26.02.2014 Aufrufe

Sammler Journal Fotografie (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ho as<br />

uff<br />

Thomas<br />

Ruff<br />

Karl Ruisinger<br />

NÄCHTE & NACKTE<br />

Seit den 90er-Jahren fallen sie beim<br />

Durchblättern der „Contemporary<br />

Art”- und <strong>Fotografie</strong>-Kataloge der<br />

großen Auktionshäuser immer wieder<br />

ins Auge: in gespenstisch grünes<br />

Licht getauchte Nachtszenerien, bevorzugt<br />

verlassene, schmucklose<br />

Häuser oder Industriegebiete, Seitenstraßen<br />

oder Hinterhöfe, menschenleer,<br />

aber keineswegs ohne Leben:<br />

Durch den Blick eines Nachtsichtgerätes<br />

in Szene gesetzt, evozieren<br />

sie eine Atmosphäre des Verboten-Gefährlichen,<br />

das es hinter den<br />

desolaten Fassaden zu beobachten<br />

gilt. Mindestens ebenso häufig stößt<br />

man auf extrem nüchterne Porträtfotos<br />

jüngerer Männer und Frauen,<br />

die Augen geradeaus in die Kamera<br />

gerichtet, unbewegliche Gesichter,<br />

jede Emotion hinter einer glatten<br />

Fassade verborgen, scheinbar illusionslos<br />

durch den chirurgischen<br />

Blick des Fotografen. In einer anderen<br />

markanten Bilderserie entdecken<br />

wir Männer und Frauen, einzeln, in<br />

Paarungen oder Gruppen, bei einer<br />

sehr menschlichen Tätigkeit, beim<br />

Sex. Die meist nackt abgelichteten<br />

Körper tendieren in Richtung Pornografie,<br />

durch die starke Pixelung der<br />

Aufnahmen verschwimmen jedoch<br />

die Konturen derart, dass selbst pikante<br />

Details ihre Anzüglichkeit verlieren<br />

und einen unwirklichen, mechanischen<br />

Charakter annehmen.<br />

Die Unschärfe erzeugt eine Art malerischer<br />

Struktur und treibt ein irritierendes<br />

Spiel mit der Wahrnehmung;<br />

auch hier ahnt der Betrachter<br />

mehr, als er tatsächlich sieht.<br />

„Nächte”, „Porträts”, „nudes” sind<br />

Fotoserien, hinter denen ein gemeinsamer<br />

Name steht: der 1958 geborene<br />

Thomas Ruff, der seit zwanzig<br />

Jahren am internationalen Kunstmarkt<br />

mitmischt und dank kräftiger<br />

Substrat 2 I, 2002. Inkjet, 250 x 190 cm<br />

(© VG Bild-Kunst, Bonn 2011)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!