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Landesbeilage Thüringen zum DIB 1-2/2002 - Ingenieurkammer ...

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<strong>DIB</strong> THÜRINGEN 1-2 / <strong>2002</strong><br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Die Landesregierung sei der Ansicht, dass<br />

der Spielraum für Transparenz- und Effizienzverbesserungen<br />

hier noch nicht ausgeschöpft<br />

ist.<br />

Zum Thema Infrastrukturförderung betonte<br />

die Landesregierung, dass sie auch den<br />

Vorzug des Baus der Autobahn 71 von Erfurt<br />

nach Sangerhausen fordert. Eine Vorfinanzierung<br />

großer Verkehrsbauten, wie<br />

von der Kommission vorgeschlagen, sei<br />

von der Landesregierung verworfen worden,<br />

da sie u. a. den dringenden Ausbau<br />

der Straßen in der Baulast des Landes erheblich<br />

einschränken würde.<br />

Eine generelle Kritik an der Transparenz<br />

des Thüringer Wirtschaftsförderinstrumentariums<br />

sei nicht gerechtfertigt. Dennoch<br />

werde es zu veränderten Arbeitsweisen<br />

der Landesgesellschaften kommen.<br />

So werde sich die Landesentwicklungsgesellschaft<br />

(LEG) künftig mehr auf den<br />

Ausbau der Infrastruktur und das Standortmarketing<br />

konzentrieren. Im Städteund<br />

Wohnungsbau solle sie in Zukunft ohne<br />

öffentliche Förderung tätig sein. Die<br />

wirtschaftspolitische Aufgabe der Entwicklung<br />

von Wohnbauland bestehe nicht<br />

mehr.<br />

Das Problem der ganzen ostdeutschen Gesellschaft<br />

ist auch das der Thüringer Freiberufler,<br />

deshalb wurde Anfang Dezember<br />

im Haus der Landesentwicklungsgesellschaft<br />

ein Thema diskutiert, das schon anderwärts<br />

auf der Tagesordnung stand.<br />

Doch es war wohl das erste Mal, dass in<br />

einem Symposium in Erfurt über den<br />

Honecker-Buckel gesprochen wurde. Erich<br />

Honecker hatte einen Buckel? Natürlich<br />

nicht. Aber verursacht haben er und<br />

Co. einen. Und zwar in der Bevölkerungsstatistik<br />

der ostdeutschen Republik, wie<br />

sich die Teilnehmer des 2. Tages der Freien<br />

Berufe in <strong>Thüringen</strong> - darunter Mitglieder<br />

der <strong>Ingenieurkammer</strong> - durch Bevölkerungswissenschaftler<br />

Prof. Josef<br />

Schmid von der Universität Bamberg sagen<br />

ließen. Schnell schalteten die Ex-<br />

DDRler, dass es sich um die Wirkung des<br />

bekannten sozialpolitischen Programms<br />

handelte, nicht ganz so rasch, dass sie an<br />

dieser Stelle kritisiert wurden.<br />

Seit der Wende ist das Volk in <strong>Thüringen</strong><br />

von etwa 2,6 auf ca. 2,4 Millionen geschrumpft,<br />

so die amtliche Statistik. Pro<br />

Jahr wanderten 8 bis 9 000 Thüringer<br />

mehr in die alten Bundesländer aus, als<br />

von dort einwandern. Aus westdeutscher<br />

Sicht hat die Bedeutung dieser Bewegung<br />

nach 1995 nachgelassen. Gravierender als<br />

dieser Verlust sind die Geburtendefizite,<br />

mussten die Daheimgebliebenen zur<br />

Kenntnis nehmen.<br />

Arme Gemeinden<br />

Die westdeutsche Gewohnheit, i. d. R. beginnend<br />

bei Endzwanzigern, nur 1,3 Kinder<br />

pro Kopf in die Welt zu setzen, werde<br />

im Beitrittsgebiet zunehmend zur Regel.<br />

Sie gefährde die Zukunft dieses Landes<br />

Landesverband der Freien Berufe<br />

Grübeln über Entwicklung ohne Honecker-Buckel<br />

mehr, als vielen bewusst sein dürfte oder<br />

<strong>zum</strong>indest bis jetzt schien. Sie führe dazu,<br />

dass der Anteil der älteren Menschen so<br />

stark zunimmt, dass die jüngeren darüber<br />

grübeln müssen, wie sie künftig ihre soziale<br />

Sicherung gewährleisten. Ihre - das<br />

heißt ihre eigene! Schon jetzt gibt es im<br />

kleinen Freistaat viele dünnbesiedelte Gebiete,<br />

so Geograf Prof. Peter Sedlacek von<br />

der Fiedrich-Schiller-Uni Jena, in denen<br />

das Problem bald akut ist, wer wie die alten<br />

Leutchen später versorgt. Erschwert<br />

wird es wahrscheinlich noch dadurch,<br />

dass die thüringischen Gemeinden wegen<br />

ihrer Kleinheit (d. h. weil es so viele gibt,<br />

insgesamt 1 100) finanziell relativ arm<br />

sind. In dem Symposium sprach Sedlacek<br />

von mancherorts lediglich 31 Mark je Einwohner.<br />

Trauriges Wachstum<br />

Ganz ohne Zweifel spielt bei dieser geografisch-demografischen<br />

Lage eine gravierende<br />

Rolle, welche Potenzen der Arbeitsmarkt<br />

eröffnet. Da sind die generellen<br />

Aussichten aber erst recht trübe, wie<br />

Prof. Dieter Hassenpflug von der Bauhaus-Universität<br />

Weimar deutlich machte.<br />

Nachdem in den vergangenen vier Jahren<br />

die Arbeitslosenquote im Osten vom<br />

1,8fachen des Westens auf das 2,3 fache<br />

gestiegen sei, ginge der Anteil der Investitionen<br />

an der Wertschöpfung hierzulande<br />

zurück, während er drüben steige.<br />

<strong>Thüringen</strong> werde bis 2 030 ein Fünftel seiner<br />

Einwohner verlieren, prognostizierte<br />

Soziologe Hassenpflug, drei Prozent mehr<br />

als der Ost-Durchschnitt.<br />

Das macht auch der Wohnungswirtschaft<br />

im Freistaat Sorgen - aber eben bei weitem<br />

nicht nur ihr. Der Leerstand von Wohnungen<br />

verschlechtert das Image der<br />

Wohnorte und führt auf diese Weise zu<br />

neuen Leerständen, so die Befürchtungen<br />

und Beobachtungen.<br />

Fragwürdige Preisträger<br />

Jetzt schon - oder noch? - seien die Lebensbedingungen<br />

für Kinder vielfach unbefriedigend.<br />

Zur Zeit gehörten 16 bis 18<br />

Prozent der Städter dieser Bevölkerungsgruppe<br />

an. Wo könnten die Knirpse spielen?<br />

Selbst „preisgekrönte Spielplätze<br />

sind ein Hohn“, urteilte der Sozialforscher.<br />

Aber mit dem vielfach unerfreulichen Ist-<br />

Zustand sind auch viele Chancen (insbesondere)<br />

für die technischen freien Berufe<br />

verbunden, wie im Symposium mehrfach<br />

angemerkt wurde. Prof. Hassenpflug plädierte<br />

beispielsweise dafür, bei der Sanierung<br />

von Wohngebieten mehr auf Qualität<br />

zu setzen und mehr für die Entwicklung<br />

der Städte zu tun. Eventuell könnte sich<br />

sogar - nach holländischem Vorbild - eine<br />

neue freie Berufsgruppe bilden, der Stadtkurator,<br />

mit der Aufgabe der Aufwertung<br />

der Kommune.<br />

<strong>Thüringen</strong>s Freiberufler fühlen sich als<br />

Dienstleister und damit Zugehörige eines<br />

prosperierenden Sektors zur Diskussion<br />

herausgefordert, heißt es in einem aktuellen<br />

Thesenpapier <strong>zum</strong> Thema. <strong>Thüringen</strong><br />

brauche urbane Zentren, die Kristallisationskeime<br />

wirtschaftlicher Impulse sein<br />

müssen. Dies impliziere, Städtebau noch<br />

stärker als bisher familienfreundlich auszurichten.<br />

Gegen eine etwas buckligere Demografie-<br />

Kurve hat man in dem Verband anscheinend<br />

nichts.<br />

eta<br />

– 2 –

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