Aktuelle Bewer- tungsfragen zur Teilung des Kapitalwerts ... - Aon
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hohen und damit eventuell übermäßigen Belastung führen.<br />
Umgekehrt könnte ein rein prozentualer Ansatz bei großen<br />
Anrechten zu einem weit über dem tatsächlichen Aufwand<br />
liegenden Kostenabzug führen und aus diesem Grund dann<br />
nicht mehr angemessen sein.<br />
Der in der Praxis häufig vorkommende gemischte Ansatz<br />
eines Prozentsatzes in Verbindung mit einer absoluten Oberund<br />
Untergrenze erscheint in diesem Spannungsfeld als<br />
geeigneter Rahmen für eine Kostenumlage unter genereller<br />
Beachtung der Angemessenheitsvorgabe. Mit den neuen<br />
Aussagen der Rechtsprechung lässt sich dieser Rahmen nun<br />
aber besser ausfüllen: Wenn der Versorgungsträger die Kosten<br />
in voller Höhe umlegen darf, muss die Obergrenze die im<br />
Einzelfall tatsächlich anfallenden Kosten übersteigen dürfen,<br />
sonst ließe sich die Belastung kleiner Anrechte nicht auf ein<br />
vertretbares Maß begrenzen.<br />
Die Grenze von 500 € könnte praktisch einstweilen insoweit<br />
relevant bleiben, als eine Kostenumlage, die sich an dieser<br />
Obergrenze orientiert, durch die Familiengerichte wohl<br />
in der Regel ohne intensivere Prüfung akzeptiert werden<br />
dürfte. Jenseits dieses Wertes ist damit zu rechnen, dass<br />
der tatsächliche Aufwand sowie die daraus vorgenommene<br />
Ableitung eines pauschalen Kostenansatzes eingehend<br />
dargelegt werden müssen. Nichts<strong>des</strong>totrotz genügt es, nach<br />
Auffassung <strong>des</strong> OLG Karlsruhe 18 , die Kostenkalkulation<br />
anhand eines typischen Beispielsfalls und nicht <strong>des</strong> konkreten<br />
Einzelfalls darzulegen.<br />
V. Das Stichtagsprinzip<br />
Nach dem Stichtagsprinzip ist der Wertausgleich im<br />
Versorgungsausgleich bezogen auf das Ende der Ehezeit<br />
vorzunehmen. Es findet seinen gesetzlichen Niederschlag<br />
in § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG, wonach der Ehezeitanteil<br />
<strong>des</strong> Anrechts nach den Verhältnissen zum Ende der Ehezeit<br />
zu bestimmen ist. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, dass<br />
Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die sich nicht<br />
mehr auf das in der Ehezeit erdiente und zu teilende Anrecht<br />
auswirken, auch nicht auf das für die ausgleichsberechtigte<br />
Person begründete Anrecht durchschlagen sollen, denn<br />
die bestehende Versorgungsgemeinschaft endet mit dem<br />
Stichtag <strong>des</strong> Eheen<strong>des</strong> 19 . Mit anderen Worten, Änderungen<br />
nach dem Ende der Ehezeit sollen im Grundsatz allein die<br />
ausgleichspflichtige Person betreffen, da sie zwar das Anrecht,<br />
aber nicht mehr den Ehezeitanteil betreffen. Konsequent ist<br />
insoweit im Umkehrschluss die Ausnahmeregelung in § 5<br />
Abs. 2 Satz 2 VersAusglG, nach welcher Änderungen nach<br />
Ehezeitende im familiengerichtlichen Verfahren doch noch<br />
zu berücksichtigen sind, wenn sie auf den Ehezeitanteil<br />
„<strong>zur</strong>ückwirken“.<br />
Bis heute ist die Anwendung der Ausnahmeregelung mit<br />
großen Unsicherheiten verbunden. Bergner 20 kritisiert zu<br />
Recht die verunglückte Formulierung „<strong>zur</strong>ückwirken“.<br />
Gemeint sind offenbar Änderungen, die sich auf die<br />
Bezugsgröße <strong>des</strong> Versorgungssystems auswirken und<br />
die der Ehezeit zu<strong>zur</strong>echnen sind. Letzteres ist eine<br />
Wertungsfrage. Nach h.M. sind nachträgliche Umstände,<br />
die auf individuellen Entwicklungen oder Entscheidungen<br />
beruhen, wie z.B. Karriereschritte 21 oder ein vorgezogener<br />
Rentenbeginn 22 , nicht der Ehezeit zu<strong>zur</strong>echnen, wohl aber<br />
kollektivrechtliche Änderungen <strong>des</strong> Versorgungsplans 23 . Laut<br />
18 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.7.2011, 2 UF 231/10.<br />
19 Dörr/Glockner, MünchKommBGB, Familienrecht I, 6. Auflage, 2013, § 5 Rn. 4.<br />
20 Bergner, NJW 2012 S. 1330 (1331).<br />
21 BT-Drs. 16/10144, S. 49.<br />
22 Dazu BGH, Beschluss vom 7.3.2012, XII ZB 599/10.<br />
23 Vgl. Budinger/Krazeisen, BetrAV 2010 S. 612 (615); Bergmann, Beck´scher<br />
Online-Kommentar BGB, 2013, § 5 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 28.3.2012, XII<br />
ZB 593/11, Rn. 5.<br />
Gesetzesbegründung ist auch der Eintritt von Invalidität der<br />
Ehezeit zu<strong>zur</strong>echnen 24 . Das Abgrenzungskriterium „kollektiv“<br />
vs. „individuell“ würde hier wiederum nicht weiterhelfen.<br />
1. § 5 Abs. 2 VersAusglG und Wertfeststellung „bezogen<br />
auf“ das Ehezeitende<br />
Fraglich ist, ob § 5 Abs. 2 VersAusglG tatsächlich in der<br />
Lage ist, einen angemessenen Umgang mit allen nachehezeitlichen<br />
Veränderungen eines Versorgungsanrechts zu<br />
gewährleisten. Die Bestimmung scheint der Konstruktion<br />
nach primär mit dem Blick auf Änderungen entwickelt<br />
worden zu sein, die den Ausgleichsbetrag selbst betreffen,<br />
und wirkt auch da nur auf das Verhältnis zwischen beiden<br />
Ehegatten unmittelbar zugeschnitten. Paradebeispiel ist die<br />
Erhöhung eines Anrechts durch einen nachehezeitlichen<br />
karrierebedingten Gehaltssprung: Geteilt wird nur das<br />
Anrecht ohne Erhöhung, die Erhöhung verbleibt voll bei der<br />
ausgleichspflichtigen Person. Bei <strong>Teilung</strong> von Anrechten auf<br />
Basis von ehezeitlichen Kapitalwerten wird es dagegen schon<br />
schwieriger. Diese ändern sich im Zeitablauf nach Eheende<br />
nicht nur punktuell durch den Eintritt von Ereignissen,<br />
sondern laufend, je nach Lage <strong>des</strong> Falles etwa durch<br />
Verzinsung, bei „Rentnerscheidungen“ durch Auszahlungen<br />
von Rentenraten oder durch Kursschwankungen. Und<br />
es geht nicht nur um das Verhältnis zwischen beiden<br />
Ehegatten, sondern auch und gerade um die Position <strong>des</strong><br />
Versorgungsträgers, der im Falle einer <strong>Teilung</strong> auf Basis <strong>des</strong><br />
<strong>Kapitalwerts</strong> erreichen möchte, dass dieser Wert wirklich<br />
nur geteilt wird und nicht in Summe ansteigt. Das kann der<br />
Weg über § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG schon aus praktischen<br />
Gesichtspunkten kaum leisten, weil diese Vorschrift – auch<br />
vor dem Hintergrund der Notwendigkeit eines Tenors mit<br />
bestimmbarem Inhalt – im Gerichtsverfahren mit konkreten<br />
Werten ausgefüllt werden muss und die weitere Entwicklung<br />
bis <strong>zur</strong> Umsetzung durch eine rechtskräftige Entscheidung<br />
angesichts der Ungewissheit dieses Zeitpunkts gar nicht<br />
exakt erfassen kann.<br />
Auch die Rechtsprechung lässt hier noch keine klare Linie<br />
erkennen im Hinblick auf die Fragen<br />
– welche nachehezeitlichen Veränderungen tatsächlich zu<br />
berücksichtigen sind,<br />
– wann hierbei auf § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG<br />
<strong>zur</strong>ückgegriffen werden kann und<br />
– wie die praktische Umsetzung durch eine rechtssichere<br />
Tenorierung aussehen soll.<br />
So berücksichtigt der BGH 25 die Verzinsung bei Scheidung<br />
eines Anwärters und externer <strong>Teilung</strong> unter Berufung auf den<br />
Halbteilungsgrundsatz, d.h. außerhalb von § 5 Abs. 2 Satz 2<br />
VersAusglG. Der negativen Entwicklung der Kursentwicklung<br />
eines Fondsvermögens soll dagegen über § 5 Abs. 2 Satz 2<br />
VersAusglG Rechnung getragen werden 26 und die konkrete<br />
Wertfeststellung habe noch im Tenor zu erfolgen. Die<br />
Wertfeststellung sei dabei vom Tatrichter auf Basis der<br />
Mitteilung durch den Versorgungsträger oder die Beteiligten<br />
vorzunehmen.<br />
Trotz der noch unsicheren Rechtslage lassen sich<br />
aber womöglich auf Basis der bislang ergangenen<br />
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Veränderungen nach<br />
Eheende – unabhängig von der Frage der zutreffenden<br />
rechtlichen Grundlage für eine Berücksichtigung –<br />
Anhaltspunkte für ein Vorgehen im durchaus praxisrelevanten<br />
24 BT-Drs. 16/10144, S. 49.<br />
25 BGH, Beschluss vom 7.9.2011 – XII ZB 546/10 –, BetrAV 2011 S. 652 (654),<br />
Rn. 15, mit Anmerkung Budinger/Krazeisen, BetrAV 2011 S. 745 ff.<br />
26 BGH, Beschluss vom 29.2.2012 – XII ZB 609/10 –, Rn. 23 ff., BetrAV 2012 S.<br />
264 (266).<br />
214 Betriebliche Altersversorgung 3/2013 Abhandlungen