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Kapitel 4 - Hirschfeld-Eddy-Stiftung

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<strong>Kapitel</strong> 4<br />

Argumente und Themen<br />

<strong>Kapitel</strong> 4<br />

Argumente und Themen<br />

Da Litauen ein streng religiöses Land ist,<br />

begegnen uns religiöse Haltungen regelmäßig<br />

in Debatten. Die starke Rolle der<br />

katholischen Kirche und ihr Einfluss auf<br />

die Gesellschaft hemmt die Zunahme von<br />

Toleranz und Akzeptanz gegenüber LGBT<br />

in Litauen. Es ist sehr schwer, oft geradezu<br />

unmöglich, streng religiösen homophoben<br />

Einstellungen mit rationalen Argumenten<br />

zu begegnen. In solchen Fällen antworten<br />

wir auf die Vorwürfe mit dem Einwand, dass<br />

Gott ein Gott der Liebe ist, der als einziger<br />

über unsere Taten richten kann, und dass<br />

Homosexualität nicht gegen die Liebe des<br />

Schöpfers verstößt. In anderen Worten: Wir<br />

benutzen eine religiöse Rhetorik anstatt<br />

eines rationalen Diskurses.<br />

Joanna Labecka, LGL<br />

Lithuanian Gay League (Litauen)<br />

Im Iran werden Homosexuelle aufgrund<br />

islamischer Rechtsprechung verfolgt. Wir<br />

empfehlen religiösen Eiferern immer, die<br />

Schriften ihrer Religion sorgfältiger zu<br />

studieren. Insbesondere bei der Erzählung<br />

von Sodom und Gomorrha, die gerne<br />

herangezogen wird, um Homosexualität als<br />

Sünde darzustellen, stellt sich bei genauer<br />

Lektüre heraus, dass es um Vergewaltigung<br />

(von Männern durch Männer) geht und<br />

nicht um Homosexualität. In unserer Zeitschrift<br />

und auf der Website liefern wir mehr<br />

Informationen über sexuelle Orientierungen<br />

und Religion, wodurch dieser Unterschied<br />

deutlicher wird.<br />

Arsham Parsi, IRQR<br />

Iranian Railroad for Queer Refugees<br />

(Iran/Kanada)<br />

Von religiösen Gruppen ist immer behauptet<br />

worden, Gott sei gegen Homosexualität<br />

und seine Strafe dafür sei HIV/AIDS. Wir<br />

haben stets dagegengehalten, dass die<br />

Mehrheit der Bevölkerung mit HIV/AIDS in<br />

Ghana heterosexuell ist. Des Weiteren lässt<br />

sich ein Bibelzitat anführen: „Gott sah alles<br />

an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“<br />

(Genesis 1,31)<br />

Mac-Darling Cobbinah<br />

Centre for Popular Education<br />

and Human Rights (Ghana)<br />

Die fundamentalistische, islamistische<br />

Bevölkerung betrachtet LGBT entweder als<br />

„Krankheit“ oder als „Sünde“. Die Regierung<br />

wird von einer islamistischen Partei gestellt.<br />

Sie weiß, dass, würde sie von „Sünde“ sprechen,<br />

sich nicht nur LGBT sondern auch säkulare<br />

Stimmen in unserem Land dagegen<br />

stellen würden. Daher sprechen sie bislang<br />

nur von „Krankheit“. Die allgemein als homophob<br />

bekannte ehemalige Frauen- und<br />

Familienministerin Selma Aliye Kavaf sprach<br />

öffentlich davon, dass Homosexualität eine<br />

„Krankheit ist und daher behandelt werden<br />

muss“. Die neue Ministerin Fatma Şahin ließ<br />

verlauten, dass sie diese Ansicht nicht teile.<br />

Morgen werden wir die Äußerungen der<br />

Ministerin auf unserer englischsprachigen<br />

Website veröffentlichen.<br />

Nevin Öztop, Umut Güner<br />

KaosGL (Türkei)<br />

Sichtbarkeit ist<br />

auch ein Sicherheitsrisiko<br />

Maßnahmen zum Schutz<br />

von Projekten und Mitarbeitenden<br />

Zwei Tage vor dem geplanten Start der<br />

der Hate No More Kampagne, eine Aufklärungsaktion<br />

verschiedener LGBTI-Gruppen<br />

in Uganda, wurde im Büro der Lesbengruppe<br />

Freedom And Roam Uganda (FARUG)<br />

eingebrochen. Dabei wurden Computer und<br />

Dokumente mit sensiblen Daten entwendet.<br />

Auch im Projekt Sexual Minorities Uganda<br />

(SMUG) hatten sich vier Tage vorher fremde<br />

Personen gewaltsam Zutritt verschafft.<br />

FARUG schaltete die Polizei ein, kämpferisch<br />

kündigte die Sprecherin von FARUG, Kasha<br />

Jacqueline Nabagesera, an, die Kampagne<br />

werde fortgesetzt. Dennoch merkt man es<br />

den Stellungnahmen an: Die Stimmung<br />

war bedrückt, ein schwieriger Start für eine<br />

Kampagne, die viel Kraft kosten wird. Solche<br />

Meldungen gibt es jeden Tag aufs Neue, die<br />

meisten erreichen nicht das Licht der Medienöffentlichkeit,<br />

sondern werden lediglich<br />

in E-Mails und SMS kommuniziert. Berichte,<br />

die wieder und wieder verdeutlichen, wie<br />

wichtig es wäre, die Frage der Sicherheit<br />

von Personen und Eigentum stärker in den<br />

Fokus von Konzeptionen zu rücken: Lesben,<br />

Schwule und Transgender sind eine hoch<br />

stigmatisierte und häufig verfolgte Gruppe.<br />

Eine der vorrangigen Aufgaben der internationalen<br />

Zusammenarbeit sollte es sein, zu<br />

deren Unversehrtheit beizutragen, denn das<br />

ist die Grundlage der Selbstbestimmung.<br />

Viele der Aktiven arbeiten unter Lebensgefahr,<br />

riskieren ihre Gesundheit, ihren Job und<br />

immerzu die soziale Anerkennung. Erfahrungsberichte<br />

zeigen, dass die Empfänger<br />

bzw. Partnerprojekte häufig sehr ungern<br />

von den persönlichen Gefährdungen<br />

sprechen, diese vielleicht unterschätzen,<br />

um nicht den Mut zu verlieren, und dass sie<br />

zugleich bereit sind, sehr viel zu riskieren.<br />

Die permanente Bedrohung führt mitunter<br />

auch dazu, konkrete Drohungen weniger<br />

ernst zu nehmen. In dieser Situation kommt<br />

den Geberorganisationen eine besondere<br />

Verantwortung zu. Ihr Herangehen kann zur<br />

Entschärfung, aber auch zur Verschärfung<br />

von Risiken beitragen. Zu einer Sicherheitskonzeption<br />

von LGBTI-Menschenrechtsverteidigern<br />

gehören dabei drei zentrale<br />

Themen: Der Kampf gegen die Verbreitung<br />

von Homophobie und Hate-Speech in den<br />

Medien, Strategien gegen die Übergriffe von<br />

Behörden sowie die finanzielle Berücksichtigung<br />

der Sicherheitsanforderungen.<br />

Denunziation durch Medien<br />

Seit Jahren kämpft die Gruppe J-FLAG gegen<br />

Hate-Speech und Hass-Musik in Jamaika.<br />

Aber nicht nur die Musik, auch Regionalpolitiker<br />

machen Front gegen homosexuelle<br />

Menschen, etwa indem Schwulen und<br />

Lesben die Verantwortung für die Zunahme<br />

von Gewalt oder Naturkatastrophen zugeschrieben<br />

wird. Für Lesben und Schwule vor<br />

Ort ist das keineswegs witzig. Hier würde es<br />

sich anbieten, Aktionen wie die Stop Murder<br />

Music Kampagne zu unterstützen. Wie wäre<br />

es mit einem Pilotprojekt mit Dancehall-Musikern<br />

zur Enttabuisierung von Homosexualität?<br />

Das wäre zugleich auch für Deutschland<br />

ein Gewinn, denn auch hier benötigen<br />

Veranstalter und Vertreter des Positive Rap<br />

neue Ideen und Vorbilder.<br />

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