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Nachdenkliches<br />
Deutsch-deutscher Reiseverkehr vor der Wende<br />
Reisen in die Deutsche Demokratische<br />
Republik (DDR) vor 1989<br />
waren mit Mühen <strong>und</strong> Schikanen<br />
verb<strong>und</strong>en: Beantragung der Reisegenehmigung<br />
durch Verwandte<br />
„drüben“, bei Ankunft Anmeldung<br />
beim Hauswart, bei Abreise<br />
Abmeldung beim Hauswart,<br />
verpflichtender Geldumtausch<br />
Westmark in Ostmark, veterinärärztliche<br />
Bescheinigung für den<br />
mitreisenden H<strong>und</strong> <strong>und</strong> anderes.<br />
Etwas weniger kompliziert waren<br />
Einreise <strong>und</strong> Ausreise im grenznahen<br />
Bereich, der sich 50 Kilometer<br />
westlich <strong>und</strong> östlich der Grenze<br />
zwischen der B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong><br />
der DDR erstreckte. Hildesheim<br />
lag in diesem Streifen.<br />
Ein Beispiel unserer mehrfachen<br />
Fahrten in diesen grenznahen<br />
Bereich: Wir verabredeten ein<br />
Treffen in Eisenach mit unseren<br />
Fre<strong>und</strong>en aus dem sächsischen<br />
Vogtland. Am Kontrollpunkt<br />
Helmstedt/Marienborn wurde<br />
unser Auto peinlich kontrolliert.<br />
Sitze ausmontieren, großer Spiegel<br />
unter dem Fahrzeug, Ausweiskontrollen,<br />
Geldumtausch,<br />
Beschlagnahmung einer Kassette<br />
mit autogenem Training <strong>und</strong> eines<br />
Taschenbuchs mit einem Roman<br />
von Heinrich Böll. Die Aufenthaltsgenehmigung<br />
wurde für<br />
den Einreisetag bis 24 Uhr erteilt.<br />
Kurz nach Verlassen der Autobahn<br />
wurden wir von einem Posten<br />
in Zivil daraufhin überprüft,<br />
ob die Autobahn unerlaubterweise<br />
verlassen worden war – im<br />
Transitverkehr nach Westberlin<br />
war die Autobahnstrecke zügig<br />
ohne Umwege zu durchfahren.<br />
In der Hotelgaststätte in Eisenach<br />
zeigte unser Ost-Fre<strong>und</strong><br />
mit stummer Geste in Richtung<br />
Gardine: Abhörwanzen an mindestens<br />
zwei Stellen. Nach einem<br />
Mitropa-Erfrischungsgetränk fuhren<br />
wir in einen Waldweg, weitab<br />
von der Zufahrtsstraße zur Wartburg.<br />
Es sollte uns möglichst niemand<br />
sehen, denn unser Fre<strong>und</strong><br />
durfte als Diplom-Geologe bei<br />
der Wismut-AG keine sogenannten<br />
Westkontakte haben.<br />
Wir packten ein paar begehrte<br />
Westartikel aus, wie Perlonstrümpfe,<br />
Kaffee, Fachliteratur<br />
für den studierenden Sohn,<br />
Fachwerkerartikel <strong>und</strong> anderes.<br />
Über Plauener Spitze <strong>und</strong> erzgebirgische<br />
Schnitzereien für die<br />
Weihnachtszeit durften wir uns<br />
freuen.<br />
Einen Restaurantplatz in Eisenach<br />
zu ergattern, war schwierig<br />
<strong>und</strong> nur mit ausdrücklicher<br />
Genehmigung <strong>und</strong> Einweisung<br />
durch den Kellner. Thüringer Klöße,<br />
die heute in jedem Lokal im<br />
„grünen Herzen Deutschlands“<br />
zu bekommen sind, waren nicht<br />
im Angebot. Der Ober empfahl<br />
Thüringer Stampfkartoffeln als<br />
„Sättigungsbeilage“.<br />
Die Rückreise musste über denselben<br />
Kontrollpunkt wie auf der<br />
Einreise erfolgen, also über Helmstedt/Marienborn,<br />
<strong>und</strong> zwar bis<br />
24 Uhr. In der Dunkelheit, über<br />
unglaublich holprige Straßen <strong>und</strong><br />
schlecht beleuchtete Dorfdurchfahrten,<br />
fast ohne Hinweisschilder<br />
<strong>und</strong> ohne Navigationsgerät –<br />
ein Volkspolizist grinste, als wir<br />
knapp vor 24 Uhr die Kontrollen<br />
passierten.<br />
Wieder zurück im Westen, wurde<br />
sofort eine Tankstelle mit einer<br />
Toilette angefahren, <strong>und</strong> die Angehörigen<br />
wurden über die glücklich<br />
überstandene Reise in den<br />
Osten telefonisch informiert.<br />
Antje <strong>und</strong> Helmut Washausen<br />
Nachdenkliches<br />
Februar/März 2014 | 13