern wartet auf uns. Wir sind<br />
zur Auferstehung bestimmt – immer wie<strong>der</strong> jetzt schon, und<br />
endgültig in unserm Tod.<br />
Das sagt mir auch die, wie ich finde, schönste biblische Ostererzählung<br />
von den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus<br />
im Lukasevangelium (24, 13-35). Sie spiegelt wi<strong>der</strong>, was<br />
auch uns mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> häufig wi<strong>der</strong>fährt: Enttäuschung,<br />
Nie<strong>der</strong>geschlagenheit, Müdigkeit, Perspektivlosigkeit, Sinnlosigkeit,<br />
Zukunftsangst – Karfreitag eben, bei den Jüngern<br />
hervorgerufen durch die Hinrichtung Jesu, bei uns durch Querschläge<br />
in <strong>der</strong> Familie, Missstände in <strong>der</strong> Arbeit, Elend in <strong>der</strong><br />
Nachbarschaft o<strong>der</strong> auch Fehlentwicklungen in <strong>der</strong> Kirche.<br />
Wie die beiden biblischen Jünger sehen wir dann oft nicht<br />
mehr weiter, schleppen uns „wie mit Blindheit geschlagen“<br />
dahin, fixiert auf den Unsinn des Erlebten.<br />
Doch die Jünger verbleiben nicht im Karfreitag, sie kommen<br />
wie<strong>der</strong> heraus, erleben Ostern, ihre Auferstehung schon vor<br />
ihrem physischen Tod. Neue Energie wächst ihnen zu. Sie<br />
finden neuen Sinn, Freude, leben auf. Wie das? Indem ihnen<br />
jemand zur Seite geht und ihnen hilft, das Geschehene mit<br />
an<strong>der</strong>en Augen zu sehen, daran vergessene Seiten (wie<strong>der</strong>)<br />
zu entdecken. Nein, Auferstehung ist nicht nur fürs Jenseits<br />
reserviert. Sie soll sich auch hier bei uns ereignen. Und wenn<br />
wir genauer hinschauen, dann ereignet sie sich auch oft.<br />
Sie ereignet sich beispielsweise, wenn wir einan<strong>der</strong> daran erinnern,<br />
dass die tägliche Arbeit nicht nur blödes, stumpfsinniges<br />
Steineklopfen ist, son<strong>der</strong>n einen Nutzen, reichen Segen, Auferstehung<br />
für An<strong>der</strong>e stiftet. Sie ereignet sich, wenn jemand<br />
anfängt, sich selbst nicht mehr als Nichts o<strong>der</strong> Dutzendware<br />
unter den allzu Vielen zu begreifen, weil ihm ein An<strong>der</strong>er zu<br />
verstehen gibt, wertvoll und einmalig zu sein.<br />
Diese ungewöhnliche Darstellung in <strong>der</strong> evangelischen Christuskirche<br />
in Klagenfurt-Welzenegg (Österreich) symbolisiert die Auferstehung:<br />
Christus überwindet Kreuz, Leid und Tod.<br />
Auferstehung ereignet sich, wenn <strong>der</strong> Schmerz über den<br />
Tod des geliebten Menschen zum Anstoß wird, sich leidenschaftlich<br />
einzusetzen für die Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Not An<strong>der</strong>er mit<br />
ähnlichem Schicksal. Sie ereignet sich auch, wenn nach <strong>der</strong><br />
Schockstarre über die eingetretene Behin<strong>der</strong>ung jemand behutsam<br />
Möglichkeiten in den Blick rückt, wie es dennoch im<br />
Leben sinnvoll weitergehen kann. Und sie ereignet sich, wo<br />
wir <strong>der</strong> Botschaft trauen, dass wir alle auf eine Auferstehung<br />
in Vollendung und Endgültigkeit zugehen.<br />
Dr. Georg Betz