Psychoonkologische Aspekte bei Krebserkrankungen
Psychoonkologische Aspekte bei Krebserkrankungen
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indem gemeinsame Ängste, Verzweiflung und Trauer ausgehalten werden und Kraft<br />
und Energie auf die gesunden Anteile, auf Aktivität und Überleben gelenkt wird.<br />
Darüberhinaus bekommen die Erkrankten im Erfahrungsaustausch konkrete Anregungen<br />
und Hilfen für den Alltag. Information über Kurmöglichkeiten, über finanzielle<br />
Unterstützung, über die unterschiedlichen Heilmethoden, Medikamente usw.<br />
Es ist bedeutsam für diese Gruppen, daß sie sich nicht mit den individuellen Intimängsten<br />
des einzelnen in der Gruppe beschäftigen, um nicht so in einen Sog von<br />
Angst und Verzweiflung zu geraten. Die eigene Betroffenheit gefährdet die notwendige<br />
Distanz, die für tatkräftige Unterstützung notwendig ist.<br />
Dagegen kann eine professionell betreute und angeleitete Kleingruppe mit Berater/in,<br />
die in ihrer Ausbildung und anhang praktischer Erfahrung gelernt haben, die<br />
notwendige Distanz zu wahren, die Möglichkeit bieten, in einer überschaubaren geschlossenen<br />
Gruppe sich die individuellen Ängste anzuschauen, sie zu bear<strong>bei</strong>ten<br />
und gegebenenfalls aufzulösen. Es kann sinnvoll sein, sich in einer kleinen Gruppe<br />
Gleichbetroffener auszutauschen und damit die soziale Kompetenz (wieder) zu erproben<br />
und zu erweitern.<br />
Die Anleitung und Begleitung der Gruppe durch einen Berater/in bedeutet gleichsam<br />
auch Schutz vor Überforderung der einzelnen Gruppenmitglieder durch sich selbst<br />
oder durch andere Gruppenmitglieder.<br />
8<br />
5. Angehörigenar<strong>bei</strong>t<br />
Die Diagnose Krebs bedeutet auch für Verwandte und andere nahe Bezugspersonen<br />
eine große Belastung. Sie löst Unsicherheit aus, Angst, daß sie oder der Angehörige<br />
sterben wird, das Gefühl von Verlassenwerden. Häufig werden auch eigene Todesängste<br />
aktualisiert. Das Leben mit einem Menschen in einer physischen und psychischen<br />
Extremsituation, der gequält ist von Angst und belastenden Therapien und oft<br />
auch von Schmerzen, kann zu emotionaler Erschöpfung führen. Angehörige fühlen<br />
sich oft unsicher, wie sie helfen können. Haben Versuche zu helfen nicht den gewünschten<br />
Erfolg, weil die oder der Erkrankte niedergeschlagen ist, kommt es leicht<br />
zu einer negativen Selbsteinschätzung als Helfer mit Gefühlen von Insuffizienz, tiefer<br />
Verunsicherung und Ohnmacht. Hält dieser Zustand länger an, kann Sprachlosigkeit<br />
die Folge sein. Das Leid kann nicht mehr gemeinsam getragen werden, weil die<br />
Gefühle von Depression, Unsicherheit und Resignation oft auch die Patienten zum<br />
Schweigen bringen. Jeder ist dann mit seinem Kummer allein.<br />
Hier bietet eine individuelle Beratung die Möglichkeit, Gefühle wie Angst, Verzweiflung,<br />
Verlassen- und Überfordertsein ungefiltert zum Ausdruck zu bringen, ohne<br />
Rücksicht auf die bzw. den Kranken. Auch feindselige Affekte wie Wut, verlassen<br />
oder allein zurückgelassen zu werden, Ärger über vermeintlich unvernünftiges Verhalten,<br />
durch das der bevorstehende Abschied womöglich beschleunigt werden<br />
könnte, Ekel und Entsetzen über körperlichen Verfall können gegenüber einem<br />
Fremden ausgesprochen werden, ohne die Beziehung zu belasten. Es wird oft wie<br />
eine Befreiung erlebt, die vielfältigen Gefühle angesichts der Krankheit eines nahestehenden<br />
Menschen einmal unkrontrolliert aussprechen zu können. Mitunter ist so<br />
ein Beratungsgespräch der einzige Freiraum, in dem Angehörige selbst einmal Zuwendung,<br />
Interesse und Mitgefühl bekommen und in Ruhe zu sich selbst kommen zu<br />
können.