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Sammler Journal Möbel (Vorschau)

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den, für die Städtische Galerie zu erwerben. Der Verkaufspreis<br />

betrug nicht umgerechnet 80.000 Euro, wie es damals<br />

in der Presse kolportiert wurde, sondern 61.000 Euro.<br />

Boehle, der sich der Bildhauerei zugewandt hatte (Grand<br />

Prix für einen „Stier“, Weltausstellung 1910 in Brüssel), war<br />

gleichzeitig mit dem städtischen Auftrag beschäftigt, ein<br />

Reiterstandbild von Karl dem Großen für die Alte Brücke<br />

auszuführen, für den er umgerechnet 80.000 Euro verlangt<br />

hatte. Alles Feilschen des Stadtrats half nicht, aber Boehle<br />

hat dafür der Galerie einige Bilder unentgeltlich überlassen.<br />

Interessant in unserem Kontext sind die fünf damals von<br />

der Städtischen Galerie nicht angekauften Gemälde von<br />

Boehle, die sich in Privatbesitz befanden. Da „In der<br />

Schwemme“ ein Etikett der Städtischen Galerie Frankfurt<br />

auf der Rahmenrückseite trägt, ist es durchaus möglich,<br />

dass es sich um eines dieser fünf unverkäuflichen Bilder<br />

handelt, das der Besitzer auch um 1913 (?) als Leihgabe an<br />

den Bremer Kunst-Verein für eine Ausstellung übergab.<br />

Man kann auch über die Identität des damaligen Besitzers<br />

spekulieren: Möglicherweise handelt es sich um den Stadtverordneten<br />

Robert Flauaus, einen <strong>Sammler</strong> von Boehles<br />

Werken, der die Fritz Boehle Gedächtnis-Ausstellung in<br />

Emmendingen in der Aula der Karl-Friedrich-Schule vom<br />

29. Juli bis Ende August 1917 zusammen stellte. Zu dieser<br />

Ausstellung erschien ein von Flauaus verfasster Katalog bei<br />

J. Maubach in Frankfurt, von dem uns ein Exemplar nicht zur<br />

Verfügung stand, aber sollte er tatsächlich das Bild „In der<br />

Schwemme“ enthalten, kann man davon ausgehen, dass es<br />

zu den 750 Gemälden, Zeichnungen und Grafiken gehörte,<br />

die 1919 aus der Sammlung Flauaus in Frankfurt versteigert<br />

wurden.<br />

Das Bild „In der Schwemme“ ist kurioserweise die zweite<br />

Entdeckung eines Boehle-Gemäldes in diesem Jahr: Erst am<br />

15. August meldete die Online-Ausgabe der „Frankfurter<br />

Neue Presse“ das Wiederauftauchen nach über 100 Jahren<br />

von einer „Kreuzigungsszene“ von Boehle in einem Höchster<br />

Keller: http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/frankfurt/altes-meisterwerk-entdeckt_rmn01.c.10075213.de.html.<br />

Es ist wirklich an der Zeit, Boehle wieder eine Ausstellung<br />

seiner Gemälde und technisch und motivisch erstaunlichen<br />

Grafiken zu widmen und das Werk des Künstlers zur Diskussion<br />

zu stellen. Sein Ruf als Maler hat darunter gelitten, dass<br />

seine monumentale Auffassung von Mensch und Pferd großen<br />

Anklang bei den Kunsttheoretikern des Dritten Reichs<br />

gefunden hat, die in Boehle unverdientermaßen den perfekten<br />

Vorläufer eines neuen arischen Stils im Sinne der<br />

nationalsozialistischen Kunstauffassung zu erkennen<br />

glaubte, zumal Boehle nie das „Moderne“ in der Kunst<br />

gesucht hat. Wie Wilhelm Kotzde 1911 schrieb: „Seine Welt …<br />

wurzelt im mittelalterlichen Boden wie die knorrig, ruhig<br />

und unaufhaltsam wachsende, sich breitende Eiche“ (op.<br />

cit., S. 3), aber Boehle kann heute mit anderen Augen wieder<br />

entdeckt werden und sein Stellenwert als badischer Maler<br />

mindestens auf Augenhöhe etwa mit Hans Thoma ist nicht<br />

zu bestreiten.<br />

Zu Lebzeiten standen die Preise für Werke von Boehle hoch<br />

im Kurs. Heute liegt der Wert eines großformatigen Gemäldes<br />

wie des aufgetauchten Bildes „In der Schwemme“ bei<br />

etwa 5.000 Euro. Zum aktuellen Vergleich: Boehles Gemälde<br />

„Bogenschützen (Hirschjagd)“, 45,6 x 93,5 cm, wurde am<br />

4.11.2011 bei Reiss & Sohn in Königstein für 8.000 Euro versteigert.<br />

Dr. Graham Dry, München

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