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Ingenieurberufe - Süddeutsche Zeitung

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DEFGH Nr. 148, Samstag/Sonntag, 29./30. Juni 2013 EINE BEILAGE DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG<br />

INGENIEURBERUFE<br />

Klagen auf<br />

hohem Niveau<br />

Nach wie vor suchen Arbeitgeber dringend<br />

junge Ingenieure. Doch die Lage entspannt sich<br />

VON JANNIS BRÜHL<br />

W<br />

o die besten Maschinen entworfen<br />

werden, gibt es kein Prekariatsgefühl.<br />

„Im Ingenieurbereich<br />

ist es im Vergleich mit anderen Branchen<br />

Jammern auf hohem Niveau, wenn es<br />

um den Arbeitsmarkt geht. Vergangenes<br />

Jahr waren goldene Zeiten“, gibt Lutz Lorenz<br />

zu. Der 30-Jährige hat 2009 Maschinenbau<br />

fertig studiert, der Übergang von<br />

der Doktorandenstelle in einen guten Job<br />

klappte ohne größere Probleme. Nun hat<br />

er Projektverantwortung für die Anzeige<br />

von Fahrassistenzsystemen. Ingenieur<br />

bleibt ein Beruf mit vielen Vorteilen, auch<br />

in wirtschaftlich schlechten Zeiten. „Selbst<br />

inder Finanzkrise sind alle meine Kommilitonen<br />

am Ende irgendwo untergekommen“,<br />

sagt Lorenz.<br />

Mit beeindruckenden Zahlen werben<br />

die großen Arbeitgeberverbände in ihrem<br />

MINT-Report aus dem Frühjahr (MINT<br />

steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften,<br />

Technik), den das Institut<br />

der deutschen Wirtschaft in Köln herausgibt.<br />

Ingenieur zu werden lohnt sich demnach,<br />

zumindest wenn es um Jobsicherheit<br />

und Gehalt geht. Nur Mediziner verdienen<br />

besser. Wer an einer Fachhochschule<br />

Elektrotechnik oder Wirtschaftsingenieurwesen<br />

studiert hat, steigt im Schnitt gar<br />

mit 44 400 Euro beziehungsweise 42 650<br />

Euro ein. Das sind 6000 Euro mehr als FH-<br />

Absolventen im Schnitt verdienen.<br />

Gute Jobs, aber trotzdem zu wenig Interesse<br />

unter jungen Menschen? Organisationen<br />

wie der Verein Deutscher Ingenieure<br />

(VDI) klagen immer wieder über Ingenieurmangel.<br />

Der Bundesagentur für Arbeit<br />

(BA) zufolge waren im Mai 21 061 Ingenieure<br />

als arbeitssuchend gemeldet – bei<br />

11 646 freien Stellen. Unternehmer suchen<br />

vor allem Elektroingenieure und Maschinenbauer.<br />

Kritiker wie der Ökonom Karl<br />

Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW) wirft den Verbänden<br />

vor, in Sachen Fachkräftemangel zu<br />

Sozialer Aufstieg: 72 Prozent<br />

der Ingenieure kommen aus<br />

Nicht-Akademiker-Familien<br />

übertreiben: Viele Ingenieurstellen würden<br />

intern vermittelt, diese Erfolge fehlten<br />

in den Statistiken der BA. Das angebliche<br />

Kalkül der Arbeitgeber: Sie gierten nach<br />

möglichst vielen qualifizierten Hochschulabgängern,<br />

weil ein Überangebot die Löhne<br />

drücke. Allerdings sagt auch Lutz Lorenz:<br />

„Ingenieurmangel gibt es definitiv.<br />

Manche Bereiche suchen händeringend.“<br />

Ein vielversprechendes Studium also,<br />

aber kein elitäres. Ein Ingenieurstudiengang<br />

bedeutet für viele sozialen Aufstieg:<br />

Der MINT-Report zeigt, dass 72 Prozent aller<br />

im Ingenieurberuf tätigen Akademiker<br />

aus einem Elternhaus ohne Abitur kommen:<br />

„Damit ist der Ingenieurberuf der<br />

Top-Beruf für soziale Aufsteiger und steht<br />

prototypisch für sozialen Aufstieg durch<br />

Bildung, da Aufstiegschancen hier am wenigsten<br />

vom elterlichen Bildungshintergrund<br />

abhängig sind“, heißt es weiter. Allerdings<br />

ergab eine Umfrage der Uni Konstanz<br />

unter Studenten im Auftrag des Bildungsministeriums,<br />

dass es innerhalb der<br />

Ingenieurwissenschaften eine Polarisierung<br />

gibt: Studenten aus bildungsfernen<br />

Familien konzentrieren sich zahlenmäßig<br />

auf Fachhochschulen, Bürgerkinder eher<br />

auf den Universitäten.<br />

Technische Fähigkeiten allein reichen<br />

heutzutage allerdings nicht aus. Der Diplomingenieur<br />

Heinz Leymann leitet<br />

Ifkom, den Bundesverband der Kommunikationsingenieure.<br />

Er wünscht sich mehr<br />

Management- und Marketingwissen bei<br />

angehenden Studenten. „Defizite gibt es<br />

bei der Präsentation, bei der Selbstvermarktung.“<br />

Allerdings stellte Leymann<br />

vor Kurzem bei einer Preisverleihung für<br />

studentische Projekte fest, dass der Nachwuchs<br />

Fortschritte macht: „Ich habe 1979<br />

fertig studiert, damals hätte ich die Präsentation<br />

bestimmt nicht so gut hinbekommen<br />

wie die Studenten heute.“<br />

Die Branche pflegt ihre älteren<br />

Mitarbeiter, sie braucht und<br />

schätzt deren Fachkompetenz<br />

Wie angelt man sich einen Ingenieur? Unternehmen beklagen nach wie vor, dass es zu wenige Absolventen gibt. Eine Folge:<br />

Der Anteil an älteren berufstätigen Ingenieuren steigt. Man kann auf deren Erfahrung nicht verzichten. FOTO: MAURITIUS IMAGES<br />

Im Studium heißt es vor allem: Durchhalten.<br />

In Fächern wie Elektrotechnik oder<br />

Maschinenbau sind die Abbrecherquoten<br />

so hoch, dass Thomas Sattelberger, ehemaliger<br />

Telekom-Vorstand und Vorsitzender<br />

der MINT-Initiative der deutschen Wirtschaft,<br />

sie im Frühling als „Schande für unser<br />

Land“ bezeichnete. Er findet, an den<br />

Universitäten herrsche „eine sozialdarwinistische<br />

und elitäre Selektion“.<br />

Wohl dem, der das Studium durchhält.<br />

Denn was die Berufe auch langfristig attraktiv<br />

macht, ist die Wertschätzung älterer<br />

Ingenieure. Gerade erst hat eine Umfrage<br />

des DGB gezeigt, dass viele Arbeitnehmer<br />

Angst haben, die längere Lebensarbeitszeit<br />

wegen der Rente bis 67 nicht<br />

durchzuhalten. Ingenieure aber werden,<br />

zumindest im Normalfall nicht, wie Arbeitnehmer<br />

in anderen Jobs, „entsorgt“. Im Gegenteil<br />

halten Firmen sie bewusst wegen<br />

ihrer Erfahrung, zum Beispiel im Projektmanagement.<br />

Im MINT-Report heißt es:<br />

„In keinem anderen Alterssegment ist die<br />

Erwerbstätigkeit so stark gestiegen wie bei<br />

den über 55-Jährigen.“ Im Vergleich mit<br />

dem Jahr 2005 arbeiteten 2010 eine halbe<br />

Million Menschen mehr über 55 Jahre in<br />

MINT-Berufen. Auch der junge Maschinenbauer<br />

Lorenz hat in seinen zwei Jahren im<br />

Job gelernt: „Nichts steigert den Marktwert<br />

so wie Berufserfahrung.“<br />

Dass der Fachkräftemangel in Deutschland<br />

abnimmt, ergab auch eine Umfrage<br />

des Personaldienstleisters Manpower<br />

Group zum Fachkräftemangel. Im technischen<br />

Bereich gaben 2013 nur noch 35 Prozent<br />

der befragten Unternehmen an, Probleme<br />

zu haben, Fachkräfte zu finden –<br />

nach 40 beziehungsweise 42 Prozent in<br />

den Jahren zuvor. Im Vergleich mit anderen<br />

Industrie- und Schwellenländern liegt<br />

Deutschland im Mittelfeld: In Indien mühen<br />

sich 61 Prozent der Unternehmen, qualifizierte<br />

Angestellte zu finden, in Italien<br />

nur 17 Prozent. Allerdings mangelt es nicht<br />

nur, wie oft beschworen, an Ingenieuren:<br />

Auf Platz eins der gefragten Arbeitskräfte<br />

stehen Facharbeiter.<br />

Rosig sieht es für angehende Ingenieure<br />

aber nur aus, wenn sie sich als Studenten<br />

früh spezialisieren, sagt Lutz Lorenz. Mal<br />

eine Vorlesung zu einem Thema besucht<br />

zu haben, reiche bei Weitem nicht. Wer<br />

sich dagegen wirklich gut mit gefragten<br />

Techniken wie der Entwicklung von Batterie-<br />

oder Elektroantrieben auskenne, für<br />

den gelte: „Es ist eine gute Zeit. Als Ingenieur<br />

braucht man sich um seinen Arbeitsplatz<br />

eigentlich keine Sorgen machen.“<br />

Länger im Beruf<br />

Anzahl der festangestellten und freiberuflichen<br />

Ingenieure, die älter als 50 sind<br />

197 000 206 000 220 000 234 000 250 000 253 000<br />

2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

SZ-Grafik; Quelle: VDI<br />

Akademische Bildungsaufsteiger<br />

nach Berufsgruppen, Im Durchschnitt (2001 – 2011)<br />

Ingenieure<br />

Sonstige MINT-Berufe<br />

Wirtschaftswissenschaftler und<br />

administrativ entscheidende Berufe<br />

Lehrberufe<br />

Geistes-, Sozialwissenschaftler<br />

und Künstler<br />

Mediziner<br />

Juristen<br />

72%<br />

69<br />

66<br />

66<br />

64<br />

50<br />

43<br />

SZ-Grafik; IDW auf Basis des SOEP<br />

INHALT<br />

Am Start<br />

Fünf junge Ingenieure erzählen<br />

von ihren Erfahrungen<br />

und Erwartungen V2/15<br />

Antikörper aus dem Apparat<br />

Life Science Engineering schlägt die<br />

Brücke zwischen Biologie<br />

und Technik V2/16<br />

Erfinder und Verkäufer<br />

Vertriebsingenieure<br />

verstehen die Technik<br />

und den Kunden V2/17<br />

Große<br />

Lücke<br />

In Bayern fehlt es am Bau<br />

zunehmend an Ingenieuren<br />

Der Ingenieurmangel am Bau verschärft<br />

sich. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle<br />

Konjunkturumfrage der Bayerischen<br />

Ingenieurekammer-Bau. Während<br />

vor fünf Jahren noch etwa 35 Prozent<br />

der Planungsbüros Schwierigkeiten<br />

hatten, offene Stellen zu besetzen, sind<br />

es nun fast doppelt so viele, nämlich 63<br />

Prozent. „Der Beruf des Ingenieurs im<br />

Bauwesen muss wieder attraktiver werden.<br />

Ingenieure planen, bauen und erhalten<br />

unsere moderne Infrastruktur“, sagt<br />

Heinrich Schroeter, der Präsident der<br />

Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.<br />

Für die offenen Stellen werden vor allem<br />

Diplom-Ingenieure mit Fachhochschulabschluss<br />

(78,8 Prozent, im Vorjahr<br />

waren es 75 Prozent) gesucht. Aber auch<br />

Ingenieure mit Master-Abschluss (60,9<br />

Prozent, im Vorjahr 37,1 Prozent) und Bachelor-Abschluss<br />

(47,4 Prozent, im Vorjahr<br />

37,1 Prozent) werden deutlich häufiger<br />

als vor einem Jahr nachgefragt. Mit<br />

60,9 Prozent übertrifft die Nachfrage<br />

nach Master-Absolventen dabei erstmals<br />

die Nachfrage nach Diplom-Ingenieuren<br />

mit Universitätsabschluss (53,2<br />

Prozent). Die Nachfrage nach freien Mitarbeitern<br />

ist aber deutlich gesunken.<br />

Verbessert hat sich die Auftragslage<br />

der bayerischen Planungsbüros. Im Vergleich<br />

zum Vorjahr ist das Auftragsvolumen<br />

bei 38,7 Prozent der Befragten gestiegen,<br />

bei 42,5 Prozent gleich geblieben<br />

und bei 18,7 Prozent gesunken. 32,4<br />

Prozent der Befragten erwarten zudem,<br />

dass sich die Auftragslage verbessert.<br />

Potenzial gibt es bei Auslandsaufträgen:<br />

Fast drei Viertel der Befragten gaben<br />

an, keine Auslandsaufträge zu haben.<br />

Dies entspricht jedoch der Struktur<br />

der Ingenieurbüros in Bayern, die oft<br />

nur wenige oder keine Angestellten haben<br />

und örtlich tätig sind.<br />

Die Wertschöpfung generell ist groß:<br />

Die 97 000 Ingenieurbüros in Deutschland<br />

verzeichnen mehr als 41 Milliarden<br />

Euro Umsatz. Die 17 000 bayerischen Ingenieurbüros<br />

erwirtschaften mit 8,3 Milliarden<br />

Euro etwa ein Fünftel des bundesweiten<br />

Umsatzes. Mit 40 000 Arbeitsplätzen<br />

verzeichnen sie die höchste<br />

Beschäftigung in technologieorientierten<br />

wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen<br />

in Bayern.<br />

SZ<br />

EXPERTEN<br />

RICHTIG GUT FINDEN<br />

Deshalb finden wir für Experten die richtig guten Projekte<br />

oder Stellen. Und für Unternehmen die richtig guten Experten.<br />

hays.de/engineering<br />

Der Experte arbeitet mit einem Laser der Klasse 2.


Samstag/Sonntag, 29./30. Juni 2013, Nr. 148 EINE BEILAGE DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG INGENIEURBERUFE V2/15<br />

Am Start Ob in der Arzneimittelproduktion, bei der Herstellung von Kunststoffgranulat oder in der Zertifizierung von Windkraftanlagen:<br />

Junge Ingenieure bekommen von Anfang an viel Verantwortung. Fünf Berufsanfänger erzählen von ihren Erfahrungen<br />

Etwas selbst planen<br />

Etwas Handfestes<br />

Valerie Roux, 29, Verfahrensingenieurin<br />

bei F. Hoffmann-La Roche<br />

„Ich bin eigentlich gelernte Augenoptikerin.<br />

Als ich gemerkt habe, dass das nicht<br />

das Richtige für mich ist, fiel die Entscheidung<br />

für ein Biotechnologie-Studium.<br />

Nach dem Bachelor folgte noch der Master<br />

in Verfahrenstechnik. Das Pflichtpraktikum<br />

habe ich dann bei Roche in Basel absolviert.<br />

Beim Berufseinstieg waren die Beziehungen,<br />

die ich während dieser drei Monate<br />

geknüpft habe, viel wert: Eine offene<br />

Stelle bei Roche habe ich direkt bekommen.<br />

Seit fast einem Jahr bin ich jetzt im<br />

Bereich Engineering für die Arzneimittelproduktion<br />

tätig. Wenn in der Herstellung<br />

eine Anlage umgebaut oder optimiert werden<br />

muss, plane ich, wie man das am besten<br />

lösen kann. Dabei müssen Termine eingehalten<br />

werden, und zu einem gewissen<br />

Zeitpunkt soll ja auch die Produktion wieder<br />

laufen. Neben Organisationstalent<br />

braucht es dafür auch technisches Knowhow.<br />

Bei den Anlagen handelt es sich beispielsweise<br />

um Pumpen, Wärmetauscher<br />

oder um Apparate, in denen Reaktionen<br />

stattfinden. Es ist dann schon von Vorteil,<br />

wenn man die chemischen Prozesse kennt.<br />

Bei meinem ersten Projekt musste ich eine<br />

Anlage anpassen, in der mehrere Substanzen<br />

vermischt wurden. Verschiedene Messmöglichkeiten,<br />

wie zum Beispiel die Temperaturmessung,<br />

sollten optimiert werden.<br />

Das habe ich mit den Chemikern und<br />

den Produktionsverantwortlichen besprochen.<br />

Kommunikation ist hier ganz wichtig.<br />

Interessant wäre für mich aber auch,<br />

einmal für eine ganz neue Anlage verantwortlich<br />

zu sein. Bisher arbeite ich ja nur<br />

mit bestehenden Apparaten. Von null anzufangen<br />

und alles selbst zu planen – das wäre<br />

spannend.“<br />

Am Anfang ihrer Laufbahn: Fünf junge Ingenieurinnen und Ingenieure erzählen, wie sie ihren ersten Job gefunden haben, was sie an ihrer Arbeit mögen und warum<br />

sie sich für ein Ingenieurstudium entschieden haben.<br />

FOTOS: DPA, OH<br />

Stephanie Walter, 25, Berechnungsingenieurin<br />

bei MAN Diesel & Turbo<br />

„Reines Auswendiglernen war noch nie<br />

meinDing – das habe ich schon in der Schule<br />

gemerkt. Mehr Spaß hat mir das Rechnen<br />

gemacht: Mathe und Physik waren<br />

meine Fächer. Deshalb wollte ich auf jeden<br />

Fall nach dem Abitur etwas Technisches<br />

studieren. Ich habe mich dann für ein duales<br />

Maschinenbaustudium entschieden<br />

und bei Eon Ruhrgas den praktischen Teil<br />

absolviert. Danach folgte der Master. Der<br />

Einstieg in den Arbeitsmarkt lief dann<br />

ziemlich reibungslos ab: Das Vorstellungsgespräch<br />

bei MAN Diesel & Turbo in Oberhausen<br />

hatte ich schon, als ich nicht mal<br />

mit dem Studium fertig war. Seit Anfang<br />

April bin ich jetzt in der Konstruktionsabteilung<br />

für Schraubenkompressoren tätig.<br />

Diese Maschinen werden zur Verdichtung<br />

von Gasen benutzt und an vielen Stellen in<br />

der Industrie gebraucht. Wenn ein Unternehmen<br />

so einen Schraubenkompressor<br />

bei uns bestellt, teilt es uns seine Anforderungen<br />

an das Gerät mit. Wir prüfen dann<br />

die technische Machbarkeit und leisten die<br />

Planung. Für mich als Einsteiger ist das<br />

schon eine Herausforderung im Vergleich<br />

zu Leuten mit jahrelanger Berufserfahrung.<br />

Man braucht viel mathematischtechnisches<br />

Verständnis und muss sich<br />

überlegen, welche Auswirkungen es hat,<br />

wenn man in der Auslegung etwas verändert.<br />

Wenn ich dann für den Kunden ein Angebot<br />

ausgearbeitet habe und die Kollegen<br />

damit zufrieden sind, freut mich das schon<br />

sehr. Am besten ist es aber, wenn ein Angebot<br />

zum Auftrag wird und die fertige Maschine<br />

irgendwann in der Halle steht.<br />

Dann merkt man, dass man nicht nur konstruiert,<br />

sondern dass auch etwas Handfestes<br />

dabei herauskommt.“<br />

Sicherheit, Perspektive, Herausforderung<br />

Pawel Kusiak, 29, Elektrotechnik-<br />

Ingenieur bei SIM Automation<br />

„Den Einstieg in den Beruf habe ich mir<br />

wirklich einfacher vorgestellt. Nach dem<br />

Abitur fiel meine Entscheidung für ein<br />

Ingenieurstudium, weil bekanntlich so<br />

viele Ingenieure gesucht werden und ich<br />

schon immer gut in Mathematik war. Aber<br />

als ich im Januar endlich mein Diplom in<br />

Elektrotechnik in der Tasche hatte, hat<br />

sich das auf dem Arbeitsmarkt nicht wirklich<br />

widergespiegelt. Ich wohne in Hamburg<br />

und wäre gerne hier in der Region<br />

geblieben. Aber in Norddeutschland<br />

wurden für meinen Studienschwerpunkt<br />

Automatisierungstechnik kaum Jobs für<br />

Hochschulabsolventen angeboten. Die gab<br />

es eher in Süddeutschland. Also musste ich<br />

ein paar Absagen einstecken und meinen<br />

Suchradius ausdehnen. Am Ende hat es<br />

Jasmin Krickau, 24, Planungsingenieurin<br />

bei Celanese<br />

„Schon als Kind habe ich mich für Technik<br />

interessiert und mit Elektronikbausätzen<br />

und Lego gespielt. Als ich dann in der<br />

Schule gemerkt habe, dass mir Physik und<br />

andere naturwissenschaftliche Fächer<br />

Spaß machen, war für mich klar: Ich will<br />

auch in Zukunft in diese Richtung gehen.<br />

Deshalb habe ich nach dem Realschulabschluss<br />

eine Ausbildung zur Elektronikerin<br />

für Automatisierungstechnik gemacht.<br />

Dabei richtet man rechnergesteuerte<br />

Industrieanlagen ein und testet sie auch.<br />

Weil ich mich aber noch weiterentwickeln<br />

wollte, habe ich berufsbegleitend das<br />

Abitur nachgeholt und einen Bachelor in<br />

Energie- und Automatisierungstechnik<br />

draufgesattelt. Nach meinem Abschluss<br />

war ich acht Monate als Freiberuflerin<br />

Oliver Gier, 27, Maschinenbauingenieur<br />

bei Brunel<br />

„Ich komme aus einer Ingenieurfamilie.<br />

Mein Vater und mein Großvater sind Maschinenbauer,<br />

meine Mutter technische<br />

Zeichnerin. Irgendwie liegt mir das also im<br />

Blut. Nach der Schule habe ich eine Berufsausbildung<br />

zum Werkzeugmechaniker gemacht<br />

und später noch ein Maschinenbaustudium<br />

an der Fachhochschule draufgesetzt.<br />

Mein Schwerpunkt lag auf Konstruktion<br />

und Strömungsmaschinen. Das sind<br />

beispielsweise Pumpen, Turbinen und<br />

Windkraftanlagen. In meiner Bachelorarbeit<br />

habe ich mich dann damit beschäftigt,<br />

wie Qualitätsmanagement in der Windindustrie<br />

aussehen soll und was man dafür<br />

aus dem Automobilsektor übernehmen<br />

könnte. Diese Arbeit habe ich bei einem Ingenieurdienstleister,<br />

der Brunel GmbH,<br />

aber doch noch geklappt. Im August fange<br />

ich beim Sondermaschinenbauer SIM<br />

Automation in der Nähe von Göttingen an.<br />

Dazu muss ich zwar umziehen, aber ich bin<br />

mir sicher, dass das die richtige Entscheidung<br />

ist. Bei SIM Automation werde ich<br />

unter anderem Steuerungen für Maschinen<br />

und Touchscreens programmieren.<br />

tätig. Diese Auftragsarbeit hat mir aber<br />

wenig Spaß gemacht, weil ich mein Wissen<br />

und meine Erfahrungen kaum einbringen<br />

konnte. Als ich hörte, dass bei Celanese<br />

eine Stelle frei wird, habe ich mich sofort<br />

beworben. Das Unternehmen stellt<br />

Chemieprodukte und Spezialmaterialien<br />

für die Industrie her. Hier am Standort<br />

Zahlen, Berechnungen und Genauigkeit<br />

Die Herausforderung ist, dass jeder Kunde<br />

eine andere Anlage bestellt und jede<br />

Maschine ein ganz neues Projekt ist. Das<br />

war mir wichtig, weil es so nie langweilig<br />

wird. Im Bewerbungsgespräch habe ich<br />

mich aber auch danach erkundigt, wie die<br />

Firma durch die Krise gekommen ist.<br />

Sicherheit ist für mich ein entscheidender<br />

Punkt. Bei SIM Automation schien das<br />

solide zu sein, es wurde niemand entlassen.<br />

An der Arbeit dort reizt mich außerdem,<br />

dass von der Entwicklung bis zur Produktion<br />

alles an einem Ort ist. Man kann also<br />

gleich die Erfolge sehen und sitzt nicht<br />

nur im Büro. Am Anfang muss ich mich sicherlich<br />

erst einmal einarbeiten und in der<br />

Firma Fuß fassen. Aber später, wenn ich<br />

mehr Erfahrung und Sicherheit habe,<br />

würde ich gern Führungsverantwortung<br />

und die Leitung von Projekten übernehmen.“<br />

Fachwissen, Kommunikation und Teamarbeit<br />

Höchst ist das Chemieunternehmen Celanese<br />

einer der größten Arbeitgeber. Das<br />

war für mich wichtig, weil ich aus der Region<br />

komme und gerne hier bleiben wollte.<br />

Bei Celanese bin ich seit Oktober vergangenen<br />

Jahres dafür zuständig, den Umbau<br />

und die Optimierung von Anlagen zu<br />

koordinieren, die ein besonderes Kunststoffgranulat<br />

herstellen. Die Planung ist<br />

aufwendig: Ich muss Bauteile und Dienstleistungen<br />

bestellen und dafür sorgen,<br />

dass alles im zeitlichen Rahmen bleibt.<br />

Dazu braucht man viel Fachwissen, aber<br />

auch die Kommunikation mit den Kollegen<br />

ist wichtig. In unserem dreißigköpfigen<br />

Projektteam bin ich eine von nur<br />

drei Frauen. Das macht mir aber nichts aus<br />

– mit Männern komme ich gut klar. Am<br />

meisten Spaß macht die Arbeit, wenn die<br />

Maschine nach dem Umbau wieder anläuft<br />

und alles funktioniert.“<br />

geschrieben und bin seit März 2013 dort angestellt.<br />

Momentan werde ich einer Zertifizierungsstelle<br />

eingesetzt, die unter anderem<br />

Kleinwindanlagen überprüft und das<br />

CE-Kennzeichen vergibt. Dabei müssen<br />

die Konstruktionsunterlagen, die Montageanleitung<br />

und die Gebrauchsanweisung<br />

der Anlagen untersucht und auf ihre Übereinstimmung<br />

mit bestimmten Normen untersucht<br />

werden. Da sollte man schon sehr<br />

sorgfältig und kleinlich sein. Mir macht es<br />

aber Spaß, ganz genau zu erarbeiten, was<br />

die wesentlichen Punkte einer Norm sind.<br />

Um herauszufinden, ob das Gerät die Anforderungen<br />

erfüllt, überprüfe ich die Berechnungsmodelle<br />

der Hersteller wie ein<br />

Lehrer die Hausaufgaben seiner Schüler.<br />

Meine Arbeit ist ein gutes Sprungbrett:<br />

Wer schon einmal in einer Zertifizierungsstelle<br />

gearbeitet hat, wird in der Industrie<br />

mit offenen Armen empfangen. Man lernt<br />

schließlich viele Unternehmen kennen<br />

und bekommt mit, wie dort gearbeitet<br />

wird. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen,<br />

später auch im Qualitätsmanagement<br />

in der Automobilbranche tätig zu sein und<br />

dort meine Kenntnisse anzuwenden.“<br />

PROTOKOLLE: MARIA FIEDLER<br />

Gesucht: Technik-Profis,<br />

die auch den Kunden verstehen.<br />

Rohde & Schwarz zählt dank seines umfassenden Know-hows sowie der Innovationskraft und des außerordentlichen<br />

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Funktechnik oder digitales Fernsehen und sind in über 70 Ländern der Welt aktiv. Wir schätzen Persönlichkeiten, die den<br />

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Kommen Sie in unser Team und verstärken uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als<br />

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für den Bereich Messtechnik (Region GUS) 50085135<br />

für den Bereich Testlösungen Aerospace & Defense (Europa) 50039829<br />

Manager (m/w)<br />

für den Bereich Wireless Components 50045913<br />

für den Bereich Wireless Communication Cellular 50105636<br />

Applikationsingenieur (m/w)<br />

für den Bereich Netzwerkanalyse 50108859<br />

für OTA und EMC 50102291<br />

für HF-ATE-Systeme 50095625<br />

für den Bereich Mobilfunkmesstechnik (Region Asia-Pacific) 50043329<br />

für den Bereich Oszilloskope 50067259<br />

für den Bereich Mobilfunkmesstechnik 50071154<br />

www.career.rohde-schwarz.com.


N o 02/13 -------------- jetzt.de<br />

EIN HEFT ÜBER DIE EMOTIONALE SEITE DES STUDIUMS.<br />

Von Christine Demmer<br />

Yaser Mansuroglu aus Wiesbaden<br />

spricht mehrere Sprachen, er hat den<br />

deutschen und den türkischen Pass und<br />

seit vergangenem Sommer sein Abitur in<br />

der Tasche. Noch sucht er nach dem richtigen<br />

Studienfach, eine Idee hat er aber<br />

schon. „Mein Vater ist Verfahrensingenieur,<br />

deshalb bin ich sozusagen erblich<br />

vorbelastet“, erklärt der 19-Jährige. „Da<br />

mich die Richtung sehr interessiert, und<br />

ich gerade für einige Monate in England<br />

bin, habe ich mich auch hier nach den Bedingungen<br />

für ein Ingenieurstudium erkundigt.“<br />

Mit diesem Vorsatz steht der junge<br />

Mann ziemlich allein auf weiter Flur.<br />

Denn obwohl ausländische Hochschulen<br />

bei deutschen Studenten immer beliebter<br />

werden, bleiben angehende Ingenieure<br />

lieber zu Hause. Von den 24 000 im Wintersemester<br />

2010/11 in Österreich eingeschriebenen<br />

deutschen Studenten – nach<br />

den Niederlanden das zweitbeliebteste<br />

Studienland im Ausland – entschieden<br />

sich nur 8,6 Prozent für die Ingenieurwissenschaften.<br />

In Großbritannien studierten<br />

9,8 Prozent das eine oder andere Engineering-Fach,<br />

in den USA so wenige,<br />

dass ihr Anteil überhaupt nicht vom Statistischen<br />

Bundesamt aufgeführt wird.<br />

Allein Schweden lockt Ingenieurstudenten<br />

an: Immerhin einer von sechs deutschen<br />

Studenten im Land der Elche will<br />

Ingenieur werden.<br />

Auslandserfahrung wird<br />

für den Berufseinstieg<br />

immer wichtiger . . .<br />

Insgesamt waren 2008 quer durch alle<br />

Studiengänge 103 000 Studenten an ausländischen<br />

Universitäten unterwegs –<br />

Tendenz steigend. Denn Auslandserfahrung<br />

wird für den Berufseinstieg immer<br />

wichtiger, weil große deutsche Mittelständler<br />

und internationale Konzerne<br />

mittlerweile Niederlassungen in der ganzen<br />

Welt haben. Zudem ist Englisch nicht<br />

nur die Weltwirtschaftssprache, sondern<br />

auch die Welttechniksprache.<br />

Für viele Ingenieurstudiengänge gibt<br />

es integrierte Auslandsabschnitte. Alternativ<br />

kann man selbst die Initiative ergreifen<br />

und sich bei einer Hochschule seiner<br />

Wahl bewerben. Die Anrechnung der<br />

an der Gastuniversität erbrachten Leistungen<br />

ist seit der Bologna-Reform kein<br />

großes Problem mehr: Mit der Einführung<br />

von thematischen Modulen und<br />

ECTS-Credits werden die Leistungen<br />

der Hochschulen vergleichbar. Die aufreibende<br />

Diskussion um die Anerkennung<br />

der Kurse ist weggefallen, nur noch der<br />

Leistungsaufwand zählt. Wo er erbracht<br />

wurde, spielt keine Rolle mehr.<br />

Für Bachelor-Studenten wird es aufgrund<br />

der Kürze der Studiengänge allerdings<br />

schwierig, länger als ein Semester<br />

im Ausland zu studieren. Hingegen bietet<br />

sich das anschließende Master-Studium<br />

geradezu für eine Auslandsstation an.<br />

Auch 2011 wurde Tognum wieder als<br />

„Top Arbeitgeber für Ingenieure“ ausgezeichnet –<br />

und punktete vor allem in den Kategorien ...<br />

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Hin und weg<br />

Auslandssemester. Bei einem<br />

ein- oder zweisemestrigen Studienaufenthalt<br />

werden drei bis vier<br />

Kurse je Semester belegt. Am<br />

Ende erhält man eine Notenübersicht<br />

(Transcript). Wer ein Semester<br />

mit einem Praktikum kombinieren<br />

möchte, bewirbt sich um ein<br />

Study Abroad & Internship-Semester.<br />

Undergraduate Studies. Der<br />

Bachelor of Science dauert an<br />

einer ausländischen Hochschule<br />

drei bis vier Jahre. Er berechtigt<br />

zum weiterführenden Studium<br />

(Postgraduate Studies). Wer bereits<br />

ein bis zwei Jahre an einer<br />

deutschen Hochschule eingeschrieben<br />

ist, kann seinen Bachelor<br />

auch an einer ausländischen<br />

Uni fortsetzen und abschließen<br />

(Transfer Bachelor). Die Studienzeit<br />

im Ausland muss aber wenigstens<br />

die Hälfte der gesamten Studienzeit<br />

betragen.<br />

Postgraduate Studies. Aufbauend<br />

auf dem ersten Hochschulabschluss<br />

lässt sich das Studium in<br />

einem bis zwei Jahren bis zur<br />

Masterarbeit fachlich vertiefen.<br />

Für Nicht-Ingenieure ist es nahezu<br />

unmöglich, zu einem Master of<br />

Engineering-Programm zugelassen<br />

zu werden. Daran anschließen<br />

lässt sich der Doctor of Philosophy<br />

(PhD). Dieser wissenschaftliche<br />

Forschungsabschluss dauert<br />

in der Regel drei bis vier Jahre.<br />

Fernstudium. Internationale<br />

Engineering-Masterprogramme<br />

auf Englisch gibt es auch im Fernstudium.<br />

Hier bleibt allerdings das<br />

Kennenlernen von Land & Leuten<br />

auf der Strecke.<br />

cde<br />

Die Aufträge kommen von Airbus und<br />

Boeing. Die beiden führenden Flugzeug-<br />

Hersteller kaufen sich immer wieder extern<br />

Ingenieurwissen ein, um Prestigeprojekte<br />

wie den A380 zu bauen. Doch so einfach<br />

ist das nicht. Denn den Dienstleistern<br />

fehlen die Fachkräfte. „Der Schuh<br />

drückt jetzt schon“, klagt Tobias Geißinger<br />

vom Aachener Ingenieurdienstleister<br />

P3. „Wir können nicht mehr alle Anfragen<br />

bedienen, weil wir die richtigen Leute<br />

dafür nicht bekommen.“ Geißinger ist<br />

in der Geschäftsleitung der P3-Tochter<br />

Digital Services, die 400 Mitarbeiter hat<br />

und auf Entwicklungen in der Luftfahrt<br />

spezialisiert ist. Airbus ist hier seit Jahren<br />

wichtigster Kunde. Die P3-Leute<br />

sind stolz darauf, Teile und das Design<br />

vieler Flugzeuge mitentwickelt zu haben.<br />

Doch der Mangel an Fachkräften<br />

bremst das Unternehmen: „Würden wir<br />

immer die passenden Leute kriegen,<br />

könnten wir doppelt so schnell wachsen.“<br />

P3 ist nur ein Beispiel von vielen. Denn<br />

die Lage wird immer schwieriger. Positionen<br />

seien immer länger offen und Firmen<br />

hätten weniger Bewerber zur Auswahl,<br />

sagt etwa Ralf Holtzwart, der für Bayern<br />

zuständige Regionaldirektor bei der Bundesagentur<br />

für Arbeit. Die demographische<br />

Entwicklung verschärft den<br />

Trend noch. Einer Prognos-Studie im<br />

Auftrag der Vereinigung der Bayerischen<br />

Wirtschaft (vbw) zufolge werden<br />

2015 deutschlandweit drei Millionen<br />

Fachkräfte fehlen, davon mehr als<br />

500 000 im Freistaat, wo viele Großkonzerne<br />

zu Hause sind. Betroffen sind diverse<br />

Wirtschaftszweige: Am stärksten wird<br />

es den Maschinenbau, die Elektrotechnik<br />

sowie die Chemie- und Fahrzeugbranche<br />

treffen.<br />

Aber was kann getan werden? Das Allheilmittel<br />

gibt es nicht, betonen alle Experten,<br />

meist wird gleich ein ganzer Maßnahmenkatalog<br />

aufgezählt: mehr Frauen<br />

im Job halten, Ältere besser einbinden,<br />

<strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 41 | Samstag/Sonntag, 18./19. Februar 2012 | Seite V2/10<br />

Die Zeit in der Fremde erschließt nicht<br />

nur neue fachliche Horizonte, sondern bereichert<br />

auch die Persönlichkeit. Und öffnet<br />

gerade Ingenieuren beachtliche Karriereperspektiven<br />

– eben weil so wenige<br />

von ihnen diesen Schritt wagen.<br />

Luftfahrtingenieur Marc Sachon liefert<br />

dafür ein gutes Beispiel. „Mir wurde<br />

an der Uni Stuttgart angeboten zu promovieren,<br />

aber mich drängte es ins Ausland“,<br />

erzählt der Mittvierziger. Nach<br />

Stationen bei IBM und in einer Unternehmensberatung<br />

absolvierte er ein MBA-<br />

Studium an der IESE in Barcelona. „Ich<br />

wollte neben Englisch noch eine weitere<br />

Fremdsprache lernen“, nennt er als Motiv.<br />

Den Doktor in Industrial Engineering<br />

machte Sachon dann an der amerikanischen<br />

Stanford University, und seither<br />

ist er nicht mehr in Deutschland, sondern<br />

in der internationalen Wissenschaft zu<br />

Hause. Derzeit unterrichtet Sachon als<br />

Professor für Produktion, Technologie<br />

und Operations Management an der spanischen<br />

Business School, der er seinen<br />

MBA verdankt. Er versichert: „Deutsche<br />

Ingenieure, die im Ausland studiert haben,<br />

werden vom Fleck weg engagiert, zu<br />

Gehältern ab 150 000 Euro aufwärts. Die<br />

können zu jedem namhaften Autohersteller<br />

gehen, zu internationalen Beratungsgesellschaften,<br />

zu einer Investmentbank,<br />

wohin auch immer. Denen stehen alle Türen<br />

offen.“<br />

Aus zwei Gründen seien die Einkommen<br />

und Karriereaussichten so glänzend,<br />

fügt Sachon hinzu. Zum einen bekämen<br />

Ingenieure eine vorzügliche Grundlagenausbildung<br />

in Deutschland, die werde<br />

in aller Welt geschätzt. Zum anderen<br />

suche die Wirtschaft immer heftiger nach<br />

fachlich und interkulturell bewanderten<br />

Ingenieuren, und die seien schlicht Mangelware.<br />

So sei es auch bei ihm gewesen.<br />

„Nur ganz wenige Kommilitonen waren<br />

die Wochenarbeitszeit verlängern, das<br />

Rentenalter anheben, mehr Zuwanderung<br />

zulassen und mehr in Bildung investieren.<br />

Insgesamt wird es für gut ausgebildete<br />

Fachkräfte immer leichter. „Die Verhandlungsposition<br />

der Bewerber hat sich<br />

in den letzten Jahren schon wesentlich<br />

verbessert. Das spürt man“, sagt Geißinger.<br />

Die Geldforderungen fielen immer<br />

höher aus. Einstiegsgehälter von 50 000<br />

Euro im Jahr seien bei Ingenieuren keine<br />

Seltenheit mehr.<br />

So versuchen viele Konzerne, Talente<br />

aus dem Ausland anzulocken. Doch der<br />

Teufel steckt dabei im Detail, vor allem<br />

außerhalb der EU wird die Bürokratie<br />

schnell zum Feind. Die Ausbildung sei zudem<br />

in Indien und China völlig anders,<br />

Außerhalb der EU<br />

wird die Bürokratie<br />

schnell zum Feind<br />

viel mehr von Hierarchien und Auswendiglernen<br />

geprägt. „Unsere Leute haben<br />

schon mehr drauf“, sagt Geißinger. „Wir<br />

suchen Mitarbeiter, die erfinderisch sind,<br />

Probleme zu lösen. Diese Kompetenz zu<br />

kriegen, ist schwierig.“ Bundesagentur-<br />

Regionaldirektor Holtzwart ergänzt, es<br />

müssten kulturelle Hemmnisse abgebaut<br />

werden. Denn noch steht Deutschland<br />

nicht hoch im Kurs. Selbst wenn die Netto-Zuwanderung<br />

auf 100 000 Menschen<br />

im Jahr anzöge, würde sich der Fachkräftemangel<br />

zuspitzen, sagt Holtzwart.<br />

„Derzeit haben wir es aber mit einer Netto-Abwanderung<br />

zu tun.“<br />

Zumindest würden Deutsch-Kurse im<br />

Ausland stark nachgefragt. Das zeige,<br />

dass ein Umzug für viele Arbeitssuchende<br />

eine Option sei. Da ein solcher Schritt<br />

aber Mut und Zeit braucht, werden die<br />

P3-Ingenieure und andere Firmen weiterhin<br />

nicht allen Aufträgen nachkommen<br />

können.<br />

Reuters<br />

neugierig auf fremde Länder“, sagt Sachon<br />

und bedauert, dass sich an dieser<br />

Haltung bis heute wenig geändert hat.<br />

„Möglicherweise scheuen sie vor der<br />

Sprachbarriere zurück, im Ingenieurstudium<br />

wird man sehr hart rangenommen.“<br />

Da habe man kaum Zeit, eine<br />

Fremdsprache zu lernen. Und eines komme<br />

hinzu: „Bei anderen Studiengängen<br />

wird die globale Sicht unterstützt und gefordert.<br />

Ein Ingenieurstudent aber muss<br />

in seinem Fachgebiet in die Tiefe gehen<br />

. . . weil deutsche Konzerne<br />

Niederlassungen in der<br />

ganzen Welt haben<br />

und hat wenig Anlass, sich nach rechts<br />

und links umzuschauen.“<br />

Dann sind da noch die teils hohen Studienkosten<br />

im Ausland. Nach einer Untersuchung<br />

des Studienfinanzierers Career<br />

Concept würden viele Ingenieurstudenten<br />

gern in einem anderen Land studieren,<br />

nur könnten sie sich das nicht leisten.<br />

„Mit Nebenjobs sind die Ausgaben<br />

für ein Auslandssemester nicht zu decken“,<br />

sagt Rolf Zipf, Vorstandsmitglied<br />

bei der Career Concept AG. „Viele denken<br />

daher über Studienkredite nach.<br />

Doch beliebt ist diese Finanzierung<br />

nicht.“ Angst vor hohen Schulden zum<br />

Berufsstart, Erfolgsdruck, Angst vor Ausbeutung<br />

durch Studienkredit-Anbieter<br />

und schließlich die Unübersichtlichkeit<br />

des Angebots schreckten ab.<br />

So auch Yaser Mansuroglu, der in diesen<br />

Tagen aus London zurückkehrt. „Die<br />

Studienkosten in England sind mir zu<br />

hoch“, sagt er freiheraus, „für Ausländer<br />

kostet ein Semester fast 8000 Euro.“ Er<br />

will nun erst in Deutschland seinen Bachelor<br />

machen. „Aber danach geht es<br />

raus“, sagt er entschlossen. Und mit der<br />

Karriere wahrscheinlich rauf.<br />

Studiengänge<br />

Für Architekten. Die Hochschule Biberach<br />

bietet zum Wintersemester<br />

2012/2013 einen neuen Master an. Der berufsbegleitende<br />

Studiengang „Planen<br />

und Bauen im Bestand“ richtet sich an angehende<br />

Architekten und Bauingenieure<br />

und dauert fünf Semester. Die Studenten<br />

setzen sich mit dem Abriss, dem Erhalt<br />

oder auch dem Wiederaufbau von städtischen<br />

Gebäuden auseinander. Absolventen<br />

können als Architekten etwa den<br />

Rückbau von alten Gebäuden übernehmen.<br />

Voraussetzung für die Teilnahme<br />

am Studium ist ein erster Studienabschluss.<br />

Das Studium kostet 9950 Euro,<br />

Bewerbungsschluss ist der 1. September.<br />

Für Maschinenbauer. Die Fachhochschule<br />

Brandenburg bietet zum Sommersemester<br />

2012 zwei neue Masterstudiengänge<br />

an. In „Energieeffizienz technischer<br />

Systeme“ setzen sich Teilnehmer etwa<br />

mit Fragen zur Gebäudedämmung<br />

auseinander, Absolventen können in Baufirmen<br />

arbeiten. Der Master „Rechnerunterstützte<br />

Entwicklung“ richtet sich an<br />

Maschinenbauer und Mechatroniker. Darin<br />

werden Kenntnisse über das Entwerfen<br />

von Maschinen vermittelt. Absolventen<br />

können etwa im Maschinen- und Anlagenbau<br />

arbeiten. Beide Studiengänge<br />

sind auf drei Semester angelegt, Bewerbungsschluss<br />

ist der 29. Februar.<br />

Für Betriebswirte. Die Fachhochschule<br />

Lübeck bietet zum Sommersemester<br />

2012 zwei neue Master an. „Mechanical<br />

Engineering“ richtet sich an Maschinenbauer<br />

und Techniker und ist komplett<br />

auf Englisch. In den Vorlesungen stehen<br />

Themen wie Design, Konstruktion oder<br />

Werkstoffkunde auf dem Programm. Der<br />

Master Wirtschaftsingenieurwesen richtet<br />

sich an Betriebswirte. Sie erlernen neben<br />

Themen wie Unternehmensführung<br />

auch ingenieurwissenschaftliche Grundlagen.<br />

Absolventen der beiden dreisemestrigen<br />

Studiengänge sollen in leitenden<br />

Funktionen in der Industrie arbeiten können.<br />

SZ, dpa<br />

V2/16 INGENIEURBERUFE EINE BEILAGE DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Samstag/Sonntag, 29./30. Juni 2013, Nr. 148<br />

VON CHRISTIANE BERTELSMANN<br />

Life Science Engineering – die Wissenschaftsbezeichnung<br />

klingt relativ<br />

neu und ist esauch. Doch ein elementarer<br />

Teil des Basiswissens stammt aus<br />

dem Mittelalter: Wie braut man aus Hefe,<br />

Hopfen, Gerste und Wasser Bier? Was<br />

macht Sauerkraut haltbar? „Das sind klassische<br />

biotechnologische Verfahren, die lernen<br />

die Studenten bei uns im ersten Semester“,<br />

sagt Jacqueline Franke, Professorin<br />

an der Berliner Hochschule für Technik<br />

und Wirtschaft (HTW), Studiengang Life<br />

Science Engineering. Später wird es natürlich<br />

komplizierter – und moderner. Das beweist<br />

schon das zwei mal ein Meter große<br />

Poster im Labor, auf dem die wichtigsten<br />

biochemischen Stoffwechselprozesse dargestellt<br />

sind – dicht bedruckt mit Formeln,<br />

die man im Lauf des Studiums verstanden<br />

und memoriert haben sollte.<br />

Um einen Bioreaktor zu bauen,<br />

muss man die Maschine und<br />

das Leben der Zellen kennen<br />

Antikörper aus<br />

dem Apparat<br />

Life Science Engineering schlägt die<br />

Brücke zwischen Biologie und Technik<br />

Hochkomplex und interdisziplinär: Life Science Ingenieure arbeiten<br />

unter anderem in der Pharmaindustrie. Das Bild zeigt eine Anlage von Hoffmann-<br />

La Roche, in der ein Krebsmittel hergestellt wird. FOTO: OH<br />

Das Leben studieren<br />

Life Science Engineering als eigenen Studienzweig<br />

mit Bachelor- und Master-Abschluss<br />

bieten die Hochschule für Technik und Wirtschaft<br />

(HTW) Berlin (http://lse-bachelor.htwberlin.de/)<br />

und die Friedrich-Alexander-Universität<br />

Erlangen-Nürnberg (www.lse.studium.uni-erlangen.de)<br />

an.<br />

Zulassungsbeschränkungen gibt es keine, allerdings<br />

empfiehlt die HTW Berlin den Interessenten,<br />

einen Studierfähigkeitstest zu machen.<br />

Zum Studium gehört in Berlin ebenso<br />

wie in Erlangen-Nürnberg ein Industrie-Praktikum.<br />

Berufsaussichten: Life Science Ingenieure<br />

können in der Pharmazie, der Biotechnologie,<br />

der chemischen, der Lebensmittelund<br />

Kosmetikindustrie sowie in der Medizintechnik<br />

und in der Umwelttechnologie Arbeit<br />

finden.<br />

CHBE<br />

Und nicht nur das. Denn Life Science Engineering<br />

verbindet das Wissen aus dem<br />

Bereich der Biologie, genauer Life Sciences<br />

oder auch Lebenswissenschaften genannt,<br />

mit dem aus den Ingenieurwissenschaften.<br />

Verfahrenstechnik insbesondere.<br />

„Das braucht man, wenn man Anlagen<br />

konstruiert, in denen therapeutische Antikörper<br />

in der Pharmaindustrie hergestellt<br />

werden“, erklärt Frankes Kollegin Anja<br />

Drews. Sie lehrt ebenfalls als Professorin<br />

an der Hochschule für Technik und Wirtschaft<br />

(HTW) Berlin. Bei ihr erarbeiten die<br />

Studenten, mit welcher Anlage man am<br />

kostengünstigsten, schnellsten und effizientesten<br />

zum gewünschten biotechnologischen<br />

Produkt kommt. „Konzeptionierung<br />

und Dimensionierung sind die Schlagworte“,<br />

sagt Verfahrenstechnikerin Drews,<br />

„Die Studierenden schweißen die Bioreaktoren<br />

nicht selbst zusammen. Aber sie müssen<br />

wissen, welche Form und welche Betriebsweise<br />

für welchen Produktionsorganismus<br />

und welches Produkt ideal sind.“<br />

Und das wiederum funktioniert nicht<br />

ohne Detailverständnis für die Prozesse,<br />

die in den Behältern ablaufen. Wenn etwa<br />

Zellen in einem Bioreaktor angezüchtet<br />

werden sollen, so bedarf es nicht nur einer<br />

speziellen Temperatur und Apparateform,<br />

damit die Zellen wachsen und ihr Produkt<br />

bilden können, sondern beispielsweise<br />

auch einer optimalen Belüftung. Dies alles<br />

muss vor dem Bau einer industriellen Anlage<br />

genau geklärt und berechnet sein, damit<br />

die Produktqualität hinterher stimmt.<br />

„Im Prinzip nutzen wir lebende Zellen<br />

in technischen Anwendungen“, sagt Franke.<br />

„Um zu durchschauen, wie das machbar<br />

ist, was genau in den Zellen vor sich<br />

geht und wie man ihre genetische Information<br />

gezielt verändern kann, muss bei den<br />

Studierenden eine Affinität zu Biologie,<br />

Chemie und Physik da sein.“ Ihre Kollegin<br />

Drews ergänzt: „Wie in allen Ingenieurwissenschaften<br />

müssen die Studierenden<br />

auch bei uns rechnen. Vielen Bewerbern ist<br />

nicht klar, dass im Studium auchMathematik<br />

auf sie zukommt. Manchmal habe ich<br />

den Verdacht, einige denken bei Life<br />

Science an Lifestyle.“<br />

Vielmehr sei das eine interdisziplinäre<br />

Wissenschaft, in der sich die Natur- und Ingenieurwissenschaft<br />

ergänzten, erklärt<br />

Professorin Franke. „In der Praxis ist es äußerst<br />

hilfreich, beides zu kennen.“ Normalerweise<br />

wisse ein Verfahrenstechniker wenig<br />

über Dinge wie die Glykolyse oder den<br />

Zitronensäure-Zyklus – und ein Biologe habe<br />

nur selten Kenntnisse über verfahrenstechnische<br />

Grundlagen wie den Einfluss<br />

von Strömungen auf die Aktivität von Zellen.<br />

Beim Life Science Ingenieur überschneiden<br />

sich beide Gebiete. Und das ist<br />

gut so. „Nur durch interdisziplinäre Forschung<br />

und Entwicklung sind die Themen<br />

der Zukunft adressierbar“, bescheinigt Andreas<br />

Lieske, Professor an der Technischen<br />

Universität Hamburg-Harburg, in<br />

der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Chemie-Ingenieur-Technik.<br />

Auch Frank Wilde, der als Senior Project<br />

Manager im Global Engineering des Pharma-Riesen<br />

Hoffmann-La Roche in Basel tätig<br />

ist, ist Fachmann auf beiden Gebieten.<br />

Der 48 Jahre alte Wissenschaftler hat Anfang<br />

der Neunzigerjahre an der Hochschule<br />

Mannheim Chemische Technik mit Vertiefung<br />

Biotechnologie studiert. Das Fach<br />

hieß damals noch nicht Life Science Engineering,<br />

doch die Inhalte waren ähnlich.<br />

Aktuell plant er eine Anlage, in der Roche<br />

eine neu entwickelte Medikamentenklasse<br />

von modifizierten Antikörpern für die<br />

Krebszellenbekämpfung produzieren will.<br />

„Ich finde die Verbindung von Wissenschaft<br />

und Technik gut, interessiere mich<br />

für die technischen Details und mag den<br />

Blick über den Tellerrand. Wenn ich diese<br />

hochkomplexen Anlagen plane, muss ich<br />

zum einen berücksichtigen, wofür sie eingesetzt<br />

werden und zum anderen aber<br />

auch beachten, dass sie wirtschaftlich sinnvoll<br />

produzieren können“, sagt Wilde. Was<br />

muss die Lüftungsanlage leisten können?<br />

Wie viel Platz brauchen die Menschen, die<br />

an den Produktionsanlagen und in den Laboren<br />

arbeiten? Diese Detailfragen darf<br />

der Projektmanager nicht aus den Augen<br />

verlieren. Wilde schätzt seine Tätigkeit<br />

sehr: „Man arbeitet an etwas, das den Menschen<br />

nutzt und hilft.“<br />

Grüne Biotechnologie nutzt<br />

Algen und andere Pflanzen, um<br />

Biomasse oder Öle herzustellen<br />

Auch der 26 Jahre alte Volker Eras aus<br />

Berlin wusste schon früh, dass es in Richtung<br />

Naturwissenschaften gehen sollte:<br />

Seine Leistungskurse waren Physik und<br />

Biologie. Er wollte beides verbinden und<br />

studierte Life Science Engineering. Anfang<br />

2013 hatte er seinen Master-Abschluss in<br />

der Tasche und fand gleich dort Arbeit, wo<br />

er seine Abschlussarbeit geschrieben hatte:<br />

Beim Deutschen Institut für Zell- und<br />

Gewebeersatz in Berlin ist er unter anderem<br />

mit dafür verantwortlich, die Herstellung<br />

von Haut-Transplantaten für Brandopfer<br />

zu optimieren. Er arbeitet in einem<br />

sogenannten Prozessentwicklungslabor.<br />

„Durch mein Studium kann ich mein technisches<br />

Know-how mit dem aus der Biotechnologie<br />

verbinden. Das ist für die Arbeit<br />

hier ideal“, sagt er.<br />

Andere Absolventen des Studiengangs<br />

arbeiten in der grünen Biotechnologie, die<br />

Pflanzen und Algen zur Herstellung von<br />

Biomasse oder Ölen nutzt. Oder sie entwickeln<br />

Produkte für die Kosmetikindustrie.<br />

Ein weiterer Bereich mit Zukunft ist die<br />

Umwelttechnologie. „Für meine Absolventen<br />

ist das sicher ein Traumberuf, wenn sie<br />

durch ihre Kenntnisse ein Produkt im technischen<br />

Maßstab herstellen können, das<br />

den Menschen wirklich nutzt“, sagt Professorin<br />

Drews. Volker Eras ist von diesem<br />

Traum gar nicht so weit entfernt.<br />

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Bioverfahrenstechnik – sind zum nächstmöglichen Zeitpunkt zwei<br />

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Einzelheiten zu den Professuren entnehmen Sie bitte der Website<br />

der Hochschule Hannover unter www.hs-hannover.de/professuren.<br />

Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen sind unter Angabe des<br />

Lehrgebietes und der Kennziffer bis vier Wochen nach Erscheinen<br />

der Anzeige an den Dekan der Fakultät II – Maschinenbau und<br />

Bioverfahrenstechnik – der Hochschule Hannover, Postfach<br />

920261, 30441 Hannover, zu richten.<br />

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zu steigern, indem ein sehr großer Teil der Abwärme genutzt und daraus Fernwärme erzeugt<br />

wird. Damit gehen die SWM respektvoll und vorausschauend mit den knapper werdenden Ressourcen<br />

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Suche nach Fachkräften ist für viele Firmen das Hauptproblem


Samstag/Sonntag, 29./30. Juni 2013, Nr. 148 EINE BEILAGE DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG INGENIEURBERUFE V2/17<br />

Erfinder<br />

und<br />

Verkäufer<br />

Vertriebsingenieure<br />

verstehen die Technik<br />

und den Kunden<br />

VON EVELYN KESSLER<br />

Sind Hightech-Entwicklungen auch<br />

noch so toll – von selbst verkaufen sie<br />

sich nicht. Technische Produkte und<br />

Dienstleistungen sind erklärungsbedürftig.<br />

Die Berater im technischen Vertrieb<br />

müssen nicht nur verstehen, was sie anbieten<br />

und was das Außergewöhnliche daran<br />

ist. Sie müssen auch beides für Nicht-Techniker<br />

verständlich erklären. Und abschätzen,<br />

ob ihr Angebot die passende Lösung<br />

für das Kundenproblem ist. Kurz: Sie brauchen<br />

Ingenieurwissen.<br />

„Jeder vierte Ingenieur ist heute mit Vertriebsaufgaben<br />

betraut – das ist der wichtigste<br />

Arbeitsbereich der Berufsgruppe<br />

nach Entwicklung und Konstruktion“, sagt<br />

Arndt Borgmeier von der Hochschule Aalen.<br />

Vor zwölf Jahren hat die damalige Fachhochschule<br />

Pionierarbeit geleistet und den<br />

Studiengang International Sales Managementand<br />

Technology gegründet.„Deutschland<br />

war Exportweltmeister, der Studiengangwar<br />

unsere Antwort auf die Herausforderungen<br />

der globalen Wirtschaft“, so umschreibt<br />

der Vizedekan die Motive. „Es bestand<br />

großer Bedarf an Experten, die weltweit<br />

technisch anspruchsvolle Produkte<br />

und Dienstleistungen an den Mann bringen.“<br />

Mittlerweile ist China Exportweltmeister.<br />

Doch wegen des zunehmenden<br />

Wettbewerbs brauchen Unternehmen in<br />

Deutschland dringender denn je gut ausgebildete<br />

Ingenieure für den internationalen<br />

Vertrieb. Borgmeier sorgt sich daher nicht<br />

um die Zukunft seiner Studenten: „Über<br />

achtzig Prozent haben schon vor dem Abschluss<br />

den späteren Job in der Tasche.“<br />

Wer sich für das interdisziplinäre Studium<br />

interessiert, sollte Spaß an Technik haben.<br />

Allerdings nicht zum Selbstzweck, sondern<br />

als Basis unternehmerischen Erfolgs.<br />

Ganz wichtig ist außerdem, neugierig und<br />

offen fremden Kulturen gegenüber zu sein.<br />

Die Studiengänge bereiten auf Auslandseinsätze<br />

vor. So ist in Aalen neben Deutsch<br />

Ein Multitalent: Der britische Entwickler und Designer James Dyson im Jahr 2010 bei der Vorstellung seines Ventilators ohne Flügel.<br />

einMindest-Score in zwei Weltwirtschaftssprachen<br />

Voraussetzung für den Bachelor.<br />

Dasfünfte Semester verbringen die Studenten<br />

im Ausland: entweder an einer Uni oder<br />

als Praktikant in einem Unternehmen.<br />

Auch das Studium Generale bereitet auf eine<br />

Auslandstätigkeit vor. Die Studenten<br />

der Hochschule Aalen sind verpflichtet,<br />

mindestens ein Modul davon zu belegen.<br />

Borgmeier, selbst promovierter Wirtschaftsingenieur<br />

mit Auslandserfahrung,<br />

betont, dass ihm trotz der kaufmännischen<br />

Inhaltedes Studiums die technische Ausbildung<br />

der zukünftigen Sales Manager wichtig<br />

ist: „Kaufmännisches Wissen lässt sich<br />

leichter im Nachhinein aneignenals technische<br />

Grundlagen.“ Dazu passt, dass MINT-<br />

Fächer (Mathematik,Informatik, Naturwissenschaft,<br />

Technik) in Aalen zwei Drittel<br />

der Veranstaltungen ausmachen.<br />

Nicht alle Ingenieure im Vertrieb bringen<br />

die entsprechenden Kenntnisse aus<br />

Studienzeiten mit, sondern sie erwerben<br />

sie im Beruf. Elektroingenieur Hermann<br />

Rieger berät zu einemDrittel seiner Arbeitszeit<br />

– Tendenz steigend. Sein Arbeitgeber,<br />

der Fotovoltaik-Großhändler Aton Solar<br />

aus dem schwäbischen Laichingen, setzt<br />

gezielt Ingenieure bei der Beratung seiner<br />

Solarteure ein. Mit Erfolg: Trotz sinkender<br />

Handelsmargen in der Branche steht Aton-<br />

Solar gut da. Das Unternehmen auf der Alb<br />

Mit Fachkenntnis<br />

und Fingerspitzengefühl<br />

in die Kundenberatung<br />

FOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA<br />

profiliert sich mehr und mehr als Energie-<br />

Consultant. Seine Solarteur-Kunden schätzen<br />

die hochqualifizierten Planungs- und<br />

Beratungsdienstleistungen. Rieger sieht<br />

seine Stärke in individuellen technischen<br />

Lösungen.Wegen der unstetigenEinspeisebedingungen<br />

für Solarstrom zielt seine Anlagenplanung<br />

heute nicht mehr darauf,<br />

möglichst viele Module aufs Dach zu bringen.<br />

Er konzipiert so, dass möglichst viel<br />

vom eigenen Strom selbst verbraucht werdenkann.<br />

„Exakt für den vorgesehenen Anlagenstandort<br />

kombinieren wir langjährige<br />

Klimadaten und aktuelle Wetterprognosen<br />

mit den Stromverbrauchsdaten der Bewohner,<br />

die über mehrere Wochen hinweg<br />

aufgezeichnet werden“, erläutert Rieger.<br />

„Damit können wir die Anlage optimal zusammenstellen<br />

und abstimmen.“ Seit einiger<br />

Zeit plant der 43-Jährige Speicherbatterien<br />

für den Sonnenstrom gleich mit ein.<br />

Die machen unabhängiger vom Stromnetz<br />

und steigern den Eigenverbrauch. Mit<br />

Fachkenntnis und Fingerspitzengefühl lotet<br />

er im Beratungsgespräch auch die Prioritäten<br />

der Anlagenbetreiber aus. Im Dialog<br />

konfiguriert Rieger Anlagen und optimiert<br />

sie im Hinblick auf Außenbedingungen<br />

und Kundenwünsche. „Ich tue mich<br />

schwer damit, einem Kunden etwas zu verkaufen,<br />

wenn ich nicht selbst davon überzeugt<br />

bin“. Er argumentiert nur mit Zahlen,<br />

wenn er sie selbst verstanden hat. Bei<br />

Fragen zur steuerlichen Einschätzung des<br />

Anlagenbetriebs verweist der technisch<br />

Versierte an Steuerberater. Riegers Expertise<br />

und seine Art, mit den Kunden zu kommunizieren,<br />

überzeugen offensichtlich<br />

nachhaltig.<br />

Der Wechsel vom findigen Konstrukteur<br />

zum Vertriebler ist eine große Herausforderung<br />

für Tüftler, die zuvor als Einzelkämpfer<br />

oder im Kreis Gleichgesinnter<br />

technische Entwicklungen leidenschaftlich<br />

vorangetrieben haben. Vor allem,<br />

wenn die Initiative nicht von ihnen selbst<br />

ausgeht,sondern die neue Aufgabe nach einer<br />

betrieblichen Umstrukturierung zugeteilt<br />

wird. Wer sich der neuen Rolle stellt,<br />

findet ein großes Angebot an Seminaren<br />

und berufsbegleitenden Studiengängen,<br />

die Vertriebskenntnisse vermitteln. Finanziell<br />

lohnt sich der Wechsel. „Vertriebsingenieure<br />

verdienen besser als Ingenieure in<br />

Konstruktion und Entwicklung“, berichtet<br />

Arndt Borgmeier von Alumni-Treffen seiner<br />

Fakultät. Für das gute Gehalt nehmen<br />

sie vor allem bei internationalem Einsatz<br />

anstrengende Geschäftsreisen und unorthodoxe<br />

Arbeitszeiten in Kauf. Und erwerben<br />

reichlich Erfahrungen mit Sitten und<br />

Gebräuchen fremder Kulturen.<br />

Neue Übersicht<br />

International gültige Bewerbungsunterlagen<br />

– die gibt es jetzt mit der engineer-<br />

ING card. Der vom Verein Deutscher Ingenieure<br />

(VDI) initiierte Berufsausweis<br />

für Ingenieure ist in neun europäischen<br />

Ländern anerkannt. Studierende und<br />

Akademiker, die wissen möchten, ob ihr<br />

Studiengang bereits berücksichtigt wurde,<br />

können von sofort an in einer neuen<br />

Datenbank recherchieren.<br />

Diese erlaubt einen Überblick darüber,<br />

welche Studiengänge von der Registerkommission<br />

der engineerING card<br />

anerkannt sind. Zudem bietet sie eine<br />

Übersicht über ingenieurwissenschaftliche<br />

Studiengänge in Deutschland. Und<br />

das sind nicht wenige: Es gibt knapp<br />

2400 Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

an Fachhochschulen und Universitäten,<br />

neue kommen laut VDI ständig hinzu.<br />

Zu finden ist die neue Übersicht auf<br />

www.engineering-card.de unter dem<br />

Menüpunkt Anerkennung.<br />

Ingenieurstudenten, die nicht nur<br />

nach Studiengängen, sondern auch nach<br />

Netzwerken, einer Wohnung oder Freizeitangeboten<br />

suchen, kann der VDI<br />

auch helfen: Über die Seite www.studypilot.de<br />

kann man die neue App des VDI<br />

kostenlos herunterladen.<br />

SZ<br />

Fernstudium<br />

Auch ausgebildete technische Fachkräfte<br />

können sich durch ein berufsbegleitendes<br />

Fernstudium für die Ingenieurlaufbahn<br />

qualifizieren. Die Wilhelm<br />

Büchner Hochschule in Pfungstadt bei<br />

Darmstadt bietet die Ingenieurstudiengänge<br />

Mechatronik, Maschinenbau sowie<br />

Elektro- und Informationstechnik<br />

an, jeweils mit dem Studienabschluss Bachelor<br />

of Engineering. Alle drei Fernstudiengänge<br />

wurden nun durch das Akkreditierungs-,<br />

Certifizierungs- und Qualitätssicherungs-Institut<br />

ACQUIN für weitere<br />

sieben Jahre anerkannt.<br />

Neben den grundlegenden naturwissenschaftlichen<br />

und technischen Fächern<br />

behandeln die Fernstudiengänge<br />

Management- und Führungsthemen<br />

wie Betriebswirtschaft, Recht, Führung<br />

und Kommunikation sowie Sprachen<br />

und interkulturelle Kompetenz. Das Studium<br />

bietet für jeden der drei Bereiche<br />

Spezialisierungsmöglichkeiten. Infos zu<br />

den Studiengängen gibt es unter der Telefonnummer<br />

0800-924 10 00, per<br />

E-Mail über info@wb-fernstudium.de,<br />

auf www.wb-fernstudium.de oder der<br />

Google+ Seite der Hochschule.<br />

SZ<br />

Entwicklungshelfer<br />

Die Industrie vergibt immer mehr Aufträge an externe Ingenieurdienstleister<br />

Christian-André Keun ist Spezialist für Faserverbundstoffe<br />

– und er ist Dienstleister.<br />

Dem promovierten Ingenieur gehört<br />

die Hightech-Schmiede CompriseTec. Er<br />

und seine zehn Mitarbeiter entwickeln für<br />

Luftfahrt- und Automobilkonzerne Bauteile<br />

und Fertigungstechnologien. Anders als<br />

klassische Ingenieurbüros realisieren die<br />

Hamburger ihre Empfehlungen: Sie erstellen<br />

Prozesskostenanalysen, berechnen die<br />

späteren Herstellungskosten und bauen<br />

Produktionslinien auf. Einige Produkte,<br />

die sie entwickelt haben, stellen sie selbst<br />

her und liefern sie an Großkunden. „Bunte<br />

Bilder zeigen können viele“, sagt Keun,<br />

„wir übernehmen aber wie ein Generalunternehmer<br />

auch die Umsetzung und somit<br />

die Verantwortung entlang der kompletten<br />

Wertschöpfungskette beim Kunden.“<br />

So haben die Hanseaten für Nira, einen<br />

italienischen Hersteller von Formteilen<br />

aus Kunststoff für Autos, Maschinen oder<br />

Haushaltsgeräte, neue Bauteile entwickelt<br />

und die Produktionsprozesse aufgesetzt,<br />

„was dem Kunden rund zwei Millionen Euro<br />

Mehrumsatz per anno gebracht hat“,<br />

sagt Keun. Auch für Daimler und Opel hat<br />

er komplexe Entwicklungsaufgaben erledigt<br />

– etwa Heckdeckel aus carbonfaserverstärktem<br />

Kunststoff, Bodenstrukturen<br />

und hochbelastbare Träger. Der Lufthansa<br />

hat CompriseTec einen neuen Catering-<br />

Trolleytisch aus Faserverbundwerkstoff<br />

entworfen, der mit nur 550 Gramm fast<br />

400 Gramm leichter als sein Vorgänger ist.<br />

„Gewichtseinsparung und Kostenreduktion<br />

sind einige der wichtigsten Themen in<br />

der Luftfahrt- und Automobilindustrie“,<br />

so unterstreicht der Ingenieurdienstleister<br />

die Bedeutung dieser Innovation, die CompriseTec<br />

mittlerweile auch produziert. Das<br />

sei heute Wunsch vieler Konzerne: „Die Unternehmen<br />

möchten für möglichst große<br />

Pakete von der Entwicklung über die Fertigung<br />

bis hinaus zur Wartung die Verantwortung<br />

nach außen verlagern.“ Das hat<br />

zur Folge, dass die meist kleinen und mittelständischen<br />

Dienstleister nicht selten<br />

große finanzielle Risiken übernehmen<br />

müssen. Keun: „Wir müssen nicht nur exzellente<br />

Entwickler sein, sondern auch gute<br />

Kaufleute.“<br />

In den Achtzigerjahren begannen Industrieunternehmen<br />

damit, größere Entwicklungsaufgaben<br />

externen Partnern zu übergeben.<br />

Der Trend zum Outsourcing und zu<br />

Rationalisierungen hat die Rolle der Ingenieurdienstleister<br />

gestärkt. Während sie vor<br />

drei Jahrzehnten nur einzelne Aufträge<br />

wie Statikberechnungen, Layout oder<br />

Konstruktion erhielten, übernehmen sie<br />

heute die Entwicklung kompletter Teilsysteme.<br />

Zu den Branchenführern hierzulande<br />

gehören Bertrandt, IAV, EDAG und Ferchau.<br />

Ihre wichtigsten Leistungen sind einer<br />

Studie der Wirtschaftsprüfers Lünendonk<br />

zufolge mit einem Anteil von fast 15<br />

Prozent die Bereiche Design/Konzeption<br />

sowie Testen/Validieren (13 Prozent).<br />

Die Branche sucht<br />

vor allem Ingenieure<br />

und IT-Consultants<br />

Neben langfristigen Projekten übernehmen<br />

die Dienstleister häufig „Feuerwehr“-Aufgaben,<br />

damit Projekte rechtzeitig<br />

fertig werden. Ihre Kunden, mit denen<br />

sie Projekt- oder Werkverträge abschließen,<br />

kommen vor allem aus der Luftfahrtund<br />

Automobilindustrie, heißen Airbus<br />

und Boeing, BMW, Daimler und VW.<br />

Mit der Bedeutung der Branche sind<br />

auch die Mitarbeiterzahlen gewachsen.<br />

Die Top Ten beschäftigten im vergangenen<br />

Jahr im Schnitt circa 1300 Mitarbeiter.<br />

Gesucht werden seit zwei, drei Jahren vor<br />

allem Ingenieure, IT-Consultants, Techniker<br />

und technische Zeichner. Davon profitieren<br />

Firmen wie Brunel. Das Dienstleistungsunternehmen<br />

aus Bremen (3000 Mitarbeiter<br />

im deutschsprachigen Raum, 40<br />

Standorte in Deutschland) stellt Betrieben<br />

Spezialisten zur Verfügung, berät Firmen<br />

in Management- und Personalfragen.<br />

Hier hat Sebastian Birzer seinen ersten<br />

Job gefunden: Der 28-Jährige, der an der<br />

Hochschule Amberg-Weiden (HAW) Maschinenbau<br />

studiert hat, begann in der<br />

Nürnberger Dependance als Account Manager.<br />

Parallel dazu studierte der Ingenieur<br />

BWL, „um die Kaufleute auf Kundenseite<br />

besser zu verstehen“. Nach Abschluss<br />

eines internen Förderprogramms hat Birzer<br />

in diesem Jahr die Leitung des Standorts<br />

Regensburg übernommen.<br />

Frank Ferchau, geschäftsführender Gesellschafter<br />

des Gummersbacher Branchenriesen<br />

Ferchau (5200 Mitarbeiter, 50<br />

Standorte in Deutschland), ist überzeugt,<br />

dass Engineeringdienstleister als Arbeitgeber<br />

gerade für Berufseinsteiger interessant<br />

sind. Bei ihnen könne man „durch Projekte<br />

für unterschiedliche Kunden und<br />

Branchen“ schnell viel Erfahrung sammeln.<br />

Außerdem legten diese Unternehmen<br />

besonderen Wert auf Weiterbildung<br />

und Mitarbeiterbindung, weil bei ihnen<br />

nicht das Produkt im Fokus stehe, sondern<br />

die Kooperation mit dem Kunden.<br />

Was muss ein Bewerber für einen Job<br />

bei einer Ingenieurdienstleistungsfirma<br />

mitbringen? Vor allem technisches Interesse<br />

und technische Fähigkeiten. „Außerdem<br />

ist eine gewisse Neugierde als persönliche<br />

Grundeinstellung sicherlich von Vorteil“,<br />

sagt Ferchau. Er rät jungen Leuten zu<br />

einem breit gefassten, klassischen Studium,<br />

etwa Maschinenbau, Elektrotechnik<br />

oder Informatik. Spezialisieren könne<br />

man sich durch ein Masterstudium oder<br />

durch berufsbegleitende Weiterbildung.<br />

Außerdem wichtig: Ingenieurdienstleister<br />

arbeiten vorwiegend beim Kunden, in deren<br />

Büros, Labors und Werkhallen. Mobilität,<br />

Flexibilität und Teamfähigkeit sind<br />

deshalb unerlässlich. Traumgehälter können<br />

Berufsanfänger allerdings nicht erwarten:<br />

Das Einstiegssalär liegt zwischen<br />

30 000 und 45 000 Euro pro Jahr. Viele Firmen<br />

bieten Kilometergeld an. Laut IG Metall<br />

werden Top-Ingenieure und -Wirtschaftswissenschaftler<br />

auch mal mit<br />

50 000 Euro jährlich und mehr gelockt.<br />

Christian-André Keun übrigens rekrutiert<br />

Talente vor allem an Unis wie der TU<br />

Hamburg oder der HAW – und oft schon<br />

vor ihrem Abschluss: „Von einer engen,<br />

auch personellen Verzahnung von Wissenschaft<br />

und Wirtschaft profitieren alle – die<br />

Hochschulen, die Dienstleister und die Industrie.“<br />

JÜRGEN HOFFMANN<br />

Ob Staub, Hitze oder Tropenklima: MTU-Dieselaggregate<br />

trotzen härtesten Bedingungen – unter<br />

anderem beim Dauereinsatz in …<br />

a) Steinbrüchen<br />

c) Ölbohrfeldern d) allen drei Bereichen<br />

Teamleiter (m/w) Logistik<br />

b) Kohleminen<br />

Neues schaffen. Weiter denken. Vorwärtskommen.<br />

Aus faszinierenden Ideen machen unsere rund 10.000 Mitarbeiter kraftvolle Technik – vom 10.000-kW-<br />

Dieselmotor bis zum klimafreundlichen Blockheizkraftwerk. Mit den Marken MTU und MTU Onsite<br />

Energy ist Tognum einer der weltweit führenden Anbieter von Motoren, kompletten Antriebssystemen<br />

und dezentralen Energieanlagen. Innovative Einspritzsysteme von L’Orange vervollständigen unser<br />

Technologie-Portfolio rund um den Antrieb. Bewegen auch Sie mit uns die Welt!<br />

Wenn es um Motoren und Antriebe geht, steht MTU Friedrichshafen für größte Präzision im Detail und ein reibungsloses<br />

Zusammenspiel im System. Unterstützen Sie uns im Bereich Logistik und übernehmen Sie vielfältige<br />

Prozess- und Projektverantwortung.<br />

Ihre Leistung.<br />

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entsprechende Auswahl europaweiter Dienstleister<br />

Ihre Kompetenz. Erfolgreich abgeschlossenes Studium in Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen oder Betriebs-<br />

<br />

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Willkommen bei der MTU Friedrichshafen GmbH in Friedrichshafen.<br />

Senden Sie uns Ihre aussagekräftige Bewerbung – ganz unkompliziert über unsere Online-Stellenbörse.<br />

<br />

Viele Neuerungen in der Industrie werden von Ingenieurdienstleistern entwickelt. Im<br />

Bild ein induktiver Abstandssensor von Ferchau Engineering.<br />

FOTO: FERCHAU<br />

<strong>Ingenieurberufe</strong><br />

Verantwortlich: Werner Schmidt<br />

Redaktion: Ingrid Brunner<br />

Gestaltung: Michaela Lehner<br />

Anzeigen: Jürgen Maukner<br />

www.tognum.com

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