Leitlinien Verbrennungen.pdf - Klinikum Bielefeld gem. GmbH
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Die hier aufgeführten <strong>Leitlinien</strong> sind ein Leitfaden zur Standardisierung von<br />
diagnostischen und therapeutischen Prozeduren.<br />
Die Indikationsstellung und Durchführung sind in jedem Fall eine<br />
ärztliche Tätigkeit und unterliegen der individuellen Verantwortung, die<br />
klinikinternen <strong>Leitlinien</strong> sollen dabei eine Entscheidungshilfe geben. Bei<br />
Unklarheiten oder abweichenden Situationen ist Rücksprache mit einem<br />
Oberarzt oder dem Chefarzt zu halten!<br />
PD Dr. M .Löhnert<br />
<strong>Leitlinien</strong> zur Therapie von <strong>Verbrennungen</strong><br />
0. Definition<br />
Verbrennung = Gewebsschädigung unter Hitzeeinwirkung von mehr als 50°<br />
Hauttemperatur<br />
Die Tiefe der Verbrennung wird in drei Schweregrade eingeteilt:<br />
KLINIK FÜR ALLGEMEINCHIRURGIE<br />
UND KOLOPROKTOLOGIE<br />
KOMPETENZZENTRUM FÜR COLOPROKTOLOGIE<br />
KOMPETENZZENTRUM FÜR CHIR. ENDOSKOPIE<br />
Chefarzt:<br />
Prof. Dr. h.c. (Tash PMI) Dr. med. Mathias<br />
Löhnert<br />
e-mail: mathias.loehnert@klinikumbielefeld.de<br />
An der Rosenhöhe 27<br />
33647 <strong>Bielefeld</strong><br />
Telefon: 05 21.9 43 - 81 01<br />
Telefax: 05 21.9 43 - 81 99<br />
e-mail: chirurgie-R@klinikumbielefeld.de<br />
Sekretariat:<br />
Frau Schimmel: 0521 / 943-8101<br />
Schweregrad: Verbrennung I° Verbrennung II°a Verbrennung II°b Verbrennung III<br />
Äußere<br />
Erscheinung:<br />
Erythem<br />
(wegdrückbar)<br />
Erythem<br />
(wegdrückbar)<br />
Pathophysiologie: Ödem Blasenbildung,<br />
Wunde feucht<br />
Erythem (kaum<br />
wegdrückbar)<br />
Korium weißlich<br />
Blasenbildung,<br />
Wunde feucht<br />
Wunde gelbich<br />
bis schwar, prall,<br />
hart, trockene<br />
Hautfetzen<br />
Trocken,<br />
glänzend,<br />
Hautvenen<br />
thrombosiert<br />
Schmerzempfinde Schmerz Schmerz Schmerz Kein Schmerz<br />
n:<br />
Nadelstichtest: Positiv Positiv Beding positiv Negativ<br />
(erst bei tiefem<br />
Einstich)<br />
Hautanhangsgebil<br />
de:<br />
Intakt Intakt, Haare<br />
halten<br />
Bedingt intakt,<br />
Haare halten<br />
Ohne Haftung im<br />
Untergrund,<br />
Haare fallen ab<br />
knapp<br />
Vereinzelt wird in Lehrbüchern eine Verbrennung IV° beschrieben: Überschreiten der<br />
Verbrennungstiefe über die Subcutis hinaus auf Faszie und Muskulatur (Verkohlung).<br />
Diese Unterscheidung ist historisch begründet und hat keine therapeutischen<br />
Konsequenzen, ist deshalb weitgehend verlassen worden.<br />
0.1 Pathopysiologie<br />
Durch die Verbrennung verliert die Haut ihre Aufgaben als Schutzorgan mit<br />
Barrierefunktion, Ausscheidungsorgan, Sinnesorgan und Regulationsorgan.<br />
Entstehung eines Zirkulus vitiosus aus<br />
Anstieg der Gefäßpermeabilität<br />
Absinken des Plasmavolumens<br />
Abnahme des onkotischen Druckes<br />
Erhöhung des peripheren Widerstandes<br />
Zunahme der Vasokonstriktion<br />
Abnahme des Herz-Zeit-Volumens<br />
<strong>Klinikum</strong> <strong>Bielefeld</strong> <strong>gem</strong>. <strong>GmbH</strong><br />
Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />
Amtsgericht <strong>Bielefeld</strong> HRB 35642 - Geschäftsführer: Michael Ackermann - Aufsichtsratsvorsitzender: Detlef Werner<br />
www.klinikumbielefeld.de
2<br />
1. Diagnostik<br />
1.1 Notwendige Diagnostik<br />
Anamnese:<br />
Kriterien (welche, wie lange):<br />
Welche Art von Hitzeeinwirkung (offenes Feuer, heiße<br />
Flüssigkeit, Strom, Funkenflug, heiße Luft/Gase, ätzende<br />
chemische Substanzen)<br />
Bewusstlosigkeit?<br />
Dauer der Exposition?<br />
Inhalationstrauma möglich?<br />
Tetanusschutz vorhanden?<br />
Klinische Untersuchung: Kriterien:<br />
Vitalfunktionen (Atmung, Kreislaufparameter)<br />
Tiefe der Verbrennung (siehe oben, Einteilung in 1.-3-<br />
Grades)<br />
Flächenausdehnung der Verbrennung, Dokumentation auf<br />
Verbrennungsbogen der Berufsgenossenschaften,<br />
Bestimmung des Anteils der verbrannten Körperoberfläche<br />
in Prozent:<br />
Neuner-Regel nach Wallace: Einteilung der<br />
Körperoberfläche in kleinste <strong>gem</strong>einsame Vielfache von<br />
„9“<br />
Handflächenregel: Handfläche des Patienten = 1 % der<br />
Körperoberfläche<br />
Einteilung in:<br />
Leichte Brandverletzungen:<br />
- Verbrennung I° bis ca. 20% bei Erwachsenen oder<br />
ca. 10% bei Kindern<br />
- Verbrennung II° bis max. 10% bei Erwachsenen<br />
oder ca. 5% bei Kindern<br />
- Verbrennung III° von weniger als 2% der<br />
Körperoberfläche<br />
Mittelschwere Brandverletzungen:<br />
- Verbrennung I° über 20% bei Erwachsenen oder<br />
über 10% bei Kindern<br />
- Verbrennung II° zwischen 10 und 20% bei<br />
Erwachsenen oder 5 bis 10% bei Kindern<br />
- Verbrennung III° von weniger als 10% bei<br />
Erwachsenen oder Kindern<br />
- <strong>Verbrennungen</strong> mit weniger % der Körperoberfläche<br />
aber Beteiligung von Händen, Füßen, Gesicht, Hals<br />
und Genitalbereich<br />
Schwere Brandverletzungen:<br />
- <strong>Verbrennungen</strong> IIb° oder III° mit einer Ausdehnung<br />
von mehr als 20% bei Erwachsenen oder mehr als<br />
10% bei Kindern<br />
- Alle Verletzungen durch elektrischen Strom oder<br />
ätzende chemische Substanzen<br />
Schwerste Brandverletzungen:<br />
- Alle schweren Brandverletzungen mit zusätzlichem<br />
Inhalationstrauma<br />
Überwachung der Vitalfunktionen<br />
1.2 Ergänzende Untersuchungen:<br />
Röntgenthorax- Aufnahme bei V.a. Inhalationstrauma<br />
Bronchoskopie bei V.a. Inhalationstrauma
3<br />
Ggf. Augen- und HNO-ärztliches Konsil bei <strong>Verbrennungen</strong> im Gesicht<br />
Ggf. Messung der Körperkerntemperatur bei zu langer „therapeutischer“ Kühlung der<br />
Verbrennung im Rahmen der ersten Hilfe<br />
2. Therapie<br />
Sicherung eines peripher-venösen Zuganges bei mittelschweren bis schwersten<br />
<strong>Verbrennungen</strong><br />
Volumensubstitution<br />
Ggf. Tetanus-Simultan-Impfung, bzw. Auffrischung<br />
Primäre Therapie (am Unfallort) grundsätzlich:<br />
Kühlung mit kaltem Wasser (Vermeiden des<br />
„Nachbrennens“) bis zur Schmerzfreiheit<br />
Entfernung der Kleidung von den verbrannten Hautarealen,<br />
soweit dies möglich ist<br />
Primäre Abdeckung der verbrannten Areale mit sauberen<br />
Tüchern (Leinen, keine Wolldecken!), besser mit Metalline<br />
® in funktionsgerechter Lagerung<br />
Großzügige Analgetikatherapie<br />
Leichte <strong>Verbrennungen</strong>:<br />
Können im All<strong>gem</strong>einen ambulant behandelt werden<br />
Bedürfen meist gar keiner weiteren Therapie außer Kühlung<br />
IIa° -ige <strong>Verbrennungen</strong>: Abtragen der Brandblasen als Primärtherapie, offene oder<br />
geschlossene Wundbehandlung (siehe unten)<br />
IIb° - und III° -ige <strong>Verbrennungen</strong>: möglichst frühzeitige tangentiale oder epifasciale<br />
Exzision, am besten mit Beendigung der Schockphase, Defektbehandlung zunächst<br />
mittels geschlossener Wundbehandlung und elektive plastische Defektdeckung<br />
Tangentielle Nekrosektomie: schichtweises Abtragen der verbrannten Schichten bis zur<br />
„gesunden“ Wundoberfläche<br />
Vorteile: guter Transplantationsgrund der intakten dermalen<br />
Anteile, gute kosmetische Ergebnisse<br />
Nachteil: relativ hoher Blutverlust<br />
Epifasciale Nekrosektomie:<br />
Vorteile: einfaches Verfahren, geringer Blutverlust, gute<br />
Einheilung der Transplantate auf der Faszie<br />
Nachteile: sichtbare kosmetische Beeinträchtigung,<br />
schlechter Transplantationsgrund bei verbliebenem<br />
subkutanem Fett<br />
Offene Wundbehandlung: „Freiluftbehandlung“, ggf. in Form einer Salbenauflage ohne<br />
Verband<br />
Geschlossene Wundbehandlung: Vorübergehende Anwendung eines Mediums als<br />
„Hautersatz“:<br />
Salbenverband<br />
Gerbung der Haut / Wundfläche<br />
Temporärer Hautersatz durch menschliches, tierisches oder<br />
industriell gefertigtes Material<br />
Defektdeckungstechniken:<br />
Autologe Transplantation<br />
Vollhaut, Entnahmestellen: besonders Leistenregion<br />
Meshgraft, Entnahmestellen: besonders Oberschenkel<br />
oder Kopfhaut<br />
Keratinozytenzüchtung<br />
Homologe Transplantation<br />
Frische Haut<br />
Kryo- /glycolkonservierte Haut
Amnion<br />
Allogene Keratinozytenzüchtung<br />
Xenologe Transplantation<br />
Schweinehaut<br />
Synthetischer Hautersatz<br />
Epigard®, Geliperm® etc.<br />
Wenn die Verbrennungsschädigung die eignen therapeutischen Möglichkeiten<br />
(Intensivstation, operatives know-how) übersteigt, ist eine zügige Verlegung in ein<br />
Verbrennungszentrum erforderlich<br />
Kontaktadresse Plastische Chirurgie Mitte!<br />
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