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Mit Geschichten und Erzählungen motivieren - STARK Verlag

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8. ERZÄHLUNGEN AUS DER PHYSIKGESCHICHTE<br />

Die moderne Naturwissenschaft hat sich in einem Zeitraum entwickelt, der<br />

uns quellenmäßig eher zugänglich ist als die Antike oder gar die prähistorischen<br />

Denkansätze. Wie man weiß, spielte die Astronomie damals eine<br />

wichtige Rolle, sowohl bei Galilei <strong>und</strong> Kepler als auch bei Newton. Was<br />

von Copernicus vorsichtig noch als eine reine Hypothese ausgegeben wurde,<br />

führte allmählich zu einer Revolution in unserem Weltbild – mit den<br />

bekannten Begleiterscheinungen. Dieser für die geistige Entwicklung unserer<br />

abendländischen Kultur entscheidende Beitrag verdient es, auch im Unterricht<br />

analysiert zu werden, vor allem durch die Besprechung jener Persönlichkeiten,<br />

welche ihr zum Durchbruch verholfen haben. Auf Kepler soll<br />

später noch gesondert eingegangen werden, <strong>und</strong> über Galilei wurde anderswo<br />

(Kubli 1998) schon einiges gesagt.<br />

Doch auch weitere Persönlichkeiten aus den verschiedensten Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

vermögen zu faszinieren. Viele von ihnen sind geeignet, Lernende zu<br />

<strong>motivieren</strong>, <strong>und</strong> es sollen im Folgenden einige davon exemplarisch skizziert<br />

werden. Betrachtungen zur Erforschung des Luftdrucks im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

eröffnen diesen Gang durch die Physik. Modernere Entwicklungen der Physik<br />

sollen später zur Sprache kommen, auch jene, die im gymnasialen Unterricht<br />

nur am Rande gestreift werden können. Schließen möchte ich mit<br />

einigen Anmerkungen zu Kepler <strong>und</strong> einem seiner modernen Interpreten,<br />

Wolfgang Pauli, der nicht nur meiner Heimatstadt Spuren hinterlassen hat.<br />

Versuche zum Luftdruck im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Ein wichtiges Thema im Unterricht ist alles, was mit Hydrostatik, Auftrieb<br />

in Wasser <strong>und</strong> Luft <strong>und</strong> der Bestimmung des Luftdrucks zusammenhängt.<br />

Es greift unmittelbar in unseren Alltag ein, wie die täglichen Wettersendungen<br />

beweisen. Immer wieder lässt sich feststellen, dass dieses Gebiet den<br />

Lernenden mehr Mühe bereitet, als man zunächst annehmen würde. Deshalb<br />

mag es ratsam sein, auch die historische Entwicklung in den Unterricht einzubeziehen.<br />

An der Erforschung des Luftdrucks sind fast alle Kulturnationen des 17.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts beteiligt. Wenn man von den antiken Anfängen absieht, sind es<br />

unter anderen der Holländer Simon Stevin (1548-1620), die Italiener Galileo<br />

Galilei (1564-1648) <strong>und</strong> Evangelista Torricelli (1608-1647), der Franzose<br />

Blaise Pascal (1623-1662), der Deutsche Otto von Guericke (1602-1686)<br />

<strong>und</strong> der Engländer Robert Boyle (1627-1691). Außerdem hat sich René<br />

Descartes in Schweden an derartigen Experimenten beteiligt. Im Zentrum<br />

stehen natürlich die Erfindung des Barometers <strong>und</strong> die durch dieses Messinstrument<br />

ermöglichte Erforschung von Luftdruckschwankungen. Mehr dar-


158 MIT GESCHICHTEN UND ERZÄHLUNGEN MOTIVIEREN<br />

über lässt sich bei Middleton (1964) nachlesen. Wir sind im Unterricht in<br />

der glücklichen Lage, über gute Luftpumpen zu verfügen <strong>und</strong> die Experimente<br />

mit kleinem Aufwand unseren Klassen vorführen zu können. Wie<br />

viel technisches Können die Experimente damals erforderlich machten,<br />

kann man z. B. in Fraunberger <strong>und</strong> Teichmanns Buch Das Experiment im<br />

Unterricht (1984, S. 42 ff.) nachlesen.<br />

Zunächst experimentierte man mit Quecksilber <strong>und</strong> anderen Flüssigkeiten<br />

in einem Glasrohr. Evangelista Torricelli ist mit diesen Versuchen berühmt<br />

geworden. So einfach sie uns erscheinen mögen, so schwierig waren<br />

sie damals, nicht zuletzt wegen der schlechten Qualität des Glases <strong>und</strong> dem<br />

beachtlich hohen Druck, dem das evakuierte Rohr ausgesetzt ist. Vielen<br />

zeitgenössischen Forschenden gelang es nicht, diese Versuche zu reproduzieren.<br />

Ob nicht außer Torricelli auch dessen Glashersteller <strong>und</strong> Glasbläser<br />

ein ehrendes Andenken verdienen würden?<br />

Eine Reproduktion erfolgte in Rouen, wo Pascal zusammen mit seinem<br />

Vater regen Anteil am Verlauf des Experiments nahm. Um zu beweisen,<br />

dass der Raum, der vom Quecksilber am oberen Ende der Glasröhre frei<br />

gelassen wird, nicht auf den Dampf zurückzuführen ist, ließ Pascal später<br />

auf eigene – beträchtliche – Kosten 12 m lange Rohre aus Kristallglas herstellen.<br />

Er zeigte damit, dass Wein aufgr<strong>und</strong> seiner geringeren Dichte höher<br />

steigt als Wasser, obschon er mehr Dampf entwickelt (d’Espagnat in<br />

Leprince-Ringuet).<br />

Das Experiment, das Pascals Schwager Florin Périer 1648 auf dem Puy<br />

de Dôme zur Bestimmung des Luftdrucks in höheren Lagen durchführte, ist<br />

sehr bekannt. Da Pascal mit seinem Schwager schriftlich verkehren musste,<br />

sind uns wesentliche Einzelheiten des Versuchs überliefert worden. Pascal<br />

schrieb seinem Schwager Périer unter anderem am 15. November 1647:<br />

Monsieur,<br />

ich würde die anhaltende Arbeit, mit der Ihre Ämter Sie beschäftigen, nicht<br />

unterbrechen <strong>und</strong> Sie mit physikalischen Erörterungen unterhalten, wenn ich<br />

nicht wüsste, dass diese dazu dienen, Sie in Ihren Mußest<strong>und</strong>en zu entspannen,<br />

<strong>und</strong> dass Sie Vergnügen daran finden, während andere nur Mühsal<br />

darin entdecken. Ich sehe hier umso weniger Schwierigkeiten, als ich weiß,<br />

welche Freude Sie an solchen Untersuchungen haben. Unsere heutige Unterhaltung<br />

wird eine Fortsetzung von der sein, die wir zusammen über den leeren<br />

Raum führten. Sie wissen, wie Philosophen über diesen Raum denken:<br />

sie alle halten es für eine Maxime, dass die Natur das Leere verabscheut; die<br />

meisten gehen sogar noch weiter <strong>und</strong> behaupten, dass sie es nicht zulassen<br />

kann <strong>und</strong> eher sich selber zerstören, als das Leere dulden würde. So sind die<br />

Meinungen geteilt; die einen gaben sich mit der Behauptung zufrieden, sie<br />

verabscheue es nur, die andern meinten, sie könne es nicht ertragen. In meinem<br />

Auszug aus der Abhandlung über den leeren Raum habe ich mich bemüht,<br />

diese Meinung zu zerstören; <strong>und</strong> ich glaube, die Experimente, die ich<br />

dazu beigesteuert habe, reichen aus, um eindeutig zu zeigen, dass die Natur

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