Begrüssungsrede - Werkspuren
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Begrüssung SWV Jubiläum 2008<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,<br />
als noch amtierender Präsident des SWV erachte ich es als meine Aufgabe, unser<br />
Jubiläumsfest mit ein paar Worten einzustimmen. Ihr werdet jetzt denken: Kann denn der<br />
kein Schweizerdeutsch? Oder muss er hochdeutsch reden, weil der Anteil ausländischer<br />
Gäste so hoch ist? Nein, solche gibt es nicht. Und es geht auch nicht um die Flächen<br />
deckende Einführung der Standardsprache.<br />
Nein, ich rede hochdeutsch, weil ich den Text als ungeübter Redner ablesen werde. Ich<br />
hoffe, ihr verzeiht mir diesen Makel.<br />
30 Jahre Vereinsgeschichte in 9 sperrige UTZ-Boxen verpackt, verstellen seit zwei Jahren<br />
meine Garage. Sie enthalten das Gedächtnis dieses Vereins, den vor dreissig Jahren<br />
Absolventinnen und Absolventen des Werkseminars und der FWL hier in Zürich aus der<br />
Taufe gehoben haben, 9 Kisten Geschichte, die einigen in diesem Raum womöglich in<br />
lebhafter Erinnerung sind, andern wiederum praktisch unbekannt.<br />
Eine bewegte Geschichte, die es zu würdigen, aufzuarbeiten gälte. Bloss – woher die Zeit<br />
dazu nehmen? Auf der Suche nach einer Lösung ist unsere Sekretärin<br />
(Zentralstelleninhaberin lässt sich so schlecht aussprechen) Susanne Cetkovic fündig<br />
geworden. Das Wirtschaftsarchiv in Basel wird nun diese Arbeit für uns übernehmen und<br />
unser Archiv für die Nachwelt aufbereiten.<br />
Aber damit ist die Geschichte natürlich noch nicht zu Ende. Und dass sich heute so viele<br />
Mitglieder, Kolleginnen und Kollegen hier eingefunden haben, es sind fast 90, beweist, dass<br />
das Interesse an der Existenz und der Arbeit des SWV ungebrochen ist. Besonders freut<br />
mich, dass wir an unserem Jubiläumsfest hier, an der ZHdK, zugast sein dürfen.<br />
Aber wer sind WIR denn eigentlich?<br />
Am Anfang der meisten dieser Laufbahnen stand die bewusst sehr breit und offen<br />
angelegte Ausbildung an der heutigen ZHdK, die es tunlichst vermied, Spezialistinnen und<br />
Spezialisten für ein bestimmtes Berufsfeld zu produzieren, sondern den Studierenden<br />
grösstmögliche Freiheit zum Experimentieren geben wollte, wie es Verena Gloor im<br />
Interview sagt. Und so zogen viele von uns nach der Ausbildung los, voller Enthusiasmus,<br />
Pläne und Ziele, ihr Tätigkeitsfeld zu suchen, zu finden oder zu er-finden.<br />
Wir arbeiten an Volksschulen, Privatschulen, in sonderpädagogischen Einrichtungen, an<br />
Fachhochschulen, Gymnasien, in der Erwachsenenbildung, als soziokulturelle Animatoren,<br />
Entwicklungshelfer (welch schreckliches Wort!), Designer, Künstler, Erfinder, Unternehmer.<br />
Die Zeiten ändern sich. Das schweizerische Bildungswesen befindet sich in einem radikalen<br />
Umbruch. Aus der Schule für Gestaltung ist die ZHdK geworden. Wer heute hier<br />
Begrüssungsrede F. Aerschmann 1
abschliesst, macht einen „Bachelor oder Master of Arts in Vermittlung von Kunst und<br />
Design“. Lehrer- Kindergärtnerinnen- und Hauswirtschaftsseminarien sind in pädagogischen<br />
Fachhochschulen aufgegangen. Monofach-Ausbildungen gehören, zumindest im<br />
Volksschulbereich, der Vergangenheit an.<br />
Und doch gibt es sie oder besser „uns“ offenbar noch. Individuen, die sich als Werklehrerin<br />
oder Werklehrer verstehen. Zumindest sagt uns dies unsere Mitgliederstatistik. Rund 500<br />
Mitglieder zählt unser Verband – Tendenz stagnierend!<br />
Irgendwann im Laufe ihrer Berufstätigkeit sind die meisten von uns zu Spezialistinnen und<br />
Spezialisten auf ihrem Gebiet geworden, haben ihr Tätigkeitsfeld gefunden, engagieren sich<br />
in einer Institution, identifizieren sich mit ihr oder haben selber ein Projekt ins Leben<br />
gerufen, das unterhalten und entwickelt werden will. Die Spezialisierung scheint die<br />
Identifikation mit dem Verein und der gemeinsamen Ausbildungsstätte jedoch nicht zu<br />
beeinträchtigen. Lange Zeit verstand sich der Verein nicht nur als Berufsverband sondern<br />
auch als Plattform für Werklehrerinnen und Werklehrer, die ein Projekt realisieren wollten,<br />
wie das SAFTVOLL-Projekt von Benedikt Martig.<br />
Was mögen wohl all die Gründe für eine Mitgliedschaft in unserem Verband sein, den Toni<br />
Strittmatter – nicht ganz zu Unrecht – als Ehemaligenverein der Schule für Gestaltung<br />
bezeichnet, so frage ich mich und spekuliere: Ist es die Überzeugung, dass es wichtig ist,<br />
für unseren Fachbereich einzustehen, ist es Standesbewusstsein, sind es gewerkschaftliche<br />
Überlegungen? Oder ist es die freudig erwartete neue WERKSPUREN-Ausgabe, Das<br />
Bulletin? Womöglich Sentimentalität? Vielleicht hat man es einfach noch nicht übers Herz<br />
gebracht, sich abzumelden?<br />
Mit der Bologna-Reform, der veränderten Ausbildungssituation haben sich auch die Themen<br />
des SWV verändert.<br />
Heute entscheiden sich Studienanfänger für einen bestimmten Tätigkeitsbereich – An der<br />
ZHdK sind dies die als V1, V2 und V3 (hätte jemand gerne einen V6) bezeichneten<br />
Ausbildungsrichtungen, an den Pädagogischen Hochschulen wählt man beispielsweise den<br />
Fächerbereich TTG (PHZH)oder GTK (FHNW).<br />
Werklehrpersonen, die noch die „alten“ Ausbildungen genossen haben und über kein von<br />
der EDK anerkanntes Lehrerdiplom oder eine Matura verfügen, geraten heute - vor allem im<br />
Schulbereich – zunehmend unter Druck. Nachqualifikationsmöglichkeiten gibt es zwar. Für<br />
viele auf Erwerbstätigkeit angewiesene Werklehrerinnen und Werklehrer sind diese aber<br />
einfach nicht nutzbar, da der zeitliche Aufwand dafür zu hoch wäre. Welche Perspektiven<br />
werden ihnen also geboten? Müssen sich diese Lehrpersonen damit abfinden, dass sie zu<br />
einer aussterbenden Spezies gehören? Wird man sie früher oder später durch<br />
Fächergruppenlehrpersonen ersetzen oder wird man froh sein, Leute mit einer<br />
Sachkompetenz, wie sie nur in einer Monofach-Ausbildung erworben werden kann, an Bord<br />
zu haben?<br />
Die Zukunft wird es zeigen.<br />
Begrüssungsrede F. Aerschmann 2
Aber nicht nur auf Lehrerbildungsebene hat ein grosser Wandel stattgefunden. Mit dem<br />
interkantonalen Konkordat zur Harmonisierung der Obligatorischen Schulzeit (HarmOS) und<br />
dem Deutschschweizer Lehrplan sind Grossprojekte lanciert, die die Volksschulbildung und<br />
damit sowohl den Arbeitsmarkt als auch die Fächerstruktur und die Fachinhalte verändern<br />
werden. Interessenverbände wie der im vergangenen November Gegründete Verein<br />
NaTech-Education machen ihren Einfluss geltend und lobbyieren für die Förderung von<br />
Technikverständnis an den Volksschulen und Gymnasien und die Resultate der PISA-<br />
Studien tragen das Ihre zur Gewichtung der Fachbereiche bei.<br />
Man darf gespannt sein, welchen Stellenwert der Gestaltungsbereich in der zukünftigen<br />
Volksschulbildung einnehmen wird. Wird dessen Position geschwächt, werden die<br />
Gestaltungsfächer abgewertet, so wird es in Zukunft wohl auch weniger Studierende in<br />
diesem Bereich geben.<br />
Meinen Worten ist unschwer zu entnehmen, welches Thema dem SWV-Vorstand seit<br />
einigen Jahren unter den Nägeln brennt. Wollen wir, dass unser Fachbereich auch weiterhin<br />
fester Bestandteil unseres Bildungssystems und unserer Kultur bleibt, so müssen wir uns<br />
dafür einsetzen, und zwar zusammen mit unseren Partnerverbänden LCH TW und LBG. Wir<br />
müssen Teil nehmen und mitgestalten an diesem Erneuerungsprozess.<br />
Nun möchte ich den Blick aber noch einmal kurz in die Vergangenheit richten und einige für<br />
den SWV prägende Ereignisse erwähnen. Keine Angst, es soll keine Geschichtslektion<br />
werden!<br />
Gegründet wird der Schweizerische Werklehrerinnen- und Werklehrerverein 1978 hier in<br />
Zürich, 1. Präsident ist Adalbert Amrhein. Das Protokoll der Gründunsversammlung ist<br />
leider verschollen. Die genaueren Umstände der Gründung bleiben uns also verborgen, es<br />
sei denn, unter den Anwesenden befände sich ein Mann/eine Frau der ersten Stunde. Dem<br />
Protokoll der ersten GV ist jedenfalls zu entnehmen, dass auch Hunde, Freunde und<br />
Freundinnen herzlich eingeladen waren.<br />
Bis in die Mitte der 80-Jahre ist der SWV ein Verein ohne Untersektionen. Georges Wyss<br />
initiiert die Idee der regionalen Verankerung. Dank seiner Initiative und seinem<br />
unermüdlichen Einsatz entstehen im Laufe der folgenden 10 Jahre 7 Regionalvereine.<br />
Ebenfalls in der Ära Wyss tritt der SWV dem LCH bei. Der LCH muss dafür seine Statuten<br />
ändern. Mit dem Beitritt zum LCH gewinnt der SWV einen wichtigen Partner und kann sich<br />
nun aktiv am bildungspolitischen Geschehen auf nationaler Ebene beteiligen.<br />
1984 erscheint die erste Nummer der WERKSPUREN.<br />
Bestimmte gäbe es noch viele erwähnenswerte Highlights aufzuführen. Ein solches<br />
Highlight will ich hier ganz besonders erwähnen. Eigentlich greift der Begriff Highlight zu<br />
kurz. Viel eher trifft hier der Begriff Dauerbrenner zu. Ihr ahnt es: Gemeint sind die<br />
WERKSPUREN. Seit nunmehr 24 Jahren nämlich, fast ein Vierteljahrhundert lang, plant,<br />
recherchiert, schreibt, redigiert und gestaltet das Team rund um Viktor Dittli (im Moment<br />
Begrüssungsrede F. Aerschmann 3
sind dies Karin Zehnder, Lisa Späni, Regula Bitter, Marianne Preibisch) mit unermüdlichem<br />
Einsatz unsere Fachzeitschrift, die WERKSPUREN. Impulsgeber, Inspirationsquelle,<br />
Austauschplattform, Nachschlagewerk nach innen und Aushängeschild für Fachentwicklung<br />
und Qualitätssicherung nach aussen sind die WERKSPUREN eine Fachzeitschrift, auf die<br />
wir zurecht stolz sein können.<br />
Und ich behaupte, dass wohl das eine oder andere Mitglied dem Verein den Rücken<br />
gekehrt hätte, wären da als letzter Anker nicht noch die WERKSPUREN gewesen.<br />
In den 24 Jahren ihres Bestehens sind nicht weniger als 108 Ausgaben erschienen. 1993<br />
erhielt die Redaktion den Leistungspreis der damaligen SfGZ.<br />
Im Namen des ganzen Vereins möchte ich mich beim WERKSPUREN-Team ganz herzlich<br />
für die geleistete Arbeit bedanken.<br />
Danken möchte ich aber auch allen ehemaligen Präsidentinnen und Präsidenten, den<br />
ehemaligen, scheidenden und aktuellen Vorstandsmitgliedern, den Aktivistinnen und<br />
Aktivisten rund um den Vorstand, die den Verein über all die Jahre erhalten, mitgestaltet<br />
und weiter entwickelt haben.<br />
Mein Dank gilt auch den Regionalvorständen und ihren Präsidentinnen und Präsidenten.<br />
Ohne deren Arbeit der SWV ein Kopffüssler ohne Bodenhaftung wäre.<br />
Aber was wären wir ohne Partner? Ohne Leute und Institutionen die sich gemeinsam mit<br />
uns oder für uns einsetzen. Ich möchte mich ganz herzlich bei der Projektgruppe<br />
Fächerbereich Gestaltung und im Speziellen bei Elisabeth Gaus von der PHZH für ihr<br />
grosses Engagement und die gute Zusammenarbeit bedanken. Und ich bedanke mich bei<br />
Toni Strittmatter, der uns von LCH-Seite seit Jahren mit Rat und Tat zur Seite steht und sich<br />
für unseren Fachbereich einsetzt. Wir werden heute Abend noch von ihm hören.<br />
Und mit diesem Dank möchte ich langsam zum geselligen Teil überleiten:<br />
Dank all denen, die zum Gelingen dieses Festes beigetragen haben oder noch beitragen<br />
werden. Insbesondere Susanne Cetkovic, unserer „Sekretärin“.<br />
Nun wünsche ich uns allen einen unterhaltsamen und hoffentlich unvergesslichen Abend.<br />
Lasst euch kulinarisch verwöhnen von Serge Lunin und seiner Frau und ihrem indischen<br />
Buffet................... Einen kleinen Vorgeschmack haben wir ja schon erhalten.<br />
Viel Vergnügen<br />
Franco Aerschmann, Präsident des SWV 2005 -2008<br />
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