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Book of ABSTRACTS - Institut für Journalistik und ...

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Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld<br />

der Kommunikations- <strong>und</strong><br />

Medienwissenschaft<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong><br />

<strong>ABSTRACTS</strong><br />

Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

in der DGPuK<br />

21. bis 23. November 2013, Hannover<br />

mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung von


2 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld<br />

der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft<br />

Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in der DGPuK<br />

21. bis 23. November 2013 in Hannover<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Medieninhalte gewinnen sowohl <strong>für</strong> Anbieter von Information <strong>und</strong> Beratung<br />

als auch <strong>für</strong> Nutzer dieser Angebote an Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie<br />

Maßnahmen der Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung kommunikativ zu begleiten sind, sondern<br />

auch um nicht-intendierte Effekte, die mit Kommunikation <strong>und</strong> Mediennutzung verb<strong>und</strong>en sein<br />

können. Hieraus resultiert ein immenser Forschungsbedarf <strong>für</strong> Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit<br />

medialer <strong>und</strong> interpersonaler Kommunikation in Ges<strong>und</strong>heitskontexten befassen.<br />

Der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Viele<br />

Fragestellungen lassen sich als Anwendungsfälle bestehender Kommunikationstheorien betrachten<br />

<strong>und</strong> mit dem existierenden Methodeninstrumentarium beantworten. Gleichzeitig handelt es sich<br />

jedoch um ein Forschungsfeld, in dem theoretische Konzepte <strong>und</strong> empirische Zugänge aus anderen<br />

Disziplinen integriert werden müssen, um die Besonderheiten ges<strong>und</strong>heitsrelevanter<br />

Vermittlungsprozesse angemessen greifen zu können. Entsprechend steht die<br />

Kommunikationswissenschaft vor der Herausforderung, die <strong>für</strong> Kommunikationsstrukturen <strong>und</strong><br />

-prozesse relevanten Aspekte aus medizinischen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitswissenschaftlichen Disziplinen mit<br />

kommunikationswissenschaftlichen Theorien <strong>und</strong> bewährten empirischen Zugängen zu verbinden.<br />

Darüber hinaus bieten sich Bezüge zu Forschungsfeldern innerhalb der Kommunikationswissenschaft<br />

an, die es noch zu definieren <strong>und</strong> zu systematisieren gilt.<br />

Die Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in der DGPuK möchte eine Plattform zur<br />

<strong>Institut</strong>ionalisierung dieses Forschungsfeldes in der Publizistik, Kommunikationswissenschaft <strong>und</strong><br />

Medienforschung im deutschsprachigen Raum schaffen. Ziel der ersten Tagung der Ad-hoc-Gruppe<br />

ist daher, das Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation innerhalb der kommunikations- <strong>und</strong><br />

medienwissenschaftlichen Forschungslandschaft abzustecken <strong>und</strong> zentrale Herausforderungen <strong>und</strong><br />

Entwicklungspotenziale zu identifizieren. Entsprechend breit ist das thematische Spektrum der<br />

Tagung angelegt:<br />

fachhistorische oder -strukturelle Über- <strong>und</strong> Ausblicke zum Forschungsfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

Theorien <strong>und</strong> Modelle der Selektion, Thematisierung, Nutzung <strong>und</strong> Wirkung ges<strong>und</strong>heitsrelevanter<br />

Informationen<br />

Akteursrollen im Kontext ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Kommunikationsprozesse<br />

Gesellschaftliche, wirtschaftliche <strong>und</strong> rechtliche Rahmenbedingungen der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

Darstellungen von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit in Informations- <strong>und</strong> Unterhaltungsangeboten<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 3


Ansätze <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e zum Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus<br />

interpersonale, mediengestützte <strong>und</strong> massenmediale Informationsquellen<br />

<strong>und</strong> Kommunikationskanäle der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

Zielgruppen <strong>und</strong> Kommunikationsstrategien der Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung,<br />

des Ges<strong>und</strong>heitsmarketing <strong>und</strong> der ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Risikokommunikation<br />

Selektion, Nutzung <strong>und</strong> Verarbeitung medialer Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften<br />

intendierte <strong>und</strong> nicht-intendierte Wirkungen von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften<br />

Zur ihrer ersten Tagung hat die Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation gemeinsam mit dem<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Journalistik</strong> <strong>und</strong> Kommunikationsforschung der Hochschule <strong>für</strong> Musik, Theater <strong>und</strong><br />

Medien im November 2013 nach Hannover eingeladen. Bei der Tagung soll es nicht nur darum<br />

gehen, die aktuellen Forschungsschwerpunkte zu skizzieren, sondern auch darum, Forschungslücken<br />

zu ermitteln, die aus den <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitskontexte spezifischen Vermittlungsanforderungen<br />

resultieren. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sollten auch interdisziplinäre<br />

Blickrichtungen einbezogen werden, die der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft wertvolle<br />

Forschungsimpulse liefern. Mit der Tagung möchten wir zugleich ein Forum zum Austausch über<br />

Forschungsarbeiten <strong>und</strong> -ideen <strong>und</strong> zur Vernetzung anbieten.<br />

Wir freuen uns, Ihnen in diesem <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts die in Hannover vorgestellten Beiträge<br />

zusammenzufassen. Die Vorträge beleuchten die Fragen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als<br />

Anwendungsfeld <strong>und</strong> Herausforderung der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft theoretisch<br />

<strong>und</strong>/oder empirisch <strong>und</strong> geben erste Antworten darauf, was das Fach <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation schon heute leisten kann oder künftig leisten sollte.<br />

Wir bedanken uns bei allen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, die mit ihren Einreichungen zu diesem<br />

Tagungsprogramm beigetragen haben.<br />

Im Namen der Ad-hoc-Gruppe<br />

Eva Baumann<br />

Universität Bielefeld<br />

Matthias Hastall<br />

TU Dortm<strong>und</strong><br />

Constanze Rossmann<br />

LMU München<br />

Im Namen des IJK Hannover<br />

Stefanie Wahl<br />

HMTM Hannover<br />

Alexandra Sowka<br />

HMTM Hannover<br />

Christoph Klimmt<br />

HMTM Hannover<br />

4 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Programm ........................................................................................................................ 7<br />

Panel 1: Erfolgsfaktoren von Kampagnenstrategien ......................................................... 10<br />

Matthias R. Hastall & Anna Wagner<br />

Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive Zuwendung als<br />

Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten: Eine theoretische <strong>und</strong> empirische Analyse ...... 10<br />

Tino Meitz, Anja Kalch & Mirjam Groß<br />

Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate partner violence prevention ................ 14<br />

Monika Suckfüll, Mira Reuter & Julia Schmidt<br />

Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen .................................................................. 17<br />

Thomas Friemel, Tobias Frey & Karin Elbrecht<br />

Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“ ............................................. 20<br />

Panel 2: Herausforderungen im Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus .......................... 23<br />

Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />

Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die<br />

Problematik ihrer Anwendung am Beispiel des Themas Krebs .................................................... 23<br />

Nadine Remus<br />

Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation ............................... 26<br />

Markus Schäfer<br />

Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen Presserates zu<br />

Beschwerden zur Suizidberichterstattung ................................................................................. 29<br />

Panel 3: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web ....................................................... 32<br />

Nicola Krömer & Britta Zwillich<br />

Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren <strong>für</strong> die Nutzungsintention ....................... 32<br />

Elena Link, Helmut Scherer & Daniela Schlütz<br />

Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung – Eine explorative<br />

Untersuchung des Informationshandelns von Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich<br />

Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen ................................................................................... 36<br />

Verena Lindacher, Janina Curbach & Julika Loss<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine Inhaltsanalyse der<br />

Kommunikation auf Facebook .................................................................................................. 42<br />

Eva Baumann, Elena Link & Hannah Früh<br />

Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im Kontext von<br />

Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft ........................................................................................ 45<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 5


Panel 4: Berichterstattung über Ges<strong>und</strong>heitskrisen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

der Krisenkommunikation ............................................................................................... 48<br />

Susanne Gedamke<br />

Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit - Burnout in der öffentlichen Kommunikation<br />

der Schweiz ............................................................................................................................ 48<br />

Lisa Meyer, Constanze Rossmann & Peter Schulz<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-Pandemie<br />

im internationalen Vergleich .................................................................................................... 51<br />

Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei, Claudia Hornberg,<br />

Alexander Krämer & Dietrich Plaß<br />

Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene Risikokommunikation<br />

am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland ............................................................... 54<br />

Panel 5: Innovative Kommunikationsstrategien Teil I: Zielgruppenorientierung ............... 57<br />

Doreen Reifegerste, May-Brittt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz & Lutz Hagen<br />

Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen ..................................................... 57<br />

Agathe Swiatoszcyk & Margret Schrader<br />

Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der Krebsprävention am<br />

Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“. Wie können wir Männer zur<br />

Früherkennungskoloskopie bewegen? ...................................................................................... 60<br />

Panel 5: Innovative Kommunikationsstrategien Teil II: Unterhaltungsorientierung .......... 65<br />

Christiane Grill & Andreas Enzminger<br />

Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“ auf<br />

Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein ................................................................................ 65<br />

Jürgen Grimm & Maria Emilia Rosenzweig<br />

Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />

auf das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein .............................................................................................. 70<br />

Panel 6: Empirische Herausforderungen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung<br />

Claudia Lampert, Michael Grimm & Stefanie Wahl .................................................................. 79<br />

Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs ....................................................... 79<br />

Doreen Reifegerste & Matthias R. Hastall<br />

Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation:<br />

Anregungen aus Debatten in Nachbardisziplinen....................................................................... 82<br />

6 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


PROGRAMM<br />

Donnerstag, 21.11.2013<br />

ab 19:00 GET TOGETHER<br />

Café Conrad, Knochenhauerstr. 34, 30159 Hannover<br />

Freitag, 22.11.2013<br />

09:15-09:35 BEGRÜßUNG<br />

Christoph Klimmt, Direktor des IJK Hannover<br />

Eva Baumann, Ad-hoc Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

09:35-10:15 KEYNOTE<br />

Heinz Bonfadelli, Universität Zürich<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation – ein Forschungsfeld in Bewegung<br />

10:15-10:30 KAFFEEPAUSE<br />

10:30-12:15 PANEL 1: Erfolgsfaktoren von Kampagnenstrategien<br />

Moderation: Doreen Reifegerste<br />

Matthias R. Hastall, Anna Wagner<br />

Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive Zuwendung als<br />

Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten: Eine theoretische <strong>und</strong> empirische<br />

Analyse<br />

Tino Meitz, Anja Kalch, Mirjam Groß<br />

Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate partner violence prevention<br />

Monika Suckfüll, Mira Reuter, Julia Schmidt<br />

Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen<br />

Thomas Friemel, Tobias Frey, Karin Elbrecht<br />

Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“<br />

12:15-13:45 MITTAGSPAUSE<br />

13:45-15:00 PANEL 2: Herausforderungen im Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus<br />

Moderation: Nicole Gonser<br />

Michael Grimm, Stefanie Wahl<br />

Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die<br />

Problematik ihrer Anwendung am Beispiel des Themas Krebs<br />

Nadine Remus<br />

Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation<br />

Markus Schäfer<br />

Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen Presserates<br />

zu Beschwerden zur Suizidberichterstattung<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 7


15:00-15:15 KAFFEEPAUSE<br />

15:15-16:05 PANEL 3 – Teil I: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web<br />

Moderation: Christoph Klimmt<br />

Nicola Krömer, Britta Zwillich<br />

Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren <strong>für</strong> die Nutzungsintention<br />

Elena Link, Helmut Scherer, Daniela Schlütz<br />

Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung<br />

16:05-16:35 KAFFEEPAUSE<br />

16:35-17:25 PANEL 3 – Teil II: Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Social Web<br />

Moderation: Christoph Klimmt<br />

Verena Lindacher, Janina Curbach, Julika Loss<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine<br />

Inhaltsanalyse der Kommunikation auf Facebook<br />

Eva Baumann, Elena Link, Hannah Früh<br />

Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im Kontext von<br />

Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft<br />

17:25-17:45 KAFFEEPAUSE<br />

17:45-18:45 AD-HOC-GRUPPENSITZUNG<br />

19:30 ABENDESSEN<br />

Restaurant Aresto, Klostergang 2, 30159 Hannover<br />

Samstag, 23.11.2013<br />

09:00-09:25 IMPULSVORTRAG<br />

Dr. Sveja Eberhard, Stabsbereich Ges<strong>und</strong>heitspolitik <strong>und</strong> Versorgungsforschung der AOK<br />

Niedersachsen<br />

Krankheiten in der öffentlichen Wahrnehmung: Herausforderungen <strong>für</strong> das<br />

Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />

09:25-10:40 PANEL 4: Berichterstattung über Ges<strong>und</strong>heitsrisiken <strong>und</strong> Herausforderungen der<br />

Krisenkommunikation<br />

Moderation: Matthias R. Hastall<br />

Susanne Gedamke<br />

Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit –Burnout in der öffentlichen Kommunikation<br />

der Schweiz<br />

Lisa Meyer, Constanze Rossmann, Peter Schulz<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-Pandemie<br />

im internationalen Vergleich<br />

8 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei,<br />

Claudia Hornberg, Alexander Krämer, Dietrich Plaß<br />

Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />

Risikokommunikation<br />

am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland<br />

10:40-10:55 KAFFEEPAUSE<br />

10:55-11:45 PANEL 5 – Teil I: Innovative Kommunikationsstrategien: Zielgruppenorientierung<br />

Moderation: Claudia Lampert<br />

Doreen Reifegerste, May-Britt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz, Lutz Hagen<br />

Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen<br />

Agathe Swiatoszcyk, Margret Schrader<br />

Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der Krebsprävention<br />

am Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“ Wie können wir Männer<br />

zur Früherkennungskoloskopie bewegen?<br />

11:45-12:15 MITTAGSSNACK<br />

12:15-13:05 PANEL 5 – Teil II: Innovative Kommunikationsstrategien:<br />

Unterhaltungsorientierung<br />

Moderation: Claudia Lampert<br />

Christiane Grill, Andreas Enzminger<br />

Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“ auf<br />

Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />

Jürgen Grimm, Maria Emilia Rosenzweig<br />

Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie „Der Bergdoktor“ auf das<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />

13:05-13:15 KAFFEEPAUSE<br />

13:15-14:05 PANEL 6: Empirische Herausforderungen der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung<br />

Moderation: Constanze Rossmann<br />

Claudia Lampert, Michael Grimm, Stefanie Wahl<br />

Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs<br />

Doreen Reifegerste, Matthias R. Hastall<br />

Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation: Anregungen aus Debatten in<br />

Nachbardisziplinen<br />

14:05-14:30 ABSCHLUSSDISKUSSION UND VERABSCHIEDUNG<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 9


PANEL 1: ERFOLGSFAKTOREN VON KAMPAGNENSTRATEGIEN<br />

Matthias R. Hastall & Anna Wagner<br />

Bedrohlichkeits- <strong>und</strong> Bewältigungseinschätzungen, Besorgnis <strong>und</strong> selektive<br />

Zuwendung als Mediatoren von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaftseffekten:<br />

Eine theoretische <strong>und</strong> empirische Analyse<br />

Viele bekannte Ansätze des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens wie das Extended Parallel Process Model (EPPM:<br />

Witte, 1992) oder die Protection Motivation Theory (PMT: Rogers, 1983) postulieren, dass<br />

Botschaften indirekt wirken, indem sie zunächst bestimmte Kognitionen <strong>und</strong> Emotionen beim<br />

Rezipienten auslösen, welche dann wiederum – im besten Falle – die eigentlich intendierten Effekte<br />

(z. B. Verhaltensänderungen) evozieren. In der Literatur finden sich stark abweichende Annahmen<br />

bezüglich der Frage, inwieweit diese intervenierenden psychologischen Prozesse unabhängig<br />

voneinander ablaufen <strong>und</strong> in welchem Maße sie direkt oder indirekt mit den erwünschten<br />

Verhaltensänderungen zusammenhängen (z. B. Cismaru & Lavack, 2007; de Vries et al., 2012; So,<br />

2013). Unklar ist weiterhin, ob diese intervenierenden Prozesse Ursache oder Folge der selektiven<br />

Zuwendung zu entsprechenden Botschaften sind (z. B. Rimal, 2001; Witte, 1992) – ob Emotionen <strong>und</strong><br />

Kognitionen also durch die Botschaftszuwendung hervorgerufen werden oder umgekehrt eher eine<br />

verstärkte Zuwendung bewirken – <strong>und</strong> welche Rolle der Besorgnis (Worry) der Rezipienten dabei<br />

zukommt (Hall et al., 2009). Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zu prüfen, inwieweit (1)<br />

Botschaftseffekte tatsächlich indirekt auf Verhaltensintentionen wirken, d. h. teilweise oder<br />

vollständig über Selbstwirksamkeits- <strong>und</strong> Risikowahrnehmung mediiert sind <strong>und</strong> zu eruieren welche<br />

Rolle (2) die selektive Zuwendung sowie (3) die Besorgnis im Prozess der Persuasion spielen.<br />

Die Frage nach indirekten Wirkungen von Botschaften hat neben theoretischen Implikationen auch<br />

handfeste statistische Konsequenzen. Falls Effekte von Botschaftsmanipulationen tatsächlich<br />

teilweise (partielle Mediation) oder ausschließlich (vollständige Mediation) das Resultat<br />

intervenierender psychologischer Prozesse wie z. B. Risiko- <strong>und</strong> Selbstwirksamkeitseinschätzungen<br />

der Rezipienten sind, würden Varianzanalysen als „Standardverfahren“ der Auswertung<br />

experimenteller Studien (Grunwald & Hempelmann, 2012, S. 14) irreführende Schlussfolgerungen<br />

begünstigen. Zeigt eine Varianzanalyse beispielsweise einen signifikanten Effekt der<br />

Botschaftsmanipulation, wird dieser als direkter Effekt interpretiert, obwohl in Wirklichkeit eine<br />

vollständige Mediation vorliegen kann, d. h. ein solcher nicht existiert. Nicht signifikante<br />

Botschaftseffekte in ANOVAs werden wiederum so interpretiert, dass die Manipulation der Botschaft<br />

keinen Einfluss auf die abhängige Variable hatte, obwohl eine indirekte Wirkung vorliegen könnte<br />

(vgl. z. B. Hayes, 2013). In Übereinstimmung mit Annahmen aus Ansätzen wie dem EPPM oder der<br />

PMT postulieren wir folgende Simple-Mediation-Annahme:<br />

H1: Der Einfluss der Botschaftsmanipulationen auf Verhaltensintentionen erfolgt teilweise oder<br />

vollständig vermittelt über kognitive <strong>und</strong>/oder emotionale Rezipientenprozesse.<br />

10 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Relativ übereinstimmend wird in mehreren Ansätzen angenommen, dass bei der Konfrontation mit<br />

einem Ges<strong>und</strong>heitsrisiko zunächst eine Einschätzung der Bedrohlichkeit erfolgt <strong>und</strong><br />

Selbstwirksamkeitswahrnehmungen erst eine Rolle spielen, wenn kommunizierte Bedrohungen als<br />

relevant erachtet werden (z. B. de Hoog et al., 2008; Witte, 1992). Unklar ist jedoch, inwieweit die<br />

Komponenten der Bedrohlichkeitseinschätzung (Schweregrad <strong>und</strong> Vulnerabilität) unabhängig oder<br />

abhängig voneinander wirken <strong>und</strong> in welchem Zusammenhang sie mit der wahrgenommenen<br />

Selbstwirksamkeit der Rezipienten stehen (Cismaru & Lavack, 2007; Knobloch-Westerwick, 2008;<br />

Rogers, 1975; So, 2013; Witte, 1992). Ziel dieser Untersuchung ist es, den entsprechenden kausalen<br />

Wirkungspfad sowie das Verhältnis der Konstrukte zueinander besser zu verstehen. Genauso<br />

ungeklärt ist wie erwähnt, ob die selektive Zuwendung zu den Botschaften Ursache (z. B. Turner et<br />

al., 2006; Knobloch-Westerwick, 2008) oder Wirkung (Rogers, 1983; Witte, 1992) der<br />

intervenierenden Rezipientenprozesse ist <strong>und</strong> ob die Zuwendung direkt oder indirekt mit<br />

Botschaftswirkungen auf Verhaltensintentionen zusammenhängt. In Ergänzung zu Hypothese H1<br />

postulieren wir folgende Annahme:<br />

H2: Der Grad der selektiven Zuwendung zu manipulierten Botschaften ist eher Ursache als Wirkung<br />

der Mediatoren Schweregrad, Vulnerabilität, Selbstwirksamkeit <strong>und</strong> Besorgnis <strong>und</strong> zudem direkt mit<br />

Verhaltensintentionen verknüpft.<br />

Inkonsistente Annahmen existieren auch bezüglich der Rolle der Besorgnis als unkontrollierbare, mit<br />

negativem Affekt verb<strong>und</strong>ene Kognition (McCaul & Mullens, 2003) im persuasiven Wirkungsprozess.<br />

Jüngere Studien sprechen da<strong>für</strong>, dass die durch eine Botschaft ausgelöste Besorgnis entscheidend <strong>für</strong><br />

die persuasive Wirkung einer Botschaft sein kann <strong>und</strong> aus einer erhöhten<br />

Bedrohlichkeitseinschätzung resultiert (Chapman & Coups, 2006; Ferrer et al., 2012; Hall et al., 2009;<br />

Magnan et al., 2009):<br />

H3: Die Besorgnis (Worry) ist eine Funktion der wahrgenommenen Bedrohungseinschätzung<br />

(Schweregrad, Vulnerabilität) <strong>und</strong> beeinflusst direkt die Verhaltensintentionen.<br />

Zum Test dieser Hypothesen wurde eine Sek<strong>und</strong>äranalyse der Daten einer laborexperimentellen<br />

Selektionsstudie (Autoren, 2013) mit 587 studentischen Teilnehmern (49.7% weiblich; M = 22.68<br />

Jahre, SD = 2.56) durchgeführt. Die Probanden hatten vier Minuten Zeit, ein<br />

Onlinenachrichtenmagazin mit acht Artikeln zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen zu lesen. Ihr Selektionsverhalten<br />

wurde nicht-reaktiv aufgezeichnet. Vier der Artikel waren bezüglich der suggerierten Vulnerabilität<br />

(niedrig versus hoch) <strong>und</strong> des Framings der Konsequenzen (Gewinn- versus Verlust-Frame, vgl.<br />

O’Keefe & Jensen, 2009) im Sinne eines Between-Designs manipuliert. Im Anschluss an die<br />

Rezeptionsphase wurde mit jeweils zwei bis vier Items <strong>für</strong> jeden der manipulierten Artikel der<br />

wahrgenommene Schweregrad der thematisierten Bedrohung, die wahrgenommene Betr<strong>of</strong>fenheit,<br />

die Besorgnis, die Selbstwirksamkeitserwartung, die Intention zur weiteren Informationssuche <strong>und</strong><br />

die Intention zu adaptiven Verhaltensänderungen erhoben (Cronbach-Alpha > .70).<br />

Für den Test, ob die Botschaftsmanipulationen direkt oder indirekt wirken, wurden vier Simple-<br />

Mediation-Analysen gerechnet (Hayes, 2013). Unabhängige Variable war entweder die in den<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften suggerierte Vulnerabilität oder das Framing der Konsequenzen, abhängige<br />

Variable entweder die Intention zur weiteren Informationssuche oder die Intention zur adaptiven<br />

Verhaltensänderung. Als Mediatoren wurden parallel der wahrgenommene Schweregrad der<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 11


Bedrohung, die Vulnerabilität, Besorgnis <strong>und</strong> die wahrgenommene Selbstwirksamkeit getestet.<br />

Gewinn-Verlust-Framing hatte keinerlei direkte oder indirekte Einflüsse auf die<br />

Verhaltensintentionen. Eine Bestätigung <strong>für</strong> Hypothese H1 fand sich <strong>für</strong> die Botschaftsmanipulation<br />

Vulnerabilität, deren Effekt auf Verhaltensintentionen nicht nur von allen vier Mediatoren beeinflusst<br />

wurde, sondern bei der <strong>für</strong> die Intention zu adaptiven Verhaltensänderungen sogar eine vollständige<br />

Mediation festgestellt wurde: Der Einfluss der Betr<strong>of</strong>fenheitsmanipulation auf entsprechende<br />

Verhaltensintentionen erfolgt demnach ausschließlich indirekt über die Risikowahrnehmung,<br />

Besorgnis <strong>und</strong> wahrgenommene Selbstwirksamkeit.<br />

Pfadmodelle wurden gerechnet, um die postulierten Beziehungen zwischen den<br />

Botschaftsmanipulationen, der selektiven Zuwendung <strong>und</strong> den vier Mediatoren (Schweregrad,<br />

Betr<strong>of</strong>fenheit, Besorgnis <strong>und</strong> Selbstwirksamkeit) <strong>für</strong> beide Verhaltensintentionen zu testen. Für<br />

Gewinn-Verlust-Framing war erneut kein direkter oder indirekter Effekt nachweisbar. Die zwei<br />

identischen Pfadmodelle <strong>für</strong> die Botschaftsmanipulation Vulnerabilität zeigen hingegen einen guten<br />

Modell-Fit <strong>und</strong> stützen die Annahmen der Hypothesen H1, H2 <strong>und</strong> H3: Die Botschaftsmanipulation<br />

bewirkte keine direkte Veränderung der Verhaltensintentionen (H1), als entscheidender erwies sich<br />

die selektive Zuwendung zu den Botschaften (H2). Das Ausmaß der ausgelösten Besorgnis hing<br />

primär von den Bedrohlichkeitskomponenten ab (H3) <strong>und</strong> beeinflusste Verhaltensintentionen sogar<br />

stärker als alle anderen Modellkomponenten.<br />

Die vorliegende Untersuchung spricht damit klar <strong>für</strong> die Existenz indirekter Wirkungspfade <strong>und</strong> ihre<br />

Berücksichtigung bei der Analyse experimenteller Botschaftswirkungen. In Ergänzung zu Modellen<br />

wie dem EPPM oder der PMT konnte der Einfluss der selektiven Zuwendung zu Botschaften bestätigt<br />

<strong>und</strong> zudem gezeigt werden, dass Besorgnis Verhaltensintentionen stärker beeinflusst als andere<br />

Modellvariablen. Die Konsequenzen <strong>für</strong> die theoretische Modellierung <strong>und</strong> statistische Prüfung der<br />

Effekte von Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften werden diskutiert.<br />

Baron, R. M. & Kenny, D. A. (1986). The moderator-mediator variable distinction in social psychological research:<br />

Conceptual, strategic, and statistical considerations. Journal <strong>of</strong> Personality and Social Psychology, 51, 1173-<br />

1182.<br />

Cismaru, M. & Lavack, A. M. (2007). Interaction effects and combinatorial rules governing protection motivation theory<br />

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12 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


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<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 13


Tino Meitz, Anja Kalch & Mirjam Groß<br />

Strategies <strong>of</strong> argumentation in campaigns for intimate<br />

partner violence prevention<br />

In conjunction with the Protection Against Violence Act, ratified in Germany in 2002, we examine<br />

Public Service Announcements (PSA) with a closer focus on „Intimate Partner Violence“ (IPV), i.e.<br />

violence directed against a spouse/an intimate partner. The study is based on an experimental<br />

research design, which examines different strategies <strong>of</strong> argumentation in the context <strong>of</strong><br />

correspondent audiovisual campaigns.<br />

In addition to the prosecution <strong>of</strong> such <strong>of</strong>fences, particular attention is given to the protection <strong>of</strong><br />

victims. The role <strong>of</strong> a “Support system” depends on the active role <strong>of</strong> a general public, which is aware<br />

<strong>of</strong> these forms <strong>of</strong> violence and knows how to react and prevent such incidents. This is all the more<br />

relevant as approximately one-third <strong>of</strong> intimate partner violence incidents in the US are perpetrated<br />

in the presence <strong>of</strong> witnesses (Cismaru, Jensen, & Lavack, 2010).<br />

This appeal is used as a bystander approach in IPV oriented Public Health campaigns (Tabachnick,<br />

2008) and, as Banyard, Plante, & Moynihan point out, focuses on behavioral change <strong>of</strong> the broader<br />

community. Audiovisual campaigns which are addressed explicitly at bystanders come across the<br />

same challenges as to whether they reach their target group as some campaigns for non-smoking<br />

(Hersey et al., 2003) or drug prevention (Sayeed, Fishbein, Hornik, Cappella, & Ahern, 2005) have:<br />

they generally are not subject to legal sanction, but appeal to the recipients voluntarily changing<br />

their attitude and/or behavior.Campaigns for IPV prevention that use the bystander approach have<br />

not been thoroughly researched yet; until now there are only case studies (Basile, 2003) or content<br />

analyses (Cismaru, Jensen, & Lavack, 2010); the few (quasi-)experimental designs are focused<br />

especially on monitoring campaign launches and based on pre-/post-tests <strong>of</strong> attention factors (Keller,<br />

Wilkinson, & Otjen, 2010). This empirical study will thus close a research gap.<br />

Our empirical approach goes along with the measured effects <strong>of</strong> different forms <strong>of</strong> communication<br />

by Ajzen (1971) and connects them with the variation <strong>of</strong> the strategy <strong>of</strong> argumentation in two ways<br />

(Keer, van den Putte, de Wit, & Neijens, 2013):<br />

1. Concerning the argument type and<br />

2. Concerning the message format.<br />

Our replication <strong>of</strong> the experimental design was motivated by the assumption that narrative factors as<br />

well as forms <strong>of</strong> argumentation might vary in regard <strong>of</strong> the thematic salience <strong>of</strong> differing health<br />

related topics.<br />

Especially, the remoteness <strong>of</strong> bystander-approaches, addressing a call to action as a result <strong>of</strong><br />

eventually witnessed behavior, is <strong>of</strong> interest as most <strong>of</strong> the experimental research in health<br />

communication is focused on directly addressing risk groups or individual and self-inflicted behaviors.<br />

These foci have in common: an outstanding reliance on involvement based approaches, an emphasis<br />

on peripheral route processing as well as an emphasis on testimonial based PSA and emotionalized<br />

communication appeals.<br />

14 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


For a pretest we extracted arguments from 21 audiovisual PSA and 19 print PSA, resulting in 36<br />

arguments (18 factual / 18 emotional). We pretested the arguments in regard <strong>of</strong> loading and<br />

affectiveness (n=49); age M=25 (SD = 7,286); gender-balanced. The study is a 2x2 experimental<br />

design varying form <strong>of</strong> presentation (rhetorical / testimonial) and type <strong>of</strong> argument (factual /<br />

emotional). The manipulated treatment is a ca. 350 words text, integrating the top 5 factual and top<br />

5 emotional arguments (pretest) presented in rhetorical and testimonial condition. We used a<br />

random cluster-sample (initial sample n= 605; response rate (completed) n=383); age = Md 26 (M =<br />

28,9; SD = 10,447), 72,2 % female participants.<br />

We tested Message Judgement (11 items, α = ,725 (Burke & Edell, 1989), Perceived Effectiveness (8<br />

items, α = ,889) (Dillard & Ye, 2008)), Transportation (9 items, α = ,698) (Green & Brock, 2000)<br />

and Reactance (4 items, α = ,877) (Dillard & Shen, 2005) (see also Busselle & Bilandzic, 2009;<br />

Bilandzic, Hastall, Kinnebrock, & Busselle, 2010; Keer, van den Putte, & Neijens, 2012).<br />

We replicated the hypothesis-set (Keer, van den Putte, de Wit, & Neijens, in press), which has been<br />

used in order to test argumentation in regard <strong>of</strong> binge-drinking:<br />

H1 (Message Judgement): Probands who read the testimonial-based text, evaluate the text‘s<br />

messages more positive than probands who read the rhetorical-based text.<br />

H2 (Perceived Effectiveness): Probands who read the testimonial-based text, perceive the text‘s<br />

effectiveness higher than probands who read the rhetorical-based text.<br />

H3 (Message Judgement): Probands who read the emotional text, evaluate the text‘s messages more<br />

positive than probands who read the factual text.<br />

H4 (Perceived Effectiveness): Probands who read the emotional text, perceive the text‘s<br />

effectiveness higher than probands who read the factual text.<br />

H5 (Message Judgement): Texts that feature congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong><br />

argument are evaluated more positive than mismatching texts. (Congruency = rhetorical+factual vs.<br />

testimonial-based+emotional)<br />

H6 (Perceived Effectiveness). Texts that feature congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and<br />

type <strong>of</strong> argument are perceived more effective than mismatching texts.<br />

H7 (Transportation): Congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong> argument cause higher<br />

transportation measures than mismatching texts.<br />

H8 (Reactance): Congruency <strong>of</strong> presentational characteristics and type <strong>of</strong> argument cause lower<br />

reactance measures than mismatching texts.<br />

Results show a dissonant picture <strong>of</strong> campaign-features’ effectiveness in comparison to the original<br />

study. While the original research showed significant interaction-effects, such interactions are<br />

entirely missing in regard <strong>of</strong> IPV-messages. Diametrically opposite, main effects indicate<br />

dysfunctional text-features.<br />

Exemplarily, as transportation <strong>of</strong> messages is regularly supposed to be more effective within<br />

emotional and testimonial-based texts, main effects <strong>of</strong> emotional as well as testimonial-based<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 15


narration were fo<strong>und</strong> for transportation, but showed deviating terms when tested against perceived<br />

effectiveness and message judgment (see table 1; figure 1). Interaction <strong>of</strong> congruent messages<br />

showed insignificant. While emotional appeals showed to be more effective in regard <strong>of</strong> perceived<br />

effectiveness but not accordant with message judgment , the testimonial-based messages were in<br />

general regarded as less effective and significantly down rated in regard <strong>of</strong> both dimensions.<br />

Reactance was measured significantly higher when messages were presented based on<br />

testimonials F (7,59), p = .006.<br />

In summary it can be said, therefore, that IPV-campaigns struggle with their communicative appeals’<br />

remoteness. IPV campaigns tend to affect participants, but specific textual features do not interact.<br />

Classical measures might show interaction effects (e.g. transportation), but these effects remain<br />

insignificant in regard <strong>of</strong> perceived effectiveness and message judgment.<br />

The current findings let us assume that bystander approaches are afflicted by a missing “call to<br />

action“ that – <strong>und</strong>er specific text-features – rather proliferate reactance against message appeals.<br />

Especially the importance <strong>of</strong> Theory <strong>of</strong> Planned Behavior, pointed out by Rossmann (2011) in relation<br />

to the development <strong>of</strong> prevention campaigns, states an important factor for the discussion <strong>of</strong> the<br />

results. From this perspective not only varying forms <strong>of</strong> communication become an important<br />

research interest, but also the role <strong>of</strong> governmental and non-governmental actors – as producers <strong>of</strong><br />

such communication services - is called into question, as to the ideas those actors have <strong>of</strong> ‘desirable’<br />

behavior.<br />

16 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Monika Suckfüll, Mira Reuter & Julia Schmidt<br />

Emotionale Wirkungen von Präventionskampagnen<br />

Die gesellschaftliche Relevanz einer ges<strong>und</strong>en Lebensweise ist unbestritten. Entsprechend versuchen<br />

unterschiedliche Organisationen, Menschen von einer ges<strong>und</strong>en Lebensweise zu überzeugen bzw. sie<br />

von einer ges<strong>und</strong>heitsschädigenden Lebensweise abzubringen. Dies geschieht häufig im Rahmen von<br />

Präventionskampagnen. Ein Großteil dieser Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften bedient sich so genannter<br />

Furchtappelle <strong>und</strong> gleichzeitig fokussiert auch die Forschung auf dieses Thema. Dahinter steht die<br />

Annahme, dass das Erzeugen von Furcht Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten im Sinne des Kommunikators<br />

ändern kann. Ob das tatsächlich der Fall ist, konnte bislang jedoch nicht abschließend beantwortet<br />

werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e erachten wir eine detaillierte, empirische Untersuchung gerade der<br />

durch Präventionskampagnen erzeugten Emotionen <strong>für</strong> die Weiterentwicklung des<br />

Forschungsgebietes <strong>für</strong> unabdingbar.<br />

Eine Meta-Analyse von Witte <strong>und</strong> Allen (2000) belegt, dass Furchtappelle eine positive<br />

Wirkung auf Einstellung <strong>und</strong> Verhalten haben können, wenn das richtige Maß an Furcht erzeugt wird.<br />

Andererseits konnte in den Studien bislang nicht abschließend geklärt werden, worauf genau die<br />

Wirksamkeit von Furchtappellen zurückzuführen ist. Gleichzeitig besteht das Problem, dass ein zu<br />

hohes Maß an Furcht nicht-intendierte Wirkungen hervorrufen kann, die von einem einfachen Nicht-<br />

Beachten der Botschaft bis hin zu Reaktanz reichen. Auch wird die adäquate Implementierung eines<br />

Furchtappells in eine Ges<strong>und</strong>heitskampagne immer wieder kontrovers diskutiert.<br />

Im Rahmen einer Systematisierung der Forschungsliteratur zu den Wirkungen von<br />

Furchtappellen haben die Autorinnen zwei ‚blinde Flecken‘ identifiziert: Zum einen ergab sich ein<br />

deutliches Defizit bei den in den bisherigen Forschungsarbeiten gewählten Methoden. Es dominieren<br />

eindeutig Befragungen <strong>und</strong> Interviews. Hierbei ist zu betonen, dass bei sensiblen Themen, wie sie in<br />

der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation die Regel sind, der Faktor der sozialen Erwünschtheit zu verzerrten<br />

Ergebnissen führen kann. Zum anderen wird in den meisten empirischen Studien wenn überhaupt,<br />

dann fast ausnahmslos die Emotion Furcht eindimensional (d.h., meist mit nur einer Frage)<br />

operationalisiert. Dem steht die im Zuge der Systematisierung gewonnene Erkenntnis gegenüber,<br />

dass eine Berücksichtigung der Emotion Ekel, wie sie bei Präventionskampagnen häufig auftritt, zu<br />

völlig anderen Ergebnissen führt (Leshner, Bolls & Wise, 2011; Morales, Wu & Fitzsimons, 2012).<br />

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften noch weitere, negative Emotionen wie<br />

Schuld, Scham oder Trauer hervorrufen können. Andererseits existieren ebenso Beispiele von<br />

Präventionskampagnen, die gezielt positive Emotionen erzeugen. Ein bekanntes Beispiel ist die<br />

MACH’S MIT!-Kampagne der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung. Wirken also<br />

Furchtappelle, die negative Emotionen wie Furcht, Ekel oder Scham auslösen können, wirklich<br />

‚besser‘ als Kampagnen, die positive Emotionen wie Spaß oder Freude hervorrufen?<br />

Der Fokus unserer Studie lag darauf, herauszufinden, welche Emotionen bei der Rezeption von<br />

audiovisuellen Spots im Rahmen von Präventionskampagnen tatsächlich entstehen <strong>und</strong> inwiefern<br />

diese Emotionen über die Rezeption hinaus wirken. Emotionen sind ein hochkomplexes Konstrukt,<br />

das wesentlich durch Bewertungsprozesse (appraisal: Scherer, 2001) getrieben ist. Individuelle <strong>und</strong><br />

situative Merkmale moderieren diese Prozesse. Eine Emotion kann definiert werden als „…a personsituation<br />

transaction that compels attention, has particular meaning to an individual, and gives rise<br />

to a coordinated yet flexible multisystem response to the ongoing person-situation transaction.“<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 17


(Gross & Thompson, 1999, S. 5). Emotionen bewirken also Veränderungen in den verschiedenen<br />

emotionalen Antwortsystemen. Emotionen führen zu Veränderungen des über Befragungen<br />

erfassbaren subjektiven Empfindens. Gleichzeitig sind Änderungen auf der motorischen Ebene,<br />

insbesondere des Gesichtsausdrucks, aber auch der Körperbewegungen, sowie auf der<br />

physiologischen Ebene zu beobachten (Mauss, et al., 2005). Im Labor <strong>für</strong> integrierte<br />

Rezeptionsforschung (IR lab ) an der Universität der Künste Berlin kombinieren wir Methoden, die auf<br />

eine Erfassung all dieser Komponenten eines emotionalen Prozesses zielen.<br />

In unserer Mehrmethoden-Studie haben wir uns auf die emotionalen Wirkungen von Spots<br />

gegen übermäßigen Alkoholkonsum <strong>und</strong> zu den Wirkungsweisen von Anti-Rauch-Spots konzentriert.<br />

45 Personen haben an der Studie teilgenommen. Frauen <strong>und</strong> Männer sind in der Stichprobe<br />

gleichverteilt. Es wurden sowohl RaucherInnen als auch Nicht-RaucherInnen untersucht. Das Alter<br />

der Probanden liegt zwischen 18 <strong>und</strong> 29 Jahren, weil sich die ausgewählten Spots an ein jüngeres<br />

Publikum wenden.<br />

Stimulusmaterial sind insgesamt sechs verschiedene Spots aus Präventionskampagnen. Drei<br />

Spots sprechen sich gegen übermäßigen Alkoholkonsum aus; bei den anderen drei Spots handelt es<br />

sich um Anti-Rauch-Botschaften. Die Auswahl der Themen Alkohol <strong>und</strong> Rauchen begründet sich<br />

durch die Tatsache, dass es sich in beiden Fällen um legale Alltagsdrogen handelt, die zu einer<br />

Abhängigkeit führen können. Bei der Auswahl der Spots wurde darauf geachtet, welche Emotionen<br />

möglicherweise durch diese ausgelöst werden können. Für jedes Thema – Alkohol <strong>und</strong> Rauchen -<br />

wurden zwei Botschaften ausgewählt, die negative Emotionen auslösen können (Furcht, Ekel <strong>und</strong><br />

Scham) sowie jeweils ein humoristisch gestalteter Spot, der gezielt positive Emotionen hervorrufen<br />

möchte. Das Stimulusmaterial insgesamt setzte sich <strong>für</strong> jede Versuchsperson aus einem Anti-Rauch<strong>und</strong><br />

einem Anti-Alkohol-Spot zusammen. Diese sind in ein ca. 20-minütiges Rahmenprogramm<br />

eingebettet, in dem weitere Werbespots sowie Filmtrailer <strong>und</strong> Filmausschnitte gezeigt wurden.<br />

Insgesamt wurden neun verschiedene Stimulusversionen erstellt, so dass jeder Anti-Rauch- mit<br />

jedem Anti-Alkohol-Spot kombiniert ist. Jeder dieser neun Versionen wurden fünf<br />

Untersuchungsteilnehmende zugeordnet, so dass letztlich jeder der sechs Spots von 15 Probanden<br />

gesehen wurde.<br />

Im Vorfeld der Datenerhebung im Labor wurden über einen online-Fragebogen<br />

soziodemografische Merkmale sowie das Ges<strong>und</strong>heitsverhalten abgefragt. Im Anschluss an die<br />

Rezeption füllten die Versuchspersonen einen weiteren Fragebogen aus, in dem die ungestützte<br />

Erinnerung an die gezeigten Spots abfragt wurde. Außerdem wurden postrezeptiv die entstandenen<br />

Emotionen, sowie das Rauch- <strong>und</strong> das Trinkverhalten mit Hilfe standardisierter Skalen erhoben<br />

(STANDARDIZED EMOTIONAL PROFILE (SEP): Holbrook & Batra, 1987). Zusätzlich wurde ein qualitatives<br />

Interview geführt.<br />

Besonders auffällig war bei den Auswertungen, dass sich auf Basis der Beobachtung der<br />

Gesichtsmimik starke <strong>und</strong> vielfältige emotionale Reaktionen der Untersuchungsteilnehmer zeigten,<br />

während die Ergebnisse der im Anschluss durchgeführten Befragungen deutlich davon abwichen<br />

bzw. im Gegensatz dazu standen. Die Gesichtsmimik wurde nach dem FACIAL ACTION CODING SYSTEM<br />

(FACS) kodiert. Im Vortrag werden wir diese Unterschiede zwischen den Ergebnissen <strong>für</strong> die Phase<br />

während der Rezeption <strong>und</strong> die Phase nach der Rezeption am Beispiel der Anti-Rauch-Spots genauer<br />

aufzeigen.<br />

Es kann festgehalten werden, dass die Emotionen insbesondere von ‚Betr<strong>of</strong>fenen‘ (den<br />

Rauchern) bereits während der Rezeption reguliert bzw. im Anschluss an die Rezeption umgedeutet<br />

18 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


werden. Raucher versuchten auch <strong>of</strong>t (ganz im Sinne von Reaktanz), die Botschaft zu relativieren.<br />

Dabei scheint es jedoch trotz aller individuellen Unterschiede ins<strong>of</strong>ern Gemeinsamkeiten zu geben,<br />

als dass Ekel postrezeptiv Furcht bedingt <strong>und</strong> moralische Bewertungen postrezeptiv Trauer evozieren.<br />

Es ist Aufgabe weiterer Forschung unter Berücksichtigung vorliegender emotionspsychologischer<br />

Erkenntnisse, diese Zusammenhänge näher zu ergründen.<br />

Gross, J. J., & Thompson, R. A. (2007). Emotion regulation. Conceptual fo<strong>und</strong>ations. In J. J. Gross, Handbook <strong>of</strong> Emotion<br />

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experience, behavior, and physiology. Emotion, 5(2), 175-190.<br />

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Marketing Research, 49(3), 383–393.<br />

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press.<br />

Witte, K. & Allen, M. (2000). A Meta-Analysis <strong>of</strong> Fear Appeals: Implications for Effective Public Health Campaigns. Health<br />

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<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 19


Thomas Friemel, Tobias Frey & Karin Elbrecht<br />

Evaluation der Verkehrssicherheitskampagne „Such Blickkontakt“<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Im Jahr 2011 wurden in der Schweiz 687 Fußgänger schwer verletzten <strong>und</strong> 69 kamen bei Unfällen mit<br />

Motorfahrzeugen ums Leben (bfu 2012). In <strong>und</strong> 70% der Unfälle handelt es sich um Kollisionen bei<br />

der Fahrbahnquerung, weshalb diesem Thema eine prioritäre Bedeutung bei der Reduktion der<br />

Unfallzahlen zugesprochen wird. Eine Kommunikationskampagne erscheint dabei ins<strong>of</strong>ern als<br />

sinnvoll, da die rechtlichen Rahmenbedingungen bereits seit längerer Zeit eine klare<br />

Vortrittsregelung vorsehen <strong>und</strong> mit baulichen Maßnahmen sowie technischen Innovationen<br />

höchstens längerfristig weitere Verbesserungen zu erreichen sind. Die vom Fond <strong>für</strong><br />

Verkehrssicherheit Schweiz (FVS) in Auftrag gegebene <strong>und</strong> von Road Cross, Automobilclub Schweiz<br />

<strong>und</strong> dem Verkehrssicherheitsrat entwickelte Kommunikations-kampagne „Such Blickkontakt“ hat<br />

zum Ziel, Wissen zu vermitteln <strong>und</strong> Einstellungen sowie Verhalten bei der Fahrbahnquerung zu<br />

verändern. Zur Zielgruppe gehören dabei sowohl Fußgänger wie auch Fahrzeuglenkende.<br />

Theorie<br />

Das Kampagnenkonzept verweist auf die Theory <strong>of</strong> Planned Behavior (TPB) bzw. Theorie des<br />

geplanten Verhaltens als zugr<strong>und</strong>eliegendes theoretisches Modell. Das von Ajzen <strong>und</strong> Fishbein (1980)<br />

entwickelte Modell geht davon aus, dass das Verhalten durch die Verhaltensabsicht erklärt werden<br />

kann, welche wiederum von drei weiteren Faktoren abhängig ist: 1) Die Einstellung gegenüber dem<br />

Verhalten, 2) die subjektiv wahrgenommene Norm, dieses Verhalten auszuführen <strong>und</strong> 3) die<br />

wahrgenommene Verhaltenskontrolle.<br />

Obwohl das Modell bereits in anderen Kampagnenevaluationen im Verkehrssicherheitsbereich<br />

Anwendung fand, (Evans/Norman 1998; 2003; Palat/Delhomme 2012; Zhou/Horrey 2010) gilt es zu<br />

beachten, dass die Theorie des geplanten Verhaltens auf den vorliegenden Gegenstand nur bedingt<br />

zu passen scheint. Für eine willentliche Verhaltensänderung, <strong>und</strong> nur solche können vom Modell<br />

erklärt werden, bedarf es der Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen momentanem Verhalten <strong>und</strong><br />

angestrebtem Verhalten. Bei Themen wie dem Tragen des Sicherheitsgurtes oder dem Tragen eines<br />

Schutzhelmes ist eine entsprechende Inkonsistenz eindeutig erkennbar. Die eingegangenen Risiken<br />

bei der Fahrbahnquerung von Fußgängern werden den Fußgängern <strong>und</strong> Fahrzeuglenkenden jedoch<br />

nur selten bewusst (z.B. in Situationen in denen es beinahe zu Unfällen kommt). Und selbst dann ist<br />

die Wahrnehmung des „beinahe“ sehr subjektiv.<br />

Fragestellung<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> beschäftigt sich dieser Beitrag zum einen mit der Frage,<br />

1) welche der drei Einflussfaktoren (Einstellung, Norm <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle) den stärksten<br />

Einfluss auf die Intention aufweist<br />

<strong>und</strong> zum anderen mit der Frage<br />

2) ob die Theorie des geplanten Verhaltens <strong>für</strong> das vorliegende Thema überhaupt als geeignet<br />

eingestuft werden kann.<br />

20 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Methode<br />

Im Auftrag des FVS wurde im Oktober 2012, unmittelbar vor dem Kampagnenstart, eine<br />

repräsentative Bevölkerungsbefragung in Form eines Computer Assisted Telefon Interviews (CATI)<br />

durchgeführt. Die nach Sprachregionen geschichtete Stichprobe umfasste 1‘001 Personen aus allen<br />

drei Sprachregionen der Schweiz (D: 701, F: 200, I: 100) <strong>und</strong> wurde nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

quotiert. Für die Analyse erfolgte eine Gewichtung nach Sprachregion, Alter <strong>und</strong> Geschlecht.<br />

Operationalisierung<br />

Für die empirische Überprüfung der Theory <strong>of</strong> Planned Behavior wird die Spezifikation einer<br />

möglichst konkreten Situation <strong>und</strong> dazugehörigen Einstellungs-, Intentions- <strong>und</strong><br />

Verhaltenskomponenten empfohlen (Ajzen/Fishbein 1980).<br />

Die Aut<strong>of</strong>ahrer sollten sich z.B. in folgende Situation versetzen: „Sie sind mit dem Auto unterwegs.<br />

Sie fahren auf einen Fußgängerstreifen zu <strong>und</strong> sehen kurz davor, dass eine Person darauf zugeht. Sie<br />

müssten stark bremsen, um den Fußgänger über die Straße zu lassen. Weil die Situation übersichtlich<br />

ist, gehen Sie davon aus, dass die Person Sie sehen kann <strong>und</strong> kurz am Straßenrand warten wird. Sie<br />

verzichten deshalb auf den abrupten Halt <strong>und</strong> fahren weiter.“ Zur Messung der Intention mussten<br />

die Befragten sodann angeben, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in den nächsten Monaten in einer<br />

ähnlichen Situation auch so handeln würden.<br />

Die Soziale Norm wurde mit Bezug zu „Personen, die einem wichtig sind“ <strong>und</strong> den anderen<br />

Verkehrsteilnehmer erhoben. Die Einstellung wurde als Wahrscheinlichkeit erhoben, ob der jeweils<br />

andere Verkehrsteilnehmer, doch nicht das erwartete Verhalten zeigt (i.e. den Fußgänger sieht <strong>und</strong><br />

anhält bzw. das Auto sieht <strong>und</strong> wartet).<br />

Resultate<br />

Im Strukturgleichungsmodell <strong>für</strong> die Aut<strong>of</strong>ahrer sind die von der Theorie vorgeschlagenen<br />

Einflussfaktoren (Einstellung, Norm, Kontrolle) <strong>und</strong> ihre Wirkung auf die Verhaltensabsicht<br />

(Intention) sowie die beiden zentralen Kontrollvariablen Alter <strong>und</strong> Geschlecht berücksichtigt. Alle<br />

partiellen Korrelationen können als sehr gering bezeichnet werden, was sich auch in einer sehr tiefen<br />

Varianzaufklärung von lediglich 5% ausdrückt. Aufgr<strong>und</strong> der mangelnden Erklärungskraft können<br />

auch keinerlei weiterführenden Schlüsse auf das effektive Verhalten gezogen werden (selbst wenn<br />

ein sehr starker Zusammenhang zwischen Verhaltensintention <strong>und</strong> Verhalten bestehen würde).<br />

Für die Fußgänger kann eine etwas höhere, aber noch immer bescheidene Varianzaufklärung von<br />

17% festgestellt werden. Als wichtigste Einflussfaktoren auf die Verhaltensabsicht können die<br />

Unfallwahrscheinlichkeit (Einstellung) <strong>und</strong> die soziale Norm ausgemacht werden. Je höher die<br />

Unfallwahrscheinlichkeit eingeschätzt wird <strong>und</strong> je höher der soziale Druck ist (Norm), desto geringer<br />

ist die Bereitschaft, das gefährliche Verhalten auszuführen (-0.22 bzw. -0.21). Der soziale Druck hängt<br />

in diesem Fall von den Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> der Familie ab. Für die Verhaltenskontrolle kann festgestellt<br />

werden, dass wenn das „Erkennen ob man vom Aut<strong>of</strong>ahrer gesehen wurde“ als einfacher empf<strong>und</strong>en<br />

wird (Kontrolle 1) eher gefährlich gehandelt wird bzw. wenn das Kommunizieren als einfacher<br />

empf<strong>und</strong>en wird (Kontrolle 2), wird weniger gefährlich gehandelt.<br />

Diskussion<br />

Hinsichtlich der ersten Forschungsfrage kann festgestellt werden, dass <strong>für</strong> die Fußgänger die<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 21


Einstellung in Form der situativen Gefahreneinschätzung <strong>und</strong> die soziale Norm den größten Einfluss<br />

auf die Intention haben, ein Verhalten mit einem gewissen Restrisiko auszuführen. Dies bedeutet,<br />

dass subjektiv wahrgenommene Unsicherheit im Verkehrsbereich zu erhöhter objektiver Sicherheit<br />

führen kann, in dem in solchen Situationen die Bereitschaft abnimmt das (risikobehaftete) Verhalten<br />

auszuführen.<br />

Bezüglich der zweiten Forschungsfrage bestätigt sich die Vermutung, dass die Theorie des geplanten<br />

Verhaltens bei dieser Art von Verhalten nur ein eingeschränktes Erklärungspotential besitzt. Mit<br />

einer Varianzaufklärung von 5% bzw. 17% kann nur ein geringer Teil der Intention erklärt werden,<br />

welche seinerseits ebenfalls nur ein Einflussfaktor <strong>für</strong> die schlussendliche Zielgröße des Verhaltens<br />

darstellt.<br />

Ajzen, Icek/Fishbein, Martin (1980): Understanding Attitudes and Predicting Social Behavior. Englewood Cliffs.<br />

bfu (2012): SINUS-Report 2012. Sicherheitsniveau <strong>und</strong> Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2012. Bern: bfu.<br />

Evans, Daphne; Norman, Paul (1998): Understanding Pedestrians' Road Crossing Decisions: An Application <strong>of</strong> the Theory <strong>of</strong><br />

Planned Behaviour. In: Health Education Research 13 (4), S. 481–489.<br />

Evans, Daphne; Norman, Paul (2003): Predicting Adolescent Pedestrians' Road-Crossing Intentions: An Application and<br />

Extension <strong>of</strong> the Theory <strong>of</strong> Planned Behaviour. In: Health Education Research 18 (3), S. 267–277.<br />

Palat, Blazej; Delhomme, Patricia (2012): What factors can predict why drivers go through yellow traffic lights? An approach<br />

based on an extended Theory <strong>of</strong> Planned Behavior. In: Safety Science 50 (3), S. 408–417.<br />

Zhou, Ronggang; Horrey, William J. (2010): Predicting adolescent pedestrians’ behavioral intentions to follow the masses in<br />

risky crossing situations. In: Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour 13 (3), S. 153–163.<br />

22 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


PANEL 2: HERAUSFORDERUNGEN IM MEDIZIN- UND<br />

GESUNDHEITSJOURNALISMUS<br />

Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />

Transparent <strong>und</strong> evident? Qualitätskriterien in der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> die Problematik ihrer Anwendung am<br />

Beispiel des Themas Krebs<br />

Medien <strong>und</strong> ihre Angebote nehmen eine bedeutende Rolle im Kontext der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation ein. Sie sensibilisieren einerseits ein breites Publikum <strong>für</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen <strong>und</strong> Botschaften (Baumann, 2009) <strong>und</strong> prägen das Bild der<br />

Rezipienten von diesen Themen. Auf der anderen Seite dienen sie Patienten als eine wichtige Quelle<br />

<strong>für</strong> Informationen <strong>und</strong> Unterstützung in Bezug auf sehr spezifische Aspekte ihrer jeweiligen<br />

Erkrankung (ebd.). Gerade im Prozess der Entscheidungsfindung <strong>für</strong> oder gegen eine bestimmte<br />

Behandlungsmethode können mediale Informationen eine große Rolle (Walsh-Childers, 2012)<br />

spielen, da Ärzte zum einen aufgr<strong>und</strong> zeitlicher Restriktionen die Patienten häufig nicht über alle<br />

Behandlungsmöglichkeiten in Kenntnis setzen können <strong>und</strong> zum anderen teilweise auch selbst nicht<br />

Kenntnisse über alle verfügbaren Therapieoptionen haben (Coulter et al., 1999).<br />

Gleichwohl zeigen Untersuchungen, dass die Faktentreue der medialen Informationen häufig<br />

mangelhaft sowie die Thematisierung unterschiedlicher Krebsarten <strong>und</strong> deren Darstellung <strong>of</strong>t<br />

unausgewogen sind (Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Da die medial vermittelten Informationen<br />

jedoch auch Wissen, Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten in Bezug auf Prävention, Diagnose <strong>und</strong>/oder<br />

Behandlungsverfahren formen (Salmon & Atkin, 2003; Tian & Robinson, 2009), ist es wichtig, dass die<br />

entsprechenden Medieninhalte qualitativ hochwertig <strong>und</strong> verlässlich sind. Allerdings steht die<br />

Beurteilung von Qualität in ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten vor dem aus der<br />

Journalismusforschung bekannten Problem, dass Qualität keinen objektiven Maßstab darstellt <strong>und</strong><br />

„keine Eigenschaft eines Produktes oder Medien-Angebotes“ ist (Trepte et al., 2004, S. 489).<br />

Vielmehr ist sie eine Zuschreibung an das Medienangebot (Neuberger, 2004), die sowohl abhängig ist<br />

von dem Wertesystem, aus dem sie abgeleitet wird (Trepte et al., 2004), als auch von den<br />

individuellen Bewertungsmaßstäben der bewertenden Person (Trepte et al., 2004; vgl. Vlasic, 2004).<br />

Als zentrales Leitbild, in welches sowohl die Maßstäbe von Journalisten <strong>und</strong> Medizinern als auch von<br />

Patienten gebündelt eingehen, können die Konzepte des „shared decision making“ (z. B. Coulter et<br />

al., 1999, S. 318) bzw. „informed decision making“ (z. B. Clarke, 2008, S. 85; Ream et al., 2009, S. 10)<br />

angesehen werden. In deren Kern steht das „Empowerment“ von Patienten (Fromm et al. 2011, S.<br />

57), die im Rahmen einer „partizipative[n] Entscheidungsfindung“ (Fromm et al., 2011, S. 57; vgl.<br />

Reuter et al., 2009) auf Basis umfassender Informationen <strong>und</strong> individueller Präferenzen gemeinsam<br />

mit dem behandelnden Arzt eine wohlinformierte <strong>und</strong> begründete Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen eine<br />

bestimmte Behandlungsmethode treffen sollen.<br />

Da der Qualitätsbegriff nicht eindeutig <strong>für</strong> alle zeitlichen, medialen <strong>und</strong> thematischen Kontexte<br />

bestimmt werden kann, „wird das Konstrukt in der Regel in seine Bestandteile zerlegt, die jeweils<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 23


weiter ausdifferenziert werden“ <strong>und</strong> aus denen sich dann Kriterien ergeben, anhand derer jeweils ein<br />

Teilaspekt des Spektrums journalistischer Qualität gemessen werden kann (Trepte et al., 2004, S.<br />

489). Analog zur schwierigen Definition des Qualitätsbegriffes ist es jedoch auch nahezu unmöglich<br />

einen einheitlichen Katalog von Qualitätskriterien festzulegen, denn auch diese sind wiederum von<br />

verschiedenen Kontexten <strong>und</strong> von der jeweiligen Perspektive des Bewertenden abhängig.<br />

Um die möglichen Qualitätskriterien der Berichterstattung zu erheben, haben sich im Kontext der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation drei Beurteilungsformen etabliert: 1) „Evaluations- <strong>und</strong><br />

Lizenzierungsstrategien“ wie sie von einigen Dachverbänden betrieben werden, die Medienangebote<br />

bei einer positiven Beurteilung anhand bestimmter Kriterien „Qualitätsstandards, Lizenzierungen <strong>und</strong><br />

Gütesiegel wie den HON-Code oder das afgis-Logo“ verleihen, an welchen sich die Rezipienten<br />

orientieren können (Trepte et al. 2004, S. 490-491), 2) „Empowerment-Strategien“, in deren Rahmen<br />

häufig Screening-Leitfäden entwickelt <strong>und</strong> den Rezipienten zur Verfügung gestellt werden, mit denen<br />

diese dann selbst zur Beurteilung der Angebote anhand von in den Leitfäden vorgegebenen Kriterien<br />

befähigt werden sollen (Trepte et al. 2004, S. 491; vgl. Hautzinger, 2004; Matthews, 2003), <strong>und</strong> 3)<br />

Monitoring-Strategien wie sie vor allem vonseiten der Wissenschaft betrieben werden, um die<br />

Qualität der Angebote zu untersuchen <strong>und</strong> diese beispielsweise mit journalistischen oder<br />

gesellschaftlichen Normen abzugleichen (z. B. Price <strong>und</strong> Grann, 2012).<br />

Aufbauend auf dem skizzierten Qualitätsverständnis, ziehen wir (1) die in diesen Beurteilungsformen<br />

angewandten Kriterien, (2) bestehende Systematisierungen von Qualitätskriterien, die sich auf die<br />

„klassische“ journalistische Berichterstattung (vgl. z. B. Meier, 2007) ebenso wie auf die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung beziehen (zu einem Kriterienkatalog <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung im Internet vgl. Trepte et al., 2004) <strong>und</strong> (3) vorliegende Studien zur<br />

Qualitätsbeurteilung von ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten heran. Auf Basis dieser<br />

Überlegungen <strong>und</strong> der Literaturschau diskutiert der Beitrag die Frage, inwieweit sich „klassische“<br />

journalistische Qualitätskriterien zur Beurteilung von ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Medienangeboten<br />

heranziehen lassen <strong>und</strong> inwiefern spezifische Qualitätskriterien notwendig sind, um dem Gegenstand<br />

gerecht zu werden. Der Beitrag zeigt auf, dass einerseits „klassische“ Qualitätskriterien wie<br />

Genauigkeit <strong>und</strong> Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität, Ausgewogenheit, Transparenz <strong>und</strong><br />

Nützlichkeit zur Beurteilung der Qualität ges<strong>und</strong>heitsbezogener Medienangebote herangezogen<br />

werden. Andererseits lassen sich darüber hinaus auf Basis der theoretischen Überlegungen <strong>und</strong><br />

vorliegenden Studien weitere Kriterien identifizieren, die einen eindeutigeren ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />

Ursprung haben: Komplementarität, Evidenz <strong>und</strong> Ungefährlichkeit.<br />

Am Beispiel der Berichterstattung über Krebs illustriert der Beitrag die Anwendung der einzelnen<br />

Kriterien <strong>und</strong> bietet zum einen inhaltliche Erkenntnisse darüber, inwieweit die Kriterien in der bisher<br />

empirisch untersuchten Krebsberichterstattung erfüllt werden. Hier lässt sich hinsichtlich fast aller<br />

identifizierter Qualitätsmerkmale feststellen, dass diese bislang allenfalls im Onlinebereich in<br />

Gr<strong>und</strong>zügen erforscht wurden, ansonsten jedoch noch kaum eine wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung erfahren haben. Dies ist umso kritischer, da die identifizierten Qualitätskriterien<br />

von den Medienangeboten den vorliegenden Studien zufolge <strong>of</strong>t nur unzureichend erfüllt werden.<br />

Zum anderen gewährt der Beitrag auch methodische Einblicke, inwieweit die Anwendung der<br />

Kriterien sich als problematisch herausstellt. Hierbei zeigt sich zwar, dass <strong>für</strong> diesen thematischen<br />

Kontext viele der klassischen Qualitätskriterien wie Richtigkeit, Vollständigkeit, Ausgewogenheit,<br />

24 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Aktualität, Transparenz oder Nützlichkeit anwendbar sind <strong>und</strong> sich darüber hinaus – insbesondere<br />

aus den spezifischen normativen Ansprüchen durch das Leitbild des informierten <strong>und</strong> aktiven<br />

Patienten bei Entscheidungsprozessen – noch weitere Aspekte ergeben, die <strong>für</strong> eine qualitativ<br />

hochwertige Berichterstattung erfüllt sein sollten. So ist es z. B. fraglich, ob bei einer eindeutig<br />

evidenten Bef<strong>und</strong>lage zu einer Therapie eine ausgewogene Darstellung ihrer möglichen Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteilen getr<strong>of</strong>fen werden sollte.<br />

Zusammenfassend wird vor allem deutlich, dass die Kriterien stets kontextabhängig sind, so dass<br />

nicht in jedem Fall alle Qualitätskriterien gleichermaßen angewandt werden können bzw. einige<br />

Kriterien teilweise sogar in Konflikt zueinander stehen (Clarke, 2008; Meier, 2007; Ruß-Mohl, 1992).<br />

Abschließend wird diskutiert, welche Implikationen diese Erkenntnisse im Hinblick darauf haben, wie<br />

Rezipienten (<strong>und</strong> speziell Patienten) die Qualität ges<strong>und</strong>heitsbezogener Medienangebote anhand der<br />

Kriterien beurteilen können.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 25


Nadine Remus<br />

Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungskommunikation<br />

„Bei Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen lesen Sie die Verpackungsbeilage oder fragen Ihren Arzt oder<br />

Apotheker.“ Was so simpel klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Problem.<br />

Verpackungsbeilagen sind mitunter schwer zu verstehen, zeigen das tatsächlich individuell<br />

existierende Risiko nicht auf, beantworten keine Rückfragen <strong>und</strong> verursachen Angst. Das führt <strong>of</strong>t zu<br />

ablehnendem Verhalten beim Patienten: was ich nicht lese, muss mir auch keine Sorgen bereiten<br />

(vgl. Dernbach 2010: 160f.; Göpfert 2001: 132f.). Viel lieber verlassen sich Patienten auf ihren Arzt.<br />

Doch Ärzte <strong>und</strong> Apotheker haben ein Kosten-, Zeit- <strong>und</strong> Ressourcenproblem, das sich auf die<br />

persönliche <strong>und</strong> individuelle Aufklärung über Medikamente, Behandlungsmethoden <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitsförderndes Verhalten auswirkt. Dialogorientierte Arzt-Patienten-Gespräche, die<br />

Rückfragen erlauben <strong>und</strong> den Patienten in seiner Autonomie stärken, fallen <strong>of</strong>t unter den Tisch. Die<br />

Patienten selbst sind ob der täglichen Informationsflut überfordert. Eine kritische<br />

Auseinandersetzung mit der eigenen Krankheit, der Medikamentenauswahl oder der Entscheidung<br />

<strong>für</strong> bzw. gegen eine Behandlungsmethode erfolgt selten. Die Mehrheit folgt (der einen) Meinung des<br />

Arztes oder – dies ist der Gegenpol – verlässt sich auf die kostengünstige <strong>und</strong> bequeme Google-<br />

Diagnose.<br />

Prävention gewinnt zwar auch im Zuge der Wellness-Bewegung an zunehmender Bedeutung. Aber<br />

im Dschungel der Informationsangebote fehlt der Fokus auf die wesentlichen Ziele der Aufklärungs<strong>und</strong><br />

Präventionskommunikation: Kompetenter Rat, klare eindeutige Lösungen <strong>und</strong> die Förderung von<br />

individueller Entscheidungskompetenz.<br />

An der Unübersichtlichkeit hat nicht zuletzt die Pharmaindustrie ihren Anteil. Sie fokussiert nicht<br />

mehr auf den verschreibenden Arzt, sondern zunehmend auf den Endverbraucher, der „als<br />

Nachfrager gesehen wird, der Informationen über die Arzneimittel benötigt.“ (Simon 2007: 41) Doch<br />

der Schein trügt, denn: „Die Arzneimittelendverbraucher werden von der Pharmaindustrie<br />

beeinflusst, damit sie in der Arztpraxis […] auf die Verordnung angeblich besser wirksamer<br />

Arzneimittel drängen“ (Heilig 2009: 168). Also auch hier keine objektive Aufklärung. Die Online-<br />

Apotheken <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en die zunehmende Selbstmedikation tragen ihr Übriges dazu bei, dass<br />

die Debatte über das Bewusstmachen von Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen beim Patienten stagniert.<br />

Die geschilderte Gemengelage macht die besondere Verantwortung des Medizin- <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung <strong>und</strong> Prävention deutlich.<br />

Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus als Teilgebiet medialer Ges<strong>und</strong>heitskommunikation sollte darauf abzielen,<br />

„die Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen der Menschen in einer Weise zu beeinflussen, die diese zu<br />

einer möglichst selbst bestimmten, auf die Vermeidung von Krankheitsrisiken <strong>und</strong> die Stärkung von<br />

Ges<strong>und</strong>heitsressourcen ausgerichteten Lebensführung befähigt, (…).“ (Fromm/Baumann/Lampert<br />

2011: 22, Hervorhebungen im Original)<br />

Betrachtet man den Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus aus der Perspektive des Aufklärungsziels, treten<br />

mehrere Schwierigkeiten zutage:<br />

26 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


(1) Allein das Thematisieren <strong>und</strong> Übermitteln bestimmter ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken oder<br />

Nebenwirkungen, die durch Medikamente bzw. Behandlungsmethoden auf den Patienten einwirken<br />

können, reichen nicht aus. Gemäß dem Modell zur Informationsverarbeitung <strong>und</strong><br />

Einstellungsänderung nach Flay (1982, zit. in Göpfert 2001) bedarf es weiterer Faktoren, um eine<br />

Einstellungs- oder Verhaltensänderung beim Adressaten zu bewirken.<br />

(2) Die mediale Berichterstattung unterliegt diversen Selektionsmechanismen, wodurch „populäre“<br />

Krankheiten wie HIV, Krebs oder Diabetes häufiger auf der Medienagenda stehen als andere<br />

Ges<strong>und</strong>heitsthemen (vgl. Fromm/Baumann/Lampert 2011: 62f.). Folgen aufgr<strong>und</strong> falsch verordneter<br />

Medikamente oder risikobehafteter Behandlungsmethoden werden meist nur dann öffentlich<br />

diskutiert, wenn bereits Todesfälle zu verzeichnen sind.<br />

(3) Schließlich handelt es sich bei vielen Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen um dauerhafte Phänomene mit<br />

gleich bleibender Brisanz <strong>und</strong> Relevanz, die dadurch zwar fortdauernde Dringlichkeit besitzen, in der<br />

medialen Logik dennoch abnehmende Aufmerksamkeit erfahren.<br />

Trotz dieser Zusammenhänge nimmt der Journalismus seine Funktion als Sozialisationsinstanz im<br />

Rahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen Prävention <strong>und</strong> medizinischen Aufklärung wahr. Doch seine Rolle im<br />

Zusammenspiel „Medien – Medizin“ sollte im Blick auf die gesteigerten Qualitätsanforderungen neu<br />

definiert werden.<br />

Ziel des Beitrags<br />

Der Beitrag greift die neue Rolle des Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus im Rahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Aufklärung <strong>und</strong> Prävention auf <strong>und</strong> stellt das komplexe Feld dar, aus dem sich gleichermaßen<br />

Erwartungen <strong>und</strong> Aufgaben ableiten, denen im Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus zu entsprechen ist, aus dem<br />

aber auch Abhängigkeiten <strong>und</strong> Einflüsse resultieren, denen es zu widerstehen gilt. Weiterhin werden<br />

die besonderen Mechanismen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung durch die Massenmedien<br />

herausgearbeitet <strong>und</strong> Chancen <strong>und</strong> Grenzen aufgezeigt.<br />

Aus theoretischer Perspektive sollen Konzepte der Journalismus- bzw. Kommunikationsforschung mit<br />

Modellen der Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften verknüpft werden, um so u.a. zu erörtern, welche<br />

Funktionen der Journalismus hinsichtlich der Aufklärung über Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen im<br />

Verantwortungsdreieck Arzt/Apotheker – Patient/Konsument – Dritte Interessengruppen<br />

(Krankenkassen, Pharmahersteller, Staat etc.) übernimmt.<br />

Diese Auseinandersetzung erfolgt einerseits unter Betrachtung des „Ges<strong>und</strong>heitsjournalismus“ im<br />

Sinne massenmedialer Ges<strong>und</strong>heitskommunikation, andererseits rückt der Ges<strong>und</strong>heitsjournalist<br />

selbst in den Fokus. Anhand von Beispielen wichtiger Aufklärungsdiskurse (z.B. Todesfälle durch<br />

Antibaby-Pille, H1N1-Virus, Burnoutdebatte) aus der Vergangenheit werden diese Zusammenhänge<br />

plausibilisiert. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf den Bedarf nach weiterer Forschung, die<br />

technische, rechtliche <strong>und</strong> kommunikative Entwicklungen der jüngsten Zeit besonders dringlich<br />

erscheinen lassen.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 27


Dernbach, Beatrice (2010): Die Vielfalt des Fachjournalismus. Eine systematische Einführung. Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong><br />

Sozialwissenschaften.<br />

Fromm, Bettina/ Baumann, Eva/ Lampert, Claudia (2011): Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> Medien. Ein Lehrbuch. Stuttgart:<br />

Verlag W. Kohlhammer.<br />

Göpfert, Winfried (2001): Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung über Massenmedien. In: Klaus<br />

Hurrelmann/ Anja Leppin (Hrsg.): Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-<br />

Health. Bern: Verlag Hans Huber, S. 131-141.<br />

Heilig, Claudia (2009): Pharmaunternehmen im Spannungsfeld von Shareholdern <strong>und</strong> Stakeholdern, in: Roman Böckmann<br />

(Hrsg.): Ges<strong>und</strong>heitsversorgung zwischen Solidarität <strong>und</strong> Wettbewerb, 1. Aufl., Wiesbaden: VS, S. 159-173.<br />

Simon, Jörg (2007): Direct-to-Consumer-Marketing auf dem deutschen Pharmamarkt. Entwicklungsstand <strong>und</strong> Chancen.<br />

Saarbrücken: VDM.<br />

28 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Markus Schäfer<br />

Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen<br />

Presserates zu Beschwerden zur Suizidberichterstattung<br />

Der Fokus kommunikationswissenschaftlicher Forschung zum Thema „Medien <strong>und</strong> Suizide“ liegt<br />

bislang vornehmlich auf den möglichen Wirkungen medienvermittelter Suizidinhalte. Die Ergebnisse<br />

internationaler Studien zum sogenannten „Werther-Effekt“ (Philipps, 1974) lassen dabei kaum mehr<br />

Zweifel daran, dass die mediale Berichterstattung über Suizide unter bestimmten Umständen<br />

weitere Suizide nach sich ziehen kann (u.a. Pirkis & Blood, 2001a; Stack, 2000). Anders sieht es <strong>für</strong> die<br />

Seite der Kommunikatoren aus. Die Frage, wie Medien über Suizide berichten, ist weitgehend<br />

vernachlässigt. Und die Frage, warum Journalisten wie über Suizide berichten, wird bislang<br />

schlichtweg nicht gestellt.<br />

Dieser Bef<strong>und</strong> ist gleich aus mehreren Gründen erstaunlich. Zum einen machen die Ergebnisse<br />

bisheriger Studien deutlich, dass die Wirkung medialer Suizidberichterstattung <strong>of</strong>fenbar nicht nur<br />

davon abhängt, ob ein Suizid berichtet wird, sondern vor allem davon, wie die Berichterstattung im<br />

konkreten Fall aussieht. Zum anderen scheint es gerade aus Sicht der Suizidprävention sinnvoll, die<br />

spezifischen Beweggründe <strong>für</strong> bzw. die Einflüsse auf Journalistenentscheidungen im Zuge der<br />

Suizidberichterstattung zu kennen, um geeignete Konzepte zur gezielten Ansprache von Journalisten<br />

entwickeln <strong>und</strong> umsetzen zu können.<br />

Dass die Umsetzung solcher Konzepte im Hinblick auf eine verantwortungsvolle<br />

Mediensuizidberichterstattung auch in Deutschland dringend notwendig wäre, belegen u.a. neue<br />

Untersuchungsergebnisse zur Darstellung von Prominentensuiziden in der deutschen Presse (Schäfer<br />

& Quiring, 2013). Zwar existieren inzwischen auch hierzulande zum Teil sehr detaillierte<br />

Empfehlungen <strong>für</strong> die Suizidberichterstattung von Seiten der Suizidprävention, die sich überwiegend<br />

aus den Bef<strong>und</strong>en der empirischen Forschung zum Werther-Effekt ableiten lassen (u.a. Brosius,<br />

Hegerl & Ziegler, 2009; Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Suizidprävention, 2006). Allerdings scheinen diese<br />

Hinweise in der Berichterstattung deutscher Medien bislang nicht ausreichend Berücksichtigung zu<br />

finden.<br />

Eine Ursache hier<strong>für</strong> könnte im journalistischen Berufsverständnis liegen. Möglicherweise empfinden<br />

Journalisten eine zurückhaltende Suizidberichterstattung als eine Art Herunterspielen von<br />

Informationen <strong>und</strong> damit als Verstoß gegen zentrale journalistische Prinzipien. Tatsächlich sieht es<br />

der Deutsche Journalisten-Verband (2009) als zentrale Aufgabe von Journalisten an, „Sachverhalte<br />

oder Vorgänge öffentlich zu machen, deren Kenntnis <strong>für</strong> die Gesellschaft von allgemeiner, politischer,<br />

wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung ist.“ Allerdings verpflichte die journalistische Arbeit auch<br />

„zu besonderer Sorgfalt, zur Achtung der Menschenwürde <strong>und</strong> zur Einhaltung von Gr<strong>und</strong>sätzen, wie<br />

sie im Pressekodex des Deutschen Presserats festgelegt sind.“ Dem Pressekodex als dem wichtigsten<br />

Orientierungspunkt journalistische Berufsethik in Deutschland sollte damit auch <strong>und</strong> gerade bei<br />

einem so sensiblen Thema wie der Suizidberichterstattung ein besonderer Stellenwert zukommen.<br />

Der Pressekodex wird vom Deutschen Presserat <strong>und</strong> den journalistischen Berufsorganisationen<br />

beschlossen <strong>und</strong> umfasst die zentralen publizistischen Gr<strong>und</strong>sätze des Journalismus in Deutschland.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 29


In der überarbeiteten Fassung vom März 2013 steht dort in Ziffer 8.7 unter der Überschrift<br />

„Selbsttötung“: „Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt<br />

insbesondere <strong>für</strong> die Nennung von Namen, die Veröffentlichung von Fotos <strong>und</strong> die Schilderung<br />

näherer Begleitumstände“ (Deutscher Presserat, 2013). Der Pressekodex enthält damit, anders als<br />

etwa die Richtlinien des Schweizer Presserats (2012), auch in seiner Neufassung keinen expliziten<br />

Hinweis auf die Möglichkeit von Folgesuiziden nach Medienberichten über Suizide.<br />

Der Deutsche Presserat selbst hält die bestehenden Bestimmungen auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines<br />

möglichen Werther-Effekts <strong>für</strong> ausreichend <strong>und</strong> sieht auch keine Notwendigkeit <strong>für</strong> einen<br />

ergänzenden Leitfaden, wie er z.B. <strong>für</strong> die die Berichterstattung über Amokläufe existiert (Grass,<br />

2013). Tatsächlich böten die Formulierungen dem Presserat als oberstem Hüter des Pressekodex<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich genügend Spielraum, um die Passage im Sinne der Suizidprävention auszulegen. Durch<br />

seine Spruchpraxis zu beanstandeten Suizidbeiträgen[1] könnte der Rat auf die Interpretation des<br />

Pressekodex aktiv Einfluss nehmen, anhand der behandelten Fälle Grenzen ziehen <strong>und</strong> so Zeichen <strong>für</strong><br />

die journalistische Arbeit setzen. Doch wie sieht die Spruchpraxis des Deutschen Presserats zur<br />

Suizidberichterstattung in Deutschland aus? Und welchen Stellenwert nimmt dabei der Werther-<br />

Effekt ein?<br />

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Spruchpraxis des Deutschen Presserates zur<br />

Suizidberichterstattung von Zeitungen, Zeitschriften <strong>und</strong> journalistisch-redaktionellen Beiträgen im<br />

Internet erstmals systematisch zu untersuchen. Dazu wurden <strong>für</strong> den Zeitraum von 1985 bis 2012 in<br />

einer Vollerhebung mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse alle Entscheidungen des Deutschen<br />

Presserates analysiert, die sich mit Beschwerden zur Suizidberichterstattung auseinandersetzen. Mit<br />

Hilfe dieser Analyse sollten zentrale Argumentationslinien in der Spruchpraxis des Deutschen<br />

Presserates herausgearbeitet werden. Der gewählte Untersuchungszeitraum war dabei identisch mit<br />

dem Zeitraum der verfügbaren Presserats-Entscheidungen in der Online-Datenbank des Deutschen<br />

Presserates (http://recherche. presserat.info/) zum Zeitpunkt der Untersuchung.<br />

Insgesamt wurden im Rahmen der Analyse 60 Entscheidungen des Deutschen Presserates zu<br />

eingegangenen Beschwerden zur Suizidberichterstattung untersucht. Die Begründung der<br />

Beschwerdeführer, die Stellungnahmen der betr<strong>of</strong>fenen Redaktionen sowie die Erläuterung des<br />

Presserates wurden jeweils im Hinblick auf ihre Argumentationslinien ausgewertet. Die Ergebnisse<br />

zeigen deutlich, dass sich die bisherige Spruchpraxis des Presserates zu beanstandeten<br />

Suizidbeiträgen in erster Linie auf die Persönlichkeitsrechte von Suizidenten <strong>und</strong> Angehörigen<br />

bezieht. Die Entscheidungen des Presserates folgen fast immer einem festen Muster, wobei<br />

regelmäßig zwischen den Rechten des Suizidenten, bzw. der Angehörigen oder Dritter <strong>und</strong> dem<br />

öffentlichen Informationsinteresse abgewogen wird. Der Presserat spricht vor allem dann scharfe<br />

Sanktionen aus, wenn die medialen Darstellungen eine Identifizierung von Suizidenten oder<br />

Angehörigen ermöglichen <strong>und</strong> es sich bei Betr<strong>of</strong>fenen um nicht-öffentliche Personen, insbesondere<br />

um Minderjährige, handelt. Auch ethisch zweifelhafte Recherchemethoden werden mit Blick auf die<br />

Betr<strong>of</strong>fenen vom Presserat regelmäßig beanstandet. Geben Angehörige von sich aus Informationen<br />

preis, fallen die Urteile des Presserates deutlich milder aus.<br />

Der Werther-Effekt als mögliche Folge der Berichterstattung spielt in den Begründungen des<br />

Presserates dagegen so gut wie keine Rolle. Zwar wird die Möglichkeit von Nachahmern durch allzu<br />

detaillierte Suizidberichte insbesondere nach der Jahrtausendwende von den Beschwerdeführern<br />

30 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


immer häufiger aufgegriffen. In den Stellungnahmen der Redaktionen <strong>und</strong> den Begründungen des<br />

Presserates findet sich diese Argumentationslinie allerdings nicht wieder.<br />

[1] Ist eine Person (z.B. ein Leser oder ein Journalist) der Ansicht, ein Artikel verstoße gegen den<br />

Pressekodex, kann sie beim Presserat Beschwerde einreichen. Dieser prüft die Beschwerde <strong>und</strong> bittet<br />

das betr<strong>of</strong>fene Medium bei begründeter Kritik um eine Stellungnahme. Kommt der Presserat nach<br />

Abschluss der Prüfungen zu dem Schluss, dass der Pressekodex von einem Medium in einem<br />

beanstandeten Fall nicht eingehalten wurde, kann er den Verstoß sanktionieren. Dabei hat er vier<br />

mehr oder weniger starke Sanktionsstufen zur Auswahl: die öffentliche <strong>und</strong> die nicht öffentliche<br />

Rüge, die Missbilligung <strong>und</strong> den Hinweis.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 31


PANEL 3: GESUNDHEITSKOMMUNIKATION IM SOCIAL WEB<br />

Nicola Krömer & Britta Zwillich<br />

Von ehealth zu mhealth – Bedingungen <strong>und</strong> Barrieren<br />

<strong>für</strong> die Nutzungsintention<br />

Der seit mehreren Jahren bestehende Trend zum Einsatz von electronic health (ehealth) setzt sich<br />

aktuell in Richtung mobile health (mhealth) fort. Auslöser hier<strong>für</strong> ist die rasante Verbreitung von<br />

Smartphones: Von Januar 2009 bis April 2012 stieg die Anzahl der deutschen Smartphone-Nutzer von<br />

6 Millionen auf 31 Millionen (Statista, Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland). Die mobile<br />

Zugangsmöglichkeit geht dabei mit einer zunehmend permanenten Online-Nutzung einher.<br />

Nacinovich (2011) definiert mhealth als Nutzung von mobilen Kommunikationskanälen zur<br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformation <strong>und</strong> <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsservices. Im vorliegenden Beitrag wird in diesem<br />

Rahmen besonders auf Smartphones fokussiert (teilweise werden einfachere Mobiltelefone<br />

mitberücksichtigt). Das Potential von mhealth wird darin gesehen, dass Patienten oder Risikogruppen<br />

lebenstilabhängiger Erkrankungen über das Smartphone (z.B. über Apps oder SMS) direkt, gezielt <strong>und</strong><br />

persönlich erreicht werden können (Boulos, Wheeler, Tavares, & Jones, 2011). Zudem erhöhen der<br />

interaktive Charakter der Smartphones <strong>und</strong> die Möglichkeit der individualisierten Ansprache<br />

(Tailoring) das Wirkungspotential zur Verhaltensmotivation (Kreps & Neuhauser, 2010).<br />

Die in Deutschland kaum vorhandenen empirischen Daten zum Thema mHealth machen erste<br />

Einblicke in dieses Forschungsfeld nötig. Zur Identifikation von Zusammenhängen zwischen<br />

Nutzereigenschaften, Nutzungsbedingungen <strong>und</strong> Nutzungsintention steht die Nutzerperspektive<br />

hierbei im Vordergr<strong>und</strong>:<br />

1. In welchem Umfang wird mhealth bereits genutzt? Welche Angebote werden genutzt?<br />

2. Welche Vorteile werden der mhealth-Nutzung zugeschrieben?<br />

3. Welche Barrieren verhindern eine Nutzung von mhealth?<br />

4. Welche Einflüsse bestehen auf die Nutzungsintention von mhealth?<br />

Wie hängen Smartphone- <strong>und</strong> ehealth-Nutzung mit der Nutzungsintention von mhealth<br />

zusammen?<br />

Wie wirken sich Ges<strong>und</strong>heitszustand, Risikowahrnehmung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitseinstellung<br />

auf eine Nutzungsintention von mhealth aus?<br />

Theoretischer Ansatz<br />

Mobile „intelligente“ Anwendungen finden im Ges<strong>und</strong>heitssektor zunehmend Einzug (mhealth). Bei<br />

der Frage nach einer Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsintention dieses relativ neuen Phänomens stehen<br />

zunächst einmal Theorien zur Erklärung der Verbreitung <strong>und</strong> Akzeptanz von innovativen mobilen<br />

Anwendungen im Zentrum. Einen Ansatz hier<strong>für</strong> liefert Rogers (1962; 2003) mit seiner Theorie<br />

Diffusion <strong>of</strong> Innovations. Da anzunehmen ist, dass sich mhealth noch in den Anfängen der<br />

Durchsetzung befindet, erscheinen die frühen Stadien einer Nutzung durch Innovators, Early<br />

32 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Adopters, <strong>und</strong> einer Early Majority relevant (Rogers, 2003). Die durchgeführte Studie fokussiert auf<br />

eine in erster Linie psychologische Perspektive, welche individuelle Wahrnehmungen von<br />

Innovationen in den Vordergr<strong>und</strong> stellt (u.a. Manning, Bearden, & Madden, 1995). Besonders<br />

interessieren Einflüsse auf die Nutzungsintentionen <strong>und</strong> die bereits bestehende Nutzung durch<br />

Bewertungen von Kosten, Effektivität <strong>und</strong> Anwendbarkeit, usw. Hierbei handelt es sich um Attribute,<br />

die positiv mit einer Akzeptanz von mhealth auf Individuallevel zusammenhängen (Dearing & Kim,<br />

2008).<br />

Riley et al. (2011) weisen auf die Notwendigkeit einer F<strong>und</strong>ierung von mhealth-Interventionen mit<br />

geeigneten Theorien der Verhaltensänderung hin. Allerdings sehen sie die Schwierigkeit, interaktive<br />

<strong>und</strong> dynamische Anwendungen mit Theorien zu f<strong>und</strong>ieren, die ihrerseits einen vorwiegend linearen<br />

<strong>und</strong> statischen Aufbau aufweisen, sowie eher auf inter-individuelle Unterschiede fokussieren als auf<br />

intra-individuelle Veränderungen im Verlauf einer Intervention. Besonders der letztgenannte Aspekt<br />

erscheint jedoch <strong>für</strong> mobile Anwendungen besonders relevant, da Inhalte sowohl an individuelle<br />

Voraussetzungen, als auch an Antwortverhalten oder Veränderungen dynamisch angepasst werden<br />

können (Riley at al., 2011).<br />

Wird die potentielle Nutzung von mhealth selbst als Ges<strong>und</strong>heitsverhalten verstanden, so eignet sich<br />

der Health Action Process Approach (Schwarzer, 1992; siehe Schwarzer, 2004) zur Erklärung einer<br />

entstehenden Nutzungsintention <strong>und</strong> anschließenden Nutzung von mhealth-Anwendungen. Das<br />

Stufenmodell ermöglicht eine Gruppierung von Personen nach dem Grad der Nutzungsbereitschaft<br />

<strong>und</strong> bereits bestehender mhealth-Nutzung. Das Modell unterscheidet zwischen einer ersten<br />

motivationalen Phase der Intentionsbildung (Nutzungsintention) <strong>und</strong> einer zweiten Phase der<br />

eigentlichen Ausführung eines Verhaltens (tatsächliche Nutzung von mhealth). Der Vorteil dieser<br />

Theorie besteht darin, dass diese sowohl zur Erklärung inter-individueller Unterschiede als auch<br />

intra-individueller Veränderungen herangezogen werden kann. Ersteres erfolgt im Rahmen einer<br />

Segmentierung der Zielgruppen im Modell nach Non-Intenders, Pre-Intenders, Intenders <strong>und</strong> Actors<br />

(Schwarzer, Lippke, & Luszczynska, 2011). In einer prä-intentionalen Motivationsphase differenzieren<br />

sich Non-Intenders von prinzipiell nutzungsbereiten Pre-Intenders, durch unterschiedliche<br />

Risikowahrnehmungen (z.B. Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsverlaufs), Gegenüberstellungen<br />

positiver versus negativer Ergebniserwartungen (z.B. resultierende Vorteile <strong>und</strong> Nachteile der<br />

mhealth-Nutzung), sowie subjektiver Kosten-Nutzen Überlegungen. Pre-Intenders können bei<br />

ausreichender Selbstwirksamkeitserwartung an die erfolgreiche Anwendung von mhealth eine<br />

Nutzungsintention entwickeln. In der folgenden Phase bereiten Intenders in ihrer durch<br />

Selbstwirksamkeitsüberzeugung geleiteten Informationssuche die Ausführung des angestrebten<br />

Verhaltens unter Wahrnehmung möglicher Handlungsbarrieren (z.B. Datenschutzbedenken) vor. Bei<br />

positivem Ausgang beginnt in der aktionalen Phase der Übersetzungsprozess der Nutzungsintention<br />

in die angestrebte Handlung (Actors). Eine bereits ausgeführte mhealth-Nutzung wird einer<br />

postaktionalen Bewertung unterzogen, was <strong>für</strong> die weitere Anwendung von mhealth entscheidend<br />

sein kann (Schwarzer et al., 2011).<br />

Methodik <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde im April/Mai 2013 eine erste standardisierte Online-<br />

Befragung konzipiert, pregetestet <strong>und</strong> durchgeführt. Diese Ausgangsstudie lieferte erste Einblicke in<br />

die mhealth-Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsbereitschaft verschiedener Zielgruppen. Das Sample (N=337)<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 33


erücksichtigt Personen verschiedener Alters- <strong>und</strong> Bildungsschichten, den Ges<strong>und</strong>heitszustand der<br />

Befragten, sowie den Migrationshintergr<strong>und</strong> (im Sample 12% der Befragten).<br />

Bisherige mhealth-Nutzung <strong>und</strong> Nutzungsintention<br />

Bezüglich der mhealth-Nutzung zeigte sich ein Nicht-Nutzer-Anteil (Non-Actors) von 87%, obwohl<br />

83% aller Antwortenden über ein Smartphone <strong>und</strong> 16% über ein Mobiltelefon verfügen. Bisher<br />

genutzte mhealth-Angebote beschränken sich im Sample auf Apps zu den Themen Ernährung <strong>und</strong><br />

Bewegung (BMI-Rechner, Running-Apps, etc.), Medikamentenerinnerung, Krankheits- <strong>und</strong><br />

Arzneimittelinformation. Ein hoher Prozentsatz (70%) der Befragten schreibt Ihrem<br />

Smartphone/Mobiltelefon im Alltag sehr hohe Wichtigkeit zu. In diesem Kontext konnte ein<br />

signifikanter Zusammenhang zwischen der eingestuften Wichtigkeit des Smartphones <strong>und</strong> der<br />

Bereitschaft zur mhealth-Nutzung mit t(241,88)=5,01; p


Infratest). Eine Steigerung der Vertrauenswürdigkeit von mhealth-Angeboten wird von den Intenders<br />

vor allem durch eine Zusicherung von Datenschutz, Hintergr<strong>und</strong>informationen zum Anbieter,<br />

Rezensionen, Prüfsiegel <strong>und</strong> Feedback-Möglichkeiten gesehen (n=187). Tendenziell herrscht in dieser<br />

Gruppe zugleich eine geringe Zahlungsbereitschaft <strong>für</strong> mhealth vor (60% eindeutige Ablehnung,<br />

n=187). Gründe der mhealth ablehnenden Non-Intenders (n=149) liegen in eingeschränktem Nutzen<br />

(59% der Antwortenden), mangelndem Vertrauen in mhealth-Information (32%), fehlendem<br />

Interesse an mobilen Angeboten (27%) oder der Angst vor einem Datenmissbrauch (15%).<br />

Trotz der durch das verwendete Schneeballverfahren eingeschränkten Repräsentativität können die<br />

Ergebnisse gr<strong>und</strong>legende Informationen als Ausgangspunkt <strong>für</strong> geplante Anschlussstudien 2013/2014<br />

liefern.<br />

Boulos, M., Wheeler, S., Tavares, C., & Jones, R. (2011). How smartphones are changing the face <strong>of</strong> mobile and participatory<br />

healthcare: an overview, with example from eCAALYX. BioMed Eng OnLine, 10(1), 24.<br />

Dearing, J., & Kim, D. (2008). Diffusion <strong>of</strong> Information and Innovation. International Encyclopedia <strong>of</strong> Communication.<br />

Abgerufen am 16. Oktober 2013 von http://www.communicationencyclopedia.com<br />

Kreps, G. L., & Neuhauser, L. (2010). New directions in eHealth communication: Opportunities and challenges. Patient<br />

Education and Counseling, 78(3), 329–336. doi:10.1016/j.pec.2010.01.013<br />

Manning, K. C., Bearden, W. O., & Madden, T. J. (1995). Consumer Innovativeness and the Adoption Process. Journal Of<br />

Consumer Psychology, 4(4), 329–345.<br />

Nacinovich, M. (2011). Defining mHealth. Journal Of Communication In Healthcare, 4(1), 1-3.<br />

doi:10.1179/175380611X12950033990296<br />

PricewaterhouseCoopers. (2012). Emerging mHealth: Paths for growth: Report 2012. Abgerufen am 17.10.2013 von<br />

http://www.pwc.com/en_GX/gx/healthcare/mhealth/assets/pwc-emerging-mhealth-full.pdf.<br />

Riley, W. T., Rivera, D. E., Atienza, A. A., Nilsen, W., Allison, S. M., & Mermelstein, R. (2011). Health behavior models in the<br />

age <strong>of</strong> mobile interventions: are our theories up to the task? Translational Behavioral Medicine, 1(1), 53–71.<br />

doi:10.1007/s13142-011-0021-7<br />

Rogers, E. M. (2003). Diffusion <strong>of</strong> innovations (5. Aufl.). New York: Free Press.<br />

Schwarzer, R. (2004). Psychologie des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens. Einführung in die Ges<strong>und</strong>heitspsychologie (3. Aufl.). Göttingen<br />

[u.a.]: Hogrefe.<br />

Schwarzer, R., Lippke, S.,& Luszczynska, A. (2011). Mechanisms <strong>of</strong> health behavior change in persons with chronic illness or<br />

disability: The Health Action Process Approach (HAPA). Rehabilitation Psychology,56(3), 161–170. doi:<br />

10.1037/a0024509<br />

Statista (2013). Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland bis 2012. Abgerufen am 22. Juli 2013 von<br />

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschlandseit-2010/<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 35


Elena Link, Helmut Scherer & Daniela Schlütz<br />

Emanzipation von der Krankheit: Foren als Kompass der Therapieentscheidung<br />

– Eine explorative Untersuchung des Informationshandelns von<br />

Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich Therapieoptionen <strong>und</strong> -<br />

entscheidungen<br />

Problemstellung <strong>und</strong> theoretischer Bezugsrahmen<br />

Durch Veränderungen auf medizinischer, sozialer <strong>und</strong> politischer Ebene nimmt die Bedeutung des<br />

selbstverantwortlichen Informationshandelns des Patienten zu (Dierks, Schwartz & Walter, 2000).<br />

Vor allem die Beteiligung an der Abwägung von Therapieoptionen <strong>und</strong> ihre (emotionale)<br />

Vorbereitung <strong>und</strong> Begleitung tritt in seine Zuständigkeit. Die medienvermittelte Interaktion zwischen<br />

Betr<strong>of</strong>fenen in Online-Foren kann dies unterstützen (vgl. Neverla, Brichta, Kmap & Lüdecke, 2007, S.<br />

7). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist eine Auseinandersetzung mit den medialen Kommunikationskanälen<br />

der Patienten relevant. Dies leistet die vorliegende Studie. Den Ausgangspunkt des Beitrags stellt<br />

eine betr<strong>of</strong>fene Person dar, die im Krankheitsverlauf Informationen <strong>und</strong> Unterstützung benötigt, um<br />

sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen. Ihr wird die aktive <strong>und</strong> problemorientierte Suche in<br />

einer Vielfalt an Informationsangeboten ermöglicht. Insbesondere virtuelle Gemeinschaften schaffen<br />

eine neue Qualität des Informationshandeln, da sie den Mitgliedern die Chance zur interpersonalen<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Unterstützung bieten (Döring, 2004, S. 772). Speziell die Therapieentscheidung<br />

ist dabei ein Schlüsselmoment des Krankheitsverlaufs, der durch ein besonders hohes<br />

Informationsbedürfnis geprägt ist. Das Informationsmanagement kann hierbei gezielt im Zuge der<br />

Manipulation von Unsicherheit erfolgen. Dies umfasst in Anlehnung an die Theorien <strong>und</strong> Ansätze des<br />

Information Utility, Information Seeking <strong>und</strong> Sense Making kommunikative <strong>und</strong> kognitive Aktivitäten<br />

des Suchens, Vermeidens, Bereitstellens, Abschätzens <strong>und</strong> Interpretierens der Informationen (vgl.<br />

Brashers et al., 2000; Atkin, 1973; Dervin & Frenette, 2001). Diese Aktivitäten besitzen in Anlehnung<br />

an diese Ansätze zwei zentrale Dimensionen. Zum einen den Anlass, der zu einer Aktivität führt <strong>und</strong><br />

zum anderen die inhaltliche Ausrichtung dieser. Insgesamt soll durch diesen Prozess eine<br />

Sinnkonstruktion, eine Problemlösung oder ein Wissenserwerb erfolgen, um das im Zuge der<br />

Krankheit bzw. der Auseinandersetzung mit den Therapieoptionen entstandene<br />

Informationsbedürfnis zu befriedigen <strong>und</strong> Unsicherheiten zu managen.<br />

Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, die unterschiedlichen Formen des Informationshandelns zu<br />

explorieren. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie gestaltet sich das Informationshandeln von<br />

Krebserkrankten in Online-Foren hinsichtlich der Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen?<br />

Methodisches Vorgehen<br />

Um den Gegenstand angemessen zu explorieren, wird innerhalb der gesamten Forschungsstrategie<br />

eine Integration von qualitativer <strong>und</strong> quantitativer Methodik angewandt. Dabei handelt es sich um<br />

ein Mixed-Model Design. Für die inhaltliche Beschreibung der Auseinandersetzung mit<br />

Therapieoptionen <strong>und</strong> -entscheidungen innerhalb von Threads wurde zunächst der <strong>of</strong>fene <strong>und</strong> tiefe<br />

Zugang einer qualitativen Herangehensweise gewählt. Die Diskurse aus einem Brust- <strong>und</strong> einem<br />

Prostatakrebs-Forum bezogen sich auf die am meisten verbreiteten Krebsarten <strong>und</strong> ermöglichten<br />

zudem einen Vergleich des Informationshandelns von Männern <strong>und</strong> Frauen. Insgesamt wurden in<br />

36 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


den Krebsforen (krebs-kompass.de, forum.prostatakrebs-bps.de) im Zeitraum vom 1.09. bis zum<br />

15.12.2012 140 Informationshandlungen in 99 Threads identifiziert <strong>und</strong> in die Inhaltsanalyse<br />

einbezogen. Das Aufgreifkriterium bezog sich inhaltlich auf die Auseinandersetzung mit<br />

Therapieoptionen oder einer konkreten Therapieentscheidung. Mit dieser Vorgehensweise wird die<br />

Basis geschaffen, das Untersuchungsmaterial deutend zu verstehen <strong>und</strong> begründete Strukturen <strong>und</strong><br />

Typen des Informationshandelns zu identifizieren. Die Forenkommunikation wurde mit Hilfe der<br />

Dimensionen ‚Problemhintergründe <strong>und</strong> Zielsetzungen’ sowie ‚ausgetauschte Inhalte’ beschrieben.<br />

Die Identifikation der Informationstypen erfolgte aufbauend auf der qualitativen Inhaltsanalyse mit<br />

atlas.ti im Rahmen einer quantitativ-explorativen Datenanalyse. Dazu wurden verbale qualitative<br />

Daten in numerische quantitative Daten transformiert. Auf der Gr<strong>und</strong>lage der standardisierten Daten<br />

wurde eine Typenbildung von Informationshandlungen mittels Clusteranalyse durchgeführt.<br />

Abbildung 1: Visualisierung des methodischen Vorgehens (eigene Darstellung)<br />

Ergebnisse<br />

Die Studie zeigt, dass sich im Kontext der Auseinandersetzung mit einer Krebserkrankung <strong>und</strong> den<br />

Therapieoptionen neun unterschiedliche Informationshandlungen identifizieren lassen. Diese setzen<br />

sich entsprechend der theoretischen Dimensionen in der ersten Clusterlösung detailliert mit<br />

Problemhintergründen <strong>und</strong> in einer zweiten Clusterlösung mit den ausgetauschten Inhalten<br />

auseinander. In Bezug auf die Hintergründe <strong>und</strong> Ziele zeigt sich, dass die im Krankheitsverlauf<br />

identifizierten Phasen der Behandlung prägend <strong>für</strong> die auftretenden Informationsbedürfnisse sind.<br />

Nach einem Arztkontakt stehen beispielsweise der Wissenserwerb <strong>und</strong> eine fachlich geprägte<br />

Einschätzung von Therapieoptionen im Zentrum der Informationssuche. Die erhaltenen<br />

Informationen sollen im Forum verarbeitet <strong>und</strong> bewertet werden.<br />

Hinsichtlich der ausgetauschten Inhalte lassen sich stärker fachlich <strong>und</strong> eher emotional orientierte<br />

Diskurstypen unterscheiden. Die Artikulation von Gefühlen, die gegenseitige Unterstützung <strong>und</strong> der<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 37


persönliche Erfahrungsaustausch werden beispielsweise besonders bei der empathischen,<br />

kollektiven Emotionsbewältigung wichtig.<br />

Insgesamt lässt sich ein weitgehend pr<strong>of</strong>essionalisierter <strong>und</strong> patientenorientierter Austausch<br />

identifizieren. Dennoch kommt auch der emotionalen Bewältigung eine hohe Bedeutung zu.<br />

Zwischen den beiden Clusterlösungen besteht kein signifikanter Zusammenhang. Für die<br />

weiterführende Beschreibung zeigt sich vor allem das Geschlecht als wichtiger Einflussfaktor. Ein<br />

hoher Anteil weiblicher Beteiligter findet sich speziell in Informationshandlungen, die eine<br />

emotionale Fokussierung besitzen. Diese Unterschiede können zum Teil auf die spezifischen<br />

Kommunikationsbedürfnisse je nach Form der Erkrankung zurückgeführt werden.<br />

Diskussion<br />

Die Forenanalyse hat gezeigt, dass die im Krankheitsverlauf identifizierten Phasen prägend <strong>für</strong> die<br />

Informationshandlungen der Patienten sind. Der Bedarf an einer stärkeren Ausrichtung der Arzt-<br />

Patienten-Kommunikation an den spezifischen Bedürfnissen der Patienten wird erkennbar. Zudem<br />

zeigt sich, dass die Nutzer von Online-Foren kritisch reflektierende Beteiligte darstellen.<br />

Unzufriedenheit <strong>und</strong> Zweifel am behandelnden Arzt können einen Zuwendungsgr<strong>und</strong> darstellen <strong>und</strong><br />

das Bedürfnis nach Kontrolle <strong>und</strong> kritischer Überprüfung der ärztlichen Empfehlung noch verstärken.<br />

Zudem macht die Studie deutlich, dass nicht nur die emotionale Unterstützung <strong>und</strong> der<br />

Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten im Fokus der Interaktion stehen, sondern auch subjektiv<br />

bis fachlich geprägte Einschätzungen <strong>und</strong> Erläuterungen ausgetauscht werden. Der Patient hat<br />

<strong>of</strong>fenbar nach der Arztkonsultation <strong>und</strong> über diese hinaus ein unerfülltes Bedürfnis nach einer<br />

Einordnung <strong>und</strong> dem tiefen Verständnis der Erkrankung. Speziell der Arzt sollte <strong>für</strong> die Interpretation<br />

des Krankheitsbildes <strong>und</strong> die Darstellung der Wirkungsweise von Therapien mehr Zeit einräumen.<br />

Dies legt nahe, dass sie verstärkt auf die Kommunikation mit mündigen Patienten vorbereitet werden<br />

müssen. Der Vortrag diskutiert Implikationen der Studie <strong>für</strong> Kommunikationswissenschaft <strong>und</strong> Praxis.<br />

Atkin, C. (1973). Instrumental Utilities and Information Seeking. In P. Clarke (Hrsg.), New Models in Mass Communication<br />

Research (S. 205-242). Beverly Hills/London: Sage.<br />

Brashers, D.E., Neidig, J.L., Haas, S.M., Dobbs, L.K., Cardillo, L.W. & Russell, J.A. (2000). Communication in the Management<br />

<strong>of</strong> Uncertainty: The Case <strong>of</strong> Persons Living with HIV or AIDS. Communication Monographs, 67(1), S. 63-84.<br />

Dervin, B. & Frenette, M. (2001). Sense-Making methodology: Communicating com-municatively with campaign audience.<br />

In R.E. Rice & C.K. Atkin (Hrsg.), Public communication campaigns (3. Aufl.), (S. 69-87). Thousan Oaks, CA: Sage.<br />

Dierks, M., Schwartz F.W. & Walter, U. (2000). Patienten als K<strong>und</strong>en. Informationsbedarf <strong>und</strong> Qualität von<br />

Patienteninformationen aus Sicht der Public Health Forschung. In D. Jazbinsek (Hrsg.),<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (S. 150-163). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.<br />

Döring, N. (2004). Sozio-emotionale Dimensionen des Internet. In R. Mangold, P. Vorderer & G. Bente (Hrsg.), Lehrbuch der<br />

Medienpsychologie (S. 673-695). Göttingen/ Bern/Toronto/ Seattle: Hogrefe Verlag.<br />

Neverla, I., Brichta, M., Kamp, H.-C. & Lüdecke, D.K. (2007). Wer krank ist, geht ins Netz. Eine empirische Untersuchung zur<br />

Medien- <strong>und</strong> Internetnutzung im Krankheitsverlauf. Erfurt: Verlag Reinhard Fischer.<br />

38 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Anhang<br />

Tabelle 1:<br />

Clusterbildende<br />

Variablen<br />

Problemhintergründe<br />

Akute<br />

Problemhintergründe<br />

Diagnose der<br />

Erkrankung<br />

Körperliche<br />

Beschwerden<br />

Nachbereitung<br />

des Arzttermins<br />

Vorbereitung<br />

auf Therapieschritte<br />

Vorbereitung<br />

des Arzttermins<br />

Zielsetzungen<br />

Cluster-Pr<strong>of</strong>ile: Mittelwertvergleich zwischen allen Clustern hinsichtlich aller clusterbildenden<br />

Merkmale Problemhintergründe (Indexwerte)<br />

Fachliche<br />

Erörterung<br />

der<br />

Diagnose<br />

(N= 27)<br />

Austausch<br />

von<br />

Erfahrungswerten<br />

im<br />

Zuge<br />

akuter<br />

Symptome<br />

(N= 21)<br />

Emotionale<br />

&<br />

organisatorische<br />

Absicherung<br />

des<br />

bevorstehenden<br />

Arztbesuchs<br />

(N=23)<br />

Fachliche,<br />

kritische<br />

Reflexion<br />

des Arztbesuchs<br />

(N= 42)<br />

Erfahrungsbasierte<br />

Planung<br />

von<br />

Therapieschritten<br />

(N= 27)<br />

Mittelwert<br />

Gesamt<br />

(N= 140)<br />

500*** 0 22 0 0 ,20<br />

0 667*** 0 0 0 ,15<br />

10 0 95 275** 0 ,36<br />

0 0 0 0 519*** ,19<br />

0 0 609*** 0 0 ,11<br />

Emotionale<br />

Unterstützung/ 69 67 325*** 22 86 ,21<br />

Austausch<br />

Erfahrungen<br />

Therapie<br />

76 116* 112* 92 114* ,78<br />

(-prozess)<br />

Medizinischer<br />

Rat Therapie 103* 73 87 132* 80 ,65<br />

(-prozess)<br />

Wissen<br />

Therapie<br />

134* 86 20 151* 67 ,22<br />

(-prozess)<br />

N= 140 Fälle<br />

Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />

Distanz; Methode: Ward-Methode<br />

Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />

<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 39


Tabelle 2: Cluster-Pr<strong>of</strong>ile: Mittelwertvergleich zwischen allen Clustern hinsichtlich aller<br />

clusterbildenden Merkmale ausgetauschter Inhalte (Indexwerte)<br />

Clusterbildende Variablen<br />

Ausgetauschte Inhalte<br />

Entscheidungskriterien<br />

Therapie – fachliche<br />

Argumente<br />

Entscheidungskriterien<br />

Therapie – persönliche<br />

Argumente<br />

Krankengeschichte des<br />

Initiators<br />

Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> medizinische<br />

Kennwerte des Initiators<br />

Krankengeschichte/Bef<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> medizinische<br />

Kennwerte der Beteiligten<br />

Interpretation <strong>und</strong><br />

Diagnoseerstellung<br />

Auseinandersetzung mit<br />

der Arzt-Patienten-<br />

Beziehung<br />

Weitergabe ärztlicher<br />

Empfehlungen<br />

Aussprache eigener<br />

fachlicher Empfehlung<br />

Aussprache eigener<br />

fachlicher Erläuterung<br />

Aussprache einer<br />

persönlichen Empfehlung<br />

Präferenz/Be<strong>für</strong>chtung des<br />

Initiators<br />

Verbindende<br />

Erfahrungswerte<br />

Vertiefender,<br />

therapiebezogener<br />

Wissenserwerb<br />

<strong>und</strong><br />

-vermittlung<br />

(N= 42)<br />

F<strong>und</strong>ierte,<br />

patientenorientierte<br />

Beratung<br />

(N= 44)<br />

Argumentative<br />

<strong>und</strong><br />

bewertende<br />

Ausgestaltung<br />

des<br />

Entscheidungsprozesses<br />

(N=29)<br />

Empathisch<br />

kollektive<br />

Emotionsbewältigung<br />

(N= 25)<br />

Mittelwert<br />

gesamt<br />

(N=140)<br />

22 151* 206** 18 ,44<br />

0 135* 253** 28 ,29<br />

68 130* 94 109* ,77<br />

52 136* 103* 113* ,64<br />

45 132* 98 138* ,64<br />

62 189* 65 47 ,42<br />

49 157* 122* 60 ,54<br />

38 163* 133* 56 ,57<br />

74 168* 94 31 ,51<br />

65 187* 94 12 ,33<br />

66 133* 116* 82 ,69<br />

60 153* 129* 40 ,40<br />

12 112* 144* 177* ,41<br />

Erfahrungen Dritter 65 164* 109* 36 ,22<br />

N= 140 Fälle<br />

Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />

Distanz; Methode: Ward-Methode<br />

Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />

<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />

40 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


[Fortsetzung Tabelle 2]: Cluster-Pr<strong>of</strong>ile der Merkmale ausgetauschter Inhalte<br />

Clusterbildende Variablen<br />

Vertiefender,<br />

therapiebezogener<br />

Wissenserwerb<br />

<strong>und</strong><br />

-vermittlung<br />

(N= 42)<br />

F<strong>und</strong>ierte,<br />

patientenorientierte<br />

Beratung<br />

(N= 44)<br />

Argumentative<br />

<strong>und</strong><br />

bewertende<br />

Ausgestaltung<br />

des<br />

Entscheidungsprozesses<br />

(N=29)<br />

Empathisch<br />

kollektive<br />

Emotionsbewältigung<br />

(N= 25)<br />

Mittelwert<br />

gesamt<br />

(N=140)<br />

Eigene Erfahrungen<br />

Therapie–Therapieprozess<br />

79 111* 91 127* ,76<br />

Eigene Erfahrungen<br />

Therapieentscheidung<br />

0 72 285** 102* ,16<br />

Dankbarkeit 50 168* 65 106* ,53<br />

Emotionale Unterstützung 25 177* 18 187* ,19<br />

Informationsbasierte<br />

Orientierung<br />

42 159* 103* 90 ,40<br />

Reputationsstarke Quellen 56 140* 109* 93 ,60<br />

Reputationsschwache<br />

Quellen<br />

72 206** 52 15 ,26<br />

Empfehlung weiterer<br />

Recherchequellen<br />

94 199* 15 35 ,23<br />

Wissen zu Therapie &<br />

Behandlungsprozess<br />

108* 167* 36 42 ,29<br />

Hintergr<strong>und</strong>wissen 116* 155* 45 39 ,31<br />

Negative Emotionen 35 123* 101* 167* ,48<br />

Positive Emotionen 36 170* 34 160* ,20<br />

Empathie 42 132* 94 148* ,62<br />

Verunsicherung 44 148* 161* 37 ,32<br />

Strategien der<br />

Emotionsbewältigung<br />

26 98 0 345*** ,09<br />

N= 140 Fälle<br />

Hierarchische Clusteranalyse mit nachgeschalteter Clusterzentrenanalyse; Distanzmaß: Quadrierte Euklidische<br />

Distanz; Methode: Ward-Methode<br />

Überdurchschnittlich hohe Indexwerte sind gekennzeichnet: Indexwerte von 101-199 *, Indexwerte zwischen 200<br />

<strong>und</strong> 299 **, Indexwerte über 300 ***<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 41


Verena Lindacher, Janina Curbach & Julika Loss<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbezogene Themen im sozialen Online-Netzwerk Facebook – eine<br />

Inhaltsanalyse der Kommunikation auf Facebook<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Soziale Online-Netzwerke (SNS) wie Facebook sind fester Bestandteil im Alltag vieler, v.a. junger<br />

Menschen. Daher wird zunehmend diskutiert, SNS auch <strong>für</strong> Maßnahmen der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Prävention zu nutzen. SNS werden auch als neuartiges Setting <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung bezeichnet.<br />

Bislang wurden <strong>für</strong> Internet-basierte Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung v.a. traditionelle Web 1.0-Kanäle genutzt<br />

(Bennett & Glasgow, 2009; Freeman & Chapman, 2008 Gold, et al., 2012). Das interaktive Element<br />

dieser Netzwerke bietet hingegen einen komplexeren Kanal <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitskommunikation.<br />

Um ges<strong>und</strong>heitsbezogene Strategien effektiv planen zu können, ist es notwendig, ein derartiges neues<br />

Setting <strong>und</strong> seine Rahmenbedingungen zu verstehen (Gold, et al., 2012; Poland, et al., 2009). Diese<br />

Rahmenbedingungen werden v.a. durch die auf SNS stattfindende Kommunikation geprägt sowie<br />

durch die verschiedenen Funktionen (z.B. Feedback-Optionen), die die Kommunikation steuern. Im<br />

Hinblick auf mögliche Interventionen erscheint es daher wichtig, die Kommunikation über<br />

Ges<strong>und</strong>heitsthemen auf SNS zu untersuchen.<br />

Forschungsstand<br />

Ges<strong>und</strong>heitswissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lagenforschung zu SNS ist begrenzt (Chou, et al., 2009; Kontos, et<br />

al., 2010). Forschungsaktivitäten zu SNS befassen sich v.a. mit den Themen Nutzeranalysen,<br />

Nutzungsmotive <strong>und</strong> Privatsphäreeinstellungen (Weissensteiner & Leiner, 2011; Wilson, et al., 2012);<br />

ein Ges<strong>und</strong>heitsbezug besteht in den Arbeiten allerdings nicht. Lediglich zwei US-amerikanische<br />

Studien beschäftigen sich mit Nutzerreferenzen zu den ges<strong>und</strong>heitlichen Themen Stress <strong>und</strong> Alkohol<br />

(Egan & Moreno, 2011a, 2011b); sie legen nahe, dass die auf Facebook kommunizierte Alkohol-<br />

Konsumverhalten dem realen Konsumverhalten entspricht.<br />

Fragestellung<br />

Ziel der Studie war zu analysieren, wie junge Menschen über ges<strong>und</strong>heitsbezogene Verhaltensweisen<br />

auf Facebook kommunizieren. Der Fokus lag dabei auf den <strong>für</strong> Public Health<br />

relevanten Verhaltensweisen Alkoholkonsum, ges<strong>und</strong>e /unges<strong>und</strong>e Ernährung, Sport / Bewegung,<br />

Rauchen. Beantwortet werden sollte, (a) welche Themen wie häufig von den Nutzern angesprochen<br />

werden, (b) wie <strong>und</strong> in welchen Kontexten über diese Lebensstile kommuniziert wird <strong>und</strong> (c) wie diese<br />

Kommunikation von anderen Nutzern wahrgenommen wird.<br />

Methodik<br />

Medizinstudierende im vorklinischen Studienabschnitt (N=30, 18-25 Jahre, m=12) stellten Ausdrucke<br />

ihrer Facebook-Kommunikation der letzten neun Monate zur Verfügung (gesamt: 5851 Beiträge). Auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage eines in einer explorativen Vorstudie entwickelten Codebuchs wurden diese Pr<strong>of</strong>ile<br />

einer systematischen Inhaltsanalyse unterzogen. Die Teilnehmer anonymisierten personenbeziehbare<br />

Angaben durch Schwärzung. Ausgewertet wurden alle Beiträge (Texte, Bilder) mit Bezug zu Ernährung,<br />

Bewegung, Alkohol- <strong>und</strong> Tabakkonsum.<br />

42 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Ergebnisse<br />

6,5% aller Beiträge behandelten eines der gewählten ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Verhaltensweisen<br />

(n=381), 267 davon (70%) bezogen sich auf Risikoverhalten (Alkoholkonsum 42%, unges<strong>und</strong>e<br />

Ernährung 28%), 30% auf ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Lebensstil (Sport / Bewegung 26%, ges<strong>und</strong>e<br />

Ernährung 4%). Beiträge zu Tabakrauchen kamen nicht vor.<br />

Bei der Kommunikation stehen nicht der Ges<strong>und</strong>heitsbezug im Vordergr<strong>und</strong>, sondern thematische<br />

Einbettungen wie Geselligkeit, Spaß <strong>und</strong> Stolz auf die eigene Leistung, v.a. bei Alkoholkonsum oder<br />

unges<strong>und</strong>er Ernährung. In den seltenen Fällen, in denen negative ges<strong>und</strong>heitliche Konsequenzen<br />

berichtet werden (z.B. Kopfschmerzen nach Alkoholkonsum, Völlegefühl nach übermäßigem Essen),<br />

wird ein witziger oder selbstironischer Ton gewählt. Die berichteten Verhaltensweisen werden von den<br />

Nutzern stets positiv bewertet, unabhängig davon, ob sie ges<strong>und</strong>heitsförderlich oder riskant sind. Auch<br />

andere Nutzer bewerteten die Kommunikation zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen überwiegend positiv.<br />

Zusätzlich konnten saisonale Einflüsse auf berichtetes Ges<strong>und</strong>heits- oder Risikoverhalten identifiziert<br />

werden, z.B. Volksfeste.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die Ergebnisse helfen zu verstehen, welche Rolle Ges<strong>und</strong>heits- oder Risikoverhalten in der<br />

Kommunikation auf Facebook spielen. Außerdem geben sie Hinweise <strong>für</strong> zielgruppengerechte<br />

Aufklärungsmaßnahmen im Online- <strong>und</strong> Offline-Bereich. Mit dem entwickelten Codebuch liegt zudem<br />

ein Instrument vor, das sich <strong>für</strong> die Analyse der Kommunikation über Ges<strong>und</strong>heitsthemen auf<br />

Facebook bewährt hat <strong>und</strong> auch <strong>für</strong> Monitoring möglicher Interventionen eingesetzt werden kann.<br />

Diskussion<br />

Die Ergebnisse legen nahe, dass die Kommunikation von Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Risikoverhalten auf<br />

Facebook als Vehikel genutzt wird, um die eigene Person positiv <strong>und</strong> attraktiv darzustellen. Die<br />

Kommunikation über ges<strong>und</strong>heitsbezogene Verhaltensweisen entspricht damit der sog. Impression<br />

Management-Theorie, die von G<strong>of</strong>fmann 1959 <strong>für</strong> die face-to-face Interaktion beschrieben<br />

wurde. G<strong>of</strong>fman postuliert, dass Menschen in der Interaktion mit anderen primär versuchen,<br />

bestimmte positive Eindrücke der eigenen Person zu vermitteln.<br />

Facebook ermöglicht Selbstinszenierungen besonders gut, da z.B. Bewertungen (Kommentare, „Likes“)<br />

von Fre<strong>und</strong>en helfen, eine positive Selbstdarstellung zu optimieren. Die unmittelbare Widerspieglung<br />

der eigenen Reputation durch die systemeigenen Kommunikationsfunktionen erlaubt es den Nutzern<br />

zu testen, welche Inhalte positiv rezipiert werden. Indem Facebook-Nutzer aber die Darstellung ihres<br />

Risikoverhaltens dazu instrumentalisieren, sich selber als attraktiv zu präsentieren, werden gleichzeitig<br />

diese Risikoverhalten als erstrebenswerte Aktivität vermittelt. Dadurch erhöht sich die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass auch im Offline-Kontext unkritisch Risikoverhalten umgesetzt wird.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 43


Bennett, G. G., & Glasgow, R. E. (2009). The delivery <strong>of</strong> public health interventions via the Internet: actualizing their potential.<br />

Annual Review <strong>of</strong> Public Health, 30, 273-92.<br />

Chou, S. W.-y., Hunt, M. Y., Beckjord, B. E., Moser, P. R., & Hesse, W. B. (2009). Social Media Use in the United States:<br />

Implications for Health Communication. J Med Internet Res, 11(4), e48.<br />

Egan, K. G., & Moreno, M. A. (2011a). Alcohol references on <strong>und</strong>ergraduate males' Facebook pr<strong>of</strong>iles. Am J Mens Health, 5(5),<br />

413-20.<br />

Egan, K. G., & Moreno, M. A. (2011b). Prevalence <strong>of</strong> stress references on college freshmen Facebook pr<strong>of</strong>iles. Comput Inform<br />

Nurs, 29(10), 586-92.<br />

Freeman, B., & Chapman, S. (2008). Gone viral? Heard the buzz? A guide for public health practitioners and researchers on<br />

how Web 2.0 can subvert advertising restrictions and spread health information. Journal <strong>of</strong> Epidemiology &<br />

Community Health, 62(9), 778-82.<br />

G<strong>of</strong>fman, E. (1959). The presentation <strong>of</strong> self in everyday life. New York: Doubleday & Company.<br />

Gold, J., Pedrana, A. E., Sacks-Davis, R., Hellard, M. E., Chang, S., Howard, S., et al. (2011). A systematic examination <strong>of</strong> the use<br />

<strong>of</strong> online social networking sites for sexual health promotion. BMC Public Health, 11, 583.<br />

Gold, J., Pedrana, A. E., Stoove, M. A., Chang, S., Howard, S., Asselin, J., et al. (2012). Developing health promotion<br />

interventions on social networking sites: recommendations from The FaceSpace Project. Journal <strong>of</strong> Medical<br />

Internet Research, 14(1), e30.<br />

Kontos, E. Z., Emmons, K. M., Puleo, E., & Viswanath, K. (2010). Communication inequalities and public health implications <strong>of</strong><br />

adult social networking site use in the United States. J Health Commun, 15 Suppl 3, 216-35.<br />

Poland, B., Krupa, G., & McCall, D. (2009). Settings for Health Promotion: An Analytic Framework to Guide Intervention Design<br />

and Implementation. Health Promotion Practice, 10(4), 505-16.<br />

Schirmer, K. (2012). “Where they hang out”. Social media use in youth health promotion: An analysis based on a literature<br />

review and survey <strong>of</strong> the youth sector in South Australia. Adelaide: Centre for Health Promotion.<br />

Weissensteiner, E., & Leiner, D. (2011). Facebook in der Wissenschaft. Forschung zu sozialen Onlinenetzwerken. M&K, 59(4),<br />

526-44.<br />

Wilson, R. E., Gosling, S. D., & Graham, L. T. (2012). A Review <strong>of</strong> Facebook Research in the Social Sciences. Perspect Psychol<br />

Sci, 7(3), 203-20.<br />

44 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Eva Baumann, Elena Link & Hannah Früh<br />

Offenheit <strong>und</strong> Intimität in Online-Communities: Unsicherheitsmanagement im<br />

Kontext von Kinderwunsch <strong>und</strong> Schwangerschaft<br />

Insbesondere <strong>für</strong> Erstgebärende ist die Schwangerschaft eine Lebensphase, die mit einschneidenden<br />

biografischen Veränderungen <strong>und</strong> einer großen, sowohl positiv als auch negativ besetzten<br />

Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft sowie hinsichtlich ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken im<br />

Schwangerschaftsverlauf verb<strong>und</strong>en ist. Unsicherheit entsteht in Situationen, die als diffus,<br />

mehrdeutig, komplex oder unvorhersehbar wahrgenommen werden <strong>und</strong> in denen keine sicheren oder<br />

nur inkonsistente Informationen verfügbar sind. Dadurch wird die Situation als nur bedingt oder gar<br />

nicht kontrollierbar wahrgenommen (Brashers 2001). Ziel ist es dann, die diffuse Situation in eine<br />

durch eigenes Handeln kontrollierbare Entscheidungssituation umzuwandeln <strong>und</strong> Diskontinuitäten der<br />

Selbst- <strong>und</strong> Umweltwahrnehmung zu schließen (Atkin 1973; Dervin et al. 1982). Daher entwickeln<br />

insbesondere Erstgebärende <strong>und</strong> Frauen mit Kinderwunsch ein ausgeprägtes Interesse an<br />

schwangerschaftsrelevanten Themen <strong>und</strong> ein intensives Informationsbedürfnis (BZgA 2006). Da<strong>für</strong><br />

stehen ihnen eine Vielzahl interpersonaler <strong>und</strong> medialer Informationsquellen <strong>und</strong><br />

Kommunikationspartner zur Verfügung. Neben dem Gespräch mit dem Arzt oder der Hebamme bietet<br />

vor allem das Internet eine wichtige Orientierungsfunktion (Larsson 2009). Themenspezifische Online-<br />

Foren ermöglichen einen Raum-Zeit-ungeb<strong>und</strong>enen Dialog mit ‚Gleichgesinnten‘, in dem nicht nur<br />

Informationen ausgetauscht, sondern auch soziale <strong>und</strong> emotionale Unterstützung erlangt werden<br />

können (Zillien & Fröhlich 2008). Hierzu ist jedoch eine große Bereitschaft zur Selbstöffnung gegenüber<br />

Fremden erforderlich: So wird man ohne eine sachbezogene Offenheit auch keine detaillierten <strong>und</strong><br />

konkreten Ratschläge erhalten, <strong>und</strong> ohne eine emotionale Selbst<strong>of</strong>fenbarung kaum empathische<br />

Unterstützung in der Community erwarten können. Der Kommunikationsrahmen im Social Web<br />

scheint dabei selbst bei öffentlichen Chats <strong>und</strong> Foren die Bereitschaft zur Offenheit <strong>und</strong> Preisgabe<br />

intimer Details im Vergleich zur Face-to-Face-Situation zu erhöhen (Trepte & Reinecke 2011).<br />

Daher formulieren wir folgende Forschungsfragen:<br />

F1: Welche schwangerschaftsbezogenen Personenmerkmale erklären die Offenheit der UserInnen <strong>und</strong><br />

die Intimität des Diskurses im Forum?<br />

F2: Inwiefern werden bei der Suche nach sachbezogenen Informationen auch Aspekte des intimen<br />

Selbst preisgegeben?<br />

F3: Welche Rolle spielt die Preisgabe intimer Details in Dialogen, in denen es um empathische<br />

Anteilnahme geht?<br />

Hierzu wurde eine quantitative Inhaltsanalyse von Beiträgen im Schwangerschaftsforum urbia.de<br />

durchgeführt. Im November 2011 wurde ein ‚künstlicher’ Tag in einer ‚künstlichen Woche’ von<br />

Diskussionen <strong>und</strong> Posts in den beiden meist genutzten Foren (Schwangerschaft, Kinderwusch)<br />

definiert. Die Stichprobe umfasst 1.032 Posts. Für jeden der aktiven Diskussionsteilnehmer wurde<br />

anhand des Nicknames zudem der Inhalt des Pr<strong>of</strong>ils auf urbia.de erfasst (n=620). Die Reliabilität der<br />

Codierung war über die zehn Codierer hinweg sehr zufriedenstellend (Holsti pro Kategorie ≥ .94).<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 45


Zunächst haben wir basierend auf den Variablen Bild, personalisierter Nickname, Motto sowie<br />

freiwillige weitere Angaben zur Person einen persönlichen Offenheitsindex gebildet. In einem linearen<br />

Regressionsmodell erklären die Variablen Alter, Fehlgeburt, Partnerschaft, Schwangerschaftswoche<br />

<strong>und</strong> bereits existierende Kinder insgesamt 16 Prozent der Gesamtvarianz der personenbezogenen<br />

Offenheit (F1). Die stärkste Erklärungskraft hat der Beziehungsstatus (in einer Partnerschaft lebend;<br />

β=0,307; p≤0,001). Darüber hinaus sind bereits existierende Kinder (β=0,096; p≤0,01) <strong>und</strong> die<br />

Erfahrung einer Fehlgeburt (β=0,089; p≤0,01) gute Prädiktoren <strong>für</strong> die personenbezogene Offenheit im<br />

Forum. Während die genannten Personenvariablen zwar gut erklären, wie <strong>of</strong>fen die NutzerInnen ihr<br />

Pr<strong>of</strong>il bei urbia gestalten, lässt sich die Bereitschaft zur Preisgabe intimer Informationen in einem Post<br />

in einer logistischen Regression nicht anhand dieser persönlichen Faktoren erklären (Nagelkerkes<br />

R 2 =0,04). Hier liegt die Vermutung nahe, dass eher situative Faktoren über die Preisgabe intimer<br />

Details entscheiden.<br />

Urbia wird vor allem zur gegenseitigen Unterstützung durch sachbezogenen Rat genutzt (n=780; 76 %).<br />

In 22 Prozent dieser Fälle (n=229) wurde informationsbezogener Support erbeten, in den anderen<br />

Posts wurden dieser gegeben. Diese Bitte um Unterstützung erfolgte vor allem bezogen auf die<br />

Themen Kinderwunsch (n=113; 49 %), Schwangerschaftsverlauf (n=72; 31 %) <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Beschwerden (n=40; 17 %). Bezugnehmend auf F2, ist die sachorientierte Informationssuche dabei eng<br />

mit einer Preisgabe von Informationen zum intimen Selbst verknüpft: So geben die Userinnen im Zuge<br />

der Bitte um sachbezogenen Rat in 71 Prozent der Fälle (n=163) auch Aspekte ihres intimen Selbst<br />

preis (Cramers-V=0,300, p≤0,001).<br />

Neben einer sachbezogenen Unterstützung durch konkrete Ratschläge wird urbia in 31 Prozent der<br />

analysierten Posts (n=315) zur gegenseitigen Unterstützung durch Empathie <strong>und</strong> Anteilnahme im<br />

Kontext von Schwangerschaft <strong>und</strong> Kinderwunsch genutzt. Bezogen auf F3 zeigt sich allerdings, dass<br />

dieser ‚empathische Diskurs‘ nicht in gleichem Maße wie der sachbezogene Dialog mit der Preisgabe<br />

intimer Informationen verb<strong>und</strong>en ist. In ‚nur‘ 135 der empathieorientierten Posts (43 %) werden<br />

gleichzeitig intime Informationen über das Selbst <strong>of</strong>fenbart (Cramers-V=0,005; n.s.).<br />

Urbia.de ist vor allem eine Plattform, um schwangerschaftsbezogene Sachinformationen<br />

auszutauschen. Die UserInnen thematisieren insbesondere Ereignisse in der Zukunft (Kinderwunsch<br />

<strong>und</strong> Schwangerschaftsverlauf) sowie ges<strong>und</strong>heitliche Probleme. Dies lässt sich plausibel als Strategie<br />

zum Abbau von Unsicherheiten in diesem ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Themenkontext interpretieren. Eine<br />

höhere generelle Bereitschaft zur Selbstdarstellung lässt sich vorsichtig durch das vermutlich höhere<br />

alltägliche Themeninvolvement im Zusammenleben mit einem Partner sowie durch höheres<br />

Probleminvolvement bei eigenen Schwangerschaftserfahrungen interpretieren. Die virtuelle<br />

Gemeinschaft bietet sich besonders zum Austausch über intime Aspekte der Schwangerschaft an. Die<br />

Preisgabe intimer Details scheint aber eher einem instrumentellen Informationsnutzen zu dienen; so<br />

ist eine intime Offenheit deutlich seltener, wenn um das Herstellen sozialer bzw. empathischer Nähe<br />

geht. Somit scheint urbia.de ein geeigneter Ort des Informationsaustauschs <strong>für</strong> Schwangere zu sein,<br />

der auf Vertrauen im Umgang mit sensiblen Themen basiert, in dem Vertraulichkeiten aber vor allem<br />

dem instrumentellen Nutzen der Unsicherheitsreduktion dienen.<br />

46 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Atkin, C. K. (1973). Instrumental Utilities and Information Seeking. In P. Clarke (Ed.), New Models for Communication Research<br />

(p. 205-242). Beverly Hills/London: Sage Publications.<br />

Brashers, D. E. (2001). Communication and Uncertainty Management. Journal <strong>of</strong> Communication, 51 (3), 477-497.<br />

B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.) (2006). Schwangerschaftserleben <strong>und</strong> Pränataldiagnostik.<br />

Verfügbar unter: http://www.bzga.de/botmed_13319200.html [17.07.2013].<br />

Dervin, B., Nilan, M. S. & Jacobson, T. L. (1982). Improving Predictions <strong>of</strong> Information Use: A Comparison <strong>of</strong> Predictor Types in<br />

Health Communication Setting. In M. Buirgoon (Ed.), Communication Yearbook (p. 807-830). New<br />

Brunswick/London: Transaction <strong>Book</strong>s.<br />

Larsson, M. (2009). A descriptive study <strong>of</strong> the use <strong>of</strong> the Internet by women seeking pregnancy-related information.<br />

Midwifery, 25 (1), 14-20.<br />

Trepte, S. & Reinecke, L. (2011). The Social Web as a Shelter for Privacy and Authentic Living. In S. Trepte & L. Reinecke (Eds.),<br />

Privacy Online. Perspectives on Privacy and Self-disclosure in the Social Web (p. 61-73). New York: Springer-Verlag.<br />

Zillien, N. & Fröhlich, G. (2008). Informationsgewinn <strong>und</strong> Sicherheitsverlust. Empirische Ergebnisse zur Internetnutzung r<strong>und</strong><br />

um Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt. Medien Journal, 4, 52-64.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 47


PANEL 4: BERICHTERSTATTUNG ÜBER GESUNDHEITSKRISEN UND<br />

HERAUSFORDERUNGEN DER KRISENKOMMUNIKATION<br />

Susanne Gedamke<br />

Zwischen Modediagnose <strong>und</strong> Volkskrankheit - Burnout in der öffentlichen<br />

Kommunikation der Schweiz<br />

Das Phänomen »Burnout« hat sich in den letzten Jahren zu einem der populärsten Zeitphänomene des<br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt. Burnout wird nicht nur in der Wissenschaft breit diskutiert, sondern hat<br />

längst Eingang in den alltäglichen Wortschatz gef<strong>und</strong>en. Dem Phänomen liegt bis dato keine<br />

wissenschaftlich erkannte Diagnose zugr<strong>und</strong>e. Dennoch hat es sich in den letzten 20 Jahren nicht nur<br />

begrifflich epidemisch verbreitet, sondern tritt auch in realer Konjunktur verstärkt auf (vgl. Seco 2010;<br />

Hillert/Marwitz 2006: 14f.).<br />

Die beschriebenen Entwicklungen werden umso relevanter, je mehr die kritische Rezeption des<br />

Phänomens betrachtet wird: Aufgr<strong>und</strong> einer fehlenden einheitlichen Diagnose <strong>und</strong> der starken<br />

Konzeptvielfalt, wird Burnout des Öfteren als »Modekrankheit« kritisiert (vgl. Rösing 2011: 26). Nicht<br />

selten wird das erheblich gestiegene Interesse mit der Medienberichterstattung in Verbindung<br />

gebracht. Ausgehend von der gewichtigen Rolle von Massenmedien als Quelle <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformationen (vgl. Baumann 2006: 141), könnte der medialen Berichterstattung somit<br />

eine zentrale Rolle in der Problemdefinition <strong>und</strong> -bewertung von Burnout zukommen. Die vorliegende<br />

Untersuchung setzt am potentiellen Anteil der Massenmedien an der Wahrnehmung des Burnout-<br />

Phänomens an: Der massenmediale Aufstieg des Burnout-Phänomens wird aus diachroner Perspektive<br />

nachgezeichnet <strong>und</strong> Berichterstattungsmuster überprüft, welche systematisch zu seiner Attraktivität<br />

<strong>und</strong> Verbreitung beitragen könnten <strong>und</strong> damit möglicherweise die gesellschaftliche Realität des<br />

Burnouts beeinflussen.<br />

Die untersuchten Berichterstattungsmuster wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage von Theorien der<br />

Nachrichtenauswahl (Nachrichtenwerttheorie, Framing-Ansätze) hergeleitet <strong>und</strong> mithilfe einer<br />

deduktiv-quantitativen Inhaltsanalyse von Berichterstattungsmerkmalen sowie darauffolgend einer<br />

induktiv-quantitativen Generierung von Medien-Frames via Faktorenanalyse realisiert.<br />

Die Stichprobe basiert auf den 14 auflagestärksten Printmedien der Schweiz innerhalb der<br />

Untersuchungsjahre vom 01.01.1995 (erstmaliges Auftreten des Begriffs in den untersuchten Medien)<br />

bis 31.12.2011 (n=896). Als deduktive Berichterstattungsmerkmale wurden folgende Indikatoren<br />

gewählt:<br />

48 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Medialer Resonanzverlauf des Phänomens,<br />

Thematisierungsleistung der Medien in Bezug auf Burnout,<br />

Vermarktung des Phänomens über die beiden Nachrichtenfaktoren Identifikation <strong>und</strong><br />

Sensationalismus,<br />

medial dargelegte Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen.<br />

Weiterhin wurden auf der Basis der Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen mithilfe<br />

einer explorativen Faktorenanalyse insgesamt neun Medien-Frames <strong>für</strong> die Burnout-Berichterstattung<br />

extrahiert.<br />

Die Untersuchung ist zu folgenden zentralen Ergebnissen gekommen:<br />

Die mediale Beachtung des Burnout-Phänomens ist von seiner ersten Thematisierung im Jahr 1995 an<br />

erheblich gestiegen <strong>und</strong> stößt in allen untersuchten Medientypen auf kontinuierlich wachsendes<br />

Interesse.<br />

Die Thematisierungsleistung der Medien in Bezug auf Burnout kann auf der Basis der vorliegenden<br />

Untersuchung als relativ hoch eingeschätzt werden. Bis auf die Boulevardtitel dominiert in allen<br />

anderen Medientypen eine kontextuell breit abgestützte Thematisierung des Phänomens. Der<br />

Burnout-Begriff scheint somit weniger beliebig verwendet zu werden, als die kritische Rezeption des<br />

Phänomens vermuten lässt.<br />

Die beiden Nachrichtenfaktoren Identifikation <strong>und</strong> Sensationalismus sind prominent in der Burnout-<br />

Berichterstattung vertreten. Die Aufbereitung des Phänomens findet sehr personalisiert statt <strong>und</strong><br />

schafft somit einen hohen Identifikationswert. Auch wird das Phänomen als äußerst verbreitet<br />

dargestellt, was das Identifikationspotenzial ebenfalls erhöht. Eine sensationalistische<br />

Berichterstattung kann vor allem durch die ebenfalls sehr häufig thematisierten Risiken <strong>und</strong> Schäden<br />

durch Burnout festgestellt werden. Demgegenüber wird das Phänomen fast nie kontrovers oder<br />

konfliktinduzierend behandelt, was auf einen medialen Konsens zu dem Thema schließen lässt. In<br />

Bezug auf die Popularisierung <strong>und</strong> Verbreitung des Phänomens in der medialen Darstellung kann somit<br />

eine öffentlichkeitswirksame Wiedergabe von Burnout festgestellt werden.<br />

Im Gegensatz zur allgemeinen Thematisierungsleistung gestaltet sich die mediale Darstellung der<br />

Themen, Ursachen, Problemlösungen <strong>und</strong> Bewertungen eher <strong>und</strong>ifferenziert.<br />

Die Themenverteilung kann als relativ ausgeglichen bezeichnet werden. Aus diachroner Perspektive<br />

beginnt die Berichterstattung über Burnout zu Beginn des Untersuchungszeitraums mit einem<br />

eingeschränkten Themenspektrum, welches sich stetig erweitert <strong>und</strong> mit der Thematisierung<br />

prominenter Betr<strong>of</strong>fener immer wieder zunimmt.<br />

Die medial angebotenen Ursachen <strong>und</strong> Problemlösungen stellen sich konträr zueinander dar: Die<br />

Ursachen werden von medialer Seite vor allem extern, d.h. außerhalb der individuellen Persönlichkeit<br />

verortet, während die Problemlösungen wiederum eher im individuellen Bereich vorgeschlagen<br />

werden. Beide Verteilungen stellen eine erhebliche Verkürzung der psychologischen Erkenntnisse zu<br />

Ursachen <strong>und</strong> Präventionsmöglichkeiten des Burnout-Phänomens dar.<br />

Hinsichtlich der Bewertungen dominiert klar eine Burnout-aufwertende Perspektive, wie<br />

beispielsweise eine hohe Akzeptanz oder die Bewertung eines Burnouts als Statuserhöhung. Die eher<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 49


skeptischen Bewertungen (z.B. eine Trivialisierung des Phänomens oder Kritik an der Vermarktung von<br />

Burnout) spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle in der Medienberichterstattung. Dieser Bef<strong>und</strong><br />

lässt auf eine relativ einseitig auf positive Bewertungen ausgerichtete Sichtweise auf Burnout<br />

schließen.<br />

Die Verteilung der identifizierten neun Medien-Frames bestätigt das Ergebnis einer eher<br />

<strong>und</strong>ifferenzierten Berichterstattung: Zu etwa zwei Drittel dominieren Frames mit einer Burnoutbegünstigenden<br />

Interpretation (z.B. Statuserhöhung, Solidarität mit Betr<strong>of</strong>fenen). Kritische Frames zu<br />

Burnout (z.B. volkswirtschaftliche Schäden durch Burnout) sind vergleichsweise ebenso untergeordnet<br />

vertreten wie Frames zu Prävention. Offensichtlich herrschen in der Berichterstattung somit vor allem<br />

solche Deutungsmuster vor, die das Phänomen als geläufig <strong>und</strong> anerkannt bis hin zu begehrenswert<br />

erscheinen lassen.<br />

Die Untersuchung legt aufgr<strong>und</strong> der ermittelten Berichterstattungsmerkmale die Annahme nahe, dass<br />

die massenmediale Darstellung einen erheblichen Anteil zur Burnout-Popularisierung beitragen<br />

könnte. Ausgehend von der These, dass Medienberichterstattung eine Form der gesellschaftlichen<br />

Realität widerspiegelt, scheint Burnout mittlerweile zu einem festen Bestandteil der<br />

Öffentlichkeit geworden zu sein, ohne als Phänomen an sich hinterfragt zu werden. Da die Ursachen<br />

mehrheitlich im externen Bereich (Arbeitsstrukturen/Leistungsgesellschaft) verortet werden <strong>und</strong> die<br />

medial dargestellten Lösungen eher reaktiver als proaktiver Natur sind (Psychotherapie/Auszeit), ist<br />

eine Vermeidung oder Abwendung des Phänomens von Seiten der Massenmedien <strong>of</strong>fenbar nicht von<br />

zentralem Interesse. Vielmehr wird die Attraktivität von Burnout durch eine häufig positive<br />

Konnotation <strong>und</strong> nachrichtenwertorientierte Aufbereitung gesteigert. Anstatt einer ausgeglichenen<br />

Berichterstattung lässt die vorliegende Untersuchung somit die Vermutung zu, dass die Massenmedien<br />

bereits stark an der Vermarktung des Phänomens beteiligt sein könnten.<br />

50 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Lisa Meyer, Constanze Rossmann & Peter Schulz<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Krisenfall: Die Berichterstattung über die H1N1-<br />

Pandemie im internationalen Vergleich<br />

Der Begriff der Krise beschreibt nach Coombs (2012) „the perception <strong>of</strong> an unpredictable event that<br />

threatens important expectancies <strong>of</strong> stakeholders and can . . . generate negative outcomes” (S. 2). Die<br />

Destabilisierung der normalen Ordnung verursache erhebliche Unsicherheit <strong>und</strong> erfordere schnelle<br />

Intervention, so Falkheimer <strong>und</strong> Heide (2012, S. 514). Die Herausforderung, die eine Krise<br />

insbesondere an verantwortliche Kommunikatoren stellt, wächst mit dem potentiellen Verlust, der mit<br />

der Krise einhergehen kann. Besonders prekär wird die Situation, wenn die Bevölkerung, wie in<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Krisenfällen, um ihre Ges<strong>und</strong>heit oder sogar ihr Leben <strong>für</strong>chten muss. Diese lassen<br />

sich beschreiben als „severe threats to the public health and welfare, including the physical,<br />

psychological, emotional, and economic wellbeing <strong>of</strong> the public” (Seeger & Reynolds, 2008, S. 5). Die<br />

H1N1-Pandemie stellt aufgr<strong>und</strong> ihrer globalen Verbreitung, der von ihr potentiell ausgehenden Gefahr<br />

<strong>und</strong> der großen öffentlichen Aufmerksamkeit einen solchen Fall dar <strong>und</strong> eignet sich somit, die<br />

Kommunikationsprozesse in ges<strong>und</strong>heitlichen Krisenfällen zu untersuchen. Ausgehend von<br />

Nordamerika im Frühjahr 2009 wurde die Grippe schnell zu einer Herausforderung auf internationaler<br />

Ebene, <strong>und</strong> auch wenn sich die ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen als weniger verheerend erwiesen als zunächst<br />

erwartet, <strong>of</strong>fenbarte sie erhebliche Defizite in der Krisenkommunikation. Da die Gefahr der Pandemie<br />

als außergewöhnlich groß wahrgenommen wurde, traf die Schweinegrippe auf ein ausgeprägtes<br />

öffentliches Interesse. Entsprechend umfassend wurde ihre Verbreitung auch in der Berichterstattung<br />

der Medien behandelt. Häufig wurde dort auch die Kommunikationspolitik der zuständigen Behörden<br />

<strong>und</strong> <strong>Institut</strong>ionen kritisiert.<br />

Die mit einer Pandemie verb<strong>und</strong>ene Bedrohungslage stellt die verantwortlichen <strong>Institut</strong>ionen vor<br />

umfassende Aufgaben. Betr<strong>of</strong>fene oder gefährdete Personengruppen müssen beruhigt,<br />

Handlungsanweisungen geben, Unsicherheiten kommuniziert, eine Ausweitung der Krise verhindert<br />

<strong>und</strong> der Schaden begrenzt werden (Coombs, 2009, S. 99; Coombs, 2012, S. 4; Falkheimer & Heide,<br />

2012, S. 513). Kommunikation ist dabei, so Coombs (2012), die Essenz des Krisenmanagements (S. 25)<br />

<strong>und</strong> kann als “collection and processing <strong>of</strong> information for crisis team decision making along with the<br />

creation and dissemination <strong>of</strong> crisis messages to people outside <strong>of</strong> the team” angesehen werden (S.<br />

20). Krisenkommunikation soll ein spezifisches Ereignis erklären, mögliche Konsequenzen aufzeigen<br />

<strong>und</strong> schadensmindernde Informationen an betr<strong>of</strong>fene Gruppen in einer ehrlichen, transparenten,<br />

schnellen <strong>und</strong> vollständigen Weise geben (Seeger & Reynolds, 2008, S. 11). Besonders in<br />

Ges<strong>und</strong>heitsfragen stehen dem öffentlichen Bedürfnis <strong>und</strong> Druck nach genauen Informationen dabei<br />

allerdings <strong>of</strong>t vielfältige Unsicherheiten entgegen (Ulmer et al., 2008, S. 98). Bei der Bewältigung dieser<br />

Herausforderungen gewinnen länderübergreifende Kooperationen von Ges<strong>und</strong>heitsbehörden <strong>und</strong> -<br />

institutionen insbesondere in Zeiten der Globalisierung an Bedeutung (Ulmer et al., 2008, S. 108) –<br />

eine Tatsache die auch eine transnationale Forschungsperspektive erfordert. In der vorgestellten<br />

Studie soll verglichen werden, wie Ges<strong>und</strong>heitsorganisationen in verschiedenen von der<br />

Schweinegrippe betr<strong>of</strong>fenen Ländern mit diesen Herausforderungen umgegangen sind <strong>und</strong> inwieweit<br />

sich die von ihnen verbreiteten Inhalte in den Massenmedien wiederfinden.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 51


Mehrere Studien beschäftigten sich bereits mit der Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> Informationspolitik der<br />

Regierung während der H1N1-Pandemie (u.a. Gesualdo et al, 2010; Ting Lee & Basnyat, 2013) sowie<br />

der Berichterstattung der Massenmedien (u.a. Goodall et al, 2012; Hilton & Hunt, 2010). Doch trotz<br />

der Vielzahl an Studien, die sich überwiegend auf die Situation in den USA beziehen, haben die<br />

unterschiedlichen Kommunikationsinhalte im länderübergreifenden Vergleich noch keine Beachtung<br />

gef<strong>und</strong>en. In dieser Studie werden daher Pressemitteilungen von internationalen (Ges<strong>und</strong>heits-<br />

)Organisationen (WHO, ECDC, EU) <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsministerien zehn europäischer Länder (Belgien,<br />

Deutschland, Schweden, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Tschechien, Rumänien, Italien)<br />

mit der Berichterstattung je einer Qualitäts- <strong>und</strong> Boulevardzeitung derselben Länder verglichen.<br />

Insgesamt wurden hier<strong>für</strong> im Zeitraum zwischen 1. März 2009 <strong>und</strong> 31. März 2011 243<br />

Pressemitteilungen <strong>und</strong> 2077 Artikel mit einer quantitativen Inhaltsanalyse untersucht.<br />

Die Kommunikationswissenschaft kann an dieser Stelle in mehrerlei Hinsicht einen Beitrag zur<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation leisten. Zum einen bietet sie mit der originär<br />

kommunikationswissenschaftlichen Methode der quantitativen Inhaltsanalyse die Möglichkeit,<br />

Kommunikationsprozesse systematisch zu analysieren. Zum anderen lassen sich<br />

kommunikationswissenschaftliche Ansätze fruchtbar machen, um die Inhalte der Pressemitteilungen<br />

<strong>und</strong> Berichterstattung theoretisch f<strong>und</strong>iert zu analysieren, wie etwa Framing, Nachrichtenwerttheorie,<br />

Furchtappell- <strong>und</strong> Fallbeispielforschung. Diese Ansätze befruchteten die Erstellung des Codebuchs,<br />

welches jeweils <strong>für</strong> Pressemitteilungen <strong>und</strong> Berichterstattung identisch war <strong>und</strong> zwei Codierebenen<br />

enthielt. Auf der Beitragsebene wurden Haupt- <strong>und</strong> Nebenframe, spezifische Aspekte zu H1N1,<br />

individuellen Präventionsmaßnahmen, politischen Maßnahmen <strong>und</strong> zur Impfung sowie Bewertung <strong>und</strong><br />

Darstellungsmerkmale erfasst, auf der Akteursebene wurden die erwähnten Stakeholder eingeordnet<br />

<strong>und</strong> im Hinblick auf ihre Bewertung, Verantwortlichkeit <strong>und</strong> Betr<strong>of</strong>fenheit codiert.<br />

Länderübergreifend kann festgestellt werden, dass sich die Inhalte der Pressemitteilungen auf die<br />

Virusausbereitung <strong>und</strong> politische Maßnahmen konzentrieren, während sich die Berichterstattung<br />

überwiegend mit allgemeinen ges<strong>und</strong>heitlichen Aspekten der Pandemie, wie Symptomen,<br />

individuellen Krankheitsverläufen oder Infektionswegen sowie der Verbreitung des Virus beschäftigt.<br />

Ebenfalls Beachtung finden medizinische <strong>und</strong> politische Maßnahmen, eine geringe Rolle spielen<br />

dagegen soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche Folgen, Ursachen, Konflikte <strong>und</strong> die Reflexion des<br />

Medienhandelns. Während Printmedien die Schweinegrippe überwiegend negativ <strong>und</strong> die Impfung<br />

gegen H1N1 eindeutig neutral bewerten, stellt sich die Haltung der Presseinformationen bezüglich des<br />

Virus deutlich neutraler, gegenüber der Impfung etwas positiver dar. Im Hinblick auf das Framing der<br />

Inhalte zeigt sich, dass sowohl Pressemitteilungen als auch die Berichterstattung überwiegend<br />

Konsequenzen <strong>und</strong> Verbreitung der Pandemie sowie Maßnahmen zur Eindämmung <strong>und</strong> Prävention<br />

betonen. Leichte Unterschiede <strong>of</strong>fenbaren sich hinsichtlich des Frames „Unsicherheit“, der in der<br />

Presseberichterstattung häufiger Platz findet, wohingegen Pressemitteilungen öfter auf neue<br />

(wissenschaftliche) Erkenntnisse verweisen. Ferner lässt sich feststellen, dass Pressemitteilungen<br />

überwiegend neutral verfasst sind <strong>und</strong> häufiger als die Berichterstattung auf eine beschwichtigende<br />

Sprache zurückgreifen, während die Berichterstattung deutlich alarmierender gehalten ist. Beide<br />

Textarten erwähnen auf Stakeholder-Ebene meist gesellschaftliche Akteure aus der Bevölkerung sowie<br />

politische <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> Persönlichkeiten, die Ges<strong>und</strong>heitsministerien räumen in den<br />

52 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Pressemitteilungen daneben allerdings Ges<strong>und</strong>heitsorganisationen <strong>und</strong> -behörden deutlich mehr Platz<br />

ein als die Berichterstattung der untersuchten Zeitungen.<br />

Mit Fokus auf den Ländervergleich, zeigen erste Analysen, dass sich die massenmediale<br />

Berichterstattung der untersuchten EU-Länder bemerkenswert wenig voneinander unterscheidet,<br />

wohl aber die Inhalte der Pressemitteilungen ihrer Ges<strong>und</strong>heitsministerien. Weitere Analysen werden<br />

sich genauer mit den spezifischen Unterschieden im Ländervergleich beschäftigen. Die Bef<strong>und</strong>e<br />

werden abschließend im Hinblick auf theoretische <strong>und</strong> praktische Implikationen diskutiert.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 53


Florian Fischer, Anna Maria Steinmann, Björn Brei, Claudia Hornberg, Alexander Krämer &<br />

Dietrich Plaß<br />

Bedeutung der Presseberichterstattung <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />

Risikokommunikation am Beispiel des EHEC-Ausbruchs 2011 in Deutschland<br />

Einleitung<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Themen nehmen eine immer größere Bedeutung in den Massenmedien ein. Diese<br />

Entwicklung führt dazu, dass Massenmedien mittlerweile eine der zentralen Quellen <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformationen darstellen (Carducci et al. 2011) <strong>und</strong> somit eine Schlüsselrolle im Rahmen<br />

der Informierung der Bevölkerung einnehmen. Medien üben entscheidenden Einfluss darauf aus,<br />

worüber die Bevölkerung informiert wird <strong>und</strong> wie sich die Kommunikation über ein aktuelles<br />

Risikogeschehen in der Bevölkerung gestaltet (Glasmacher 2012). Massenmedien sind dabei eine<br />

zentrale Vermittlungsinstanz zwischen Individuen <strong>und</strong> Gesellschaft (Bleicher & Lampert 2003). Sie<br />

stellen daher auch im Prozess der Risikokommunikation einen bedeutenden Akteur dar, weil durch die<br />

Verbreitung <strong>und</strong> den Austausch von Informationen eine Verständigung zwischen Laien <strong>und</strong> Experten<br />

ermöglicht <strong>und</strong> aufbauend auf einer Risikobewertung Maßnahmen des Risikomanagements eingeleitet<br />

werden können (Berg 2004). In diesem Zusammenhang sind aber ebenfalls nicht-intendierte Effekte<br />

der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation ebenso wie Aspekte der Selektion <strong>und</strong> Thematisierung<br />

ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Informationen zu bedenken.<br />

Insbesondere der EHEC-Ausbruch im Sommer 2011 in Deutschland ist vielen Menschen durch die hohe<br />

Medienpräsenz in Erinnerung geblieben. Im Rahmen des Ausbruchs wurden in Deutschland insgesamt<br />

2.987 Fälle von akuter Gastroenteritis <strong>und</strong> 855 HUS-Erkrankungen gemeldet (RKI 2011). Hierbei<br />

handelt es sich um den größten Ausbruch bedingt durch enterohämorrhagische Escherichia coli seit<br />

dem Zweiten Weltkrieg handelt (BfR 2011). Die Kommunikation über den EHEC-Ausbruch zeichnete<br />

sich durch häufig wechselnde Nennungen möglicher ursächlicher Quellen <strong>für</strong> die Verbreitung des<br />

Erregers aus. Die <strong>of</strong>t divergierenden Aussagen führten in der Bevölkerung zu einer großen<br />

Verunsicherung. Daher wird in der vorliegenden Studie der Einfluss der Medien anhand der<br />

Presseberichterstattung während des EHEC-Ausbruchs in Deutschland untersucht.<br />

Methoden<br />

Zur Darstellung der Bedeutung der Presseberichterstattung im Rahmen des EHEC-Ausbruchs wurde<br />

eine systematische Zusammenstellung der Zeitungsartikel über EHEC aus der Datenbank LexisNexis<br />

vorgenommen. Alle relevanten Artikel im Zeitraum des EHEC-Ausbruchs (01.05. – 05.07.2011) wurden<br />

in die Analyse eingeschlossen (n = 3.509) <strong>und</strong> in Beziehung zum Erstkontakt der an EHEC erkrankten<br />

Patienten mit dem Ges<strong>und</strong>heitssystem sowie zum tatsächlichen Meldedatum beim Robert Koch-<br />

<strong>Institut</strong> (RKI) gesetzt. Zusätzlich erfolgte eine systematische Analyse ausgewählter Artikel an drei<br />

Stichtagen (n = 175) – jeweils an einem Montag pro Woche (23.05., 30.05. <strong>und</strong> 06.06.2011) <strong>und</strong> somit<br />

stellvertretend <strong>für</strong> die drei Wochen der Hauptphase des EHEC-Ausbruchs. Die Analyse beinhaltete eine<br />

Einordnung der Artikel in ein zuvor konzipiertes Kategoriensystem, um sowohl inhaltliche Aspekte (u.<br />

a. Angabe von Daten <strong>und</strong> Fakten sowie Handlungs- <strong>und</strong> Schutzmöglichkeiten) als auch die subjektiv<br />

erfassten Dimensionen der Kommunikation (Sach-, Gefühls- <strong>und</strong> Mediendimension) in Anlehnung an<br />

Obermeier (1999) aufzuzeigen <strong>und</strong> im Zeitverlauf zu vergleichen. Die Einordnung in das<br />

54 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Kategoriensystem erfolgte dabei parallel durch drei Codierer. Artikel die sich nicht eindeutig<br />

kategorisieren ließen wurden nach Konsensbildung in einem gemeinsamen Diskussions- <strong>und</strong><br />

Abstimmungsprozess der entsprechenden Kategorie zugeordnet.<br />

Ergebnisse<br />

Es lässt sich eine Verzögerung der Presseberichterstattung in Bezug zu dem tatsächlichen Erstkontakt<br />

der Patienten mit dem Ges<strong>und</strong>heitssystem um ca. 1,5 Wochen erkennen. Dies kann mit der<br />

Berichtsverzögerung zwischen Erkrankungsbeginn <strong>und</strong> der Kenntnisnahme durch die öffentlichen<br />

Behörden (Ges<strong>und</strong>heitsämter <strong>und</strong> RKI) erklärt werden, die diese Angaben veröffentlichen <strong>und</strong> somit<br />

der Presse zur Verfügung stellen. Demgegenüber lässt sich eine zeitliche Übereinstimmung der<br />

Berichterstattung mit dem jeweiligen Eingangsdatum der EHEC-Meldungen beim RKI erkennen. Die<br />

Presse nutzte somit <strong>für</strong> ihre Berichterstattung u. a. jene Informationen, die von Seiten des RKI <strong>und</strong> des<br />

B<strong>und</strong>esinstituts <strong>für</strong> Risikobewertung (BfR) entweder über Pressemeldungen oder online bereitgestellt<br />

wurden.<br />

In 53,7% der in der Hauptphase erschienen Artikel wird ausschließlich über EHEC <strong>und</strong> in 46,3% sowohl<br />

über EHEC als auch über die Komplikation des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) berichtet. Die<br />

Berichterstattung von EHEC <strong>und</strong> HUS gemeinsam verringerte sich um 36,5 Prozentpunkte von 72,7%<br />

auf 36,2% innerhalb der beobachteten drei Wochen (p = 0,004). Es konnte festgestellt werden, dass<br />

die Wissensvermittlung über den Erreger sowie über die Angabe von Hygienemaßnahmen im<br />

Zeitverlauf abgenommen hat. So erfolgte die Beschreibung des Erregers <strong>und</strong> Krankheitsbildes im Sinne<br />

einer Wissensvermittlung in 21,1% der ausgewählten Artikel. Jedoch war diese Beschreibung zu Beginn<br />

der Meldungen ca. fünf Mal häufiger vorzufinden als am letztbetrachteten Stichtag (p < 0,001).<br />

Die Angabe sozialer sowie ökonomischer Konsequenzen bedingt durch den EHEC-Ausbruch hat<br />

hingegen im Zeitverlauf zugenommen. Zudem ging der prozentuale Anteil der Artikel in denen eine<br />

sachliche Berichterstattung stattfand im Zeitverlauf deutlich zurück (von 90,9% am ersten zu 31,9% am<br />

dritten betrachteten Stichtag). Im späteren Verlauf des EHEC-Ausbruchs wurden vermehrt<br />

Einzelschicksale oder Meldungen thematisiert, die bezogen auf die Dimensionen der Kommunikation<br />

nach Obermeier (1999) eher auf einer gefühlsbetonten bzw. öffentlichkeitswirksamen Ebene der<br />

Berichterstattung zu verorten sind.<br />

Diskussion<br />

Aus den vorliegenden Ergebnissen wird zum einen deutlich, dass die durch <strong>Institut</strong>ionen (RKI <strong>und</strong> BfR)<br />

kommunizierten Informationen einen großen Einfluss auf die Meldungen der Printmedien ausüben<br />

<strong>und</strong> diese zum anderen die öffentliche (Risiko-)Kommunikation entscheidend mitbestimmen. Die<br />

inhaltlichen <strong>und</strong> stilistischen Schwerpunkte verschoben sich im Verlauf der Berichterstattung. Obwohl<br />

eine adäquate Information <strong>und</strong> Kommunikation – die z. B. über die Presse als ein Organ der<br />

Massenmedien erfolgen kann – eine gr<strong>und</strong>legende Voraussetzung <strong>für</strong> gelungene Risikokommunikation<br />

durch den unmittelbaren Zugang zur Öffentlichkeit ist, stellt Brosius (2004) die These auf, dass<br />

Massenmedien selbst ein Risiko <strong>für</strong> die Risikokommunikation darstellen. Deshalb bedarf es im Rahmen<br />

ges<strong>und</strong>heitsbezogener Risikokommunikation durch die Presse, in denen auch Unsicherheiten bzw.<br />

Ungewissheiten kommuniziert werden müssen, wie im Falle des EHEC-Ausbruchs 2011, einer<br />

zielführenden Interaktion zwischen verantwortlichen <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> der Presse. Notwendig<br />

erscheint hier<strong>für</strong> eine zielgerichtete Ausbildung von Journalisten im Hinblick auf<br />

Ges<strong>und</strong>heitsmeldungen sowie einer Förderung der Medienkompetenz der Rezipienten, um Risiken<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 55


anhand der Berichterstattung adäquat einschätzen zu können <strong>und</strong> somit z. B. nicht-intendierte Effekte<br />

zu vermeiden (Renner et al. 2009; Brosius 2004).<br />

Berg, W. (2004): Risikokommunikation als Bestandteil der Risikoanalyse (Risikobewertung – Risikomanagement –<br />

Risikokommunikation), in: Streinz, R. (Hrsg.): Verbraucherinformation <strong>und</strong> Risikokommunikation, Bayreuth: Verlag<br />

P.C.O., S. 125–140.<br />

BfR (2011): EHEC-Ausbruch 2011: Ein Resümee aus Sicht der Risikobewertung, 45/2011, 23.12.2011, Berlin: B<strong>und</strong>esinstitut <strong>für</strong><br />

Risikobewertung, URL: http://www.bfr.b<strong>und</strong>.de/de/ presseinformation/2011/45/ehec_ausbruch_2011__ein_<br />

resuemee_aus_sicht_der_risikobewertung-128196.html [Stand: 01.10.2013].<br />

Bleicher, J./ Lampert, C. (2003): Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit als Themen der Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft - eine<br />

Einleitung, in: Medien & Kommunikationswissenschaft, 51 (3-4), S. 347–352.<br />

Brosius, H.-B. (2004): Die Risiken der Risikokommunikation: Was können wir aus den Medien lernen?, in: Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

66 (Sonderheft 1), S. 86–91.<br />

Carducci, A./ Alfani, S./ Sassi, M./ Cinini, A./ Calamusa, A. (2011): Mass media health information: quantitative and qualitative<br />

analysis <strong>of</strong> daily press coverage and its relation with public perceptions, in: Patient Education and Counseling,<br />

82 (3), S. 475–478.<br />

Glasmacher, S. (2012): Sind wir gefährdet? Krisenkommunikation <strong>für</strong> ein B<strong>und</strong>esinstitut auf dem Gebiet des<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschutzes, in: Dernbach, B./ Kleinert, C./ Münder, H. (Hrsg.): Handbuch Wissenschaftskommunikation,<br />

Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften, S. 303–318.<br />

Obermeier, O.-P. (1999): Die Kunst der Risikokommunikation, München: Gerling Akademie Verlag.<br />

Renner, B./ Schupp, H./ Schmälzle, R. (2009): Risikowahrnehmung <strong>und</strong> Risikokommunikation, in: Bengel, J./ Jerusalem, M.<br />

(Hrsg.): Handbuch der Ges<strong>und</strong>heitspsychologie <strong>und</strong> Medizinischen Psychologie, Göttingen: Hogrefe, S. 113–121.<br />

RKI (2011): EHEC O104: Ausbruch – Deutschland 2011. Berlin: Robert Koch-<strong>Institut</strong>.<br />

56 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


PANEL 5: INNOVATIVE KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN TEIL I:<br />

ZIELGRUPPENORIENTIERUNG<br />

Doreen Reifegerste, May-Brittt Schumacher, Stefan H<strong>of</strong>fmann, Uta Schwarz & Lutz Hagen<br />

Framing von Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen<br />

Aus der Public Health Perspektive sind Maßnahmen zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung am Arbeitsplatz oder in<br />

pädagogischen Einrichtungen ideal, um die Ges<strong>und</strong>heit breiter Bevölkerungsschichten zu verbessern<br />

(Engbers et al. 2005). Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Umwelt einen hohen Einfluss auf<br />

das Ges<strong>und</strong>heitsverhalten hat. Zum anderen ermöglichen Maßnahmen in den Lebenswelten (sog.<br />

Settingansätze, Naidoo & Willis 2013) eine bessere Erreichbarkeit der Zielgruppen. Die Kommunikation<br />

in Settingansätzen ist meist indirekt geprägt, d. h. es werden Ansprechpartner adressiert, welche<br />

stellvertretend <strong>für</strong> andere Menschen ges<strong>und</strong>heitsrelevante Entscheidungen treffen. In der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikationsforschung ist diese indirekte Form der Persuasion bislang nur wenig<br />

beforscht. Einige Studien (Stephenson & Price 2005, Price et al. 2008) zeigen aber das Potential auf,<br />

das durch die Ansprache von Verantwortlichen besteht.<br />

Um Kommunikationsappelle zu gestalten, kommen häufig Framing-Ansätze zum Einsatz, wobei<br />

zwischen inhaltlichen <strong>und</strong> formalen Frames (Schenk 2007) unterschieden werden muss. Aus<br />

inhaltlicher Sicht können Appelle eher die ges<strong>und</strong>heitlichen Auswirkungen (wie z. B. Krankheiten oder<br />

Unfälle) betonen oder eher die sozialen Konsequenzen (wie Anerkennung bei Gleichaltrigen) aufzeigen<br />

(Reifegerste 2012). Für die Ansprache in Settingansätzen sind vor allem Appelle an die<br />

Fürsorgemotivation relevant, da hierdurch evt. bei den Verantwortlichen eine Schutzmotivation <strong>für</strong><br />

andere ausgelöst werden kann. Die formalen Frames definieren hingegen die Art <strong>und</strong> Weise, wie die<br />

inhaltliche Botschaft strukturiert <strong>und</strong> präsentiert wird (Matthes 2007). Hierzu zählt bspw. die<br />

Darstellung des Appells in Form von Fallbeispielen oder Statistiken (episodische oder thematische<br />

Frames; Iyengar 1992). Es lässt sich vermuten, dass emotionalere Darstellungen (wie Fallbeispiele)<br />

möglicherweise höheres Verständnis <strong>für</strong> die Betr<strong>of</strong>fenen <strong>und</strong> damit mehr Verantwortungsbewusstsein<br />

auslösen können.<br />

Fraglich ist also, welche inhaltlichen <strong>und</strong> formalen Frames in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>für</strong> die<br />

Ansprache von Verantwortlichen, die nur indirekt betr<strong>of</strong>fen sind, effektiv bzw. relevant sind. In zwei<br />

experimentellen Studien mit 2 x 2 Design <strong>und</strong> einer zusätzlichen Kontrollgruppe ohne Stimulus wurden<br />

daher folgende Fragestellungen untersucht:<br />

Welchen Einfluss haben inhaltliche <strong>und</strong> formale Frames auf ges<strong>und</strong>heitsrelevante<br />

Handlungsabsichten?<br />

Welche Interaktionsvariablen haben einen Einfluss auf die Wirkung der inhaltlichen <strong>und</strong><br />

formalen Frames in Settingansätzen?<br />

In Studie 1 wurde die Wirkung von Botschaften zu einem von einer Krankenkasse initiierten<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderungsprojekt in Kindertagesstätten auf Eltern mit Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren<br />

untersucht. Im Rahmen einer schriftlichen Erhebung wurden da<strong>für</strong> 89 Probanden aus Rostock <strong>und</strong><br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 57


Dresden unterschiedliche Stimuli in Form von Zeitungsberichten gezeigt. Die Zeitungsberichte<br />

variierten im Inhalt der Botschaft (soziale vs. ges<strong>und</strong>heitliche Konsequenzen) <strong>und</strong> in der Form der<br />

Darstellung (Fallbeispiele vs. Statistik). Als abhängige Variablen wurden das Interesse am Projekt, die<br />

Risikowahrnehmung, die Selbstwirksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein <strong>und</strong> die Bereitschaft der<br />

Eltern zur Verhaltensänderung erhoben. Als moderierende Variablen wurden die Orientierung der<br />

Eltern an sozialen Normen, das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein sowie das Gewicht <strong>und</strong> Alter der Kinder<br />

erfasst.<br />

Eltern, die einen der vier Stimuli lasen, wiesen gegenüber den Probanden ohne Information über das<br />

Settingprogramm (Kontrollgruppe) unabhängig vom Framing eine deutlich höhere Risikowahrnehmung<br />

<strong>und</strong> Selbstwirksamkeit auf. Vergleicht man die unterschiedlichen Möglichkeiten der inhaltlichen <strong>und</strong><br />

formellen Ansprache, zeigt sich zum einen, dass es durch die Darstellung sozialer Konsequenzen besser<br />

gelingt das Verantwortungsbewusstsein der Eltern zu erhöhen als durch die Betonung ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Konsequenzen. Zum anderen wird deutlich, dass dies auch <strong>für</strong> das episodische Framing (im Vergleich<br />

zum thematischens Framing) zutrifft. Für beide Framingarten zeigten sich signifikante Haupteffekte.<br />

Fallbeispiele beeinflussen weiterhin die Handlungswirksamkeit der Eltern positiv. Die beschriebenen<br />

Effekte bleiben dabei unbeeinflusst von den erfassten Kontrollvariablen.<br />

In der zweiten Studie wurde die Reaktion von 172 Mitarbeitern verschiedener Unternehmen auf<br />

Informationen zur betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsförderung (BGF) im Rahmen eines Onlineexperimentes<br />

untersucht. Auch hier variierte der Stimulus inhaltlich (sozialer vs. wirtschaftlicher Frame) sowie formal<br />

(wie in Studie 1). Die Unternehmensangehörigen wurden anschließend zur Bewertung des Stimulus<br />

<strong>und</strong> zur Absicht zur Umsetzung betrieblicher Ges<strong>und</strong>heitsförderung befragt.<br />

Es zeigte sich, dass Personen, welche im Rahmen des Experiments einen Flyer gelesen hatten, eher<br />

bereit waren, sich in ihrem Unternehmen <strong>für</strong> BGF-Maßnahmen einzusetzen als Probanden, welche<br />

keinen Flyer erhalten hatten. Bei der Betrachtung der verschiedenen Botschaftsstrategien wurde in<br />

dieser Zielgruppe deutlich, dass weder das inhaltliche noch das formale Framing einen signifikanten<br />

Haupteffekt hatten. Es lassen sich jedoch Interaktionseffekte mit den Variablen BGF-Erfahrung <strong>und</strong><br />

Unternehmensgröße feststellen. Mitarbeiter aus BGF-erfahrenen Unternehmen bevorzugten den<br />

episodischen Flyer, während Unternehmen mit wenigen Erfahrungen den thematischen Frame<br />

präferierten. Probanden aus kleineren Unternehmen wiesen nach dem Lesen des Stimulus mit sozialen<br />

Konsequenzen eine höhere Handlungsintention auf, während Mitarbeiter aus mittleren <strong>und</strong> großen<br />

Betrieben eher nach dem Lesen des wirtschaftlichen Flyers zum Handeln bereit waren. Der soziale<br />

Aspekt der betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsförderung nimmt somit <strong>of</strong>fensichtlich mit zunehmender<br />

Unternehmensgröße ab.<br />

Die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen, dass das bisher vernachlässigte Forschungsfeld der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation in Settingansätzen zahlreiche Ansatzpunkte <strong>für</strong> weitere Untersuchungen<br />

bietet, da sich die Wirkungsweisen deutlich von direkten Ansprachewegen unterscheiden. Es gilt u.a.<br />

andere Arten der inhaltlichen Frames zu untersuchen <strong>und</strong> andere Interaktionsvariablen zu<br />

berücksichtigen.<br />

58 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Natürlich bleibt fraglich, wie langfristig diese Einflüsse erhalten bleiben, welche weiteren<br />

Kommunikationsbestandteile (andere Botschaftsstrategien oder Vermittlungskanäle) eine Rolle <strong>für</strong> die<br />

Wirksamkeit spielen <strong>und</strong> welche weiteren Variablen (z. B. Führungsstil) den Einfluss der Botschaften<br />

moderieren.<br />

Engbers, L. H.; van Poppel, M. N.M; Chin A. P., Marijke J.M; van Mechelen, W. (2005): Worksite Health Promotion Programs<br />

with Environmental Changes. In: American Journal <strong>of</strong> Preventive Medicine 29, 61.<br />

Entman, R. M. (1993). Framing. Toward Clarification <strong>of</strong> a Fractured Paradigm. Journal <strong>of</strong> Communication, 43, 51.<br />

Iyengar, S. (1991): Is Anyone Responsible? How Television Frames Political Issues. Chicago u. a.: The University <strong>of</strong> Chicago<br />

Press.<br />

Matthes, J. (2007). Framing-Effekte. Zum Einfluss der Politikberichterstattung auf die Einstellungen der Rezipienten.<br />

München: Verlag Reinhard Fischer.<br />

Naidoo, J.; Willis, J. (2013): Lehrbuch der Ges<strong>und</strong>heitsförderung. Köln: B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung.<br />

Price, S. M.; Huhman, M.; Potter, L. D. (2008): Influencing the Parents <strong>of</strong> Children Aged 9–13 years: Findings from the VERB<br />

Campaign. American Journal <strong>of</strong> Preventive Medicine 34, S267.<br />

Reifegerste, D. (2012). Zielgruppenspezifische Präventionsbotschaften. Implikationen evolutionärer Motive jugendlichen<br />

Risikoverhaltens. Baden-Baden: Nomos.<br />

Schenk, M. (2007). Medienwirkungsforschung. Tübingen: Mohr Siebeck.<br />

Stephenson, Michael T.; Quick, Brian L. (2005): Parent Ads in the National Youth Anti-Drug Media Campaign. In: Journal <strong>of</strong><br />

Health Communication 10, 701.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 59


Agathe Swiatoszczyk & Margret Schrader<br />

Zielgruppenspezifische Kommunikations- <strong>und</strong> Marketingstrategien in der<br />

Krebsprävention am Beispiel des Projekts „1000 Mutige Männer“<br />

Wie können wir Männer zur Früherkennungskoloskopie bewegen?<br />

Einleitung<br />

Die Koloskopie ist seit dem Jahr 2002 Bestandteil des deutschen Früherkennungsprogramms <strong>und</strong> wird<br />

als kassenfinanzierte Früherkennungsmaßnahme allen anspruchsberechtigten Versicherten im Alter ab<br />

55 Jahren angeboten.<br />

Wie kaum ein anderes Früherkennungsangebot, wird die als Goldstandard in der<br />

Darmkrebsfrüherkennung geltende Früherkennungskoloskopie nur eingeschränkt in Anspruch<br />

genommen (Schmiegel, 2008, S.805). Trotz deutschlandweiter Bevölkerungsaufklärung über<br />

Darmkrebs <strong>und</strong> Darmkrebsfrüherkennung durch engagierte <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> Zweckbündnisse,<br />

stagnieren die Teilnahmezahlen seit Jahren (Altenh<strong>of</strong>en, 2012). Information <strong>und</strong> Aufklärung zum<br />

Thema wird bisher in der Regel als Wissensvermittlung mit Hilfe von verschiedenen Medien wie<br />

Poster, Flyer, Broschüren, Film usw. betrieben. Bisherige Aktivitäten eignen sich aber <strong>of</strong>fenbar nicht<br />

dazu, Ges<strong>und</strong>heitsverhalten wahrnehmbar zu verändern <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliches Handeln auszulösen.<br />

Mit der Zielsetzung, die Teilnahme an der Früherkennungskoloskopie zu erhöhen, entwickelte die<br />

Krebsgesellschaft NRW mit der BARMER GEK ein innovatives Projekt zur Darmkrebsprävention. Im<br />

Rahmen des Projekts konnte modellhaft erprobt werden, in wie weit durch Ansätze der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> durch marketingorientierte Strategien eine Veränderung von<br />

Ges<strong>und</strong>heitsverhalten in einem kommunalen Setting erreicht werden kann. Unter dem Motto „1000<br />

Mutige Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ wurde das Pilotprojekt von März 2010 bis Dezember 2010 in<br />

der Stadt Mönchengladbach durchgeführt. Eine umfassende Evaluation vor Beginn, im Verlauf <strong>und</strong><br />

nach Abschluss des Projekts wurde durchgeführt.<br />

Zielgruppe<br />

Primäre Zielgruppe des Projekts „1000 Mutige Männer“ sind <strong>für</strong> die Früherkennungskoloskopie<br />

anspruchsberechtigte Männer ab 55 Jahren. Männer haben eine größere Distanz zum Thema<br />

Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge <strong>und</strong> nehmen die Früherkennungskoloskopie seltener in Anspruch als Frauen<br />

(Altenh<strong>of</strong>e, 2010, S. 21).<br />

Projektkonzeption<br />

Das Projekt basiert auf Ansätzen des sozialen Marketings, der Netzwerktheorie <strong>und</strong> der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Der innovative Charakter des Projekts liegt in der positiven, möglichst<br />

persönlichen Ansprache der Zielgruppe in ihrem direkten Umfeld. Die regionale Ausrichtung der<br />

Kampagne führt dazu, dass systematisch viele unterschiedliche Akteure aus der Projektstadt wie z.B.<br />

Ärzte, Unternehmen, Bürgermeister, Prominente, Schützenvereine oder Fußballclubs eingeb<strong>und</strong>en<br />

werden, sodass ein weitreichendes Netzwerk kommunaler Unterstützer <strong>und</strong> Beteiligter im<br />

Projektverlauf erwächst. Das Projekt bietet „Mutigen Männern“, die zur Darmspiegelung gegangen<br />

sind, die Plattform ihren Mut im Stadtgeschehen öffentlich zu präsentieren, Vorreiter <strong>und</strong> Vorbilder <strong>für</strong><br />

60 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


andere Männer, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verwandte zu sein. Wie ein Lauffeuer motivieren sie sich gegenseitig am<br />

Arbeitsplatz, in der Familie <strong>und</strong> in ihrer Freizeit zur Darmspiegelung zu gehen. Es wird das kollektive<br />

Ziel verfolgt: 1000 Mutige Männer zu finden.<br />

Vor Projektbeginn wurden Fokusgruppenbefragungen mit der Zielgruppe <strong>und</strong> weiterer relevanter<br />

Personengruppen, wie der Ärzteschaft <strong>und</strong> den Partnerinnen, durchgeführt, um spezifische<br />

Hemmnisse bezüglich der Darmspiegelung <strong>und</strong> handlungsauslösende Faktoren bezüglich der<br />

Teilnahme an der Darmspiegelung zu erfassen. Auf den Ergebnissen aufbauend, wurden<br />

Kommunikationsstrategien <strong>und</strong> Werbematerialien <strong>für</strong> das Projekt entworfen.<br />

Evaluationskonzept<br />

Das<br />

Evaluationskonzept der Kampagne umfasst sowohl qualitative als auch quantitative<br />

Forschungsmethoden, die eine Bewertung der Kampagnenerfolge, eine Identifikation von<br />

Erfolgsfaktoren sowie ein besseres Verständnis von Bedürfnis- <strong>und</strong> Motivationsstrukturen ermöglichen<br />

(siehe Abb. 1).<br />

Die Erkenntnisse aus der Marktforschung sind in die Entwicklung eines zielgruppenspezifischen<br />

Repertoires an Kommunikationsmedien <strong>und</strong> Werbematerialien wie Flyer, Plakate oder Briefbeileger<br />

eingeflossen. Es wurde eine Ansprache in Wort <strong>und</strong> Bild konzipiert, die ges<strong>und</strong>e Männer ab 55 Jahren<br />

anspricht <strong>und</strong> ihr positives Selbstbild bestärkt. Zielgruppengerecht sind potenziell angstauslösende<br />

Begriffe durch neutrale ersetzt worden, wie z.B. „Krebs“ durch „Polypen“ oder „Darmspieglung“ durch<br />

„Darminspektion“. Als Key Visuel der Kampagne wurde kein prominentes Testimonial gewählt,<br />

sondern der Oberkörper eines Mannes im Durchschnittsalter der Zielgruppe. Im Hinblick auf die<br />

Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen eine Teilnahme an der Früherkennungskoloskopie konnten Motive bzw.<br />

Einflussfaktoren identifiziert werden.<br />

Zu den hemmenden Motiven zählen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Angst vor negativer Prognose (Wer Krebs hat, stirbt)<br />

Scham vor der Untersuchung<br />

Fehlende konkrete Symptome<br />

Unannehmlichkeit der Vorbereitung<br />

Zu den handlungsauslösenden Einflussfaktoren zählen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Äußere Anstöße notwendig<br />

Unmittelbare Handlungsaufforderung<br />

Aufforderung durch Instanzen mit emotionaler <strong>und</strong> fachlicher Kompetenz<br />

Monetäre Anreize<br />

Darmkrebsfälle im näheren sozialen Umfeld<br />

Insgesamt ergab sich aus der Markforschungsanalyse folgende zentrale Leitlinie zur<br />

zielgruppenspezifischen <strong>und</strong> handlungsauslösenden Ansprache:<br />

<br />

<br />

Zum Handeln auffordern<br />

Positiv ansprechen<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 61


Emotionen erzeugen<br />

Identifikation ermöglichen<br />

Fakten reduzieren<br />

Keine Statistiken verwenden<br />

Anerkannte soziale <strong>und</strong> familiäre Partner einbinden<br />

Ärztliche Beratung sichern<br />

Informationsperipherie schaffen<br />

Abbildung 1: Übersicht Kampagnen-Evaluation<br />

62 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Evaluationsergebnisse<br />

Das Zentralinstitut der kassenärztlichen Versorgung (ZI) führte im Auftrag der Krebsgesellschaft NRW<br />

eine statistische Auswertung der Abrechungsdaten der durchgeführten Früherkennungskoloskopien in<br />

Mönchengladbach durch.<br />

Ein Effektivitätsnachweis des Pilotprojekts „1000 Mutigen Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ konnte<br />

eindeutig belegt werden. Entgegen des b<strong>und</strong>esweiten <strong>und</strong> regionalen Abwärtstrends in der<br />

Inanspruchnahme der Früherkennungskoloskopie (2010 gegenüber 2009 in Nordrhein: -12,2%)<br />

konnten die Zahlen in Mönchengladbach deutlich gesteigert werden. Im direkten Jahresvergleich 2009<br />

zu 2010 konnte ein Anstieg der Teilnahme innerhalb der Gruppe anspruchsberechtigter Männern ab<br />

55 Jahre um 7,3% erreicht werden (vgl. Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Prozentuale Änderung der Inanspruchnahme von Früherkennungs-Koloskopien<br />

bei Männern in Mönchengladbach, in Vergleichsstädten <strong>und</strong> im Gesamtgebiet<br />

Nordrhein. Prozentuale Änderung 2009 vs. 2010<br />

Mit dem Pilotprojekt „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Mönchengladbach“ ist es gelungen, das<br />

Ges<strong>und</strong>heitsverhalten der Zielgruppe zu verändern <strong>und</strong> Männer zur Früherkennungskoloskopie zu<br />

motivieren.<br />

Aktuelle Projektstädte<br />

Das<br />

Projektkonzept lässt sich auf andere Städte adaptieren <strong>und</strong> wurde bereits in Lippstadt, Hamburg-<br />

Harburg <strong>und</strong> Offenbach am Main durchgeführt. Aktuell laufende <strong>und</strong> anlaufende Projekte, die ihren<br />

Abschluss im Jahr 2014 finden werden, sind:<br />

„1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Wiesbaden“; „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Bielefeld“; „1000 Mutige Männer <strong>für</strong><br />

Hannover“ <strong>und</strong> „1000 Mutige Männer <strong>für</strong> Neuss“.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 63


Altenh<strong>of</strong>en L. et al. (2010). Wissenschaftliche Begleitung von Früherkennungs-Koloskopien in Deutschland Berichtszeitraum<br />

2008 - 6. Jahresbericht. Zentralinstitut <strong>für</strong> die kassenärztliche Versorgung. Berlin<br />

Altenh<strong>of</strong>en L., Kretschmann J. (2012). Inanspruchnahme von Früherkennungs-Koloskopien in Nordrhein <strong>und</strong> im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

2003 - 2010. Verfügbar unter: http://www.duesseldorf-gegendarmkrebs.de/images/phocadownload/teilnahme_koloskopie_2003-2010_nordrhein.pdf<br />

(14.10.2013)<br />

Andreasen A. R. (1995). Marketing social change: Changing Behavior to Promote Health, Social Development, and the<br />

Environment. San Francisco: Jossey-Bass<br />

Göpfert W. (2001). Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung über Massenmedien. In Hurrelmann K. & Leppin<br />

A. (Hrsg.), Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 131-141). Bern: Hans<br />

Huber<br />

Hurrelmann K., Leppin A. (2001). Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation - eine Einführung. In Hurrelmann K., Leppin A. (Hrsg.),<br />

Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 9-21). Bern: Hans Huber<br />

Kerr J., Weitkunat R., Moretti M. (Hrsg.) (2007). ABC der Verhaltensänderung. Der Leitfaden <strong>für</strong> erfolgreiche Prävention <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung. München: Urban & Fischer<br />

McDermott R. (2001). Soziales Marketing - ein Instrument der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. In Hurrelmann K. & Leppin A.<br />

(Hrsg.), Moderne Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Vom Aufklärungsgespräch zur E-Health (S. 164 -168). Bern: Hans<br />

Huber<br />

Meffert H., Burmann C., Kirchgeorg M. (2008). Marketing. Gr<strong>und</strong>lagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte -<br />

Instrumente - Praxisbeispiele, 10. Auflage. Wiesbaden: Gabler<br />

Roski R. (2009). Akteure, Ziele <strong>und</strong> Stakeholder im Ges<strong>und</strong>heitswesen - Business Marketing, Social Marketing <strong>und</strong><br />

Zielgruppensegementierung. In Roski R. (Hrsg.) Zielgruppengerechte Ges<strong>und</strong>heitskommunikation. Akteure -<br />

Audience Segmentation - Anwendungsfelder (S. 3-32). Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften<br />

Schmiegel W et al. (2008). S3-Leitlinie "Kolorektales Karzinom"... Zeitschrift <strong>für</strong> Gastroenterologie, 46, S. 799-840<br />

64 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


PANEL 5: INNOVATIVE KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN TEIL II:<br />

UNTERHALTUNGSORIENTIERUNG<br />

Christiane Grill & Andreas Enzminger<br />

Ges<strong>und</strong>heitskompetenz durch Actiondrama. Wirkung von „Emergency Room“<br />

auf Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />

Wirkung von „Emergency Room“ auf Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein<br />

Seit dem Debut der US-amerikanischen Krankenhausserie „Emergency Room“ (ER) 1994 gilt diese als<br />

stilbildend <strong>für</strong> das Genre der Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien. Die dramatischen Ereignisse einer<br />

Notfallaufnahme in Chicago in einer Mischung aus Melodram <strong>und</strong> Reality Show waren jahrelang<br />

international erfolgreich (Krüger-Brand, 2003). Die Kultserie setzte mit ihren medizinische Erklärungen<br />

<strong>und</strong> Details einen Standard <strong>für</strong> darauf folgende zukünftige Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien <strong>und</strong> lieferte<br />

sogar angehenden ÄrztInnen Fallbeispiele mit edukativem Wert (Goodman, 2007). Ganz generell wird<br />

medizinischen Unterhaltungsangeboten Potential <strong>für</strong> Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung im Sinne<br />

des Entertainment-Education-Ansatzes zugeschrieben (Lampert, 2010). Ausschlaggebend <strong>für</strong> die<br />

Vermittlung von EE-Botschaften im Sinne von Einstellungsänderungen <strong>und</strong> gesteigerter Erinnerung an<br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformationen sind die kognitive <strong>und</strong> emotionale Involvierung der SeherInnen (Quintero<br />

et al., 2013). Medizinische Seriendramen üben dabei unterschiedliche Einflüsse auf RezipientInnen aus.<br />

Rossmann (2003) belegte ein stereotypisiertes <strong>und</strong> idealisiertes ÄrztInnenbild vermittelt durch<br />

Krankenhausserien. Erfolgreich dargestellte medizinische Behandlungsmethoden resultieren in<br />

fälschlich hohen Erwartungshaltungen in der Öffentlichkeit (Harris & Willoughby, 2009). Furchtappelle<br />

innerhalb der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation liefern widersprüchliche Ergebnisse. Beeinflussen sehr<br />

negative Bilder Wissen in Form einer U-Funktion, so werden Risikowahrnehmung, Einstellungen <strong>und</strong><br />

Verhalten in einer umgekehrten Form beeinflusst (Rossmann & Pfister, 2008). Dabei wird<br />

insbesondere die Bedeutung von Bumerang-Effekten kritisch reflektiert (Hastall, 2012). Ungeklärt<br />

bleibt jedoch, inwieweit eine Verursachung von Verletzung <strong>und</strong> Krankheit in einer dramatischen<br />

Darstellungsweise, exemplifiziert an ER, die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation optimiert bzw. konterkariert?<br />

Führen die Dramatisierung von Leben <strong>und</strong> Tod in einem Krankenhaus <strong>und</strong> eine damit einhergehende<br />

emotionale Erregung der RezipientInnen im Sinne von Vampir-Effekte zu einer Ablenkung von<br />

ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Botschaften?<br />

Forschungsfragen<br />

Um potenzielle EE-Botschaften von ER hinsichtlich ihrer Wirkung auf Wissenstransfer,<br />

Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein zu prüfen, stellen wir folgende Forschungsfragen:<br />

<br />

<br />

Welchen Einfluss haben die unterschiedlichen Erregungsniveaus der SeherInnen von ER auf die<br />

rezeptive Partizipation im Sinne von narrative Engagement, Involvement <strong>und</strong> Identifikation<br />

<strong>und</strong> damit auch gleichzeitig auf den Abruf von medizinischem <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlichem<br />

Wissen (Wissenstransfer)?<br />

Wie wirkt die Serie auf Ges<strong>und</strong>heitskompetenz im Sinne eines positiven Vorsorgeverhaltens<br />

bezüglich privater <strong>und</strong> pr<strong>of</strong>essioneller medizinischer Vorsorge?<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 65


Führt die Rezeption von ER zu einer Überschätzung des Risikos von Krankheit?<br />

Und welche Rolle spielt sensation seeking als moderierende personale Variable in diesen<br />

Prozessen?<br />

Theoretischer Hintergr<strong>und</strong><br />

Den theoretischen Rahmen bildet einerseits das „Yerkes-Dodson-Gesetz“, dass die kognitive<br />

Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit des Erregungsniveaus betrachtet <strong>und</strong> eine umgekehrte U-förmige<br />

Beziehung postuliert. Bei mittlerem Erregungsniveau ist eine optimale Leistung zu beobachten, bei der<br />

Individuen die meisten Hinweisreize verarbeiten können, während höheres Erregungsniveau<br />

Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Informationsverarbeitung negativ beeinflussen (Yerkes & Dodson, 1908). Jedoch<br />

sind die Forschungsergebnisse durchaus disparat, da bei höherem Erregungsniveau mitunter auch<br />

zentrale Inhalte besser beibehalten werden als periphere (Brown, 2003). Zweitens, nimmt die Arbeit<br />

Bezug zum Kultivierungsansatz. Gemäß der Kultivierungshypothese (Gerbner & Gross, 1976)<br />

vermitteln Medien Weltbilder, auf deren Gr<strong>und</strong>lage SeherInnen ins<strong>of</strong>ern kultiviert werden, als dass sie<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen an den durch die Fernsehwelt vermittelten Bildern orientieren<br />

<strong>und</strong> die soziale Realität der SeherInnen beeinflussen.<br />

Methodisches Design <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lage<br />

Um die potentielle Wirkung von ER auf RezipientInnen zu untersuchen, folgte die Untersuchung<br />

methodisch einem prä-post-Design (3 randomisierte Gruppen; variierende Treatment-Variable:<br />

Dramatisierung; Durchführungszeitraum: Mai/Juni 2013, N= 120 Studierende <strong>und</strong> Nicht-Studierende).<br />

Da eine der zentralen Einflussgrößen das Erregungsniveau der RezipientInnen darstellt, wurden drei<br />

Versionen der ER-Folge „Panik“ (Staffel 14, Folge 1) konstruiert, die sich durch deren<br />

Dramatisierungsniveaus unterscheiden. Das Team der Notaufnahme versucht in dieser Folge nach<br />

einer mysteriösen Explosion verletzte DemonstrantInnen zu verarzten. Als ein Arzt den vermeintlichen<br />

Attentäter entlarvt, kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen diesen. Darauffolgend ergreift der<br />

Großvater eines Mädchens, das bei dem Anschlag starb, Lynchjustiz <strong>und</strong> erwürgt den Täter. In der<br />

Gr<strong>und</strong>version G1 wurden lediglich Kernsequenzen einer jeden Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserie bestehend<br />

aus Diagnose (Untersuchung <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>) <strong>und</strong> Behandlung (Beratung <strong>und</strong> Therapie) der PatientInnen<br />

verwendet. In der zweiten Version G2 wurden diese Kernsequenzen mit einem dramatischen Narrativ<br />

am Anfang – die Explosion <strong>und</strong> der Krankentransport – eingeleitet. Die dritte Gruppe G3 sah zusätzlich<br />

noch die Entlarvung des Täters durch den Arzt <strong>und</strong> dessen Mord. Insgesamt nahmen an der Studie 140<br />

Personen teil, von denen 41% Männer <strong>und</strong> 59% Frauen waren. Die Studierendenquote lag bei 56% <strong>und</strong><br />

das Durchschnittsalter betrug 28 Jahre. Insgesamt sahen sich r<strong>und</strong> 20% der TeilnehmerInnen<br />

regelmäßig Arzt- <strong>und</strong> Krankenhausserien an, wobei die meistgesehenen Serien Scrubs, Grey’s Anatomy<br />

<strong>und</strong> Private Practice sind. Um Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein zu messen, entwickelten wir<br />

jeweils einen Test. Das Vorsorgeverhalten wurde mit acht Statements gemessen, die sich zu den<br />

Subindizes „ges<strong>und</strong>er Lebensstil“ <strong>und</strong> „medizinische Prävention“ <strong>und</strong> dem Gesamtindex<br />

„Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge“ zusammenfassen lassen. Hinsichtlich des Risikobewusstseins wurden Risiken<br />

einzelner Krankheiten abgefragt, die sich zu einem Risikobewusstsein gegenüber alltäglichen<br />

Krankheiten wie Grippe, Diabetes oder Rheuma <strong>und</strong> gegenüber nicht-alltäglichen Krankheiten wie<br />

neurologische Erkrankungen oder Geschlechtskrankheiten subsummieren. Dank des experimentellen<br />

66 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


prä-post Designs konnte geprüft werden, ob <strong>und</strong> inwiefern unterschiedliche Erregungsniveaus<br />

Wissenstransfer, Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> Risikobewusstsein fördern oder behindern.<br />

Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die emotionale Belastung der SeherInnen bereits aus den<br />

Kernsequenzen im Krankenhaus emergiert <strong>und</strong> lediglich eine Rahmendramatik (G3) emotionale<br />

Erregung erhöht. Dabei übt die emotionale Belastung keinerlei Einfluss auf die Informationsqualität<br />

der Serie aus. Die gesteigerte Dramatik erhöht jedoch den Unterhaltungswert in beiden Gruppen. Eine<br />

erhöhte Dramatisierung ist dabei zusätzlich <strong>für</strong> ein starkes narratives Engagement essentiell. Jedoch<br />

stellen Rezipienten bei vermehrt eingesetzter Dramatik weniger Bezüge zu sich selbst <strong>und</strong> ihrer<br />

eigenen Situation her. Entgegen den Erwartungen von Yerkes <strong>und</strong> Dodson befördert die verstärkte<br />

Dramatik den Wissenstransfer in G3 am stärksten.<br />

Wie in Tabelle 1 zu sehen ist, führt die Rezeption der ER-Folge zu signifikanten Einstellungsänderungen<br />

bezüglich der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge. Die Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge steigt im Gesamtsample signifikant an,<br />

wobei es in G1 durch schlichte Präsentation der Diagnose <strong>und</strong> Behandlung der PatientInnen zum<br />

größten Anstieg kommt. Insbesondere Einstellungen bezüglich eines ges<strong>und</strong>en Lebensstils werden<br />

hochsignifikant positiv verstärkt; ebenfalls mit dem größten Anstieg in G1. Im Gegensatz dazu wird die<br />

Bedeutung der medizinischen Prävention durch vermehrte Dramatik abgebaut. Es scheint, dass die<br />

Dramatik den Glauben an die eigens evozierte Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge schwächt. Dies spiegelt sich<br />

insbesondere dadurch wider, dass die Wichtigkeit der Vorsorgeuntersuchungen signifikant abgebaut<br />

wird. Der hohe Grad an Dramatisierung <strong>und</strong> die Aneinanderreihung von lebensbedrohlichen<br />

Ges<strong>und</strong>heitszuständen führt zu einer Abwehrhaltung gegenüber Vorsorgeuntersuchungen.<br />

Desweiteren führt die emotionale Belastung der RezipientInnen in G3 zu dem post-rezeptiven Wunsch<br />

nach Entspannung.<br />

Tabelle 1: Anova-Tabelle der Zustimmungsdifferenzprozent bezüglich<br />

Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 67


Während Einstellungen zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge signifikant erhöht wurden, zeigten sich kaum Effekte<br />

auf der Ebene des Risikobewusstseins (siehe Tabelle 2). Während die Dramatik der Geschehen in der<br />

Notaufnahme das Risikobewusstsein <strong>für</strong> Krankheiten kaum verändert, so steigt dieses leicht aber ohne<br />

signifikante Bef<strong>und</strong>e in G1 an. Die Gefahr an nicht-alltäglichen Krankheiten zu erkranken, wird in den<br />

Dramatikversionen sogar abgebaut. Einzelne Krankheiten zeigen mitunter signifikante prä-post<br />

Veränderungen. Insgesamt sind die Einzelbef<strong>und</strong>e sehr disparat <strong>und</strong> lassen auf keinen eindeutigen<br />

Wirkungseffekt schließen.<br />

Tabelle 2: Anova-Tabelle der Zustimmungsdifferenzprozent bezüglich Risikobewusstsein<br />

Relevanz<br />

Die Studie, die in eine Reihe von Medienwirkungsstudien zu medizinischen Seriendramen <strong>und</strong> deren<br />

EE-Potential eingebettet ist, ermöglicht, den Dramatisierungseffekt einer Krankenhausserie<br />

systematisch zu beobachten <strong>und</strong> empirisch zu evaluieren. Dadurch zeigt die Arbeit auf, welches<br />

emotionale Aktivierungsniveau unter den SeherInnen <strong>für</strong> einen optimalen Wissenstransfer mit<br />

gleichzeitig gesteigertem Vorsorgebewusstsein verantwortlich ist <strong>und</strong> dass die Rezeption von<br />

Krankheit <strong>und</strong> Leid im Krankenhaus kaum kultivierende Effekte verzeichnet.<br />

68 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Brown, J.M. (2003). Eyewitness memory for arousing events: Putting things into context. Applied Cognitive Psychology, 17,<br />

93-106.<br />

Gerbner, G., & Gross, L. (1976). Living with television: the violence pr<strong>of</strong>il. Journal <strong>of</strong> Communication, 26(2), 173-199.<br />

Goodman, K. (2007). Medical education. Imagining doctors: medical students and the TV medical drama. American Medical<br />

Association Journal <strong>of</strong> Ethics, 9(3), 182-187.<br />

Harris, D., & Willoughby, H. (2009). Resuscitation on television: realistic or ridiculous? A quantitative observational analysis <strong>of</strong><br />

the portrayal <strong>of</strong> cardiopulmonary resuscitation in television medical drama. Resuscitation, 80, 1275-1279.<br />

Hastall, M. (2012). Abwehrreaktionen auf Ges<strong>und</strong>heitsappelle. Forschungsstand <strong>und</strong> Praxisempfehlung. In: H<strong>of</strong>fmann, S. et al.<br />

(Hrsg.). Angewandtes Ges<strong>und</strong>heitsmarketing (pp. 281-296). Wiesbaden: Springer.<br />

Krüger-Brand, H. (2003). Ärzteimage im Fernsehen: Abschied vom „Halbgott in Weiß“. Deutsches Ärzteblatt, 100(45), A-2928 /<br />

B-2426 / C-2280.<br />

Lampert, C. (2010). Entertainment-Education als Strategie <strong>für</strong> die Prävention <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung. Public Health Forum,<br />

18(69), 20.e1-20.e3.<br />

Quintero Johnson, J. M., Harrison, K., & Quick, B. L. (2013). Understanding the effectiveness <strong>of</strong> the Entertainment-Education<br />

strategy: An investigation <strong>of</strong> how audience involvement, message processing, and message design influence<br />

health information recall. Journal <strong>of</strong> Health Communication: International Perspectives, 18(2), 160-178, DOI:<br />

10.1080/10810730.2012.688244.<br />

Rossmann, C. (2003). Zu Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen fragen Sie die Patienten. Eine Studie zur Darstellung von Ärzten in<br />

Krankenhausserien <strong>und</strong> ihrem Einfluss auf das Arztbild von Patienten. Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft,<br />

51(3-4), 497-522.<br />

Rossmann, C., & Pfister T. (2008). Zum Einfluss von Fallbeispielen <strong>und</strong> furchterregenden Bildern auf die Wirksamkeit von<br />

Ges<strong>und</strong>heitsflyern zum Thema Adipositas. Medien- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft, 56(3-4), 368-391.<br />

Yerkes, R.M., & Dodson, J.D. (1908). The relation <strong>of</strong> strength <strong>of</strong> stimulus to rapidity <strong>of</strong> habit formation. Journal <strong>of</strong> Comparative<br />

Neurology and Psychology, 18, 459-482.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 69


Jürgen Grimm & Maria Emilia Rosenzweig<br />

Heilsamer Kitsch. Edukative Effekte der TV-Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />

auf das Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />

Krankheit ist ein angstassoziiertes Phänomen, das PatientInnen einerseits zu Vermeidungsstrategien<br />

<strong>und</strong> zur Anwendung therapeutischer Mittel herausfordert (Angst als Motivation <strong>für</strong> das<br />

Vorsorgeverhalten) <strong>und</strong> andererseits einen alltagstauglichen moderaten Umgang mit Angstprozessen<br />

gestatten soll (Knobloch-Westerwick et al., 2009). Im Hinblick auf Ges<strong>und</strong>heitskampagnen ist<br />

umstritten, inwieweit Furchtappelle die Effektivität medizinischer Informationsvermittlung fördern<br />

oder behindern (Peters et al., 2013). Ebenso unklar ist, wie angstbesetzte Ges<strong>und</strong>heitsthemen mit<br />

Hilfestellungen zur Angstbewältigung (Vitouch, 2000) kombiniert werden müssen, um zur Steigerung<br />

von Ges<strong>und</strong>heitskompetenz beizutragen. Miller (1987) hat ermittelt, dass Krankenhauspatienten in<br />

Abhängigkeit vom Angstbewältigungsstil eine unterschiedliche Informationsnutzung zeigen. So wollen<br />

sog. "Monitors" vor Operationen im Krankenhaus detailgenaue Fachinformationen, indes "Blunters"<br />

diese vermeiden <strong>und</strong> ablenkende Kommunikationen bevorzugen. Wünschenswert im Interesse einer<br />

zielgenauen Kampagnenführung wären Kommunikate, die zugleich "Monitoring" <strong>und</strong> "Blunting"<br />

ermöglichen <strong>und</strong> den Informationsfluss in beiden Gruppen garantieren. Krankenhausserien wie "Der<br />

Bergdoktor" (BD) versuchen nun durch romantische Settings (z.B. Liebesgeschichte des Arztes),<br />

kombiniert mit ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationen eine solche Doppel-Codierung der gleichzeitigen<br />

Konfrontation <strong>und</strong> Vermeidung von Angst herzustellen. Es stellt sich die Frage, ob <strong>und</strong> inwieweit<br />

romantische Narrative in Krankenhausserien die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Wissenstransfer <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitsförderliche Einstellungsbildung) tatsächlich befördern oder ob die Liebesgeschichte nicht<br />

vielmehr wegen ihrer ablenkenden Wirkung den edukativen Effekt reduziert. Die jüngere Forschung zu<br />

Entertainment-Education im Rahmen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Singhal/Rogers 2010) betont<br />

vielfältige Widerstandshandlungen des Publikums, das sich gegen <strong>of</strong>fensichtliche pädagogische<br />

Beeinflussungsversuche wehrt <strong>und</strong> aus "störenden" Botschaften, die in den Tiefen des Unterhaltungs-<br />

Settings verborgen sind, unerwünschte Schlüsse im Hinblick auf die Zielvariablen der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zieht. Im Folgenden werden Ergebnisse einer Studie vorgestellt, in der<br />

romantische Narrative beim "Bergdoktor" systematisch variiert <strong>und</strong> in ihrem Einfluss auf die<br />

Vermittlung ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Wissens <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlicher Einstellungen geprüft<br />

werden.<br />

Forschungsstand <strong>und</strong> Problemstellung<br />

Gut belegt ist, dass fiktionale Fernsehunterhaltung im Sinne des "Entertainment-Education" (EE) dem<br />

Publikum prosoziale Botschaften nahe bringen kann. Im Rahmen der sog. "Sabido Methode" (Barker,<br />

2005) wurden dramaturgische Regeln <strong>für</strong> Telenovelas entwickelt, deren Anwendung zu positiven<br />

Effekten beim Publikum im Hinblick auf Familienplanung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge führten. Durch die<br />

Art des dramatischen Aufbaus, die Einführung identifikationsträchtiger Figuren sowie den Einsatz<br />

fesselnder <strong>und</strong> informativer Narrative kann die Akzeptanz ges<strong>und</strong>heitsrelevanter Botschaften<br />

gesteigert werden (Gesser-Edelsburg/Singhal, 2013). Dazu wurden weltweit bestätigende Studien<br />

durchgeführt (Singhal/CodyRogers/Sabido, 2010). Für den deutschsprachigen Raum konnten<br />

Gassmann, Vorderer <strong>und</strong> Wirth nachweisen, dass die Krankenhauserie "Die Schwarzwaldklinik" den<br />

70 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Rezipienten eine positivere Haltung zu Ges<strong>und</strong>heitsthemen vermittelte (Gassmann/Vorderer/Wirth:<br />

2003, 478). Ein Problem stellt allerdings dar, dass romantische Liebesgeschichten, die zu<br />

Krankenhausserien genrebildend gehören, von einem Teil des Publikums als "Kitsch" abgewertet<br />

werden. Der Anti-Kitsch-Affekt (Grimm, 2012) sorgt hierbei da<strong>für</strong>, dass Menschen romantische<br />

Harmonieszenarien als "unrealistisch" <strong>und</strong> "peinlich" empfinden. Es erscheint daher möglich, dass ein<br />

Zuviel an Romantik oder eine dramaturgisch ungeeignete Implementierung der Liebesgeschichte in die<br />

Dramaturgie der Episode zu kognitiven Dissonanzen führt, die die Verarbeitung der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformationen behindern.<br />

Ein weiteres Problem stellt dar, dass die "Liebesgeschichte" zu den ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />

Informationen "passen" muss, da ansonsten Resistance <strong>und</strong> Reactance-Effekte (Knowles/Linn 2004) zu<br />

erwarten sind, welche die Vermittlungsleistung des Kommunikats beeinträchtigen. Im Falle der<br />

Verletzung von Kohärenzregeln der Informationskoppelung (Grimm 1994) auf der Ebene der Narrative<br />

<strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitswissens ist mit dem Scheitern von EE-Strategien zu rechnen. So könnte die<br />

Liebesgeschichte des Arztes unerwünschte Effekte auf das Arzt-Bild zeitigen, wenn dieser nicht im<br />

beruflichen Einsatz, sondern bei "privatisierenden Vergnügungen" gezeigt wird. Aus<br />

persuasionstheoretischer Sicht steigert nach Cialdini (2001) die Kombination "Liking" <strong>und</strong> "Authority"<br />

das persuasive Potenzial ultimativ – dies aber nur dann, wenn das "Liking" aus dem romantischen<br />

Mitgefühl <strong>für</strong> den Liebenden nicht unmittelbar an der Einsatzbereitschaft des Arztes <strong>für</strong> seine<br />

Patienten zweifeln lässt.<br />

Es ist daher <strong>of</strong>fen, ob die Doppel-Codierung Angst/Romantik in der Krankenhausserie "Der Bergdoktor"<br />

(BD) <strong>für</strong> alle Rezipienten im Sinne angstreduzierter <strong>und</strong> sympathisch-autoritativer Persuasion<br />

funktioniert. Ebenso unklar ist, ob <strong>und</strong> unter welchen Bedingungen romantische Narrative einen<br />

negativen Effekt auf die Arztautorität entfalten <strong>und</strong> dabei den Erfolg des Entertainment-Education<br />

konterkarieren.<br />

Forschungsfragen<br />

Im Folgenden wird erstens untersucht, ob romantische BD-Szenen Rezeptionsstress verringern <strong>und</strong><br />

zweitens, welche Dosierung an Romantik die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im Hinblick auf Wissen,<br />

Vorsorgeverhalten <strong>und</strong> das Arzt-PatientInnen-Vertrauen (Rossmann, 2003) optimiert. Zudem wird<br />

drittens geprüft, inwieweit Interferenzen zwischen den romantischen Narrativen <strong>und</strong> der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbotschaft die Vermittlungsleistung beeinträchtigen. Und schließlich fragen wir nach dem<br />

Einfluss, den Dispositionen der Rezipienten wie Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität auf das<br />

Endresultat der Informationsverarbeitung nehmen.<br />

Forschungsfragen in Bezug auf den BD:<br />

<br />

Inwieweit kann eine Folge des BD medizinische Informationen <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitskompetenz<br />

vermitteln?<br />

Reduzieren romantische Nebennarrative das Stresserleben bei der Rezeption von<br />

Krankenhausszenen <strong>und</strong> helfen sie, Hypochondrie zu vermeiden?<br />

<br />

Welche Dosierung an Romantik-Szenen ist dem Wissenstransfer <strong>und</strong> dem Aufbau von<br />

Ges<strong>und</strong>heitskompetenz zuträglich?<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 71


In welcher Weise beeinflussen romantische Narrative das Arzt-Bild <strong>und</strong> das Ergebnis der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation?<br />

Welchen Einfluss haben Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität der Rezipienten auf den<br />

Wirkungs-Output der BD-Folge?<br />

Theoretischer Hintergr<strong>und</strong><br />

Den theoretischer Rahmen bilden Konzepte des Entertainment-Education (EE) im Bereich der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Barker, 2005, Singhal/Rogers, 2010), die differenzielle Wirkungen von<br />

Narration <strong>und</strong> Dramaturgie auf die edukative Persuasion fokussieren. Singhal/Rogers (2010) wie auch<br />

Riet/Ruiter (2013) argumentieren überzeugend, dass bei EE vielfältige Formen der Vermeidung <strong>und</strong><br />

des Widerstands im Publikum überw<strong>und</strong>en werden müssen. Geprüft wird daher, unter welchen<br />

Bedingungen Romantik als dramaturgische Narrative-Strategie potenzielle Widerstandshandlungen<br />

des Publikums gegenüber EE-Botschaften unterläuft oder aber selbst erzeugt. Des Weiteren basiert die<br />

Untersuchung auf Theorien der Angstbewältigung <strong>und</strong> selbstregulativer Emotionskontrolle (Krohne,<br />

1996, Wiebe/Korbel, 2003, Schramm/Wirth, 2008, Forgas/Baumeister/Tice, 2009), die im<br />

Zusammenspiel mit persuasiven Prozessen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation betrachtet werden.<br />

Zusätzlich wird auf Kitschtheorien (Grimm, 2012) rekurriert, um EE-förderliche oder EE-retardierende<br />

Wirkungen romantischer Narrative von der Seite des Rezipienten aus zu erklären. Dazu wurde eigens<br />

ein Romantik-Affinitäts-Test entwickelt <strong>und</strong> in der Studie erstmals erprobt.<br />

Methodisches Design <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lage<br />

Die Wirkungs-Untersuchung zu BD erfolgt mit Hilfe eines Prä-Post-Designs mit 3 randomisierten<br />

Gruppen <strong>und</strong> der variierenden Treatment-Variable: Romantik. Durchführungszeitraum: Mai <strong>und</strong> Juni<br />

2013, N=114 Studierende <strong>und</strong> Nicht-Studierende.<br />

Gruppeneinteilung:<br />

G1: Krankenhaus-Kernsequenzen KS mit ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationen (=EE-Info),<br />

G2: Romantische Liebesgeschichte des Arztes vor idyllischer Bergkulisse + KS,<br />

G3: Romantische Liebesgeschichte des Arztes vor idyllischer Bergkulisse + KS +<br />

Fortsetzung der Liebesgeschichte <strong>und</strong> tränenreicher Abschied;<br />

Versuchsablauf:<br />

t1 vor dem Film:<br />

Fragebogen mit prä-rezeptiven Tests zu ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Einstellungen <strong>und</strong> psychosozialen<br />

Eigenschaften<br />

t2 während des Films: Film sehen<br />

t3 nach dem Film: Evaluierung, post-rezeptive Tests (analog zu t1)<br />

Wirkung = Differenz der Messung t1 <strong>und</strong> der Messung t3<br />

Abhängige Variablen: emotionaler Stress, Narratives Engagement/Involvement, Wissenstransfer,<br />

Vorsorgeverhalten, Arztbild. Des Weiteren werden Angstbewältigungsstil <strong>und</strong> Romantik-Affinität<br />

untersucht.<br />

72 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Ergebnisse<br />

Im Folgenden werden einzelne ausgewählte Ergebnisse präsentiert. Zunächst wird deutlich, dass<br />

romantische Narrative, wie erwartet, einen Angst reduzierenden Effekt haben. Dies gilt insbesondere<br />

<strong>für</strong> G2, wo das Freizeitverhalten des Arztes mit seiner Geliebten gezeigt wurde (siehe Tabelle 1). Durch<br />

die Abschiedszene in G3 wächst die emotionale Belastung dann wieder an, ohne allerdings das Niveau<br />

der romantikfreien Variante in G1 zu erreichen. Die Kehrseite der Stressreduktion ist, dass dabei der<br />

Unterhaltungswert negativ beeinflusst wird. Ein gewisses Maß an emotionalem Stress scheint also zum<br />

Entertainment-Education aus Zuschauerperspektive zu gehören. Die Wirkungen auf die<br />

Informationsqualität sind uneinheitlich: die stressärmste Version in G2 weist den geringsten<br />

Informationsgehalt auf. Der höchste Informationswert wird der romantikreichsten Variante in G3<br />

zugeordnet. Wir sehen dies als Indiz da<strong>für</strong>, dass der Abschied des Arztes von seiner Geliebten den<br />

ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Informationsfluss stärkt.<br />

Tabelle 1: Der Bergdoktor: Eindrucksdifferenziale<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 73


Tabelle 2: Der Bergdoktor: Rezeptive Partizipation <strong>und</strong> Wissenstransfer<br />

Tabelle 2 zeigt, dass die Liebesgeschichte vor romantischer Bergkulisse in G2 negativ das Narrative<br />

Engagement (Gefühl, in die Geschichte hineingezogen zu werden) <strong>und</strong> das Involvement (Ausmaß, in<br />

dem ZuschauerInnen Bezüge zwischen fiktionaler Realität <strong>und</strong> ihrer Lebenswelt herstellen) beeinflusst.<br />

Alle Indikatoren partizipativer Beteiligung – Narrative Engagement, Involvement <strong>und</strong> auch die<br />

Identifikation mit dem Bergdoktor selbst – sind in G2 am niedrigsten. Erst mit der Fortsetzung der<br />

Liebesgeschichte <strong>und</strong> dem tränenreichen Abschied (Bergdoktor will nicht mit der Geliebten in die<br />

Großstadt ziehen: "Ich brauche die Berge <strong>und</strong> die Berge <strong>und</strong> meine Patienten brauchen mich") wird die<br />

rezeptive Partizipation deutlich gesteigert <strong>und</strong> zwar über das Niveau von Gruppe 1 hinaus, die als<br />

Kontrollgruppe ohne romantische Narrative fungiert. Der Wissenstransfer wird davon aber nicht in<br />

gleicher Weise tangiert. Offenbar haben die kognitiven "Irritationen", die das erste romantische Teil-<br />

Narratives im Hinblick auf rezeptive Anteilnahme <strong>und</strong> Identifikation mit dem Arzt auslöste, den<br />

Wissenstransfer eher unterstützt (vermutlich als Folge einer Aufmerksamkeit steigernden<br />

Orientierungsreaktion).<br />

Im Unterschied zum Wissenstransfer wird das Vorsorgeverhalten genau in der Gruppe am meisten<br />

angeregt, in der keine romantischen Narrative zu sehen waren <strong>und</strong> der emotionale Stress am höchsten<br />

ausfiel (siehe Tab. 1). Wir betrachten dies als Hinweis darauf, dass die angstbasierte Rezeption der<br />

"Bergdoktor"-Serie am ehesten Motive zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge stärkt. Romantische Narrative<br />

behindern diesen Prozess dann nicht, wenn sie wie in G3 zu einem eigenen "guten" Abschluss gebracht<br />

werden, der die Glaubwürdigkeit des Arztes als Autoritätsperson in Ges<strong>und</strong>heitsfragen nicht<br />

unterminiert.<br />

74 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Tabelle 3: Der Bergdoktor: Wirkungen auf die Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />

Das Wirkungsmuster ist plausibel mit der Annahme vereinbar, dass die Gr<strong>und</strong>rezeption bei<br />

Krankenhausserien angstbasiert ist (durchaus vereinbar mit dem Unterhaltungswert), wobei durch die<br />

narrative Einbettung die Angst eine Moderation erfährt. Während die narrative Angstmoderation den<br />

Wissenstransfer begünstigt, werden die motivationalen Aspekte der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />

unterminiert. Dies verweist auf einen Zielkonflikt des Entertainment-Education, dem zufolge die<br />

Optimierung der Vorsorgebereitschaft auf Kosten der Wissensvermittlung geht, vice versa.<br />

Die Ergebnisse in Tab. 4 bestätigen diese Interpretationsthese. Es wird deutlich, dass die "<strong>of</strong>fene"<br />

Liebesgeschichte in G2 zwar die emotionale Belastung reduziert, aber zugleich die Autorität des<br />

Arztbildes beschädigt. In dieser Gruppe steigen die Autoritätswerte nicht in gleichem Maße an wie<br />

unter den Bedingungen des schmerzvollen Abschieds <strong>und</strong> der "heroischen" Selbstverpflichtung des<br />

Arztes in G3. Zugleich wurde in G2, wie oben gezeigt, die Motivation zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge deutlich<br />

verringert. Die mit Abstand höchste Zunahme an Arztvertrauen fand demgegenüber in Gruppe 3 statt,<br />

in der, wie wir wissen, auch die Vorsorgebereitschaft fast wieder das Niveau der Kontrollgruppe ohne<br />

Romantik erreicht. Wir vermuten, dass in G3 der romantikbedingte Verlust an angstbasierter<br />

Vorsorgebereitschaft durch das gestiegene Arztvertrauen kompensiert wurde. Der Image-Gewinn<br />

betrifft insbesondere das Statement, demzufolge sich Ärzte uneingeschränkt <strong>für</strong> ihre PatientInnen<br />

einsetzen. Die erste Liebesszene auf der Alm wird von den ZuschauerInnen <strong>of</strong>fenbar als eine<br />

Verletzung dienstlicher Verpflichtungen den Patienten gegenüber aufgefasst, was die Zunahme der<br />

Sympathiegefühle limitiert. Erst als die Lovestory in G3 mit einem Abschied endet <strong>und</strong> der Arzt seine<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 75


Pflicht <strong>für</strong> Berge <strong>und</strong> Patienten affirmiert, kann das Arztbild in lichte Höhen unangefochtener Moralität<br />

<strong>und</strong> Selbstaufopferung aufsteigen. Zu beachten ist allerdings, dass das Arztbild auch in G2 noch über<br />

dem Wert der Gruppe ohne romantische Narrative positiv aufgehellt wird, so dass die Wirkung der<br />

romantischen Liebesgeschichte insgesamt einem positiven Arztbild dient.<br />

Tabelle 4: Der Bergdoktor: Wirkungen auf das Arzt-Bild<br />

Zusammenfassung <strong>und</strong> Diskussion<br />

Resümierend lässt sich sagen, dass die romantischen Narrative im "Bergdoktor" nachweislich Angst<br />

moderieren <strong>und</strong> das Arztbild insgesamt aufhellen - insbesondere dann, wenn die Lovestory nicht mit<br />

dem Bild eines engagierten Arztes im Dienste der PatientInnen konfligiert. Auch der Wissenstransfer<br />

wird durch romantische Narrative befördert, unabhängig vom erlebten Narrative Engagement <strong>und</strong><br />

Involvement bei der Rezeption. Das Vorsorgeverhalten hingegen pr<strong>of</strong>itiert von der narrativen<br />

Einbettung nicht. Vielmehr wird die präventive Ges<strong>und</strong>heitsmotivation am ehesten durch die<br />

angstbasierte Gr<strong>und</strong>version ohne narrative Einbettung durch romantische Sequenzen angeregt. Im<br />

76 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Hinblick auf die motivationale Seite der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation geht es vor allem darum, die<br />

Angstaspekte nicht gänzlich zu neutralisieren <strong>und</strong> den Informationswert der Lovestory mit der<br />

Richtung der ges<strong>und</strong>heitsrelevanten EE-Botschaften zu harmonisieren. Partiell verringert eine geringe<br />

Romantik-Affinität der Rezipienten die ges<strong>und</strong>heits-edukative Wirkung zusätzlich. Das bedeutet, dass<br />

ein bestimmtes Maß an Romantik-Offenheit gegeben sein muss, damit der "Bergdoktor" sein EE-<br />

Potenzial voll entfalten kann. Der Anti-Kitsch-Affekt (Grimm 2012) hat also, wie theoretisch vermutet,<br />

eine retardierende Wirkung auf die Effektivität des Entertainment-Education. Möglichweise sind<br />

Romantik-Nichtaffine besser bei Krankenhausserien wie "Emergency Room" aufgehoben, bei der nicht<br />

die Romantik, da<strong>für</strong> umso mehr Dramatik <strong>und</strong> Action im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Interessanterweise<br />

entfernt sich der Angstbewältigungsstil nach dem Anschauen des "Bergdoktors" vom "Monitoring" in<br />

Richtung '"Blunting", bei dem die aktive Informationssuche zwecks Krankheitsbewältigung <strong>und</strong><br />

Prävention eingeschränkt ist. Zwar vermag der "Bergdoktor" Arztvertrauen zu stärken <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge zu stimulieren, langfristig könnte aber die Bereitschaft, komplexe Angebote der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsinformation zu nutzen, leiden. Dies zu prüfen, bedarf freilich weitergehender Forschung,<br />

in der die Messzeitpunkte sowie die Art der narrativen Einbettung variiert <strong>und</strong> mit den Ergebnissen der<br />

Bergdoktor-Studie verglichen werden. Die vorliegenden Bef<strong>und</strong>e zeigen schon klar, dass zwischen<br />

verschiedenen Ebenen der unterhaltungsbasierten Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (rezeptive Beteiligung,<br />

Wissenstransfer, Verhaltensmotivation, Arztvertrauen, Informationssucheverhalten) unterschieden<br />

werden muss, da diese von den in Krankenhausserien verwendeten dramaturgischen Modulen in ganz<br />

unterschiedlicher Weise tangiert werden. Überdies ergaben sich starke Hinweise darauf, dass eine<br />

kohärente Koppelung der EE-Botschaft mit den im Narrativ enthaltenen Informationen wesentlichen<br />

Anteil am Erfolg der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation hat.<br />

Relevanz der Studie<br />

Die Studie ist eingebettet in eine Serie von Medienwirkungsstudien, in denen der Einfluss narrativer<br />

<strong>und</strong> dramaturgischer EE-Settings auf die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation untersucht wird. Die Relevanz<br />

der vorliegenden Untersuchung liegt einerseits auf der Ebene der EE-Theorie, insbesondere im Hinblick<br />

auf die Unterscheidung nach Ebenen der Informationsverarbeitung <strong>und</strong> edukativen Beeinflussung. In<br />

kommunikationspraktischer Hinsicht werden Erkenntnisse im Hinblick auf narrative Strategien der<br />

Persuasion im Bereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation geliefert. Erstmals eingesetzt wird ein Test zur<br />

Messung der Romantik-Affinität, die in Form aggressiver Kitsch-Abwertung EE-Prozesse<br />

beeinträchtigen kann.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 77


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78 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


PANEL 6: EMPIRISCHE HERAUSFORDERUNGEN DER<br />

GESUNDHEITSKOMMUNIKATIONSFORSCHUNG<br />

Claudia Lampert, Michael Grimm & Stefanie Wahl<br />

Was steckt drin? Herausforderungen <strong>und</strong> Potentiale der Medienanalyse <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation am Beispiel des Themas Krebs<br />

„If your message stresses a healthy lifestyle, you need to know what others are saying about a healthy<br />

lifestyle, as well as how still others may be depicting an unhealthy, but attractive lifestyle.“ (Greenberg<br />

et al., 2004, S. 204)<br />

Sowohl mediale Informations- als auch Unterhaltungsangebote sind voll mit ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />

Themen <strong>und</strong> Botschaften, die – selbst wenn sie nur beiläufig aufgenommen werden – Rezipienten <strong>für</strong><br />

verschiedene Ges<strong>und</strong>heitsthemen sensibilisieren (Lampert, 2007). Ferner können sie deren Wissen,<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Verhalten in Bezug auf diese Themen formen (Fromm, Baumann & Lampert, 2011;<br />

Salmon & Atkin, 2003; Tian & Robinson, 2009). Daher können Medienangebote <strong>und</strong> ihre Inhalte nicht<br />

unberücksichtigt bleiben, wenn es darum geht zu verstehen, was Patienten, aber auch interessierte<br />

Laien über ein bestimmtes Ges<strong>und</strong>heitsthema wissen <strong>und</strong> denken. Gerade <strong>für</strong> Patienten sind<br />

Medienangebote – neben Ärzten <strong>und</strong> persönlichen Kontakten – eine zentrale Quelle <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitsbzw.<br />

krankheitsbezogene Informationen (Baumann, 2009; Neverla et al., 2007).<br />

Nichtsdestotrotz wird in den Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften die Bedeutung der Medieninhalte <strong>für</strong> das<br />

Wissen über Ges<strong>und</strong>heitsthemen oder die Bewältigung von Krankheiten nach wie vor eher selten<br />

thematisiert. Dabei bietet gerade der Blick darauf, mit welchen Themen, Bildern <strong>und</strong> Argumenten<br />

Patienten <strong>und</strong> interessierte Laien hinsichtlich Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit medial konfrontiert werden,<br />

wertvolle Hinweise <strong>für</strong> deren Verständnis bestimmter ges<strong>und</strong>heitsbezogener Themen. Dieses<br />

Verständnis ist wiederum elementar, um eine gezieltere, rezipientenorientierte Aufklärung zu diesen<br />

Themen zu leisten.<br />

Die Kommunikationswissenschaft kann diesen Blick mit dem Instrument der Inhaltsanalyse schärfen.<br />

Mit ihrer Hilfe lassen sich große Textmengen systematisch analysieren <strong>und</strong> somit „aus der Vielfalt der<br />

Objekte die wesentlichen Tendenzen herausdestillieren“ (Rössler, 2010, S. 18). Gleichzeitig stellen sich<br />

jedoch insbesondere bei der Anwendung der Methode im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation einige<br />

inhaltliche <strong>und</strong> methodische Herausforderungen:<br />

Erstens greifen Rezipienten bei ihrer täglichen Nutzung mithin auf umfangreiche Medienrepertoires<br />

zurück, die sie aus einem breiten Spektrum unterschiedlicher Medienangebote mit jeweils<br />

verschiedenen Leistungsvermögen zusammensetzen (Hasebrink & Schmidt, 2013). Dagegen werden in<br />

bisherigen Inhaltsanalysen zu Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Krankheitsthemen <strong>of</strong>t (vor allem auch aus<br />

forschungsökonomischen Gründen) nur einzelne, ausgewählte Medienangebote untersucht. Dieses<br />

Vorgehen erscheint jedoch selten hinreichend, da verschiedene Rezipientengruppen je nach „[Grad]<br />

der Zuspitzung auf Personen <strong>und</strong> Situationen“ (Hasebrink & Domeyer, 2011, S. 54) unterschiedliche<br />

Informationsbedürfnisse aufweisen, die von ungerichteten Informationsbedürfnissen bis hin zu<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 79


konkreten Problemlösebedürfnissen reichen können (ebd.). Um diese zu befriedigen, können<br />

Rezipienten auf ein umfangreiches Spektrum sowohl an unterschiedlichen Mediengattungen, als auch<br />

auf vielfältige Medienangebote innerhalb dieser Gattungen zurückgreifen, die jeweils spezifische<br />

Informationsleistungen erbringen können. Dementsprechend unterscheidet sich auch das<br />

Informationsrepertoire, das sich einzelne Gruppen aus den Medienangeboten zusammenstellen, um<br />

ihren jeweiligen Bedürfnissen gerecht zu werden (ebd.; Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Dies<br />

macht wiederum eine medienübergreifende Untersuchung der Angebote notwendig, die sich an den<br />

spezifischen Medienrepertoires einer Zielgruppe (z. B. Krebspatienten) orientiert.<br />

Zweitens sind Rezipienten mit einer breiten Vielfalt an Medienangeboten konfrontiert. Diese reichen z.<br />

B. im Onlinebereich von Nachrichtenformaten über ausführliche <strong>und</strong> detaillierte Informationsportale<br />

bis hin zu Foren mit sehr persönlichen Erfahrungsberichten zu einem Ges<strong>und</strong>heits- bzw.<br />

Krankheitsthema. Um ein möglichst umfassendes Bild davon zu zeichnen, mit welchen Aspekten ein<br />

Rezipient zu einem Thema über die Medien in Kontakt geraten kann, muss die Vielfalt der<br />

Angebotsformen entsprechend berücksichtigt werden. Dies stellt insbesondere eine Herausforderung<br />

dar, da die verschiedenen Angebote unterschiedliche Spezifika aufweisen, welche wiederum<br />

unterschiedliche Ansprüche an die Analyse stellen.<br />

Drittens besteht eine Herausforderung in der Komplexität <strong>und</strong> Multimodalität der Darstellungsmuster<br />

in den einzelnen Medienangeboten. Hier sollten bei der Analyse sowohl Texte als auch visuelle <strong>und</strong><br />

audiovisuelle Materialien untersucht werden – was in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation bislang jedoch<br />

eher selten vorkommt (Fromm, Baumann & Lampert, 2011). Dennoch wird z. B. gerade Bildern ein<br />

besonderer Einfluss auf die Meinungsbildung unterstellt (Messaris & Abraham, 2001).<br />

Schließlich ist viertens auch die Vermittlung der Relevanz, des Vorgehens <strong>und</strong> der Ergebnisse einer<br />

Inhaltsanalyse an Ges<strong>und</strong>heitsexperten aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen disziplinären Herkunft der<br />

Akteure im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation mitunter schwierig. Da es sich aber gerade hierbei um<br />

einen stark transdisziplinären Bereich handelt, in dem der Transfer des wissenschaftlichen Wissens in<br />

die Ges<strong>und</strong>heitspraxis häufig ein entscheidendes Ziel darstellt, ist auch dieser Aspekt <strong>für</strong> den Erfolg<br />

eines Projektes unerlässlich.<br />

Auf Basis der hier benannten Herausforderungen befasst sich der Vortrag mit der Frage, welchen<br />

Beitrag die Analyse ges<strong>und</strong>heitsbezogener <strong>und</strong> -relevanter Inhalte <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

leisten kann. Hier<strong>für</strong> wird am Beispiel der Krankheit Krebs, die als zweithäufigste Todesursache in<br />

Deutschland (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2012) ist <strong>und</strong> zu den am häufigsten analysierten Gegenständen<br />

der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung zählt (Fromm, Baumann & Lampert, 2011), eine systematische<br />

Literaturschau von Inhaltsanalysen vorgestellt <strong>und</strong> kritisch reflektiert.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong> werden alle inhaltsanalytischen Studien zum Thema Krebs herangezogen, die in<br />

den letzten zehn Jahren (2003-2013) in den Fachzeitschriften „Journal <strong>of</strong> Health Communication“ oder<br />

„Health Communication“ erschienen. Die Publikationen mit Peer-Review-Verfahren sind die beiden<br />

zentralen Journals <strong>für</strong> das Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> können entsprechend als die<br />

„Nerven der Disziplin“ (vgl. Weaver & Wilhoit, 1988, S. 4) angesehen werden. Die durchgeführte<br />

Suchabfrage mit den Schlagworten „(content analysis) + cancer“ ergab 23 Treffer. Die so ermittelten<br />

Studien werden im Hinblick auf die folgenden Aspekte untersucht:<br />

80 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Inhalte: Welche Krebsart wird thematisiert? Gibt es einen thematischen Schwerpunkt (z.B.<br />

Prävention, Diagnose oder Therapie)? Werden konkrete Forschungsfragen formuliert?<br />

Angebote: Welche Mediengattungen (TV, Radio, Print, Online) <strong>und</strong> welche konkreteren<br />

Angebotsformen (z. B. Online-Foren, Tageszeitungen, Patientenzeitschriften) werden<br />

untersucht? Hat das Angebot eher Informations- oder Unterhaltungscharakter?<br />

Theoretische Ansätze: Welche theoretischen Ansätze werden herangezogen?<br />

Methodisches Vorgehen: Welcher methodische Ansatz wurde gewählt (qualitative<br />

Inhaltsanalyse, quantitative Inhaltsanalyse, Methodentriangulation)?<br />

Diskussion: Welche inhaltlichen sowie methodischen Probleme <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

werden diskutiert? Welche Forschungslücken werden benannt?<br />

Die zentralen Ergebnisse der systematischen Literaturschau werden vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

beschriebenen Herausforderungen an die Inhaltsanalyse im Feld der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

kritisch diskutiert. Abschließend werden die Potenziale der Medienanalyse sowohl <strong>für</strong> die Forschung<br />

als auch die Praxis der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation aufgezeigt.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 81


Doreen Reifegerste & Matthias R. Hastall<br />

Qualitätssicherung in der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation:<br />

Anregungen aus Debatten in Nachbardisziplinen<br />

Viele Forschungsaktivitäten der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zielen darauf, kurz- oder langfristig<br />

positive Ges<strong>und</strong>heitseffekte bei der Bevölkerung zu erzielen (Rossmann & Ziegler, 2013; Schiavo,<br />

2007). Dieses Hauptziel teilt sie mit den etablierten Disziplinen Medizin, Pflegewissenschaften sowie<br />

einigen psychologischen Forschungsbereichen. Im Unterschied zur Ges<strong>und</strong>heitskommunikation gab<br />

<strong>und</strong> gibt es in diesen Disziplinen langjährige Diskussionen <strong>und</strong> Standardisierungsbemühungen zur<br />

Sicherung der Qualität der Forschung, die <strong>of</strong>t an Fahrt gewannen, wenn sich etablierte<br />

Behandlungsempfehlungen im Lichte neuer Forschungsergebnisse als schädlich erwiesen (Rubin &<br />

Babbie, 2011; Timmermans & Berg, 2003). Belege <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädigende Effekte der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation finden sich allerdings ebenso in der Literatur der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Bonfadelli & Friemel, 2006; Byrne, 2009; Earl & Albarracín, 2007; Witte &<br />

Allen, 2000) – <strong>und</strong> es ist vielleicht noch eher als bei den anderen genannten Disziplinen davon<br />

auszugehen, dass neue Bef<strong>und</strong>e schnell von Praktikern der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation zur Gestaltung<br />

persuasiver Botschaften oder Kommunikationsstrategien herangezogen werden.<br />

Daher erscheint es an der Zeit, auf der Basis einer Reflektion über die ethische Gradwanderung der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation bezüglich potenzieller Schädigungen der Botschaftsempfänger eine<br />

Diskussion über die Notwendigkeit <strong>und</strong> Praktikabilität qualitätssichernder Maßnahmen bei der<br />

Planung, Durchführung, Auswertung <strong>und</strong> Interpretation empirischer Untersuchungen anzuregen. Das<br />

ist das Hauptziel des hier vorgeschlagenen Beitrags. Solche Debatten sind unverzichtbarer Bestandteil<br />

von Akademisierungs- <strong>und</strong> Pr<strong>of</strong>essionalisierungsbestrebungen <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation hat<br />

den großen Vorteil, dass sie erheblich von den ausgetauschten Argumenten <strong>und</strong> Schlussfolgerungen<br />

der genannten Nachbardisziplinen pr<strong>of</strong>itieren kann. Auch die entsprechenden Diskussionen in der<br />

Kommunikationswissenschaft (vgl. Naab et al., 2013) können diesbezüglich wichtige Impulse geben,<br />

deren Übertragbarkeit auf den Teilbereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation jeweils zu prüfen ist. So<br />

ergeben sich <strong>für</strong> die Auswahl der sowie Umgang mit den Probanden, die Entwicklung der Stimuli <strong>und</strong><br />

die Verwendung der Messvariablen teilweise besondere – <strong>und</strong> mitunter krankheitsspezifische –<br />

Anforderungen, die über die Ansprüche an typische kommunikationswissenschaftliche<br />

Untersuchungen weit hinausgehen können.<br />

Wir möchten zunächst <strong>für</strong> Konstellationen in experimentellen Forschungsdesigns der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> den entsprechenden Auswertungen sensibilisieren, die irreführende<br />

Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit bestimmter Botschafts- oder Kommunikationsstrategien<br />

begünstigen können. Im Anschluss an diese kurze Systematisierung, die Hinweise auf Best-Practice-<br />

Empfehlungen enthalten soll, wird ein Überblick über entsprechende<br />

Qualitätssicherungsempfehlungen der Nachbardisziplinen gegeben, auf dessen Basis eine Diskussion<br />

der Chancen <strong>und</strong> Grenzen entsprechender Adaptionen <strong>für</strong> die Forschung der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation angestoßen werden soll.<br />

82 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


Die methodische Diskussion konzentriert sich weitgehend auf experimentelle Designs, die aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Möglichkeit eines Kausalnachweises die Theoriebildung stark beeinflussen, die durch eine<br />

Aufnahme in Meta-Analysen den weithin sichtbaren empirischen Forschungsstand entscheidend<br />

mitprägen können (Pigott, 2012; Preiss et al., 2007) <strong>und</strong> somit eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die<br />

Kampagnenentwicklung in der Praxis darstellen. Thematisiert werden sollen insbesondere<br />

verschiedene Möglichkeiten kausaler Fehlschlüsse durch Alpha- oder Beta-Fehler (Bortz & Döring,<br />

2006) sowie prototypische Quellen <strong>für</strong> Validitätsprobleme in Forschungsarbeiten der<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation (Nezu & Nezu, 2008). So stellt beispielsweise die Entwicklung von<br />

adäquaten Stimuli (Trepte 2004) mitunter eine große Herausforderung dar. Der Einsatz realer<br />

Fernsehspots aus Präventionskampagnen kann zum Konf<strong>und</strong>ierungen bezüglich des Einflusses<br />

verschiedener Darstellungstechniken führen, die eigentlich nicht Gegenstand der Manipulation sein<br />

sollten (Biener et al. 2004). Zudem besteht die Gefahr, dass die Medienprodukte bereits während der<br />

„normalen“ Kampagne von den Probanden rezipiert wurden. Auch strukturelle Probleme wie der<br />

Zugang zu Forschungsergebnissen, der Publication Bias <strong>und</strong> der „Decline Effect“ (Brembs et al., 2013),<br />

aber auch die „Flexibilität“ statistischer Auswertungsverfahren (Ioannidis, 2005; Simmons et al., 2011),<br />

der Einfluss von Sponsoren auf Bef<strong>und</strong>e (Bodenheimer, 2000; Kesselheim et al., 2012; Lexchin et al.,<br />

2003) oder generelle Schwierigkeiten der Akzeptanz oder Einhaltung ethischer Gr<strong>und</strong>sätze (Guttman,<br />

2003; Loss & Nagel, 2009) werden thematisiert. Jüngere öffentliche Kontroversen, beispielsweise über<br />

die unzureichende statistische Power von Untersuchungen (Button et al., 2013) oder die relativ<br />

geringe Replizierbarkeit zentraler Bef<strong>und</strong>e (Yong, 2012) liefern weitere Hinweise auf Problembereiche,<br />

die im Rahmen der Pr<strong>of</strong>essionalisierung <strong>und</strong> Qualitätssicherung der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

adressiert werden könnten. Sehr vielversprechend erscheinen daher f<strong>und</strong>ierte Auseinandersetzungen<br />

mit Standards oder Empfehlungen, die als Konsequenz entsprechender Debatten in den<br />

Vergleichsdisziplinen entwickelt wurden <strong>und</strong> mittlerweile weit akzeptiert sind. Neben den relativ<br />

bekannten <strong>und</strong> auch in einigen kommunikationswissenschaftlichen Fachzeitschriften berücksichtigten<br />

Richtlinien zur Gestaltung wissenschaftlicher Manuskripte der American Psychological Association<br />

(APA; z. B. 2010) finden sich in der Literatur auch spezielle Richtlinien zur Manuskriptgestaltung bei<br />

medizinisch relevanten Publikationen (z. B. International Committee <strong>of</strong> Medical Journal Editors, 2010)<br />

oder zur Darstellung zum Bericht der Bef<strong>und</strong>e aus randomisierten experimentellen Untersuchungen<br />

(z. B. das CONSORT-Statement: Calvert et al., 2013; Moher et al., 2004).<br />

Erkenntnisreich dürfte zudem die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argumenten<br />

sein, die in den einschlägigen Fachzeitschriften gut dokumentiert sind. In den drei genannten<br />

Disziplinen ist beispielsweise eine starke Bewegung in Richtung einer Evidenzbasierung auszumachen,<br />

die in der Literatur insbesondere unter den Stichworten evidenzbasierte Medizin (EBM; Rogers, 2007;<br />

Timmermans, 2003) <strong>und</strong> evidenzbasierte Praxis (EBP; Mangold, 2011; Rubin, 2007) diskutiert wurde. In<br />

der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation lassen sich zwar durchaus vereinzelt Bestrebungen <strong>für</strong> eine stärkere<br />

empirisch nachgewiesene Effektivität ausmachen, eine f<strong>und</strong>ierte Diskussion der theoretischen <strong>und</strong><br />

insbesondere methodischen Implikationen in größerem Rahmen steht jedoch noch aus (vgl. z. B.<br />

Brown et al., 2006; Fischh<strong>of</strong>f et al., 2011; Robinson et al, 1998; Rossmann, 2010). Die hier<br />

vorgeschlagene Präsentation ist daher auch als Impuls zur Inspiration einer entsprechenden Diskussion<br />

gedacht.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 83


Dieser Exkurs zu vergangenen sowie laufenden Pr<strong>of</strong>essionalisierungsdebatten <strong>und</strong> ihren jeweiligen<br />

Ergebnissen soll helfen, Hinweise auf potenziell oder tatsächlich problematische Entwicklungen sowie<br />

Lösungsvorschläge aus wissenschaftlichen Disziplinen mit vergleichbarem Erkenntnisziel zu erhalten.<br />

Eine Reflektion dieser Debatten, der daraus gewonnenen Erkenntnisse <strong>und</strong> ihrer Übertragbarkeit auf<br />

die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation kann dazu beitragen, den Status dieser im deutschen Raum noch<br />

jungen akademische Disziplin, die Sicherstellung der Qualität ihrer empirischen Bef<strong>und</strong>e sowie ihre<br />

Pr<strong>of</strong>essionalisierung <strong>und</strong> institutionelle Verankerung zu fördern. Hauptziel der vorgeschlagenen<br />

Präsentation ist es somit, <strong>für</strong> methodische Probleme <strong>und</strong> deren realweltliche Konsequenzen zu<br />

sensibilisieren <strong>und</strong> anhand konkreter Standardisierungs- <strong>und</strong> Qualitätssicherungsempfehlungen der<br />

Nachbardisziplinen eine Debatte über die Sinnhaftigkeit <strong>und</strong> Notwendigkeit entsprechender<br />

Adaptionen <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation anzuregen<br />

84 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


SELBSTVERSTÄNDNIS DER AD-HOC-GRUPPE<br />

GESUNDHEITSKOMMUNIKATION<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit zählen zu den größten Herausforderungen moderner Gesellschaften.<br />

Ges<strong>und</strong>heitspolitische <strong>und</strong> demografische Entwicklungen, medizin(techn)ische Fortschritte, die<br />

zunehmende Verbreitung ges<strong>und</strong>heitsschädigender Lebensstile <strong>und</strong> vermeidbarer Krankheiten sowie<br />

Bedrohungen durch Epidemien haben zu nachhaltigen Veränderungen <strong>und</strong> Problemen im<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen beigetragen. Diese stellen Leistungsanbieter <strong>und</strong> -empfänger vor neue<br />

Kommunikationsherausforderungen. Der herausragende Stellenwert von Medien <strong>und</strong> Kommunikation<br />

manifestiert sich auch im individuellen Umgang mit Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit, in der Interaktion<br />

zwischen Ärzten <strong>und</strong> Patienten sowie in den Strukturen <strong>und</strong> Prozessen der Prävention,<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> medizinischen Versorgung. Zugleich gewinnen ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />

Medieninhalte sowohl aus Anbieter- als auch aus Rezipientensicht zunehmend an Bedeutung. Dadurch<br />

hat sich das Kommunikationsverhalten aller in die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung involvierten Akteure<br />

nachhaltig verändert, woraus sich ein immenser Forschungsbedarf <strong>für</strong> Wissenschaftsdisziplinen ergibt,<br />

die sich mit medialer <strong>und</strong> inter-personaler Kommunikation in Ges<strong>und</strong>heitskontexten befassen.<br />

Der Kommunikations- <strong>und</strong> Medienwissenschaft kommt dabei eine zentrale Rolle zu. So lassen sich<br />

viele Fragestellungen als Anwendungsfälle bestehender Kommunikationstheorien betrachten <strong>und</strong> mit<br />

dem existierenden Methodeninstrumentarium beantworten. Es ergeben sich jedoch auch<br />

gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftliche Herausforderungen, wenn beispielsweise Modelle der Informationssuche<br />

<strong>und</strong> -verarbeitung sowie der Medienwirkungen auf die besonderen Umstände des Umgangs mit<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit hin spezifiziert werden müssen. Dabei steht die<br />

Kommunikationswissenschaft auch vor der Herausforderung, die <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

relevanten Perspektiven aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen stärker miteinander zu<br />

verbinden <strong>und</strong> die Erfahrungen <strong>und</strong> kommunikationsbezogenen Handlungsanforderungen aus dem<br />

präventiven, medizinisch-therapeutischen, technischen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitspolitischen Bereich zu<br />

integrieren.<br />

Während sich das Forschungs- <strong>und</strong> Praxisfeld Health Communication im anglo-amerikanischen Raum<br />

bereits vor Jahrzehnten etabliert hat, befindet sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem<br />

Themenfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation im europäischen Raum noch in ihren Anfängen. Verschiedene<br />

Studien-, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsprogramme, Vernetzungsinitiativen, geplante <strong>und</strong> geschaffene<br />

Stellen auf Mitarbeiter- <strong>und</strong> Pr<strong>of</strong>essorenebene, Publikationsaktivitäten <strong>und</strong> Kongresse (erst kürzlich<br />

mit r<strong>und</strong> 80 Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmern in München) sowie thematische Panels deuten jedoch<br />

darauf hin, dass das Forschungsfeld auch hierzulande expandiert. Mit der Gründung der Ad-hoc-<br />

Gruppe „Ges<strong>und</strong>heitskommunikation“ in der DGPuK soll ein Beitrag zur <strong>Institut</strong>ionalisierung dieses<br />

gesellschaftlich wie kommunikationswissenschaftlich hochrelevanten Forschungsfeldes geleistet<br />

werden. Folgende Fragen stehen dabei im Vordergr<strong>und</strong>:<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 85


Welche Bedeutung haben massenmediale, mediengestützte <strong>und</strong> interpersonale<br />

Kommunikation <strong>für</strong> die verschiedenen in die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung involvierten Akteure <strong>und</strong><br />

Akteursgruppen <strong>und</strong> ihr Ges<strong>und</strong>heitshandeln?<br />

<br />

<br />

<br />

Ziele<br />

Welche kommunikationsstrategischen Implikationen lassen sich hieraus ableiten <strong>und</strong> wie<br />

lassen sich intendierte Formen der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation adäquat evaluieren?<br />

Wie lassen sich ges<strong>und</strong>heitsbezogene Kommunikationsformen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsrelevante<br />

Kommunikationsprozesse theoretisch <strong>und</strong> empirisch modellieren <strong>und</strong> erklären?<br />

Welchen Einfluss haben die Veränderungen des Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesens auf Inhalte<br />

<strong>und</strong> Strukturen massenmedialer, mediengestützter <strong>und</strong> interpersonaler Kommunikation, auf<br />

ihr Zusammenwirken, den Kommunikationsprozess sowie auf die an ihm beteiligten Akteure<br />

<strong>und</strong> ihre Kommunikationsbedürfnisse?<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

ein Forum <strong>für</strong> Kommunikationswissenschaftlerinnen <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaftler in<br />

der DGPuK schaffen, die an Fragestellungen im Forschungsfeld Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

arbeiten, <strong>und</strong> ihre Vernetzung fördern<br />

einen Beitrag zur Systematisierung des Forschungsfeldes Ges<strong>und</strong>heitskommunikation <strong>und</strong> zur<br />

Theorieentwicklung leisten<br />

Strukturen unterstützen, die die interdisziplinäre Vernetzung der kommunikationswissenschaftlichen<br />

Ges<strong>und</strong>heitskommunikation sowie die kommunikationswissenschaftliche<br />

Beteiligung an medizin-, ges<strong>und</strong>heits-, versorgungs-, pflege- <strong>und</strong> rehabilitationswissenschaftlichen<br />

Forschungsaktivitäten erleichtern<br />

die internationale Sichtbarkeit der Forschungsaktivitäten aus dem deutschsprachigen Raum im<br />

Bereich der Ges<strong>und</strong>heitskommunikation erhöhen<br />

geplante Aktivitäten<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Organisation von Tagungen (Interesse aus Hannover <strong>und</strong> Mainz wurde bereits signalisiert)<br />

Etablierung <strong>und</strong> Pflege einer Webseite<br />

regelmäßige Treffen der Ad-hoc-Gruppe im Rahmen der DGPuK-Jahrestagung<br />

Präsenz der Mitglieder auf nationalen <strong>und</strong> internationalen Fachtagungen (z.B. durch<br />

Einreichung von Panels)<br />

86 I <strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts


<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts<br />

„Ges<strong>und</strong>heitskommunikation als Forschungsfeld der Kommunikations- <strong>und</strong><br />

Medienwissenschaft.“ Erste Tagung der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

in der DGPuK<br />

21. bis 23. November 2013, Hannover<br />

Organisiert von<br />

dem Sprecherteam der Ad-hoc-Gruppe Ges<strong>und</strong>heitskommunikation<br />

Dr. Eva Baumann (Kontakt: eva.baumann@uni-bielefeld.de)<br />

Dr. Constanze Rossmann (Kontakt: rossmann@ifkw.lmu.de)<br />

Jun.-Pr<strong>of</strong>. Dr. Matthias Hastall (Kontakt: matthias.hastall@tu-dortm<strong>und</strong>.de)<br />

dem <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Journalistik</strong> <strong>und</strong> Kommunikationsforschung Hannover<br />

Pr<strong>of</strong>. Dr. Christoph Klimmt (Kontakt: Christoph.Klimmt@ijk.hmtm-hannover.de)<br />

Alexandra Sowka, M.A. (Kontakt: alexandra.sowka@ijk.hmtm-hannover.de)<br />

Stefanie Wahl, M.A. (Kontakt: stefanie.wahl@ijk.hmtm-hannover.de)<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 87

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