13.02.2014 Aufrufe

10. Ausgabe End.pub - KAPP Rechtsanwalts GmbH

10. Ausgabe End.pub - KAPP Rechtsanwalts GmbH

10. Ausgabe End.pub - KAPP Rechtsanwalts GmbH

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Seite 6<br />

NEWSLETTER<br />

Insolvenzrecht<br />

Die Wirtschaftskrise als Nagelprobe für das US-amerikanische Chapter 11<br />

“Die 3 wichtigsten<br />

Grundsätze eines<br />

typischen Chapter<br />

11-Verfahrens sind<br />

„automatic stay“<br />

(die amerikanische<br />

Version der Prozesssperre),<br />

der<br />

„good-faith“ Grundsatz<br />

und die<br />

„absolute-priorityrule“.“<br />

Das US-amerikanische Chapter<br />

11-Verfahren hat anlässlich<br />

der Weltwirtschaftskrise<br />

erneut auf sich aufmerksam<br />

gemacht. Durch seine<br />

Schnelligkeit und die schuldnerfreundlichen<br />

Regelungen<br />

besteht schon lange auch in<br />

Österreich die Forderung<br />

nach seiner Einführung. Doch<br />

sind diese insolvenzrechtlichen<br />

Bestimmungen überhaupt<br />

krisentauglich?<br />

Verfahrensgrundsätze<br />

Die 3 wichtigsten Grundsätze<br />

eines typischen Chapter 11-<br />

Verfahrens sind „automatic<br />

stay“ (die amerikanische<br />

Version der Prozesssperre),<br />

der „good-faith“ Grundsatz<br />

und die „absolute-priorityrule“.<br />

Die gerichtliche Bestätigung<br />

des Reorganisationsplans<br />

setzt voraus, dass der<br />

eingereichte Plan in „good<br />

faith“ abgegeben wurde und<br />

daher nicht gegen die bestehenden<br />

Gesetze verstößt. Die<br />

Einteilung der Gläubiger in<br />

verschieden Klassen nennt<br />

sich „absolute-priority“ Prinzip.<br />

So gibt es z.B. eine eigene<br />

Klasse für Pfandgläubiger,<br />

für unbesicherte Gläubiger<br />

und für Forderungen der Finanzverwaltung.<br />

Die Verteilung<br />

des Massevermögens<br />

richtet sich nach diesen Klassen,<br />

wobei eine niedrige Klasse<br />

dann nicht mehr zum Zug<br />

kommt, wenn kein Vermögen<br />

mehr übrig ist. Daher spielt<br />

es für die Gläubiger eine wesentliche<br />

Rolle in welche<br />

Klasse sie fallen. Doch genau<br />

dieses Prinzip scheint bei den<br />

großen Insolvenzen von<br />

Chrysler und General Motors<br />

(GM) verletzt worden zu sein.<br />

Chrysler-Insolvenz<br />

Das am 30.4.2009 eingeleitete<br />

Chapter 11-Verfahren<br />

von Chrysler hatte von Anfang<br />

an Ausnahmecharakter.<br />

Die Dauer eines durchschnittlichen<br />

Chapter 11-Verfahren<br />

beträgt zwischen 6 Monaten<br />

und 3 Jahren, jedoch durch<br />

die außergewöhnlich hohen<br />

von staatlicher Seite bereitgestellten<br />

Finanzmittel, betrug<br />

das Verfahren bei Chrysler<br />

nur 6 Wochen. Der Staat wollte<br />

dieses Verfahren so<br />

schnell wie möglich abwickeln,<br />

aber auf der anderen<br />

Seite konnten dadurch diverse,<br />

für das Chapter 11-<br />

Verfahren geltene Verfahrensgrundsätze,<br />

nicht eingehalten<br />

werden. So wurde<br />

das “absolut-priority“ Prinzip<br />

nicht ausreichend beachtet<br />

und daher Gläubigerschutzrechte<br />

verletzt. Schließlich<br />

zeichnete sich das Verfahren<br />

durch ein enormes Informationsdefizit<br />

aufseiten der Gläubiger<br />

aus. In einem bloß 39<br />

Tage dauernden Verfahren<br />

folgte die GM Insolvenz dem<br />

gleichen Muster wie Chrysler.<br />

Auch bei dieser Insolvenz wurde<br />

das „absolute-priority“ –<br />

Prinzip missachtet und somit<br />

(unbesicherte) Gläubiger gegenüber<br />

anderen gleichrangigen<br />

Gläubigern bevorzugt behandelt.<br />

Fazit<br />

Wie es die Insolvenzverfahren<br />

von Chrysler und GM bewiesen<br />

haben, ist das Chapter 11-<br />

Verfahren noch nicht fehlerfrei,<br />

jedoch hat es auf alle<br />

Fälle positive Ansätze, wie z.B.<br />

die schnelle Abwicklung und<br />

Sanierung. Der größte Nachteil<br />

dieses Verfahrens ist die<br />

Schuldnerfreundlichkeit, was<br />

zu Problemen mit den Gläubigerschutzrechten<br />

führt. In der<br />

Zukunft bedarf es wohl einer<br />

verstärkten Initiative um diese<br />

Probleme zu beseitigen und so<br />

das Verfahren wirklich krisentauglich<br />

zu machen.<br />

Insolvenzrecht - kurz notiert<br />

Bestandrechte in der Insolvenz<br />

Wer ein Unternehmen im<br />

Wege der Insolvenz erwirbt,<br />

haftet mangels ausdrücklicher<br />

Übernahme von Mietzinsschulden<br />

des Veräußereres<br />

gem § 1409a ABGB für<br />

diese auch dann nicht, wenn<br />

er als Bestandsnehmer in<br />

das Bestandsverhältnis des<br />

Veräußerers eintritt. (2Ob<br />

44/09y)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!