Dossier Strategien
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Passepartout:<br />
Methodisch-didaktische Weiterbildung FEBL<br />
1<br />
<strong>Dossier</strong> Lernstrategien<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
1. Modell „Explizite Einführung von <strong>Strategien</strong>“ .......................................... 2<br />
2. Lesen und Leseverstehen ....................................................................... 3<br />
3. Hörverstehen .......................................................................................... 6<br />
4. Sprechen ................................................................................................ 8<br />
5. Schreiben ............................................................................................. 11<br />
Bruno Blunschi, Andrea Meshesha,<br />
Markéta Dbaly Schenke, Sandra Wick
Passepartout:<br />
Methodisch-didaktische Weiterbildung FEBL<br />
2<br />
1. Modell „Explizite Einführung von <strong>Strategien</strong>“<br />
GASKINS & ELLIOT, (1991); GASKINS et al. (1993; in: HOGAN & PRESSLEY, 1997, S. 48)<br />
Modell<br />
Die Lehrperson erklärt ...<br />
1) welche Strategie, die Schüler lernen werden,<br />
2) warum diese wichtig ist,<br />
3) wann sie verwendet werden kann und<br />
4) wie sie einzusetzen ist.<br />
5) Die Lehrpersonen zeigt vor, wie die Strategie in authentischen<br />
Situationen einzusetzen ist, indem sie laut denkt und ihre Handlungen<br />
kommentiert.<br />
6) In einem nächsten Schritt ermöglicht die Lehrperson den Lernenden<br />
Lernaktivitäten, bei denen sie die Strategie im Zusammenhang mit<br />
konkreten Aufgaben und mit Unterstützung der Lehrperson anwenden<br />
können.<br />
7) Die Lehrperson fordert die Lernenden während und nach den<br />
Anwendungsphasen auf, über ihr Lernen nachzudenken und darüber zu<br />
diskutieren.<br />
8) Als letzter Schritt verweist die Lehrperson jeweils situativ auf den<br />
Gebrauch einer geeigneten Strategie.<br />
Phasen<br />
Präsentation<br />
Modell<br />
Assistierte Tätigkeit<br />
Reflexion<br />
Transfer<br />
L’enseignant/e propose une stratégie appropriée dans une situation concrète: Il/elle explique<br />
quelle stratégie les élèves vont apprendre, pourquoi celle-ci est efficace, dans quelle situation elle<br />
peut être appliquée et comment il faut l’appliquer.<br />
Par la suite, l’enseignant/e amène les apprenants à appliquer cette stratégie dans des situations<br />
différentes L’enseignant/e y soutient et assiste les apprenants.<br />
Les apprenants sont stimulés à évaluer la stratégie.<br />
Successivement, l’enseignant/e passe la responsabilité aux apprenants. Ceux-ci doivent appliquer<br />
et évaluer eux-mêmes la stratégie.<br />
De temps en temps, l’enseignant/e rappelle la stratégie aux élèves.<br />
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Markéta Dbaly Schenke, Sandra Wick
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3<br />
2. Lesen und Leseverstehen<br />
Im Fremdsprachenunterricht in der Primarschule müssen die Schülerinnen und Schüler<br />
den Textinhalt verstehen und die lautliche Realisation der Wörter kennen, damit sie einen<br />
Text laut vorlesen können. Dies bedeutet, dass dem lauten Vorlesen eine Vorbereitungsphase<br />
vorausgehen muss (siehe auch weiter unten „Didaktik des Leseverstehens“).<br />
Die top-down-Prozesse ermöglichen es uns, den wesentlichen Sinn eines Textes zu<br />
erfassen, auch wenn wir nicht den Sinn jedes einzelnen Wortes verstanden haben. Texte<br />
sollen also nicht Wort für Wort “übersetzt“ werden, sondern als Sinneinheit (siehe auch<br />
referentielles Modell) verstanden werden.<br />
Dieses Hintergrund- und Kontextwissen ist sehr individuell und aus diesem Grund<br />
entstehen von Leser/-in zu Leser/-in unterschiedliche Deutungen. Die Bildung eines<br />
Situationsmodells ist flexibel, vorwissens- und zielabhängig und findet nicht in jedem Fall<br />
statt. RINCK und BECKER (1996; in RINCK, WWW) untersuchten die Bildung von<br />
Situationsmodellen und befanden, dass dieser Teilprozess nicht automatisch abläuft und<br />
zum Teil auch nur in eingeschränktem Mass vorgenommen wird.<br />
Es ist wichtig, dass der Aufbau eines referentiellen Modells, d.h. das tiefe Verstehen eines<br />
Sachverhaltes im Unterricht gefördert und gefordert wird.<br />
Dementsprechend müssen neben bewussten Erarbeitungsphasen zum Entschlüsseln und<br />
Verstehen der Oberflächenstruktur (Verstehen des Vokabulars) bewusste Phasen zur<br />
Erarbeitung von Propositionen und referentiellen Modellen (Verstehen des Inhalts und der<br />
Zusammenhänge) berücksichtigt werden.<br />
<br />
<br />
<br />
Bewusster Erwerb von neuen Sachinformationen und / oder Unterhaltung,<br />
(meist zufälliger) Erwerb von neuen sprachlichen Ausdrucksmitteln und<br />
informierte Aneignung von Leseverstehensstrategien.<br />
Das Lernen aus Texten erfolgt über folgende drei Lesephasen:<br />
a) Vor dem Lesen<br />
Aktivierung des Vorwissens: Die Lernenden rufen bewusst alle Kenntnisse wach, die sie<br />
bereits über ein Wissensgebiet besitzen (Bilder, Diskussionsgruppen...)<br />
Advance organizer: Eine kurze einführende Information stellt die zentralen Konzepte des<br />
Textes dar. Sie weist einen inhaltlichen Bezug sowohl zur Wissensstruktur der Lernenden wie<br />
auch zu den im Text vermittelten Konzepten auf.<br />
Antizipierung von Inhalten und Begriffen: Schwierige Begriffe und Inhalte werden<br />
vorbesprochen und geklärt. Es können Wortfelder in Form von Cluster zu einem bestimmten<br />
Thema gesammelt werden.<br />
Schlüsselwörter oder Schlüsselsätze werden vorher eingeführt.<br />
Hypothesen formulieren<br />
Ziele formulieren (z.B. 5 Schlüsselwörter suchen, W-Fragen zum Text beantworten können,<br />
Text in Deutsch in wenigen Sätzen zusammenfassen, eine bestimmte Information gewinnen)<br />
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4<br />
b) Während des Lesens<br />
Leseaufträge für einzelne Abschnitte erteilen, die die Aufmerksamkeit auf bestimmte Fakten<br />
oder Stellen lenken, in der eine spezifische Information auftritt und selektiv herausgefiltert<br />
werden soll (z.B. Namen, Ort, Zeit).<br />
Lesestrategien<br />
1. Vorwissen<br />
Lies den Titel und schau dir die Bilder an. Was weisst du bereits im Voraus über das Thema?<br />
2. Vermutungen formulieren<br />
Formuliere anhand des Titels und mit Hilfe von Illustrationen deine Vermutungen zum Inhalt, bevor<br />
du den Text liest. So verstehst du die folgenden neuen Informationen leichter und schneller.<br />
3. Überfliegen<br />
Überfliege den Text und versuche herauszufinden, worum es im Grossen und Ganzen geht.<br />
4. Bilder<br />
Lies den Text und beachte dabei die vorhandenen Bilder.<br />
5. Namen und Zahlen<br />
Suche nach Eigennamen und Zahlen.<br />
6. Wortschatz und Parallelwörter<br />
Suche nach Wörtern, die du kennst. Welche Wörter sind in deiner Muttersprache oder in anderen<br />
Sprachen, die du schon kannst, ähnlich geschrieben?<br />
7. Ton<br />
Höre zu, wie eine Person, die gut französisch spricht, den Text liest.<br />
8. Bestimmte Informationen suchen<br />
Überlege dir im Voraus, welche Informationen du brauchst. Konzentriere dich beim Lesen nur auf<br />
diese und lasse alles andere weg.<br />
9. Intelligentes Raten<br />
Errate die Bedeutung eines Satzes oder eines Wortes aus dem Zusammenhang.<br />
10. Gemeinsam<br />
Knacke den Inhalt des Textes gemeinsam mit einer Lernpartnerin oder einem Lernpartner.<br />
11. Andere fragen<br />
Frage Mitschülerinnen oder Mitschüler, die Lehrperson oder andere Personen.<br />
12. Wörterverzeichnis<br />
Schlage unbekannte Begriffe in einem Wörterverzeichnis (alphabetisches Wörterverzeichnis im<br />
Buch, Computer, Dictionnaire) nach.<br />
13. Schlüsselwörter<br />
Achte auf wichtige Schlüsselwörter. Oft kommen sie in Titeln und Untertiteln vor. Manchmal sind<br />
es auch Begriffe, die wiederholt werden. Diese Schlüsselwörter helfen dir, Texte<br />
zusammenzufassen.<br />
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5<br />
c) Nach dem Lesen<br />
Unklarheiten formulieren<br />
Wortfelder ergänzen<br />
Ziele überprüfen<br />
die zu Beginn aufgestellten Hypothesen überprüfen<br />
besprechen der Ergebnisse der jeweiligen Leseaufgabe<br />
ein Bild malen, ein Mindmap oder Cluster erstellen, ein Rollenspiel inszenieren<br />
Reflexionen: Besprechen der Gesamtaussage, den Textinhalt auf Deutsch zusammenfassen<br />
Reflexion über angewendete Lesestrategien: Die Lernenden tauschen aus, welche <strong>Strategien</strong><br />
hilfreich waren und entwickeln so ein bewusst verfügbares Repertoire.<br />
Vor dem Lesen erweist sich eine Phase, in der das inhaltliche und fremdsprachliche<br />
Vorwissen (AUSUBEL, 1974) der Lernenden aktiviert, Inhalte oder Begriffe antizipiert und<br />
Hypothesen oder Fragen bezüglich des Textes gebildet werden als fruchtbar. Während<br />
des Lesens kommen Bedeutungserschliessungsstrategien und Lesestrategien zur<br />
Anwendung. In dieser Phase können auch neue <strong>Strategien</strong> eingeführt, erprobt und trainiert<br />
werden. In einer abschliessenden dritten Phase kann nach dem Lesen eine Lernaktivität<br />
hinsichtlich des Lernziels erfolgen (Phasen nach ERIKSSON; in STERN ET AL., 1999).<br />
Quelle: Hanna Weimann<br />
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3. Hörverstehen<br />
Als einfach werden direkte, nicht-authentische, als schwierig indirekte, authentische<br />
Sprechäusserungen eingestuft.<br />
Es ist wichtig zu beachten, dass es sowohl im Alltag wie auch im Unterricht im<br />
Allgemeinen genügt, einen Hörtext global zu verstehen oder ihm bestimmte Details<br />
entnehmen zu können; er muss gewöhnlich nicht in allen Einzelheiten verstanden werden.<br />
Hörstrategien<br />
H. Weinmann, E. Sauer, M. Bawidamann<br />
Die folgenden Hörstrategien sind im Anfängerunterricht geeignet, um das Hörverstehen zu schulen<br />
und Hörtexte besser verstehen zu können. Die Hörschlüssel können beliebig erweitert werden.<br />
Vorausinformationen<br />
Was weisst du bereits im Voraus über den Hörtext? (Titel, Bilder, Ankündigung, Thema)<br />
Vermutungen formulieren<br />
Formuliere anhand des Titels und mit Hilfe von Illustrationen deine Vermutungen zum Inhalt, bevor<br />
du den Text hörst. So verstehst du die folgenden neuen Informationen leichter und schneller.<br />
Im Grossen und Ganzen<br />
Höre den ganzen Text und versuche herauszufinden, worum es im Grossen und Ganzen geht.<br />
Überlege dir, was du zu diesem Inhalt schon weisst.<br />
Situation<br />
Höre auf die Stimmlage und die Geräusche. Vermute wo und in welcher Situation sich die<br />
Personen befinden. Was weisst du über solche Situationen?<br />
Abschnitte<br />
In welche Abschnitte lässt sich der Text unterteilen?<br />
Stimmen<br />
Höre auf die Stimmen. Wie viele Sprecher und Sprecherinnen sind beteiligt? Finde heraus, wer<br />
spricht (Alter, Geschlecht, Beziehung zwischen den Personen, ...).<br />
Namen und Zahlen<br />
Höre auf Eigennamen und Zahlen.<br />
Parallelwörter<br />
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7<br />
Achte auf Wörter, die du kennst. Welche Wörter tönen in deiner Muttersprache oder in anderen<br />
bekannten Sprachen ähnlich?<br />
Bestimmte Informationen suchen<br />
Überlege dir im Voraus, welche Informationen du suchst. Konzentriere dich beim Zuhören nur auf<br />
diese und lasse alles andere weg.<br />
Intelligentes Raten<br />
Errate die Bedeutung eines Satzes oder eines Wortes aus dem Zusammenhang.<br />
Gemeinsam<br />
Tausche deine Erkenntnisse und Vermutungen mit einer Lernpartnerin oder einem Lernpartner<br />
aus.<br />
Verstehenslücken füllen<br />
Frage Mitschülerinnen oder Mitschüler, die Lehrperson oder andere Personen.<br />
Quelle: Hanna Weinmann, Brigitta Gubler<br />
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8<br />
4. Sprechen<br />
Allgemeine Sprechstrategien<br />
Übernahme von Ausdrücken des Interaktionspartners / der Interaktionspartnerin<br />
Miteinbezug Interaktionspartnerin (Hilfe anfordern: z.B. wie sagt man das…)<br />
Internationalismen, Umschreibungen, Definitionen, Beschreibungen, wenn Wörter fehlen<br />
Vage Begriffe, Allerweltswörter, Redundanzen, Reformulierungen<br />
Code-switching (Wechsel während Aeusserung in andere Sprache)<br />
Paralinguistische Hilfsmittel (zeigen, mimen, Geräusche imitieren etc.)<br />
Interaktion bewusst steuern (Themen steuern, wechseln, Kommunikation abbrechen<br />
Quelle: Franziska Waser<br />
<strong>Strategien</strong> beim dialogischen Sprechen<br />
Notizen machen<br />
Manchmal ist es möglich, sich auf ein Gespräch (z.B Begrüssungssituation, Spiel,<br />
Meinunsgsaustausch, Telefongespräch) vorzubereiten. Notiere dir in diesem Fall wichtige Wörter<br />
und Sätze zum Voraus.<br />
Wendungen auswendig lernen<br />
Wenn du dich auf ein Gespräch vorbereitest, lohnt es sich wichtige Wendungen (z.B. Salut, ça va?<br />
– Ça va bien, merci) auswendig zu lernen.<br />
Wörter „fischen“<br />
Wenn dir ein Wort nicht einfällt, frage deinen Gesprächspartner danach und hilf dir mit Gesten,<br />
Mimik oder Laute/Lautmalerei.<br />
Gesprächslücken überwinden<br />
Wenn du in einer Unterhaltung bist und dir ein Wort nicht einfallen will, erfinde ein neues Wort (das<br />
du vielleicht sogar französisch aussprichst) oder nimm das entsprechende Wort aus deiner<br />
Muttersprache zu Hilfe, so kannst du trotzdem weitersprechen.<br />
Gesprächspartner beobachten<br />
Beobachte deinen Gesprächspartner, achte auf seine Mimik, seine Gestik und seine Stimme. Dies<br />
hilft dir beim Verstehen.<br />
Nichtverstehen ausdrücken<br />
Signalisiere, wenn du etwas nicht verstanden hast. Frage nach oder bitte um Wiederholung. Lerne<br />
Sätze wie „Je ne comprends pas.“, „Répète s’il te plaît.“auswendig.<br />
Mut zum Risiko<br />
Ergreife so oft als möglich die Gelegenheit, Französisch zu sprechen. Sei risikofreudig und habe<br />
keine Angst, Fehler zu machen und lache auch einmal über deine eigenen Fehler.<br />
Quelle: Brigitta Gubler, Hanna Weimann<br />
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9<br />
Entwicklung der Sprechfertigkeit<br />
Sprechen lernt man vor allem beim Sprechen. Deshalb sollten die Lernenden so oft wie möglich in<br />
realitätsnahen Übungssituationen Gelegenheit haben, in der Zielsprache ihre<br />
Kommunikationsfähigkeit zu trainieren.<br />
Das Sprechen im Fremdsprachenunterricht vollzieht sich über drei Entwicklungsstufen:<br />
1. Imitierendes Sprechen: Auf der ersten Stufe wiederholen die Schülerinnen und Schüler<br />
unverändert Wörter, Sätze und dialogtypische Wendungen, kurze Dialoge und Monologe.<br />
2. Variierendes (gelenktes) Sprechen: Eine inhaltlich und sprachlich modifizierte<br />
Wiedergabe erfolgt auf der zweiten Stufe. Die Lehrperson leistet dabei Hilfe, indem sie z.B.<br />
Leitfragen stellt oder Wortgerüste zur Verfügung stellt.<br />
3. Freies Sprechen: Auf der dritten Stufe realisieren die Lernenden frei sprechend ein eigenes<br />
kompositorisches und inhaltliches Redekonzept. Das freie Sprechen stellt das Ziel des<br />
Fremdsprachenunterrichts dar.<br />
Echte Kommunikation liegt nur dort vor, wo sich Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer<br />
untereinander etwas mitzuteilen haben. Das Frage- und Antwort-Spiel, bei dem die Lehrperson<br />
immer schon die Antwort im Voraus weiss, ist somit kein Beispiel echter Kommunikation. Es ist<br />
notwendig, dass der Fremdsprachenunterricht möglichst früh echte Kommunikationsanlässe bietet.<br />
Die Fremdsprache soll benutzt werden, um sich gegenseitig wissenswerte und interessante Inhalte<br />
mitzuteilen.<br />
Qualitätskriterien für Sprechanlässe<br />
Gute Sprechanlässe zeichnen sich dadurch aus, dass<br />
1. Die Lernenden können ihre Mitteilungsabsichten verwirklichen.<br />
2. Die Sprache dient als notwendiges Verständigungsmittel.<br />
3. Neue Informationen werden ausgetauscht.<br />
4. Mindestens zwei aktive Sprecher/innen werden einbezogen, die dialogisch und intensiv<br />
miteinander interagieren.<br />
5. Die Sprache dient als handlungsauslösendes Mittel; dabei wird durch die Sprache eine<br />
Wirkung oder ein Resultat erzielt.<br />
6. Durch den Sprechanlass können die individuellen Redemittel ausgebaut werden.<br />
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10<br />
Sprechanlässe im Lehrmittel Mille Feuilles, magazines 1 – 3, 3. Klasse<br />
Magazine: Sprechanlässe: Stade Qualité:<br />
M.1 P.1: Le<br />
monstre…,<br />
S. 42-43<br />
Du hörst die Geschichte und tauchst<br />
dabei mehr und mehr in die französische<br />
Sprache ein.<br />
M.1 P.2: tâche, S.<br />
87 - 88<br />
Du stellst ein Jeu de famille her und<br />
spielst es mit den anderen. Dabei<br />
sprecht ihr miteinander französisch.<br />
M.2 P.1: Ein-Satz-<br />
Geschichten, S. 40<br />
Du wählst im Wörterbuch einen<br />
Buchstaben und findest dort Wörter für<br />
verrückte Ein-Satz.-Geschichten. Du<br />
bereitest dich vor, die Geschichten auf<br />
der Klassenbühne zu präsentieren.<br />
M.3 P.1: Projet de<br />
classe, S.28-29<br />
Nous parlons français pendant le cours<br />
de français.<br />
M.3 P.1: Activité E<br />
& tâche, S. 36-37<br />
& S44-45<br />
Du kannst etwas zu den Schulfotos aus<br />
aller Welt sagen.<br />
M3 P.2: Activité H<br />
S. 40 - 43<br />
Du schaust Bilder von spielenden<br />
Kindern aus aller Welt an. Du liest und<br />
hörst eine Spielanleitung und probierst<br />
das Spiel gleich mit anderen zusammen<br />
aus.<br />
M 3 P.3: Activité<br />
G, S. 73<br />
J’apprends à prononcer.<br />
Bruno Blunschi, Andrea Meshesha,<br />
Markéta Dbaly Schenke, Sandra Wick
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11<br />
5. Schreiben<br />
Produktives, reproduktives und freies Schreiben<br />
Beim Schreiben wird unterschieden zwischen produktivem und reproduktivem Schreiben.<br />
Beim produktiven Schreiben werden die Texte von den Lernenden weitgehend selber verfasst,<br />
z.B. Einkaufslisten, Gedichte, E-Mails, Briefe. Bei dieser offenen Übungsanlage stehen den<br />
Lernenden in der Primarschule in der Regel Wortlisten, Satzelemente oder Modelltexte zur<br />
Verfügung.<br />
Das reproduktive Schreiben umfasst geschlossenen Übungsanlagen, welche bestimmte<br />
Strukturen schulen, z.B. Lückentexte, Diktate, Sätze nach bestimmten Mustern verfassen.<br />
Das “freie Schreiben“ meint jegliches Schreiben ohne Abschreibehilfe (z.B. Brief, Bilder auswendig<br />
beschriften). Das fehlerlose freie Schreiben stellt in der Primarschule noch kein Lernziel dar.<br />
Einfluss des Schreibens auf das Sprachenlernen<br />
a) Mittels Verlangsamung durch den Schreibvorgang und im Umgang mit der geschriebenen<br />
Sprache können die Lernenden vermehrt zur Reflexion und zum sorgfältigen und präzisen<br />
Sprachgebrauch angeleitet werden. Im Schreiben haben wir im Vergleich zu anderen<br />
Sprachtätigkeiten den höchsten Grad an gleichzeitig wirkenden Sprachverarbeitungsprozessen.<br />
Beim Schreibvorgang könne die Lautform und Sprachstrukturen bewusst werden.<br />
b) Nach den Ergebnissen der Schreibforschung ist anzunehmen, dass das Schreiben auch die<br />
übrigen Sprachtätigkeiten positiv beeinflusst. So ist der Einfluss des Schreibens auf das Sprechen<br />
grösser als umgekehrt.<br />
c) Visuelle und schreibmotorische Eindrücke wirken nachhaltiger als andere. Der Einpräge- und<br />
Behaltenseffekt ist beim Schreiben damit grösser als beim Sprechen, Lesen oder Hören.<br />
Reproduktives versus produktives Schreiben<br />
Neuere lernpsychologische Untersuchungen belegen, dass das produktive Schreiben den Erwerb<br />
der Fremdsprache entscheidend unterstützt. Für das intensive Eintauchen in die schriftliche<br />
Sprache ist nicht in erster Linie das reproduktive Schreiben mit Lückentexten und<br />
Strukturübungen, sondern zunehmend das produktive Schreiben von Bedeutung. Es ermöglicht<br />
eine tiefere Verarbeitung der Fremdsprache und unterstützt deren Erwerb.<br />
Bruno Blunschi, Andrea Meshesha,<br />
Markéta Dbaly Schenke, Sandra Wick
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12<br />
Schreibstrategien - Fremdsprachenspezifische Herausforderungen:<br />
Orthographische Probleme (Wie schreibt man „chaise“?<br />
Grammatische Probleme (la oder le?)<br />
Wortschatzprobleme (Wie heisst das Wort xy auf Französisch?)<br />
Textpragmatische Probleme (Anrede in einem Brief?)<br />
<strong>Strategien</strong> für Anfänger<br />
Wörterbücher (Bild-Wort oder zweisprachig)<br />
Kooperatives Schreiben: gemeinsam einen Text entwerfen, verfassen, überarbeiten, korrigieren<br />
Persönliches Merkheft anlegen, Lernkarten schreiben, als Schreibhilfen nutzen, Wörter- und Sätze<br />
bedeutungsillustrierend festhalten, gestaltend Schreiben<br />
Sorgfältiges Abschreiben: genau lesen, sorgfältig abschreiben und durch Vergleichen – zur<br />
Abwechslung auch einmal rückwärts - überprüfen<br />
Innere und äussere Artikulationsprozesse: sich beim Schreiben ein Wort lautgetreu vorsagen<br />
Innere oder äussere Visualisierung eines Wortes: „schaise“ oder „chaise“ ?<br />
Französischspezifische Graphem-Phonem-Beziehungen lernen: z.B. Schlusskonsonanten/Vokale,<br />
accent aigu/grave/circonflexe, „ou“ (fr.) = „u“ (dt.)<br />
Wort zeichnen: Anstelle eines Wortes eine Zeichnung machen (das Wort später nachschlagen)<br />
Mindmap/Wörtersammlung/Wortfelder notieren, als Schreibbasis nutzen<br />
L1 (und weitere Sprachen) nutzen: z.B. ein neues Wort erfinden<br />
Textmuster: Text nach einem vorgegebenen Muster verfassen, Wissen über bestimmte Textsorten<br />
nutzen (z.B. Brief für Einladung, Rätsel)<br />
<strong>Strategien</strong> für Fortgeschrittene<br />
„Risikoreiches Schreiben“: Fehler zugestehen, unterscheiden zwischen Notizen/Entwürfe/Phasen<br />
des Ausprobierens und Reinschriften (die als spätere Schreibhilfe wieder dienen könnten)<br />
Schreiben praktizieren: Notizen machen, kurze Botschaften schreiben, französische Texte kürzen,<br />
Lesespuren verfassen, Witze mailen etc.<br />
Gewisse Ausdrücke, die man nicht schreiben kann, auslassen und durch Synonyme ersetzen<br />
Entwicklungsfokussiertes Schreiben: Unsicherheiten mit anderen Farbe notieren = Einsicht, wo<br />
man sich verbessern möchte<br />
Zielfokussiertes Schreiben: z.B. die Mehrzahl-s oder den Laut „ou“ besonders berücksichtigen (<br />
dementsprechende Selbst-/Fremdkorrektur)<br />
Französischspezifisches Grammatikwissen/Regelwissen nutzen: z.B. Mehrzahl-S, Angleichungen<br />
von Adjektiven etc.<br />
Adressatenbezogenes Schreiben: z.B. sich an eine bestimmte Leserin wenden<br />
Französischspezifische Wendungen / Chunks / Formeln nutzen: z.B. „Il y a ...“, „Voilà une ...“, „Estce<br />
qu’il y a ...?“, „À mon avis, ...“, „Il faut rentrer.“,<br />
Bruno Blunschi, Andrea Meshesha,<br />
Markéta Dbaly Schenke, Sandra Wick