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Q U A F F E U R<br />
Nümm wie früe<strong>ch</strong>er<br />
Wir sollen, meint eine alternativ gesinnte Leserin,<br />
anders s<strong>ch</strong>reiben:<br />
a) weniger politis<strong>ch</strong>,<br />
b) ni<strong>ch</strong>ts von Hunden,<br />
c) wieder wie früher.<br />
zu c): Ja, liebe Leserin, das waren no<strong>ch</strong> Zeiten,<br />
als wir bei flackerndem Kerzenli<strong>ch</strong>t, die Hände<br />
voll Tinte, den Gänsekiel übers Papier jagten,<br />
während in der Ferne bereits das Posthorn<br />
ers<strong>ch</strong>allte, Pferdegetrappel nahte und alsbald<br />
die gelbe Kuts<strong>ch</strong>e knirs<strong>ch</strong>end vor dem Postbureau<br />
Bern 16 Burgernziel anhielt. «Postabgang,<br />
Johann!», riefen wir, worauf unser Diener<br />
herbeieilte, um das inzwis<strong>ch</strong>en gesiegelte<br />
S<strong>ch</strong>riftstück zu behändigen.<br />
Nein, Früher ist vorbei. Endgültig.<br />
zu a) und b):Wir wollen ni<strong>ch</strong>t,aber wir müssen<br />
darüber beri<strong>ch</strong>ten. Informationsauftrag! Die<br />
Lage am Jubiläumsplatz unten sei unhaltbar,<br />
geradezu vers<strong>ch</strong> . . ., meldet ein Anwohner: «Zu<br />
jeder Tages- und Na<strong>ch</strong>tzeit karren quartierfremde<br />
Subjekte mit Autos, Geländewagen!,<br />
Vierlivier!! ihre Vierli-Vierbeiner heran, entladen<br />
diese und lassen sie ihre Ges<strong>ch</strong>äfte ma<strong>ch</strong>en,<br />
hus<strong>ch</strong>-hus<strong>ch</strong> am Waldrand, während sie<br />
selber im Fahrzeug hocken bleiben.» Das sei im<br />
Fall ein Fall für die Quartierkommission, wenn<br />
ni<strong>ch</strong>t gar für den Wa<strong>ch</strong>tmeister Studer, ereifert<br />
si<strong>ch</strong> unser ni<strong>ch</strong>t genannt sein wollender<br />
Gewährsmann und fordert s<strong>ch</strong>arfe Massnahmen.Allerdings<br />
weiss au<strong>ch</strong> er,dass Hunde und<br />
ihre Produkte politis<strong>ch</strong> heisse Eisen sind, ni<strong>ch</strong>t<br />
anzufassen! Bevor die Stadt gegenüber sündigen<br />
Hündelern mit Wegweisungsverfügungen,<br />
Rayonverboten und Entfernungsartikeln<br />
einfährt, empfehlen wir Selbstverantwortung<br />
und die bewährte Deeskalationsstrategie:<br />
Su<strong>ch</strong>en Sie das Gesprä<strong>ch</strong> von Halter zu Halter.<br />
Oder, wenn das ni<strong>ch</strong>ts abträgt, von Hund zu<br />
Hund.<br />
Die neue Dinosaurier-Anlage im Tierpark.<br />
Der Dählhölzliwald war früher für alle da.<br />
Heute verkommt er – soweit er no<strong>ch</strong> steht – zur<br />
Spezialzone für Sondernutzungen: In den<br />
Wipfeln holeyen die Kunden des Seilpark-<br />
Unternehmens; die Mitte des Waldes vergittern<br />
die Mordio-Zäune für (oder gegen?) die<br />
Wisente, so dass man am Ende ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
weiss, wer drinnen ist, und wer draussen: der<br />
Mens<strong>ch</strong> oder der/die/das Wisent. Und im Rest<br />
des Waldes türmen si<strong>ch</strong> die Lei<strong>ch</strong>en gefällter<br />
Bäume. Dem Normalpublikum bleiben zwar<br />
ein paar S<strong>ch</strong>neisen offen, die es aber mit<br />
Joggern, Walkerinnen, Velofahrern, Polizeiautos<br />
teilen muss. Und natürli<strong>ch</strong> mit den<br />
Hunden. Au<strong>ch</strong> die sind arm dran: immer weniger<br />
Platz – für immer mehr Tiere. Wau!<br />
Er hat rötli<strong>ch</strong>e Haare und ein Klappvelo. Er ist<br />
ein Hausierer, einer der letzten. Er komme nur<br />
einmal im Jahr, versi<strong>ch</strong>ert er treuherzig. (Na<strong>ch</strong><br />
unserer Erinnerung mindestens doppelt so<br />
oft!) Wir kaufen ihm Seife ab. Wie immer. (Wir<br />
haben zwar s<strong>ch</strong>on genug davon, genug für<br />
20 Jahre.) – Früher ers<strong>ch</strong>ienen Hausierer<br />
häufig um die Mittagszeit. Oft hat man sie<br />
hereingebeten:«Chömet,hocked zue<strong>ch</strong>e!» Auf<br />
einen Esser mehr oder weniger kam es ni<strong>ch</strong>t<br />
an. Es hätte viellei<strong>ch</strong>t Côtelette gegeben mit<br />
Rösti. Der Hausierer hätte «bri<strong>ch</strong>tet», die Kinder<br />
hätten grosse Augen gema<strong>ch</strong>t und ihn<br />
angestaunt.– Heute ist man vorsi<strong>ch</strong>tiger.Denn<br />
der Gast könnte ein getarnter Sozialinspektor<br />
sein, wel<strong>ch</strong>er na<strong>ch</strong>her in seinen Rapport<br />
s<strong>ch</strong>reibt: «. . . Familie (7 Pers.) isst Côtelette zum<br />
Zmittag. M u s s das sein?»<br />
(No<strong>ch</strong> grössere Vorsi<strong>ch</strong>t empfiehlt si<strong>ch</strong>, wenn<br />
jemand ihren «Hodler» abholen will, für eine<br />
Ausstellung oder den Bring- und Holtag . . .)<br />
«Grad aus dem Wirtshaus nun komm'i<strong>ch</strong> heraus,Strasse,wie<br />
wunderli<strong>ch</strong> siehst du mir aus»,<br />
di<strong>ch</strong>tete ein Herr H. v. Mühler um 1840. Der<br />
würde si<strong>ch</strong> wohl no<strong>ch</strong><br />
viel mehr wundern,<br />
wenn er heutzutage<br />
bzw. heute Na<strong>ch</strong>t aus<br />
seinem Wirtshaus<br />
träte und s<strong>ch</strong>wer<br />
benebelt heimwärts<br />
s<strong>ch</strong>wankte. Er müsste<br />
si<strong>ch</strong> förmli<strong>ch</strong> umzingelt<br />
fühlen von den<br />
überall im öffentli<strong>ch</strong>en<br />
Raum aufgestellten<br />
Kisten und<br />
Kasten und es käme<br />
unweigerli<strong>ch</strong> zu einem<br />
Foto: zvg Zusammenstoss.<br />
Was stimmt hier ni<strong>ch</strong>t?<br />
Er würde si<strong>ch</strong> bei der betroffenen Zeitungsbox<br />
ents<strong>ch</strong>uldigen: «Pardon, Herr Robidog, i<strong>ch</strong><br />
meinte, Sie seien ein Billetautomat!»<br />
Wenn's stimmt, musste kürzli<strong>ch</strong> ein 24 Kilo<br />
s<strong>ch</strong>werer bemooster Karpfen, der an Alterss<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>e<br />
verendet war, von der Polizei (!) aus<br />
dem Egelsee entsorgt werden. Womit si<strong>ch</strong><br />
dieses Tier derart gemästet hat, können wir<br />
nur vermuten: Brotrinden, Spaghetti, Altpapier<br />
und Matratzen. Um Würmer mit Anglern<br />
hintendran wird er zeitlebens einen<br />
Bogen gema<strong>ch</strong>t haben.<br />
Bern feiert gegenwärtig einen berühmten<br />
Botaniker, Anatomen, Lyriker etc., kurz: ein<br />
«Universalgenie». Wie heisst es?<br />
a) Albre<strong>ch</strong>t von Haller<br />
b) Alexander von Ts<strong>ch</strong>äppät<br />
c) Köbi von Kuhn<br />
Ri<strong>ch</strong>tig ist a). – b) und c) haben etwas weniger<br />
«Ahnig vo dr Botanik».<br />
«Es steigt und sinkt hüben und drüben und<br />
irgendwie s<strong>ch</strong>eint alles aus dem Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t<br />
zu kommen, aber letztli<strong>ch</strong> geht es<br />
ums Geld.» Dieser geniale Satz stammt ni<strong>ch</strong>t<br />
etwa von Marcel UBS Ospel, sondern wurde<br />
von einer prophetis<strong>ch</strong>en Stadträtin aus B.<br />
ges<strong>ch</strong>rieben, s<strong>ch</strong>on anno 2004.<br />
S<strong>ch</strong>önen Sommer!<br />
Bild: zvg<br />
Quaffeur<br />
QUAVIER 51/08 | 19