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Theologie des Buches - Kath.de

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spricht von einem »Traditionsknick«, <strong>de</strong>r »das mittlere 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt in Deutschland kennzeichnet<br />

... Die neue Musikkultur, <strong>de</strong>ren Beginn Scheibe signalisierte, ist die bürgerliche, <strong>de</strong>ren Anfänge<br />

gekennzeichnet sind durch das Anwachsen <strong><strong>de</strong>s</strong> Liebhabertraums, <strong><strong>de</strong>s</strong> Publikums, <strong>de</strong>r Kritik,<br />

auch z.B. durch die Umbetonung <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortes Músik (von lat. Musica) zu Musík (von franz.<br />

Musique), durch <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r schönen Künste (die Charles Batteux 1746 kodifizierte) und durch<br />

<strong>de</strong>ren Philosophie, die 1750 von Alexan<strong>de</strong>r Baumgarten begrün<strong>de</strong>te Ästhetik. Es entstand in<br />

zunehmen<strong>de</strong>m Maße und zunächst ohne allzu hohe Ansprüche annehmliche, publikumsbezogene,<br />

ästhetische Musik, die als solche auf Schönheit, auf Hinhör-Effekte und sinnliche Eingängigkeit<br />

bedacht war.« Der Musiker wird zum Genius, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Reichtum seiner Gefühle, Stimmungen und<br />

vor allem seines Talents in Musik umzusetzen und <strong>de</strong>m Publikum darzustellen versteht; diesen<br />

Reichtum fin<strong>de</strong>t er in sich selbst, nicht mehr im Buch <strong>de</strong>r Schöpfung und in <strong>de</strong>n Ordnungen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Lebens und <strong>de</strong>r Heiligen Schrift, <strong>de</strong>nn diese lassen sich nicht mehr entziffern. Kants »Kritik <strong>de</strong>r<br />

Urteilskraft« führt zu <strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>rschmettern<strong>de</strong>n Einsicht, »daß hienie<strong>de</strong>n keine Wahrheit zu fin<strong>de</strong>n<br />

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ist« , <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Text Gottes ist in <strong>de</strong>r Natur nicht (mehr) lesbar. Heinrich Kleist resümiert: »Mein<br />

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einziges, mein höchstes Ziel ist gesunken, und ich habe keines mehr.« Der Mensch <strong>de</strong>r Neuzeit<br />

vermag nicht mehr im Buch <strong>de</strong>r Schöpfung die Schriftzüge Gottes zu ent<strong>de</strong>cken.<br />

3. Das Buch <strong>de</strong>r Heiligen Schrift<br />

Auch wenn in <strong>de</strong>r <strong>Theologie</strong> und kirchlichen Verkündigung das Buch <strong>de</strong>r Schöpfung kaum mehr<br />

eine Rolle spielt, behält das Buch <strong>de</strong>r Heiligen Schrift seit alttestamentlichen Zeiten bis heute seine<br />

zentrale Be<strong>de</strong>utung. Auf vielfältige Weise und in recht unterschiedlichen Bezügen ist in <strong>de</strong>r Heiligen<br />

Schrift von ihr als Buch Gottes die Re<strong>de</strong>.<br />

Mose hält zwei Tafeln in <strong>de</strong>r Hand: »Mose kehrte um und stieg <strong>de</strong>n Berg hinab, die zwei Tafeln <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>urkun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Hand, die Tafeln, die auf bei<strong>de</strong>n Seiten beschrieben waren. Auf <strong>de</strong>r einen<br />

wie auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite waren sie beschrieben. Die Tafeln hatte Gott selbst gemacht, und die<br />

Schrift, die auf <strong>de</strong>n Tafeln eingegraben war, war Gottes Schrift« (Ex 32,15f.). Nicht in Bil<strong>de</strong>rn wie<br />

bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Völkern haben die Ju<strong>de</strong>n ein Zeichen Gottes erhalten, son<strong>de</strong>rn in Buchstaben, von<br />

Gott aufgeschrieben. Statt <strong>de</strong>r Bildkultur <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Völker wird das Volk Israel in das Lesen<br />

eingeführt.<br />

In das himmlische Gerichtsbuch sind die Sün<strong>de</strong>n Judas eingetragen (Jer 17,1; Dan 7,10), im Buch<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Lebens hingegen die Namen all <strong>de</strong>r Auserwählten verzeichnet, die vom Gericht verschont<br />

bleiben (Dan 12,1). In <strong>de</strong>r Apokalypse wer<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> Bücher in <strong>de</strong>r gleichen Szene angeführt (Apk<br />

10.12). Über <strong>de</strong>n letzten Verbleib <strong><strong>de</strong>s</strong> Menschen heißt es: »Als ich gebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> im Dunkel,<br />

gewoben in <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>: Schon sahen <strong>de</strong>ine Augen auf meine Tage, in <strong>de</strong>in Buch sind sie alle<br />

geschrieben« (Ps 39,15). Neben <strong>de</strong>m Rechts- und Lebensbuch gibt es noch ein drittes Buch,<br />

nämlich das schon erwähnte Buch <strong>de</strong>r Schöpfung und <strong>de</strong>r Welt. Die siebenfach versiegelte<br />

Schriftrolle, von <strong>de</strong>m die Apokalypse spricht, läßt die Weltgeschichte als das Ausrollen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

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L. Muth, Kleist und Kant. Köln 1954.<br />

An Wilhelmine von Zenge, 22.3.1801.<br />

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