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Zellularautomaten Überblick Geschichte The Game of Life The ...

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Einführung in die Medizinische<br />

Informatik und Bioinformatik<br />

<strong>Zellularautomaten</strong><br />

Frank Meineke<br />

SS 2005<br />

Überblick<br />

• <strong>Geschichte</strong><br />

• <strong>The</strong> <strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />

• Definition <strong>Zellularautomaten</strong><br />

• Epidemiemodelle<br />

• Einordung<br />

2<br />

<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>The</strong> <strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />

• Stanislaw Ulam (1909 – 1984)<br />

Idee 1940<br />

• John von Neumann (1903 – 1957)<br />

Ist eine selbst reproduzierende Maschine<br />

möglich?<br />

• John Horton Conway (1937)<br />

<strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong> (1968)<br />

Zellularautomat<br />

= Zellularer Automat<br />

= Cellular Automaton (CA)<br />

• unbegrenztes Spielfeld (Schachbrett)<br />

• jede Zelle hat 8 Nachbarn<br />

• jede Zelle ist entweder besetzt (lebt)<br />

oder unbesetzt (tot)<br />

• durch parallele Anwendung von Regeln<br />

wird für jede Zelle ein Folgezustand<br />

berechnet<br />

3<br />

4<br />

<strong>The</strong> <strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />

Regeln<br />

LIFE32.EXE<br />

• eine besetzte Zelle mit 0,1,4,5,6,7,8 besetzten<br />

Nachbarn wird unbesetzt (Tod durch<br />

Vereinsamung oder Überbevölkerung)<br />

• eine besetzte Zelle mit 2 oder 3 besetzten<br />

Nachbarn bleibt besetzt (Überleben)<br />

• eine unbesetzte Zelle mit 3 besetzten<br />

Nachbarn wird besetzt (Geburt)<br />

2 3 2 1<br />

1 3 2 1<br />

2 4 2 1<br />

2 2 3 1<br />

2 3 3 2<br />

1 3 2 2<br />

2 3 3 2<br />

3 5 5 3<br />

2 3 3 2<br />

5<br />

6<br />

1


<strong>The</strong> <strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />

Strukturen<br />

Stabile Figuren<br />

Oszillierende Figuren<br />

Glider<br />

<strong>The</strong> <strong>Game</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />

Beobachtungen<br />

• für eine gegebene Anfangskonfiguration kann<br />

im Allgemeinen das zukünftige Verhalten<br />

nicht ohne Simulation vorhergesagt werden.<br />

• einige Startzustände können nicht im Laufe<br />

der Simulation entstehen. Diese Zustände<br />

heißen Garten-Eden Konfigurationen.<br />

• das Spiel ist (berechnungs-)universell. Der<br />

Beweis wird über die Konstruktion und<br />

Interaktion logischer Gatter geführt.<br />

7<br />

8<br />

Zellularautomat<br />

Definition<br />

Ein Zellularautomat ist ein 4-er Tupel (G,E,U,f) :<br />

• regulärem Gitter G<br />

• endliche Menge von Elementarzuständen E<br />

• endliche Menge von Umgebungsindizes U<br />

für die gilt: c ∈ U, r ∈ G : r + c ∈ G<br />

• lokale Übergangsfunktion f : E n →E für n :=<br />

|U|<br />

Gitter<br />

Topologie<br />

• 1 dimensional als lineare Kette<br />

• 2 dimensional mit den möglichen<br />

regulären Formen Dreieck, Quadrat,<br />

oder Hexagon<br />

• 3 dimensional, z.B. Würfelanordnung<br />

• > 3 dimensional<br />

9<br />

10<br />

Gitter<br />

Topologie 2D<br />

Gitter<br />

Randbedingungen<br />

• keine (unendliches Gitter)<br />

• periodisch, z.B. Torus-Topologie in 2<br />

Dimensionen oder ein Ring in 1<br />

Dimension;<br />

• reflektiv, d.h. die Randzelle hat den<br />

Zustand des inneren Nachbarn<br />

• fester Zustand<br />

11<br />

12<br />

2


Zustände<br />

Umgebung<br />

• jede Zelle in G befindet sich in einem<br />

definierten Zustand, der Element der<br />

endlichen Menge von<br />

Elementarzuständen ist, z.B.<br />

E={ein,aus}<br />

Typisch für 2 Dimensionen<br />

• von Neumann-<br />

Umgebung<br />

• Moore-Umgebung<br />

13<br />

Aber auch möglich:<br />

• asymmetrisch<br />

• langreichweitig<br />

14<br />

Lokale Funktion / Regeln<br />

Regelanwendung<br />

• definiert für jede Zelle und alle möglichen<br />

Umgebungen den nächsten Zustand, z.B. als Regel<br />

• Regeln heißen totalistisch, falls sie nur summarisch<br />

von den Nachbarzuständen abhängen<br />

• Regeln sind im Allgemeinen nicht reversibel - eine<br />

Konfiguration kann z.B. verschiedene Vorgänger<br />

haben<br />

• probabilistische Regeln erlauben, im Gegensatz zu<br />

deterministischen Regeln eine stochastische<br />

Auswahl mehrerer Folgezustände für die gleiche<br />

Umgebung<br />

• synchrone Automaten wenden f zu jedem<br />

Zeitschritt auf alle Zellen gleichzeitig an<br />

• asynchrone Automaten wenden f sequentiell<br />

auf alle Zellen an:<br />

– in fester, deterministischer Folge<br />

– in stochastischer Folge<br />

– in dynamisch gesteuerter, deterministischer Folge<br />

– ...<br />

15<br />

16<br />

Implementation<br />

Grenzfälle<br />

• Wie realisiert man einen synchronen<br />

Automaten?<br />

• Wie bildet man ein hexagonales Gitter<br />

auf eine rechteckige Matrix ab?<br />

(Mapping)<br />

• Wie realisiert man ein unbegrenztes,<br />

unendliches Gitter?<br />

17<br />

• die Zustandsmenge ist sehr groß, z.B.<br />

eine Fließkommazahl in 32 bit<br />

Darstellung<br />

• die lokale Funktion ist eher global<br />

• das Gitter ist nicht regulär<br />

• ...<br />

<strong>Zellularautomaten</strong> ⊂ gitterbasierte<br />

Modelle<br />

18<br />

3


Epidemie Terminologie<br />

Epidemiemodelle<br />

Epidemie: stark gehäuftes, örtlich und zeitlich<br />

begrenztes Vorkommen einer Erkrankung<br />

– Explosivepidemie: schnelles Ansteigen und<br />

Abfallen der Zahl der Erkrankten<br />

– Tardivepidemien: langsames Ansteigen und<br />

Abfallen der Zahl der Erkrankten<br />

Endemie: regelmäßiges, ständiges Vorkommen<br />

einer Erkrankung in einem begrenzten Gebiet<br />

Pandemie: Ausbreitung einer<br />

Infektionskrankheit über Länder und<br />

Kontinente<br />

19<br />

• Kermack und McKendrick 1927:<br />

kontinuierliches Modell auf Basis von<br />

Differentialgleichungssystemen (DGL)<br />

• Birgit Schönfisch 1993:<br />

Diskretes Modell auf Basis von<br />

<strong>Zellularautomaten</strong> (CA)<br />

20<br />

Epidemiemodell<br />

Epidemiemodell (DGL)<br />

Population wird auf drei Gruppen aufgeteilt:<br />

• S (suceptible) = suszeptibel/empfänglich<br />

• I (infected) = infiziert/krank<br />

• R (revovered) = erholt/immun/unempfänglich<br />

S I R<br />

21<br />

• drei Kompartimente<br />

• drei Differentialgleichungen, die die<br />

Übergänge in Abhängigkeit der Größe der<br />

Gruppen und bestimmten<br />

Rahmenparametern mit entsprechenden<br />

Raten regulieren<br />

– Immunisierung-/Gesundungsrate: I → R<br />

– Infektions-/Kontaktrate S → I<br />

– Immunitätsverlust-/ Resensibilisierungsrate R → S<br />

22<br />

Epidemiemodell (CA)<br />

• drei Zustände<br />

• drei parametrisierte Regeln<br />

1. ein suszeptibles Individuum wird infiziert, wenn<br />

eine gewisse Infektionsbedingung erfüllt ist<br />

2. ein infiziertes Individuum bleibt a Zeitschritte<br />

infektiös (ansteckend) und wird dann immun<br />

3. ein immunes Individuum bleibt g Zeitschritte<br />

immun und wird dann wieder suszeptibel<br />

23<br />

Epidemiemodell (CA)<br />

Infektionsbedingungen<br />

• deterministische Infektion: infiziert wird<br />

gdw. eine Mindestanzahl von s Nachbarn<br />

infiziert ist<br />

• stochastische Infektion: infiziert wird mit<br />

einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, falls<br />

eine Mindestanzahl von Nachbarn infiziert ist<br />

• Kontaktdistribution: infiziert wird mit einer<br />

zur Anzahl von infizierten Nachbarn<br />

proportionalen Wahrscheinlichkeit<br />

24<br />

4


SIRLIFE.EXE<br />

Epidemiemodell (CA)<br />

Beobachtungen<br />

Aussterben: nach endlichen Zeitschritten sind<br />

nur noch suszeptible Zellen vorhanden<br />

Persistenz: nach beliebig langer Zeit sind noch<br />

infektiöse Zellen zu finden<br />

Ausbreitung: werden zu Beginn Infektiöse nur<br />

in einem Teilgebiet des Gitters gesetzt, so<br />

breiten sie sich über das gesamte Gebiet aus<br />

25<br />

26<br />

Epidemiemodell (CA)<br />

Verhaltensklassen<br />

CCA (Cyclic CA)<br />

hier: Greenberg-Hastings Modell<br />

Aussterben: nur noch suszeptible, Hauptgründe liegen<br />

in der Parameterwahl oder der (zu dünnen)<br />

Startbesetzung mit Infektiösen<br />

Ausbreitung mit Persistenz: wellenförmige, zum Teil<br />

spiralige oder kreisförmige Ausbreitungsfronten,<br />

quasistationäre Trajektorien<br />

Ausbreitung ohne Persistenz: Hexenring, Aussterben<br />

der Infizierten<br />

Persistenz ohne Ausbreitung: periodisch<br />

wiederholende, ortsfeste Strukturen und, auf<br />

Torustopologien, auch Glider-ähnliche Strukturen<br />

27<br />

(Herz-)Muskel<br />

Waldbrand<br />

Phase 1<br />

Ruhe<br />

gesund<br />

Phase 2<br />

Erregung<br />

brennt<br />

Phase 3<br />

Erholung<br />

wächst<br />

Epidemie susceptibl<br />

e<br />

infected recovered<br />

• auf letzte Phase folgt jeweils erste Phase<br />

• modellspezifische Phasenwechsel (CCA:<br />

Umgebungsabhängig, GH: automatisch) und<br />

Phasendauer<br />

28<br />

System-Einordnung<br />

Disziplin-Einordnung<br />

• spezielles diskretes dynamisches System<br />

– Abbildungsfunktion auf lokale Umgebung<br />

beschränkt<br />

• spezieller Parallelrechner<br />

– Zellen als Recheneinheiten<br />

– Eingabe sind die Zustände der Nachbarn<br />

– berechnet wird jeweils der Folgezustand<br />

• spezielle formale Sprache<br />

– Zustände als Alphabet<br />

– lokale Funktion als spezielle Ableitungsregeln<br />

Biologie<br />

– Domäne: „Kohlenst<strong>of</strong>f“ Leben<br />

Artificial Intelligence (AI bzw. KI)<br />

– Fokus: Ursache<br />

Artificial <strong>Life</strong> (AL bzw. KL)<br />

– Domäne: Leben allgemein, auch<br />

„synthetisches“ Leben<br />

– Fokus: Auswirkung / Verhalten<br />

– Zustand ist das Gitter, statt des Strings 29<br />

30<br />

5


<strong>Zellularautomaten</strong><br />

Eigenschaften<br />

Abgrenzung<br />

• gute mathematische Formalisierbarkeit<br />

• gute technische Simulierbarkeit<br />

• gute Visualisierbarkeit<br />

• Anschaulichkeit der Regeln<br />

aber<br />

• Artefakte durch Diskretisierung<br />

• schlecht für quantitative Analyse<br />

Raum-Zeit<br />

Lösungstyp<br />

Domäne<br />

Zellularautomat<br />

Diskret<br />

Qualitativ<br />

Strukturbildung in<br />

Raum und Zeit<br />

DGL-<br />

System<br />

Kontinuierlic<br />

h<br />

Quantitativ<br />

Analyse<br />

31<br />

32<br />

6

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