Book of ABSTRACTS - Institut für Journalistik und ...
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Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld<br />
der Kommunikations- <strong>und</strong><br />
Medienwissenschaft<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong><br />
<strong>ABSTRACTS</strong><br />
Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
in der DGPuK<br />
21. bis 23. November 2013, Hannover<br />
mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung von
2 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld<br />
der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft<br />
Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in der DGPuK<br />
21. bis 23. November 2013 in Hannover<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Medieninhalte gewinnen sowohl <strong>für</strong> Anbieter von Information <strong>und</strong> Beratung<br />
als auch <strong>für</strong> Nutzer dieser Angebote an Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie<br />
Maßnahmen der Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung kommunikativ zu begleiten sind, sondern<br />
auch um nicht-intendierte Effekte, die mit Kommunikation <strong>und</strong> Mediennutzung verb<strong>und</strong>en sein<br />
können. Hieraus resultiert ein immenser Forschungsbedarf <strong>für</strong> Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit<br />
medialer <strong>und</strong> interpersonaler Kommunikation in Ges<strong>und</strong>heitskontexten befassen.<br />
Der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Viele<br />
Fragestellungen lassen sich als Anwendungsfälle bestehender Kommunikationstheorien betrachten<br />
<strong>und</strong> mit dem existierenden Methodeninstrumentarium beantworten. Gleichzeitig handelt es sich<br />
jedoch um ein Forschungsfeld, in dem theoretische Konzepte <strong>und</strong> empirische Zugänge aus anderen<br />
Disziplinen integriert werden müssen, um die Besonderheiten ges<strong>und</strong>heitsrelevanter<br />
Vermittlungsprozesse angemessen greifen zu können. Entsprechend steht die<br />
Kommunikationswissenschaft vor der Herausforderung, die <strong>für</strong> Kommunikationsstrukturen <strong>und</strong><br />
-prozesse relevanten Aspekte aus medizinischen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitswissenschaftlichen Disziplinen mit<br />
kommunikationswissenschaftlichen Theorien <strong>und</strong> bewährten empirischen Zugängen zu verbinden.<br />
Darüber hinaus bieten sich Bezüge zu Forschungsfeldern innerhalb der Kommunikationswissenschaft<br />
an, die es noch zu definieren <strong>und</strong> zu systematisieren gilt.<br />
Die Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in der DGPuK möchte eine Plattform zur<br />
<strong>Institut</strong>ionalisierung dieses Forschungsfeldes in der Publizistik, Kommunikationswissenschaft <strong>und</strong><br />
Medienforschung im deutschsprachigen Raum schaffen. Ziel der ersten Tagung der Ad-hoc-Gruppe<br />
ist daher, das Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation innerhalb der kommunikations- <strong>und</strong><br />
medienwissenschaftlichen Forschungslandschaft abzustecken <strong>und</strong> zentrale Herausforderungen <strong>und</strong><br />
Entwicklungspotenziale zu identifizieren. Entsprechend breit ist das thematische Spektrum der<br />
Tagung angelegt:<br />
fachhistorische oder -strukturelle Über- <strong>und</strong> Ausblicke zum Forschungsfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
Theorien <strong>und</strong> Modelle der Selektion, Thematisierung, Nutzung <strong>und</strong> Wirkung ges<strong>und</strong>heitsrelevanter<br />
Informationen<br />
Akteursrollen im Kontext ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Kommunikationsprozesse<br />
Gesellschaftliche, wirtschaftliche <strong>und</strong> rechtliche Rahmenbedingungen der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
Darstellungen von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit in Informations- <strong>und</strong> Unterhaltungsangeboten<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 3
Ansätze <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e zum Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus<br />
interpersonale, mediengestützte <strong>und</strong> massenmediale Informationsquellen<br />
<strong>und</strong> Kommunikationskanäle der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
Zielgruppen <strong>und</strong> Kommunikationsstrategien der Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung,<br />
des Ges<strong>und</strong>heitsmarketing <strong>und</strong> der ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Risikokommunikation<br />
Selektion, Nutzung <strong>und</strong> Verarbeitung medialer Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften<br />
intendierte <strong>und</strong> nicht-intendierte Wirkungen von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften<br />
Zur ihrer ersten Tagung hat die Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation gemeinsam mit dem<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Journalistik</strong> <strong>und</strong> Kommunikationsforschung der Hochschule <strong>für</strong> Musik, Theater <strong>und</strong><br />
Medien im November 2013 nach Hannover eingeladen. Bei der Tagung soll es nicht nur darum<br />
gehen, die aktuellen Forschungsschwerpunkte zu skizzieren, sondern auch darum, Forschungslücken<br />
zu ermitteln, die aus den <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitskontexte spezifischen Vermittlungsanforderungen<br />
resultieren. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sollten auch interdisziplinäre<br />
Blickrichtungen einbezogen werden, die der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft wertvolle<br />
Forschungsimpulse liefern. Mit der Tagung möchten wir zugleich ein Forum zum Austausch über<br />
Forschungsarbeiten <strong>und</strong> -ideen <strong>und</strong> zur Vernetzung anbieten.<br />
Wir freuen uns, Ihnen in diesem <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts die in Hannover vorgestellten Beiträge<br />
zusammenzufassen. Die Vorträge beleuchten die Fragen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als<br />
Anwendungsfeld <strong>und</strong> Herausforderung der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft theoretisch<br />
<strong>und</strong>/oder empirisch <strong>und</strong> geben erste Antworten darauf, was das Fach <strong>für</strong> die<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation schon heute leisten kann oder künftig leisten sollte.<br />
Wir bedanken uns bei allen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, die mit ihren Einreichungen zu diesem<br />
Tagungsprogramm beigetragen haben.<br />
Im Namen der Ad-hoc-Gruppe<br />
Eva Baumann<br />
Universität Bielefeld<br />
Matthias Hastall<br />
TU Dortm<strong>und</strong><br />
Constanze Rossmann<br />
LMU München<br />
Im Namen des IJK Hannover<br />
Stefanie Wahl<br />
HMTM Hannover<br />
Alexandra Sowka<br />
HMTM Hannover<br />
Christoph Klimmt<br />
HMTM Hannover<br />
4 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Programm ........................................................................................................................ 7<br />
Panel 1: Erfolgsfaktoren von Kampagnenstrategien ......................................................... 10<br />
Matthias R. Hastall & Anna Wagner<br />
Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive Zuwendung als<br />
Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten: Eine theoretische <strong>und</strong> empirische Analyse ...... 10<br />
Tino Meitz, Anja Kalch & Mirjam Groß<br />
Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate partner violence prevention ................ 14<br />
Monika Suckfüll, Mira Reuter & Julia Schmidt<br />
Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen .................................................................. 17<br />
Thomas Friemel, Tobias Frey & Karin Elbrecht<br />
Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“ ............................................. 20<br />
Panel 2: Herausforderungen im Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus .......................... 23<br />
Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />
Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die<br />
Problematik ihrer Anwendung am Beispiel des Themas Krebs .................................................... 23<br />
Nadine Remus<br />
Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation ............................... 26<br />
Markus Schäfer<br />
Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen Presserates zu<br />
Beschwerden zur Suizidberichterstattung ................................................................................. 29<br />
Panel 3: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web ....................................................... 32<br />
Nicola Krömer & Britta Zwillich<br />
Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren <strong>für</strong> die Nutzungsintention ....................... 32<br />
Elena Link, Helmut Scherer & Daniela Schlütz<br />
Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung – Eine explorative<br />
Untersuchung des Informationshandelns von Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich<br />
Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen ................................................................................... 36<br />
Verena Lindacher, Janina Curbach & Julika Loss<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine Inhaltsanalyse der<br />
Kommunikation auf Facebook .................................................................................................. 42<br />
Eva Baumann, Elena Link & Hannah Früh<br />
Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im Kontext von<br />
Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft ........................................................................................ 45<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 5
Panel 4: Berichterstattung über Ges<strong>und</strong>heitskrisen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
der Krisenkommunikation ............................................................................................... 48<br />
Susanne Gedamke<br />
Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit - Burnout in der öffentlichen Kommunikation<br />
der Schweiz ............................................................................................................................ 48<br />
Lisa Meyer, Constanze Rossmann & Peter Schulz<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-Pandemie<br />
im internationalen Vergleich .................................................................................................... 51<br />
Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei, Claudia Hornberg,<br />
Alexander Krämer & Dietrich Plaß<br />
Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene Risikokommunikation<br />
am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland ............................................................... 54<br />
Panel 5: Innovative Kommunikationsstrategien Teil I: Zielgruppenorientierung ............... 57<br />
Doreen Reifegerste, May-Brittt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz & Lutz Hagen<br />
Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen ..................................................... 57<br />
Agathe Swiatoszcyk & Margret Schrader<br />
Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der Krebsprävention am<br />
Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“. Wie können wir Männer zur<br />
Früherkennungskoloskopie bewegen? ...................................................................................... 60<br />
Panel 5: Innovative Kommunikationsstrategien Teil II: Unterhaltungsorientierung .......... 65<br />
Christiane Grill & Andreas Enzminger<br />
Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“ auf<br />
Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein ................................................................................ 65<br />
Jürgen Grimm & Maria Emilia Rosenzweig<br />
Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />
auf das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein .............................................................................................. 70<br />
Panel 6: Empirische Herausforderungen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung<br />
Claudia Lampert, Michael Grimm & Stefanie Wahl .................................................................. 79<br />
Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs ....................................................... 79<br />
Doreen Reifegerste & Matthias R. Hastall<br />
Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation:<br />
Anregungen aus Debatten in Nachbardisziplinen....................................................................... 82<br />
6 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
PROGRAMM<br />
Donnerstag, 21.11.2013<br />
ab 19:00 GET TOGETHER<br />
Café Conrad, Knochenhauerstr. 34, 30159 Hannover<br />
Freitag, 22.11.2013<br />
09:15-09:35 BEGRÜßUNG<br />
Christoph Klimmt, Direktor des IJK Hannover<br />
Eva Baumann, Ad-hoc Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
09:35-10:15 KEYNOTE<br />
Heinz Bonfadelli, Universität Zürich<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation – ein Forschungsfeld in Bewegung<br />
10:15-10:30 KAFFEEPAUSE<br />
10:30-12:15 PANEL 1: Erfolgsfaktoren von Kampagnenstrategien<br />
Moderation: Doreen Reifegerste<br />
Matthias R. Hastall, Anna Wagner<br />
Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive Zuwendung als<br />
Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten: Eine theoretische <strong>und</strong> empirische<br />
Analyse<br />
Tino Meitz, Anja Kalch, Mirjam Groß<br />
Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate partner violence prevention<br />
Monika Suckfüll, Mira Reuter, Julia Schmidt<br />
Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen<br />
Thomas Friemel, Tobias Frey, Karin Elbrecht<br />
Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“<br />
12:15-13:45 MITTAGSPAUSE<br />
13:45-15:00 PANEL 2: Herausforderungen im Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus<br />
Moderation: Nicole Gonser<br />
Michael Grimm, Stefanie Wahl<br />
Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die<br />
Problematik ihrer Anwendung am Beispiel des Themas Krebs<br />
Nadine Remus<br />
Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation<br />
Markus Schäfer<br />
Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen Presserates<br />
zu Beschwerden zur Suizidberichterstattung<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 7
15:00-15:15 KAFFEEPAUSE<br />
15:15-16:05 PANEL 3 – Teil I: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web<br />
Moderation: Christoph Klimmt<br />
Nicola Krömer, Britta Zwillich<br />
Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren <strong>für</strong> die Nutzungsintention<br />
Elena Link, Helmut Scherer, Daniela Schlütz<br />
Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung<br />
16:05-16:35 KAFFEEPAUSE<br />
16:35-17:25 PANEL 3 – Teil II: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web<br />
Moderation: Christoph Klimmt<br />
Verena Lindacher, Janina Curbach, Julika Loss<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine<br />
Inhaltsanalyse der Kommunikation auf Facebook<br />
Eva Baumann, Elena Link, Hannah Früh<br />
Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im Kontext von<br />
Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft<br />
17:25-17:45 KAFFEEPAUSE<br />
17:45-18:45 AD-HOC-GRUPPENSITZUNG<br />
19:30 ABENDESSEN<br />
Restaurant Aresto, Klostergang 2, 30159 Hannover<br />
Samstag, 23.11.2013<br />
09:00-09:25 IMPULSVORTRAG<br />
Dr. Sveja Eberhard, Stabsbereich Ges<strong>und</strong>heitspolitik <strong>und</strong> Versorgungsforschung der AOK<br />
Niedersachsen<br />
Krankheiten in der öffentlichen Wahrnehmung: Herausforderungen <strong>für</strong> das<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />
09:25-10:40 PANEL 4: Berichterstattung über Ges<strong>und</strong>heitsrisiken <strong>und</strong> Herausforderungen der<br />
Krisenkommunikation<br />
Moderation: Matthias R. Hastall<br />
Susanne Gedamke<br />
Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit –Burnout in der öffentlichen Kommunikation<br />
der Schweiz<br />
Lisa Meyer, Constanze Rossmann, Peter Schulz<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-Pandemie<br />
im internationalen Vergleich<br />
8 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei,<br />
Claudia Hornberg, Alexander Krämer, Dietrich Plaß<br />
Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Risikokommunikation<br />
am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland<br />
10:40-10:55 KAFFEEPAUSE<br />
10:55-11:45 PANEL 5 – Teil I: Innovative Kommunikationsstrategien: Zielgruppenorientierung<br />
Moderation: Claudia Lampert<br />
Doreen Reifegerste, May-Britt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz, Lutz Hagen<br />
Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen<br />
Agathe Swiatoszcyk, Margret Schrader<br />
Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der Krebsprävention<br />
am Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“ Wie können wir Männer<br />
zur Früherkennungskoloskopie bewegen?<br />
11:45-12:15 MITTAGSSNACK<br />
12:15-13:05 PANEL 5 – Teil II: Innovative Kommunikationsstrategien:<br />
Unterhaltungsorientierung<br />
Moderation: Claudia Lampert<br />
Christiane Grill, Andreas Enzminger<br />
Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“ auf<br />
Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />
Jürgen Grimm, Maria Emilia Rosenzweig<br />
Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie „Der Bergdoktor“ auf das<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />
13:05-13:15 KAFFEEPAUSE<br />
13:15-14:05 PANEL 6: Empirische Herausforderungen der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung<br />
Moderation: Constanze Rossmann<br />
Claudia Lampert, Michael Grimm, Stefanie Wahl<br />
Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs<br />
Doreen Reifegerste, Matthias R. Hastall<br />
Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation: Anregungen aus Debatten in<br />
Nachbardisziplinen<br />
14:05-14:30 ABSCHLUSSDISKUSSION UND VERABSCHIEDUNG<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 9
PANEL 1: ERFOLGSFAKTOREN VON KAMPAGNENSTRATEGIEN<br />
Matthias R. Hastall & Anna Wagner<br />
Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive<br />
Zuwendung als Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten:<br />
Eine theoretische <strong>und</strong> empirische Analyse<br />
Viele bekannte Ansätze des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens wie das Extended Parallel Process Model (EPPM:<br />
Witte, 1992) oder die Protection Motivation Theory (PMT: Rogers, 1983) postulieren, dass<br />
Botschaften indirekt wirken, indem sie zunächst bestimmte Kognitionen <strong>und</strong> Emotionen beim<br />
Rezipienten auslösen, welche dann wiederum – im besten Falle – die eigentlich intendierten Effekte<br />
(z. B. Verhaltensänderungen) evozieren. In der Literatur finden sich stark abweichende Annahmen<br />
bezüglich der Frage, inwieweit diese intervenierenden psychologischen Prozesse unabhängig<br />
voneinander ablaufen <strong>und</strong> in welchem Maße sie direkt oder indirekt mit den erwünschten<br />
Verhaltensänderungen zusammenhängen (z. B. Cismaru & Lavack, 2007; de Vries et al., 2012; So,<br />
2013). Unklar ist weiterhin, ob diese intervenierenden Prozesse Ursache oder Folge der selektiven<br />
Zuwendung zu entsprechenden Botschaften sind (z. B. Rimal, 2001; Witte, 1992) – ob Emotionen <strong>und</strong><br />
Kognitionen also durch die Botschaftszuwendung hervorgerufen werden oder umgekehrt eher eine<br />
verstärkte Zuwendung bewirken – <strong>und</strong> welche Rolle der Besorgnis (Worry) der Rezipienten dabei<br />
zukommt (Hall et al., 2009). Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zu prüfen, inwieweit (1)<br />
Botschaftseffekte tatsächlich indirekt auf Verhaltensintentionen wirken, d. h. teilweise oder<br />
vollständig über Selbstwirksamkeits- <strong>und</strong> Risikowahrnehmung mediiert sind <strong>und</strong> zu eruieren welche<br />
Rolle (2) die selektive Zuwendung sowie (3) die Besorgnis im Prozess der Persuasion spielen.<br />
Die Frage nach indirekten Wirkungen von Botschaften hat neben theoretischen Implikationen auch<br />
handfeste statistische Konsequenzen. Falls Effekte von Botschaftsmanipulationen tatsächlich<br />
teilweise (partielle Mediation) oder ausschließlich (vollständige Mediation) das Resultat<br />
intervenierender psychologischer Prozesse wie z. B. Risiko- <strong>und</strong> Selbstwirksamkeitseinschätzungen<br />
der Rezipienten sind, würden Varianzanalysen als „Standardverfahren“ der Auswertung<br />
experimenteller Studien (Grunwald & Hempelmann, 2012, S. 14) irreführende Schlussfolgerungen<br />
begünstigen. Zeigt eine Varianzanalyse beispielsweise einen signifikanten Effekt der<br />
Botschaftsmanipulation, wird dieser als direkter Effekt interpretiert, obwohl in Wirklichkeit eine<br />
vollständige Mediation vorliegen kann, d. h. ein solcher nicht existiert. Nicht signifikante<br />
Botschaftseffekte in ANOVAs werden wiederum so interpretiert, dass die Manipulation der Botschaft<br />
keinen Einfluss auf die abhängige Variable hatte, obwohl eine indirekte Wirkung vorliegen könnte<br />
(vgl. z. B. Hayes, 2013). In Übereinstimmung mit Annahmen aus Ansätzen wie dem EPPM oder der<br />
PMT postulieren wir folgende Simple-Mediation-Annahme:<br />
H1: Der Einfluss der Botschaftsmanipulationen auf Verhaltensintentionen erfolgt teilweise oder<br />
vollständig vermittelt über kognitive <strong>und</strong>/oder emotionale Rezipientenprozesse.<br />
10 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Relativ übereinstimmend wird in mehreren Ansätzen angenommen, dass bei der Konfrontation mit<br />
einem Ges<strong>und</strong>heitsrisiko zunächst eine Einschätzung der Bedrohlichkeit erfolgt <strong>und</strong><br />
Selbstwirksamkeitswahrnehmungen erst eine Rolle spielen, wenn kommunizierte Bedrohungen als<br />
relevant erachtet werden (z. B. de Hoog et al., 2008; Witte, 1992). Unklar ist jedoch, inwieweit die<br />
Komponenten der Bedrohlichkeitseinschätzung (Schweregrad <strong>und</strong> Vulnerabilität) unabhängig oder<br />
abhängig voneinander wirken <strong>und</strong> in welchem Zusammenhang sie mit der wahrgenommenen<br />
Selbstwirksamkeit der Rezipienten stehen (Cismaru & Lavack, 2007; Knobloch-Westerwick, 2008;<br />
Rogers, 1975; So, 2013; Witte, 1992). Ziel dieser Untersuchung ist es, den entsprechenden kausalen<br />
Wirkungspfad sowie das Verhältnis der Konstrukte zueinander besser zu verstehen. Genauso<br />
ungeklärt ist wie erwähnt, ob die selektive Zuwendung zu den Botschaften Ursache (z. B. Turner et<br />
al., 2006; Knobloch-Westerwick, 2008) oder Wirkung (Rogers, 1983; Witte, 1992) der<br />
intervenierenden Rezipientenprozesse ist <strong>und</strong> ob die Zuwendung direkt oder indirekt mit<br />
Botschaftswirkungen auf Verhaltensintentionen zusammenhängt. In Ergänzung zu Hypothese H1<br />
postulieren wir folgende Annahme:<br />
H2: Der Grad der selektiven Zuwendung zu manipulierten Botschaften ist eher Ursache als Wirkung<br />
der Mediatoren Schweregrad, Vulnerabilität, Selbstwirksamkeit <strong>und</strong> Besorgnis <strong>und</strong> zudem direkt mit<br />
Verhaltensintentionen verknüpft.<br />
Inkonsistente Annahmen existieren auch bezüglich der Rolle der Besorgnis als unkontrollierbare, mit<br />
negativem Affekt verb<strong>und</strong>ene Kognition (McCaul & Mullens, 2003) im persuasiven Wirkungsprozess.<br />
Jüngere Studien sprechen da<strong>für</strong>, dass die durch eine Botschaft ausgelöste Besorgnis entscheidend <strong>für</strong><br />
die persuasive Wirkung einer Botschaft sein kann <strong>und</strong> aus einer erhöhten<br />
Bedrohlichkeitseinschätzung resultiert (Chapman & Coups, 2006; Ferrer et al., 2012; Hall et al., 2009;<br />
Magnan et al., 2009):<br />
H3: Die Besorgnis (Worry) ist eine Funktion der wahrgenommenen Bedrohungseinschätzung<br />
(Schweregrad, Vulnerabilität) <strong>und</strong> beeinflusst direkt die Verhaltensintentionen.<br />
Zum Test dieser Hypothesen wurde eine Sek<strong>und</strong>äranalyse der Daten einer laborexperimentellen<br />
Selektionsstudie (Autoren, 2013) mit 587 studentischen Teilnehmern (49.7% weiblich; M = 22.68<br />
Jahre, SD = 2.56) durchgeführt. Die Probanden hatten vier Minuten Zeit, ein<br />
Onlinenachrichtenmagazin mit acht Artikeln zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen zu lesen. Ihr Selektionsverhalten<br />
wurde nicht-reaktiv aufgezeichnet. Vier der Artikel waren bezüglich der suggerierten Vulnerabilität<br />
(niedrig versus hoch) <strong>und</strong> des Framings der Konsequenzen (Gewinn- versus Verlust-Frame, vgl.<br />
O’Keefe & Jensen, 2009) im Sinne eines Between-Designs manipuliert. Im Anschluss an die<br />
Rezeptionsphase wurde mit jeweils zwei bis vier Items <strong>für</strong> jeden der manipulierten Artikel der<br />
wahrgenommene Schweregrad der thematisierten Bedrohung, die wahrgenommene Betr<strong>of</strong>fenheit,<br />
die Besorgnis, die Selbstwirksamkeitserwartung, die Intention zur weiteren Informationssuche <strong>und</strong><br />
die Intention zu adaptiven Verhaltensänderungen erhoben (Cronbach-Alpha > .70).<br />
Für den Test, ob die Botschaftsmanipulationen direkt oder indirekt wirken, wurden vier Simple-<br />
Mediation-Analysen gerechnet (Hayes, 2013). Unabhängige Variable war entweder die in den<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften suggerierte Vulnerabilität oder das Framing der Konsequenzen, abhängige<br />
Variable entweder die Intention zur weiteren Informationssuche oder die Intention zur adaptiven<br />
Verhaltensänderung. Als Mediatoren wurden parallel der wahrgenommene Schweregrad der<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 11
Bedrohung, die Vulnerabilität, Besorgnis <strong>und</strong> die wahrgenommene Selbstwirksamkeit getestet.<br />
Gewinn-Verlust-Framing hatte keinerlei direkte oder indirekte Einflüsse auf die<br />
Verhaltensintentionen. Eine Bestätigung <strong>für</strong> Hypothese H1 fand sich <strong>für</strong> die Botschaftsmanipulation<br />
Vulnerabilität, deren Effekt auf Verhaltensintentionen nicht nur von allen vier Mediatoren beeinflusst<br />
wurde, sondern bei der <strong>für</strong> die Intention zu adaptiven Verhaltensänderungen sogar eine vollständige<br />
Mediation festgestellt wurde: Der Einfluss der Betr<strong>of</strong>fenheitsmanipulation auf entsprechende<br />
Verhaltensintentionen erfolgt demnach ausschließlich indirekt über die Risikowahrnehmung,<br />
Besorgnis <strong>und</strong> wahrgenommene Selbstwirksamkeit.<br />
Pfadmodelle wurden gerechnet, um die postulierten Beziehungen zwischen den<br />
Botschaftsmanipulationen, der selektiven Zuwendung <strong>und</strong> den vier Mediatoren (Schweregrad,<br />
Betr<strong>of</strong>fenheit, Besorgnis <strong>und</strong> Selbstwirksamkeit) <strong>für</strong> beide Verhaltensintentionen zu testen. Für<br />
Gewinn-Verlust-Framing war erneut kein direkter oder indirekter Effekt nachweisbar. Die zwei<br />
identischen Pfadmodelle <strong>für</strong> die Botschaftsmanipulation Vulnerabilität zeigen hingegen einen guten<br />
Modell-Fit <strong>und</strong> stützen die Annahmen der Hypothesen H1, H2 <strong>und</strong> H3: Die Botschaftsmanipulation<br />
bewirkte keine direkte Veränderung der Verhaltensintentionen (H1), als entscheidender erwies sich<br />
die selektive Zuwendung zu den Botschaften (H2). Das Ausmaß der ausgelösten Besorgnis hing<br />
primär von den Bedrohlichkeitskomponenten ab (H3) <strong>und</strong> beeinflusste Verhaltensintentionen sogar<br />
stärker als alle anderen Modellkomponenten.<br />
Die vorliegende Untersuchung spricht damit klar <strong>für</strong> die Existenz indirekter Wirkungspfade <strong>und</strong> ihre<br />
Berücksichtigung bei der Analyse experimenteller Botschaftswirkungen. In Ergänzung zu Modellen<br />
wie dem EPPM oder der PMT konnte der Einfluss der selektiven Zuwendung zu Botschaften bestätigt<br />
<strong>und</strong> zudem gezeigt werden, dass Besorgnis Verhaltensintentionen stärker beeinflusst als andere<br />
Modellvariablen. Die Konsequenzen <strong>für</strong> die theoretische Modellierung <strong>und</strong> statistische Prüfung der<br />
Effekte von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften werden diskutiert.<br />
Baron, R. M. & Kenny, D. A. (1986). The moderator-mediator variable distinction in social psychological research:<br />
Conceptual, strategic, and statistical considerations. Journal <strong>of</strong> Personality and Social Psychology, 51, 1173-<br />
1182.<br />
Cismaru, M. & Lavack, A. M. (2007). Interaction effects and combinatorial rules governing protection motivation theory<br />
variables: A new model. Marketing Theory, 7, 249-270.<br />
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<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 13
Tino Meitz, Anja Kalch & Mirjam Groß<br />
Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate<br />
partner violence prevention<br />
In conjunction with the Protection Against Violence Act, ratified in Germany in 2002, we examine<br />
Public Service Announcements (PSA) with a closer focus on „Intimate Partner Violence“ (IPV), i.e.<br />
violence directed against a spouse/an intimate partner. The study is based on an experimental<br />
research design, which examines different strategies <strong>of</strong> argumentation in the context <strong>of</strong><br />
correspondent audiovisual campaigns.<br />
In addition to the prosecution <strong>of</strong> such <strong>of</strong>fences, particular attention is given to the protection <strong>of</strong><br />
victims. The role <strong>of</strong> a “Support system” depends on the active role <strong>of</strong> a general public, which is aware<br />
<strong>of</strong> these forms <strong>of</strong> violence and knows how to react and prevent such incidents. This is all the more<br />
relevant as approximately one-third <strong>of</strong> intimate partner violence incidents in the US are perpetrated<br />
in the presence <strong>of</strong> witnesses (Cismaru, Jensen, & Lavack, 2010).<br />
This appeal is used as a bystander approach in IPV oriented Public Health campaigns (Tabachnick,<br />
2008) and, as Banyard, Plante, & Moynihan point out, focuses on behavioral change <strong>of</strong> the broader<br />
community. Audiovisual campaigns which are addressed explicitly at bystanders come across the<br />
same challenges as to whether they reach their target group as some campaigns for non-smoking<br />
(Hersey et al., 2003) or drug prevention (Sayeed, Fishbein, Hornik, Cappella, & Ahern, 2005) have:<br />
they generally are not subject to legal sanction, but appeal to the recipients voluntarily changing<br />
their attitude and/or behavior.Campaigns for IPV prevention that use the bystander approach have<br />
not been thoroughly researched yet; until now there are only case studies (Basile, 2003) or content<br />
analyses (Cismaru, Jensen, & Lavack, 2010); the few (quasi-)experimental designs are focused<br />
especially on monitoring campaign launches and based on pre-/post-tests <strong>of</strong> attention factors (Keller,<br />
Wilkinson, & Otjen, 2010). This empirical study will thus close a research gap.<br />
Our empirical approach goes along with the measured effects <strong>of</strong> different forms <strong>of</strong> communication<br />
by Ajzen (1971) and connects them with the variation <strong>of</strong> the strategy <strong>of</strong> argumentation in two ways<br />
(Keer, van den Putte, de Wit, & Neijens, 2013):<br />
1. Concerning the argument type and<br />
2. Concerning the message format.<br />
Our replication <strong>of</strong> the experimental design was motivated by the assumption that narrative factors as<br />
well as forms <strong>of</strong> argumentation might vary in regard <strong>of</strong> the thematic salience <strong>of</strong> differing health<br />
related topics.<br />
Especially, the remoteness <strong>of</strong> bystander-approaches, addressing a call to action as a result <strong>of</strong><br />
eventually witnessed behavior, is <strong>of</strong> interest as most <strong>of</strong> the experimental research in health<br />
communication is focused on directly addressing risk groups or individual and self-inflicted behaviors.<br />
These foci have in common: an outstanding reliance on involvement based approaches, an emphasis<br />
on peripheral route processing as well as an emphasis on testimonial based PSA and emotionalized<br />
communication appeals.<br />
14 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
For a pretest we extracted arguments from 21 audiovisual PSA and 19 print PSA, resulting in 36<br />
arguments (18 factual / 18 emotional). We pretested the arguments in regard <strong>of</strong> loading and<br />
affectiveness (n=49); age M=25 (SD = 7,286); gender-balanced. The study is a 2x2 experimental<br />
design varying form <strong>of</strong> presentation (rhetorical / testimonial) and type <strong>of</strong> argument (factual /<br />
emotional). The manipulated treatment is a ca. 350 words text, integrating the top 5 factual and top<br />
5 emotional arguments (pretest) presented in rhetorical and testimonial condition. We used a<br />
random cluster-sample (initial sample n= 605; response rate (completed) n=383); age = Md 26 (M =<br />
28,9; SD = 10,447), 72,2 % female participants.<br />
We tested Message Judgement (11 items, α = ,725 (Burke & Edell, 1989), Perceived Effectiveness (8<br />
items, α = ,889) (Dillard & Ye, 2008)), Transportation (9 items, α = ,698) (Green & Brock, 2000)<br />
and Reactance (4 items, α = ,877) (Dillard & Shen, 2005) (see also Busselle & Bilandzic, 2009;<br />
Bilandzic, Hastall, Kinnebrock, & Busselle, 2010; Keer, van den Putte, & Neijens, 2012).<br />
We replicated the hypothesis-set (Keer, van den Putte, de Wit, & Neijens, in press), which has been<br />
used in order to test argumentation in regard <strong>of</strong> binge-drinking:<br />
H1 (Message Judgement): Probands who read the testimonial-based text, evaluate the text‘s<br />
messages more positive than probands who read the rhetorical-based text.<br />
H2 (Perceived Effectiveness): Probands who read the testimonial-based text, perceive the text‘s<br />
effectiveness higher than probands who read the rhetorical-based text.<br />
H3 (Message Judgement): Probands who read the emotional text, evaluate the text‘s messages more<br />
positive than probands who read the factual text.<br />
H4 (Perceived Effectiveness): Probands who read the emotional text, perceive the text‘s<br />
effectiveness higher than probands who read the factual text.<br />
H5 (Message Judgement): Texts that feature congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong><br />
argument are evaluated more positive than mismatching texts. (Congruency = rhetorical+factual vs.<br />
testimonial-based+emotional)<br />
H6 (Perceived Effectiveness). Texts that feature congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and<br />
type <strong>of</strong> argument are perceived more effective than mismatching texts.<br />
H7 (Transportation): Congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong> argument cause higher<br />
transportation measures than mismatching texts.<br />
H8 (Reactance): Congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong> argument cause lower<br />
reactance measures than mismatching texts.<br />
Results show a dissonant picture <strong>of</strong> campaign-features’ effectiveness in comparison to the original<br />
study. While the original research showed significant interaction-effects, such interactions are<br />
entirely missing in regard <strong>of</strong> IPV-messages. Diametrically opposite, main effects indicate<br />
dysfunctional text-features.<br />
Exemplarily, as transportation <strong>of</strong> messages is regularly supposed to be more effective within<br />
emotional and testimonial-based texts, main effects <strong>of</strong> emotional as well as testimonial-based<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 15
narration were fo<strong>und</strong> for transportation, but showed deviating terms when tested against perceived<br />
effectiveness and message judgment (see table 1; figure 1). Interaction <strong>of</strong> congruent messages<br />
showed insignificant. While emotional appeals showed to be more effective in regard <strong>of</strong> perceived<br />
effectiveness but not accordant with message judgment , the testimonial-based messages were in<br />
general regarded as less effective and significantly down rated in regard <strong>of</strong> both dimensions.<br />
Reactance was measured significantly higher when messages were presented based on<br />
testimonials F (7,59), p = .006.<br />
In summary it can be said, therefore, that IPV-campaigns struggle with their communicative appeals’<br />
remoteness. IPV campaigns tend to affect participants, but specific textual features do not interact.<br />
Classical measures might show interaction effects (e.g. transportation), but these effects remain<br />
insignificant in regard <strong>of</strong> perceived effectiveness and message judgment.<br />
The current findings let us assume that bystander approaches are afflicted by a missing “call to<br />
action“ that – <strong>und</strong>er specific text-features – rather proliferate reactance against message appeals.<br />
Especially the importance <strong>of</strong> Theory <strong>of</strong> Planned Behavior, pointed out by Rossmann (2011) in relation<br />
to the development <strong>of</strong> prevention campaigns, states an important factor for the discussion <strong>of</strong> the<br />
results. From this perspective not only varying forms <strong>of</strong> communication become an important<br />
research interest, but also the role <strong>of</strong> governmental and non-governmental actors – as producers <strong>of</strong><br />
such communication services - is called into question, as to the ideas those actors have <strong>of</strong> ‘desirable’<br />
behavior.<br />
16 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Monika Suckfüll, Mira Reuter & Julia Schmidt<br />
Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen<br />
Die gesellschaftliche Relevanz einer ges<strong>und</strong>en Lebensweise ist unbestritten. Entsprechend versuchen<br />
unterschiedliche Organisationen, Menschen von einer ges<strong>und</strong>en Lebensweise zu überzeugen bzw. sie<br />
von einer ges<strong>und</strong>heitsschädigenden Lebensweise abzubringen. Dies geschieht häufig im Rahmen von<br />
Präventionskampagnen. Ein Großteil dieser Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften bedient sich so genannter<br />
Furchtappelle <strong>und</strong> gleichzeitig fokussiert auch die Forschung auf dieses Thema. Dahinter steht die<br />
Annahme, dass das Erzeugen von Furcht Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten im Sinne des Kommunikators<br />
ändern kann. Ob das tatsächlich der Fall ist, konnte bislang jedoch nicht abschließend beantwortet<br />
werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e erachten wir eine detaillierte, empirische Untersuchung gerade der<br />
durch Präventionskampagnen erzeugten Emotionen <strong>für</strong> die Weiterentwicklung des<br />
Forschungsgebietes <strong>für</strong> unabdingbar.<br />
Eine Meta-Analyse von Witte <strong>und</strong> Allen (2000) belegt, dass Furchtappelle eine positive<br />
Wirkung auf Einstellung <strong>und</strong> Verhalten haben können, wenn das richtige Maß an Furcht erzeugt wird.<br />
Andererseits konnte in den Studien bislang nicht abschließend geklärt werden, worauf genau die<br />
Wirksamkeit von Furchtappellen zurückzuführen ist. Gleichzeitig besteht das Problem, dass ein zu<br />
hohes Maß an Furcht nicht-intendierte Wirkungen hervorrufen kann, die von einem einfachen Nicht-<br />
Beachten der Botschaft bis hin zu Reaktanz reichen. Auch wird die adäquate Implementierung eines<br />
Furchtappells in eine Ges<strong>und</strong>heitskampagne immer wieder kontrovers diskutiert.<br />
Im Rahmen einer Systematisierung der Forschungsliteratur zu den Wirkungen von<br />
Furchtappellen haben die Autorinnen zwei ‚blinde Flecken‘ identifiziert: Zum einen ergab sich ein<br />
deutliches Defizit bei den in den bisherigen Forschungsarbeiten gewählten Methoden. Es dominieren<br />
eindeutig Befragungen <strong>und</strong> Interviews. Hierbei ist zu betonen, dass bei sensiblen Themen, wie sie in<br />
der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation die Regel sind, der Faktor der sozialen Erwünschtheit zu verzerrten<br />
Ergebnissen führen kann. Zum anderen wird in den meisten empirischen Studien wenn überhaupt,<br />
dann fast ausnahmslos die Emotion Furcht eindimensional (d.h., meist mit nur einer Frage)<br />
operationalisiert. Dem steht die im Zuge der Systematisierung gewonnene Erkenntnis gegenüber,<br />
dass eine Berücksichtigung der Emotion Ekel, wie sie bei Präventionskampagnen häufig auftritt, zu<br />
völlig anderen Ergebnissen führt (Leshner, Bolls & Wise, 2011; Morales, Wu & Fitzsimons, 2012).<br />
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften noch weitere, negative Emotionen wie<br />
Schuld, Scham oder Trauer hervorrufen können. Andererseits existieren ebenso Beispiele von<br />
Präventionskampagnen, die gezielt positive Emotionen erzeugen. Ein bekanntes Beispiel ist die<br />
MACH’S MIT!-Kampagne der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung. Wirken also<br />
Furchtappelle, die negative Emotionen wie Furcht, Ekel oder Scham auslösen können, wirklich<br />
‚besser‘ als Kampagnen, die positive Emotionen wie Spaß oder Freude hervorrufen?<br />
Der Fokus unserer Studie lag darauf, herauszufinden, welche Emotionen bei der Rezeption von<br />
audiovisuellen Spots im Rahmen von Präventionskampagnen tatsächlich entstehen <strong>und</strong> inwiefern<br />
diese Emotionen über die Rezeption hinaus wirken. Emotionen sind ein hochkomplexes Konstrukt,<br />
das wesentlich durch Bewertungsprozesse (appraisal: Scherer, 2001) getrieben ist. Individuelle <strong>und</strong><br />
situative Merkmale moderieren diese Prozesse. Eine Emotion kann definiert werden als „…a personsituation<br />
transaction that compels attention, has particular meaning to an individual, and gives rise<br />
to a coordinated yet flexible multisystem response to the ongoing person-situation transaction.“<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 17
(Gross & Thompson, 1999, S. 5). Emotionen bewirken also Veränderungen in den verschiedenen<br />
emotionalen Antwortsystemen. Emotionen führen zu Veränderungen des über Befragungen<br />
erfassbaren subjektiven Empfindens. Gleichzeitig sind Änderungen auf der motorischen Ebene,<br />
insbesondere des Gesichtsausdrucks, aber auch der Körperbewegungen, sowie auf der<br />
physiologischen Ebene zu beobachten (Mauss, et al., 2005). Im Labor <strong>für</strong> integrierte<br />
Rezeptionsforschung (IR lab ) an der Universität der Künste Berlin kombinieren wir Methoden, die auf<br />
eine Erfassung all dieser Komponenten eines emotionalen Prozesses zielen.<br />
In unserer Mehrmethoden-Studie haben wir uns auf die emotionalen Wirkungen von Spots<br />
gegen übermäßigen Alkoholkonsum <strong>und</strong> zu den Wirkungsweisen von Anti-Rauch-Spots konzentriert.<br />
45 Personen haben an der Studie teilgenommen. Frauen <strong>und</strong> Männer sind in der Stichprobe<br />
gleichverteilt. Es wurden sowohl RaucherInnen als auch Nicht-RaucherInnen untersucht. Das Alter<br />
der Probanden liegt zwischen 18 <strong>und</strong> 29 Jahren, weil sich die ausgewählten Spots an ein jüngeres<br />
Publikum wenden.<br />
Stimulusmaterial sind insgesamt sechs verschiedene Spots aus Präventionskampagnen. Drei<br />
Spots sprechen sich gegen übermäßigen Alkoholkonsum aus; bei den anderen drei Spots handelt es<br />
sich um Anti-Rauch-Botschaften. Die Auswahl der Themen Alkohol <strong>und</strong> Rauchen begründet sich<br />
durch die Tatsache, dass es sich in beiden Fällen um legale Alltagsdrogen handelt, die zu einer<br />
Abhängigkeit führen können. Bei der Auswahl der Spots wurde darauf geachtet, welche Emotionen<br />
möglicherweise durch diese ausgelöst werden können. Für jedes Thema – Alkohol <strong>und</strong> Rauchen -<br />
wurden zwei Botschaften ausgewählt, die negative Emotionen auslösen können (Furcht, Ekel <strong>und</strong><br />
Scham) sowie jeweils ein humoristisch gestalteter Spot, der gezielt positive Emotionen hervorrufen<br />
möchte. Das Stimulusmaterial insgesamt setzte sich <strong>für</strong> jede Versuchsperson aus einem Anti-Rauch<strong>und</strong><br />
einem Anti-Alkohol-Spot zusammen. Diese sind in ein ca. 20-minütiges Rahmenprogramm<br />
eingebettet, in dem weitere Werbespots sowie Filmtrailer <strong>und</strong> Filmausschnitte gezeigt wurden.<br />
Insgesamt wurden neun verschiedene Stimulusversionen erstellt, so dass jeder Anti-Rauch- mit<br />
jedem Anti-Alkohol-Spot kombiniert ist. Jeder dieser neun Versionen wurden fünf<br />
Untersuchungsteilnehmende zugeordnet, so dass letztlich jeder der sechs Spots von 15 Probanden<br />
gesehen wurde.<br />
Im Vorfeld der Datenerhebung im Labor wurden über einen online-Fragebogen<br />
soziodemografische Merkmale sowie das Ges<strong>und</strong>heitsverhalten abgefragt. Im Anschluss an die<br />
Rezeption füllten die Versuchspersonen einen weiteren Fragebogen aus, in dem die ungestützte<br />
Erinnerung an die gezeigten Spots abfragt wurde. Außerdem wurden postrezeptiv die entstandenen<br />
Emotionen, sowie das Rauch- <strong>und</strong> das Trinkverhalten mit Hilfe standardisierter Skalen erhoben<br />
(STANDARDIZED EMOTIONAL PROFILE (SEP): Holbrook & Batra, 1987). Zusätzlich wurde ein qualitatives<br />
Interview geführt.<br />
Besonders auffällig war bei den Auswertungen, dass sich auf Basis der Beobachtung der<br />
Gesichtsmimik starke <strong>und</strong> vielfältige emotionale Reaktionen der Untersuchungsteilnehmer zeigten,<br />
während die Ergebnisse der im Anschluss durchgeführten Befragungen deutlich davon abwichen<br />
bzw. im Gegensatz dazu standen. Die Gesichtsmimik wurde nach dem FACIAL ACTION CODING SYSTEM<br />
(FACS) kodiert. Im Vortrag werden wir diese Unterschiede zwischen den Ergebnissen <strong>für</strong> die Phase<br />
während der Rezeption <strong>und</strong> die Phase nach der Rezeption am Beispiel der Anti-Rauch-Spots genauer<br />
aufzeigen.<br />
Es kann festgehalten werden, dass die Emotionen insbesondere von ‚Betr<strong>of</strong>fenen‘ (den<br />
Rauchern) bereits während der Rezeption reguliert bzw. im Anschluss an die Rezeption umgedeutet<br />
18 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
werden. Raucher versuchten auch <strong>of</strong>t (ganz im Sinne von Reaktanz), die Botschaft zu relativieren.<br />
Dabei scheint es jedoch trotz aller individuellen Unterschiede ins<strong>of</strong>ern Gemeinsamkeiten zu geben,<br />
als dass Ekel postrezeptiv Furcht bedingt <strong>und</strong> moralische Bewertungen postrezeptiv Trauer evozieren.<br />
Es ist Aufgabe weiterer Forschung unter Berücksichtigung vorliegender emotionspsychologischer<br />
Erkenntnisse, diese Zusammenhänge näher zu ergründen.<br />
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<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 19
Thomas Friemel, Tobias Frey & Karin Elbrecht<br />
Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Im Jahr 2011 wurden in der Schweiz 687 Fußgänger schwer verletzten <strong>und</strong> 69 kamen bei Unfällen mit<br />
Motorfahrzeugen ums Leben (bfu 2012). In <strong>und</strong> 70% der Unfälle handelt es sich um Kollisionen bei<br />
der Fahrbahnquerung, weshalb diesem Thema eine prioritäre Bedeutung bei der Reduktion der<br />
Unfallzahlen zugesprochen wird. Eine Kommunikationskampagne erscheint dabei ins<strong>of</strong>ern als<br />
sinnvoll, da die rechtlichen Rahmenbedingungen bereits seit längerer Zeit eine klare<br />
Vortrittsregelung vorsehen <strong>und</strong> mit baulichen Maßnahmen sowie technischen Innovationen<br />
höchstens längerfristig weitere Verbesserungen zu erreichen sind. Die vom Fond <strong>für</strong><br />
Verkehrssicherheit Schweiz (FVS) in Auftrag gegebene <strong>und</strong> von Road Cross, Automobilclub Schweiz<br />
<strong>und</strong> dem Verkehrssicherheitsrat entwickelte Kommunikations-kampagne „Such Blickkontakt“ hat<br />
zum Ziel, Wissen zu vermitteln <strong>und</strong> Einstellungen sowie Verhalten bei der Fahrbahnquerung zu<br />
verändern. Zur Zielgruppe gehören dabei sowohl Fußgänger wie auch Fahrzeuglenkende.<br />
Theorie<br />
Das Kampagnenkonzept verweist auf die Theory <strong>of</strong> Planned Behavior (TPB) bzw. Theorie des<br />
geplanten Verhaltens als zugr<strong>und</strong>eliegendes theoretisches Modell. Das von Ajzen <strong>und</strong> Fishbein (1980)<br />
entwickelte Modell geht davon aus, dass das Verhalten durch die Verhaltensabsicht erklärt werden<br />
kann, welche wiederum von drei weiteren Faktoren abhängig ist: 1) Die Einstellung gegenüber dem<br />
Verhalten, 2) die subjektiv wahrgenommene Norm, dieses Verhalten auszuführen <strong>und</strong> 3) die<br />
wahrgenommene Verhaltenskontrolle.<br />
Obwohl das Modell bereits in anderen Kampagnenevaluationen im Verkehrssicherheitsbereich<br />
Anwendung fand, (Evans/Norman 1998; 2003; Palat/Delhomme 2012; Zhou/Horrey 2010) gilt es zu<br />
beachten, dass die Theorie des geplanten Verhaltens auf den vorliegenden Gegenstand nur bedingt<br />
zu passen scheint. Für eine willentliche Verhaltensänderung, <strong>und</strong> nur solche können vom Modell<br />
erklärt werden, bedarf es der Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen momentanem Verhalten <strong>und</strong><br />
angestrebtem Verhalten. Bei Themen wie dem Tragen des Sicherheitsgurtes oder dem Tragen eines<br />
Schutzhelmes ist eine entsprechende Inkonsistenz eindeutig erkennbar. Die eingegangenen Risiken<br />
bei der Fahrbahnquerung von Fußgängern werden den Fußgängern <strong>und</strong> Fahrzeuglenkenden jedoch<br />
nur selten bewusst (z.B. in Situationen in denen es beinahe zu Unfällen kommt). Und selbst dann ist<br />
die Wahrnehmung des „beinahe“ sehr subjektiv.<br />
Fragestellung<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> beschäftigt sich dieser Beitrag zum einen mit der Frage,<br />
1) welche der drei Einflussfaktoren (Einstellung, Norm <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle) den stärksten<br />
Einfluss auf die Intention aufweist<br />
<strong>und</strong> zum anderen mit der Frage<br />
2) ob die Theorie des geplanten Verhaltens <strong>für</strong> das vorliegende Thema überhaupt als geeignet<br />
eingestuft werden kann.<br />
20 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Methode<br />
Im Auftrag des FVS wurde im Oktober 2012, unmittelbar vor dem Kampagnenstart, eine<br />
repräsentative Bevölkerungsbefragung in Form eines Computer Assisted Telefon Interviews (CATI)<br />
durchgeführt. Die nach Sprachregionen geschichtete Stichprobe umfasste 1‘001 Personen aus allen<br />
drei Sprachregionen der Schweiz (D: 701, F: 200, I: 100) <strong>und</strong> wurde nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
quotiert. Für die Analyse erfolgte eine Gewichtung nach Sprachregion, Alter <strong>und</strong> Geschlecht.<br />
Operationalisierung<br />
Für die empirische Überprüfung der Theory <strong>of</strong> Planned Behavior wird die Spezifikation einer<br />
möglichst konkreten Situation <strong>und</strong> dazugehörigen Einstellungs-, Intentions- <strong>und</strong><br />
Verhaltenskomponenten empfohlen (Ajzen/Fishbein 1980).<br />
Die Aut<strong>of</strong>ahrer sollten sich z.B. in folgende Situation versetzen: „Sie sind mit dem Auto unterwegs.<br />
Sie fahren auf einen Fußgängerstreifen zu <strong>und</strong> sehen kurz davor, dass eine Person darauf zugeht. Sie<br />
müssten stark bremsen, um den Fußgänger über die Straße zu lassen. Weil die Situation übersichtlich<br />
ist, gehen Sie davon aus, dass die Person Sie sehen kann <strong>und</strong> kurz am Straßenrand warten wird. Sie<br />
verzichten deshalb auf den abrupten Halt <strong>und</strong> fahren weiter.“ Zur Messung der Intention mussten<br />
die Befragten sodann angeben, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in den nächsten Monaten in einer<br />
ähnlichen Situation auch so handeln würden.<br />
Die Soziale Norm wurde mit Bezug zu „Personen, die einem wichtig sind“ <strong>und</strong> den anderen<br />
Verkehrsteilnehmer erhoben. Die Einstellung wurde als Wahrscheinlichkeit erhoben, ob der jeweils<br />
andere Verkehrsteilnehmer, doch nicht das erwartete Verhalten zeigt (i.e. den Fußgänger sieht <strong>und</strong><br />
anhält bzw. das Auto sieht <strong>und</strong> wartet).<br />
Resultate<br />
Im Strukturgleichungsmodell <strong>für</strong> die Aut<strong>of</strong>ahrer sind die von der Theorie vorgeschlagenen<br />
Einflussfaktoren (Einstellung, Norm, Kontrolle) <strong>und</strong> ihre Wirkung auf die Verhaltensabsicht<br />
(Intention) sowie die beiden zentralen Kontrollvariablen Alter <strong>und</strong> Geschlecht berücksichtigt. Alle<br />
partiellen Korrelationen können als sehr gering bezeichnet werden, was sich auch in einer sehr tiefen<br />
Varianzaufklärung von lediglich 5% ausdrückt. Aufgr<strong>und</strong> der mangelnden Erklärungskraft können<br />
auch keinerlei weiterführenden Schlüsse auf das effektive Verhalten gezogen werden (selbst wenn<br />
ein sehr starker Zusammenhang zwischen Verhaltensintention <strong>und</strong> Verhalten bestehen würde).<br />
Für die Fußgänger kann eine etwas höhere, aber noch immer bescheidene Varianzaufklärung von<br />
17% festgestellt werden. Als wichtigste Einflussfaktoren auf die Verhaltensabsicht können die<br />
Unfallwahrscheinlichkeit (Einstellung) <strong>und</strong> die soziale Norm ausgemacht werden. Je höher die<br />
Unfallwahrscheinlichkeit eingeschätzt wird <strong>und</strong> je höher der soziale Druck ist (Norm), desto geringer<br />
ist die Bereitschaft, das gefährliche Verhalten auszuführen (-0.22 bzw. -0.21). Der soziale Druck hängt<br />
in diesem Fall von den Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> der Familie ab. Für die Verhaltenskontrolle kann festgestellt<br />
werden, dass wenn das „Erkennen ob man vom Aut<strong>of</strong>ahrer gesehen wurde“ als einfacher empf<strong>und</strong>en<br />
wird (Kontrolle 1) eher gefährlich gehandelt wird bzw. wenn das Kommunizieren als einfacher<br />
empf<strong>und</strong>en wird (Kontrolle 2), wird weniger gefährlich gehandelt.<br />
Diskussion<br />
Hinsichtlich der ersten Forschungsfrage kann festgestellt werden, dass <strong>für</strong> die Fußgänger die<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 21
Einstellung in Form der situativen Gefahreneinschätzung <strong>und</strong> die soziale Norm den größten Einfluss<br />
auf die Intention haben, ein Verhalten mit einem gewissen Restrisiko auszuführen. Dies bedeutet,<br />
dass subjektiv wahrgenommene Unsicherheit im Verkehrsbereich zu erhöhter objektiver Sicherheit<br />
führen kann, in dem in solchen Situationen die Bereitschaft abnimmt das (risikobehaftete) Verhalten<br />
auszuführen.<br />
Bezüglich der zweiten Forschungsfrage bestätigt sich die Vermutung, dass die Theorie des geplanten<br />
Verhaltens bei dieser Art von Verhalten nur ein eingeschränktes Erklärungspotential besitzt. Mit<br />
einer Varianzaufklärung von 5% bzw. 17% kann nur ein geringer Teil der Intention erklärt werden,<br />
welche seinerseits ebenfalls nur ein Einflussfaktor <strong>für</strong> die schlussendliche Zielgröße des Verhaltens<br />
darstellt.<br />
Ajzen, Icek/Fishbein, Martin (1980): Understanding Attitudes and Predicting Social Behavior. Englewood Cliffs.<br />
bfu (2012): SINUS-Report 2012. Sicherheitsniveau <strong>und</strong> Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2012. Bern: bfu.<br />
Evans, Daphne; Norman, Paul (1998): Understanding Pedestrians' Road Crossing Decisions: An Application <strong>of</strong> the Theory <strong>of</strong><br />
Planned Behaviour. In: Health Education Research 13 (4), S. 481–489.<br />
Evans, Daphne; Norman, Paul (2003): Predicting Adolescent Pedestrians' Road-Crossing Intentions: An Application and<br />
Extension <strong>of</strong> the Theory <strong>of</strong> Planned Behaviour. In: Health Education Research 18 (3), S. 267–277.<br />
Palat, Blazej; Delhomme, Patricia (2012): What factors can predict why drivers go through yellow traffic lights? An approach<br />
based on an extended Theory <strong>of</strong> Planned Behavior. In: Safety Science 50 (3), S. 408–417.<br />
Zhou, Ronggang; Horrey, William J. (2010): Predicting adolescent pedestrians’ behavioral intentions to follow the masses in<br />
risky crossing situations. In: Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour 13 (3), S. 153–163.<br />
22 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
PANEL 2: HERAUSFORDERUNGEN IM MEDIZIN- UND<br />
GESUNDHEITSJOURNALISMUS<br />
Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />
Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die Problematik ihrer Anwendung am<br />
Beispiel des Themas Krebs<br />
Medien <strong>und</strong> ihre Angebote nehmen eine bedeutende Rolle im Kontext der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation ein. Sie sensibilisieren einerseits ein breites Publikum <strong>für</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen <strong>und</strong> Botschaften (Baumann, 2009) <strong>und</strong> prägen das Bild der<br />
Rezipienten von diesen Themen. Auf der anderen Seite dienen sie Patienten als eine wichtige Quelle<br />
<strong>für</strong> Informationen <strong>und</strong> Unterstützung in Bezug auf sehr spezifische Aspekte ihrer jeweiligen<br />
Erkrankung (ebd.). Gerade im Prozess der Entscheidungsfindung <strong>für</strong> oder gegen eine bestimmte<br />
Behandlungsmethode können mediale Informationen eine große Rolle (Walsh-Childers, 2012)<br />
spielen, da Ärzte zum einen aufgr<strong>und</strong> zeitlicher Restriktionen die Patienten häufig nicht über alle<br />
Behandlungsmöglichkeiten in Kenntnis setzen können <strong>und</strong> zum anderen teilweise auch selbst nicht<br />
Kenntnisse über alle verfügbaren Therapieoptionen haben (Coulter et al., 1999).<br />
Gleichwohl zeigen Untersuchungen, dass die Faktentreue der medialen Informationen häufig<br />
mangelhaft sowie die Thematisierung unterschiedlicher Krebsarten <strong>und</strong> deren Darstellung <strong>of</strong>t<br />
unausgewogen sind (Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Da die medial vermittelten Informationen<br />
jedoch auch Wissen, Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten in Bezug auf Prävention, Diagnose <strong>und</strong>/oder<br />
Behandlungsverfahren formen (Salmon & Atkin, 2003; Tian & Robinson, 2009), ist es wichtig, dass die<br />
entsprechenden Medieninhalte qualitativ hochwertig <strong>und</strong> verlässlich sind. Allerdings steht die<br />
Beurteilung von Qualität in ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten vor dem aus der<br />
Journalismusforschung bekannten Problem, dass Qualität keinen objektiven Maßstab darstellt <strong>und</strong><br />
„keine Eigenschaft eines Produktes oder Medien-Angebotes“ ist (Trepte et al., 2004, S. 489).<br />
Vielmehr ist sie eine Zuschreibung an das Medienangebot (Neuberger, 2004), die sowohl abhängig ist<br />
von dem Wertesystem, aus dem sie abgeleitet wird (Trepte et al., 2004), als auch von den<br />
individuellen Bewertungsmaßstäben der bewertenden Person (Trepte et al., 2004; vgl. Vlasic, 2004).<br />
Als zentrales Leitbild, in welches sowohl die Maßstäbe von Journalisten <strong>und</strong> Medizinern als auch von<br />
Patienten gebündelt eingehen, können die Konzepte des „shared decision making“ (z. B. Coulter et<br />
al., 1999, S. 318) bzw. „informed decision making“ (z. B. Clarke, 2008, S. 85; Ream et al., 2009, S. 10)<br />
angesehen werden. In deren Kern steht das „Empowerment“ von Patienten (Fromm et al. 2011, S.<br />
57), die im Rahmen einer „partizipative[n] Entscheidungsfindung“ (Fromm et al., 2011, S. 57; vgl.<br />
Reuter et al., 2009) auf Basis umfassender Informationen <strong>und</strong> individueller Präferenzen gemeinsam<br />
mit dem behandelnden Arzt eine wohlinformierte <strong>und</strong> begründete Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen eine<br />
bestimmte Behandlungsmethode treffen sollen.<br />
Da der Qualitätsbegriff nicht eindeutig <strong>für</strong> alle zeitlichen, medialen <strong>und</strong> thematischen Kontexte<br />
bestimmt werden kann, „wird das Konstrukt in der Regel in seine Bestandteile zerlegt, die jeweils<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 23
weiter ausdifferenziert werden“ <strong>und</strong> aus denen sich dann Kriterien ergeben, anhand derer jeweils ein<br />
Teilaspekt des Spektrums journalistischer Qualität gemessen werden kann (Trepte et al., 2004, S.<br />
489). Analog zur schwierigen Definition des Qualitätsbegriffes ist es jedoch auch nahezu unmöglich<br />
einen einheitlichen Katalog von Qualitätskriterien festzulegen, denn auch diese sind wiederum von<br />
verschiedenen Kontexten <strong>und</strong> von der jeweiligen Perspektive des Bewertenden abhängig.<br />
Um die möglichen Qualitätskriterien der Berichterstattung zu erheben, haben sich im Kontext der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation drei Beurteilungsformen etabliert: 1) „Evaluations- <strong>und</strong><br />
Lizenzierungsstrategien“ wie sie von einigen Dachverbänden betrieben werden, die Medienangebote<br />
bei einer positiven Beurteilung anhand bestimmter Kriterien „Qualitätsstandards, Lizenzierungen <strong>und</strong><br />
Gütesiegel wie den HON-Code oder das afgis-Logo“ verleihen, an welchen sich die Rezipienten<br />
orientieren können (Trepte et al. 2004, S. 490-491), 2) „Empowerment-Strategien“, in deren Rahmen<br />
häufig Screening-Leitfäden entwickelt <strong>und</strong> den Rezipienten zur Verfügung gestellt werden, mit denen<br />
diese dann selbst zur Beurteilung der Angebote anhand von in den Leitfäden vorgegebenen Kriterien<br />
befähigt werden sollen (Trepte et al. 2004, S. 491; vgl. Hautzinger, 2004; Matthews, 2003), <strong>und</strong> 3)<br />
Monitoring-Strategien wie sie vor allem vonseiten der Wissenschaft betrieben werden, um die<br />
Qualität der Angebote zu untersuchen <strong>und</strong> diese beispielsweise mit journalistischen oder<br />
gesellschaftlichen Normen abzugleichen (z. B. Price <strong>und</strong> Grann, 2012).<br />
Aufbauend auf dem skizzierten Qualitätsverständnis, ziehen wir (1) die in diesen Beurteilungsformen<br />
angewandten Kriterien, (2) bestehende Systematisierungen von Qualitätskriterien, die sich auf die<br />
„klassische“ journalistische Berichterstattung (vgl. z. B. Meier, 2007) ebenso wie auf die<br />
Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung beziehen (zu einem Kriterienkatalog <strong>für</strong> die<br />
Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung im Internet vgl. Trepte et al., 2004) <strong>und</strong> (3) vorliegende Studien zur<br />
Qualitätsbeurteilung von ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten heran. Auf Basis dieser<br />
Überlegungen <strong>und</strong> der Literaturschau diskutiert der Beitrag die Frage, inwieweit sich „klassische“<br />
journalistische Qualitätskriterien zur Beurteilung von ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten<br />
heranziehen lassen <strong>und</strong> inwiefern spezifische Qualitätskriterien notwendig sind, um dem Gegenstand<br />
gerecht zu werden. Der Beitrag zeigt auf, dass einerseits „klassische“ Qualitätskriterien wie<br />
Genauigkeit <strong>und</strong> Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität, Ausgewogenheit, Transparenz <strong>und</strong><br />
Nützlichkeit zur Beurteilung der Qualität ges<strong>und</strong>heitsbezogener Medienangebote herangezogen<br />
werden. Andererseits lassen sich darüber hinaus auf Basis der theoretischen Überlegungen <strong>und</strong><br />
vorliegenden Studien weitere Kriterien identifizieren, die einen eindeutigeren ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />
Ursprung haben: Komplementarität, Evidenz <strong>und</strong> Ungefährlichkeit.<br />
Am Beispiel der Berichterstattung über Krebs illustriert der Beitrag die Anwendung der einzelnen<br />
Kriterien <strong>und</strong> bietet zum einen inhaltliche Erkenntnisse darüber, inwieweit die Kriterien in der bisher<br />
empirisch untersuchten Krebsberichterstattung erfüllt werden. Hier lässt sich hinsichtlich fast aller<br />
identifizierter Qualitätsmerkmale feststellen, dass diese bislang allenfalls im Onlinebereich in<br />
Gr<strong>und</strong>zügen erforscht wurden, ansonsten jedoch noch kaum eine wissenschaftliche<br />
Auseinandersetzung erfahren haben. Dies ist umso kritischer, da die identifizierten Qualitätskriterien<br />
von den Medienangeboten den vorliegenden Studien zufolge <strong>of</strong>t nur unzureichend erfüllt werden.<br />
Zum anderen gewährt der Beitrag auch methodische Einblicke, inwieweit die Anwendung der<br />
Kriterien sich als problematisch herausstellt. Hierbei zeigt sich zwar, dass <strong>für</strong> diesen thematischen<br />
Kontext viele der klassischen Qualitätskriterien wie Richtigkeit, Vollständigkeit, Ausgewogenheit,<br />
24 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Aktualität, Transparenz oder Nützlichkeit anwendbar sind <strong>und</strong> sich darüber hinaus – insbesondere<br />
aus den spezifischen normativen Ansprüchen durch das Leitbild des informierten <strong>und</strong> aktiven<br />
Patienten bei Entscheidungsprozessen – noch weitere Aspekte ergeben, die <strong>für</strong> eine qualitativ<br />
hochwertige Berichterstattung erfüllt sein sollten. So ist es z. B. fraglich, ob bei einer eindeutig<br />
evidenten Bef<strong>und</strong>lage zu einer Therapie eine ausgewogene Darstellung ihrer möglichen Vor- <strong>und</strong><br />
Nachteilen getr<strong>of</strong>fen werden sollte.<br />
Zusammenfassend wird vor allem deutlich, dass die Kriterien stets kontextabhängig sind, so dass<br />
nicht in jedem Fall alle Qualitätskriterien gleichermaßen angewandt werden können bzw. einige<br />
Kriterien teilweise sogar in Konflikt zueinander stehen (Clarke, 2008; Meier, 2007; Ruß-Mohl, 1992).<br />
Abschließend wird diskutiert, welche Implikationen diese Erkenntnisse im Hinblick darauf haben, wie<br />
Rezipienten (<strong>und</strong> speziell Patienten) die Qualität ges<strong>und</strong>heitsbezogener Medienangebote anhand der<br />
Kriterien beurteilen können.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 25
Nadine Remus<br />
Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation<br />
„Bei Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen lesen Sie die Verpackungsbeilage oder fragen Ihren Arzt oder<br />
Apotheker.“ Was so simpel klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Problem.<br />
Verpackungsbeilagen sind mitunter schwer zu verstehen, zeigen das tatsächlich individuell<br />
existierende Risiko nicht auf, beantworten keine Rückfragen <strong>und</strong> verursachen Angst. Das führt <strong>of</strong>t zu<br />
ablehnendem Verhalten beim Patienten: was ich nicht lese, muss mir auch keine Sorgen bereiten<br />
(vgl. Dernbach 2010: 160f.; Göpfert 2001: 132f.). Viel lieber verlassen sich Patienten auf ihren Arzt.<br />
Doch Ärzte <strong>und</strong> Apotheker haben ein Kosten-, Zeit- <strong>und</strong> Ressourcenproblem, das sich auf die<br />
persönliche <strong>und</strong> individuelle Aufklärung über Medikamente, Behandlungsmethoden <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsförderndes Verhalten auswirkt. Dialogorientierte Arzt-Patienten-Gespräche, die<br />
Rückfragen erlauben <strong>und</strong> den Patienten in seiner Autonomie stärken, fallen <strong>of</strong>t unter den Tisch. Die<br />
Patienten selbst sind ob der täglichen Informationsflut überfordert. Eine kritische<br />
Auseinandersetzung mit der eigenen Krankheit, der Medikamentenauswahl oder der Entscheidung<br />
<strong>für</strong> bzw. gegen eine Behandlungsmethode erfolgt selten. Die Mehrheit folgt (der einen) Meinung des<br />
Arztes oder – dies ist der Gegenpol – verlässt sich auf die kostengünstige <strong>und</strong> bequeme Google-<br />
Diagnose.<br />
Prävention gewinnt zwar auch im Zuge der Wellness-Bewegung an zunehmender Bedeutung. Aber<br />
im Dschungel der Informationsangebote fehlt der Fokus auf die wesentlichen Ziele der Aufklärungs<strong>und</strong><br />
Präventionskommunikation: Kompetenter Rat, klare eindeutige Lösungen <strong>und</strong> die Förderung von<br />
individueller Entscheidungskompetenz.<br />
An der Unübersichtlichkeit hat nicht zuletzt die Pharmaindustrie ihren Anteil. Sie fokussiert nicht<br />
mehr auf den verschreibenden Arzt, sondern zunehmend auf den Endverbraucher, der „als<br />
Nachfrager gesehen wird, der Informationen über die Arzneimittel benötigt.“ (Simon 2007: 41) Doch<br />
der Schein trügt, denn: „Die Arzneimittelendverbraucher werden von der Pharmaindustrie<br />
beeinflusst, damit sie in der Arztpraxis […] auf die Verordnung angeblich besser wirksamer<br />
Arzneimittel drängen“ (Heilig 2009: 168). Also auch hier keine objektive Aufklärung. Die Online-<br />
Apotheken <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en die zunehmende Selbstmedikation tragen ihr Übriges dazu bei, dass<br />
die Debatte über das Bewusstmachen von Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen beim Patienten stagniert.<br />
Die geschilderte Gemengelage macht die besondere Verantwortung des Medizin- <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung <strong>und</strong> Prävention deutlich.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Teilgebiet medialer Ges<strong>und</strong>heitskommunikation sollte darauf abzielen,<br />
„die Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen der Menschen in einer Weise zu beeinflussen, die diese zu<br />
einer möglichst selbst bestimmten, auf die Vermeidung von Krankheitsrisiken <strong>und</strong> die Stärkung von<br />
Ges<strong>und</strong>heitsressourcen ausgerichteten Lebensführung befähigt, (…).“ (Fromm/Baumann/Lampert<br />
2011: 22, Hervorhebungen im Original)<br />
Betrachtet man den Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus aus der Perspektive des Aufklärungsziels, treten<br />
mehrere Schwierigkeiten zutage:<br />
26 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
(1) Allein das Thematisieren <strong>und</strong> Übermitteln bestimmter ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken oder<br />
Nebenwirkungen, die durch Medikamente bzw. Behandlungsmethoden auf den Patienten einwirken<br />
können, reichen nicht aus. Gemäß dem Modell zur Informationsverarbeitung <strong>und</strong><br />
Einstellungsänderung nach Flay (1982, zit. in Göpfert 2001) bedarf es weiterer Faktoren, um eine<br />
Einstellungs- oder Verhaltensänderung beim Adressaten zu bewirken.<br />
(2) Die mediale Berichterstattung unterliegt diversen Selektionsmechanismen, wodurch „populäre“<br />
Krankheiten wie HIV, Krebs oder Diabetes häufiger auf der Medienagenda stehen als andere<br />
Ges<strong>und</strong>heitsthemen (vgl. Fromm/Baumann/Lampert 2011: 62f.). Folgen aufgr<strong>und</strong> falsch verordneter<br />
Medikamente oder risikobehafteter Behandlungsmethoden werden meist nur dann öffentlich<br />
diskutiert, wenn bereits Todesfälle zu verzeichnen sind.<br />
(3) Schließlich handelt es sich bei vielen Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen um dauerhafte Phänomene mit<br />
gleich bleibender Brisanz <strong>und</strong> Relevanz, die dadurch zwar fortdauernde Dringlichkeit besitzen, in der<br />
medialen Logik dennoch abnehmende Aufmerksamkeit erfahren.<br />
Trotz dieser Zusammenhänge nimmt der Journalismus seine Funktion als Sozialisationsinstanz im<br />
Rahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen Prävention <strong>und</strong> medizinischen Aufklärung wahr. Doch seine Rolle im<br />
Zusammenspiel „Medien – Medizin“ sollte im Blick auf die gesteigerten Qualitätsanforderungen neu<br />
definiert werden.<br />
Ziel des Beitrags<br />
Der Beitrag greift die neue Rolle des Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus im Rahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Aufklärung <strong>und</strong> Prävention auf <strong>und</strong> stellt das komplexe Feld dar, aus dem sich gleichermaßen<br />
Erwartungen <strong>und</strong> Aufgaben ableiten, denen im Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus zu entsprechen ist, aus dem<br />
aber auch Abhängigkeiten <strong>und</strong> Einflüsse resultieren, denen es zu widerstehen gilt. Weiterhin werden<br />
die besonderen Mechanismen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung durch die Massenmedien<br />
herausgearbeitet <strong>und</strong> Chancen <strong>und</strong> Grenzen aufgezeigt.<br />
Aus theoretischer Perspektive sollen Konzepte der Journalismus- bzw. Kommunikationsforschung mit<br />
Modellen der Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften verknüpft werden, um so u.a. zu erörtern, welche<br />
Funktionen der Journalismus hinsichtlich der Aufklärung über Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen im<br />
Verantwortungsdreieck Arzt/Apotheker – Patient/Konsument – Dritte Interessengruppen<br />
(Krankenkassen, Pharmahersteller, Staat etc.) übernimmt.<br />
Diese Auseinandersetzung erfolgt einerseits unter Betrachtung des „Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus“ im<br />
Sinne massenmedialer Ges<strong>und</strong>heitskommunikation, andererseits rückt der Ges<strong>und</strong>heitsjournalist<br />
selbst in den Fokus. Anhand von Beispielen wichtiger Aufklärungsdiskurse (z.B. Todesfälle durch<br />
Antibaby-Pille, H1N1-Virus, Burnoutdebatte) aus der Vergangenheit werden diese Zusammenhänge<br />
plausibilisiert. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf den Bedarf nach weiterer Forschung, die<br />
technische, rechtliche <strong>und</strong> kommunikative Entwicklungen der jüngsten Zeit besonders dringlich<br />
erscheinen lassen.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 27
Dernbach, Beatrice (2010): Die Vielfalt des Fachjournalismus. Eine systematische Einführung. Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong><br />
Sozialwissenschaften.<br />
Fromm, Bettina/ Baumann, Eva/ Lampert, Claudia (2011): Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> Medien. Ein Lehrbuch. Stuttgart:<br />
Verlag W. Kohlhammer.<br />
Göpfert, Winfried (2001): Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung über Massenmedien. In: Klaus<br />
Hurrelmann/ Anja Leppin (Hrsg.): Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-<br />
Health. Bern: Verlag Hans Huber, S. 131-141.<br />
Heilig, Claudia (2009): Pharmaunternehmen im Spannungsfeld von Shareholdern <strong>und</strong> Stakeholdern, in: Roman Böckmann<br />
(Hrsg.): Ges<strong>und</strong>heitsversorgung zwischen Solidarität <strong>und</strong> Wettbewerb, 1. Aufl., Wiesbaden: VS, S. 159-173.<br />
Simon, Jörg (2007): Direct-to-Consumer-Marketing auf dem deutschen Pharmamarkt. Entwicklungsstand <strong>und</strong> Chancen.<br />
Saarbrücken: VDM.<br />
28 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Markus Schäfer<br />
Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen<br />
Presserates zu Beschwerden zur Suizidberichterstattung<br />
Der Fokus kommunikationswissenschaftlicher Forschung zum Thema „Medien <strong>und</strong> Suizide“ liegt<br />
bislang vornehmlich auf den möglichen Wirkungen medienvermittelter Suizidinhalte. Die Ergebnisse<br />
internationaler Studien zum sogenannten „Werther-Effekt“ (Philipps, 1974) lassen dabei kaum mehr<br />
Zweifel daran, dass die mediale Berichterstattung über Suizide unter bestimmten Umständen<br />
weitere Suizide nach sich ziehen kann (u.a. Pirkis & Blood, 2001a; Stack, 2000). Anders sieht es <strong>für</strong> die<br />
Seite der Kommunikatoren aus. Die Frage, wie Medien über Suizide berichten, ist weitgehend<br />
vernachlässigt. Und die Frage, warum Journalisten wie über Suizide berichten, wird bislang<br />
schlichtweg nicht gestellt.<br />
Dieser Bef<strong>und</strong> ist gleich aus mehreren Gründen erstaunlich. Zum einen machen die Ergebnisse<br />
bisheriger Studien deutlich, dass die Wirkung medialer Suizidberichterstattung <strong>of</strong>fenbar nicht nur<br />
davon abhängt, ob ein Suizid berichtet wird, sondern vor allem davon, wie die Berichterstattung im<br />
konkreten Fall aussieht. Zum anderen scheint es gerade aus Sicht der Suizidprävention sinnvoll, die<br />
spezifischen Beweggründe <strong>für</strong> bzw. die Einflüsse auf Journalistenentscheidungen im Zuge der<br />
Suizidberichterstattung zu kennen, um geeignete Konzepte zur gezielten Ansprache von Journalisten<br />
entwickeln <strong>und</strong> umsetzen zu können.<br />
Dass die Umsetzung solcher Konzepte im Hinblick auf eine verantwortungsvolle<br />
Mediensuizidberichterstattung auch in Deutschland dringend notwendig wäre, belegen u.a. neue<br />
Untersuchungsergebnisse zur Darstellung von Prominentensuiziden in der deutschen Presse (Schäfer<br />
& Quiring, 2013). Zwar existieren inzwischen auch hierzulande zum Teil sehr detaillierte<br />
Empfehlungen <strong>für</strong> die Suizidberichterstattung von Seiten der Suizidprävention, die sich überwiegend<br />
aus den Bef<strong>und</strong>en der empirischen Forschung zum Werther-Effekt ableiten lassen (u.a. Brosius,<br />
Hegerl & Ziegler, 2009; Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Suizidprävention, 2006). Allerdings scheinen diese<br />
Hinweise in der Berichterstattung deutscher Medien bislang nicht ausreichend Berücksichtigung zu<br />
finden.<br />
Eine Ursache hier<strong>für</strong> könnte im journalistischen Berufsverständnis liegen. Möglicherweise empfinden<br />
Journalisten eine zurückhaltende Suizidberichterstattung als eine Art Herunterspielen von<br />
Informationen <strong>und</strong> damit als Verstoß gegen zentrale journalistische Prinzipien. Tatsächlich sieht es<br />
der Deutsche Journalisten-Verband (2009) als zentrale Aufgabe von Journalisten an, „Sachverhalte<br />
oder Vorgänge öffentlich zu machen, deren Kenntnis <strong>für</strong> die Gesellschaft von allgemeiner, politischer,<br />
wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung ist.“ Allerdings verpflichte die journalistische Arbeit auch<br />
„zu besonderer Sorgfalt, zur Achtung der Menschenwürde <strong>und</strong> zur Einhaltung von Gr<strong>und</strong>sätzen, wie<br />
sie im Pressekodex des Deutschen Presserats festgelegt sind.“ Dem Pressekodex als dem wichtigsten<br />
Orientierungspunkt journalistische Berufsethik in Deutschland sollte damit auch <strong>und</strong> gerade bei<br />
einem so sensiblen Thema wie der Suizidberichterstattung ein besonderer Stellenwert zukommen.<br />
Der Pressekodex wird vom Deutschen Presserat <strong>und</strong> den journalistischen Berufsorganisationen<br />
beschlossen <strong>und</strong> umfasst die zentralen publizistischen Gr<strong>und</strong>sätze des Journalismus in Deutschland.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 29
In der überarbeiteten Fassung vom März 2013 steht dort in Ziffer 8.7 unter der Überschrift<br />
„Selbsttötung“: „Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt<br />
insbesondere <strong>für</strong> die Nennung von Namen, die Veröffentlichung von Fotos <strong>und</strong> die Schilderung<br />
näherer Begleitumstände“ (Deutscher Presserat, 2013). Der Pressekodex enthält damit, anders als<br />
etwa die Richtlinien des Schweizer Presserats (2012), auch in seiner Neufassung keinen expliziten<br />
Hinweis auf die Möglichkeit von Folgesuiziden nach Medienberichten über Suizide.<br />
Der Deutsche Presserat selbst hält die bestehenden Bestimmungen auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines<br />
möglichen Werther-Effekts <strong>für</strong> ausreichend <strong>und</strong> sieht auch keine Notwendigkeit <strong>für</strong> einen<br />
ergänzenden Leitfaden, wie er z.B. <strong>für</strong> die die Berichterstattung über Amokläufe existiert (Grass,<br />
2013). Tatsächlich böten die Formulierungen dem Presserat als oberstem Hüter des Pressekodex<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich genügend Spielraum, um die Passage im Sinne der Suizidprävention auszulegen. Durch<br />
seine Spruchpraxis zu beanstandeten Suizidbeiträgen[1] könnte der Rat auf die Interpretation des<br />
Pressekodex aktiv Einfluss nehmen, anhand der behandelten Fälle Grenzen ziehen <strong>und</strong> so Zeichen <strong>für</strong><br />
die journalistische Arbeit setzen. Doch wie sieht die Spruchpraxis des Deutschen Presserats zur<br />
Suizidberichterstattung in Deutschland aus? Und welchen Stellenwert nimmt dabei der Werther-<br />
Effekt ein?<br />
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Spruchpraxis des Deutschen Presserates zur<br />
Suizidberichterstattung von Zeitungen, Zeitschriften <strong>und</strong> journalistisch-redaktionellen Beiträgen im<br />
Internet erstmals systematisch zu untersuchen. Dazu wurden <strong>für</strong> den Zeitraum von 1985 bis 2012 in<br />
einer Vollerhebung mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse alle Entscheidungen des Deutschen<br />
Presserates analysiert, die sich mit Beschwerden zur Suizidberichterstattung auseinandersetzen. Mit<br />
Hilfe dieser Analyse sollten zentrale Argumentationslinien in der Spruchpraxis des Deutschen<br />
Presserates herausgearbeitet werden. Der gewählte Untersuchungszeitraum war dabei identisch mit<br />
dem Zeitraum der verfügbaren Presserats-Entscheidungen in der Online-Datenbank des Deutschen<br />
Presserates (http://recherche. presserat.info/) zum Zeitpunkt der Untersuchung.<br />
Insgesamt wurden im Rahmen der Analyse 60 Entscheidungen des Deutschen Presserates zu<br />
eingegangenen Beschwerden zur Suizidberichterstattung untersucht. Die Begründung der<br />
Beschwerdeführer, die Stellungnahmen der betr<strong>of</strong>fenen Redaktionen sowie die Erläuterung des<br />
Presserates wurden jeweils im Hinblick auf ihre Argumentationslinien ausgewertet. Die Ergebnisse<br />
zeigen deutlich, dass sich die bisherige Spruchpraxis des Presserates zu beanstandeten<br />
Suizidbeiträgen in erster Linie auf die Persönlichkeitsrechte von Suizidenten <strong>und</strong> Angehörigen<br />
bezieht. Die Entscheidungen des Presserates folgen fast immer einem festen Muster, wobei<br />
regelmäßig zwischen den Rechten des Suizidenten, bzw. der Angehörigen oder Dritter <strong>und</strong> dem<br />
öffentlichen Informationsinteresse abgewogen wird. Der Presserat spricht vor allem dann scharfe<br />
Sanktionen aus, wenn die medialen Darstellungen eine Identifizierung von Suizidenten oder<br />
Angehörigen ermöglichen <strong>und</strong> es sich bei Betr<strong>of</strong>fenen um nicht-öffentliche Personen, insbesondere<br />
um Minderjährige, handelt. Auch ethisch zweifelhafte Recherchemethoden werden mit Blick auf die<br />
Betr<strong>of</strong>fenen vom Presserat regelmäßig beanstandet. Geben Angehörige von sich aus Informationen<br />
preis, fallen die Urteile des Presserates deutlich milder aus.<br />
Der Werther-Effekt als mögliche Folge der Berichterstattung spielt in den Begründungen des<br />
Presserates dagegen so gut wie keine Rolle. Zwar wird die Möglichkeit von Nachahmern durch allzu<br />
detaillierte Suizidberichte insbesondere nach der Jahrtausendwende von den Beschwerdeführern<br />
30 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
immer häufiger aufgegriffen. In den Stellungnahmen der Redaktionen <strong>und</strong> den Begründungen des<br />
Presserates findet sich diese Argumentationslinie allerdings nicht wieder.<br />
[1] Ist eine Person (z.B. ein Leser oder ein Journalist) der Ansicht, ein Artikel verstoße gegen den<br />
Pressekodex, kann sie beim Presserat Beschwerde einreichen. Dieser prüft die Beschwerde <strong>und</strong> bittet<br />
das betr<strong>of</strong>fene Medium bei begründeter Kritik um eine Stellungnahme. Kommt der Presserat nach<br />
Abschluss der Prüfungen zu dem Schluss, dass der Pressekodex von einem Medium in einem<br />
beanstandeten Fall nicht eingehalten wurde, kann er den Verstoß sanktionieren. Dabei hat er vier<br />
mehr oder weniger starke Sanktionsstufen zur Auswahl: die öffentliche <strong>und</strong> die nicht öffentliche<br />
Rüge, die Missbilligung <strong>und</strong> den Hinweis.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 31
PANEL 3: GESUNDHEITSKOMMUNIKATION IM SOCIAL WEB<br />
Nicola Krömer & Britta Zwillich<br />
Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren<br />
<strong>für</strong> die Nutzungsintention<br />
Der seit mehreren Jahren bestehende Trend zum Einsatz von electronic health (ehealth) setzt sich<br />
aktuell in Richtung mobile health (mhealth) fort. Auslöser hier<strong>für</strong> ist die rasante Verbreitung von<br />
Smartphones: Von Januar 2009 bis April 2012 stieg die Anzahl der deutschen Smartphone-Nutzer von<br />
6 Millionen auf 31 Millionen (Statista, Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland). Die mobile<br />
Zugangsmöglichkeit geht dabei mit einer zunehmend permanenten Online-Nutzung einher.<br />
Nacinovich (2011) definiert mhealth als Nutzung von mobilen Kommunikationskanälen zur<br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformation <strong>und</strong> <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsservices. Im vorliegenden Beitrag wird in diesem<br />
Rahmen besonders auf Smartphones fokussiert (teilweise werden einfachere Mobiltelefone<br />
mitberücksichtigt). Das Potential von mhealth wird darin gesehen, dass Patienten oder Risikogruppen<br />
lebenstilabhängiger Erkrankungen über das Smartphone (z.B. über Apps oder SMS) direkt, gezielt <strong>und</strong><br />
persönlich erreicht werden können (Boulos, Wheeler, Tavares, & Jones, 2011). Zudem erhöhen der<br />
interaktive Charakter der Smartphones <strong>und</strong> die Möglichkeit der individualisierten Ansprache<br />
(Tailoring) das Wirkungspotential zur Verhaltensmotivation (Kreps & Neuhauser, 2010).<br />
Die in Deutschland kaum vorhandenen empirischen Daten zum Thema mHealth machen erste<br />
Einblicke in dieses Forschungsfeld nötig. Zur Identifikation von Zusammenhängen zwischen<br />
Nutzereigenschaften, Nutzungsbedingungen <strong>und</strong> Nutzungsintention steht die Nutzerperspektive<br />
hierbei im Vordergr<strong>und</strong>:<br />
1. In welchem Umfang wird mhealth bereits genutzt? Welche Angebote werden genutzt?<br />
2. Welche Vorteile werden der mhealth-Nutzung zugeschrieben?<br />
3. Welche Barrieren verhindern eine Nutzung von mhealth?<br />
4. Welche Einflüsse bestehen auf die Nutzungsintention von mhealth?<br />
Wie hängen Smartphone- <strong>und</strong> ehealth-Nutzung mit der Nutzungsintention von mhealth<br />
zusammen?<br />
Wie wirken sich Ges<strong>und</strong>heitszustand, Risikowahrnehmung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitseinstellung<br />
auf eine Nutzungsintention von mhealth aus?<br />
Theoretischer Ansatz<br />
Mobile „intelligente“ Anwendungen finden im Ges<strong>und</strong>heitssektor zunehmend Einzug (mhealth). Bei<br />
der Frage nach einer Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsintention dieses relativ neuen Phänomens stehen<br />
zunächst einmal Theorien zur Erklärung der Verbreitung <strong>und</strong> Akzeptanz von innovativen mobilen<br />
Anwendungen im Zentrum. Einen Ansatz hier<strong>für</strong> liefert Rogers (1962; 2003) mit seiner Theorie<br />
Diffusion <strong>of</strong> Innovations. Da anzunehmen ist, dass sich mhealth noch in den Anfängen der<br />
Durchsetzung befindet, erscheinen die frühen Stadien einer Nutzung durch Innovators, Early<br />
32 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Adopters, <strong>und</strong> einer Early Majority relevant (Rogers, 2003). Die durchgeführte Studie fokussiert auf<br />
eine in erster Linie psychologische Perspektive, welche individuelle Wahrnehmungen von<br />
Innovationen in den Vordergr<strong>und</strong> stellt (u.a. Manning, Bearden, & Madden, 1995). Besonders<br />
interessieren Einflüsse auf die Nutzungsintentionen <strong>und</strong> die bereits bestehende Nutzung durch<br />
Bewertungen von Kosten, Effektivität <strong>und</strong> Anwendbarkeit, usw. Hierbei handelt es sich um Attribute,<br />
die positiv mit einer Akzeptanz von mhealth auf Individuallevel zusammenhängen (Dearing & Kim,<br />
2008).<br />
Riley et al. (2011) weisen auf die Notwendigkeit einer F<strong>und</strong>ierung von mhealth-Interventionen mit<br />
geeigneten Theorien der Verhaltensänderung hin. Allerdings sehen sie die Schwierigkeit, interaktive<br />
<strong>und</strong> dynamische Anwendungen mit Theorien zu f<strong>und</strong>ieren, die ihrerseits einen vorwiegend linearen<br />
<strong>und</strong> statischen Aufbau aufweisen, sowie eher auf inter-individuelle Unterschiede fokussieren als auf<br />
intra-individuelle Veränderungen im Verlauf einer Intervention. Besonders der letztgenannte Aspekt<br />
erscheint jedoch <strong>für</strong> mobile Anwendungen besonders relevant, da Inhalte sowohl an individuelle<br />
Voraussetzungen, als auch an Antwortverhalten oder Veränderungen dynamisch angepasst werden<br />
können (Riley at al., 2011).<br />
Wird die potentielle Nutzung von mhealth selbst als Ges<strong>und</strong>heitsverhalten verstanden, so eignet sich<br />
der Health Action Process Approach (Schwarzer, 1992; siehe Schwarzer, 2004) zur Erklärung einer<br />
entstehenden Nutzungsintention <strong>und</strong> anschließenden Nutzung von mhealth-Anwendungen. Das<br />
Stufenmodell ermöglicht eine Gruppierung von Personen nach dem Grad der Nutzungsbereitschaft<br />
<strong>und</strong> bereits bestehender mhealth-Nutzung. Das Modell unterscheidet zwischen einer ersten<br />
motivationalen Phase der Intentionsbildung (Nutzungsintention) <strong>und</strong> einer zweiten Phase der<br />
eigentlichen Ausführung eines Verhaltens (tatsächliche Nutzung von mhealth). Der Vorteil dieser<br />
Theorie besteht darin, dass diese sowohl zur Erklärung inter-individueller Unterschiede als auch<br />
intra-individueller Veränderungen herangezogen werden kann. Ersteres erfolgt im Rahmen einer<br />
Segmentierung der Zielgruppen im Modell nach Non-Intenders, Pre-Intenders, Intenders <strong>und</strong> Actors<br />
(Schwarzer, Lippke, & Luszczynska, 2011). In einer prä-intentionalen Motivationsphase differenzieren<br />
sich Non-Intenders von prinzipiell nutzungsbereiten Pre-Intenders, durch unterschiedliche<br />
Risikowahrnehmungen (z.B. Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsverlaufs), Gegenüberstellungen<br />
positiver versus negativer Ergebniserwartungen (z.B. resultierende Vorteile <strong>und</strong> Nachteile der<br />
mhealth-Nutzung), sowie subjektiver Kosten-Nutzen Überlegungen. Pre-Intenders können bei<br />
ausreichender Selbstwirksamkeitserwartung an die erfolgreiche Anwendung von mhealth eine<br />
Nutzungsintention entwickeln. In der folgenden Phase bereiten Intenders in ihrer durch<br />
Selbstwirksamkeitsüberzeugung geleiteten Informationssuche die Ausführung des angestrebten<br />
Verhaltens unter Wahrnehmung möglicher Handlungsbarrieren (z.B. Datenschutzbedenken) vor. Bei<br />
positivem Ausgang beginnt in der aktionalen Phase der Übersetzungsprozess der Nutzungsintention<br />
in die angestrebte Handlung (Actors). Eine bereits ausgeführte mhealth-Nutzung wird einer<br />
postaktionalen Bewertung unterzogen, was <strong>für</strong> die weitere Anwendung von mhealth entscheidend<br />
sein kann (Schwarzer et al., 2011).<br />
Methodik <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde im April/Mai 2013 eine erste standardisierte Online-<br />
Befragung konzipiert, pregetestet <strong>und</strong> durchgeführt. Diese Ausgangsstudie lieferte erste Einblicke in<br />
die mhealth-Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsbereitschaft verschiedener Zielgruppen. Das Sample (N=337)<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 33
erücksichtigt Personen verschiedener Alters- <strong>und</strong> Bildungsschichten, den Ges<strong>und</strong>heitszustand der<br />
Befragten, sowie den Migrationshintergr<strong>und</strong> (im Sample 12% der Befragten).<br />
Bisherige mhealth-Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsintention<br />
Bezüglich der mhealth-Nutzung zeigte sich ein Nicht-Nutzer-Anteil (Non-Actors) von 87%, obwohl<br />
83% aller Antwortenden über ein Smartphone <strong>und</strong> 16% über ein Mobiltelefon verfügen. Bisher<br />
genutzte mhealth-Angebote beschränken sich im Sample auf Apps zu den Themen Ernährung <strong>und</strong><br />
Bewegung (BMI-Rechner, Running-Apps, etc.), Medikamentenerinnerung, Krankheits- <strong>und</strong><br />
Arzneimittelinformation. Ein hoher Prozentsatz (70%) der Befragten schreibt Ihrem<br />
Smartphone/Mobiltelefon im Alltag sehr hohe Wichtigkeit zu. In diesem Kontext konnte ein<br />
signifikanter Zusammenhang zwischen der eingestuften Wichtigkeit des Smartphones <strong>und</strong> der<br />
Bereitschaft zur mhealth-Nutzung mit t(241,88)=5,01; p
Infratest). Eine Steigerung der Vertrauenswürdigkeit von mhealth-Angeboten wird von den Intenders<br />
vor allem durch eine Zusicherung von Datenschutz, Hintergr<strong>und</strong>informationen zum Anbieter,<br />
Rezensionen, Prüfsiegel <strong>und</strong> Feedback-Möglichkeiten gesehen (n=187). Tendenziell herrscht in dieser<br />
Gruppe zugleich eine geringe Zahlungsbereitschaft <strong>für</strong> mhealth vor (60% eindeutige Ablehnung,<br />
n=187). Gründe der mhealth ablehnenden Non-Intenders (n=149) liegen in eingeschränktem Nutzen<br />
(59% der Antwortenden), mangelndem Vertrauen in mhealth-Information (32%), fehlendem<br />
Interesse an mobilen Angeboten (27%) oder der Angst vor einem Datenmissbrauch (15%).<br />
Trotz der durch das verwendete Schneeballverfahren eingeschränkten Repräsentativität können die<br />
Ergebnisse gr<strong>und</strong>legende Informationen als Ausgangspunkt <strong>für</strong> geplante Anschlussstudien 2013/2014<br />
liefern.<br />
Boulos, M., Wheeler, S., Tavares, C., & Jones, R. (2011). How smartphones are changing the face <strong>of</strong> mobile and participatory<br />
healthcare: an overview, with example from eCAALYX. BioMed Eng OnLine, 10(1), 24.<br />
Dearing, J., & Kim, D. (2008). Diffusion <strong>of</strong> Information and Innovation. International Encyclopedia <strong>of</strong> Communication.<br />
Abgerufen am 16. Oktober 2013 von http://www.communicationencyclopedia.com<br />
Kreps, G. L., & Neuhauser, L. (2010). New directions in eHealth communication: Opportunities and challenges. Patient<br />
Education and Counseling, 78(3), 329–336. doi:10.1016/j.pec.2010.01.013<br />
Manning, K. C., Bearden, W. O., & Madden, T. J. (1995). Consumer Innovativeness and the Adoption Process. Journal Of<br />
Consumer Psychology, 4(4), 329–345.<br />
Nacinovich, M. (2011). Defining mHealth. Journal Of Communication In Healthcare, 4(1), 1-3.<br />
doi:10.1179/175380611X12950033990296<br />
PricewaterhouseCoopers. (2012). Emerging mHealth: Paths for growth: Report 2012. Abgerufen am 17.10.2013 von<br />
http://www.pwc.com/en_GX/gx/healthcare/mhealth/assets/pwc-emerging-mhealth-full.pdf.<br />
Riley, W. T., Rivera, D. E., Atienza, A. A., Nilsen, W., Allison, S. M., & Mermelstein, R. (2011). Health behavior models in the<br />
age <strong>of</strong> mobile interventions: are our theories up to the task? Translational Behavioral Medicine, 1(1), 53–71.<br />
doi:10.1007/s13142-011-0021-7<br />
Rogers, E. M. (2003). Diffusion <strong>of</strong> innovations (5. Aufl.). New York: Free Press.<br />
Schwarzer, R. (2004). Psychologie des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens. Einführung in die Ges<strong>und</strong>heitspsychologie (3. Aufl.). Göttingen<br />
[u.a.]: Hogrefe.<br />
Schwarzer, R., Lippke, S.,& Luszczynska, A. (2011). Mechanisms <strong>of</strong> health behavior change in persons with chronic illness or<br />
disability: The Health Action Process Approach (HAPA). Rehabilitation Psychology,56(3), 161–170. doi:<br />
10.1037/a0024509<br />
Statista (2013). Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland bis 2012. Abgerufen am 22. Juli 2013 von<br />
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschlandseit-2010/<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 35
Elena Link, Helmut Scherer & Daniela Schlütz<br />
Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung<br />
– Eine explorative Untersuchung des Informationshandelns von<br />
Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich Therapieoptionen <strong>und</strong> -<br />
entscheidungen<br />
Problemstellung <strong>und</strong> theoretischer Bezugsrahmen<br />
Durch Veränderungen auf medizinischer, sozialer <strong>und</strong> politischer Ebene nimmt die Bedeutung des<br />
selbstverantwortlichen Informationshandelns des Patienten zu (Dierks, Schwartz & Walter, 2000).<br />
Vor allem die Beteiligung an der Abwägung von Therapieoptionen <strong>und</strong> ihre (emotionale)<br />
Vorbereitung <strong>und</strong> Begleitung tritt in seine Zuständigkeit. Die medienvermittelte Interaktion zwischen<br />
Betr<strong>of</strong>fenen in Online-Foren kann dies unterstützen (vgl. Neverla, Brichta, Kmap & Lüdecke, 2007, S.<br />
7). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist eine Auseinandersetzung mit den medialen Kommunikationskanälen<br />
der Patienten relevant. Dies leistet die vorliegende Studie. Den Ausgangspunkt des Beitrags stellt<br />
eine betr<strong>of</strong>fene Person dar, die im Krankheitsverlauf Informationen <strong>und</strong> Unterstützung benötigt, um<br />
sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen. Ihr wird die aktive <strong>und</strong> problemorientierte Suche in<br />
einer Vielfalt an Informationsangeboten ermöglicht. Insbesondere virtuelle Gemeinschaften schaffen<br />
eine neue Qualität des Informationshandeln, da sie den Mitgliedern die Chance zur interpersonalen<br />
Kommunikation <strong>und</strong> Unterstützung bieten (Döring, 2004, S. 772). Speziell die Therapieentscheidung<br />
ist dabei ein Schlüsselmoment des Krankheitsverlaufs, der durch ein besonders hohes<br />
Informationsbedürfnis geprägt ist. Das Informationsmanagement kann hierbei gezielt im Zuge der<br />
Manipulation von Unsicherheit erfolgen. Dies umfasst in Anlehnung an die Theorien <strong>und</strong> Ansätze des<br />
Information Utility, Information Seeking <strong>und</strong> Sense Making kommunikative <strong>und</strong> kognitive Aktivitäten<br />
des Suchens, Vermeidens, Bereitstellens, Abschätzens <strong>und</strong> Interpretierens der Informationen (vgl.<br />
Brashers et al., 2000; Atkin, 1973; Dervin & Frenette, 2001). Diese Aktivitäten besitzen in Anlehnung<br />
an diese Ansätze zwei zentrale Dimensionen. Zum einen den Anlass, der zu einer Aktivität führt <strong>und</strong><br />
zum anderen die inhaltliche Ausrichtung dieser. Insgesamt soll durch diesen Prozess eine<br />
Sinnkonstruktion, eine Problemlösung oder ein Wissenserwerb erfolgen, um das im Zuge der<br />
Krankheit bzw. der Auseinandersetzung mit den Therapieoptionen entstandene<br />
Informationsbedürfnis zu befriedigen <strong>und</strong> Unsicherheiten zu managen.<br />
Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, die unterschiedlichen Formen des Informationshandelns zu<br />
explorieren. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie gestaltet sich das Informationshandeln von<br />
Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich der Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen?<br />
Methodisches Vorgehen<br />
Um den Gegenstand angemessen zu explorieren, wird innerhalb der gesamten Forschungsstrategie<br />
eine Integration von qualitativer <strong>und</strong> quantitativer Methodik angewandt. Dabei handelt es sich um<br />
ein Mixed-Model Design. Für die inhaltliche Beschreibung der Auseinandersetzung mit<br />
Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen innerhalb von Threads wurde zunächst der <strong>of</strong>fene <strong>und</strong> tiefe<br />
Zugang einer qualitativen Herangehensweise gewählt. Die Diskurse aus einem Brust- <strong>und</strong> einem<br />
Prostatakrebs-Forum bezogen sich auf die am meisten verbreiteten Krebsarten <strong>und</strong> ermöglichten<br />
zudem einen Vergleich des Informationshandelns von Männern <strong>und</strong> Frauen. Insgesamt wurden in<br />
36 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
den Krebsforen (krebs-kompass.de, forum.prostatakrebs-bps.de) im Zeitraum vom 1.09. bis zum<br />
15.12.2012 140 Informationshandlungen in 99 Threads identifiziert <strong>und</strong> in die Inhaltsanalyse<br />
einbezogen. Das Aufgreifkriterium bezog sich inhaltlich auf die Auseinandersetzung mit<br />
Therapieoptionen oder einer konkreten Therapieentscheidung. Mit dieser Vorgehensweise wird die<br />
Basis geschaffen, das Untersuchungsmaterial deutend zu verstehen <strong>und</strong> begründete Strukturen <strong>und</strong><br />
Typen des Informationshandelns zu identifizieren. Die Forenkommunikation wurde mit Hilfe der<br />
Dimensionen ‚Problemhintergründe <strong>und</strong> Zielsetzungen’ sowie ‚ausgetauschte Inhalte’ beschrieben.<br />
Die Identifikation der Informationstypen erfolgte aufbauend auf der qualitativen Inhaltsanalyse mit<br />
atlas.ti im Rahmen einer quantitativ-explorativen Datenanalyse. Dazu wurden verbale qualitative<br />
Daten in numerische quantitative Daten transformiert. Auf der Gr<strong>und</strong>lage der standardisierten Daten<br />
wurde eine Typenbildung von Informationshandlungen mittels Clusteranalyse durchgeführt.<br />
Abbildung 1: Visualisierung des methodischen Vorgehens (eigene Darstellung)<br />
Ergebnisse<br />
Die Studie zeigt, dass sich im Kontext der Auseinandersetzung mit einer Krebserkrankung <strong>und</strong> den<br />
Therapieoptionen neun unterschiedliche Informationshandlungen identifizieren lassen. Diese setzen<br />
sich entsprechend der theoretischen Dimensionen in der ersten Clusterlösung detailliert mit<br />
Problemhintergründen <strong>und</strong> in einer zweiten Clusterlösung mit den ausgetauschten Inhalten<br />
auseinander. In Bezug auf die Hintergründe <strong>und</strong> Ziele zeigt sich, dass die im Krankheitsverlauf<br />
identifizierten Phasen der Behandlung prägend <strong>für</strong> die auftretenden Informationsbedürfnisse sind.<br />
Nach einem Arztkontakt stehen beispielsweise der Wissenserwerb <strong>und</strong> eine fachlich geprägte<br />
Einschätzung von Therapieoptionen im Zentrum der Informationssuche. Die erhaltenen<br />
Informationen sollen im Forum verarbeitet <strong>und</strong> bewertet werden.<br />
Hinsichtlich der ausgetauschten Inhalte lassen sich stärker fachlich <strong>und</strong> eher emotional orientierte<br />
Diskurstypen unterscheiden. Die Artikulation von Gefühlen, die gegenseitige Unterstützung <strong>und</strong> der<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 37
persönliche Erfahrungsaustausch werden beispielsweise besonders bei der empathischen,<br />
kollektiven Emotionsbewältigung wichtig.<br />
Insgesamt lässt sich ein weitgehend pr<strong>of</strong>essionalisierter <strong>und</strong> patientenorientierter Austausch<br />
identifizieren. Dennoch kommt auch der emotionalen Bewältigung eine hohe Bedeutung zu.<br />
Zwischen den beiden Clusterlösungen besteht kein signifikanter Zusammenhang. Für die<br />
weiterführende Beschreibung zeigt sich vor allem das Geschlecht als wichtiger Einflussfaktor. Ein<br />
hoher Anteil weiblicher Beteiligter findet sich speziell in Informationshandlungen, die eine<br />
emotionale Fokussierung besitzen. Diese Unterschiede können zum Teil auf die spezifischen<br />
Kommunikationsbedürfnisse je nach Form der Erkrankung zurückgeführt werden.<br />
Diskussion<br />
Die Forenanalyse hat gezeigt, dass die im Krankheitsverlauf identifizierten Phasen prägend <strong>für</strong> die<br />
Informationshandlungen der Patienten sind. Der Bedarf an einer stärkeren Ausrichtung der Arzt-<br />
Patienten-Kommunikation an den spezifischen Bedürfnissen der Patienten wird erkennbar. Zudem<br />
zeigt sich, dass die Nutzer von Online-Foren kritisch reflektierende Beteiligte darstellen.<br />
Unzufriedenheit <strong>und</strong> Zweifel am behandelnden Arzt können einen Zuwendungsgr<strong>und</strong> darstellen <strong>und</strong><br />
das Bedürfnis nach Kontrolle <strong>und</strong> kritischer Überprüfung der ärztlichen Empfehlung noch verstärken.<br />
Zudem macht die Studie deutlich, dass nicht nur die emotionale Unterstützung <strong>und</strong> der<br />
Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten im Fokus der Interaktion stehen, sondern auch subjektiv<br />
bis fachlich geprägte Einschätzungen <strong>und</strong> Erläuterungen ausgetauscht werden. Der Patient hat<br />
<strong>of</strong>fenbar nach der Arztkonsultation <strong>und</strong> über diese hinaus ein unerfülltes Bedürfnis nach einer<br />
Einordnung <strong>und</strong> dem tiefen Verständnis der Erkrankung. Speziell der Arzt sollte <strong>für</strong> die Interpretation<br />
des Krankheitsbildes <strong>und</strong> die Darstellung der Wirkungsweise von Therapien mehr Zeit einräumen.<br />
Dies legt nahe, dass sie verstärkt auf die Kommunikation mit mündigen Patienten vorbereitet werden<br />
müssen. Der Vortrag diskutiert Implikationen der Studie <strong>für</strong> Kommunikationswissenschaft <strong>und</strong> Praxis.<br />
Atkin, C. (1973). Instrumental Utilities and Information Seeking. In P. Clarke (Hrsg.), New Models in Mass Communication<br />
Research (S. 205-242). Beverly Hills/London: Sage.<br />
Brashers, D.E., Neidig, J.L., Haas, S.M., Dobbs, L.K., Cardillo, L.W. & Russell, J.A. (2000). Communication in the Management<br />
<strong>of</strong> Uncertainty: The Case <strong>of</strong> Persons Living with HIV or AIDS. Communication Monographs, 67(1), S. 63-84.<br />
Dervin, B. & Frenette, M. (2001). Sense-Making methodology: Communicating com-municatively with campaign audience.<br />
In R.E. Rice & C.K. Atkin (Hrsg.), Public communication campaigns (3. Aufl.), (S. 69-87). Thousan Oaks, CA: Sage.<br />
Dierks, M., Schwartz F.W. & Walter, U. (2000). Patienten als K<strong>und</strong>en. Informationsbedarf <strong>und</strong> Qualität von<br />
Patienteninformationen aus Sicht der Public Health Forschung. In D. Jazbinsek (Hrsg.),<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (S. 150-163). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.<br />
Döring, N. (2004). Sozio-emotionale Dimensionen des Internet. In R. Mangold, P. Vorderer & G. Bente (Hrsg.), Lehrbuch der<br />
Medienpsychologie (S. 673-695). Göttingen/ Bern/Toronto/ Seattle: Hogrefe Verlag.<br />
Neverla, I., Brichta, M., Kamp, H.-C. & Lüdecke, D.K. (2007). Wer krank ist, geht ins Netz. Eine empirische Untersuchung zur<br />
Medien- <strong>und</strong> Internetnutzung im Krankheitsverlauf. Erfurt: Verlag Reinhard Fischer.<br />
38 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Anhang<br />
Tabelle 1:<br />
Clusterbildende<br />
Variablen<br />
Problemhintergründe<br />
Akute<br />
Problemhintergründe<br />
Diagnose der<br />
Erkrankung<br />
Körperliche<br />
Beschwerden<br />
Nachbereitung<br />
des Arzttermins<br />
Vorbereitung<br />
auf Therapieschritte<br />
Vorbereitung<br />
des Arzttermins<br />
Zielsetzungen<br />
Cluster-Pr<strong>of</strong>ile: Mittelwertvergleich zwischen allen Clustern hinsichtlich aller clusterbildenden<br />
Merkmale Problemhintergründe (Indexwerte)<br />
Fachliche<br />
Erörterung<br />
der<br />
Diagnose<br />
(N= 27)<br />
Austausch<br />
von<br />
Erfahrungswerten<br />
im<br />
Zuge<br />
akuter<br />
Symptome<br />
(N= 21)<br />
Emotionale<br />
&<br />
organisatorische<br />
Absicherung<br />
des<br />
bevorstehenden<br />
Arztbesuchs<br />
(N=23)<br />
Fachliche,<br />
kritische<br />
Reflexion<br />
des Arztbesuchs<br />
(N= 42)<br />
Erfahrungsbasierte<br />
Planung<br />
von<br />
Therapieschritten<br />
(N= 27)<br />
Mittelwert<br />
Gesamt<br />
(N= 140)<br />
500*** 0 22 0 0 ,20<br />
0 667*** 0 0 0 ,15<br />
10 0 95 275** 0 ,36<br />
0 0 0 0 519*** ,19<br />
0 0 609*** 0 0 ,11<br />
Emotionale<br />
Unterstützung/ 69 67 325*** 22 86 ,21<br />
Austausch<br />
Erfahrungen<br />
Therapie<br />
76 116* 112* 92 114* ,78<br />
(-prozess)<br />
Medizinischer<br />
Rat Therapie 103* 73 87 132* 80 ,65<br />
(-prozess)<br />
Wissen<br />
Therapie<br />
134* 86 20 151* 67 ,22<br />
(-prozess)<br />
N= 140 Fälle<br />
Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />
Distanz; Methode: Ward-Methode<br />
Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />
<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 39
Tabelle 2: Cluster-Pr<strong>of</strong>ile: Mittelwertvergleich zwischen allen Clustern hinsichtlich aller<br />
clusterbildenden Merkmale ausgetauschter Inhalte (Indexwerte)<br />
Clusterbildende Variablen<br />
Ausgetauschte Inhalte<br />
Entscheidungskriterien<br />
Therapie – fachliche<br />
Argumente<br />
Entscheidungskriterien<br />
Therapie – persönliche<br />
Argumente<br />
Krankengeschichte des<br />
Initiators<br />
Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> medizinische<br />
Kennwerte des Initiators<br />
Krankengeschichte/Bef<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> medizinische<br />
Kennwerte der Beteiligten<br />
Interpretation <strong>und</strong><br />
Diagnoseerstellung<br />
Auseinandersetzung mit<br />
der Arzt-Patienten-<br />
Beziehung<br />
Weitergabe ärztlicher<br />
Empfehlungen<br />
Aussprache eigener<br />
fachlicher Empfehlung<br />
Aussprache eigener<br />
fachlicher Erläuterung<br />
Aussprache einer<br />
persönlichen Empfehlung<br />
Präferenz/Be<strong>für</strong>chtung des<br />
Initiators<br />
Verbindende<br />
Erfahrungswerte<br />
Vertiefender,<br />
therapiebezogener<br />
Wissenserwerb<br />
<strong>und</strong><br />
-vermittlung<br />
(N= 42)<br />
F<strong>und</strong>ierte,<br />
patientenorientierte<br />
Beratung<br />
(N= 44)<br />
Argumentative<br />
<strong>und</strong><br />
bewertende<br />
Ausgestaltung<br />
des<br />
Entscheidungsprozesses<br />
(N=29)<br />
Empathisch<br />
kollektive<br />
Emotionsbewältigung<br />
(N= 25)<br />
Mittelwert<br />
gesamt<br />
(N=140)<br />
22 151* 206** 18 ,44<br />
0 135* 253** 28 ,29<br />
68 130* 94 109* ,77<br />
52 136* 103* 113* ,64<br />
45 132* 98 138* ,64<br />
62 189* 65 47 ,42<br />
49 157* 122* 60 ,54<br />
38 163* 133* 56 ,57<br />
74 168* 94 31 ,51<br />
65 187* 94 12 ,33<br />
66 133* 116* 82 ,69<br />
60 153* 129* 40 ,40<br />
12 112* 144* 177* ,41<br />
Erfahrungen Dritter 65 164* 109* 36 ,22<br />
N= 140 Fälle<br />
Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />
Distanz; Methode: Ward-Methode<br />
Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />
<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />
40 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
[Fortsetzung Tabelle 2]: Cluster-Pr<strong>of</strong>ile der Merkmale ausgetauschter Inhalte<br />
Clusterbildende Variablen<br />
Vertiefender,<br />
therapiebezogener<br />
Wissenserwerb<br />
<strong>und</strong><br />
-vermittlung<br />
(N= 42)<br />
F<strong>und</strong>ierte,<br />
patientenorientierte<br />
Beratung<br />
(N= 44)<br />
Argumentative<br />
<strong>und</strong><br />
bewertende<br />
Ausgestaltung<br />
des<br />
Entscheidungsprozesses<br />
(N=29)<br />
Empathisch<br />
kollektive<br />
Emotionsbewältigung<br />
(N= 25)<br />
Mittelwert<br />
gesamt<br />
(N=140)<br />
Eigene Erfahrungen<br />
Therapie–Therapieprozess<br />
79 111* 91 127* ,76<br />
Eigene Erfahrungen<br />
Therapieentscheidung<br />
0 72 285** 102* ,16<br />
Dankbarkeit 50 168* 65 106* ,53<br />
Emotionale Unterstützung 25 177* 18 187* ,19<br />
Informationsbasierte<br />
Orientierung<br />
42 159* 103* 90 ,40<br />
Reputationsstarke Quellen 56 140* 109* 93 ,60<br />
Reputationsschwache<br />
Quellen<br />
72 206** 52 15 ,26<br />
Empfehlung weiterer<br />
Recherchequellen<br />
94 199* 15 35 ,23<br />
Wissen zu Therapie &<br />
Behandlungsprozess<br />
108* 167* 36 42 ,29<br />
Hintergr<strong>und</strong>wissen 116* 155* 45 39 ,31<br />
Negative Emotionen 35 123* 101* 167* ,48<br />
Positive Emotionen 36 170* 34 160* ,20<br />
Empathie 42 132* 94 148* ,62<br />
Verunsicherung 44 148* 161* 37 ,32<br />
Strategien der<br />
Emotionsbewältigung<br />
26 98 0 345*** ,09<br />
N= 140 Fälle<br />
Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />
Distanz; Methode: Ward-Methode<br />
Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />
<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 41
Verena Lindacher, Janina Curbach & Julika Loss<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine<br />
Inhaltsanalyse der Kommunikation auf Facebook<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Soziale Online-Netzwerke (SNS) wie Facebook sind fester Bestandteil im Alltag vieler, v.a. junger<br />
Menschen. Daher wird zunehmend diskutiert, SNS auch <strong>für</strong> Maßnahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Prävention zu nutzen. SNS werden auch als neuartiges Setting <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung bezeichnet.<br />
Bislang wurden <strong>für</strong> Internet-basierte Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung v.a. traditionelle Web 1.0-Kanäle genutzt<br />
(Bennett & Glasgow, 2009; Freeman & Chapman, 2008 Gold, et al., 2012). Das interaktive Element<br />
dieser Netzwerke bietet hingegen einen komplexeren Kanal <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitskommunikation.<br />
Um ges<strong>und</strong>heitsbezogene Strategien effektiv planen zu können, ist es notwendig, ein derartiges neues<br />
Setting <strong>und</strong> seine Rahmenbedingungen zu verstehen (Gold, et al., 2012; Poland, et al., 2009). Diese<br />
Rahmenbedingungen werden v.a. durch die auf SNS stattfindende Kommunikation geprägt sowie<br />
durch die verschiedenen Funktionen (z.B. Feedback-Optionen), die die Kommunikation steuern. Im<br />
Hinblick auf mögliche Interventionen erscheint es daher wichtig, die Kommunikation über<br />
Ges<strong>und</strong>heitsthemen auf SNS zu untersuchen.<br />
Forschungsstand<br />
Ges<strong>und</strong>heitswissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lagenforschung zu SNS ist begrenzt (Chou, et al., 2009; Kontos, et<br />
al., 2010). Forschungsaktivitäten zu SNS befassen sich v.a. mit den Themen Nutzeranalysen,<br />
Nutzungsmotive <strong>und</strong> Privatsphäreeinstellungen (Weissensteiner & Leiner, 2011; Wilson, et al., 2012);<br />
ein Ges<strong>und</strong>heitsbezug besteht in den Arbeiten allerdings nicht. Lediglich zwei US-amerikanische<br />
Studien beschäftigen sich mit Nutzerreferenzen zu den ges<strong>und</strong>heitlichen Themen Stress <strong>und</strong> Alkohol<br />
(Egan & Moreno, 2011a, 2011b); sie legen nahe, dass die auf Facebook kommunizierte Alkohol-<br />
Konsumverhalten dem realen Konsumverhalten entspricht.<br />
Fragestellung<br />
Ziel der Studie war zu analysieren, wie junge Menschen über ges<strong>und</strong>heitsbezogene Verhaltensweisen<br />
auf Facebook kommunizieren. Der Fokus lag dabei auf den <strong>für</strong> Public Health<br />
relevanten Verhaltensweisen Alkoholkonsum, ges<strong>und</strong>e /unges<strong>und</strong>e Ernährung, Sport / Bewegung,<br />
Rauchen. Beantwortet werden sollte, (a) welche Themen wie häufig von den Nutzern angesprochen<br />
werden, (b) wie <strong>und</strong> in welchen Kontexten über diese Lebensstile kommuniziert wird <strong>und</strong> (c) wie diese<br />
Kommunikation von anderen Nutzern wahrgenommen wird.<br />
Methodik<br />
Medizinstudierende im vorklinischen Studienabschnitt (N=30, 18-25 Jahre, m=12) stellten Ausdrucke<br />
ihrer Facebook-Kommunikation der letzten neun Monate zur Verfügung (gesamt: 5851 Beiträge). Auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage eines in einer explorativen Vorstudie entwickelten Codebuchs wurden diese Pr<strong>of</strong>ile<br />
einer systematischen Inhaltsanalyse unterzogen. Die Teilnehmer anonymisierten personenbeziehbare<br />
Angaben durch Schwärzung. Ausgewertet wurden alle Beiträge (Texte, Bilder) mit Bezug zu Ernährung,<br />
Bewegung, Alkohol- <strong>und</strong> Tabakkonsum.<br />
42 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Ergebnisse<br />
6,5% aller Beiträge behandelten eines der gewählten ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Verhaltensweisen<br />
(n=381), 267 davon (70%) bezogen sich auf Risikoverhalten (Alkoholkonsum 42%, unges<strong>und</strong>e<br />
Ernährung 28%), 30% auf ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Lebensstil (Sport / Bewegung 26%, ges<strong>und</strong>e<br />
Ernährung 4%). Beiträge zu Tabakrauchen kamen nicht vor.<br />
Bei der Kommunikation stehen nicht der Ges<strong>und</strong>heitsbezug im Vordergr<strong>und</strong>, sondern thematische<br />
Einbettungen wie Geselligkeit, Spaß <strong>und</strong> Stolz auf die eigene Leistung, v.a. bei Alkoholkonsum oder<br />
unges<strong>und</strong>er Ernährung. In den seltenen Fällen, in denen negative ges<strong>und</strong>heitliche Konsequenzen<br />
berichtet werden (z.B. Kopfschmerzen nach Alkoholkonsum, Völlegefühl nach übermäßigem Essen),<br />
wird ein witziger oder selbstironischer Ton gewählt. Die berichteten Verhaltensweisen werden von den<br />
Nutzern stets positiv bewertet, unabhängig davon, ob sie ges<strong>und</strong>heitsförderlich oder riskant sind. Auch<br />
andere Nutzer bewerteten die Kommunikation zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen überwiegend positiv.<br />
Zusätzlich konnten saisonale Einflüsse auf berichtetes Ges<strong>und</strong>heits- oder Risikoverhalten identifiziert<br />
werden, z.B. Volksfeste.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die Ergebnisse helfen zu verstehen, welche Rolle Ges<strong>und</strong>heits- oder Risikoverhalten in der<br />
Kommunikation auf Facebook spielen. Außerdem geben sie Hinweise <strong>für</strong> zielgruppengerechte<br />
Aufklärungsmaßnahmen im Online- <strong>und</strong> Offline-Bereich. Mit dem entwickelten Codebuch liegt zudem<br />
ein Instrument vor, das sich <strong>für</strong> die Analyse der Kommunikation über Ges<strong>und</strong>heitsthemen auf<br />
Facebook bewährt hat <strong>und</strong> auch <strong>für</strong> Monitoring möglicher Interventionen eingesetzt werden kann.<br />
Diskussion<br />
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Kommunikation von Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Risikoverhalten auf<br />
Facebook als Vehikel genutzt wird, um die eigene Person positiv <strong>und</strong> attraktiv darzustellen. Die<br />
Kommunikation über ges<strong>und</strong>heitsbezogene Verhaltensweisen entspricht damit der sog. Impression<br />
Management-Theorie, die von G<strong>of</strong>fmann 1959 <strong>für</strong> die face-to-face Interaktion beschrieben<br />
wurde. G<strong>of</strong>fman postuliert, dass Menschen in der Interaktion mit anderen primär versuchen,<br />
bestimmte positive Eindrücke der eigenen Person zu vermitteln.<br />
Facebook ermöglicht Selbstinszenierungen besonders gut, da z.B. Bewertungen (Kommentare, „Likes“)<br />
von Fre<strong>und</strong>en helfen, eine positive Selbstdarstellung zu optimieren. Die unmittelbare Widerspieglung<br />
der eigenen Reputation durch die systemeigenen Kommunikationsfunktionen erlaubt es den Nutzern<br />
zu testen, welche Inhalte positiv rezipiert werden. Indem Facebook-Nutzer aber die Darstellung ihres<br />
Risikoverhaltens dazu instrumentalisieren, sich selber als attraktiv zu präsentieren, werden gleichzeitig<br />
diese Risikoverhalten als erstrebenswerte Aktivität vermittelt. Dadurch erhöht sich die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass auch im Offline-Kontext unkritisch Risikoverhalten umgesetzt wird.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 43
Bennett, G. G., & Glasgow, R. E. (2009). The delivery <strong>of</strong> public health interventions via the Internet: actualizing their potential.<br />
Annual Review <strong>of</strong> Public Health, 30, 273-92.<br />
Chou, S. W.-y., Hunt, M. Y., Beckjord, B. E., Moser, P. R., & Hesse, W. B. (2009). Social Media Use in the United States:<br />
Implications for Health Communication. J Med Internet Res, 11(4), e48.<br />
Egan, K. G., & Moreno, M. A. (2011a). Alcohol references on <strong>und</strong>ergraduate males' Facebook pr<strong>of</strong>iles. Am J Mens Health, 5(5),<br />
413-20.<br />
Egan, K. G., & Moreno, M. A. (2011b). Prevalence <strong>of</strong> stress references on college freshmen Facebook pr<strong>of</strong>iles. Comput Inform<br />
Nurs, 29(10), 586-92.<br />
Freeman, B., & Chapman, S. (2008). Gone viral? Heard the buzz? A guide for public health practitioners and researchers on<br />
how Web 2.0 can subvert advertising restrictions and spread health information. Journal <strong>of</strong> Epidemiology &<br />
Community Health, 62(9), 778-82.<br />
G<strong>of</strong>fman, E. (1959). The presentation <strong>of</strong> self in everyday life. New York: Doubleday & Company.<br />
Gold, J., Pedrana, A. E., Sacks-Davis, R., Hellard, M. E., Chang, S., Howard, S., et al. (2011). A systematic examination <strong>of</strong> the use<br />
<strong>of</strong> online social networking sites for sexual health promotion. BMC Public Health, 11, 583.<br />
Gold, J., Pedrana, A. E., Stoove, M. A., Chang, S., Howard, S., Asselin, J., et al. (2012). Developing health promotion<br />
interventions on social networking sites: recommendations from The FaceSpace Project. Journal <strong>of</strong> Medical<br />
Internet Research, 14(1), e30.<br />
Kontos, E. Z., Emmons, K. M., Puleo, E., & Viswanath, K. (2010). Communication inequalities and public health implications <strong>of</strong><br />
adult social networking site use in the United States. J Health Commun, 15 Suppl 3, 216-35.<br />
Poland, B., Krupa, G., & McCall, D. (2009). Settings for Health Promotion: An Analytic Framework to Guide Intervention Design<br />
and Implementation. Health Promotion Practice, 10(4), 505-16.<br />
Schirmer, K. (2012). “Where they hang out”. Social media use in youth health promotion: An analysis based on a literature<br />
review and survey <strong>of</strong> the youth sector in South Australia. Adelaide: Centre for Health Promotion.<br />
Weissensteiner, E., & Leiner, D. (2011). Facebook in der Wissenschaft. Forschung zu sozialen Onlinenetzwerken. M&K, 59(4),<br />
526-44.<br />
Wilson, R. E., Gosling, S. D., & Graham, L. T. (2012). A Review <strong>of</strong> Facebook Research in the Social Sciences. Perspect Psychol<br />
Sci, 7(3), 203-20.<br />
44 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Eva Baumann, Elena Link & Hannah Früh<br />
Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im<br />
Kontext von Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft<br />
Insbesondere <strong>für</strong> Erstgebärende ist die Schwangerschaft eine Lebensphase, die mit einschneidenden<br />
biografischen Veränderungen <strong>und</strong> einer großen, sowohl positiv als auch negativ besetzten<br />
Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft sowie hinsichtlich ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken im<br />
Schwangerschaftsverlauf verb<strong>und</strong>en ist. Unsicherheit entsteht in Situationen, die als diffus,<br />
mehrdeutig, komplex oder unvorhersehbar wahrgenommen werden <strong>und</strong> in denen keine sicheren oder<br />
nur inkonsistente Informationen verfügbar sind. Dadurch wird die Situation als nur bedingt oder gar<br />
nicht kontrollierbar wahrgenommen (Brashers 2001). Ziel ist es dann, die diffuse Situation in eine<br />
durch eigenes Handeln kontrollierbare Entscheidungssituation umzuwandeln <strong>und</strong> Diskontinuitäten der<br />
Selbst- <strong>und</strong> Umweltwahrnehmung zu schließen (Atkin 1973; Dervin et al. 1982). Daher entwickeln<br />
insbesondere Erstgebärende <strong>und</strong> Frauen mit Kinderwunsch ein ausgeprägtes Interesse an<br />
schwangerschaftsrelevanten Themen <strong>und</strong> ein intensives Informationsbedürfnis (BZgA 2006). Da<strong>für</strong><br />
stehen ihnen eine Vielzahl interpersonaler <strong>und</strong> medialer Informationsquellen <strong>und</strong><br />
Kommunikationspartner zur Verfügung. Neben dem Gespräch mit dem Arzt oder der Hebamme bietet<br />
vor allem das Internet eine wichtige Orientierungsfunktion (Larsson 2009). Themenspezifische Online-<br />
Foren ermöglichen einen Raum-Zeit-ungeb<strong>und</strong>enen Dialog mit ‚Gleichgesinnten‘, in dem nicht nur<br />
Informationen ausgetauscht, sondern auch soziale <strong>und</strong> emotionale Unterstützung erlangt werden<br />
können (Zillien & Fröhlich 2008). Hierzu ist jedoch eine große Bereitschaft zur Selbstöffnung gegenüber<br />
Fremden erforderlich: So wird man ohne eine sachbezogene Offenheit auch keine detaillierten <strong>und</strong><br />
konkreten Ratschläge erhalten, <strong>und</strong> ohne eine emotionale Selbst<strong>of</strong>fenbarung kaum empathische<br />
Unterstützung in der Community erwarten können. Der Kommunikationsrahmen im Social Web<br />
scheint dabei selbst bei öffentlichen Chats <strong>und</strong> Foren die Bereitschaft zur Offenheit <strong>und</strong> Preisgabe<br />
intimer Details im Vergleich zur Face-to-Face-Situation zu erhöhen (Trepte & Reinecke 2011).<br />
Daher formulieren wir folgende Forschungsfragen:<br />
F1: Welche schwangerschaftsbezogenen Personenmerkmale erklären die Offenheit der UserInnen <strong>und</strong><br />
die Intimität des Diskurses im Forum?<br />
F2: Inwiefern werden bei der Suche nach sachbezogenen Informationen auch Aspekte des intimen<br />
Selbst preisgegeben?<br />
F3: Welche Rolle spielt die Preisgabe intimer Details in Dialogen, in denen es um empathische<br />
Anteilnahme geht?<br />
Hierzu wurde eine quantitative Inhaltsanalyse von Beiträgen im Schwangerschaftsforum urbia.de<br />
durchgeführt. Im November 2011 wurde ein ‚künstlicher’ Tag in einer ‚künstlichen Woche’ von<br />
Diskussionen <strong>und</strong> Posts in den beiden meist genutzten Foren (Schwangerschaft, Kinderwusch)<br />
definiert. Die Stichprobe umfasst 1.032 Posts. Für jeden der aktiven Diskussionsteilnehmer wurde<br />
anhand des Nicknames zudem der Inhalt des Pr<strong>of</strong>ils auf urbia.de erfasst (n=620). Die Reliabilität der<br />
Codierung war über die zehn Codierer hinweg sehr zufriedenstellend (Holsti pro Kategorie ≥ .94).<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 45
Zunächst haben wir basierend auf den Variablen Bild, personalisierter Nickname, Motto sowie<br />
freiwillige weitere Angaben zur Person einen persönlichen Offenheitsindex gebildet. In einem linearen<br />
Regressionsmodell erklären die Variablen Alter, Fehlgeburt, Partnerschaft, Schwangerschaftswoche<br />
<strong>und</strong> bereits existierende Kinder insgesamt 16 Prozent der Gesamtvarianz der personenbezogenen<br />
Offenheit (F1). Die stärkste Erklärungskraft hat der Beziehungsstatus (in einer Partnerschaft lebend;<br />
β=0,307; p≤0,001). Darüber hinaus sind bereits existierende Kinder (β=0,096; p≤0,01) <strong>und</strong> die<br />
Erfahrung einer Fehlgeburt (β=0,089; p≤0,01) gute Prädiktoren <strong>für</strong> die personenbezogene Offenheit im<br />
Forum. Während die genannten Personenvariablen zwar gut erklären, wie <strong>of</strong>fen die NutzerInnen ihr<br />
Pr<strong>of</strong>il bei urbia gestalten, lässt sich die Bereitschaft zur Preisgabe intimer Informationen in einem Post<br />
in einer logistischen Regression nicht anhand dieser persönlichen Faktoren erklären (Nagelkerkes<br />
R 2 =0,04). Hier liegt die Vermutung nahe, dass eher situative Faktoren über die Preisgabe intimer<br />
Details entscheiden.<br />
Urbia wird vor allem zur gegenseitigen Unterstützung durch sachbezogenen Rat genutzt (n=780; 76 %).<br />
In 22 Prozent dieser Fälle (n=229) wurde informationsbezogener Support erbeten, in den anderen<br />
Posts wurden dieser gegeben. Diese Bitte um Unterstützung erfolgte vor allem bezogen auf die<br />
Themen Kinderwunsch (n=113; 49 %), Schwangerschaftsverlauf (n=72; 31 %) <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Beschwerden (n=40; 17 %). Bezugnehmend auf F2, ist die sachorientierte Informationssuche dabei eng<br />
mit einer Preisgabe von Informationen zum intimen Selbst verknüpft: So geben die Userinnen im Zuge<br />
der Bitte um sachbezogenen Rat in 71 Prozent der Fälle (n=163) auch Aspekte ihres intimen Selbst<br />
preis (Cramers-V=0,300, p≤0,001).<br />
Neben einer sachbezogenen Unterstützung durch konkrete Ratschläge wird urbia in 31 Prozent der<br />
analysierten Posts (n=315) zur gegenseitigen Unterstützung durch Empathie <strong>und</strong> Anteilnahme im<br />
Kontext von Schwangerschaft <strong>und</strong> Kinderwunsch genutzt. Bezogen auf F3 zeigt sich allerdings, dass<br />
dieser ‚empathische Diskurs‘ nicht in gleichem Maße wie der sachbezogene Dialog mit der Preisgabe<br />
intimer Informationen verb<strong>und</strong>en ist. In ‚nur‘ 135 der empathieorientierten Posts (43 %) werden<br />
gleichzeitig intime Informationen über das Selbst <strong>of</strong>fenbart (Cramers-V=0,005; n.s.).<br />
Urbia.de ist vor allem eine Plattform, um schwangerschaftsbezogene Sachinformationen<br />
auszutauschen. Die UserInnen thematisieren insbesondere Ereignisse in der Zukunft (Kinderwunsch<br />
<strong>und</strong> Schwangerschaftsverlauf) sowie ges<strong>und</strong>heitliche Probleme. Dies lässt sich plausibel als Strategie<br />
zum Abbau von Unsicherheiten in diesem ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Themenkontext interpretieren. Eine<br />
höhere generelle Bereitschaft zur Selbstdarstellung lässt sich vorsichtig durch das vermutlich höhere<br />
alltägliche Themeninvolvement im Zusammenleben mit einem Partner sowie durch höheres<br />
Probleminvolvement bei eigenen Schwangerschaftserfahrungen interpretieren. Die virtuelle<br />
Gemeinschaft bietet sich besonders zum Austausch über intime Aspekte der Schwangerschaft an. Die<br />
Preisgabe intimer Details scheint aber eher einem instrumentellen Informationsnutzen zu dienen; so<br />
ist eine intime Offenheit deutlich seltener, wenn um das Herstellen sozialer bzw. empathischer Nähe<br />
geht. Somit scheint urbia.de ein geeigneter Ort des Informationsaustauschs <strong>für</strong> Schwangere zu sein,<br />
der auf Vertrauen im Umgang mit sensiblen Themen basiert, in dem Vertraulichkeiten aber vor allem<br />
dem instrumentellen Nutzen der Unsicherheitsreduktion dienen.<br />
46 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Atkin, C. K. (1973). Instrumental Utilities and Information Seeking. In P. Clarke (Ed.), New Models for Communication Research<br />
(p. 205-242). Beverly Hills/London: Sage Publications.<br />
Brashers, D. E. (2001). Communication and Uncertainty Management. Journal <strong>of</strong> Communication, 51 (3), 477-497.<br />
B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.) (2006). Schwangerschaftserleben <strong>und</strong> Pränataldiagnostik.<br />
Verfügbar unter: http://www.bzga.de/botmed_13319200.html [17.07.2013].<br />
Dervin, B., Nilan, M. S. & Jacobson, T. L. (1982). Improving Predictions <strong>of</strong> Information Use: A Comparison <strong>of</strong> Predictor Types in<br />
Health Communication Setting. In M. Buirgoon (Ed.), Communication Yearbook (p. 807-830). New<br />
Brunswick/London: Transaction <strong>Book</strong>s.<br />
Larsson, M. (2009). A descriptive study <strong>of</strong> the use <strong>of</strong> the Internet by women seeking pregnancy-related information.<br />
Midwifery, 25 (1), 14-20.<br />
Trepte, S. & Reinecke, L. (2011). The Social Web as a Shelter for Privacy and Authentic Living. In S. Trepte & L. Reinecke (Eds.),<br />
Privacy Online. Perspectives on Privacy and Self-disclosure in the Social Web (p. 61-73). New York: Springer-Verlag.<br />
Zillien, N. & Fröhlich, G. (2008). Informationsgewinn <strong>und</strong> Sicherheitsverlust. Empirische Ergebnisse zur Internetnutzung r<strong>und</strong><br />
um Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt. Medien Journal, 4, 52-64.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 47
PANEL 4: BERICHTERSTATTUNG ÜBER GESUNDHEITSKRISEN UND<br />
HERAUSFORDERUNGEN DER KRISENKOMMUNIKATION<br />
Susanne Gedamke<br />
Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit - Burnout in der öffentlichen<br />
Kommunikation der Schweiz<br />
Das Phänomen »Burnout« hat sich in den letzten Jahren zu einem der populärsten Zeitphänomene des<br />
21. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt. Burnout wird nicht nur in der Wissenschaft breit diskutiert, sondern hat<br />
längst Eingang in den alltäglichen Wortschatz gef<strong>und</strong>en. Dem Phänomen liegt bis dato keine<br />
wissenschaftlich erkannte Diagnose zugr<strong>und</strong>e. Dennoch hat es sich in den letzten 20 Jahren nicht nur<br />
begrifflich epidemisch verbreitet, sondern tritt auch in realer Konjunktur verstärkt auf (vgl. Seco 2010;<br />
Hillert/Marwitz 2006: 14f.).<br />
Die beschriebenen Entwicklungen werden umso relevanter, je mehr die kritische Rezeption des<br />
Phänomens betrachtet wird: Aufgr<strong>und</strong> einer fehlenden einheitlichen Diagnose <strong>und</strong> der starken<br />
Konzeptvielfalt, wird Burnout des Öfteren als »Modekrankheit« kritisiert (vgl. Rösing 2011: 26). Nicht<br />
selten wird das erheblich gestiegene Interesse mit der Medienberichterstattung in Verbindung<br />
gebracht. Ausgehend von der gewichtigen Rolle von Massenmedien als Quelle <strong>für</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformationen (vgl. Baumann 2006: 141), könnte der medialen Berichterstattung somit<br />
eine zentrale Rolle in der Problemdefinition <strong>und</strong> -bewertung von Burnout zukommen. Die vorliegende<br />
Untersuchung setzt am potentiellen Anteil der Massenmedien an der Wahrnehmung des Burnout-<br />
Phänomens an: Der massenmediale Aufstieg des Burnout-Phänomens wird aus diachroner Perspektive<br />
nachgezeichnet <strong>und</strong> Berichterstattungsmuster überprüft, welche systematisch zu seiner Attraktivität<br />
<strong>und</strong> Verbreitung beitragen könnten <strong>und</strong> damit möglicherweise die gesellschaftliche Realität des<br />
Burnouts beeinflussen.<br />
Die untersuchten Berichterstattungsmuster wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage von Theorien der<br />
Nachrichtenauswahl (Nachrichtenwerttheorie, Framing-Ansätze) hergeleitet <strong>und</strong> mithilfe einer<br />
deduktiv-quantitativen Inhaltsanalyse von Berichterstattungsmerkmalen sowie darauffolgend einer<br />
induktiv-quantitativen Generierung von Medien-Frames via Faktorenanalyse realisiert.<br />
Die Stichprobe basiert auf den 14 auflagestärksten Printmedien der Schweiz innerhalb der<br />
Untersuchungsjahre vom 01.01.1995 (erstmaliges Auftreten des Begriffs in den untersuchten Medien)<br />
bis 31.12.2011 (n=896). Als deduktive Berichterstattungsmerkmale wurden folgende Indikatoren<br />
gewählt:<br />
48 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Medialer Resonanzverlauf des Phänomens,<br />
Thematisierungsleistung der Medien in Bezug auf Burnout,<br />
Vermarktung des Phänomens über die beiden Nachrichtenfaktoren Identifikation <strong>und</strong><br />
Sensationalismus,<br />
medial dargelegte Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen.<br />
Weiterhin wurden auf der Basis der Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen mithilfe<br />
einer explorativen Faktorenanalyse insgesamt neun Medien-Frames <strong>für</strong> die Burnout-Berichterstattung<br />
extrahiert.<br />
Die Untersuchung ist zu folgenden zentralen Ergebnissen gekommen:<br />
Die mediale Beachtung des Burnout-Phänomens ist von seiner ersten Thematisierung im Jahr 1995 an<br />
erheblich gestiegen <strong>und</strong> stößt in allen untersuchten Medientypen auf kontinuierlich wachsendes<br />
Interesse.<br />
Die Thematisierungsleistung der Medien in Bezug auf Burnout kann auf der Basis der vorliegenden<br />
Untersuchung als relativ hoch eingeschätzt werden. Bis auf die Boulevardtitel dominiert in allen<br />
anderen Medientypen eine kontextuell breit abgestützte Thematisierung des Phänomens. Der<br />
Burnout-Begriff scheint somit weniger beliebig verwendet zu werden, als die kritische Rezeption des<br />
Phänomens vermuten lässt.<br />
Die beiden Nachrichtenfaktoren Identifikation <strong>und</strong> Sensationalismus sind prominent in der Burnout-<br />
Berichterstattung vertreten. Die Aufbereitung des Phänomens findet sehr personalisiert statt <strong>und</strong><br />
schafft somit einen hohen Identifikationswert. Auch wird das Phänomen als äußerst verbreitet<br />
dargestellt, was das Identifikationspotenzial ebenfalls erhöht. Eine sensationalistische<br />
Berichterstattung kann vor allem durch die ebenfalls sehr häufig thematisierten Risiken <strong>und</strong> Schäden<br />
durch Burnout festgestellt werden. Demgegenüber wird das Phänomen fast nie kontrovers oder<br />
konfliktinduzierend behandelt, was auf einen medialen Konsens zu dem Thema schließen lässt. In<br />
Bezug auf die Popularisierung <strong>und</strong> Verbreitung des Phänomens in der medialen Darstellung kann somit<br />
eine öffentlichkeitswirksame Wiedergabe von Burnout festgestellt werden.<br />
Im Gegensatz zur allgemeinen Thematisierungsleistung gestaltet sich die mediale Darstellung der<br />
Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen eher <strong>und</strong>ifferenziert.<br />
Die Themenverteilung kann als relativ ausgeglichen bezeichnet werden. Aus diachroner Perspektive<br />
beginnt die Berichterstattung über Burnout zu Beginn des Untersuchungszeitraums mit einem<br />
eingeschränkten Themenspektrum, welches sich stetig erweitert <strong>und</strong> mit der Thematisierung<br />
prominenter Betr<strong>of</strong>fener immer wieder zunimmt.<br />
Die medial angebotenen Ursachen <strong>und</strong> Problemlösungen stellen sich konträr zueinander dar: Die<br />
Ursachen werden von medialer Seite vor allem extern, d.h. außerhalb der individuellen Persönlichkeit<br />
verortet, während die Problemlösungen wiederum eher im individuellen Bereich vorgeschlagen<br />
werden. Beide Verteilungen stellen eine erhebliche Verkürzung der psychologischen Erkenntnisse zu<br />
Ursachen <strong>und</strong> Präventionsmöglichkeiten des Burnout-Phänomens dar.<br />
Hinsichtlich der Bewertungen dominiert klar eine Burnout-aufwertende Perspektive, wie<br />
beispielsweise eine hohe Akzeptanz oder die Bewertung eines Burnouts als Statuserhöhung. Die eher<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 49
skeptischen Bewertungen (z.B. eine Trivialisierung des Phänomens oder Kritik an der Vermarktung von<br />
Burnout) spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle in der Medienberichterstattung. Dieser Bef<strong>und</strong><br />
lässt auf eine relativ einseitig auf positive Bewertungen ausgerichtete Sichtweise auf Burnout<br />
schließen.<br />
Die Verteilung der identifizierten neun Medien-Frames bestätigt das Ergebnis einer eher<br />
<strong>und</strong>ifferenzierten Berichterstattung: Zu etwa zwei Drittel dominieren Frames mit einer Burnoutbegünstigenden<br />
Interpretation (z.B. Statuserhöhung, Solidarität mit Betr<strong>of</strong>fenen). Kritische Frames zu<br />
Burnout (z.B. volkswirtschaftliche Schäden durch Burnout) sind vergleichsweise ebenso untergeordnet<br />
vertreten wie Frames zu Prävention. Offensichtlich herrschen in der Berichterstattung somit vor allem<br />
solche Deutungsmuster vor, die das Phänomen als geläufig <strong>und</strong> anerkannt bis hin zu begehrenswert<br />
erscheinen lassen.<br />
Die Untersuchung legt aufgr<strong>und</strong> der ermittelten Berichterstattungsmerkmale die Annahme nahe, dass<br />
die massenmediale Darstellung einen erheblichen Anteil zur Burnout-Popularisierung beitragen<br />
könnte. Ausgehend von der These, dass Medienberichterstattung eine Form der gesellschaftlichen<br />
Realität widerspiegelt, scheint Burnout mittlerweile zu einem festen Bestandteil der<br />
Öffentlichkeit geworden zu sein, ohne als Phänomen an sich hinterfragt zu werden. Da die Ursachen<br />
mehrheitlich im externen Bereich (Arbeitsstrukturen/Leistungsgesellschaft) verortet werden <strong>und</strong> die<br />
medial dargestellten Lösungen eher reaktiver als proaktiver Natur sind (Psychotherapie/Auszeit), ist<br />
eine Vermeidung oder Abwendung des Phänomens von Seiten der Massenmedien <strong>of</strong>fenbar nicht von<br />
zentralem Interesse. Vielmehr wird die Attraktivität von Burnout durch eine häufig positive<br />
Konnotation <strong>und</strong> nachrichtenwertorientierte Aufbereitung gesteigert. Anstatt einer ausgeglichenen<br />
Berichterstattung lässt die vorliegende Untersuchung somit die Vermutung zu, dass die Massenmedien<br />
bereits stark an der Vermarktung des Phänomens beteiligt sein könnten.<br />
50 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Lisa Meyer, Constanze Rossmann & Peter Schulz<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-<br />
Pandemie im internationalen Vergleich<br />
Der Begriff der Krise beschreibt nach Coombs (2012) „the perception <strong>of</strong> an unpredictable event that<br />
threatens important expectancies <strong>of</strong> stakeholders and can . . . generate negative outcomes” (S. 2). Die<br />
Destabilisierung der normalen Ordnung verursache erhebliche Unsicherheit <strong>und</strong> erfordere schnelle<br />
Intervention, so Falkheimer <strong>und</strong> Heide (2012, S. 514). Die Herausforderung, die eine Krise<br />
insbesondere an verantwortliche Kommunikatoren stellt, wächst mit dem potentiellen Verlust, der mit<br />
der Krise einhergehen kann. Besonders prekär wird die Situation, wenn die Bevölkerung, wie in<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Krisenfällen, um ihre Ges<strong>und</strong>heit oder sogar ihr Leben <strong>für</strong>chten muss. Diese lassen<br />
sich beschreiben als „severe threats to the public health and welfare, including the physical,<br />
psychological, emotional, and economic wellbeing <strong>of</strong> the public” (Seeger & Reynolds, 2008, S. 5). Die<br />
H1N1-Pandemie stellt aufgr<strong>und</strong> ihrer globalen Verbreitung, der von ihr potentiell ausgehenden Gefahr<br />
<strong>und</strong> der großen öffentlichen Aufmerksamkeit einen solchen Fall dar <strong>und</strong> eignet sich somit, die<br />
Kommunikationsprozesse in ges<strong>und</strong>heitlichen Krisenfällen zu untersuchen. Ausgehend von<br />
Nordamerika im Frühjahr 2009 wurde die Grippe schnell zu einer Herausforderung auf internationaler<br />
Ebene, <strong>und</strong> auch wenn sich die ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen als weniger verheerend erwiesen als zunächst<br />
erwartet, <strong>of</strong>fenbarte sie erhebliche Defizite in der Krisenkommunikation. Da die Gefahr der Pandemie<br />
als außergewöhnlich groß wahrgenommen wurde, traf die Schweinegrippe auf ein ausgeprägtes<br />
öffentliches Interesse. Entsprechend umfassend wurde ihre Verbreitung auch in der Berichterstattung<br />
der Medien behandelt. Häufig wurde dort auch die Kommunikationspolitik der zuständigen Behörden<br />
<strong>und</strong> <strong>Institut</strong>ionen kritisiert.<br />
Die mit einer Pandemie verb<strong>und</strong>ene Bedrohungslage stellt die verantwortlichen <strong>Institut</strong>ionen vor<br />
umfassende Aufgaben. Betr<strong>of</strong>fene oder gefährdete Personengruppen müssen beruhigt,<br />
Handlungsanweisungen geben, Unsicherheiten kommuniziert, eine Ausweitung der Krise verhindert<br />
<strong>und</strong> der Schaden begrenzt werden (Coombs, 2009, S. 99; Coombs, 2012, S. 4; Falkheimer & Heide,<br />
2012, S. 513). Kommunikation ist dabei, so Coombs (2012), die Essenz des Krisenmanagements (S. 25)<br />
<strong>und</strong> kann als “collection and processing <strong>of</strong> information for crisis team decision making along with the<br />
creation and dissemination <strong>of</strong> crisis messages to people outside <strong>of</strong> the team” angesehen werden (S.<br />
20). Krisenkommunikation soll ein spezifisches Ereignis erklären, mögliche Konsequenzen aufzeigen<br />
<strong>und</strong> schadensmindernde Informationen an betr<strong>of</strong>fene Gruppen in einer ehrlichen, transparenten,<br />
schnellen <strong>und</strong> vollständigen Weise geben (Seeger & Reynolds, 2008, S. 11). Besonders in<br />
Ges<strong>und</strong>heitsfragen stehen dem öffentlichen Bedürfnis <strong>und</strong> Druck nach genauen Informationen dabei<br />
allerdings <strong>of</strong>t vielfältige Unsicherheiten entgegen (Ulmer et al., 2008, S. 98). Bei der Bewältigung dieser<br />
Herausforderungen gewinnen länderübergreifende Kooperationen von Ges<strong>und</strong>heitsbehörden <strong>und</strong> -<br />
institutionen insbesondere in Zeiten der Globalisierung an Bedeutung (Ulmer et al., 2008, S. 108) –<br />
eine Tatsache die auch eine transnationale Forschungsperspektive erfordert. In der vorgestellten<br />
Studie soll verglichen werden, wie Ges<strong>und</strong>heitsorganisationen in verschiedenen von der<br />
Schweinegrippe betr<strong>of</strong>fenen Ländern mit diesen Herausforderungen umgegangen sind <strong>und</strong> inwieweit<br />
sich die von ihnen verbreiteten Inhalte in den Massenmedien wiederfinden.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 51
Mehrere Studien beschäftigten sich bereits mit der Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> Informationspolitik der<br />
Regierung während der H1N1-Pandemie (u.a. Gesualdo et al, 2010; Ting Lee & Basnyat, 2013) sowie<br />
der Berichterstattung der Massenmedien (u.a. Goodall et al, 2012; Hilton & Hunt, 2010). Doch trotz<br />
der Vielzahl an Studien, die sich überwiegend auf die Situation in den USA beziehen, haben die<br />
unterschiedlichen Kommunikationsinhalte im länderübergreifenden Vergleich noch keine Beachtung<br />
gef<strong>und</strong>en. In dieser Studie werden daher Pressemitteilungen von internationalen (Ges<strong>und</strong>heits-<br />
)Organisationen (WHO, ECDC, EU) <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsministerien zehn europäischer Länder (Belgien,<br />
Deutschland, Schweden, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Tschechien, Rumänien, Italien)<br />
mit der Berichterstattung je einer Qualitäts- <strong>und</strong> Boulevardzeitung derselben Länder verglichen.<br />
Insgesamt wurden hier<strong>für</strong> im Zeitraum zwischen 1. März 2009 <strong>und</strong> 31. März 2011 243<br />
Pressemitteilungen <strong>und</strong> 2077 Artikel mit einer quantitativen Inhaltsanalyse untersucht.<br />
Die Kommunikationswissenschaft kann an dieser Stelle in mehrerlei Hinsicht einen Beitrag zur<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation leisten. Zum einen bietet sie mit der originär<br />
kommunikationswissenschaftlichen Methode der quantitativen Inhaltsanalyse die Möglichkeit,<br />
Kommunikationsprozesse systematisch zu analysieren. Zum anderen lassen sich<br />
kommunikationswissenschaftliche Ansätze fruchtbar machen, um die Inhalte der Pressemitteilungen<br />
<strong>und</strong> Berichterstattung theoretisch f<strong>und</strong>iert zu analysieren, wie etwa Framing, Nachrichtenwerttheorie,<br />
Furchtappell- <strong>und</strong> Fallbeispielforschung. Diese Ansätze befruchteten die Erstellung des Codebuchs,<br />
welches jeweils <strong>für</strong> Pressemitteilungen <strong>und</strong> Berichterstattung identisch war <strong>und</strong> zwei Codierebenen<br />
enthielt. Auf der Beitragsebene wurden Haupt- <strong>und</strong> Nebenframe, spezifische Aspekte zu H1N1,<br />
individuellen Präventionsmaßnahmen, politischen Maßnahmen <strong>und</strong> zur Impfung sowie Bewertung <strong>und</strong><br />
Darstellungsmerkmale erfasst, auf der Akteursebene wurden die erwähnten Stakeholder eingeordnet<br />
<strong>und</strong> im Hinblick auf ihre Bewertung, Verantwortlichkeit <strong>und</strong> Betr<strong>of</strong>fenheit codiert.<br />
Länderübergreifend kann festgestellt werden, dass sich die Inhalte der Pressemitteilungen auf die<br />
Virusausbereitung <strong>und</strong> politische Maßnahmen konzentrieren, während sich die Berichterstattung<br />
überwiegend mit allgemeinen ges<strong>und</strong>heitlichen Aspekten der Pandemie, wie Symptomen,<br />
individuellen Krankheitsverläufen oder Infektionswegen sowie der Verbreitung des Virus beschäftigt.<br />
Ebenfalls Beachtung finden medizinische <strong>und</strong> politische Maßnahmen, eine geringe Rolle spielen<br />
dagegen soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche Folgen, Ursachen, Konflikte <strong>und</strong> die Reflexion des<br />
Medienhandelns. Während Printmedien die Schweinegrippe überwiegend negativ <strong>und</strong> die Impfung<br />
gegen H1N1 eindeutig neutral bewerten, stellt sich die Haltung der Presseinformationen bezüglich des<br />
Virus deutlich neutraler, gegenüber der Impfung etwas positiver dar. Im Hinblick auf das Framing der<br />
Inhalte zeigt sich, dass sowohl Pressemitteilungen als auch die Berichterstattung überwiegend<br />
Konsequenzen <strong>und</strong> Verbreitung der Pandemie sowie Maßnahmen zur Eindämmung <strong>und</strong> Prävention<br />
betonen. Leichte Unterschiede <strong>of</strong>fenbaren sich hinsichtlich des Frames „Unsicherheit“, der in der<br />
Presseberichterstattung häufiger Platz findet, wohingegen Pressemitteilungen öfter auf neue<br />
(wissenschaftliche) Erkenntnisse verweisen. Ferner lässt sich feststellen, dass Pressemitteilungen<br />
überwiegend neutral verfasst sind <strong>und</strong> häufiger als die Berichterstattung auf eine beschwichtigende<br />
Sprache zurückgreifen, während die Berichterstattung deutlich alarmierender gehalten ist. Beide<br />
Textarten erwähnen auf Stakeholder-Ebene meist gesellschaftliche Akteure aus der Bevölkerung sowie<br />
politische <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> Persönlichkeiten, die Ges<strong>und</strong>heitsministerien räumen in den<br />
52 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Pressemitteilungen daneben allerdings Ges<strong>und</strong>heitsorganisationen <strong>und</strong> -behörden deutlich mehr Platz<br />
ein als die Berichterstattung der untersuchten Zeitungen.<br />
Mit Fokus auf den Ländervergleich, zeigen erste Analysen, dass sich die massenmediale<br />
Berichterstattung der untersuchten EU-Länder bemerkenswert wenig voneinander unterscheidet,<br />
wohl aber die Inhalte der Pressemitteilungen ihrer Ges<strong>und</strong>heitsministerien. Weitere Analysen werden<br />
sich genauer mit den spezifischen Unterschieden im Ländervergleich beschäftigen. Die Bef<strong>und</strong>e<br />
werden abschließend im Hinblick auf theoretische <strong>und</strong> praktische Implikationen diskutiert.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 53
Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei, Claudia Hornberg, Alexander Krämer &<br />
Dietrich Plaß<br />
Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Risikokommunikation am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland<br />
Einleitung<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche Themen nehmen eine immer größere Bedeutung in den Massenmedien ein. Diese<br />
Entwicklung führt dazu, dass Massenmedien mittlerweile eine der zentralen Quellen <strong>für</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformationen darstellen (Carducci et al. 2011) <strong>und</strong> somit eine Schlüsselrolle im Rahmen<br />
der Informierung der Bevölkerung einnehmen. Medien üben entscheidenden Einfluss darauf aus,<br />
worüber die Bevölkerung informiert wird <strong>und</strong> wie sich die Kommunikation über ein aktuelles<br />
Risikogeschehen in der Bevölkerung gestaltet (Glasmacher 2012). Massenmedien sind dabei eine<br />
zentrale Vermittlungsinstanz zwischen Individuen <strong>und</strong> Gesellschaft (Bleicher & Lampert 2003). Sie<br />
stellen daher auch im Prozess der Risikokommunikation einen bedeutenden Akteur dar, weil durch die<br />
Verbreitung <strong>und</strong> den Austausch von Informationen eine Verständigung zwischen Laien <strong>und</strong> Experten<br />
ermöglicht <strong>und</strong> aufbauend auf einer Risikobewertung Maßnahmen des Risikomanagements eingeleitet<br />
werden können (Berg 2004). In diesem Zusammenhang sind aber ebenfalls nicht-intendierte Effekte<br />
der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation ebenso wie Aspekte der Selektion <strong>und</strong> Thematisierung<br />
ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Informationen zu bedenken.<br />
Insbesondere der EHEC-Ausbruch im Sommer 2011 in Deutschland ist vielen Menschen durch die hohe<br />
Medienpräsenz in Erinnerung geblieben. Im Rahmen des Ausbruchs wurden in Deutschland insgesamt<br />
2.987 Fälle von akuter Gastroenteritis <strong>und</strong> 855 HUS-Erkrankungen gemeldet (RKI 2011). Hierbei<br />
handelt es sich um den größten Ausbruch bedingt durch enterohämorrhagische Escherichia coli seit<br />
dem Zweiten Weltkrieg handelt (BfR 2011). Die Kommunikation über den EHEC-Ausbruch zeichnete<br />
sich durch häufig wechselnde Nennungen möglicher ursächlicher Quellen <strong>für</strong> die Verbreitung des<br />
Erregers aus. Die <strong>of</strong>t divergierenden Aussagen führten in der Bevölkerung zu einer großen<br />
Verunsicherung. Daher wird in der vorliegenden Studie der Einfluss der Medien anhand der<br />
Presseberichterstattung während des EHEC-Ausbruchs in Deutschland untersucht.<br />
Methoden<br />
Zur Darstellung der Bedeutung der Presseberichterstattung im Rahmen des EHEC-Ausbruchs wurde<br />
eine systematische Zusammenstellung der Zeitungsartikel über EHEC aus der Datenbank LexisNexis<br />
vorgenommen. Alle relevanten Artikel im Zeitraum des EHEC-Ausbruchs (01.05. – 05.07.2011) wurden<br />
in die Analyse eingeschlossen (n = 3.509) <strong>und</strong> in Beziehung zum Erstkontakt der an EHEC erkrankten<br />
Patienten mit dem Ges<strong>und</strong>heitssystem sowie zum tatsächlichen Meldedatum beim Robert Koch-<br />
<strong>Institut</strong> (RKI) gesetzt. Zusätzlich erfolgte eine systematische Analyse ausgewählter Artikel an drei<br />
Stichtagen (n = 175) – jeweils an einem Montag pro Woche (23.05., 30.05. <strong>und</strong> 06.06.2011) <strong>und</strong> somit<br />
stellvertretend <strong>für</strong> die drei Wochen der Hauptphase des EHEC-Ausbruchs. Die Analyse beinhaltete eine<br />
Einordnung der Artikel in ein zuvor konzipiertes Kategoriensystem, um sowohl inhaltliche Aspekte (u.<br />
a. Angabe von Daten <strong>und</strong> Fakten sowie Handlungs- <strong>und</strong> Schutzmöglichkeiten) als auch die subjektiv<br />
erfassten Dimensionen der Kommunikation (Sach-, Gefühls- <strong>und</strong> Mediendimension) in Anlehnung an<br />
Obermeier (1999) aufzuzeigen <strong>und</strong> im Zeitverlauf zu vergleichen. Die Einordnung in das<br />
54 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Kategoriensystem erfolgte dabei parallel durch drei Codierer. Artikel die sich nicht eindeutig<br />
kategorisieren ließen wurden nach Konsensbildung in einem gemeinsamen Diskussions- <strong>und</strong><br />
Abstimmungsprozess der entsprechenden Kategorie zugeordnet.<br />
Ergebnisse<br />
Es lässt sich eine Verzögerung der Presseberichterstattung in Bezug zu dem tatsächlichen Erstkontakt<br />
der Patienten mit dem Ges<strong>und</strong>heitssystem um ca. 1,5 Wochen erkennen. Dies kann mit der<br />
Berichtsverzögerung zwischen Erkrankungsbeginn <strong>und</strong> der Kenntnisnahme durch die öffentlichen<br />
Behörden (Ges<strong>und</strong>heitsämter <strong>und</strong> RKI) erklärt werden, die diese Angaben veröffentlichen <strong>und</strong> somit<br />
der Presse zur Verfügung stellen. Demgegenüber lässt sich eine zeitliche Übereinstimmung der<br />
Berichterstattung mit dem jeweiligen Eingangsdatum der EHEC-Meldungen beim RKI erkennen. Die<br />
Presse nutzte somit <strong>für</strong> ihre Berichterstattung u. a. jene Informationen, die von Seiten des RKI <strong>und</strong> des<br />
B<strong>und</strong>esinstituts <strong>für</strong> Risikobewertung (BfR) entweder über Pressemeldungen oder online bereitgestellt<br />
wurden.<br />
In 53,7% der in der Hauptphase erschienen Artikel wird ausschließlich über EHEC <strong>und</strong> in 46,3% sowohl<br />
über EHEC als auch über die Komplikation des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) berichtet. Die<br />
Berichterstattung von EHEC <strong>und</strong> HUS gemeinsam verringerte sich um 36,5 Prozentpunkte von 72,7%<br />
auf 36,2% innerhalb der beobachteten drei Wochen (p = 0,004). Es konnte festgestellt werden, dass<br />
die Wissensvermittlung über den Erreger sowie über die Angabe von Hygienemaßnahmen im<br />
Zeitverlauf abgenommen hat. So erfolgte die Beschreibung des Erregers <strong>und</strong> Krankheitsbildes im Sinne<br />
einer Wissensvermittlung in 21,1% der ausgewählten Artikel. Jedoch war diese Beschreibung zu Beginn<br />
der Meldungen ca. fünf Mal häufiger vorzufinden als am letztbetrachteten Stichtag (p < 0,001).<br />
Die Angabe sozialer sowie ökonomischer Konsequenzen bedingt durch den EHEC-Ausbruch hat<br />
hingegen im Zeitverlauf zugenommen. Zudem ging der prozentuale Anteil der Artikel in denen eine<br />
sachliche Berichterstattung stattfand im Zeitverlauf deutlich zurück (von 90,9% am ersten zu 31,9% am<br />
dritten betrachteten Stichtag). Im späteren Verlauf des EHEC-Ausbruchs wurden vermehrt<br />
Einzelschicksale oder Meldungen thematisiert, die bezogen auf die Dimensionen der Kommunikation<br />
nach Obermeier (1999) eher auf einer gefühlsbetonten bzw. öffentlichkeitswirksamen Ebene der<br />
Berichterstattung zu verorten sind.<br />
Diskussion<br />
Aus den vorliegenden Ergebnissen wird zum einen deutlich, dass die durch <strong>Institut</strong>ionen (RKI <strong>und</strong> BfR)<br />
kommunizierten Informationen einen großen Einfluss auf die Meldungen der Printmedien ausüben<br />
<strong>und</strong> diese zum anderen die öffentliche (Risiko-)Kommunikation entscheidend mitbestimmen. Die<br />
inhaltlichen <strong>und</strong> stilistischen Schwerpunkte verschoben sich im Verlauf der Berichterstattung. Obwohl<br />
eine adäquate Information <strong>und</strong> Kommunikation – die z. B. über die Presse als ein Organ der<br />
Massenmedien erfolgen kann – eine gr<strong>und</strong>legende Voraussetzung <strong>für</strong> gelungene Risikokommunikation<br />
durch den unmittelbaren Zugang zur Öffentlichkeit ist, stellt Brosius (2004) die These auf, dass<br />
Massenmedien selbst ein Risiko <strong>für</strong> die Risikokommunikation darstellen. Deshalb bedarf es im Rahmen<br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogener Risikokommunikation durch die Presse, in denen auch Unsicherheiten bzw.<br />
Ungewissheiten kommuniziert werden müssen, wie im Falle des EHEC-Ausbruchs 2011, einer<br />
zielführenden Interaktion zwischen verantwortlichen <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> der Presse. Notwendig<br />
erscheint hier<strong>für</strong> eine zielgerichtete Ausbildung von Journalisten im Hinblick auf<br />
Ges<strong>und</strong>heitsmeldungen sowie einer Förderung der Medienkompetenz der Rezipienten, um Risiken<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 55
anhand der Berichterstattung adäquat einschätzen zu können <strong>und</strong> somit z. B. nicht-intendierte Effekte<br />
zu vermeiden (Renner et al. 2009; Brosius 2004).<br />
Berg, W. (2004): Risikokommunikation als Bestandteil der Risikoanalyse (Risikobewertung – Risikomanagement –<br />
Risikokommunikation), in: Streinz, R. (Hrsg.): Verbraucherinformation <strong>und</strong> Risikokommunikation, Bayreuth: Verlag<br />
P.C.O., S. 125–140.<br />
BfR (2011): EHEC-Ausbruch 2011: Ein Resümee aus Sicht der Risikobewertung, 45/2011, 23.12.2011, Berlin: B<strong>und</strong>esinstitut <strong>für</strong><br />
Risikobewertung, URL: http://www.bfr.b<strong>und</strong>.de/de/ presseinformation/2011/45/ehec_ausbruch_2011__ein_<br />
resuemee_aus_sicht_der_risikobewertung-128196.html [Stand: 01.10.2013].<br />
Bleicher, J./ Lampert, C. (2003): Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit als Themen der Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft - eine<br />
Einleitung, in: Medien & Kommunikationswissenschaft, 51 (3-4), S. 347–352.<br />
Brosius, H.-B. (2004): Die Risiken der Risikokommunikation: Was können wir aus den Medien lernen?, in: Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />
66 (Sonderheft 1), S. 86–91.<br />
Carducci, A./ Alfani, S./ Sassi, M./ Cinini, A./ Calamusa, A. (2011): Mass media health information: quantitative and qualitative<br />
analysis <strong>of</strong> daily press coverage and its relation with public perceptions, in: Patient Education and Counseling,<br />
82 (3), S. 475–478.<br />
Glasmacher, S. (2012): Sind wir gefährdet? Krisenkommunikation <strong>für</strong> ein B<strong>und</strong>esinstitut auf dem Gebiet des<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutzes, in: Dernbach, B./ Kleinert, C./ Münder, H. (Hrsg.): Handbuch Wissenschaftskommunikation,<br />
Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften, S. 303–318.<br />
Obermeier, O.-P. (1999): Die Kunst der Risikokommunikation, München: Gerling Akademie Verlag.<br />
Renner, B./ Schupp, H./ Schmälzle, R. (2009): Risikowahrnehmung <strong>und</strong> Risikokommunikation, in: Bengel, J./ Jerusalem, M.<br />
(Hrsg.): Handbuch der Ges<strong>und</strong>heitspsychologie <strong>und</strong> Medizinischen Psychologie, Göttingen: Hogrefe, S. 113–121.<br />
RKI (2011): EHEC O104: Ausbruch – Deutschland 2011. Berlin: Robert Koch-<strong>Institut</strong>.<br />
56 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
PANEL 5: INNOVATIVE KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN TEIL I:<br />
ZIELGRUPPENORIENTIERUNG<br />
Doreen Reifegerste, May-Brittt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz & Lutz Hagen<br />
Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen<br />
Aus der Public Health Perspektive sind Maßnahmen zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung am Arbeitsplatz oder in<br />
pädagogischen Einrichtungen ideal, um die Ges<strong>und</strong>heit breiter Bevölkerungsschichten zu verbessern<br />
(Engbers et al. 2005). Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Umwelt einen hohen Einfluss auf<br />
das Ges<strong>und</strong>heitsverhalten hat. Zum anderen ermöglichen Maßnahmen in den Lebenswelten (sog.<br />
Settingansätze, Naidoo & Willis 2013) eine bessere Erreichbarkeit der Zielgruppen. Die Kommunikation<br />
in Settingansätzen ist meist indirekt geprägt, d. h. es werden Ansprechpartner adressiert, welche<br />
stellvertretend <strong>für</strong> andere Menschen ges<strong>und</strong>heitsrelevante Entscheidungen treffen. In der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung ist diese indirekte Form der Persuasion bislang nur wenig<br />
beforscht. Einige Studien (Stephenson & Price 2005, Price et al. 2008) zeigen aber das Potential auf,<br />
das durch die Ansprache von Verantwortlichen besteht.<br />
Um Kommunikationsappelle zu gestalten, kommen häufig Framing-Ansätze zum Einsatz, wobei<br />
zwischen inhaltlichen <strong>und</strong> formalen Frames (Schenk 2007) unterschieden werden muss. Aus<br />
inhaltlicher Sicht können Appelle eher die ges<strong>und</strong>heitlichen Auswirkungen (wie z. B. Krankheiten oder<br />
Unfälle) betonen oder eher die sozialen Konsequenzen (wie Anerkennung bei Gleichaltrigen) aufzeigen<br />
(Reifegerste 2012). Für die Ansprache in Settingansätzen sind vor allem Appelle an die<br />
Fürsorgemotivation relevant, da hierdurch evt. bei den Verantwortlichen eine Schutzmotivation <strong>für</strong><br />
andere ausgelöst werden kann. Die formalen Frames definieren hingegen die Art <strong>und</strong> Weise, wie die<br />
inhaltliche Botschaft strukturiert <strong>und</strong> präsentiert wird (Matthes 2007). Hierzu zählt bspw. die<br />
Darstellung des Appells in Form von Fallbeispielen oder Statistiken (episodische oder thematische<br />
Frames; Iyengar 1992). Es lässt sich vermuten, dass emotionalere Darstellungen (wie Fallbeispiele)<br />
möglicherweise höheres Verständnis <strong>für</strong> die Betr<strong>of</strong>fenen <strong>und</strong> damit mehr Verantwortungsbewusstsein<br />
auslösen können.<br />
Fraglich ist also, welche inhaltlichen <strong>und</strong> formalen Frames in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>für</strong> die<br />
Ansprache von Verantwortlichen, die nur indirekt betr<strong>of</strong>fen sind, effektiv bzw. relevant sind. In zwei<br />
experimentellen Studien mit 2 x 2 Design <strong>und</strong> einer zusätzlichen Kontrollgruppe ohne Stimulus wurden<br />
daher folgende Fragestellungen untersucht:<br />
Welchen Einfluss haben inhaltliche <strong>und</strong> formale Frames auf ges<strong>und</strong>heitsrelevante<br />
Handlungsabsichten?<br />
Welche Interaktionsvariablen haben einen Einfluss auf die Wirkung der inhaltlichen <strong>und</strong><br />
formalen Frames in Settingansätzen?<br />
In Studie 1 wurde die Wirkung von Botschaften zu einem von einer Krankenkasse initiierten<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderungsprojekt in Kindertagesstätten auf Eltern mit Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren<br />
untersucht. Im Rahmen einer schriftlichen Erhebung wurden da<strong>für</strong> 89 Probanden aus Rostock <strong>und</strong><br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 57
Dresden unterschiedliche Stimuli in Form von Zeitungsberichten gezeigt. Die Zeitungsberichte<br />
variierten im Inhalt der Botschaft (soziale vs. ges<strong>und</strong>heitliche Konsequenzen) <strong>und</strong> in der Form der<br />
Darstellung (Fallbeispiele vs. Statistik). Als abhängige Variablen wurden das Interesse am Projekt, die<br />
Risikowahrnehmung, die Selbstwirksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein <strong>und</strong> die Bereitschaft der<br />
Eltern zur Verhaltensänderung erhoben. Als moderierende Variablen wurden die Orientierung der<br />
Eltern an sozialen Normen, das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein sowie das Gewicht <strong>und</strong> Alter der Kinder<br />
erfasst.<br />
Eltern, die einen der vier Stimuli lasen, wiesen gegenüber den Probanden ohne Information über das<br />
Settingprogramm (Kontrollgruppe) unabhängig vom Framing eine deutlich höhere Risikowahrnehmung<br />
<strong>und</strong> Selbstwirksamkeit auf. Vergleicht man die unterschiedlichen Möglichkeiten der inhaltlichen <strong>und</strong><br />
formellen Ansprache, zeigt sich zum einen, dass es durch die Darstellung sozialer Konsequenzen besser<br />
gelingt das Verantwortungsbewusstsein der Eltern zu erhöhen als durch die Betonung ges<strong>und</strong>heitlicher<br />
Konsequenzen. Zum anderen wird deutlich, dass dies auch <strong>für</strong> das episodische Framing (im Vergleich<br />
zum thematischens Framing) zutrifft. Für beide Framingarten zeigten sich signifikante Haupteffekte.<br />
Fallbeispiele beeinflussen weiterhin die Handlungswirksamkeit der Eltern positiv. Die beschriebenen<br />
Effekte bleiben dabei unbeeinflusst von den erfassten Kontrollvariablen.<br />
In der zweiten Studie wurde die Reaktion von 172 Mitarbeitern verschiedener Unternehmen auf<br />
Informationen zur betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsförderung (BGF) im Rahmen eines Onlineexperimentes<br />
untersucht. Auch hier variierte der Stimulus inhaltlich (sozialer vs. wirtschaftlicher Frame) sowie formal<br />
(wie in Studie 1). Die Unternehmensangehörigen wurden anschließend zur Bewertung des Stimulus<br />
<strong>und</strong> zur Absicht zur Umsetzung betrieblicher Ges<strong>und</strong>heitsförderung befragt.<br />
Es zeigte sich, dass Personen, welche im Rahmen des Experiments einen Flyer gelesen hatten, eher<br />
bereit waren, sich in ihrem Unternehmen <strong>für</strong> BGF-Maßnahmen einzusetzen als Probanden, welche<br />
keinen Flyer erhalten hatten. Bei der Betrachtung der verschiedenen Botschaftsstrategien wurde in<br />
dieser Zielgruppe deutlich, dass weder das inhaltliche noch das formale Framing einen signifikanten<br />
Haupteffekt hatten. Es lassen sich jedoch Interaktionseffekte mit den Variablen BGF-Erfahrung <strong>und</strong><br />
Unternehmensgröße feststellen. Mitarbeiter aus BGF-erfahrenen Unternehmen bevorzugten den<br />
episodischen Flyer, während Unternehmen mit wenigen Erfahrungen den thematischen Frame<br />
präferierten. Probanden aus kleineren Unternehmen wiesen nach dem Lesen des Stimulus mit sozialen<br />
Konsequenzen eine höhere Handlungsintention auf, während Mitarbeiter aus mittleren <strong>und</strong> großen<br />
Betrieben eher nach dem Lesen des wirtschaftlichen Flyers zum Handeln bereit waren. Der soziale<br />
Aspekt der betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsförderung nimmt somit <strong>of</strong>fensichtlich mit zunehmender<br />
Unternehmensgröße ab.<br />
Die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen, dass das bisher vernachlässigte Forschungsfeld der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen zahlreiche Ansatzpunkte <strong>für</strong> weitere Untersuchungen<br />
bietet, da sich die Wirkungsweisen deutlich von direkten Ansprachewegen unterscheiden. Es gilt u.a.<br />
andere Arten der inhaltlichen Frames zu untersuchen <strong>und</strong> andere Interaktionsvariablen zu<br />
berücksichtigen.<br />
58 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Natürlich bleibt fraglich, wie langfristig diese Einflüsse erhalten bleiben, welche weiteren<br />
Kommunikationsbestandteile (andere Botschaftsstrategien oder Vermittlungskanäle) eine Rolle <strong>für</strong> die<br />
Wirksamkeit spielen <strong>und</strong> welche weiteren Variablen (z. B. Führungsstil) den Einfluss der Botschaften<br />
moderieren.<br />
Engbers, L. H.; van Poppel, M. N.M; Chin A. P., Marijke J.M; van Mechelen, W. (2005): Worksite Health Promotion Programs<br />
with Environmental Changes. In: American Journal <strong>of</strong> Preventive Medicine 29, 61.<br />
Entman, R. M. (1993). Framing. Toward Clarification <strong>of</strong> a Fractured Paradigm. Journal <strong>of</strong> Communication, 43, 51.<br />
Iyengar, S. (1991): Is Anyone Responsible? How Television Frames Political Issues. Chicago u. a.: The University <strong>of</strong> Chicago<br />
Press.<br />
Matthes, J. (2007). Framing-Effekte. Zum Einfluss der Politikberichterstattung auf die Einstellungen der Rezipienten.<br />
München: Verlag Reinhard Fischer.<br />
Naidoo, J.; Willis, J. (2013): Lehrbuch der Ges<strong>und</strong>heitsförderung. Köln: B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung.<br />
Price, S. M.; Huhman, M.; Potter, L. D. (2008): Influencing the Parents <strong>of</strong> Children Aged 9–13 years: Findings from the VERB<br />
Campaign. American Journal <strong>of</strong> Preventive Medicine 34, S267.<br />
Reifegerste, D. (2012). Zielgruppenspezifische Präventionsbotschaften. Implikationen evolutionärer Motive jugendlichen<br />
Risikoverhaltens. Baden-Baden: Nomos.<br />
Schenk, M. (2007). Medienwirkungsforschung. Tübingen: Mohr Siebeck.<br />
Stephenson, Michael T.; Quick, Brian L. (2005): Parent Ads in the National Youth Anti-Drug Media Campaign. In: Journal <strong>of</strong><br />
Health Communication 10, 701.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 59
Agathe Swiatoszczyk & Margret Schrader<br />
Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der<br />
Krebsprävention am Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“<br />
Wie können wir Männer zur Früherkennungskoloskopie bewegen?<br />
Einleitung<br />
Die Koloskopie ist seit dem Jahr 2002 Bestandteil des deutschen Früherkennungsprogramms <strong>und</strong> wird<br />
als kassenfinanzierte Früherkennungsmaßnahme allen anspruchsberechtigten Versicherten im Alter ab<br />
55 Jahren angeboten.<br />
Wie kaum ein anderes Früherkennungsangebot, wird die als Goldstandard in der<br />
Darmkrebsfrüherkennung geltende Früherkennungskoloskopie nur eingeschränkt in Anspruch<br />
genommen (Schmiegel, 2008, S.805). Trotz deutschlandweiter Bevölkerungsaufklärung über<br />
Darmkrebs <strong>und</strong> Darmkrebsfrüherkennung durch engagierte <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> Zweckbündnisse,<br />
stagnieren die Teilnahmezahlen seit Jahren (Altenh<strong>of</strong>en, 2012). Information <strong>und</strong> Aufklärung zum<br />
Thema wird bisher in der Regel als Wissensvermittlung mit Hilfe von verschiedenen Medien wie<br />
Poster, Flyer, Broschüren, Film usw. betrieben. Bisherige Aktivitäten eignen sich aber <strong>of</strong>fenbar nicht<br />
dazu, Ges<strong>und</strong>heitsverhalten wahrnehmbar zu verändern <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliches Handeln auszulösen.<br />
Mit der Zielsetzung, die Teilnahme an der Früherkennungskoloskopie zu erhöhen, entwickelte die<br />
Krebsgesellschaft NRW mit der BARMER GEK ein innovatives Projekt zur Darmkrebsprävention. Im<br />
Rahmen des Projekts konnte modellhaft erprobt werden, in wie weit durch Ansätze der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> durch marketingorientierte Strategien eine Veränderung von<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverhalten in einem kommunalen Setting erreicht werden kann. Unter dem Motto „1000<br />
Mutige Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ wurde das Pilotprojekt von März 2010 bis Dezember 2010 in<br />
der Stadt Mönchengladbach durchgeführt. Eine umfassende Evaluation vor Beginn, im Verlauf <strong>und</strong><br />
nach Abschluss des Projekts wurde durchgeführt.<br />
Zielgruppe<br />
Primäre Zielgruppe des Projekts „1000 Mutige Männer“ sind <strong>für</strong> die Früherkennungskoloskopie<br />
anspruchsberechtigte Männer ab 55 Jahren. Männer haben eine größere Distanz zum Thema<br />
Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge <strong>und</strong> nehmen die Früherkennungskoloskopie seltener in Anspruch als Frauen<br />
(Altenh<strong>of</strong>e, 2010, S. 21).<br />
Projektkonzeption<br />
Das Projekt basiert auf Ansätzen des sozialen Marketings, der Netzwerktheorie <strong>und</strong> der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Der innovative Charakter des Projekts liegt in der positiven, möglichst<br />
persönlichen Ansprache der Zielgruppe in ihrem direkten Umfeld. Die regionale Ausrichtung der<br />
Kampagne führt dazu, dass systematisch viele unterschiedliche Akteure aus der Projektstadt wie z.B.<br />
Ärzte, Unternehmen, Bürgermeister, Prominente, Schützenvereine oder Fußballclubs eingeb<strong>und</strong>en<br />
werden, sodass ein weitreichendes Netzwerk kommunaler Unterstützer <strong>und</strong> Beteiligter im<br />
Projektverlauf erwächst. Das Projekt bietet „Mutigen Männern“, die zur Darmspiegelung gegangen<br />
sind, die Plattform ihren Mut im Stadtgeschehen öffentlich zu präsentieren, Vorreiter <strong>und</strong> Vorbilder <strong>für</strong><br />
60 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
andere Männer, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verwandte zu sein. Wie ein Lauffeuer motivieren sie sich gegenseitig am<br />
Arbeitsplatz, in der Familie <strong>und</strong> in ihrer Freizeit zur Darmspiegelung zu gehen. Es wird das kollektive<br />
Ziel verfolgt: 1000 Mutige Männer zu finden.<br />
Vor Projektbeginn wurden Fokusgruppenbefragungen mit der Zielgruppe <strong>und</strong> weiterer relevanter<br />
Personengruppen, wie der Ärzteschaft <strong>und</strong> den Partnerinnen, durchgeführt, um spezifische<br />
Hemmnisse bezüglich der Darmspiegelung <strong>und</strong> handlungsauslösende Faktoren bezüglich der<br />
Teilnahme an der Darmspiegelung zu erfassen. Auf den Ergebnissen aufbauend, wurden<br />
Kommunikationsstrategien <strong>und</strong> Werbematerialien <strong>für</strong> das Projekt entworfen.<br />
Evaluationskonzept<br />
Das<br />
Evaluationskonzept der Kampagne umfasst sowohl qualitative als auch quantitative<br />
Forschungsmethoden, die eine Bewertung der Kampagnenerfolge, eine Identifikation von<br />
Erfolgsfaktoren sowie ein besseres Verständnis von Bedürfnis- <strong>und</strong> Motivationsstrukturen ermöglichen<br />
(siehe Abb. 1).<br />
Die Erkenntnisse aus der Marktforschung sind in die Entwicklung eines zielgruppenspezifischen<br />
Repertoires an Kommunikationsmedien <strong>und</strong> Werbematerialien wie Flyer, Plakate oder Briefbeileger<br />
eingeflossen. Es wurde eine Ansprache in Wort <strong>und</strong> Bild konzipiert, die ges<strong>und</strong>e Männer ab 55 Jahren<br />
anspricht <strong>und</strong> ihr positives Selbstbild bestärkt. Zielgruppengerecht sind potenziell angstauslösende<br />
Begriffe durch neutrale ersetzt worden, wie z.B. „Krebs“ durch „Polypen“ oder „Darmspieglung“ durch<br />
„Darminspektion“. Als Key Visuel der Kampagne wurde kein prominentes Testimonial gewählt,<br />
sondern der Oberkörper eines Mannes im Durchschnittsalter der Zielgruppe. Im Hinblick auf die<br />
Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen eine Teilnahme an der Früherkennungskoloskopie konnten Motive bzw.<br />
Einflussfaktoren identifiziert werden.<br />
Zu den hemmenden Motiven zählen:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Angst vor negativer Prognose (Wer Krebs hat, stirbt)<br />
Scham vor der Untersuchung<br />
Fehlende konkrete Symptome<br />
Unannehmlichkeit der Vorbereitung<br />
Zu den handlungsauslösenden Einflussfaktoren zählen:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Äußere Anstöße notwendig<br />
Unmittelbare Handlungsaufforderung<br />
Aufforderung durch Instanzen mit emotionaler <strong>und</strong> fachlicher Kompetenz<br />
Monetäre Anreize<br />
Darmkrebsfälle im näheren sozialen Umfeld<br />
Insgesamt ergab sich aus der Markforschungsanalyse folgende zentrale Leitlinie zur<br />
zielgruppenspezifischen <strong>und</strong> handlungsauslösenden Ansprache:<br />
<br />
<br />
Zum Handeln auffordern<br />
Positiv ansprechen<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 61
Emotionen erzeugen<br />
Identifikation ermöglichen<br />
Fakten reduzieren<br />
Keine Statistiken verwenden<br />
Anerkannte soziale <strong>und</strong> familiäre Partner einbinden<br />
Ärztliche Beratung sichern<br />
Informationsperipherie schaffen<br />
Abbildung 1: Übersicht Kampagnen-Evaluation<br />
62 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Evaluationsergebnisse<br />
Das Zentralinstitut der kassenärztlichen Versorgung (ZI) führte im Auftrag der Krebsgesellschaft NRW<br />
eine statistische Auswertung der Abrechungsdaten der durchgeführten Früherkennungskoloskopien in<br />
Mönchengladbach durch.<br />
Ein Effektivitätsnachweis des Pilotprojekts „1000 Mutigen Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ konnte<br />
eindeutig belegt werden. Entgegen des b<strong>und</strong>esweiten <strong>und</strong> regionalen Abwärtstrends in der<br />
Inanspruchnahme der Früherkennungskoloskopie (2010 gegenüber 2009 in Nordrhein: -12,2%)<br />
konnten die Zahlen in Mönchengladbach deutlich gesteigert werden. Im direkten Jahresvergleich 2009<br />
zu 2010 konnte ein Anstieg der Teilnahme innerhalb der Gruppe anspruchsberechtigter Männern ab<br />
55 Jahre um 7,3% erreicht werden (vgl. Abb. 2).<br />
Abbildung 2: Prozentuale Änderung der Inanspruchnahme von Früherkennungs-Koloskopien<br />
bei Männern in Mönchengladbach, in Vergleichsstädten <strong>und</strong> im Gesamtgebiet<br />
Nordrhein. Prozentuale Änderung 2009 vs. 2010<br />
Mit dem Pilotprojekt „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ ist es gelungen, das<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverhalten der Zielgruppe zu verändern <strong>und</strong> Männer zur Früherkennungskoloskopie zu<br />
motivieren.<br />
Aktuelle Projektstädte<br />
Das<br />
Projektkonzept lässt sich auf andere Städte adaptieren <strong>und</strong> wurde bereits in Lippstadt, Hamburg-<br />
Harburg <strong>und</strong> Offenbach am Main durchgeführt. Aktuell laufende <strong>und</strong> anlaufende Projekte, die ihren<br />
Abschluss im Jahr 2014 finden werden, sind:<br />
„1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Wiesbaden“; „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Bielefeld“; „1000 Mutige Männer <strong>für</strong><br />
Hannover“ <strong>und</strong> „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Neuss“.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 63
Altenh<strong>of</strong>en L. et al. (2010). Wissenschaftliche Begleitung von Früherkennungs-Koloskopien in Deutschland Berichtszeitraum<br />
2008 - 6. Jahresbericht. Zentralinstitut <strong>für</strong> die kassenärztliche Versorgung. Berlin<br />
Altenh<strong>of</strong>en L., Kretschmann J. (2012). Inanspruchnahme von Früherkennungs-Koloskopien in Nordrhein <strong>und</strong> im B<strong>und</strong>esgebiet<br />
2003 - 2010. Verfügbar unter: http://www.duesseldorf-gegendarmkrebs.de/images/phocadownload/teilnahme_koloskopie_2003-2010_nordrhein.pdf<br />
(14.10.2013)<br />
Andreasen A. R. (1995). Marketing social change: Changing Behavior to Promote Health, Social Development, and the<br />
Environment. San Francisco: Jossey-Bass<br />
Göpfert W. (2001). Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung über Massenmedien. In Hurrelmann K. & Leppin<br />
A. (Hrsg.), Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 131-141). Bern: Hans<br />
Huber<br />
Hurrelmann K., Leppin A. (2001). Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation - eine Einführung. In Hurrelmann K., Leppin A. (Hrsg.),<br />
Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 9-21). Bern: Hans Huber<br />
Kerr J., Weitkunat R., Moretti M. (Hrsg.) (2007). ABC der Verhaltensänderung. Der Leitfaden <strong>für</strong> erfolgreiche Prävention <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung. München: Urban & Fischer<br />
McDermott R. (2001). Soziales Marketing - ein Instrument der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. In Hurrelmann K. & Leppin A.<br />
(Hrsg.), Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 164 -168). Bern: Hans<br />
Huber<br />
Meffert H., Burmann C., Kirchgeorg M. (2008). Marketing. Gr<strong>und</strong>lagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte -<br />
Instrumente - Praxisbeispiele, 10. Auflage. Wiesbaden: Gabler<br />
Roski R. (2009). Akteure, Ziele <strong>und</strong> Stakeholder im Ges<strong>und</strong>heitswesen - Business Marketing, Social Marketing <strong>und</strong><br />
Zielgruppensegementierung. In Roski R. (Hrsg.) Zielgruppengerechte Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Akteure -<br />
Audience Segmentation - Anwendungsfelder (S. 3-32). Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften<br />
Schmiegel W et al. (2008). S3-Leitlinie "Kolorektales Karzinom"... Zeitschrift <strong>für</strong> Gastroenterologie, 46, S. 799-840<br />
64 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
PANEL 5: INNOVATIVE KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN TEIL II:<br />
UNTERHALTUNGSORIENTIERUNG<br />
Christiane Grill & Andreas Enzminger<br />
Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“<br />
auf Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />
Wirkung von „Emergency Room“ auf Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />
Seit dem Debut der US-amerikanischen Krankenhausserie „Emergency Room“ (ER) 1994 gilt diese als<br />
stilbildend <strong>für</strong> das Genre der Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien. Die dramatischen Ereignisse einer<br />
Notfallaufnahme in Chicago in einer Mischung aus Melodram <strong>und</strong> Reality Show waren jahrelang<br />
international erfolgreich (Krüger-Brand, 2003). Die Kultserie setzte mit ihren medizinische Erklärungen<br />
<strong>und</strong> Details einen Standard <strong>für</strong> darauf folgende zukünftige Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien <strong>und</strong> lieferte<br />
sogar angehenden ÄrztInnen Fallbeispiele mit edukativem Wert (Goodman, 2007). Ganz generell wird<br />
medizinischen Unterhaltungsangeboten Potential <strong>für</strong> Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung im Sinne<br />
des Entertainment-Education-Ansatzes zugeschrieben (Lampert, 2010). Ausschlaggebend <strong>für</strong> die<br />
Vermittlung von EE-Botschaften im Sinne von Einstellungsänderungen <strong>und</strong> gesteigerter Erinnerung an<br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformationen sind die kognitive <strong>und</strong> emotionale Involvierung der SeherInnen (Quintero<br />
et al., 2013). Medizinische Seriendramen üben dabei unterschiedliche Einflüsse auf RezipientInnen aus.<br />
Rossmann (2003) belegte ein stereotypisiertes <strong>und</strong> idealisiertes ÄrztInnenbild vermittelt durch<br />
Krankenhausserien. Erfolgreich dargestellte medizinische Behandlungsmethoden resultieren in<br />
fälschlich hohen Erwartungshaltungen in der Öffentlichkeit (Harris & Willoughby, 2009). Furchtappelle<br />
innerhalb der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation liefern widersprüchliche Ergebnisse. Beeinflussen sehr<br />
negative Bilder Wissen in Form einer U-Funktion, so werden Risikowahrnehmung, Einstellungen <strong>und</strong><br />
Verhalten in einer umgekehrten Form beeinflusst (Rossmann & Pfister, 2008). Dabei wird<br />
insbesondere die Bedeutung von Bumerang-Effekten kritisch reflektiert (Hastall, 2012). Ungeklärt<br />
bleibt jedoch, inwieweit eine Verursachung von Verletzung <strong>und</strong> Krankheit in einer dramatischen<br />
Darstellungsweise, exemplifiziert an ER, die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation optimiert bzw. konterkariert?<br />
Führen die Dramatisierung von Leben <strong>und</strong> Tod in einem Krankenhaus <strong>und</strong> eine damit einhergehende<br />
emotionale Erregung der RezipientInnen im Sinne von Vampir-Effekte zu einer Ablenkung von<br />
ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Botschaften?<br />
Forschungsfragen<br />
Um potenzielle EE-Botschaften von ER hinsichtlich ihrer Wirkung auf Wissenstransfer,<br />
Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein zu prüfen, stellen wir folgende Forschungsfragen:<br />
<br />
<br />
Welchen Einfluss haben die unterschiedlichen Erregungsniveaus der SeherInnen von ER auf die<br />
rezeptive Partizipation im Sinne von narrative Engagement, Involvement <strong>und</strong> Identifikation<br />
<strong>und</strong> damit auch gleichzeitig auf den Abruf von medizinischem <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlichem<br />
Wissen (Wissenstransfer)?<br />
Wie wirkt die Serie auf Ges<strong>und</strong>heitskompetenz im Sinne eines positiven Vorsorgeverhaltens<br />
bezüglich privater <strong>und</strong> pr<strong>of</strong>essioneller medizinischer Vorsorge?<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 65
Führt die Rezeption von ER zu einer Überschätzung des Risikos von Krankheit?<br />
Und welche Rolle spielt sensation seeking als moderierende personale Variable in diesen<br />
Prozessen?<br />
Theoretischer Hintergr<strong>und</strong><br />
Den theoretischen Rahmen bildet einerseits das „Yerkes-Dodson-Gesetz“, dass die kognitive<br />
Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit des Erregungsniveaus betrachtet <strong>und</strong> eine umgekehrte U-förmige<br />
Beziehung postuliert. Bei mittlerem Erregungsniveau ist eine optimale Leistung zu beobachten, bei der<br />
Individuen die meisten Hinweisreize verarbeiten können, während höheres Erregungsniveau<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Informationsverarbeitung negativ beeinflussen (Yerkes & Dodson, 1908). Jedoch<br />
sind die Forschungsergebnisse durchaus disparat, da bei höherem Erregungsniveau mitunter auch<br />
zentrale Inhalte besser beibehalten werden als periphere (Brown, 2003). Zweitens, nimmt die Arbeit<br />
Bezug zum Kultivierungsansatz. Gemäß der Kultivierungshypothese (Gerbner & Gross, 1976)<br />
vermitteln Medien Weltbilder, auf deren Gr<strong>und</strong>lage SeherInnen ins<strong>of</strong>ern kultiviert werden, als dass sie<br />
Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen an den durch die Fernsehwelt vermittelten Bildern orientieren<br />
<strong>und</strong> die soziale Realität der SeherInnen beeinflussen.<br />
Methodisches Design <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lage<br />
Um die potentielle Wirkung von ER auf RezipientInnen zu untersuchen, folgte die Untersuchung<br />
methodisch einem prä-post-Design (3 randomisierte Gruppen; variierende Treatment-Variable:<br />
Dramatisierung; Durchführungszeitraum: Mai/Juni 2013, N= 120 Studierende <strong>und</strong> Nicht-Studierende).<br />
Da eine der zentralen Einflussgrößen das Erregungsniveau der RezipientInnen darstellt, wurden drei<br />
Versionen der ER-Folge „Panik“ (Staffel 14, Folge 1) konstruiert, die sich durch deren<br />
Dramatisierungsniveaus unterscheiden. Das Team der Notaufnahme versucht in dieser Folge nach<br />
einer mysteriösen Explosion verletzte DemonstrantInnen zu verarzten. Als ein Arzt den vermeintlichen<br />
Attentäter entlarvt, kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen diesen. Darauffolgend ergreift der<br />
Großvater eines Mädchens, das bei dem Anschlag starb, Lynchjustiz <strong>und</strong> erwürgt den Täter. In der<br />
Gr<strong>und</strong>version G1 wurden lediglich Kernsequenzen einer jeden Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserie bestehend<br />
aus Diagnose (Untersuchung <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>) <strong>und</strong> Behandlung (Beratung <strong>und</strong> Therapie) der PatientInnen<br />
verwendet. In der zweiten Version G2 wurden diese Kernsequenzen mit einem dramatischen Narrativ<br />
am Anfang – die Explosion <strong>und</strong> der Krankentransport – eingeleitet. Die dritte Gruppe G3 sah zusätzlich<br />
noch die Entlarvung des Täters durch den Arzt <strong>und</strong> dessen Mord. Insgesamt nahmen an der Studie 140<br />
Personen teil, von denen 41% Männer <strong>und</strong> 59% Frauen waren. Die Studierendenquote lag bei 56% <strong>und</strong><br />
das Durchschnittsalter betrug 28 Jahre. Insgesamt sahen sich r<strong>und</strong> 20% der TeilnehmerInnen<br />
regelmäßig Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien an, wobei die meistgesehenen Serien Scrubs, Grey’s Anatomy<br />
<strong>und</strong> Private Practice sind. Um Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein zu messen, entwickelten wir<br />
jeweils einen Test. Das Vorsorgeverhalten wurde mit acht Statements gemessen, die sich zu den<br />
Subindizes „ges<strong>und</strong>er Lebensstil“ <strong>und</strong> „medizinische Prävention“ <strong>und</strong> dem Gesamtindex<br />
„Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge“ zusammenfassen lassen. Hinsichtlich des Risikobewusstseins wurden Risiken<br />
einzelner Krankheiten abgefragt, die sich zu einem Risikobewusstsein gegenüber alltäglichen<br />
Krankheiten wie Grippe, Diabetes oder Rheuma <strong>und</strong> gegenüber nicht-alltäglichen Krankheiten wie<br />
neurologische Erkrankungen oder Geschlechtskrankheiten subsummieren. Dank des experimentellen<br />
66 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
prä-post Designs konnte geprüft werden, ob <strong>und</strong> inwiefern unterschiedliche Erregungsniveaus<br />
Wissenstransfer, Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein fördern oder behindern.<br />
Ergebnisse<br />
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die emotionale Belastung der SeherInnen bereits aus den<br />
Kernsequenzen im Krankenhaus emergiert <strong>und</strong> lediglich eine Rahmendramatik (G3) emotionale<br />
Erregung erhöht. Dabei übt die emotionale Belastung keinerlei Einfluss auf die Informationsqualität<br />
der Serie aus. Die gesteigerte Dramatik erhöht jedoch den Unterhaltungswert in beiden Gruppen. Eine<br />
erhöhte Dramatisierung ist dabei zusätzlich <strong>für</strong> ein starkes narratives Engagement essentiell. Jedoch<br />
stellen Rezipienten bei vermehrt eingesetzter Dramatik weniger Bezüge zu sich selbst <strong>und</strong> ihrer<br />
eigenen Situation her. Entgegen den Erwartungen von Yerkes <strong>und</strong> Dodson befördert die verstärkte<br />
Dramatik den Wissenstransfer in G3 am stärksten.<br />
Wie in Tabelle 1 zu sehen ist, führt die Rezeption der ER-Folge zu signifikanten Einstellungsänderungen<br />
bezüglich der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge. Die Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge steigt im Gesamtsample signifikant an,<br />
wobei es in G1 durch schlichte Präsentation der Diagnose <strong>und</strong> Behandlung der PatientInnen zum<br />
größten Anstieg kommt. Insbesondere Einstellungen bezüglich eines ges<strong>und</strong>en Lebensstils werden<br />
hochsignifikant positiv verstärkt; ebenfalls mit dem größten Anstieg in G1. Im Gegensatz dazu wird die<br />
Bedeutung der medizinischen Prävention durch vermehrte Dramatik abgebaut. Es scheint, dass die<br />
Dramatik den Glauben an die eigens evozierte Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge schwächt. Dies spiegelt sich<br />
insbesondere dadurch wider, dass die Wichtigkeit der Vorsorgeuntersuchungen signifikant abgebaut<br />
wird. Der hohe Grad an Dramatisierung <strong>und</strong> die Aneinanderreihung von lebensbedrohlichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitszuständen führt zu einer Abwehrhaltung gegenüber Vorsorgeuntersuchungen.<br />
Desweiteren führt die emotionale Belastung der RezipientInnen in G3 zu dem post-rezeptiven Wunsch<br />
nach Entspannung.<br />
Tabelle 1: Anova-Tabelle der Zustimmungsdifferenzprozent bezüglich<br />
Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 67
Während Einstellungen zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge signifikant erhöht wurden, zeigten sich kaum Effekte<br />
auf der Ebene des Risikobewusstseins (siehe Tabelle 2). Während die Dramatik der Geschehen in der<br />
Notaufnahme das Risikobewusstsein <strong>für</strong> Krankheiten kaum verändert, so steigt dieses leicht aber ohne<br />
signifikante Bef<strong>und</strong>e in G1 an. Die Gefahr an nicht-alltäglichen Krankheiten zu erkranken, wird in den<br />
Dramatikversionen sogar abgebaut. Einzelne Krankheiten zeigen mitunter signifikante prä-post<br />
Veränderungen. Insgesamt sind die Einzelbef<strong>und</strong>e sehr disparat <strong>und</strong> lassen auf keinen eindeutigen<br />
Wirkungseffekt schließen.<br />
Tabelle 2: Anova-Tabelle der Zustimmungsdifferenzprozent bezüglich Risikobewusstsein<br />
Relevanz<br />
Die Studie, die in eine Reihe von Medienwirkungsstudien zu medizinischen Seriendramen <strong>und</strong> deren<br />
EE-Potential eingebettet ist, ermöglicht, den Dramatisierungseffekt einer Krankenhausserie<br />
systematisch zu beobachten <strong>und</strong> empirisch zu evaluieren. Dadurch zeigt die Arbeit auf, welches<br />
emotionale Aktivierungsniveau unter den SeherInnen <strong>für</strong> einen optimalen Wissenstransfer mit<br />
gleichzeitig gesteigertem Vorsorgebewusstsein verantwortlich ist <strong>und</strong> dass die Rezeption von<br />
Krankheit <strong>und</strong> Leid im Krankenhaus kaum kultivierende Effekte verzeichnet.<br />
68 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Brown, J.M. (2003). Eyewitness memory for arousing events: Putting things into context. Applied Cognitive Psychology, 17,<br />
93-106.<br />
Gerbner, G., & Gross, L. (1976). Living with television: the violence pr<strong>of</strong>il. Journal <strong>of</strong> Communication, 26(2), 173-199.<br />
Goodman, K. (2007). Medical education. Imagining doctors: medical students and the TV medical drama. American Medical<br />
Association Journal <strong>of</strong> Ethics, 9(3), 182-187.<br />
Harris, D., & Willoughby, H. (2009). Resuscitation on television: realistic or ridiculous? A quantitative observational analysis <strong>of</strong><br />
the portrayal <strong>of</strong> cardiopulmonary resuscitation in television medical drama. Resuscitation, 80, 1275-1279.<br />
Hastall, M. (2012). Abwehrreaktionen auf Ges<strong>und</strong>heitsappelle. Forschungsstand <strong>und</strong> Praxisempfehlung. In: H<strong>of</strong>fmann, S. et al.<br />
(Hrsg.). Angewandtes Ges<strong>und</strong>heitsmarketing (pp. 281-296). Wiesbaden: Springer.<br />
Krüger-Brand, H. (2003). Ärzteimage im Fernsehen: Abschied vom „Halbgott in Weiß“. Deutsches Ärzteblatt, 100(45), A-2928 /<br />
B-2426 / C-2280.<br />
Lampert, C. (2010). Entertainment-Education als Strategie <strong>für</strong> die Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung. Public Health Forum,<br />
18(69), 20.e1-20.e3.<br />
Quintero Johnson, J. M., Harrison, K., & Quick, B. L. (2013). Understanding the effectiveness <strong>of</strong> the Entertainment-Education<br />
strategy: An investigation <strong>of</strong> how audience involvement, message processing, and message design influence<br />
health information recall. Journal <strong>of</strong> Health Communication: International Perspectives, 18(2), 160-178, DOI:<br />
10.1080/10810730.2012.688244.<br />
Rossmann, C. (2003). Zu Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen fragen Sie die Patienten. Eine Studie zur Darstellung von Ärzten in<br />
Krankenhausserien <strong>und</strong> ihrem Einfluss auf das Arztbild von Patienten. Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft,<br />
51(3-4), 497-522.<br />
Rossmann, C., & Pfister T. (2008). Zum Einfluss von Fallbeispielen <strong>und</strong> furchterregenden Bildern auf die Wirksamkeit von<br />
Ges<strong>und</strong>heitsflyern zum Thema Adipositas. Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft, 56(3-4), 368-391.<br />
Yerkes, R.M., & Dodson, J.D. (1908). The relation <strong>of</strong> strength <strong>of</strong> stimulus to rapidity <strong>of</strong> habit formation. Journal <strong>of</strong> Comparative<br />
Neurology and Psychology, 18, 459-482.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 69
Jürgen Grimm & Maria Emilia Rosenzweig<br />
Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />
auf das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />
Krankheit ist ein angstassoziiertes Phänomen, das PatientInnen einerseits zu Vermeidungsstrategien<br />
<strong>und</strong> zur Anwendung therapeutischer Mittel herausfordert (Angst als Motivation <strong>für</strong> das<br />
Vorsorgeverhalten) <strong>und</strong> andererseits einen alltagstauglichen moderaten Umgang mit Angstprozessen<br />
gestatten soll (Knobloch-Westerwick et al., 2009). Im Hinblick auf Ges<strong>und</strong>heitskampagnen ist<br />
umstritten, inwieweit Furchtappelle die Effektivität medizinischer Informationsvermittlung fördern<br />
oder behindern (Peters et al., 2013). Ebenso unklar ist, wie angstbesetzte Ges<strong>und</strong>heitsthemen mit<br />
Hilfestellungen zur Angstbewältigung (Vitouch, 2000) kombiniert werden müssen, um zur Steigerung<br />
von Ges<strong>und</strong>heitskompetenz beizutragen. Miller (1987) hat ermittelt, dass Krankenhauspatienten in<br />
Abhängigkeit vom Angstbewältigungsstil eine unterschiedliche Informationsnutzung zeigen. So wollen<br />
sog. "Monitors" vor Operationen im Krankenhaus detailgenaue Fachinformationen, indes "Blunters"<br />
diese vermeiden <strong>und</strong> ablenkende Kommunikationen bevorzugen. Wünschenswert im Interesse einer<br />
zielgenauen Kampagnenführung wären Kommunikate, die zugleich "Monitoring" <strong>und</strong> "Blunting"<br />
ermöglichen <strong>und</strong> den Informationsfluss in beiden Gruppen garantieren. Krankenhausserien wie "Der<br />
Bergdoktor" (BD) versuchen nun durch romantische Settings (z.B. Liebesgeschichte des Arztes),<br />
kombiniert mit ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationen eine solche Doppel-Codierung der gleichzeitigen<br />
Konfrontation <strong>und</strong> Vermeidung von Angst herzustellen. Es stellt sich die Frage, ob <strong>und</strong> inwieweit<br />
romantische Narrative in Krankenhausserien die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Wissenstransfer <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsförderliche Einstellungsbildung) tatsächlich befördern oder ob die Liebesgeschichte nicht<br />
vielmehr wegen ihrer ablenkenden Wirkung den edukativen Effekt reduziert. Die jüngere Forschung zu<br />
Entertainment-Education im Rahmen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Singhal/Rogers 2010) betont<br />
vielfältige Widerstandshandlungen des Publikums, das sich gegen <strong>of</strong>fensichtliche pädagogische<br />
Beeinflussungsversuche wehrt <strong>und</strong> aus "störenden" Botschaften, die in den Tiefen des Unterhaltungs-<br />
Settings verborgen sind, unerwünschte Schlüsse im Hinblick auf die Zielvariablen der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zieht. Im Folgenden werden Ergebnisse einer Studie vorgestellt, in der<br />
romantische Narrative beim "Bergdoktor" systematisch variiert <strong>und</strong> in ihrem Einfluss auf die<br />
Vermittlung ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Wissens <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlicher Einstellungen geprüft<br />
werden.<br />
Forschungsstand <strong>und</strong> Problemstellung<br />
Gut belegt ist, dass fiktionale Fernsehunterhaltung im Sinne des "Entertainment-Education" (EE) dem<br />
Publikum prosoziale Botschaften nahe bringen kann. Im Rahmen der sog. "Sabido Methode" (Barker,<br />
2005) wurden dramaturgische Regeln <strong>für</strong> Telenovelas entwickelt, deren Anwendung zu positiven<br />
Effekten beim Publikum im Hinblick auf Familienplanung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge führten. Durch die<br />
Art des dramatischen Aufbaus, die Einführung identifikationsträchtiger Figuren sowie den Einsatz<br />
fesselnder <strong>und</strong> informativer Narrative kann die Akzeptanz ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Botschaften<br />
gesteigert werden (Gesser-Edelsburg/Singhal, 2013). Dazu wurden weltweit bestätigende Studien<br />
durchgeführt (Singhal/CodyRogers/Sabido, 2010). Für den deutschsprachigen Raum konnten<br />
Gassmann, Vorderer <strong>und</strong> Wirth nachweisen, dass die Krankenhauserie "Die Schwarzwaldklinik" den<br />
70 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Rezipienten eine positivere Haltung zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen vermittelte (Gassmann/Vorderer/Wirth:<br />
2003, 478). Ein Problem stellt allerdings dar, dass romantische Liebesgeschichten, die zu<br />
Krankenhausserien genrebildend gehören, von einem Teil des Publikums als "Kitsch" abgewertet<br />
werden. Der Anti-Kitsch-Affekt (Grimm, 2012) sorgt hierbei da<strong>für</strong>, dass Menschen romantische<br />
Harmonieszenarien als "unrealistisch" <strong>und</strong> "peinlich" empfinden. Es erscheint daher möglich, dass ein<br />
Zuviel an Romantik oder eine dramaturgisch ungeeignete Implementierung der Liebesgeschichte in die<br />
Dramaturgie der Episode zu kognitiven Dissonanzen führt, die die Verarbeitung der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformationen behindern.<br />
Ein weiteres Problem stellt dar, dass die "Liebesgeschichte" zu den ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />
Informationen "passen" muss, da ansonsten Resistance <strong>und</strong> Reactance-Effekte (Knowles/Linn 2004) zu<br />
erwarten sind, welche die Vermittlungsleistung des Kommunikats beeinträchtigen. Im Falle der<br />
Verletzung von Kohärenzregeln der Informationskoppelung (Grimm 1994) auf der Ebene der Narrative<br />
<strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitswissens ist mit dem Scheitern von EE-Strategien zu rechnen. So könnte die<br />
Liebesgeschichte des Arztes unerwünschte Effekte auf das Arzt-Bild zeitigen, wenn dieser nicht im<br />
beruflichen Einsatz, sondern bei "privatisierenden Vergnügungen" gezeigt wird. Aus<br />
persuasionstheoretischer Sicht steigert nach Cialdini (2001) die Kombination "Liking" <strong>und</strong> "Authority"<br />
das persuasive Potenzial ultimativ – dies aber nur dann, wenn das "Liking" aus dem romantischen<br />
Mitgefühl <strong>für</strong> den Liebenden nicht unmittelbar an der Einsatzbereitschaft des Arztes <strong>für</strong> seine<br />
Patienten zweifeln lässt.<br />
Es ist daher <strong>of</strong>fen, ob die Doppel-Codierung Angst/Romantik in der Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />
(BD) <strong>für</strong> alle Rezipienten im Sinne angstreduzierter <strong>und</strong> sympathisch-autoritativer Persuasion<br />
funktioniert. Ebenso unklar ist, ob <strong>und</strong> unter welchen Bedingungen romantische Narrative einen<br />
negativen Effekt auf die Arztautorität entfalten <strong>und</strong> dabei den Erfolg des Entertainment-Education<br />
konterkarieren.<br />
Forschungsfragen<br />
Im Folgenden wird erstens untersucht, ob romantische BD-Szenen Rezeptionsstress verringern <strong>und</strong><br />
zweitens, welche Dosierung an Romantik die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Hinblick auf Wissen,<br />
Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> das Arzt-PatientInnen-Vertrauen (Rossmann, 2003) optimiert. Zudem wird<br />
drittens geprüft, inwieweit Interferenzen zwischen den romantischen Narrativen <strong>und</strong> der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbotschaft die Vermittlungsleistung beeinträchtigen. Und schließlich fragen wir nach dem<br />
Einfluss, den Dispositionen der Rezipienten wie Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität auf das<br />
Endresultat der Informationsverarbeitung nehmen.<br />
Forschungsfragen in Bezug auf den BD:<br />
<br />
Inwieweit kann eine Folge des BD medizinische Informationen <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitskompetenz<br />
vermitteln?<br />
Reduzieren romantische Nebennarrative das Stresserleben bei der Rezeption von<br />
Krankenhausszenen <strong>und</strong> helfen sie, Hypochondrie zu vermeiden?<br />
<br />
Welche Dosierung an Romantik-Szenen ist dem Wissenstransfer <strong>und</strong> dem Aufbau von<br />
Ges<strong>und</strong>heitskompetenz zuträglich?<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 71
In welcher Weise beeinflussen romantische Narrative das Arzt-Bild <strong>und</strong> das Ergebnis der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation?<br />
Welchen Einfluss haben Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität der Rezipienten auf den<br />
Wirkungs-Output der BD-Folge?<br />
Theoretischer Hintergr<strong>und</strong><br />
Den theoretischer Rahmen bilden Konzepte des Entertainment-Education (EE) im Bereich der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Barker, 2005, Singhal/Rogers, 2010), die differenzielle Wirkungen von<br />
Narration <strong>und</strong> Dramaturgie auf die edukative Persuasion fokussieren. Singhal/Rogers (2010) wie auch<br />
Riet/Ruiter (2013) argumentieren überzeugend, dass bei EE vielfältige Formen der Vermeidung <strong>und</strong><br />
des Widerstands im Publikum überw<strong>und</strong>en werden müssen. Geprüft wird daher, unter welchen<br />
Bedingungen Romantik als dramaturgische Narrative-Strategie potenzielle Widerstandshandlungen<br />
des Publikums gegenüber EE-Botschaften unterläuft oder aber selbst erzeugt. Des Weiteren basiert die<br />
Untersuchung auf Theorien der Angstbewältigung <strong>und</strong> selbstregulativer Emotionskontrolle (Krohne,<br />
1996, Wiebe/Korbel, 2003, Schramm/Wirth, 2008, Forgas/Baumeister/Tice, 2009), die im<br />
Zusammenspiel mit persuasiven Prozessen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation betrachtet werden.<br />
Zusätzlich wird auf Kitschtheorien (Grimm, 2012) rekurriert, um EE-förderliche oder EE-retardierende<br />
Wirkungen romantischer Narrative von der Seite des Rezipienten aus zu erklären. Dazu wurde eigens<br />
ein Romantik-Affinitäts-Test entwickelt <strong>und</strong> in der Studie erstmals erprobt.<br />
Methodisches Design <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lage<br />
Die Wirkungs-Untersuchung zu BD erfolgt mit Hilfe eines Prä-Post-Designs mit 3 randomisierten<br />
Gruppen <strong>und</strong> der variierenden Treatment-Variable: Romantik. Durchführungszeitraum: Mai <strong>und</strong> Juni<br />
2013, N=114 Studierende <strong>und</strong> Nicht-Studierende.<br />
Gruppeneinteilung:<br />
G1: Krankenhaus-Kernsequenzen KS mit ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationen (=EE-Info),<br />
G2: Romantische Liebesgeschichte des Arztes vor idyllischer Bergkulisse + KS,<br />
G3: Romantische Liebesgeschichte des Arztes vor idyllischer Bergkulisse + KS +<br />
Fortsetzung der Liebesgeschichte <strong>und</strong> tränenreicher Abschied;<br />
Versuchsablauf:<br />
t1 vor dem Film:<br />
Fragebogen mit prä-rezeptiven Tests zu ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Einstellungen <strong>und</strong> psychosozialen<br />
Eigenschaften<br />
t2 während des Films: Film sehen<br />
t3 nach dem Film: Evaluierung, post-rezeptive Tests (analog zu t1)<br />
Wirkung = Differenz der Messung t1 <strong>und</strong> der Messung t3<br />
Abhängige Variablen: emotionaler Stress, Narratives Engagement/Involvement, Wissenstransfer,<br />
Vorsorgeverhalten, Arztbild. Des Weiteren werden Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität<br />
untersucht.<br />
72 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Ergebnisse<br />
Im Folgenden werden einzelne ausgewählte Ergebnisse präsentiert. Zunächst wird deutlich, dass<br />
romantische Narrative, wie erwartet, einen Angst reduzierenden Effekt haben. Dies gilt insbesondere<br />
<strong>für</strong> G2, wo das Freizeitverhalten des Arztes mit seiner Geliebten gezeigt wurde (siehe Tabelle 1). Durch<br />
die Abschiedszene in G3 wächst die emotionale Belastung dann wieder an, ohne allerdings das Niveau<br />
der romantikfreien Variante in G1 zu erreichen. Die Kehrseite der Stressreduktion ist, dass dabei der<br />
Unterhaltungswert negativ beeinflusst wird. Ein gewisses Maß an emotionalem Stress scheint also zum<br />
Entertainment-Education aus Zuschauerperspektive zu gehören. Die Wirkungen auf die<br />
Informationsqualität sind uneinheitlich: die stressärmste Version in G2 weist den geringsten<br />
Informationsgehalt auf. Der höchste Informationswert wird der romantikreichsten Variante in G3<br />
zugeordnet. Wir sehen dies als Indiz da<strong>für</strong>, dass der Abschied des Arztes von seiner Geliebten den<br />
ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationsfluss stärkt.<br />
Tabelle 1: Der Bergdoktor: Eindrucksdifferenziale<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 73
Tabelle 2: Der Bergdoktor: Rezeptive Partizipation <strong>und</strong> Wissenstransfer<br />
Tabelle 2 zeigt, dass die Liebesgeschichte vor romantischer Bergkulisse in G2 negativ das Narrative<br />
Engagement (Gefühl, in die Geschichte hineingezogen zu werden) <strong>und</strong> das Involvement (Ausmaß, in<br />
dem ZuschauerInnen Bezüge zwischen fiktionaler Realität <strong>und</strong> ihrer Lebenswelt herstellen) beeinflusst.<br />
Alle Indikatoren partizipativer Beteiligung – Narrative Engagement, Involvement <strong>und</strong> auch die<br />
Identifikation mit dem Bergdoktor selbst – sind in G2 am niedrigsten. Erst mit der Fortsetzung der<br />
Liebesgeschichte <strong>und</strong> dem tränenreichen Abschied (Bergdoktor will nicht mit der Geliebten in die<br />
Großstadt ziehen: "Ich brauche die Berge <strong>und</strong> die Berge <strong>und</strong> meine Patienten brauchen mich") wird die<br />
rezeptive Partizipation deutlich gesteigert <strong>und</strong> zwar über das Niveau von Gruppe 1 hinaus, die als<br />
Kontrollgruppe ohne romantische Narrative fungiert. Der Wissenstransfer wird davon aber nicht in<br />
gleicher Weise tangiert. Offenbar haben die kognitiven "Irritationen", die das erste romantische Teil-<br />
Narratives im Hinblick auf rezeptive Anteilnahme <strong>und</strong> Identifikation mit dem Arzt auslöste, den<br />
Wissenstransfer eher unterstützt (vermutlich als Folge einer Aufmerksamkeit steigernden<br />
Orientierungsreaktion).<br />
Im Unterschied zum Wissenstransfer wird das Vorsorgeverhalten genau in der Gruppe am meisten<br />
angeregt, in der keine romantischen Narrative zu sehen waren <strong>und</strong> der emotionale Stress am höchsten<br />
ausfiel (siehe Tab. 1). Wir betrachten dies als Hinweis darauf, dass die angstbasierte Rezeption der<br />
"Bergdoktor"-Serie am ehesten Motive zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge stärkt. Romantische Narrative<br />
behindern diesen Prozess dann nicht, wenn sie wie in G3 zu einem eigenen "guten" Abschluss gebracht<br />
werden, der die Glaubwürdigkeit des Arztes als Autoritätsperson in Ges<strong>und</strong>heitsfragen nicht<br />
unterminiert.<br />
74 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Tabelle 3: Der Bergdoktor: Wirkungen auf die Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
Das Wirkungsmuster ist plausibel mit der Annahme vereinbar, dass die Gr<strong>und</strong>rezeption bei<br />
Krankenhausserien angstbasiert ist (durchaus vereinbar mit dem Unterhaltungswert), wobei durch die<br />
narrative Einbettung die Angst eine Moderation erfährt. Während die narrative Angstmoderation den<br />
Wissenstransfer begünstigt, werden die motivationalen Aspekte der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
unterminiert. Dies verweist auf einen Zielkonflikt des Entertainment-Education, dem zufolge die<br />
Optimierung der Vorsorgebereitschaft auf Kosten der Wissensvermittlung geht, vice versa.<br />
Die Ergebnisse in Tab. 4 bestätigen diese Interpretationsthese. Es wird deutlich, dass die "<strong>of</strong>fene"<br />
Liebesgeschichte in G2 zwar die emotionale Belastung reduziert, aber zugleich die Autorität des<br />
Arztbildes beschädigt. In dieser Gruppe steigen die Autoritätswerte nicht in gleichem Maße an wie<br />
unter den Bedingungen des schmerzvollen Abschieds <strong>und</strong> der "heroischen" Selbstverpflichtung des<br />
Arztes in G3. Zugleich wurde in G2, wie oben gezeigt, die Motivation zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge deutlich<br />
verringert. Die mit Abstand höchste Zunahme an Arztvertrauen fand demgegenüber in Gruppe 3 statt,<br />
in der, wie wir wissen, auch die Vorsorgebereitschaft fast wieder das Niveau der Kontrollgruppe ohne<br />
Romantik erreicht. Wir vermuten, dass in G3 der romantikbedingte Verlust an angstbasierter<br />
Vorsorgebereitschaft durch das gestiegene Arztvertrauen kompensiert wurde. Der Image-Gewinn<br />
betrifft insbesondere das Statement, demzufolge sich Ärzte uneingeschränkt <strong>für</strong> ihre PatientInnen<br />
einsetzen. Die erste Liebesszene auf der Alm wird von den ZuschauerInnen <strong>of</strong>fenbar als eine<br />
Verletzung dienstlicher Verpflichtungen den Patienten gegenüber aufgefasst, was die Zunahme der<br />
Sympathiegefühle limitiert. Erst als die Lovestory in G3 mit einem Abschied endet <strong>und</strong> der Arzt seine<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 75
Pflicht <strong>für</strong> Berge <strong>und</strong> Patienten affirmiert, kann das Arztbild in lichte Höhen unangefochtener Moralität<br />
<strong>und</strong> Selbstaufopferung aufsteigen. Zu beachten ist allerdings, dass das Arztbild auch in G2 noch über<br />
dem Wert der Gruppe ohne romantische Narrative positiv aufgehellt wird, so dass die Wirkung der<br />
romantischen Liebesgeschichte insgesamt einem positiven Arztbild dient.<br />
Tabelle 4: Der Bergdoktor: Wirkungen auf das Arzt-Bild<br />
Zusammenfassung <strong>und</strong> Diskussion<br />
Resümierend lässt sich sagen, dass die romantischen Narrative im "Bergdoktor" nachweislich Angst<br />
moderieren <strong>und</strong> das Arztbild insgesamt aufhellen - insbesondere dann, wenn die Lovestory nicht mit<br />
dem Bild eines engagierten Arztes im Dienste der PatientInnen konfligiert. Auch der Wissenstransfer<br />
wird durch romantische Narrative befördert, unabhängig vom erlebten Narrative Engagement <strong>und</strong><br />
Involvement bei der Rezeption. Das Vorsorgeverhalten hingegen pr<strong>of</strong>itiert von der narrativen<br />
Einbettung nicht. Vielmehr wird die präventive Ges<strong>und</strong>heitsmotivation am ehesten durch die<br />
angstbasierte Gr<strong>und</strong>version ohne narrative Einbettung durch romantische Sequenzen angeregt. Im<br />
76 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Hinblick auf die motivationale Seite der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation geht es vor allem darum, die<br />
Angstaspekte nicht gänzlich zu neutralisieren <strong>und</strong> den Informationswert der Lovestory mit der<br />
Richtung der ges<strong>und</strong>heitsrelevanten EE-Botschaften zu harmonisieren. Partiell verringert eine geringe<br />
Romantik-Affinität der Rezipienten die ges<strong>und</strong>heits-edukative Wirkung zusätzlich. Das bedeutet, dass<br />
ein bestimmtes Maß an Romantik-Offenheit gegeben sein muss, damit der "Bergdoktor" sein EE-<br />
Potenzial voll entfalten kann. Der Anti-Kitsch-Affekt (Grimm 2012) hat also, wie theoretisch vermutet,<br />
eine retardierende Wirkung auf die Effektivität des Entertainment-Education. Möglichweise sind<br />
Romantik-Nichtaffine besser bei Krankenhausserien wie "Emergency Room" aufgehoben, bei der nicht<br />
die Romantik, da<strong>für</strong> umso mehr Dramatik <strong>und</strong> Action im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Interessanterweise<br />
entfernt sich der Angstbewältigungsstil nach dem Anschauen des "Bergdoktors" vom "Monitoring" in<br />
Richtung '"Blunting", bei dem die aktive Informationssuche zwecks Krankheitsbewältigung <strong>und</strong><br />
Prävention eingeschränkt ist. Zwar vermag der "Bergdoktor" Arztvertrauen zu stärken <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge zu stimulieren, langfristig könnte aber die Bereitschaft, komplexe Angebote der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsinformation zu nutzen, leiden. Dies zu prüfen, bedarf freilich weitergehender Forschung,<br />
in der die Messzeitpunkte sowie die Art der narrativen Einbettung variiert <strong>und</strong> mit den Ergebnissen der<br />
Bergdoktor-Studie verglichen werden. Die vorliegenden Bef<strong>und</strong>e zeigen schon klar, dass zwischen<br />
verschiedenen Ebenen der unterhaltungsbasierten Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (rezeptive Beteiligung,<br />
Wissenstransfer, Verhaltensmotivation, Arztvertrauen, Informationssucheverhalten) unterschieden<br />
werden muss, da diese von den in Krankenhausserien verwendeten dramaturgischen Modulen in ganz<br />
unterschiedlicher Weise tangiert werden. Überdies ergaben sich starke Hinweise darauf, dass eine<br />
kohärente Koppelung der EE-Botschaft mit den im Narrativ enthaltenen Informationen wesentlichen<br />
Anteil am Erfolg der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation hat.<br />
Relevanz der Studie<br />
Die Studie ist eingebettet in eine Serie von Medienwirkungsstudien, in denen der Einfluss narrativer<br />
<strong>und</strong> dramaturgischer EE-Settings auf die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation untersucht wird. Die Relevanz<br />
der vorliegenden Untersuchung liegt einerseits auf der Ebene der EE-Theorie, insbesondere im Hinblick<br />
auf die Unterscheidung nach Ebenen der Informationsverarbeitung <strong>und</strong> edukativen Beeinflussung. In<br />
kommunikationspraktischer Hinsicht werden Erkenntnisse im Hinblick auf narrative Strategien der<br />
Persuasion im Bereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation geliefert. Erstmals eingesetzt wird ein Test zur<br />
Messung der Romantik-Affinität, die in Form aggressiver Kitsch-Abwertung EE-Prozesse<br />
beeinträchtigen kann.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 77
Barker, K. (2005). Sex, Soap, and Social Change: The Sabido Methodology. In: Haider, M. (ed.), Global public health<br />
communication. Challenges, perspectives and strategies (pp.113-153). Sudbury, MA: Jones and Bartlett Publishers.<br />
Cialdini, Robert B. (2001): Influence. Science and Practice, 4th ed.. Boston: Allyn & Bacon.<br />
Forgas, J./ Baumeister, R. F./ Tice, D. M. (eds.) (2009): Psychology <strong>of</strong> self-regulation. Cognitive, affective, and motivational<br />
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Fernsehunterhaltung am Beispiel der Organspende-Bereitschaft. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, 51<br />
Jg. 2003/3-4, 478-496.<br />
Gesser-Edelsburg, Anat/Singhal, Arvind (2013): Enhancing the persuasive influence <strong>of</strong> entertainment-education events:<br />
rhetorical and aesthetic strategies for constructing narratives. Critical Arts: South-North Cultural and Media<br />
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Grimm, J. (1994): Infotainment - Ausweg aus der Unterhaltungsgesellschaft? In: Heidelberger Club <strong>für</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Kultur<br />
(Hg.), Herausforderung Informationsgesellschaft. Facetten einer Entwicklung (pp. 147-161). Hamburg: LIT.<br />
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Leventhal, H. (Hrsg.), The Self-Regulation <strong>of</strong> Health and Illness Behaviour (pp.184-203). New York: Routledge.<br />
78 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
PANEL 6: EMPIRISCHE HERAUSFORDERUNGEN DER<br />
GESUNDHEITSKOMMUNIKATIONSFORSCHUNG<br />
Claudia Lampert, Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />
Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs<br />
„If your message stresses a healthy lifestyle, you need to know what others are saying about a healthy<br />
lifestyle, as well as how still others may be depicting an unhealthy, but attractive lifestyle.“ (Greenberg<br />
et al., 2004, S. 204)<br />
Sowohl mediale Informations- als auch Unterhaltungsangebote sind voll mit ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />
Themen <strong>und</strong> Botschaften, die – selbst wenn sie nur beiläufig aufgenommen werden – Rezipienten <strong>für</strong><br />
verschiedene Ges<strong>und</strong>heitsthemen sensibilisieren (Lampert, 2007). Ferner können sie deren Wissen,<br />
Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten in Bezug auf diese Themen formen (Fromm, Baumann & Lampert, 2011;<br />
Salmon & Atkin, 2003; Tian & Robinson, 2009). Daher können Medienangebote <strong>und</strong> ihre Inhalte nicht<br />
unberücksichtigt bleiben, wenn es darum geht zu verstehen, was Patienten, aber auch interessierte<br />
Laien über ein bestimmtes Ges<strong>und</strong>heitsthema wissen <strong>und</strong> denken. Gerade <strong>für</strong> Patienten sind<br />
Medienangebote – neben Ärzten <strong>und</strong> persönlichen Kontakten – eine zentrale Quelle <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitsbzw.<br />
krankheitsbezogene Informationen (Baumann, 2009; Neverla et al., 2007).<br />
Nichtsdestotrotz wird in den Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften die Bedeutung der Medieninhalte <strong>für</strong> das<br />
Wissen über Ges<strong>und</strong>heitsthemen oder die Bewältigung von Krankheiten nach wie vor eher selten<br />
thematisiert. Dabei bietet gerade der Blick darauf, mit welchen Themen, Bildern <strong>und</strong> Argumenten<br />
Patienten <strong>und</strong> interessierte Laien hinsichtlich Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit medial konfrontiert werden,<br />
wertvolle Hinweise <strong>für</strong> deren Verständnis bestimmter ges<strong>und</strong>heitsbezogener Themen. Dieses<br />
Verständnis ist wiederum elementar, um eine gezieltere, rezipientenorientierte Aufklärung zu diesen<br />
Themen zu leisten.<br />
Die Kommunikationswissenschaft kann diesen Blick mit dem Instrument der Inhaltsanalyse schärfen.<br />
Mit ihrer Hilfe lassen sich große Textmengen systematisch analysieren <strong>und</strong> somit „aus der Vielfalt der<br />
Objekte die wesentlichen Tendenzen herausdestillieren“ (Rössler, 2010, S. 18). Gleichzeitig stellen sich<br />
jedoch insbesondere bei der Anwendung der Methode im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation einige<br />
inhaltliche <strong>und</strong> methodische Herausforderungen:<br />
Erstens greifen Rezipienten bei ihrer täglichen Nutzung mithin auf umfangreiche Medienrepertoires<br />
zurück, die sie aus einem breiten Spektrum unterschiedlicher Medienangebote mit jeweils<br />
verschiedenen Leistungsvermögen zusammensetzen (Hasebrink & Schmidt, 2013). Dagegen werden in<br />
bisherigen Inhaltsanalysen zu Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Krankheitsthemen <strong>of</strong>t (vor allem auch aus<br />
forschungsökonomischen Gründen) nur einzelne, ausgewählte Medienangebote untersucht. Dieses<br />
Vorgehen erscheint jedoch selten hinreichend, da verschiedene Rezipientengruppen je nach „[Grad]<br />
der Zuspitzung auf Personen <strong>und</strong> Situationen“ (Hasebrink & Domeyer, 2011, S. 54) unterschiedliche<br />
Informationsbedürfnisse aufweisen, die von ungerichteten Informationsbedürfnissen bis hin zu<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 79
konkreten Problemlösebedürfnissen reichen können (ebd.). Um diese zu befriedigen, können<br />
Rezipienten auf ein umfangreiches Spektrum sowohl an unterschiedlichen Mediengattungen, als auch<br />
auf vielfältige Medienangebote innerhalb dieser Gattungen zurückgreifen, die jeweils spezifische<br />
Informationsleistungen erbringen können. Dementsprechend unterscheidet sich auch das<br />
Informationsrepertoire, das sich einzelne Gruppen aus den Medienangeboten zusammenstellen, um<br />
ihren jeweiligen Bedürfnissen gerecht zu werden (ebd.; Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Dies<br />
macht wiederum eine medienübergreifende Untersuchung der Angebote notwendig, die sich an den<br />
spezifischen Medienrepertoires einer Zielgruppe (z. B. Krebspatienten) orientiert.<br />
Zweitens sind Rezipienten mit einer breiten Vielfalt an Medienangeboten konfrontiert. Diese reichen z.<br />
B. im Onlinebereich von Nachrichtenformaten über ausführliche <strong>und</strong> detaillierte Informationsportale<br />
bis hin zu Foren mit sehr persönlichen Erfahrungsberichten zu einem Ges<strong>und</strong>heits- bzw.<br />
Krankheitsthema. Um ein möglichst umfassendes Bild davon zu zeichnen, mit welchen Aspekten ein<br />
Rezipient zu einem Thema über die Medien in Kontakt geraten kann, muss die Vielfalt der<br />
Angebotsformen entsprechend berücksichtigt werden. Dies stellt insbesondere eine Herausforderung<br />
dar, da die verschiedenen Angebote unterschiedliche Spezifika aufweisen, welche wiederum<br />
unterschiedliche Ansprüche an die Analyse stellen.<br />
Drittens besteht eine Herausforderung in der Komplexität <strong>und</strong> Multimodalität der Darstellungsmuster<br />
in den einzelnen Medienangeboten. Hier sollten bei der Analyse sowohl Texte als auch visuelle <strong>und</strong><br />
audiovisuelle Materialien untersucht werden – was in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation bislang jedoch<br />
eher selten vorkommt (Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Dennoch wird z. B. gerade Bildern ein<br />
besonderer Einfluss auf die Meinungsbildung unterstellt (Messaris & Abraham, 2001).<br />
Schließlich ist viertens auch die Vermittlung der Relevanz, des Vorgehens <strong>und</strong> der Ergebnisse einer<br />
Inhaltsanalyse an Ges<strong>und</strong>heitsexperten aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen disziplinären Herkunft der<br />
Akteure im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation mitunter schwierig. Da es sich aber gerade hierbei um<br />
einen stark transdisziplinären Bereich handelt, in dem der Transfer des wissenschaftlichen Wissens in<br />
die Ges<strong>und</strong>heitspraxis häufig ein entscheidendes Ziel darstellt, ist auch dieser Aspekt <strong>für</strong> den Erfolg<br />
eines Projektes unerlässlich.<br />
Auf Basis der hier benannten Herausforderungen befasst sich der Vortrag mit der Frage, welchen<br />
Beitrag die Analyse ges<strong>und</strong>heitsbezogener <strong>und</strong> -relevanter Inhalte <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
leisten kann. Hier<strong>für</strong> wird am Beispiel der Krankheit Krebs, die als zweithäufigste Todesursache in<br />
Deutschland (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2012) ist <strong>und</strong> zu den am häufigsten analysierten Gegenständen<br />
der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung zählt (Fromm, Baumann & Lampert, 2011), eine systematische<br />
Literaturschau von Inhaltsanalysen vorgestellt <strong>und</strong> kritisch reflektiert.<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong> werden alle inhaltsanalytischen Studien zum Thema Krebs herangezogen, die in<br />
den letzten zehn Jahren (2003-2013) in den Fachzeitschriften „Journal <strong>of</strong> Health Communication“ oder<br />
„Health Communication“ erschienen. Die Publikationen mit Peer-Review-Verfahren sind die beiden<br />
zentralen Journals <strong>für</strong> das Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> können entsprechend als die<br />
„Nerven der Disziplin“ (vgl. Weaver & Wilhoit, 1988, S. 4) angesehen werden. Die durchgeführte<br />
Suchabfrage mit den Schlagworten „(content analysis) + cancer“ ergab 23 Treffer. Die so ermittelten<br />
Studien werden im Hinblick auf die folgenden Aspekte untersucht:<br />
80 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Inhalte: Welche Krebsart wird thematisiert? Gibt es einen thematischen Schwerpunkt (z.B.<br />
Prävention, Diagnose oder Therapie)? Werden konkrete Forschungsfragen formuliert?<br />
Angebote: Welche Mediengattungen (TV, Radio, Print, Online) <strong>und</strong> welche konkreteren<br />
Angebotsformen (z. B. Online-Foren, Tageszeitungen, Patientenzeitschriften) werden<br />
untersucht? Hat das Angebot eher Informations- oder Unterhaltungscharakter?<br />
Theoretische Ansätze: Welche theoretischen Ansätze werden herangezogen?<br />
Methodisches Vorgehen: Welcher methodische Ansatz wurde gewählt (qualitative<br />
Inhaltsanalyse, quantitative Inhaltsanalyse, Methodentriangulation)?<br />
Diskussion: Welche inhaltlichen sowie methodischen Probleme <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
werden diskutiert? Welche Forschungslücken werden benannt?<br />
Die zentralen Ergebnisse der systematischen Literaturschau werden vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />
beschriebenen Herausforderungen an die Inhaltsanalyse im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
kritisch diskutiert. Abschließend werden die Potenziale der Medienanalyse sowohl <strong>für</strong> die Forschung<br />
als auch die Praxis der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation aufgezeigt.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 81
Doreen Reifegerste & Matthias R. Hastall<br />
Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation:<br />
Anregungen aus Debatten in Nachbardisziplinen<br />
Viele Forschungsaktivitäten der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zielen darauf, kurz- oder langfristig<br />
positive Ges<strong>und</strong>heitseffekte bei der Bevölkerung zu erzielen (Rossmann & Ziegler, 2013; Schiavo,<br />
2007). Dieses Hauptziel teilt sie mit den etablierten Disziplinen Medizin, Pflegewissenschaften sowie<br />
einigen psychologischen Forschungsbereichen. Im Unterschied zur Ges<strong>und</strong>heitskommunikation gab<br />
<strong>und</strong> gibt es in diesen Disziplinen langjährige Diskussionen <strong>und</strong> Standardisierungsbemühungen zur<br />
Sicherung der Qualität der Forschung, die <strong>of</strong>t an Fahrt gewannen, wenn sich etablierte<br />
Behandlungsempfehlungen im Lichte neuer Forschungsergebnisse als schädlich erwiesen (Rubin &<br />
Babbie, 2011; Timmermans & Berg, 2003). Belege <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädigende Effekte der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation finden sich allerdings ebenso in der Literatur der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Bonfadelli & Friemel, 2006; Byrne, 2009; Earl & Albarracín, 2007; Witte &<br />
Allen, 2000) – <strong>und</strong> es ist vielleicht noch eher als bei den anderen genannten Disziplinen davon<br />
auszugehen, dass neue Bef<strong>und</strong>e schnell von Praktikern der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zur Gestaltung<br />
persuasiver Botschaften oder Kommunikationsstrategien herangezogen werden.<br />
Daher erscheint es an der Zeit, auf der Basis einer Reflektion über die ethische Gradwanderung der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation bezüglich potenzieller Schädigungen der Botschaftsempfänger eine<br />
Diskussion über die Notwendigkeit <strong>und</strong> Praktikabilität qualitätssichernder Maßnahmen bei der<br />
Planung, Durchführung, Auswertung <strong>und</strong> Interpretation empirischer Untersuchungen anzuregen. Das<br />
ist das Hauptziel des hier vorgeschlagenen Beitrags. Solche Debatten sind unverzichtbarer Bestandteil<br />
von Akademisierungs- <strong>und</strong> Pr<strong>of</strong>essionalisierungsbestrebungen <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation hat<br />
den großen Vorteil, dass sie erheblich von den ausgetauschten Argumenten <strong>und</strong> Schlussfolgerungen<br />
der genannten Nachbardisziplinen pr<strong>of</strong>itieren kann. Auch die entsprechenden Diskussionen in der<br />
Kommunikationswissenschaft (vgl. Naab et al., 2013) können diesbezüglich wichtige Impulse geben,<br />
deren Übertragbarkeit auf den Teilbereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation jeweils zu prüfen ist. So<br />
ergeben sich <strong>für</strong> die Auswahl der sowie Umgang mit den Probanden, die Entwicklung der Stimuli <strong>und</strong><br />
die Verwendung der Messvariablen teilweise besondere – <strong>und</strong> mitunter krankheitsspezifische –<br />
Anforderungen, die über die Ansprüche an typische kommunikationswissenschaftliche<br />
Untersuchungen weit hinausgehen können.<br />
Wir möchten zunächst <strong>für</strong> Konstellationen in experimentellen Forschungsdesigns der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> den entsprechenden Auswertungen sensibilisieren, die irreführende<br />
Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit bestimmter Botschafts- oder Kommunikationsstrategien<br />
begünstigen können. Im Anschluss an diese kurze Systematisierung, die Hinweise auf Best-Practice-<br />
Empfehlungen enthalten soll, wird ein Überblick über entsprechende<br />
Qualitätssicherungsempfehlungen der Nachbardisziplinen gegeben, auf dessen Basis eine Diskussion<br />
der Chancen <strong>und</strong> Grenzen entsprechender Adaptionen <strong>für</strong> die Forschung der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation angestoßen werden soll.<br />
82 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
Die methodische Diskussion konzentriert sich weitgehend auf experimentelle Designs, die aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer Möglichkeit eines Kausalnachweises die Theoriebildung stark beeinflussen, die durch eine<br />
Aufnahme in Meta-Analysen den weithin sichtbaren empirischen Forschungsstand entscheidend<br />
mitprägen können (Pigott, 2012; Preiss et al., 2007) <strong>und</strong> somit eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die<br />
Kampagnenentwicklung in der Praxis darstellen. Thematisiert werden sollen insbesondere<br />
verschiedene Möglichkeiten kausaler Fehlschlüsse durch Alpha- oder Beta-Fehler (Bortz & Döring,<br />
2006) sowie prototypische Quellen <strong>für</strong> Validitätsprobleme in Forschungsarbeiten der<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Nezu & Nezu, 2008). So stellt beispielsweise die Entwicklung von<br />
adäquaten Stimuli (Trepte 2004) mitunter eine große Herausforderung dar. Der Einsatz realer<br />
Fernsehspots aus Präventionskampagnen kann zum Konf<strong>und</strong>ierungen bezüglich des Einflusses<br />
verschiedener Darstellungstechniken führen, die eigentlich nicht Gegenstand der Manipulation sein<br />
sollten (Biener et al. 2004). Zudem besteht die Gefahr, dass die Medienprodukte bereits während der<br />
„normalen“ Kampagne von den Probanden rezipiert wurden. Auch strukturelle Probleme wie der<br />
Zugang zu Forschungsergebnissen, der Publication Bias <strong>und</strong> der „Decline Effect“ (Brembs et al., 2013),<br />
aber auch die „Flexibilität“ statistischer Auswertungsverfahren (Ioannidis, 2005; Simmons et al., 2011),<br />
der Einfluss von Sponsoren auf Bef<strong>und</strong>e (Bodenheimer, 2000; Kesselheim et al., 2012; Lexchin et al.,<br />
2003) oder generelle Schwierigkeiten der Akzeptanz oder Einhaltung ethischer Gr<strong>und</strong>sätze (Guttman,<br />
2003; Loss & Nagel, 2009) werden thematisiert. Jüngere öffentliche Kontroversen, beispielsweise über<br />
die unzureichende statistische Power von Untersuchungen (Button et al., 2013) oder die relativ<br />
geringe Replizierbarkeit zentraler Bef<strong>und</strong>e (Yong, 2012) liefern weitere Hinweise auf Problembereiche,<br />
die im Rahmen der Pr<strong>of</strong>essionalisierung <strong>und</strong> Qualitätssicherung der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
adressiert werden könnten. Sehr vielversprechend erscheinen daher f<strong>und</strong>ierte Auseinandersetzungen<br />
mit Standards oder Empfehlungen, die als Konsequenz entsprechender Debatten in den<br />
Vergleichsdisziplinen entwickelt wurden <strong>und</strong> mittlerweile weit akzeptiert sind. Neben den relativ<br />
bekannten <strong>und</strong> auch in einigen kommunikationswissenschaftlichen Fachzeitschriften berücksichtigten<br />
Richtlinien zur Gestaltung wissenschaftlicher Manuskripte der American Psychological Association<br />
(APA; z. B. 2010) finden sich in der Literatur auch spezielle Richtlinien zur Manuskriptgestaltung bei<br />
medizinisch relevanten Publikationen (z. B. International Committee <strong>of</strong> Medical Journal Editors, 2010)<br />
oder zur Darstellung zum Bericht der Bef<strong>und</strong>e aus randomisierten experimentellen Untersuchungen<br />
(z. B. das CONSORT-Statement: Calvert et al., 2013; Moher et al., 2004).<br />
Erkenntnisreich dürfte zudem die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argumenten<br />
sein, die in den einschlägigen Fachzeitschriften gut dokumentiert sind. In den drei genannten<br />
Disziplinen ist beispielsweise eine starke Bewegung in Richtung einer Evidenzbasierung auszumachen,<br />
die in der Literatur insbesondere unter den Stichworten evidenzbasierte Medizin (EBM; Rogers, 2007;<br />
Timmermans, 2003) <strong>und</strong> evidenzbasierte Praxis (EBP; Mangold, 2011; Rubin, 2007) diskutiert wurde. In<br />
der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation lassen sich zwar durchaus vereinzelt Bestrebungen <strong>für</strong> eine stärkere<br />
empirisch nachgewiesene Effektivität ausmachen, eine f<strong>und</strong>ierte Diskussion der theoretischen <strong>und</strong><br />
insbesondere methodischen Implikationen in größerem Rahmen steht jedoch noch aus (vgl. z. B.<br />
Brown et al., 2006; Fischh<strong>of</strong>f et al., 2011; Robinson et al, 1998; Rossmann, 2010). Die hier<br />
vorgeschlagene Präsentation ist daher auch als Impuls zur Inspiration einer entsprechenden Diskussion<br />
gedacht.<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 83
Dieser Exkurs zu vergangenen sowie laufenden Pr<strong>of</strong>essionalisierungsdebatten <strong>und</strong> ihren jeweiligen<br />
Ergebnissen soll helfen, Hinweise auf potenziell oder tatsächlich problematische Entwicklungen sowie<br />
Lösungsvorschläge aus wissenschaftlichen Disziplinen mit vergleichbarem Erkenntnisziel zu erhalten.<br />
Eine Reflektion dieser Debatten, der daraus gewonnenen Erkenntnisse <strong>und</strong> ihrer Übertragbarkeit auf<br />
die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation kann dazu beitragen, den Status dieser im deutschen Raum noch<br />
jungen akademische Disziplin, die Sicherstellung der Qualität ihrer empirischen Bef<strong>und</strong>e sowie ihre<br />
Pr<strong>of</strong>essionalisierung <strong>und</strong> institutionelle Verankerung zu fördern. Hauptziel der vorgeschlagenen<br />
Präsentation ist es somit, <strong>für</strong> methodische Probleme <strong>und</strong> deren realweltliche Konsequenzen zu<br />
sensibilisieren <strong>und</strong> anhand konkreter Standardisierungs- <strong>und</strong> Qualitätssicherungsempfehlungen der<br />
Nachbardisziplinen eine Debatte über die Sinnhaftigkeit <strong>und</strong> Notwendigkeit entsprechender<br />
Adaptionen <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation anzuregen<br />
84 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
SELBSTVERSTÄNDNIS DER AD-HOC-GRUPPE<br />
GESUNDHEITSKOMMUNIKATION<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit zählen zu den größten Herausforderungen moderner Gesellschaften.<br />
Ges<strong>und</strong>heitspolitische <strong>und</strong> demografische Entwicklungen, medizin(techn)ische Fortschritte, die<br />
zunehmende Verbreitung ges<strong>und</strong>heitsschädigender Lebensstile <strong>und</strong> vermeidbarer Krankheiten sowie<br />
Bedrohungen durch Epidemien haben zu nachhaltigen Veränderungen <strong>und</strong> Problemen im<br />
Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen beigetragen. Diese stellen Leistungsanbieter <strong>und</strong> -empfänger vor neue<br />
Kommunikationsherausforderungen. Der herausragende Stellenwert von Medien <strong>und</strong> Kommunikation<br />
manifestiert sich auch im individuellen Umgang mit Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit, in der Interaktion<br />
zwischen Ärzten <strong>und</strong> Patienten sowie in den Strukturen <strong>und</strong> Prozessen der Prävention,<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> medizinischen Versorgung. Zugleich gewinnen ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Medieninhalte sowohl aus Anbieter- als auch aus Rezipientensicht zunehmend an Bedeutung. Dadurch<br />
hat sich das Kommunikationsverhalten aller in die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung involvierten Akteure<br />
nachhaltig verändert, woraus sich ein immenser Forschungsbedarf <strong>für</strong> Wissenschaftsdisziplinen ergibt,<br />
die sich mit medialer <strong>und</strong> inter-personaler Kommunikation in Ges<strong>und</strong>heitskontexten befassen.<br />
Der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft kommt dabei eine zentrale Rolle zu. So lassen sich<br />
viele Fragestellungen als Anwendungsfälle bestehender Kommunikationstheorien betrachten <strong>und</strong> mit<br />
dem existierenden Methodeninstrumentarium beantworten. Es ergeben sich jedoch auch<br />
gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftliche Herausforderungen, wenn beispielsweise Modelle der Informationssuche<br />
<strong>und</strong> -verarbeitung sowie der Medienwirkungen auf die besonderen Umstände des Umgangs mit<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit hin spezifiziert werden müssen. Dabei steht die<br />
Kommunikationswissenschaft auch vor der Herausforderung, die <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
relevanten Perspektiven aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen stärker miteinander zu<br />
verbinden <strong>und</strong> die Erfahrungen <strong>und</strong> kommunikationsbezogenen Handlungsanforderungen aus dem<br />
präventiven, medizinisch-therapeutischen, technischen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitspolitischen Bereich zu<br />
integrieren.<br />
Während sich das Forschungs- <strong>und</strong> Praxisfeld Health Communication im anglo-amerikanischen Raum<br />
bereits vor Jahrzehnten etabliert hat, befindet sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem<br />
Themenfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im europäischen Raum noch in ihren Anfängen. Verschiedene<br />
Studien-, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsprogramme, Vernetzungsinitiativen, geplante <strong>und</strong> geschaffene<br />
Stellen auf Mitarbeiter- <strong>und</strong> Pr<strong>of</strong>essorenebene, Publikationsaktivitäten <strong>und</strong> Kongresse (erst kürzlich<br />
mit r<strong>und</strong> 80 Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmern in München) sowie thematische Panels deuten jedoch<br />
darauf hin, dass das Forschungsfeld auch hierzulande expandiert. Mit der Gründung der Ad-hoc-<br />
Gruppe „Ges<strong>und</strong>heitskommunikation“ in der DGPuK soll ein Beitrag zur <strong>Institut</strong>ionalisierung dieses<br />
gesellschaftlich wie kommunikationswissenschaftlich hochrelevanten Forschungsfeldes geleistet<br />
werden. Folgende Fragen stehen dabei im Vordergr<strong>und</strong>:<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 85
Welche Bedeutung haben massenmediale, mediengestützte <strong>und</strong> interpersonale<br />
Kommunikation <strong>für</strong> die verschiedenen in die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung involvierten Akteure <strong>und</strong><br />
Akteursgruppen <strong>und</strong> ihr Ges<strong>und</strong>heitshandeln?<br />
<br />
<br />
<br />
Ziele<br />
Welche kommunikationsstrategischen Implikationen lassen sich hieraus ableiten <strong>und</strong> wie<br />
lassen sich intendierte Formen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation adäquat evaluieren?<br />
Wie lassen sich ges<strong>und</strong>heitsbezogene Kommunikationsformen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsrelevante<br />
Kommunikationsprozesse theoretisch <strong>und</strong> empirisch modellieren <strong>und</strong> erklären?<br />
Welchen Einfluss haben die Veränderungen des Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesens auf Inhalte<br />
<strong>und</strong> Strukturen massenmedialer, mediengestützter <strong>und</strong> interpersonaler Kommunikation, auf<br />
ihr Zusammenwirken, den Kommunikationsprozess sowie auf die an ihm beteiligten Akteure<br />
<strong>und</strong> ihre Kommunikationsbedürfnisse?<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
ein Forum <strong>für</strong> Kommunikationswissenschaftlerinnen <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaftler in<br />
der DGPuK schaffen, die an Fragestellungen im Forschungsfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
arbeiten, <strong>und</strong> ihre Vernetzung fördern<br />
einen Beitrag zur Systematisierung des Forschungsfeldes Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> zur<br />
Theorieentwicklung leisten<br />
Strukturen unterstützen, die die interdisziplinäre Vernetzung der kommunikationswissenschaftlichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitskommunikation sowie die kommunikationswissenschaftliche<br />
Beteiligung an medizin-, ges<strong>und</strong>heits-, versorgungs-, pflege- <strong>und</strong> rehabilitationswissenschaftlichen<br />
Forschungsaktivitäten erleichtern<br />
die internationale Sichtbarkeit der Forschungsaktivitäten aus dem deutschsprachigen Raum im<br />
Bereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation erhöhen<br />
geplante Aktivitäten<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Organisation von Tagungen (Interesse aus Hannover <strong>und</strong> Mainz wurde bereits signalisiert)<br />
Etablierung <strong>und</strong> Pflege einer Webseite<br />
regelmäßige Treffen der Ad-hoc-Gruppe im Rahmen der DGPuK-Jahrestagung<br />
Präsenz der Mitglieder auf nationalen <strong>und</strong> internationalen Fachtagungen (z.B. durch<br />
Einreichung von Panels)<br />
86 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts<br />
„Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld der Kommunikations- <strong>und</strong><br />
Medienwissenschaft.“ Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
in der DGPuK<br />
21. bis 23. November 2013, Hannover<br />
Organisiert von<br />
dem Sprecherteam der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />
Dr. Eva Baumann (Kontakt: eva.baumann@uni-bielefeld.de)<br />
Dr. Constanze Rossmann (Kontakt: rossmann@ifkw.lmu.de)<br />
Jun.-Pr<strong>of</strong>. Dr. Matthias Hastall (Kontakt: matthias.hastall@tu-dortm<strong>und</strong>.de)<br />
dem <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Journalistik</strong> <strong>und</strong> Kommunikationsforschung Hannover<br />
Pr<strong>of</strong>. Dr. Christoph Klimmt (Kontakt: Christoph.Klimmt@ijk.hmtm-hannover.de)<br />
Alexandra Sowka, M.A. (Kontakt: alexandra.sowka@ijk.hmtm-hannover.de)<br />
Stefanie Wahl, M.A. (Kontakt: stefanie.wahl@ijk.hmtm-hannover.de)<br />
<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 87