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Theologie des Buches - Kath.de

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Neuzeit meist nur von einem Buch die Re<strong>de</strong>, nämlich <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Heilsgeschichte. Das Buch <strong>de</strong>r<br />

Schöpfung tritt endgültig in <strong>de</strong>n Hintergrund; es verliert seine Relevanz, auch in <strong>de</strong>r Eschatologie,<br />

die meist nur noch als Vollendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Einzelnen bedacht wird, ohne Ausblick auf die universale<br />

Eschatologie und die Vollendung <strong>de</strong>r Schöpfung. 3<br />

Ganz an<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r mittelalterlichen <strong>Theologie</strong>, beson<strong>de</strong>rs bei Bonaventura. Er <strong>de</strong>utet die Dreieinigkeit<br />

als das tiefste Geheimnis <strong>de</strong>r Schöpfung. Der Vater ist <strong>de</strong>r Ursprung aller Dinge, <strong>de</strong>r Heilige<br />

Geist vollen<strong>de</strong>t alles, und <strong>de</strong>r Sohn stellt alles dar. Dies gilt in einem dreifachen Sinn: Als Verbum<br />

increatum ist <strong>de</strong>r Logos das Urbild aller Wirklichkeit, in ihm ist alles geschaffen. Als Verbum incarnatum<br />

umfaßt <strong>de</strong>r Logos aufgrund seines universalen Bezugs zur Welt alle Seinsweisen und erwirkt<br />

darin die universale Versöhnung und Vollendung <strong>de</strong>r Schöpfung: In <strong>de</strong>r Menschwerdung offenbart<br />

sich das Urbild als das vollkommenste Abbild. Als Verbum inspiratum schließlich bleibt <strong>de</strong>r Logos<br />

in <strong>de</strong>r Geschichte fortdauernd inkarniert, nämlich im Sprechen Gottes, durch das <strong>de</strong>m Menschen<br />

4<br />

alles offenbar wird, da es ihm die Mitte <strong>de</strong>r Geschichte erhellt.<br />

Weil alles auf <strong>de</strong>n Logos hin geschaffen ist, versteht Bonaventura die Schöpfung als das »Ursakrament«<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Glaubens, nicht nach <strong>de</strong>m Prinzip »causa relucet in effectu«, son<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>r Intention<br />

Gottes, sich in <strong>de</strong>n Dingen zu offenbaren. Was <strong>de</strong>r Mensch durch <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>nfall verloren hat,<br />

erkennt er durch die Offenbarung wie<strong>de</strong>r neu, nämlich <strong>de</strong>n Sinn <strong>de</strong>r Welt, jenes ersten <strong>Buches</strong> <strong>de</strong>r<br />

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Schöpfung vor <strong>de</strong>m Fall. Der Kosmos ist nicht die Offenbarung Gottes, auch nicht Gottes<br />

Ebenbild, wohl aber trägt er die »vestigia Dei« in sich. Um diese Spuren Gottes in <strong>de</strong>r Natur weiß,<br />

wer Gottes Offenbarung kennt; <strong><strong>de</strong>s</strong>halb ist das Buch <strong>de</strong>r Heiligen Schrift zugleich <strong>de</strong>r Schlüssel zur<br />

Erkenntnis <strong><strong>de</strong>s</strong> Kosmos. Das Buch <strong>de</strong>r Heiligen Schrift hilft <strong>de</strong>m Menschen, das Buch <strong>de</strong>r Schöpfung<br />

neu zu <strong>de</strong>uten, in<strong>de</strong>m er in <strong>de</strong>r Schöpfung neu die Heilswahrheiten abzulesen und zu verstehen<br />

lernt, wie Abraham in <strong>de</strong>n zahlreichen Sternen am Himmel die Größe seiner Nachkommenschaft<br />

schaut, Jakob im Traum die Leiter, auf <strong>de</strong>r die Engel auf- und nie<strong>de</strong>rsteigen, und Ijob im<br />

Schauen auf die Gestirne seine wirkliche Größe vor Gott erfährt. Wer so das Buch <strong>de</strong>r Natur aus<br />

<strong>de</strong>m Buch <strong>de</strong>r Heiligen Schrift zu <strong>de</strong>uten versteht, erkennt Gottes Gegenwart in <strong>de</strong>r Schöpfung.<br />

Das Zueinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Bücher <strong><strong>de</strong>s</strong> Glaubens, nämlich <strong>de</strong>r Schöpfung und <strong>de</strong>r Heiligen Schrift,<br />

gehört zum Grundgepräge <strong>de</strong>r christlichen Schöpfungstheologie, wie sie das Neue Testament<br />

überliefert. Der Menschensohn kam, um alles auf sich hin zusammenzufassen, Himmel und Er<strong>de</strong>,<br />

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Schöpfung und Menschheit. Dazu hat er sich <strong>de</strong>m Menschen auf innigste Weise gleichgestaltet ,<br />

damit dieser aus <strong>de</strong>r Ähnlichkeit mit <strong>de</strong>m Menschensohn zum Heil fin<strong>de</strong>t: »mitgekreuzigt, mitbegraben,<br />

mitauferstan<strong>de</strong>n, mitaufgefahren«. Diese Schicksalsgemeinschaft mit <strong>de</strong>m Menschensohn<br />

erhält ihren unmittelbaren Ausdruck in <strong>de</strong>r Feier <strong>de</strong>r Liturgie. Sie macht <strong>de</strong>utlich, daß das Leben in<br />

Christus nicht bloß ethisch im Sinn einer äußeren Nachahmung zu verstehen ist, son<strong>de</strong>rn kosmische<br />

Dimensionen hat.<br />

3<br />

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5<br />

6<br />

Zum Folgen<strong>de</strong>n: K. Koch, Schöpfung als Sakrament. Christliche Schöpfungstheologie jenseits von Gottlosigkeit und<br />

Vergöttlichung <strong>de</strong>r Welt, in: R. Liggenstorfer (Hg.), Schöpfung und Geschichte (FS Paul Mä<strong>de</strong>r). Romanshorn 1991, 31-53, hier<br />

31-52.<br />

Vgl. hierzu vom Verf., Die theologische Aus<strong>de</strong>utung von Schöpfung und Heiliger Schrift bei Bonaventura, in: ThPh 69 (1994)<br />

373-389.<br />

Augustinus, Enarrationes in psalmos, VIII,8 (PL 66,112).<br />

Nicht zuletzt aufgrund <strong>de</strong>r Menschwerdung als Schlüssel für die <strong>Theologie</strong> <strong>de</strong>r Schöpfung ist es mißverständlich, von »Schöpfung<br />

als Sakrament« zu sprechen.<br />

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