Profil Case Manager/-innen - Sozialhilfe
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ANFORDERUNGSPROFIL<br />
FÜR CASE-MANAGER/INNEN<br />
Professionalität in der Sozialarbeit<br />
Zur besseren Lesbarkeit enthält der Text die männliche Form.<br />
Annette Elbert, Teamleiterin <strong>Case</strong>-Management-Beratung<br />
Im Kontext des <strong>Case</strong>-Management-Verfahrens der <strong>Sozialhilfe</strong> der Stadt Basel ergibt sich für die <strong>Case</strong>-<br />
<strong>Manager</strong>Innen ein Anforderungsprofil, welches, bezüglich der beruflichen Voraussetzungen, auf die<br />
Sozialarbeit zugeschnitten ist. <strong>Case</strong>-Management in der <strong>Sozialhilfe</strong> ist somit eine Erweiterung und<br />
Vertiefung des methodischen Handlungsrepertoires und als Weiterentwicklung der beruflichen<br />
Kompetenzen der sozialen Arbeit zu verstehen, jedoch kein eigenständiger Beruf.<br />
Professionalisierung im <strong>Case</strong>-Management bedeutet demnach, dass sich Fachkräfte auf der Basis<br />
ihrer bereits erworbenen beruflichen Kompetenzen weiterqualifizieren, um ein klar erkennbares<br />
Kompetenzprofil zu erfüllen.<br />
DIE BERATUNG IM CASE-MANAGEMENT-VERFAHREN<br />
Die Beratung stellt zum einen das Kerngeschäft sozialer Arbeit dar und ist zum andern eine Grundvoraussetzung,<br />
um das <strong>Case</strong>-Management-Verfahren überhaupt durchführen zu können. Die <strong>Case</strong>-<br />
Management-Beratung in der <strong>Sozialhilfe</strong> wird unabhängig von der parallel laufenden wirtschaftlichen<br />
Hilfe geführt.<br />
Zu Beginn des Unterstützungsprozesses wird vom <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> eine intensive Klärungshilfe gefordert,<br />
in welcher er die Funktion eines Beraters einnimmt. Das Gelingen des <strong>Case</strong>-Management-Konzepts<br />
hängt davon ab, inwieweit der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> ein Vertrauensverhältnis herstellen kann, um<br />
den Klienten in den Unterstützungsprozess aktiv einbinden zu können. Die professionelle Beziehung<br />
zwischen <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> und Klient ist entscheidend für den Prozess. Umfassende Fallverantwortung<br />
erfordert unter anderem Beziehungsarbeit, so dass der Prozess emotional und inhaltlich reflektiert<br />
werden kann, Eigenkräfte (Empowerment) entwickelt werden können und eine verantwortliche<br />
Ansprechperson ohne Hemmschwelle konsultiert werden kann.<br />
Die Klienten der <strong>Sozialhilfe</strong> befinden sich in Situationen des Mangels, der Benachteiligung und der<br />
gesellschaftlichen Ausgrenzung. Daher ist es unabdingbar dass diese Menschen in ihrem Bestreben<br />
unterstützt werden, ihre Angelegenheiten wieder selbst in die Hand zu nehmen, sich ihren Fähigkeiten<br />
bewusst werden und ihre Ressourcen zu einer selbstbestimmten Lebensführung nutzen lernen.<br />
Die professionelle Beziehung und das methodische Verfahren müssen so gehandhabt werden, dass<br />
die Hilfe für die Klienten in ihrer individuellen und sozialen Belastungssituation wirksam werden<br />
kann. Grundsätzlich hat der Ratsuchende das Entscheidungsrecht über die Umsetzung der Beratungsinhalte.<br />
Dies bildet die motivationale Basis für den Beratungsprozess. Der bewusste Entscheid<br />
ist somit eine notwendige Fiktion, die beiderseitige Einwilligung, in den Beratungsprozess einzusteigen.<br />
Die <strong>Case</strong>-Management-Beratung in der <strong>Sozialhilfe</strong> ist jedoch nur im Kontext der gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen zu verstehen, indem der Klient mehrere Angebote bekommt, bei denen<br />
er auswählen kann, mit allen Konsequenzen, die eine Entscheidung mit sich bringt.
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Folgende Grundannahmen und -prinzipien sind bei der Beratung zu beachten:<br />
• Der Klient wird in seinem Mensch-Sein akzeptiert. Zu unterscheiden ist dabei zwischen ihm als<br />
Mensch und seinem Verhalten und seinen Handlungen, die nicht unbedingt gebilligt werden<br />
müssen, insbesondere dann, wenn diese Verhaltensweisen andere schädigen.<br />
• Die Beratung erfolgt immer mit der grundlegenden Einstellung, dass sich der Klient ändern<br />
kann, möglicherweise muss (ihm) dafür ein anderer Rahmen geschaffen werden.<br />
• Der Klient deutet und interpretiert seinen Alltag und die darin liegenden Handlungen nach<br />
eigenen Kriterien.<br />
• Der Klient ist auch in Bezug auf seine belastenden Situationen und Problemlagen sein eigener<br />
Experte. Er weiss am besten, was in seiner Situation wirkt.<br />
DIE ROLLE DES CASE-MANAGERS<br />
Die Rolle des <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong>s verlangt kooperative, proaktive und klientenzentrierte Beziehungen,<br />
in denen sich für den Klienten der Ertrag der Versorgung fördern und maximieren lässt. Im <strong>Case</strong>-<br />
Management-Verfahren hat der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> eine Schlüsselfunktion. Er ist für den Klienten<br />
Ansprechs- und Bezugsperson. Er setzt sich unabhängig und anwaltschaftlich für die Klärung des<br />
Bedarfs und der Planung sowie die Umsetzung der Hilfen ein. Als Koordinator organisiert und<br />
steuert der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> den Hilfeprozess mit den Akteuren. In welchem Umfang der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong><br />
Unterstützung in alltäglichen Lebensaufgaben selbst anbietet oder diese koordiniert, ist von der<br />
jeweiligen Situation des Klienten und den personellen Möglichkeiten abhängig. Demnach können<br />
dem <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> drei Grundfunktionen zugeteilt werden:<br />
1) Systemagent<br />
2) Kundenanwalt<br />
3) Versorgungsmanager<br />
Systemagent:<br />
Er sorgt beim Leistungsanbieter dafür, dass die mit dem Klienten vertraglich übernommene Aufgaben<br />
zielwirksam ausgeführt werden. Er ist Ansprechpartner des Klienten, koordiniert den dienstlichen<br />
Einsatz und ist in den Fällen, die er betreut, für die Qualtitätssicherung zuständig. Er vertritt<br />
die Einrichtung in allen den Klienten betreffenden Angelegenheiten. In einer Variante übernimmt<br />
der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> vor allem Informations- und Vermittlungsaufgaben. In einer andern Variante<br />
begleitet er den Leistungsnehmer auf seinem Weg durch die Stationen seiner Versorgung.<br />
Kundenanwalt:<br />
In dieser Funktion steht der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> den Klienten zur Verfügung, klärt mit ihnen den Unterstützungs-<br />
oder Versorgungsbedarf ab und steht ihnen bei der Beantragung von Leistungen zur<br />
Seite. Er kennt die Anspruchskriterien und weiss, wie an Behörden oder Versicherungen heranzutreten<br />
ist. Der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> begleitet die Klienten gegebenenfalls als Sachverwalter während der<br />
Zeit, in der sie unterstützt werden. Dies kann auch bedeuten, dass der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> Beschwerden<br />
des Klienten nachgeht oder seine (berechtigen) Wünsche weitergibt. Andererseits hat der <strong>Case</strong>-<br />
<strong>Manager</strong> Interessen anderer Parteien zu vertreten.<br />
Versorgungsmanager:<br />
Hier ist der <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong> zuständig für eine ordnungsgemässe und erfolgreiche Leistungserbringung.<br />
Entweder ist er Agent des Leistungsträgers und von ihm dazu angestellt, die Angemessenheit<br />
des Versorgungsangebots zu beobachten, die zweckmässige und kostengünstige Erbringung der<br />
Dienstleistungen zu kontrollieren und Beschwerden der Klienten nachzugehen. Oder er ist mit diesen<br />
Aufgaben in einem Dienstleistungsbetrieb betraut, fungiert also in ihm als Qualitätsmanager.
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VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN CASE-MANAGER<br />
SIND FOLGENDE SPEZIFISCHE QUALIFIKATIONEN<br />
• Fähigkeit, komplexe und intransparente Situationen zu erkennen, zu erfassen<br />
und zu analysieren und daraus adäquate Schlüsse zu ziehen<br />
• Fähigkeit zum systematischen und zielorientierten Denken und Handeln<br />
(Festlegen von Prioritäten, Erstellen der Hilfepläne usw.)<br />
• Differenzierte Kenntnisse über das Verfahren <strong>Case</strong>-Management und die institutionellen<br />
Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Verfahrensschritte<br />
• Gute Kenntnisse über das soziale und sozialversicherungsrechtliche Dienstleistungssystem<br />
• Ausgeprägte Kommunikationskompetenz und gutes Verhandlungsgeschick<br />
• Erfahrung in professioneller Beratung<br />
• Fähigkeit, Ressourcen zu erkennen und nutzbringend einzusetzen<br />
• Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit<br />
• Fähigkeit, interdisziplinäre Kooperationen zu planen und zu gestalten<br />
• Sozialadministrative Kompetenzen für die Bewältigung des Leistungserbringsprozesses<br />
und für die Falldokumentation<br />
• Kompetenz in Projektmanagement (Planung und Steuerung von Prozessen)<br />
• Durchsetzungsvermögen (verhandeln, anwaltschaftliches Mandat)<br />
FAZIT<br />
Die aufgezeigten Kompetenzen sind erforderlich, um die generalistische <strong>Case</strong>-Management-Funktion<br />
wahrnehmen zu können.<br />
In der <strong>Sozialhilfe</strong> Basel arbeiten derzeit <strong>Case</strong>-<strong>Manager</strong>Innen mit einem abgeschlossenen Sozialarbeiterstudium,<br />
mit einem <strong>Case</strong>-Managment-Diplom und Zusatzausbildungen unter anderem in Mediation,<br />
Systemischer Beratung, Gemeinwesenarbeit, Projekt- und Betriebsmanagement sowie Supervision.<br />
Darüber hinaus verfügen alle MitarbeiterInnen über langjährige Berufserfahrungen in der<br />
Beratungsarbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen.<br />
Mit dieser hohen Professionalität ist es der <strong>Sozialhilfe</strong> Basel gelungen ein <strong>Case</strong>-Management zu<br />
implementieren, welches sich aktuell einem längerfristigen Monitoring durch die Fachhochschule<br />
Bern unterzieht, mit dem Ziel, die Wirkung des <strong>Case</strong>-Managements wissenschaftlich darlegen zu<br />
können.<br />
LITERATUR<br />
Roland Woodtly, Managed Care Nr. 2, 2005, S. 8ff.<br />
Löcherbach, Klug, Remmel-Fassbender, Wendt ( Hg.), München, 2005<br />
Wendt Rolf Rainer, <strong>Case</strong> Management im Sozial- und Gesundheitswesen, Freiburg im Breisgau, 2001