heruntergeladen - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
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| Plädoyer<br />
E<strong>in</strong>e Dimension spiritueller Erfahrung<br />
besteht deshalb dar<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong>der Verbundenheit<br />
wünschen, Verbundenheit<br />
mit dem eigenen Selbst, den Mitmenschen<br />
und der<br />
Umwelt,<br />
der Natur<br />
und<br />
e<strong>in</strong>em<br />
höheren<br />
Wesen. Gleichwohl wird spirituelle<br />
Erziehung, so nochmals Anton Bucher,<br />
darauf verzichten, „K<strong>in</strong>der auf e<strong>in</strong><br />
bestimmtes Gottesbild zu fixieren, sondern<br />
sie dann ermuntern, ihn überall<br />
wahrzunehmen, sofern sie das nicht<br />
schon ohneh<strong>in</strong> tun“. Dieser Gedanke<br />
bedeutet zugleich, dass die Spiritualität<br />
der K<strong>in</strong>der nicht dieselbe wie die der<br />
Erwachsenen ist.<br />
Verstehen setzt Stehen voraus<br />
Verbundenheit mit sich selbst bildet<br />
den e<strong>in</strong>en Grundste<strong>in</strong> spiritueller Erfahrung.<br />
Und dieses Selbst ist zunächst<br />
das Körper-Selbst, das Spüren und das<br />
Erfahren des Körpers. Das Verstehen<br />
setzt das Stehen voraus, das Erfassen das<br />
Fassen, und das Begreifen geht mit dem<br />
Greifen e<strong>in</strong>her. Anders ausgedrückt:<br />
Jeder <strong>in</strong>tellektuellen Erfahrung geht e<strong>in</strong>e<br />
körperliche voraus. Für K<strong>in</strong>der stellen<br />
körperliche, kognitiv-abstrakte und spirituelle<br />
Erfahrungen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit dar.<br />
K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d nur selten abstrakt, sie s<strong>in</strong>d<br />
anschaulich und konkret, sie reden nicht<br />
daher, sie drücken sich e<strong>in</strong>fach aus. Ihr<br />
Körper ist beteiligt, ja manchmal drücken<br />
sie sich nur über den Körper aus.<br />
K<strong>in</strong>der wollen Bewegung, sie möchten<br />
bewegt se<strong>in</strong> – <strong>in</strong>nerlich wie äußerlich, also<br />
körperlich. K<strong>in</strong>der lieben Wege, weil<br />
sie dabei spüren, erfahren, die Grenzen<br />
des Körpers ausprobieren, fühlen wollen,<br />
wie weit sie gehen oder was sie aushalten<br />
können. Dann gibt es aber noch<br />
die geheimnisvollen Wege nach <strong>in</strong>nen,<br />
<strong>in</strong> das Reich von Phantasie und Magie,<br />
jenem Land, zu dem nur das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>en<br />
Schlüssel hat und zu dem man als Erwachsener<br />
nur selten Zutritt bekommt.<br />
K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Füllhorn<br />
e<strong>in</strong>zigartiger Erfahrungen<br />
Umso wunderbarer kann es se<strong>in</strong>, wenn<br />
K<strong>in</strong>der von sich und ihren Bildern<br />
erzählen, wenn sie von ihren Vorstellungen<br />
über Gott und die Welt berichten.<br />
Dann wollen sie ke<strong>in</strong>e Belehrungen,<br />
klugen Kommentare, dann möchten<br />
sie, dass Erwachsene zuhören, staunen<br />
über die<br />
K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e leeren Gefäße,<br />
die Erwachsene mit ihrem Wissen<br />
füllen müssen.<br />
kle<strong>in</strong>en Philosophen,<br />
die sich ihre<br />
ganz eigenen<br />
Gedanken<br />
machen<br />
– darüber, woher man kommt; darüber,<br />
woh<strong>in</strong> man geht. K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e leeren<br />
Gefäße, die Erwachsene mit ihrem<br />
Wissen füllen müssen. K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />
Füllhorn ganz eigener, e<strong>in</strong>zigartiger Erfahrungen.<br />
Spirituelle Erziehung nimmt<br />
das ernst und achtet diese besondere<br />
k<strong>in</strong>dliche Fähigkeit.<br />
Jedes K<strong>in</strong>d ist e<strong>in</strong>zigartig<br />
und wertvoll<br />
K<strong>in</strong>der zu achten heißt, ihnen zuzuhören,<br />
sie ausreden zu lassen, ihre Gefühle<br />
ernst zu nehmen und sie nicht kle<strong>in</strong>zureden.<br />
Vergleiche nie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em<br />
anderen, um diesen Satz Pestalozzis zu<br />
zitieren, ist jedes K<strong>in</strong>d doch e<strong>in</strong>zigartig<br />
und wertvoll. Spirituelle Erziehung sieht<br />
das, versucht das zu vermitteln.<br />
Die Vermittlung e<strong>in</strong>er spirituellen Haltung<br />
funktioniert aber nicht über das<br />
Reden, spirituelle Haltung muss gelebt,<br />
nicht „vorgelabert“ werden. E<strong>in</strong>e spirituelle<br />
Haltung ist aufgehoben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Familienklima, das von Wertschätzung<br />
geprägt ist, und <strong>in</strong> Ritualen, die Geme<strong>in</strong>samkeit<br />
und Geborgenheit zulassen.<br />
Weiterführende Lesetipps:<br />
Anselm Grün / Jan-Uwe Rogge, K<strong>in</strong>der<br />
wollen Antworten. Wie spirituelle Erziehung<br />
Familien stärkt. Re<strong>in</strong>bek 2012.<br />
Jan-Uwe Rogge / Angelika Bartram,<br />
Wie Sie reden, damit Ihr K<strong>in</strong>d zuhört<br />
und wie Sie zuhören, damit Ihr K<strong>in</strong>d<br />
redet (Textratgeber Partnerschaft & Familie),<br />
Gräfe und Unzer Verlag GmbH<br />
2011.<br />
Jan-Uwe Rogge / Angelika Bartram,<br />
Viel Spaß beim Erziehen!:<br />
E<strong>in</strong> Buch für unvollkommene Eltern,<br />
rororo 2011.<br />
Weitere Informationen f<strong>in</strong>den Sie<br />
unter: www.jan-uwe-rogge.de<br />
AMELIE<br />
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