Kapitel 4 - Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Kapitel 4 - Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Kapitel 4 - Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Kapitel</strong> 4<br />
Argumente und Themen<br />
<strong>Kapitel</strong> 4<br />
Argumente und Themen<br />
Die Behauptung, Homosexualität sei gegen<br />
die Religion, wird in ganz Afrika geäußert.<br />
In Kenia haben wir vor allem das Christentum<br />
und den Islam. Die Religion wird von<br />
ihnen gegen LGBTI in Stellung gebracht und<br />
religiöse Führer erzählen ihren Gläubigen,<br />
dass LGBTI besessen sind und man für sie<br />
beten muss. Religiöse Menschen verbreiten<br />
auch Hass in ihren Gemeinschaften, indem<br />
sie behaupten, LGBTI würden ihre Kinder<br />
lesbisch oder schwul machen oder sie wie<br />
in Sodom vergewaltigen. Darauf reagieren<br />
wir mit dem Zitieren von Bibelversen, in<br />
denen steht, dass wir alle als Abbild Gottes<br />
geschaffen wurden. Wir bringen für die<br />
LGBTI-Community auch Broschüren über<br />
Religion heraus.<br />
Solomon Wambua, GALCK<br />
Gay And Lesbian Coalition of Kenya (Kenia)<br />
Auch der Einwand, „Homosexualität“ sei<br />
gegen die Religion, ist in letzter Zeit ein<br />
zentrales Problem für uns. Wir sehen uns<br />
mehr als in der Vergangenheit mit christlichen<br />
Normen konfrontiert, die homophobe<br />
Standards etablieren wollen. Dies ist die<br />
Folge des Machtzuwachses der Rechten und<br />
der Ultrakonservativen. Es ist schwer, dem<br />
zu begegnen. Ich versuche immer daran<br />
zu erinnern, dass die Kirche nicht Hass und<br />
Diskriminierung verbreiten sollte, sondern<br />
eine Botschaft der Liebe und Akzeptanz. Ich<br />
würde ihnen gerne in ihrer Sprache vermitteln,<br />
dass „Gott mich schwul gemacht hat“.<br />
Milán Rózsa<br />
Budapest Pride (Ungarn)<br />
Gott hat uns als Gleiche erschaffen und um<br />
gut zu sein. Wir sollten das Gute in jedem<br />
Menschen sehen. Sexueller Missbrauch,<br />
Promiskuität und Untreue sind nicht in<br />
Ordnung, sexuelle Orientierung hingegen<br />
ist gottgegeben. Jede gegenteilige Behauptung<br />
ist religiöser Fanatismus.<br />
Rev. Michael Nzuki Kimindu<br />
Other Sheep Africa (Kenia)<br />
Homosexualität wird in Afrika oftmals als<br />
Anomalie, als etwas Ekelhaftes oder als Tabu<br />
aufgefasst. Das führt zu Angst, Stigmatisierung<br />
und Ausgrenzung. Religiöse Führer<br />
haben hier eine gewichtige Stimme, wenn<br />
es um dieses Thema geht. Die Eltern und<br />
Familienmitglieder von Lesben und Schwulen<br />
glauben ihnen oft. Viele LGBTI mussten<br />
Ablehnung und extreme Homophobie<br />
erleiden – nur aufgrund der scharfen Verurteilung<br />
durch Priester, Imame oder durch die<br />
eigenen Eltern. In Nigeria müssen wir uns<br />
permanent dem Hass und der Hassgewalt<br />
gegen LGBTI erwehren. Wir beantworten<br />
die ungerechtfertigten Anschuldigungen<br />
normalerweise damit, dass Religion nicht<br />
dazu missbraucht werden darf, Hass und<br />
Diskriminierung gegen LGBTI anzustacheln.<br />
Im Gegenteil: Wir glauben an eine Religion,<br />
die alle Menschen annimmt und repräsentiert<br />
– unabhängig von ihrer sexuellen<br />
Orientierung und geschlechtlichen Identität.<br />
House of Rainbow und andere Organisationen<br />
versuchen, diesen Standpunkt in die<br />
Zivilgesellschaft hineinzutragen.<br />
Jide Macaulay<br />
House of Rainbow (Nigeria)<br />
Religiöse Prediger benutzen die Bibel und<br />
den Koran, um zu beweisen, dass Homosexualität<br />
eine Sünde und gegen jede Religion<br />
ist. Das Thema wird in den meisten religiösen<br />
Fernsehsendern und bei den Zusammenkünften<br />
in den tansanischen Kirchen<br />
und Moscheen angesprochen, religiöse<br />
Führer müssen über Homosexualität und<br />
deren angebliche westliche Herkunft sprechen.<br />
Und sie drängen bei den Eltern darauf,<br />
auf ihre Kinder aufzupassen, damit sie nicht<br />
durch die westliche Mentalität korrumpiert<br />
werden. In Erwiderung darauf ziehen wir<br />
stets das Neue Testament heran, nicht das<br />
Alte. Wir argumentieren, dass Jesus kam,<br />
das Wort Gottes mit LIEBE zu verkünden<br />
und dass Gott LIEBE ist. Jesus kam nicht, um<br />
Hass zu predigen oder mit dem Finger auf<br />
jemanden zu zeigen. Stattdessen wollte er,<br />
dass alle Menschen einander lieben: „Liebe<br />
deinen Nächsten, wie dich selbst.“ Doch wer<br />
ist unser Nächster? Auch LGBT sind darin inbegriffen.<br />
Wenn wir merken, dass Eltern oder<br />
Prediger nicht mit uns diskutieren wollen,<br />
lassen wir sie in Ruhe und gehen zu einer<br />
anderen Kirche, die einen nicht aufgrund<br />
der sexuellen Orientierung diskriminiert<br />
und stigmatisiert.<br />
Pade Edmund, SANA<br />
Stay Awake Network Activities (Tansania)<br />
Auch in Kamerun wird behauptet, Homosexualität<br />
widerspreche der Religion.<br />
Wir erinnern dann daran, was Lot in der<br />
biblischen Erzählung von Sodom und Gomorrha<br />
zum Schutz seiner Gäste sagte, als<br />
die Bevölkerung sie vergewaltigen wollte.<br />
Er sprach: „Seht, ich habe zwei Töchter, die<br />
noch keinen Mann erkannt haben. Ich will<br />
sie euch herausbringen. Dann tut mit ihnen,<br />
was euch gefällt.“ Wir fragen dann, ob Gott<br />
etwa für den Verkehr mit Minderjährigen ist<br />
und Homosexualität schlimmer zu bewerten<br />
sei als Pädophilie. Zudem muss sich die Frage<br />
stellen lassen, welche Eltern heutzutage<br />
wie Lot reagieren und ihre eigenen Kinder<br />
der Vergewaltigung preisgeben würden.<br />
Wer kann so etwas akzeptieren? Offenbar<br />
ändern sich die Dinge – auch die Interpretation<br />
der Bibel.<br />
Zum anderen hat der Vatikan im Jahr 2008<br />
in der UNO-Generalversammlung die Staaten,<br />
die Menschen aufgrund von Homosexualität<br />
kriminalisieren, dazu aufgerufen, diese<br />
Strafgesetze aufzuheben. Für Desmond Tutu<br />
ist die Kriminalisierung von Homosexuellen<br />
ein Verbrechen gegen die Schöpfung Gottes<br />
– Blasphemie in ihrer reinsten Form.<br />
Stéphane Koche, ADEFHO<br />
Association for Defence of Homosexuals<br />
in Cameroon (Kamerun)<br />
Die orthodoxe Kirche in der Ukraine ist<br />
gegen Homosexualität, die kleineren Konfessionen<br />
sind sogar noch homophober. Mit<br />
ihnen ist ein Dialog unmöglich. Wir versuchen<br />
deutlich zu machen, dass wir in einer<br />
säkularen Gesellschaft leben und jede Person<br />
selbst entscheiden kann, ob sie religiös<br />
sein möchte oder nicht. Es ist allerdings sehr<br />
schwer, mit Menschen zu streiten, für die die<br />
Bibel die Verfassung ist.<br />
Andriy Maymulakhin<br />
Nash Mir (Ukraine)<br />
100<br />
101