Fürchtet mit Freuden das Jüngste Gericht! - Kirchenbote
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11/2013<br />
<strong>Kirchenbote</strong><br />
62. Jahrgang<br />
der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen<br />
www.kirchenbote-sg.ch<br />
Das <strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong><br />
Der himmlische Richter<br />
«<strong>Fürchtet</strong> <strong>mit</strong> <strong>Freuden</strong><br />
<strong>das</strong> <strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>!»<br />
Ab in die Hölle …<br />
Ein irdischer Richter<br />
«Und die Toten wurden gerichtet<br />
aufgrund dessen, was in den<br />
Büchern geschrieben stand,<br />
nach ihren Taten.» Offenbarung 20, 12b
Im Anfang<br />
Der himmlische<br />
Richter<br />
Vom letzten Akt der Weltgeschichte<br />
Und ich sah einen grossen, weissen<br />
Thron und den, der darauf sass; vor dessen<br />
Angesicht flohen Erde und Himmel,<br />
und es fand sich kein Ort für sie.<br />
Und ich sah die Toten, die Grossen und<br />
die Kleinen, vor dem Thron stehen. Da<br />
wurden Bücher aufgeschlagen, und noch<br />
ein Buch wurde aufgetan: <strong>das</strong> Buch des<br />
Lebens. Und die Toten wurden gerichtet<br />
aufgrund dessen, was in den Büchern<br />
geschrieben stand, nach ihren Taten.<br />
Und <strong>das</strong> Meer gab seine Toten her, und<br />
der Tod und die Unterwelt gaben ihre<br />
Toten her, und sie wurden gerichtet, jeder<br />
nach seinen Taten. Und der Tod und die<br />
Unterwelt wurden in den Feuersee geworfen.<br />
Das ist der zweite Tod: der Feuersee.<br />
Und wer sich nicht aufgeschrieben<br />
fand im Buch des Lebens, der wurde in<br />
den Feuersee geworfen.<br />
Offenbarung 20, 11–15<br />
Die Apokalypse des Johannes wirft im<br />
20. Kapitel einen visionären Blick auf<br />
den Moment, in dem Himmel und Erde<br />
Titelbild und Themenbilder<br />
Das wohl berühmteste Bild des «<strong>Jüngste</strong>n<br />
<strong>Gericht</strong>s» (1536–41) stammt von Michelangelo<br />
und befindet sich in der Sixtinischen Kapelle im<br />
Vatikan. Dieses Bild hat der chinesische Künstler<br />
Miao Xiaochun aus Wuxi im Computer bearbeitet.<br />
Er schuf ein 3-D-Modell seines Körpers und<br />
ersetzte jede der 400 Figuren <strong>mit</strong> seiner eigenen<br />
Gestalt. In der Computeranimation konnte er <strong>das</strong><br />
Blickfeld jeder Figur darstellen und im virtuellen<br />
Raum des <strong>Jüngste</strong>n <strong>Gericht</strong>s herumreisen und<br />
Fotos aus verschiedenen Winkeln machen. Ein<br />
Ausdruck in Schwarz-Weiss zeigt <strong>das</strong> Jenseits in<br />
einem futuristischen Kontext. Zeitbedingte Elemente<br />
in Michelangelos Gemälde sind reduziert<br />
auf die nackte Wesenheit des individuellen Menschen.<br />
Das Monumentalbild ist an der 55. Biennale<br />
in Venedig im Pavillon von China zu sehen.<br />
Foto: as<br />
vergehen. In wenigen Sätzen schildert<br />
sie <strong>das</strong> Weltgericht, um dann auf den<br />
letzten Seiten der Bibel in wunderbaren<br />
Worten die neue Schöpfung zu schildern.<br />
Von einer ewigen Hölle ist kaum<br />
weiter die Rede. Ziel aller Äonen ist <strong>das</strong><br />
Himmlische Jerusalem, auch <strong>das</strong> Paradies<br />
ist neu offenbar. Ein trostvoller<br />
Ausblick,der aber nicht vergessen lassen<br />
sollte, <strong>das</strong>s die Menschheit während<br />
ihrer Erdenschicksale immer wieder auf<br />
schreckliche Weise die Folgen ihrer<br />
Blindheit und Bosheit zu erfahren hat.<br />
Nachdem der grosse Verführer,<br />
Satan, schon kurz zuvor in den Feuersee<br />
geworfen wird, kommen nun auch der<br />
Tod und die Unterwelt in <strong>das</strong> Feuer der<br />
Vernichtung. In der neuen Schöpfung<br />
ist dafür keine Verwendung mehr.<br />
Vom Buch des Lebens<br />
Im Zentrum des hier beschriebenen<br />
Weltgerichts steht aber die Begegnung<br />
der Verstorbenen <strong>mit</strong> Gott, der hier als<br />
Richter auftritt. Dieser wird weder<br />
sichtbar noch namentlich benannt, nur<br />
seine überwältigende Souveränität über<br />
alles Bestehende wird angedeutet.<br />
Der «weisse Thron» ist Sinnbild heilender<br />
Macht und Gottesherrschaft, vor<br />
der alles Geschaffene entflieht. Im Angesicht<br />
dieses Urlichts finden sich die auferstandenen<br />
Menschen <strong>mit</strong> ihrem Leben<br />
und <strong>mit</strong> Gottes Absichten konfrontiert:<br />
<strong>mit</strong> dem Welt- und dem Gottgedächtnis,<br />
symbolisiert in den vielen «Büchern»<br />
und dem einen «Buch des Lebens».<br />
Die «Bücher» stehen für <strong>das</strong>, was<br />
jeder Mensch aus seinem Leben in der<br />
Weltzeit gemacht hat. Die Taten und ihre<br />
Folgen gingen zwar in Vergessenheit,<br />
waren eingerollt. Jetzt aber wird <strong>das</strong><br />
Buch entrollt, aufgeschlagen, und alles<br />
ist wieder offenbar. Es sieht so aus, als<br />
bestehe <strong>das</strong> <strong>Gericht</strong> hier vor allem darin,<br />
<strong>das</strong>s der Mensch im Lichte Gottes bleibend<br />
erkennt, was er aus dem Geschenk<br />
des Lebens gemacht hat – denn es werden<br />
keine anderen Folgen beschrieben.<br />
«Das Buch des Lebens» hingegen<br />
steht dafür, <strong>das</strong>s Gott uns ewig erschaffen,<br />
geliebt und erwählt hat. – Viel wurde<br />
darüber debattiert und gestritten,<br />
wer in diesem Buch genannt oder daraus<br />
gestrichen sein könnte. Aber dieses<br />
Buch ist dem Sinn des Menschen entrückt.<br />
Es wird in der Bibel oft erwähnt<br />
und hat wohl die Bedeutung, <strong>das</strong>s wir<br />
unter der Gnade <strong>mit</strong> guten Werken unsere<br />
Ewigkeit prägen, <strong>das</strong>s aber stets<br />
Gott in seiner Liebe und Gerechtigkeit<br />
<strong>das</strong> letzte Wort behalten wird.<br />
ANDREAS SCHWENDENER<br />
Editorial<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser<br />
Für die Menschen in Untersuchungshaft<br />
, die ich in meinem Nebenjob als<br />
Gefängnisseelsorger besuche, ist es<br />
stets entlastend, wenn die Untersuchungen<br />
abgeschlossen sind, die Anklageschrift<br />
ausgearbeitet ist und der<br />
<strong>Gericht</strong>stermin feststeht. Jetzt wissen<br />
sie, woran sie sind. Sie können sich vorbereiten<br />
und hoffen, <strong>das</strong>s am entscheidenden<br />
Tag die Verteidigung überzeugt<br />
und die Richter gnädig urteilen werden.<br />
Der Mehrheit der Bevölkerung bleiben<br />
solche <strong>Gericht</strong>sfälle erspart – obwohl<br />
alle Menschen Verfehlungen begehen<br />
wie Lieblosigkeit, Habgier, Hochmut …<br />
Doch dafür belangt uns kein irdisches<br />
<strong>Gericht</strong>. Die endgültige Beurteilung<br />
aber, <strong>das</strong> «<strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>», ist für uns<br />
in weiter Ferne oder wir glauben nicht,<br />
<strong>das</strong>s es so etwas geben kann.<br />
Und doch gibt es eine innere Instanz,<br />
<strong>mit</strong> der wir uns und andere fortwährend<br />
beurteilen, anklagen und richten. Ehrlicherweise<br />
müssten wir eingestehen,<br />
darin als voreingenommene Richter zu<br />
handeln. Der Glaube aber sagt uns,<br />
<strong>das</strong>s diese innere Instanz uns nicht nur<br />
etwas vorgaukelt, sondern vertrauenswürdig<br />
ist – weil wir hinter ihr etwas ahnen,<br />
<strong>das</strong> uns übersteigt und <strong>mit</strong> dem wir<br />
doch verbunden sein können. Diese<br />
Verbundenheit lässt sich kultivieren in<br />
der Meditation oder im Gebet. Man versucht<br />
dabei, einen möglichst objektiven<br />
oder höheren Standpunkt einzunehmen,<br />
um sich selber und andern gerecht<br />
zu werden und so schon in diesem<br />
Leben zu erschrecken über Missgeschicke,<br />
zu bereuen, zu vergeben.<br />
So kommt <strong>das</strong> «<strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>», <strong>das</strong><br />
die religiöse Fantasie an <strong>das</strong> Ende der<br />
Zeit setzte, in die Gegenwart, <strong>das</strong> Jetzt.<br />
Und alle Gestalten dieses <strong>Gericht</strong>s, der<br />
Ankläger, der Verteidiger und der Richter,<br />
tragen <strong>das</strong> eigene Angesicht, <strong>das</strong><br />
Antlitz des Menschen – so wie <strong>das</strong> der<br />
chinesische Künstler in seinem «<strong>Jüngste</strong>n<br />
<strong>Gericht</strong>» zeigt. In diesem ewigen<br />
Jetzt steht auch für uns der <strong>Gericht</strong>stermin<br />
fest und wir können – wachsam<br />
in ihm – hoffend auf ihn zu leben.<br />
ANDREAS SCHWENDENER<br />
2 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Thema<br />
«<strong>Fürchtet</strong> <strong>mit</strong> <strong>Freuden</strong><br />
<strong>das</strong> <strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>!»<br />
Zum Ende des Kirchenjahrs<br />
Der Ewigkeitssonntag, der letzte Sonntag im Kirchenjahr vor dem ersten<br />
Advent, erinnert an <strong>das</strong> Ende aller Dinge und an <strong>das</strong> <strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>.<br />
Was die Bibel dazu ansagt, erläutert (<strong>mit</strong> vielen Bibelstellen zum Nachlesen)<br />
der über 90-jährige St.Galler Theologe Eduard Haller.<br />
«Wenn aber der Menschensohn kommen wird, dann …»<br />
(Matthäus 25, 31–46) – «Dann wird er scheiden» voneinander,<br />
was bisher ineinander lag. «Dann wird er sammeln», was<br />
bisher verborgen und zerstreut war.«Dann wird er sagen» sein<br />
endgültiges Wort. «Alle Völker» geht <strong>das</strong> dann an. Jeden<br />
Menschen. Dich. Mich.<br />
«Der <strong>Jüngste</strong> Tag», «<strong>das</strong> Endgericht», «der Tag des Herrn»,<br />
– er wird sein «der Tag aller Welt, an welchem die Zeit<br />
zerbricht» (Werner Bergengruen). Der Abbruch jeden Aufstands,<br />
jedes Aufbegehrens gegen Gott wird kommen.<br />
«Der Tag des Herrn kommt über alles Stolze und Hochmütige»<br />
(Jesaja 2,12 /Verse 6–22!).Die Propheten haben ihn längst<br />
angesagt (Joel 2, 1–2; Zephania 1, 7–18).<br />
«Der Tag des Herrn kommt über alles<br />
Stolze und Hochmütige.» Jesaja 2, 12<br />
Dieser Abbruch wird sein der endgültige Anbruch des<br />
Reiches Gottes, der Herrschaft Gottes. «Der Menschensohn»<br />
(so hat Jesus sich selbst bezeichnet) wird nach seiner Verwerfung<br />
und Auferstehung aus seinerVerborgenheit hervortreten.<br />
Jetzt rufen wir nur seinen Namen an und heissen nach ihm<br />
«Christen»,hören auf seine Worte,bitten und empfangen – ein<br />
verborgenes, aber gemeinsames Geschehen. «Dann aber»,<br />
«wenn Himmel und Erde vergehen», wird offenbar, <strong>das</strong>s seine<br />
Worte nicht Worte von gestern waren, sondern je lebendige<br />
Worte in jedem Heute. «Meine Worte werden nicht vergehen»<br />
(Matth.24,35):Worte seines Erbarmens,seiner Erwählung der<br />
Menschen, die sich <strong>mit</strong> ihrer Schuld und in ihrer Hilflosigkeit<br />
ihm anvertrauten. «Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich<br />
habe euch erwählt» (Johannes 15, 14), «ihr seid meine Freunde»<br />
(Johannes 15, 14). Sie werden ermahnt, «zu bleiben», wo<br />
sie schon sind, nämlich «in meiner Liebe» (Johannes 15, 9).<br />
Schauen auf die Wiederkunft Christi<br />
Die so, unerkannt von der Welt (Matthäus 5, 3–12!), aber eben<br />
«erkannt von ihrem Herrn» (Johannes 10, 14), beharrlich Tag<br />
um Tag neu geblieben sind im Glauben,in Hoffen und Lieben,<br />
die sollen sich nicht ängstigen vor dem grossen «Tag des<br />
Herrn». Im Gegenteil: «Erhebt eure Häupter, euere Erlösung<br />
naht ja!» (Lukas 21, 28). Die Schriftstellerin Elisabeth Langgässer<br />
hat <strong>das</strong> einmal <strong>mit</strong> dem kühnen, gewaltigen Satz gesagt:<br />
«<strong>Fürchtet</strong> <strong>mit</strong> <strong>Freuden</strong> <strong>das</strong> <strong>Jüngste</strong> <strong>Gericht</strong>!» Es ist ja hier<br />
beides vereint: der ganze Ernst des Endes aller Dinge und zugleich<br />
die frohe Hoffnung auf den Retter Jesus Christus.<br />
Die gegenwärtige Unscheinbarkeit der Jünger ist ja nur <strong>das</strong><br />
Gegenüber zu einer Welt, in der die Selbsttäuschung regiert,<br />
als wäre der sich selbst bestimmende, «autonome» Mensch<br />
ohne Gott frei, sich selbst sein Gott zu sein.<br />
«<strong>Jüngste</strong>r Tag», «Tag des Herrn», «Endgericht», <strong>das</strong> sind<br />
nicht nur aufweckende und schon gar nicht einfach drohende<br />
Foto: as<br />
«Und <strong>das</strong> Meer gab seine Toten her, und der Tod und die Unterwelt gaben ihre Toten her, und sie wurden gerichtet, … (Offenb. 20, 13)<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 3
Worte. Sie sind nüchterne Offenbarungsworte im Wahrnehmen<br />
der Verkündigung und des einmaligen Anspruchs Jesu<br />
selbst, Worte einer kommenden Scheidung zwischen wirklichem<br />
Glauben und wirklichem Unglauben.<br />
In derVerkündigung Jesu ist «jener Tag» immer im Blickfeld<br />
(siehe Anmerkung unten), und viele Worte Jesu in seiner endzeitlichen<br />
Ansage sind nicht etwa nur «Reste» eines damaligen<br />
apokalyptisch bestimmten Welt- und Gottesbildes, <strong>das</strong> uns<br />
nichts mehr angeht. Der Philosoph und Physiker Carl-Friederich<br />
von Weizsäcker wurde einst um einen Vortrag gebeten<br />
zum Thema «Die Aufgabe der Kirche in der heutigen Gesellschaft».<br />
Er stellte seinen Vortrag unter die provozierende<br />
These: «Die Aufgabe der Kirche in der heutigen Gesellschaft<br />
besteht darin, die Wiederkunft Christi zu verkündigen.»<br />
Das sagt nicht ein Theologe, sondern ein Physiker auf der<br />
Höhe seines Wissens: einer also, der auf die Botschaft der Propheten<br />
und Apostel im Hören auf Jesu Worte selbst geblieben<br />
ist. Hören auf diese Offenbarungsworte führt zur Erkenntnis<br />
einer Scheidung, die auch durch <strong>das</strong> Leben eines Christen hindurch<br />
scheidet; aber sie erstickt nicht die Hoffnung, sondern<br />
beflügelt sie vielmehr. «Fürchte dich nicht, du kleine Schar,<br />
denn eueresVaters heilsamer Wille ist es,euch Anteil an seinem<br />
Reich zu geben» (Lukas 12, 32). Darum darf die Kirche bekennen:<br />
«Jesus wird wiederkommen, zu richten die Lebenden und<br />
die Toten.» (Apostolisches Glaubensbekenntnis)<br />
Jenes «Richten» wird etwas ganz anderes sein als <strong>das</strong> «Richten»<br />
in der «Gerechtigkeit» unserer zahllosen weltlichen «<strong>Gericht</strong>e».<br />
Solche sind nur ein notwendiger, behelfsmässiger, sich<br />
ständig wandelnder, ja nicht selten geradezu verzerrender Spiegel<br />
dessen, was im Munde der Propheten wie Jesu und der Apostel<br />
«geoffenbartes Gottesrecht» heisst. Dieses «Gottesrecht»,<br />
wo Gerechtigkeit und Gnade eins sein werden, ist angesagt!<br />
Foto: as<br />
Das <strong>Gericht</strong> als grosse Scheidung<br />
Das alttestamentliche Wort für «<strong>Gericht</strong>» und «richten»<br />
(«schophet/mischpat») sagt eigentlich etwas anderes als unsere<br />
Übersetzungen aus der lateinischen und griechischen Bibel.<br />
Die Grundbedeutung besagt einfach «schlichten», «Schlichtung»,<br />
also etwas in die heilsame Gottesordnung bringen, was<br />
in der Welt und zwischen Gott und uns in Unordnung ist.<br />
«Schlichten» wird «der Tag des Herrn», «scheiden» und «sammeln»<br />
wird «der <strong>Jüngste</strong> Tag». So wird «geschieden» werden<br />
zwischen dem, was bleibt, und dem, was abgetan wird: Es wird<br />
Anmerkung zu Jesu endzeitlichem Anspruch<br />
Wirklich endzeitlich Künftiges kann immer nur in Bildern und<br />
Vorstellungen von je Gegenwärtigem bzw. schon Überliefertem<br />
«angesagt» werden. (z.B. Matth. 13, 30–49; Joh. 15, 5–6;<br />
Luk. 11, 31f.; 12, 35–40; 13, 22–30; 16, 19–31; bes. Mark. 12,<br />
1–12 und 18–27). In der Verkündigung Jesu ist von Anfang bis<br />
zum Schluss der endzeitliche Akzent immer da. Es werden<br />
apokalyptische «kosmische» Bilder (wie bei Paulus auch: im<br />
ältesten seiner Briefe 1. Thess. 4, 13–18; Phil. 2, 5–18; 3, 17, 21;<br />
u.a.) zu einer ausschliesslich auf ihn selbst bezogene Zusage<br />
wie Warnung; sie sind im Munde Jesu bereits in einmaligem<br />
Anspruch existenziell interpretiert. Mit andern Worten, wieder<br />
bildhaft bzw. begrifflich übersetzt: Die aktuelle, kompromisslose<br />
Entscheidung im Hören auf Jesu Worte ist gleichsam<br />
<strong>das</strong> «Fundament», auf dem der Mensch stehen kann in<br />
der Nachfolge durch den Lebenskampf («neue Erde», 2. Petr.<br />
3, 13), wie <strong>das</strong> «Firmament», unter dem er dereinst («neuer<br />
Himmel») bestehen oder eben nicht bestehen wird. EH<br />
Im Bildzentrum: der segnende und richtende Menschensohn.<br />
geschieden zwischen halbwahr und unwahr und wahr –<br />
zwischen <strong>mit</strong>schuldig, schuldig und unschuldig –<br />
zwischen verworren und klar –<br />
zwischen Einfalt und Unentwirrbarem –<br />
zwischen Wahrheit und Schein –<br />
zwischen Herrschen und Dienen –<br />
zwischen Selbstverleugnung und Selbstliebe –<br />
zwischen Nachfolge Christi und Selbstgerechtigkeit –<br />
zwischen barmherzig und erbarmungslos –<br />
zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche. –<br />
Es wird offenbar werden wahres Leben und endgültiger Tod.<br />
Solcher Offenbarung am «Tag des Herrn» hoffen wir entgegen<br />
und beten in der Fortsetzung der letzten Vaterunserbitte:<br />
«Erlöse uns, Herr, allmächtigerVater, von allem Bösen und gib<br />
Frieden in unseren Tagen. Komm uns zu Hilfe <strong>mit</strong> deinem<br />
Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde,<br />
da<strong>mit</strong> wir voll Zuversicht <strong>das</strong> Kommen unseres Erlösers Jesus<br />
Christus erwarten. Denn dein ist <strong>das</strong> Reich und die Kraft und<br />
die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.» (Kirchliche Liturgie)<br />
EDUARD HALLER, ST.GALLEN<br />
Eduard Haller, geb.1922 in München, studierte nach dem Krieg und einer<br />
Gefangenschaft in Ägypten Theologie und wurde Professor für Altes Testament<br />
in Neuendettelsau.Während der Studentenunruhen1968 zog er es<br />
vor, im Toggenburg (Stein und Oberhelfenschwil) als Pfarrer zu wirken.<br />
Siehe auch Monatsporträt im Online-<strong>Kirchenbote</strong>n 07-08/2005.<br />
4 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Thema<br />
Ab in die Hölle …<br />
Drei Meinungen zur Idee einer ewigen Hölle<br />
Im Judentum, im Christentum wie auch im Islam wird die<br />
Hölle als ein möglicher Ausgang des Endgerichts gesehen:<br />
als Strafe der Verdammnis im Gegensatz zum Zustand<br />
absoluter Glückseligkeit im Himmel oder im Paradies.<br />
Während die asiatischen Hochreligionen <strong>mit</strong> ihrem Reinkarnationsglauben<br />
die «Hölle» als Ort der Läuterung<br />
sehen, gehen die monotheistischen Religionen von einer<br />
ewigen Hölle aus. Die Hölle gilt traditionell als Aufenthaltsort<br />
von Dämonen und Teufeln, als Ort der Qual, in welchen<br />
Übeltäter nach dem Tod gelangen – durch selbst verschuldeten<br />
Ausschluss aus der Gemeinschaft <strong>mit</strong> Gott.<br />
Hölle als Übergang ins Nichts<br />
Ich vermute, <strong>das</strong> Bild der Hölle als feuriger<br />
Ort ewiger Qual <strong>mit</strong> Teufeln und<br />
Dämonen ist eine sehr subjektiveVisualisierung<br />
der <strong>mit</strong>telalterlichen Kirche, die<br />
den Zweck hatte, den Menschen Angst<br />
einzujagen. Vielleicht steckte dahinter<br />
edle Absicht, ich befürchte aber vielmehr,<br />
<strong>das</strong>s es «Marketing» für den Ablasshandel<br />
«Ich glaube<br />
an die menschliche Fähigkeit,<br />
Gutes oder Böses zu tun.»<br />
war. Ich verstehe die Hölle als endgültigen<br />
Tod, Auslöschung, Übergang des Menschen<br />
ins Nichts. Für mich bleibt aber un-<br />
klar, ob die betroffene Seele da<strong>mit</strong> wirklich<br />
aufhört zu existieren. In allen Fällen<br />
finde ich den Himmel die bessere Perspektive.<br />
ANDREAS SCHWENDENER, CHUR<br />
Die Hölle ist auf Erden<br />
Ich glaube weder an eine jenseitige Hölle<br />
noch an einen Himmel. Ich glaube an die<br />
menschliche Fähigkeit, Gutes oder Böses<br />
zu tun. Je nachdem wie wir uns entscheiden,<br />
erleben wir oder andere eine Hölle<br />
oder einen Himmel. Pfarrer dürften die<br />
mythologischen Bilder der Gemeinde<br />
auch erklären als Bilder für menschliches<br />
Verhalten.<br />
So entsteht die Hölle auf Erden – da<br />
brauchen wir nur die Kriegsinformationen<br />
aus vergangenen und heutigen<br />
Kriegen zu hören oder lesen: Vergewaltigungen,<br />
Missbrauch von Kindern, Kindersoldaten,<br />
Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />
… <strong>das</strong> ist ja wohl die Hölle – oder<br />
die Frauen, welche in der Vergangenheit<br />
als Hexen verfolgt, gefoltert, ermordet<br />
wurden, erlebten eine Hölle.<br />
Ebenso wie die Hölle von Menschen<br />
gemacht wird, ist auch der Himmel von<br />
Menschen bestimmt. Die Geborgenheit<br />
einer herrlichen Liebesumarmung – ist<br />
<strong>das</strong> nicht himmlisch? Eine Harmonie als<br />
Familie erleben, ohne Sorgen ob <strong>das</strong><br />
Geld oder Essen für morgen reicht …<br />
Sowohl Himmel als Hölle sind also auch<br />
ganz materiell zu deuten. RUDY VAN KERCK-<br />
HOVE, PFARRER IN GOSSAU<br />
Die Hölle ist besiegt<br />
Um Himmels willen! Wenn mir als Kind<br />
eine solche Vorstellung ver<strong>mit</strong>telt worden<br />
wäre, hätte ich nachts kaum geschlafen<br />
und ich wäre niemals Pfarrerin geworden!<br />
Zum Glück haben mir meine Eltern<br />
erklärt, <strong>das</strong>s Teufel <strong>mit</strong> Hörnern und eine<br />
feurige Unterwelt zu einem veralteten<br />
Weltbild gehören. In Kategorien von<br />
Raum und Zeit kann man nur andeuten,<br />
wie ein von Gott abgetrenntes Sein – oder<br />
besser Nichtsein – sein könnte. Dieses<br />
Nicht-in-Gott-Sein wäre die Hölle. Gott<br />
zwingt niemanden, aber ich ahne, <strong>das</strong>s<br />
Gottes Liebe und Barmherzigkeit so<br />
überwältigend sind, <strong>das</strong>s man ihnen<br />
kaum widerstehen kann. Mich ermutigen<br />
die Worte von Paulus im Römerbrief:<br />
«Weder Tod noch Leben … vermag uns<br />
zu scheiden von der Liebe Gottes, die in<br />
Christus Jesus ist, unserem Herrn.» Und<br />
von Johannes: «Gott ist Liebe … die vollkommene<br />
Liebe treibt die Furcht aus.»<br />
Jesus ist gekommen, um die Welt zu<br />
retten. Wenn er selber unser Richter ist,<br />
wer kann gegen uns sein? Ich glaube an<br />
die Liebe Gottes, wie sie in Jesus sichtbar<br />
wurde. Er hat die Menschen nicht verurteilt,<br />
sondern ihre Sehnsucht, ihre Verzweiflung,<br />
ihre Wunden und Blockaden<br />
gesehen. Er hat den Glauben in ihnen gesehen,<br />
den sie selber nicht erkannten. Ich<br />
glaube, <strong>das</strong>s er uns als endzeitlicher Richter<br />
nicht anders behandeln wird. CATHE-<br />
RINE MCMILLAN, PFARRERIN IN BRUNNADERN<br />
Foto: as<br />
«Und wer sich nicht aufgeschrieben fand im Buch des Lebens, der wurde in den Feuersee geworfen.» (Offenbarung 20, 15)<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 5
Panorama<br />
Reformierte<br />
aller Kirchen,<br />
einigt euch!<br />
Reformationsjubiläum soll Kirchen einen<br />
500 Jahre nach der Reformation feiern die<br />
reformierten Kirchen im Symboljahr 2017<br />
erstmals gemeinsam.<br />
Das Reformationsjubiläum steht vor der<br />
Türe. 1517 hat der Reformkatholik Martin<br />
Luther <strong>mit</strong> seinen Thesen zum Ablasshandel<br />
eine Bewegung <strong>mit</strong> angestossen,<br />
die weit über die Kirche hinaus für die<br />
Entwicklung Europas und der ganzen<br />
Welt grösste Bedeutung hat. Mag sein,<br />
<strong>das</strong>s die Entdeckung des Menschen als<br />
Einzelwesen in der Luft lag. Mag auch<br />
sein, <strong>das</strong>s der Weg hin zur selbstverantworteten<br />
Mündigkeit in die Aufklärung<br />
und da<strong>mit</strong> in die Neuzeit gut zwei Jahrhunderte<br />
später einfach «dran» war.<br />
Aber Luther und weitere Reformer<br />
wie Zwingli und Calvin und regionale<br />
Reformatoren fanden je eigene originelle<br />
Zugänge dafür, <strong>das</strong>s der Mensch keine<br />
menschlichen Mittlerfiguren zu Gott<br />
braucht. Da<strong>mit</strong> haben sie entschlossen<br />
eine Neuinterpretation des Christentums<br />
an die Hand genommen.<br />
Die zentrale Einsicht lautet: Der Zugang<br />
zu Gott ist nicht wie in der katholischen<br />
Kirche an <strong>das</strong> Priester-Personal<br />
gebunden, wo<strong>mit</strong> die Katholiken <strong>mit</strong> der<br />
Auswahl dieser (bis heute ausschliesslich<br />
männlichen) Personen über ein sehr<br />
griffiges Steuerungsinstrument verfügen.<br />
Dass jeder Einzelne in der «Freiheit<br />
eines Christenmenschen» un<strong>mit</strong>telbar<br />
vor Gott steht, ist bahnbrechend. Es passt<br />
genau zur Entwicklung hin zum heute so<br />
ausgeprägten Individualismus, der durch<br />
die Individualisierung des Glaubens erst<br />
befördert wurde. Allerdings hatte dies<br />
auch zur Folge, <strong>das</strong>s sich die protestantische<br />
Reformbewegung in unzählige Kirchen<br />
und Kirchlein aufsplitterte. Und die<br />
haben meist eine Sondermeinung und<br />
sagen bei einem gemeinsamen Projekt «Ja,<br />
aber» oder «Jein», aber selten «Ja, Ja».<br />
Am Kongress zum Reformationsjubiläum<br />
2017 in Zürich sagte Bischof<br />
Martin Schindehütte vom Kirchenamt<br />
der Evangelischen Kirchen in Deutschland<br />
(EKD) denn auch: «Es ist an der<br />
Zeit, die leidvolle Zersplitterung im Protestantismus<br />
zu überwinden und wieder<br />
zu einer gemeinsamen Grundorientierung<br />
zu finden.»<br />
Was ist 2025 anders?<br />
Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen<br />
Evangelischen Kirchenbundes<br />
(SEK), macht bei nationalen Projekten<br />
wie etwa der aktuellen Vernehmlassung<br />
zur SEK-Verfassungsrevision verschiedenste<br />
Erfahrungen <strong>mit</strong> Sondermeinungen.<br />
Für Locher muss <strong>das</strong> Reformationsjubiläum<br />
eine nachhaltige Entwicklung<br />
in Richtung Zusammenhalt in Gang<br />
bringen. Was ist im Jahr 2025, einige Jahre<br />
nach den Feierlichkeiten, anders? «Wir<br />
haben weiterentwickelt, was ‹Einheit in<br />
der Vielfalt› heisst und welche Instrumente<br />
wir brauchen, um <strong>das</strong> zu gestalten.»<br />
Und dies nicht einfach auf der<br />
Ebene von Gemeinden und Kantonen,<br />
sondern innerhalb von Europa. Weltweit<br />
gibt es rund 200 Millionen Protestanten.<br />
Der Kongress <strong>mit</strong> 250 protestantischen<br />
Kirchenleuten aus 35 Ländern und<br />
fünf Kontinenten Anfang Oktober ist<br />
Die neue reformierte Einheit: Bibelrad des St.Galler Kunstschaffenden Hans Thomann.<br />
Bild: Hans Thomann<br />
Reformierte Weltausstellung<br />
Programmlich ist zum Reformationsjubiläum<br />
noch wenig bekannt. Immerhin<br />
weiss man, <strong>das</strong>s im Sommer 2017 in der<br />
Lutherstadt Wittenberg eine «Weltausstellung<br />
der Reformation» stattfinden soll.<br />
Zudem hat Deutschland <strong>mit</strong> Margot Kässmann<br />
eine prominente Jubiläumsbotschafterin.<br />
In der Schweiz gibt es <strong>mit</strong><br />
Serge Fornerod auch bereits einen SEK-<br />
Projektleiter für <strong>das</strong> Reformationsjubiläum.<br />
Die Planungsarbeiten starten aber<br />
erst. «Das Thema ist nun bei den Schweizer<br />
Kirchen gelandet», sagte Fornerod.<br />
Nun wolle man herausfinden, was für die<br />
Schweiz interessant und wesentlich sei.<br />
Am Kongress in Zürich Anfang Oktober<br />
waren <strong>mit</strong> dem St.Galler Künstler Hans<br />
Thomann und Appenzeller Musikern, unter<br />
anderem dem Hackbrettvirtuosen<br />
Töbi Tobler, auch Ostschweizer vertreten.<br />
dafür ein guter Start. Denn erstmals<br />
überhaupt wollen die evangelischen Kirchen<br />
Europas <strong>das</strong> Reformationsjubiläum<br />
gemeinsam feiern. SEK und EKD haben<br />
dabei <strong>mit</strong> der Tagung bewiesen, <strong>das</strong>s sie<br />
über Landesgrenzen und theologische<br />
Differenzen hinweg zusammenarbeiten<br />
können. Und man konnte sich <strong>mit</strong> 2017<br />
auf ein gemeinsames Jahr der Feier einigen.<br />
Obwohl 500 Jahre zuvor hierzulande<br />
in Bezug auf die Reformation kaum etwas<br />
passierte. Erst zwei Jahre später trat<br />
Zwingli in Zürich seine Stelle an, <strong>das</strong><br />
demonstrative Wurstessen in der Fastenzeit<br />
war 1522. Aber man hat offensichtlich<br />
zugunsten eines Symboldatums die<br />
eigenen Interessen zurückgestellt. Die<br />
Organisatoren bezeichneten den Zürcher<br />
Kongress als «Meilenstein auf dem Weg<br />
zu der reformatorischen Einheit».<br />
Katholiken Angst nehmen<br />
Innerreformierte Ökumene kann aber<br />
nicht allein <strong>das</strong> Ziel der Feierlichkeiten<br />
sein. Einerseits hofft die EKD-Botschafterin<br />
für <strong>das</strong> Jubiläum, Margot Kässmann,<br />
auch auf eine Annäherung <strong>mit</strong><br />
den Katholiken. «Ich wünsche mir, an einen<br />
Punkt zu gelangen, an dem Unterschiede<br />
nicht mehr bedrohen. Und <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> auch <strong>mit</strong> der römisch-katholischen<br />
Kirche möglich ist.» Anderseits will man<br />
Antworten auf gesellschaftliche Fragen<br />
geben. So startet die EKD zusammen <strong>mit</strong><br />
der Church of England eine öffentliche<br />
Debatte über die Zukunft Europas <strong>mit</strong><br />
der Frage: «Was bedeutet evangelische<br />
Freiheit im 21. Jahrhundert?»<br />
DANIEL KLINGENBERG, ST.GALLEN<br />
6 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Fokus<br />
Bern von unten –<br />
ein Selbstversuch<br />
StreetRetreat: «Obdachlos auf Zeit»<br />
Foto: Reto Cortesi<br />
Anfang Oktober verbrachte ich eine Woche auf den Strassen<br />
von Bern. Ich erbettelte Geld und Essen, kam ins Gespräch<br />
<strong>mit</strong> Passanten und Randständigen und wurde für kurze Zeit<br />
einer von ihnen. Das Leben an den Rändern der Gesellschaft<br />
ist hart, es macht aber auch Erfahrungen und Einsichten<br />
möglich, die uns sonst verwehrt blieben.<br />
Es ist kein Zufall, <strong>das</strong>s die grossen<br />
Gestalten der Religionsgeschichte<br />
… ihr Leben als Bettler<br />
und Randständige führten.<br />
In den meisten Schweizer Städten ist es<br />
verboten, <strong>mit</strong>tellos auf der Strasse zu leben.<br />
Eine der wenigen Ausnahmen ist<br />
Bern. Hier duldet man Randständige<br />
und Bettler, sie gehören zum Stadtbild.<br />
Vor allem in den Gassen um den Berner<br />
Bahnhof sitzen sie und betteln um ein<br />
bisschen Geld, aber auch um ein wenig<br />
Beachtung, einen freundlichen Blick und<br />
ein paar nette Worte. Heitere Strassenmusikanten<br />
spielen auf und ziehen nach<br />
einer halben Stunde weiter. Die Hintergründe<br />
dieser Menschen sind unterschiedlich,<br />
ihre Beweggründe für ein Leben<br />
am Rande der Gesellschaft vielfältig.<br />
Den typischen Randständigen gibt es<br />
auch in Bern nicht: Alkoholiker, Drogensüchtige,<br />
Punks, Autonome, Roma,<br />
Stadtnomaden und sicher auch solche,<br />
die sich keiner klaren Kategorie zuordnen<br />
lassen. Einige von ihnen sind obdachlos,<br />
übernachten in den Notschlafstellen<br />
oder zelten im Wald, andere können<br />
sich <strong>mit</strong> Unterstützung der Sozialhilfe<br />
eine Wohnung leisten. Einige leben<br />
freiwillig auf der Strasse, andere träumen<br />
von einem ganz normalen Leben.<br />
Perspektivenwechsel<br />
Zusammen <strong>mit</strong> zwei weiteren Teilnehmern<br />
liess ich mich auf einen Selbstversuch<br />
als Randständiger ein. Eine Woche<br />
lang waren wir unterwegs in der Schweizer<br />
Hauptstadt – ohne Geld, Handy und<br />
Gepäck, <strong>mit</strong> nichts weiter als den warmen<br />
Kleidern, die wir die ganze Zeit über<br />
auf uns trugen. Geleitet wurde <strong>das</strong> ungewöhnliche<br />
Projekt von dem jungen<br />
St.Galler Pfarrer Patrick Schwarzenbach.<br />
Die Regeln, die wir uns für diese Woche<br />
auferlegten, wurden allerdings dadurch<br />
erheblich erleichtert, <strong>das</strong>s wir die Abend-<br />
Perspektivenwechsel: Von ganz unten sieht man auch die Menschen anders und neu.<br />
stunden und die Nächte in den Räumlichkeiten<br />
der Berner Friedenskirche verbringen<br />
durften. Dort kamen wir jeweils<br />
zusammen, tauschten uns über den Tag<br />
aus, den wir individuell in der Stadt verbracht<br />
hatten, kochten uns aus den erbettelten<br />
Lebens<strong>mit</strong>teln und eigenen Einkäufen<br />
eine Mahlzeit und liessen den<br />
Abend <strong>mit</strong> einer Andacht ausklingen.<br />
Nicht um ein Abenteuer, um <strong>das</strong> Austesten<br />
unserer Grenzen, ging es uns in dieser<br />
Woche, sondern um einen Wechsel der<br />
Perspektive und um die Sensibilisierung<br />
für Lebensformen, die uns normalerweise<br />
befremden oder gar ängstigen.<br />
Die anderen unter uns<br />
Im Alltag ist uns der unstete Lebenswandel<br />
von Bettlern, Punks und anderen<br />
Randständigen vor allem suspekt, schon<br />
ihre äussere Erscheinung schreckt uns ab,<br />
und sie sind uns einfach nur lästig, wenn<br />
sie uns beim Vorübergehen um Geld anschnorren.<br />
Kaum nehmen wir sie wahr,<br />
weichen wir ihren Blicken aus und beschleunigen<br />
unseren Schritt. Es wäre uns<br />
lieber, sie würden in der antlitzlosen<br />
Menschenmenge untertauchen oder<br />
ganz verschwinden. Sind nicht die meisten<br />
von ihnen blosse Querulanten, freche<br />
Schmarotzer, die auf Kosten anderer leben<br />
und sich aus reiner Faulheit nicht in<br />
ein geordnetes Leben fügen wollen?<br />
In der Schweiz müsse niemand betteln,<br />
hungern und auf der Strasse leben,<br />
hört man immer wieder. So viel immerhin<br />
steht fest: Alternativen zu unserem<br />
bürgerlichen Lebensmodell gibt es nicht,<br />
kann es nicht geben: «Wo käme man da<br />
hin …» Bei «selbst verschuldeter» oder<br />
gar freiwillig gewählter Bedürftigkeit hört<br />
unsere Toleranz auf: Dass es Menschen<br />
geben soll, die <strong>das</strong> Leben auf der Strasse<br />
einer Lebensführung vorziehen, die sich<br />
auf die eigene Tüchtigkeit und Unabhängigkeit<br />
verlässt, kann <strong>mit</strong> dem Normenund<br />
Wertesystem unserer bürgerlichen<br />
Welt nicht mehr vereinbart werden.<br />
Wir sind Bettler<br />
Bereits die wenigen Tage meines Selbstversuchs<br />
haben mir allerdings deutlich<br />
gemacht, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Leben an den Rändern<br />
der Gesellschaft alles andere ist als die<br />
defizitäre Lebensform. Wer sich wie ein<br />
Bettler den Menschen ausliefert, lädt<br />
auch ein zum Innehalten und zur Begegnung.<br />
In der Selbstbeschränkung und<br />
Bedürftigkeit eines Bettlers liegt eine<br />
Weisheit, die uns in Zeiten des krassen<br />
Individualismus und des erbarmungslosen<br />
Leistungsdenkens abhanden gekommen<br />
ist. Es ist kein Zufall, <strong>das</strong>s die grossen<br />
Gestalten der Religionsgeschichte –<br />
von Buddha über Jesus bis hin zu Franz<br />
von Assisi – ihr Leben als Bettler und<br />
Randständige führten. Sie wussten, <strong>das</strong>s<br />
ein Mensch nicht aus sich selbst lebt, sondern<br />
aus einer gütigen Macht im Hintergrund<br />
der Welt und von der liebenden<br />
Zuwendung seiner Mitmenschen.<br />
Eine Gesellschaft, die den sichtbarsten<br />
Ausdruck dieser Bedürftigkeit aus dem<br />
öffentlichen Raum verbannt und Alternativen<br />
zu dem alles bestimmenden Leistungs-<br />
und Profitdenken zu kriminalisieren<br />
sucht, hat sich weit von dem entfernt,<br />
was gerade <strong>das</strong> Christentum in seinem<br />
Kern ausmacht. Deswegen tun wir gut<br />
daran, uns diesen sonderbaren Ratschlag<br />
von Simone Weil zu Herzen zu nehmen:<br />
«Die Nächstenliebe, die man einem vollgestopften<br />
Reichen zuwenden muss, ist,<br />
ihn um ein Stück Brot zu bitten. Am besten<br />
ist es, ein hungriger Bettler zu sein, zu<br />
betteln, und einen Teil dessen, was man<br />
bekommt, weiterzugeben.»<br />
MARCO BÄCHLI, WALTENSCHWIL<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 7
Panorama: Gemeinden<br />
Ebnat-Kappel: ein Abschied<br />
Im Gottesdienst vom 29. September hat Pfarrerin<br />
Rahel von Siebenthal Abschied von der Kirchgemeinde<br />
Ebnat-Kappel genommen. Als frisch ausgebildete<br />
Pfarrerin trat sie die Stelle 2007 an. Ihr<br />
Pensum wurde später auf 100 Prozent ausgebaut.<br />
Nun geht sie zurück in den Kanton Aargau, wo sie<br />
aufgewachsen ist. Sie übernimmt die Pfarrstelle<br />
Bremgarten-Mutschellen. Pfarrerin Dorothea<br />
Henschel-Hamel, bis zur Pensionierung in Krummenau<br />
tätig, hilft während der Vakanz aus. RN<br />
Bad Ragaz: Pfarrer Hub geht<br />
Auf den 1. Januar 2014 wird <strong>das</strong> Pfarramt verwaist<br />
sein: Pfarrer Eric Hub verlässt die Kirchgemeinde<br />
Bad Ragaz-Pfäfers und wird Anfang 2014 eine<br />
Pfarrstelle in Gelterkinden BL übernehmen. Hub<br />
wirkte seit August 2011 in Bad Ragaz. RN<br />
Marbach: Pfarrehepaar zieht weiter<br />
Das Pfarrehepaar Katharina und Daniel Mauerhofer-Henne<br />
verlässt nach siebenjähriger Tätigkeit<br />
die Kirchgemeinde Marbach. Es wird ab 1. Februar<br />
in der Kirchgemeinde Jegensdorf-Urtenen BE in<br />
einem achtköpfigen Team arbeiten. RN<br />
Grabs: Ja zu Kirchgemeindehaus<br />
Die Kirchgemeinde Grabs-Gams bekommt ein<br />
neues Kirchgemeindehaus. Der Neubau für 5 Millionen<br />
Franken wird anstelle des alten neben der<br />
reformierten Kirche Grabs erstellt. Zur Finanzierung<br />
werden die zwei Liegenschaften Kirchgasse<br />
2 und 4 für 1,5 Millionen an die Gemeinde verkauft.<br />
Weil diese an der Mitbenutzung des grossen Saales<br />
interessiert ist, beteiligt sie sich <strong>mit</strong> einem Investitionsbeitrag<br />
von 300000 Franken. Der Kirchensteuerfuss<br />
wird um zwei Prozent erhöht. RN<br />
Kinder- und Jugendchorleiter-<br />
Module in St.Gallen gestartet<br />
In den Jahren 2011–2013 führten der Kirchenmusikverband<br />
des Bistums St.Gallen, die St.Galler<br />
Kirchenmusikschulen dkms und ekms in Zusammenarbeit<br />
<strong>mit</strong> dem St.Galler Kantonalgesangsverband<br />
eine Ausbildung in Kinder- und Jugendchorleitung<br />
durch. Im Sommer 2013 wurden 16 neue<br />
Chorleiterinnen <strong>mit</strong> einem Testat entlassen.<br />
Auf den Sommer 2014 ist wieder eine solche Ausbildung<br />
geplant, einjährig <strong>mit</strong> Abschluss im Sommer<br />
2015 in 8 Themenmodulen und 8 Vertiefungsvor<strong>mit</strong>tagen<br />
für Dirigieren, Stimmbildung, Musiktheorie<br />
und Methodik/Didaktik. Im Zwischenjahr<br />
werden zur Vertiefung der ersten Ausbildung, für<br />
einen ersten Einstieg ins Thema und/oder als individuelle<br />
Weiterbildung Modulkurse angeboten.<br />
Am 23. August 2013 wurde <strong>mit</strong> dem ersten Modulkurs<br />
«Stimmbildung» erfolgreich <strong>mit</strong> zehn TeilnehmerInnen<br />
gestartet. Der nächste Kurs findet dann<br />
am 15. November 2013 zum Thema Singleitung-<br />
Dirigieren <strong>mit</strong> Max Aeberli in St.Gallen statt<br />
(siehe www.kirchenmusik-sg.ch). PD<br />
Pfarrer Hansruedi Felix auf der Kanzel<br />
von St. Laurenzen im FAUST_requiem.<br />
Für einmal Gott<br />
sein können<br />
Das St.Galler Stadttheater führt zusammen<br />
<strong>mit</strong> dem Tablater Konzertchor<br />
am 27. November in der Kirche<br />
St. Laurenzen ein letztes Mal <strong>das</strong><br />
FAUST_requiem auf. Laurenzenpfarrer<br />
Hansruedi Felix spielt <strong>mit</strong> – als<br />
Gott. Hier sein Erfahrungsbericht.<br />
Es ist nicht alleine die Schuldfrage, sondern<br />
überhaupt die Frage nach dem<br />
menschlichen Mass, nach Gier und Hybris,<br />
nach moderner Welt und altem<br />
Glauben, die Goethe sich in seinem<br />
Faust I und dem Alterswerk Faust II vorgenommen<br />
hat. Ein Reflektieren und<br />
Aufzeigen: Wer sich einzig und alleine<br />
dem Fortschritt, der Vermehrung des<br />
«Wer sich einzig und alleine dem<br />
Fortschritt, der Vermehrung des Besitzes<br />
und dem Genuss verpflichtet,<br />
der wird scheitern – auch wenn er sinnigerweise<br />
dann doch gerettet wird.»<br />
Besitzes und dem Genuss verpflichtet,<br />
der wird scheitern – auch wenn er sinnigerweise<br />
dann doch gerettet wird.<br />
Diese Thematik nicht auf eine Theaterbühne,<br />
sondern in die St.Laurenzenkirche<br />
zu bringen, verdeutlicht zum<br />
einen die Fragestellung und gibt ihr eine<br />
deutlichere Kontur. Dass der Regisseur<br />
Stephan Müller dafür die Kirche St. Laurenzen<br />
ausgesucht hat, liegt wohl an der<br />
Schönheit und Besonderheit des Raums<br />
<strong>mit</strong> den Emporen, dann auch am Schauspieldirektor<br />
Tim Kramer, der immer<br />
wieder bereit ist, Risiken einzugehen –<br />
nicht zuletzt <strong>mit</strong> einem Pfarrer. Ich kenne<br />
und schätze Stephan Müller seit meiner<br />
Jugend in Basel und habe begeistert<br />
einige seiner Arbeiten sehen können.<br />
Pfarrer und Gott in einem<br />
In Talar und auch auf der Kanzel gebe ich<br />
eine Art roter Faden ab und spiele dabei<br />
Pfarrer und Gott in einem. Eine grossartige<br />
Erfahrung! Ich stehe natürlich gerne<br />
im Rampenlicht, aber zusammen <strong>mit</strong><br />
professionellen Schauspielern unter fachkundiger<br />
Leitung zu agieren, <strong>das</strong> ist<br />
schon etwas Spezielles. Ich hatte einiges<br />
an Mühe, meine paar Texte auswendig zu<br />
lernen. Umso mehr habe ich gestaunt,<br />
welche Textmengen Michael Wenninger<br />
als Mephisto oder Matthias Albold als<br />
Faust zu bewältigen haben und scheinbar<br />
<strong>mit</strong> Leichtigkeit und beeindruckendem<br />
Gestus einfach so vor sich her sagen.<br />
Auch grossartig der Tablater Konzertchor<br />
unter Leitung von Ambros Ott, der<br />
nicht nur Lieder und Sprechchöre<br />
beiträgt, sondern auch vor Schauspielszenen<br />
nicht zurückschreckt. Gezielt<br />
und gekonnt kommen auch Videos zum<br />
Einsatz. Der österreichische Komponist<br />
und Organist Wolfgang Mitterer hat <strong>das</strong><br />
Stück komponiert und steuert die Elektronik<br />
und <strong>das</strong> Livespiel an der Orgel bei.<br />
Kaum zu glauben ist, wie vielköpfig<br />
<strong>das</strong> ganze Ensemble von Schauspielern,<br />
Kostümabteilung, Bühne, Dramaturgie,<br />
Choreografie bis zu Garderobe und<br />
Ankleidung ist. Goethes Faust in St. Laurenzen:<br />
Das ist eine bereichernde Erfahrung,<br />
die nicht nur die Spielfreude in mir<br />
noch vergrössert hat,sie gab mir auch die<br />
Möglichkeit, die Entstehung und die super<br />
Leistungen, die ein solches Stück tragen,<br />
<strong>mit</strong>zubekommen! Sie hat mich auch<br />
herausgefordert, mich <strong>mit</strong> dem visionären<br />
Stoff von Goethe, der bis heute nach<br />
200 Jahren nichts von seiner Aktualität<br />
eingebüsst hat, zu vertiefen und zentrale<br />
Fragestellungen in einer Predigtreihe<br />
zum Faustprojekt aufzugreifen.<br />
PFR. HANSRUEDI FELIX<br />
Letzte Aufführung: 27. November, 19.30 Uhr<br />
in der Kirche St. Laurenzen, St.Gallen.<br />
Szene <strong>mit</strong> Hanna Binder und Meda<br />
Gheorghiu-Banciu im FAUST_requiem.<br />
Fotos: Theater St.Gallen, Tine Edel<br />
8 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Panorama: Kanton<br />
SOSOS<br />
verabschiedet sich<br />
Der aus dem Verein Wartensee hervorgegangene<br />
Verein SOSOS (Solidarität<br />
und Spiritualität Ostschweiz) hat<br />
auch nach der Trennung von Schloss<br />
Wartensee im Jahr 1994 während<br />
20 Jahren zeitgemäss, offen und erfolgreich<br />
kirchliche Erwachsenenbildung<br />
angeboten. Dass jetzt aufgehört<br />
wird und eine bunte Pflanze aus der<br />
Kirchenlandschaft verschwindet, ist<br />
bedauerlich, aber auch verständlich.<br />
Lange waren die Kirchen Pioniere in der<br />
Erwachsenenbildung. In der Mitte des<br />
20. Jh. entstanden in der Schweiz viele<br />
kirchliche Heimstätten, <strong>mit</strong> Schloss<br />
Wartensee auch in der Ostschweiz.<br />
In der Regel waren diese Initiativen<br />
als Vereine organisiert, jedoch unterstützt<br />
von Kirchgemeinden und Kantonalkirchen.<br />
Viele der damals behandelten<br />
sozialen, ökologischen oder politischen<br />
Themen verloren in den 90er-Jahren<br />
an Brisanz. Die Bildungshäuser gingen<br />
zwar auf die neu aufkommenden<br />
psychologischen und spirituellen Interessen<br />
ein, aber in diesem Segment waren<br />
kirchliche Angebote umstritten und<br />
längst profilierten sich da<strong>mit</strong> ausserkirchliche<br />
Anbieter.<br />
Diese Entwicklung spiegelt sich auch<br />
in den Veränderungen auf Schloss Wartensee:<br />
1984 übernahm die Kantonalkirche<br />
<strong>das</strong> für den Verein nicht mehr<br />
finanzierbare Schloss. 1994 wurde der<br />
Gebrauchsleihvertrag <strong>mit</strong> dem Verein<br />
Wartensee aufgelöst, <strong>das</strong> Schloss wurde<br />
umfassend renoviert und durch eine<br />
Stiftung als Seminarhotel ohne kircheneigenes<br />
Bildungsprogramm geführt –<br />
bis zum Verkauf 2012.<br />
Mit dem Geld, <strong>das</strong> da<strong>mit</strong> frei wurde,<br />
bewilligte die Synode 1994 die zentrale<br />
Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung<br />
und den sogenannten «Erwachsenenbildungsfonds».<br />
Von diesem Fonds profitierte<br />
in der Folgezeit auch der «Verein<br />
Wartensee», der jetzt ohne eigenes Bildungshaus<br />
weitermachte. Konsequenterweise<br />
erfolgte 2004 die Umbenennung<br />
in SOSOS (Forum für Solidarität<br />
und Spiritualität). Bis heute hat SOSOS<br />
in der immer schwieriger gewordenen<br />
kirchlichen Bildungslandschaft erfolgreich<br />
jährlich oft gegen 30 Retreats,<br />
Seminare und Rituale durchgeführt. Im<br />
Jahr 2012 fanden 24 Veranstaltungen<br />
<strong>mit</strong> 1450 Teilnehmenden statt, darunter<br />
eine Reise nach Chartres <strong>mit</strong> dem Musi-<br />
ker Paul Giger, ein Wochenende <strong>mit</strong> der<br />
Archäologin Ana Pogacnik, eine Tagung<br />
<strong>mit</strong> Dr. Nils Jent, eine Pilgernacht in<br />
Rorschach, Meditationsnächte, der<br />
Friedensweg am Ostermontag zum<br />
Thema «Rüstung» usw.<br />
Der Fluss fliesst weiter<br />
Warum aber löst sich SOSOS <strong>mit</strong> seiner<br />
Erfolgsgeschichte jetzt auf? Schon im<br />
Jahr 2000 wäre der Verein nach einer<br />
Subventionskürzung und dem Wegzug<br />
des Studienleiters Daniel Schmid Holz<br />
fast aufgelöst worden. Dass es trotzdem<br />
weiterging, ist der Initiative von Arne<br />
Engeli zu verdanken. Der langjährige<br />
Studienleiter auf Schloss Wartensee<br />
fand engagierte Vorstands<strong>mit</strong>glieder, so<br />
Elisabeth Bircher aus Oberuzwil als<br />
Präsidentin und <strong>mit</strong> Pfarrer Andreas<br />
Fischer einen Programmleiter, der dem<br />
Verein unter dem Namen SOSOS neuen<br />
Schwung verlieh. Fischers 40-Prozent-<br />
Anstellung konnte beim Wechsel zur<br />
Programmleiterin Elisabeth Tröndle<br />
auf 50 Prozent erhöht werden, da die<br />
Erwachsenenbildnerin die Sekretariatsarbeiten,<br />
die Kursadministration und<br />
die immer mühsamer werdende Geldbeschaffung<br />
ab 2007 selber erledigte.<br />
Mit einer im Jahr 2012 von der Kantonalkirche<br />
beschlossenen Kürzung der<br />
Subvention von 70000 auf 35000 Franken<br />
pro Jahr wurde die Ermüdung des<br />
Vorstands offensichtlich. An der Hauptversammlung<br />
vom 25. April 2013 trat er<br />
geschlossen zurück und die Versammlung<br />
beschloss die Auflösung des Vereins<br />
per Ende 2013. Nur Arne Engeli, der<br />
nochmals nach Lösungen für eine Weiterführung<br />
suchte, stimmte dagegen.<br />
Verschiedene Optionen wurden geprüft,<br />
so eine Integration beispielsweise<br />
in die Arbeit der Offenen Kirche oder<br />
eine Weiterführung <strong>mit</strong> Hilfe privater<br />
Sponsoren. Da die Programmleiterin inzwischen<br />
eine neue Stelle gefunden<br />
hatte, fand sich nicht mehr genügend<br />
Interesse oder Engagement für einen<br />
neuen Aufbruch. Im Vertrauen darauf,<br />
<strong>das</strong>s die Anliegen von SOSOS in anderer<br />
Form weiter fliessen und sich neue Gefässe<br />
suchen, plädierte der Vorstand für<br />
eine Beendigung der Arbeit,so lange eine<br />
freie Entscheidung noch möglich ist. Das<br />
Ende dieser fast 60-jährigen Geschichte<br />
soll <strong>mit</strong> einem Fest gewürdigt werden.<br />
«Wehmütig, aber auch <strong>mit</strong> Stolz<br />
blicken wir zurück auf die vergangenen<br />
Jahre», schreibt Präsidentin Elisabeth<br />
Bircher auf der Einladung zum Abschiedsfest<br />
am 12. November, 19 Uhr, in<br />
der ökum. Kirche Halden, St.Gallen. AS<br />
Schenk dir einen Moment der Stille<br />
Am Montag, 21. Oktober, starteten <strong>das</strong> Bistum<br />
St.Gallen und die Evangelisch-reformierte Kirche<br />
des Kantons St.Gallen ihre ökumenische<br />
Kampagne «Schenk dir einen Moment der Stille».<br />
Es ist eine Einladung an die Menschen in den<br />
Kantonen St.Gallen und Appenzell, sich einen<br />
Moment der Stille in Kirchen und Kapellen zu<br />
gönnen. Momente der Stille sind in der heutigen,<br />
oft lauten und hektischen Welt ein wertvolles<br />
Geschenk. Mit Plakaten oder Postkarten, einer<br />
Verteilaktion auf Bahnhöfen oder Buswerbung,<br />
einer Facebook-Seite <strong>mit</strong> Lieblingsorten oder<br />
«stillen Aktionen» in Gemeinden machen die<br />
Kirchen auf die stillen Räume aufmerksam. KID<br />
Lichtfeier im Gedenken an<br />
Verstorbene am 16. November 2013<br />
St.Gallen: Spitalkapelle Haus 21<br />
Flawil: erweiterter Andachtsraum im Spital<br />
Rorschach: Spitalkapelle, 4. Stock<br />
Die Seelsorgeteams sowie die Geschäftsleitung<br />
des Unternehmens Kantonsspital St.Gallen laden<br />
Angehörige und Freunde zu einer Lichtfeier im<br />
Gedenken an Verstorbene in den Spitälern Flawil,<br />
Rorschach und St.Gallen am 16. November 2013<br />
um 17 Uhr ein. Die Feier ist offen für alle Menschen<br />
unabhängig von Religion und Konfession.<br />
Jede Feier wird musikalisch umrahmt. Sie wird<br />
gestaltet von den jeweiligen Seelsorgeteams unter<br />
Anwesenheit der Geschäftsleitung.<br />
Es ist eine besinnliche Feier im Gedenken an die<br />
Verstorbenen. Dazu werden Kerzen entzündet. Die<br />
Feier will ein Licht sein in der Zeit der Trauer und<br />
eine Stärkung auf dem Weg in den Alltag.<br />
Im Anschluss lädt die Geschäftsleitung in jedem<br />
Spital zu einem Apéro ein. Die Seelsorgeteams<br />
sind anwesend und stehen gerne für Gespräche<br />
zur Verfügung. PD<br />
Feier für Menschen, die um ein Kind<br />
trauern<br />
Sonntag, 17. Nov. 2013, 15 Uhr, evangelischreformierte<br />
Kirche Grossacker, St.Gallen<br />
Am 17. November findet in der Stadt St.Gallen<br />
zum vierten Mal eine spezielle Feier statt für Menschen,<br />
die um ein Kind trauern. Die diesjährige<br />
Feier steht unter dem Motto: Über die Klage hinauswachsen<br />
– sie bietet Raum für verschiedene<br />
Ausdrucksformen von Trauer, auch für Sehnsucht,<br />
Dankbarkeit, stilles Gedenken, für <strong>das</strong>, was<br />
verwaisten Eltern, Geschwistern, Grosseltern,<br />
Paten und Freunden in der Gegenwart wichtig ist.<br />
Auch wer schon über <strong>das</strong> Klagen hinausgewachsen<br />
ist, darf sich angesprochen fühlen. Es sind<br />
alle eingeladen, die sich im Kreis von anderen<br />
Betroffenen wieder einmal dem verlorenen Kind<br />
nahe fühlen möchten und Ermutigung suchen für<br />
ihren je eigenen weiteren Weg. Durchgeführt wird<br />
die Feier von einem ökumenischen Vorbereitungsteam.<br />
Während des Gottesdienstes wird eine<br />
Kinderhüte angeboten. Anschliessend sind alle<br />
zum Zvieri eingeladen. PD<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 9
Panorama: Welt<br />
Russland: Bildungsmuffel<br />
Das russisch-orthodoxe Patriarchat in Moskau ist<br />
unzufrieden <strong>mit</strong> dem Bildungsniveau seiner Geistlichen.<br />
Zu viele Mönche stünden der Wissenschaft<br />
<strong>mit</strong> «Misstrauen» gegenüber, sagte Metropolit Hilarion.<br />
Sie glaubten, Gelehrtheit sei verzichtbar für<br />
<strong>das</strong> Seelenheil oder unvereinbar <strong>mit</strong> einem asketischen<br />
Klosterleben. Dies sei falsch, betonte Hilarion.<br />
Die Kirche brauche mehr Gelehrte und eine<br />
kirchlich geprägte Wissenschaft. Der Metropolit ist<br />
seit 2011 Titularprofessor für Dogmatik an der<br />
Universität Fribourg. REF.CH<br />
Predigtverbot für 55 000 Imame<br />
Ägypten belegt 55000 islamische Geistliche <strong>mit</strong><br />
einem Predigtverbot. Der Minister für religiöse<br />
Stiftungen, Mohamed Mokhtar Gomaa, begründete<br />
seine Massnahme laut der Zeitung «Egypt Online»<br />
da<strong>mit</strong>, die Imame besässen keine staatliche<br />
Zulassung und stellten <strong>mit</strong> ihren fundamentalistischen<br />
Ansichten eine Bedrohung für die Sicherheit<br />
des Landes dar. Betroffen sind dem Bericht<br />
zufolge vor allem kleine autonome Moscheen und<br />
Gebetsstätten. KIPA<br />
Kritik an Politik des Westens<br />
Harsche Kritik an der westlichen Politik im Nahen<br />
Osten hat der chaldäisch-katholische Patriarch im<br />
Irak, Louis Raphael I. Sako, geübt. Der Westen sei<br />
nicht wirklich an demokratischen Reformen im Nahen<br />
Osten interessiert, sondern verfolge lediglich<br />
wirtschaftliche Interessen und sei auch noch bereit,<br />
diese militärisch durchzusetzen. «Mit welchem<br />
Recht verkauft man Waffen an Syrien und an den<br />
Irak und greift danach an? Wir hier im Nahen Osten<br />
verstehen die Politik des Westens nicht. Da sind<br />
keine Werte erkennbar», so Sako wörtlich. KIPA<br />
Gemeinsames Lexikon christlicher<br />
und islamischer Theologen<br />
Zum ersten Mal haben christliche und islamische<br />
Wissenschaftler ein gemeinsames Nachschlagewerk<br />
über ihre Religionen geschrieben. Das «Lexikon<br />
des Dialogs» wurde in München vorgestellt.<br />
Initiator ist die Stiftung des katholischen Münchner<br />
Religionsphilosophen Eugen Biser (95), die sich<br />
schon lange im interreligiösen Gespräch engagiert.<br />
Das Buch erscheint zeitgleich auf Deutsch und auf<br />
Türkisch. Die Autoren stammen von der Universität<br />
Ankara und der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München. Das Lexikon enthält mehr als 600 Stichworte,<br />
etwa «Abendmahl», «Imam», «Lehramt»<br />
oder «Zorn Gottes». Bei Begriffen, die für beide Religionen<br />
wichtig sind, wie «<strong>Jüngste</strong>s <strong>Gericht</strong>», gibt<br />
es je eine christliche und eine islamische Erläuterung.<br />
Aufgenommen wurden auch Themen, die <strong>das</strong><br />
Verhältnis zwischen Christen und Muslimen belasten,<br />
wie «Kreuzzüge», «Dschihad», «Islamismus»<br />
und «Islamophobie». KIPA<br />
Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und<br />
Islam, Herder-Verlag Freiburg 2013, Fr. 38.90.<br />
Panorama: Schweiz<br />
Hans Küng<br />
zur Sterbehilfe<br />
Der Theologe Hans Küng (85) ist bereit,<br />
die Dienste einer Sterbehilfeorganisation<br />
in Anspruch zu nehmen, «gerade<br />
weil ich an ein ewiges Leben glaube».<br />
Küng, der an Parkinson leidet, spricht<br />
sich für einen «Dritten Weg» in der<br />
Sterbehilfediskussion aus.<br />
In einem Interview <strong>mit</strong> der Agentur kipa<br />
verweist Küng auf <strong>das</strong> letzte Kapitel seines<br />
letzten Memoirenbands «Erlebte<br />
Menschlichkeit». Dort geht er ausführlich<br />
auf <strong>das</strong> Thema ein. Küng schlägt einen<br />
«DrittenWeg» in der Sterbehilfe vor.<br />
Denn es gehe nicht einfach darum,<br />
wie viele «Ungläubige» zu denken, man<br />
sterbe in ein Nichts hinein, oder wie viele<br />
«Abergläubische», man dürfe zu seinem<br />
eigenen Sterben nicht beitragen.<br />
«Gerade weil ich an ein ewiges Leben<br />
glaube, meine ich, <strong>das</strong>s ich mein zeitliches<br />
Leben nicht länger ausdehnen<br />
muss», sagte der Theologe.<br />
Der Mensch sei bis zum Ende für sein<br />
Leben verantwortlich. Küng geht nicht<br />
davon aus, <strong>das</strong>s der «gute Schöpfergott<br />
eine Reduktion des menschlichen Lebens<br />
auf ein rein biologisch-vegetatives<br />
Leben verfügt». Es sei zudem falsch zu<br />
meinen, man müsse alles als «gottergeben»<br />
hinnehmen. REF.CH<br />
Hilfe für die Kirchen<br />
in Neuchâtel<br />
Reformationskollekte 2013<br />
Im Jahre 2003 schlossen sich die Kirchgemeinden<br />
der Stadt Neuchâtel zu einer<br />
neuen grossen Gemeinde von 9000 Protestanten<br />
zusammen. Sie hat acht Gottesdienstorte.<br />
Räume sind also genug<br />
vorhanden. Aber sie müssen jetzt z. T.<br />
unterschiedlichen Bedürfnissen angepasst<br />
werden. So wird die Kirche von<br />
Valangines über <strong>das</strong> Feiern der Gottes-<br />
Die Kirche in Valangines lässt sich gut den<br />
Bedürfnissen des Quartiers anpassen.<br />
Foto: as<br />
dienste hinaus zu einem gastlichen Gemeindezentrum<br />
ausgebaut, in dem sich<br />
Kinder, Jugendliche, Erwachsenengruppen<br />
und Senioren treffen und ihre<br />
Wege sich kreuzen, aber auch kirchenfernere<br />
Gruppen aus dem Quartier die<br />
Hemmschwelle überwinden. Für dieses<br />
Projekt ist die Reformationskollekte am<br />
Reformationssonntag vom 3. November<br />
2013 bestimmt. PD<br />
TVZ-Verlagsleiterin<br />
verstorben<br />
Marianne Stauffacher, die Verlagsleiterin<br />
des Theologischen Verlags<br />
Zürich (TVZ), ist am 22. September in<br />
ihrem 60. Lebensjahr völlig unerwartet<br />
verstorben.<br />
Als Quereinsteigerin im Jahr 2000 zum<br />
TVZ gestossen, übernahm die Baslerin<br />
2004 die Leitung von Niklaus Peter, der<br />
als Pfarrer ans Fraumünster berufen<br />
wurde. Während ihrer Zeit als Leiterin<br />
des TVZ erschien 2007 die Neuübersetzung<br />
der Zürcher Bibel. Da<strong>mit</strong> fand die<br />
Übertragung biblischer Texte in der<br />
Tradition Zwinglis wieder eine zeitgemässe<br />
sprachliche Form.<br />
Marianne Stauffacher verantwortete<br />
2005 auch die Erweiterung des TVZ um<br />
einen katholischen Verlagsteil, den ursprünglichen<br />
NZN-Buchverlag, der als<br />
«Edition NZN bei TVZ» integriert wurde<br />
und aus dem traditionell reformierten<br />
einen ökumenischen Verlag machte.<br />
In ihrer offenen und konstruktiven Art<br />
hat sie den Verlag stark geprägt. REF.CH<br />
Bibelforschung für<br />
2,5 Millionen Euro<br />
Martin Wallraff, evangelischer Theologe<br />
und Kirchenhistoriker an der<br />
Universität Basel, erhält für ein neues<br />
Forschungsprojekt zur Überlieferungsgeschichte<br />
biblischer Texte<br />
2,5 Millionen Euro Fördergelder des<br />
Europäischen Forschungsrats (ERC).<br />
Martin Wallraff will in den kommenden<br />
fünf Jahren rund 3000 griechische<br />
Handschriften des Neuen Testaments<br />
analysieren und in Teilen herausgeben.<br />
Bislang habe sich die Forschung vor<br />
allem dafür interessiert, wie sich die<br />
Manuskripte im Hinblick auf den Urtext<br />
verhalten. «Das Resultat wird ein<br />
umfassendes und völlig neues Bild der<br />
Wege zeichnen, welche der biblische<br />
Text durch die Jahrhunderte gegangen<br />
ist», so Wallraff. REF.CH<br />
10 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Glaubensfrage<br />
Intoleranz bei<br />
Werner Arn<br />
Meine Schwester ist seit etwa zehn Jahren<br />
in der Gemeinde um Werner Arn im<br />
Toggenburg. Ich sehe es als meine Pflicht,<br />
Interessenten davor zu warnen. Meine<br />
Schwester ist geistig total abhängig von<br />
den Ansichten, die dort gepredigt werden.<br />
Sie hat seit 25 Jahren eine psychische<br />
Krankheit und wird ständig aufgefordert<br />
ihre Medikamente abzusetzen,<br />
worauf sie jedes Mal Nervenzusammenbrüche<br />
und Angstattacken z. B. «vor<br />
dem Teufel» kriegt und in die Psychiatrie<br />
kommt. Eltern werden aufgefordert, ihre<br />
Kinder zu schlagen/züchtigen. Über Religion<br />
kann ich <strong>mit</strong> meiner Schwester<br />
nicht reden, da sie dann sofort in stundenlange<br />
Wutanfälle gerät. Ich denke,<br />
<strong>das</strong> wirkliche Ziel der Mitglieder in diesen<br />
Hauskreisen ist, <strong>das</strong> Denken und<br />
Fühlen der schwächeren Teilnehmer zu<br />
beherrschen und Hass und Angst zu predigen.<br />
Mit besten Grüssen, A.P. aus R.<br />
Sehr geehrter P.<br />
Ihre Erfahrung ist leider typisch. Die<br />
Gemeinschaft um Werner Arn stellt eine<br />
fundamentalistische Weltendsgruppe<br />
ganz am Rande des evangelischen<br />
Christentums dar, die meint, als einzige<br />
wirklich strikte nach der Bibel zu leben<br />
und Gottes Willen umzusetzen. Werner<br />
Arns Anhänger sind der Überzeugung,<br />
<strong>das</strong>s die Bibel als Gesetzbuch zu lesen<br />
ist, dessen Vorschriften peinlichst genau<br />
einzuhalten sind: «Es gibt bei Gott keine<br />
Nebensächlichkeiten», schärft Schulungsmaterial<br />
aus Arns Umfeld seinen<br />
Leuten ein, und: «ein arger und lüsterner<br />
Gedanke genügt > Hölle». So können<br />
Menschen unter einen immensen<br />
Druck kommen, sich den Regeln zu unterwerfen,<br />
die Arn aus der Bibel zu gewinnen<br />
meint. Wer auch nur in Details<br />
anders glaubt oder handelt als Werner<br />
Arn, kann kein wahrer Christ sein. Andersgläubige<br />
werden <strong>mit</strong> Verachtung<br />
behandelt. «Der gottlose Mensch ist tiefer<br />
gesunken als <strong>das</strong> Tier», heisst es im<br />
erwähnten Schulungsmaterial. Über<br />
Weltreligionen kann sich Arn im<br />
Stammtischniveau lustig machen, so<br />
kommentierte er die im Hinduismus<br />
äusserst beliebte Gottheit Hanuman<br />
<strong>mit</strong> den Worten: «Jetzt bätted die Inder<br />
doch en Aff aa.» Traurig auch die Verteidigung<br />
von Körperstrafen in der Erziehung.<br />
Im Gegensatz zu den Freikirchen,<br />
wo in dieser Frage im Moment ein Umdenken<br />
stattfindet, hält Arn immer<br />
noch an den altorientalischen Erziehungstipps<br />
aus dem Buch der Sprüche<br />
fest. Den Druck auf die Anhänger aufrecht<br />
hält die Endzeiterwartung: Im<br />
Jahr 1999 meinte Arn, die Welt sähe<br />
nicht danach aus, <strong>das</strong>s es bis zum Beginn<br />
der apokalyptischen Ereignisse<br />
noch fünf, zehn oder zwanzig Jahre<br />
dauern würde. Auch wenn zwei dieser<br />
Termine inzwischen verstrichen sind,<br />
die Naherwartung bleibt ausgeprägt:<br />
Wer Arn folgt, lebt auf dem Sprung.Viel<br />
Zeit, sich in Arns Sinn gottgefällig zu<br />
verhalten, bleibt nicht mehr.<br />
Wenn ein Mensch einerseits unter<br />
permanentem Druck steht, sich an Vorschriften<br />
und Vorschriftchen zu halten,<br />
und andererseits Andersgläubige derart<br />
abwertet, ist er für Aussenstehende ein<br />
schwieriger Gesprächspartner. Der Versuch,<br />
den Anhängern Werner Arns ihr<br />
beklemmend eng geführtes Bibelverständnis<br />
aufzuweichen, führt nicht selten<br />
zu scharf ablehnenden Reaktionen,<br />
wie Sie es ja auch selbst beobachtet haben.<br />
Diskussionen über biblische Fragen<br />
und solche, die Werner Arns Anhänger<br />
dafür halten, haben keinen Sinn.<br />
Besser ist es zu versuchen,allem Heiklen<br />
aus dem Weg zu gehen und Themen zu<br />
wählen, die unverfänglich sind. Gerade<br />
für Menschen in fundamentalistischen<br />
Gemeinschaften sind Kontakte zu Aussenstehenden<br />
enorm wichtig. Jede Beziehung<br />
ausserhalb der engen Kreise der<br />
eigenen Glaubensgenossen ist – früher<br />
oder später – eine Brücke zum Ausstieg.<br />
Und sie ist gewissermassen ein Korrektiv<br />
der Lehre Arns: Sie lebt Arns Anhängern<br />
die Liebe vor, die vor Andersdenkenden<br />
nicht halt macht, und die wir<br />
kirchliche Christen für die wesentliche<br />
Botschaft des Neuen Testaments halten.<br />
GEORG O. SCHMID, INFOSTELLE<br />
www.relinfo.ch<br />
50 Jahre evangelische Infostelle<br />
1963 gründete Pfarrer Oswald Eggenberger<br />
die «Evangelische Orientierungsstelle:<br />
Kirchen, Sondergruppen, religiöse<br />
Bewegungen». Später übernahm Georg<br />
Schmid die Arbeitsstelle, dann sein Sohn<br />
Georg Otto Schmid. Die Jubiläumstage<br />
vom 8. und 9. November 2013 beschäftigen<br />
sich nach einem Rückblick <strong>mit</strong> der<br />
Neuapostolischen Kirche und <strong>mit</strong> der<br />
Frage nach der Zukunft von Religionen,<br />
so <strong>mit</strong> dem Vortrag von Eugen Drewermann<br />
«Wozu Religion?».<br />
Zum Programm www.relinfo.ch<br />
oder info@relinfo.ch, Tel. 079 237 70 64<br />
Aktuell<br />
Nach 30 Jahren legen Hanspeter und Vreni Nüesch die<br />
Leitung von Campus für Christus in jüngere Hände.<br />
40 Jahre Campus für Christus<br />
Eines der grössten kirchenübergreifenden christlichen<br />
Werke der Schweiz, Campus für Christus,<br />
feiert sein 40-jähriges Jubiläum. Es nutzt diesen<br />
Moment, um am 2. November in Winterthur den<br />
Leiterstab von dem aus Balgach SG stammenden<br />
Hanspeter Nüesch an Andreas Boppart, einen<br />
Bündner Nachwuchsprediger, zu übergeben.<br />
Campus für Christus will, wie es in einer Pressemeldung<br />
heisst, «<strong>das</strong> Evangelium der nächsten<br />
Generation aktiv weitergeben, <strong>mit</strong> Mitteln und<br />
Menschen dieser Generation». Die Organisation,<br />
welche zwischen den Kirchen operiert und interkonfessionell<br />
arbeitet, will sich weiterhin dort positionieren,<br />
wo die Menschen sind. «Dabei bewegen<br />
wir uns immer häufiger auch online. Wir wollen<br />
da sein, wo sich die sogenannten ‹Digital Natives›<br />
aufhalten», so Andreas Boppart, designierter<br />
Leiter von Campus für Christus. Seine Motivation<br />
ist dabei nicht <strong>das</strong> Digitale an sich, sondern<br />
<strong>das</strong> Interesse am Leben junger Leute. Letztlich sei<br />
es aber <strong>das</strong> Ziel, <strong>das</strong>s die online angesprochenen<br />
Personen ihr Christsein im Alltag zu leben lernen<br />
und <strong>mit</strong> ihrem Glauben wieder andere Menschen<br />
anstecken.<br />
Als Hanspeter Nüesch, Absolvent der HSG, einziger<br />
Sohn und da<strong>mit</strong> einzig möglicher Nachfolger<br />
es ablehnte, den Stickereibetrieb seines Vaters in<br />
Balgach zu übernehmen, sagte man ihm: «Du<br />
treibst <strong>mit</strong> deiner Entscheidung deine Familie in<br />
den Ruin.» Er verzichtete gleichzeitig auf eine Kaderstelle<br />
in einem Weltkonzern: «Es war definitiv<br />
nicht meine Absicht, meine christlichen Lebensziele<br />
zugunsten einer wirtschaftlichen Karriere<br />
<strong>mit</strong> Traumsalär aufzugeben.»<br />
An seiner Mission ändert sich auch künftig als<br />
Präsident von «Campus für Christus» nichts:<br />
«Ich tue nichts lieber, als Christen unterschiedlicher<br />
Prägung zu gemeinsamen Aktionen zu<br />
vernetzen», sagt Nüesch. Er war Pionier für viele<br />
Partnerschaftsprojekte in Afrika, Russland, Kuba<br />
und Nordkorea. Zudem war er Initiator von sechs<br />
EXPLO-Konferenzen <strong>mit</strong> einigen 10000 Teilnehmern,<br />
und er hat die Christustage 2004 in Basel<br />
und 2010 in Bern <strong>mit</strong> 70000 Besuchern als Programmverantwortlicher<br />
<strong>mit</strong>geprägt. Er will in<br />
Zukunft vermehrt internationale missionarische<br />
Initiativen <strong>mit</strong>einander vernetzen. PD<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 11
Palette<br />
Offene Kirche<br />
St.Gallen<br />
Böcklinstr. 2, St.Gallen, www.oksg.ch<br />
Schweigemeditation<br />
Dienstags, 12–13.15 Uhr<br />
Mitten im Alltag aus Anspannung<br />
und Stress heraustreten. Kollekte<br />
Veranstalter: Forum SOSOS<br />
Jahresfeste tanzen –<br />
Allerheiligen<br />
2. November, 19.30 Uhr<br />
Tanz zu Weltmusik (DJ Ueli,<br />
Tim), Ritual zur Jahreszeit,<br />
Live-Act. Eintritt Fr. 25.–<br />
Tanzende Stöcke<br />
5./19. Nov., 19 bis 20.30 Uhr<br />
Mit Claudia Roemmel.<br />
Eintritt Fr. 15.–, Nichtverdienende Fr. 10.–<br />
Heilmeditation<br />
6. November, 14.30 Uhr<br />
Mit Hedda Schurig, Heilpraktikerin.<br />
Infos Tel. 071 333 30 28<br />
Wellenreiten<br />
7./14./28. November, 19.30 Uhr<br />
Spiritueller 5-Rhythmen-Tanz.<br />
Eintritt Fr. 25.–<br />
Kirtanwaves<br />
9./23. November, 19.30 Uhr<br />
Singen von altindischen Mantras<br />
und Liedern ist eine Yogapraxis.<br />
Mit Sabine Ottenbacher.<br />
Kollekte Fr. 25.– empfohlen<br />
Offenes Kreistanzen<br />
12./26. November, 20–22 Uhr<br />
Mit Martina Kürsteiner<br />
Unkostenbeitrag: Fr. 20.–<br />
StimmVolk<br />
13. November, 19.30 Uhr<br />
Singend Brücken bauen. Lieder<br />
aus der Schweiz und anderen<br />
Kulturen singen. Leitung: Simone<br />
Gantner, Kollekte.<br />
Burn-out – sich wieder erholen<br />
und neue Energie entwickeln<br />
20./27. November, 19.30 Uhr<br />
Vortrag und Meditation. Mit Keslang<br />
Lachpa, Vairochana-Zentrum,<br />
Sitterdorf. Eintritt Fr. 15.–<br />
Mantra-Abend<br />
22. November, 20 Uhr<br />
Im Kreis Mantras und Kirtans in<br />
Sanskrit singen. Leitung Sabina<br />
Ruhstaller, Percussion Ferdinand<br />
Rauber. Eintritt Fr. 20.–<br />
Savoy Ballroom II<br />
30. November, 20 Uhr<br />
Infos/Tickets auf<br />
www.ghetto-entertainment.com<br />
Kunst<br />
Mittwoch-Mittag-Konzert<br />
jeweils 12.15–12.45 Uhr<br />
6. Nov.: Akkordeonorchester<br />
13. Nov.: Panflöte, Orgel/E-Piano<br />
20. Nov.: Gesang, Klavier<br />
27. Nov.: Orgel, Klavier<br />
Ort: Kirche St. Laurenzen St.Gallen<br />
Veranstalter: Arbeitsstelle populäre Musik<br />
Benefizkonzert Chorprojekt<br />
St.Gallen: 100 Jahre Albert-<br />
Schweitzer-Spital Lambarene<br />
2. November, 20 Uhr, in der<br />
evang. Kirche Wil<br />
3. November, 19 Uhr, in der<br />
evang. Kirche Ebnat-Kappel<br />
Aufgeführt wird «In Ehrfurcht vor<br />
Dir», eine Komposition von Peter<br />
Roth nach Versen des Sonnengesanges<br />
und Texten von Christoph<br />
Sigrist. Sie verbindet sich <strong>mit</strong> Jazzstücken<br />
von Abdullah Ibrahim<br />
und von John Coltrane und wird<br />
ergänzt <strong>mit</strong> Texten zu Dr. Albert<br />
Schweitzers Devise: Ehrfurcht vor<br />
dem Leben!<br />
Die gesamte Kollekte wird eingesetzt zur<br />
Mitfinanzierung der Renovation der<br />
Maternité in Lambarene.<br />
Zwei Konzerte des Kammerchors<br />
Musica Viva aus Sombor<br />
3. Nov., 17 Uhr, in der Alten Kirche<br />
Romanshorn<br />
4. Nov., 19.30 Uhr, in der evang.<br />
Kirche Rorschach<br />
Abschlussfeier<br />
6. Nov., ab 18 Uhr, in der Kantonsschule<br />
Romanshorn<br />
Abschluss von Gemeinden Gemeinsam<br />
Bodensee/Rhein–Sombor <strong>mit</strong><br />
einer Mediaschau zu «20 Jahre Partnerschaft»<br />
<strong>mit</strong> Musica Viva und Jovan<br />
Slavkovi, ehem. Stadtpräsident.<br />
Details zum Programm unter<br />
www.sombor.ch<br />
Sprechoper «FAUST_requiem»<br />
in St. Laurenzen, St.Gallen,<br />
6./27. Nov., 19.30 Uhr<br />
(siehe auch Seite 8)<br />
Kartenverkauf: www.tablater.ch<br />
Benefizkonzert <strong>mit</strong> dem<br />
Gospelchor Gaiserwald<br />
9. November, 19 Uhr<br />
Die Kollekte ist für die evangelische<br />
Frauenhilfe bestimmt.<br />
Ort: Linsenbühlkirche, St.Gallen<br />
Johannes Brahms: Ein deutsches<br />
Requiem, op. 45<br />
Nach der Bearbeitung des Komponisten<br />
für vierhändiges Klavier,<br />
ergänzt <strong>mit</strong> der Paukenstimme<br />
der Orchesterfassung, Eintritt frei.<br />
2. Nov., 20.15 Uhr: kath. Kirche Abtwil<br />
3. Nov., 17.15 Uhr: kath. Kirche Amriswil<br />
23. Nov., 19.30 Uhr: Pfalzkeller, St.Gallen<br />
24. Nov., 17 Uhr: evang Kirche Teufen AR<br />
via integralis<br />
Einüben eines persönlichen<br />
spirituellen Weges<br />
6. und 20. November, 4. Dezember,<br />
18–20.30 Uhr<br />
Einführung ins Ritual für erstmalige<br />
TeilnehmerInnen 17.30 Uhr<br />
Ort: Evangelische Kirche Riethüsli-Hofstetten,<br />
Gerhardstrasse 11<br />
Kontemplationswoche:<br />
30. Nov., 18.30 Uhr,–6. Dez., 9 Uhr<br />
Verbindung von Zen und christlicher<br />
Mystik.<br />
Ort: Lassallehaus, Edlibach<br />
Info: Margrit und Charlie Wenk<br />
Tel. 071 288 65 88.<br />
www.meditation.margritwenk.ch<br />
Bildung<br />
«Wenn ihr nicht werdet wie die<br />
Kinder ... » – Kinder und<br />
Kindlichkeit im Christentum<br />
Vorlesungen, 9.30 bis 11 Uhr<br />
Ort: Festsaal St. Katharinen, St.Gallen<br />
Mit seinem Appell zum Schutz<br />
der Kinder unterscheidet sich <strong>das</strong><br />
Urchristentum markant von seiner<br />
Umwelt, in der heranwachsende<br />
Menschen quasi rechtslos<br />
waren. Zugleich sind die pädagogischen<br />
Konzepte der Bibel von<br />
einer autoritären Härte geprägt.<br />
8. Nov.: Verlorene Söhne, ungehorsame<br />
Töchter, Kinderdarstellungen<br />
in der Bibel.<br />
15. Nov.: Glauben lernen. Entwicklungspsychologie<br />
und religiöse<br />
Bindung.<br />
22. Nov.: Religiöse Übergangsrituale<br />
für Kinder und Eltern: Taufe<br />
und Firmung/Konfirmation.<br />
29. Nov.: Kinder Gottes. Die<br />
theologische Bedeutung des<br />
Kindseins.<br />
Sterben als spirituelle Erfahrung.<br />
Das Ich stirbt in ein Du hinein.<br />
12. November, 19 Uhr<br />
Vortrag von Monika Renz<br />
Ort: Aula, Goldach<br />
Beten <strong>mit</strong> Menschen in Not<br />
13. November, 19.30 Uhr<br />
Mit Rabbiner Hermann I. Schmelzer<br />
und Pfarrer Klaus Dörig:<br />
– Krisensituationen im Leben des<br />
Menschen und wie wirken sich<br />
diese aus auf seine Beziehung zu<br />
Gott (Rabbiner H. I. Schmelzer)<br />
– Wie begegnet der Seelsorger<br />
Menschen in diesen Herausforderungen?<br />
(Pfr. Klaus Dörig)<br />
– Wie betet ein Jude? ((Rabbiner<br />
H. I. Schmelzer) / – Wie betet ein<br />
Christ? (Pfr. Klaus Dörig)<br />
Moderation: Markus Fopp<br />
Ort: Jüdischer Gemeindesaal, Frongartenstr.<br />
16, 9000 St.Gallen<br />
Ein Tag <strong>mit</strong> Fulbert Steffensky<br />
Sonntag, 17. November<br />
Der Ehemann der verstorbenen<br />
Dorothee Sölle wird um 11 Uhr in<br />
der kath. Kirche in Rotmonten im<br />
ökum. Gottesdienst <strong>mit</strong>wirken –<br />
<strong>mit</strong> drei Impulsen: «Warum ich<br />
gerne Christ bin», «Warum ich als<br />
Freigeist die Tradition liebe» und<br />
«Warum ich gerne meinen Enkeln<br />
ein Kreuz auf die Stirne zeichne».<br />
Mittagessen in der evang. Kirche.<br />
Um 13.30 Uhr wird Fulbert Steffensky<br />
einen Vortrag halten zum<br />
Thema «Evangelisch – katholisch.<br />
Zwei Stärken – zwei Macken».<br />
Junge<br />
Erwachsene<br />
Bierbrau-Kurs<br />
2. November, 10–18 Uhr<br />
Unter fachkundiger Leitung lernen<br />
wir die hohe Kunst des Bierbrauens.<br />
Ort: Café Gschwend, St.Gallen,<br />
Kosten: 50.–, Mindestalter: 18 Jahre<br />
Veranstalter: Netzwerk Junge Erwachsene<br />
Regionale Singtage 2013<br />
Niederuzwil: 3. Nov., 14.30–17 Uhr<br />
Goldach: 17. Nov., 14–17 Uhr<br />
Die regionalen Singtage laden alle<br />
ein, unter der Leitung der Spurgruppe<br />
Repertoire der Arbeitsstelle<br />
populäre Musik die Lieder unseres<br />
Liederbuchs «Gott sei Dank – die<br />
St.Galler Singtaglieder 2009–2012»,<br />
alles zeitgemässe, moderne Kirchenlieder,<br />
kennenzulernen und im<br />
liturgischen Rahmen zu singen.<br />
Orte: Evangelisches Kirchgemeindehaus<br />
Niederuzwil, Evangelische Kirche Goldach<br />
Veranstalter: Arbeitsstelle populäre Musik<br />
Punkt 8 – Gottesdienst<br />
8. November, 20 Uhr<br />
Der Punkt 8 ist ein unkonventioneller<br />
Abendgottesdienst <strong>mit</strong> zeitgemässer<br />
Gottesdienstkultur (moderne<br />
Musik, Theater, Film, Kreuzverhör,<br />
...).<br />
Ort: Evang.-ref. Kirchgemeindehaus, Heidenerstrasse<br />
7, 9450 Altstätten<br />
Veranstalter: Evang. Kirche Altstätten<br />
Dankstell am See<br />
10. November, 18–19 Uhr<br />
Regionaler, moderner Eventgottesdienst<br />
<strong>mit</strong> Band, Kreativteil, Predigt,<br />
Moderation und Bar.<br />
Ort: Evang. Kirche Rorschach<br />
Veranstalter: Evang.-ref. Kirchgemeinden<br />
Rorschach und Umgebung<br />
Stadtgebet – Quelle der Kraft<br />
14./28. November: Einsingen<br />
19.15 Uhr, Beginn 19.30 Uhr<br />
Das Stadtgebet für junge Leute ist eine<br />
Ermutigung zur Begegnung <strong>mit</strong><br />
der eigenen Spiritualität.<br />
Ort: Chorraum der Kathedrale St.Gallen<br />
Veranstalter: safranblau<br />
12 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Ommm2<br />
16. November, 9.30–14.30 Uhr<br />
Was in den östlichen Religionen <strong>das</strong><br />
Ommm ist, ist im Christentum … ja<br />
was eigentlich? Gibt es überhaupt<br />
eine christliche Meditationspraxis?<br />
Diesen Fragen gehen wir auf die Spur:<br />
Mit einemVortrag,dann <strong>mit</strong> eigenem<br />
Leib,<strong>mit</strong> Übungen,die den Geist<br />
klären und für <strong>das</strong> Leben öffnen.<br />
Ort: Kirchgemeindehaus Winkeln, Kreuzbühlstrasse<br />
20, St.Gallen<br />
Veranstalter: Netzwerk Junge Erwachsene<br />
Kosten: Fr. 40.–/ermässigt Fr. 20.–<br />
inkl. ayurvedisches Mittagessen<br />
Treffen <strong>mit</strong> Studierenden am TDS,<br />
neuen SozialdiakonInnen und<br />
Interessierten aus HF/FH<br />
16. November, 9.30–13.30 Uhr<br />
Austausch unter den Studierenden,<br />
Kennenlernen der Evang.-ref. Kirche<br />
des Kantons St.Gallen, Vorstellen<br />
des neuen Berufsreglements<br />
Ort: Ob. Graben 31, St.Gallen<br />
Veranstalter: Arbeitsstelle Jugendfragen<br />
Mentaltraining 2.0<br />
für Fortgeschrittene<br />
17. November, 10–17 Uhr<br />
«Whatever you contemplate on,<br />
you become. It is a natural law.» –<br />
Durchbreche deine Grenzen<br />
Ort: safranblau, Magnihalden 9, St.Gallen<br />
Veranstalter: safranblau, Kosten: Fr. 90.–<br />
Sport-Gottesdienst: «Fairness»<br />
17. November, 18–19 Uhr<br />
Ein spannender Gottesdienst <strong>mit</strong><br />
einem Sportler-Interview. Der<br />
Sportler berichtet von seinem<br />
Glauben und Leben, von Grenzerfahrungen,<br />
Abstürzen und Erfolgen.<br />
Dann Torwandschiessen,<br />
Pasta-Party und Cocktails<br />
Ort: Kirchgemeindehaus Niederuzwil,<br />
Kirchstrasse 1, 9244 Niederuzwil<br />
Veranstalter: Netzwerk Junge Erwachsene<br />
Lights in the night<br />
29. November, 19.15 Uhr<br />
Auf allen Erdteilen leben Jugendliche<br />
etwas von dem Spirit, der ihnen<br />
bei einem Treffen in Taizé<br />
wichtig wurde. Die grossen Jugendtreffen<br />
auf dem «Pilgerweg<br />
des Vertrauens auf der Erde» finden<br />
regelmässig in einer europäischen<br />
Metropole statt. Parallel dazu<br />
gibt es landesweite und lokale<br />
Jugendtreffen so wie lights in the<br />
night. Gemeinsam zünden wir<br />
Lichter an, singen, beten und tauschen<br />
uns aus.<br />
Ort: Kirche St. Maria Neudorf, Rorschacherstrasse<br />
255, St.Gallen<br />
Veranstalter: safranblau<br />
AIDS-Gottesdienst<br />
29. November, 19–20 Uhr<br />
Gottesdienst zum Welt-AIDS-Tag<br />
Ort: Schutzengelkapelle, St.Gallen<br />
Veranstalter: Netzwerk Junge Erwachsene<br />
Beratung<br />
Wort zum Tag: Tel. 071 222 33 33<br />
Täglich eine Kurzbotschaft<br />
Die Dargebotene Hand<br />
Telefonseelsorge, Telefon 143, www.143.ch<br />
Telefon 147 – Help-o-fon<br />
Nottelefon für Kinder und Jugendliche<br />
SOS per SMS: 767<br />
Internetseelsorge:<br />
www.seelsorge.ch<br />
Evangelisch-reformierte Paarund<br />
Familienberatung St.Gallen<br />
Oberer Graben 31, St.Gallen<br />
Pfr. Menges Achim, Psychotherapeut<br />
ASP, Tel. 071 220 88 00<br />
Imper Andrea, Tel. 071 220 88 02<br />
Evangelische Frauenhilfe<br />
Beratungsstelle für Frauen<br />
Tellstr. 4, 9000 St.Gallen<br />
Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84<br />
Unterwegs zum Du<br />
Die Stellenleiterin, Frau Ursula Mettler,<br />
Bahnhofstr. 3, 9326 Horn, ist erreichbar:<br />
Di, Fr, 13.30–19.30 Uhr. Tel. 052 672 20 90;<br />
E-Mail: uzdostschweiz@bluewin.ch<br />
Die Eheanbahnungsstelle ist getragen<br />
von Ostschweizer Kantonalkirchen.<br />
Bürgschaften und Darlehen<br />
Für Familien und Alleinerziehende,<br />
Landwirte und Selbstständige. Gesuche<br />
sind zu richten an: Evang. Bürgschaftsund<br />
Darlehensgenossenschaft<br />
des Kantons St.Gallen, Postfach 24,<br />
9004 St.Gallen, Tel. 071 226 91 91,<br />
E-Mail: kontakt@ebdg-sg.ch<br />
Homepage: www.ebdg-sg.ch<br />
Blaues Kreuz SG-Appenzell<br />
Fachstelle Alkoholberatung<br />
Kugelgasse 3, Postfach 28,<br />
9004 St.Gallen, Tel. 071 231 00 31<br />
info-sg-app@blaueskreuz.ch<br />
www.blaueskreuz-sg-app.ch<br />
Gespräche nach Vereinbarung<br />
Natürliche Empfängnisregelung<br />
NER, symptothermale Methode<br />
nach Rötzer<br />
Beratung bei Kinderwunsch oder zum<br />
Vermeiden einer Empfängnis<br />
Kati und Walter Gabathuler<br />
Mühletobelstrasse 63a<br />
9400 Rorschach, Tel. 071 855 55 03<br />
Mail: kati.gabathuler@iner.org<br />
Internet: www.iner.org<br />
Pfarramt für Gehörlose<br />
Pfrn. Leupp-Meierhofer Andrea , Oberer<br />
Graben 31, St.Gallen, Tel. 071 227 05 70<br />
gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />
Persönlichkeitsschutz<br />
Fühlen Sie sich im Rahmen des<br />
kirchlichen Lebens diskriminiert<br />
oder in Ihrer Integrität verletzt,<br />
seelisch oder körperlich ausgenutzt,<br />
sexuell bedrängt, gemobbt<br />
oder belastet Sie ein Abhängigkeitsverhältnis?<br />
– Die Kirche bietet<br />
Ihnen die Möglichkeit, sich<br />
von einer neutralen Fachperson<br />
kostenlos beraten zu lassen.<br />
www.ref-sg.ch/persoenlichkeitsschutz<br />
Adressänderungen<br />
an die Kirchgemeinde<br />
Impressum<br />
Herausgegeben im<br />
Auftrag der Synode<br />
der Evangelischreformierten<br />
Kirche<br />
des KantonsSt.Gallen<br />
Redaktionskommission<br />
Hans-Paul Candrian,<br />
Präsident<br />
Alfred Ritz, Kassier<br />
Pfrn. Esther Marchlewitz<br />
Lotti Gerber<br />
Pfr. Martin Böhringer<br />
Jürg Steinmann<br />
Anton Spycher<br />
Anna Zogg<br />
Katharina Marquart<br />
Redaktion<br />
Pfarrer Andreas<br />
Schwendener (as)<br />
Rehweidstrasse 2<br />
9010 St.Gallen<br />
Tel. 071 244 34 64<br />
www.kirchenbote-sg.ch<br />
kirchenbote.sg@ref.ch<br />
Lokalredaktion<br />
RetoNeurauter(nr),<br />
Grabs,Tel.0817716516<br />
KatharinaMeier(meka),<br />
Lütisburg Station<br />
Tel. 071 980 06 01<br />
Claudia Schmid (cis),<br />
St.Gallen<br />
Tel. 071 223 58 60<br />
Nächste Nummer<br />
Thema: Familie<br />
Erscheint am 29. Nov.<br />
Redaktionsschluss:<br />
11. November 2013<br />
Druck<br />
galledia ag<br />
9442 Berneck<br />
Altpapieranteil: mind.<br />
50%, Auflage: 71 000<br />
Gestaltungskonzept<br />
TGG Hafen Senn Stieger<br />
Abonnementspreis<br />
11 Ausgaben: Fr. 12.–<br />
(wird von den Kirchgemeinden<br />
bezahlt)<br />
Tipp des Monats<br />
Reformationsfeier 2013:<br />
Zur Ehre Gottes –<br />
reformierte Reflexionen<br />
zur Kirchenmusik in der Schweiz<br />
3. Nov., 17 Uhr, Kirche St. Laurenzen, St.Gallen<br />
Festvortrag, und Orgel: Verena Friedrich, Niederrohrdorf<br />
AG, Kirchenmusikerin<br />
Verena Friedrich war von 2000–2010 Präsidentin<br />
der ref. Kirchenmusikerverbände der deutschsprachigen<br />
Schweiz und ist seit 16 Jahren Kirchenmusikerin<br />
in Baden, der grössten reformierten<br />
Kirchgemeinde des Kantons Aargau. Sie kennt die<br />
verschiedenen musikalischen Kulturen in der reformierten<br />
Kirchenlandschaft und gibt einen<br />
Überblick über die prägenden Reflexionen zum<br />
Thema der reformierten Kirchenmusik in der<br />
Schweiz in den letzten 100 Jahren.<br />
Verena Friedrich-Gäumann ist im Rheintal aufgewachsen,<br />
studierte in Köln Kirchenmusik sowie in Winterthur Orgel.<br />
An der Universität Zürich absolvierte sie ein Studium in Musikwissenschaften<br />
und Kirchengeschichte sowie an der Berner<br />
Fachhochschule den MAS-Studiengang Musikmanagement.<br />
Sie ist verheiratet <strong>mit</strong> dem Kirchenmusiker und Komponisten<br />
Thomas A. Friedrich, gemeinsam haben sie drei Kinder im<br />
schulpflichtigen Alter.<br />
Buchvernissage<br />
Walter Hehli: Weihnachtswege<br />
29. Nov., 20 Uhr, evangelische Kirche Wattwil<br />
Toggenburger Adventskalender <strong>mit</strong> Bildern von<br />
Willy Fries und Texten aus dem 20. Jahrhundert.<br />
Der evang. Kirchenchor Alt St. Johann singt unter<br />
der Leitung von Doris Bühler-Ammann Teile aus<br />
Peter Roths «I HA DE WIEHNACHTSBLUES».<br />
Instrumentalisten: Meinrad Rieser, Ueli Ammann,<br />
Arthur Aebli, Ferdi Rauber und Peter Roth<br />
Veranstalter<br />
Veranstaltungsübersicht auf: www.ref-sg.ch<br />
AkEB Arbeitsstelle kirchliche Erwachsenenbildung<br />
Oberer Graben 31, 9000 St.Gallen, T 071 227 05 30,<br />
www.lebengestalten.ch, E-Mail: akeb@ref-sg.ch<br />
Netzwerk Junge Erwachsene<br />
Volontariat: Tel. 071 227 05 63,<br />
volontariat@ref-sg.ch; www.junge-erwachsene.ch<br />
Offene Kirche St.Gallen Tel. 071 278 49 69, www.okl.ch<br />
Sonneblick Walzenhausen 9428 Walzenhausen,<br />
Tel. 071 886 72 72, sonneblick@walzenhausen.ch<br />
Heimetli Blaukreuz-Ferienheim, 9650 Nesslau,<br />
Leitung: René und Vreni Jäggi, Tel. 071 994 18 87<br />
E-Mail: rene.jaeggi@heimetli-nesslau.ch<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 13
Link<br />
Radio<br />
Radio SRF 1<br />
Zwischenhalt Sa, 18.30–19 Uhr<br />
Glocken um 18.50 Uhr aus:<br />
2.11. röm.-kath. Ilanz GR<br />
9.11. ev.-ref. Ziefen BL<br />
16.11. röm.-kath. Muri: Klosterkirche AG<br />
23.11. ev.-ref. Abtwil SG<br />
30.11. röm.-kath. Wünnewil FR<br />
«Glocken der Heimat» wird Sa, 17.30 Uhr,<br />
auch auf Radio SRF Musikwelle ausgestrahlt.<br />
Ein Wort aus der Bibel<br />
jeden Sonntag, 6.42 Uhr und 8.50 Uhr<br />
(Radio SRF 2 Kultur 7.05 Uhr, Radio SRF<br />
Musikwelle 8.30 Uhr)<br />
Texte zum Sonntag<br />
jeden Sonntag, 9.30 Uhr<br />
Radio SRF 2<br />
Religionsthemen im Kontext<br />
vorwiegend am Donnerstag,<br />
9 und 18.30 Uhr (Zweitausstrahlung)<br />
Blickpunkt Religion<br />
jeden Sonntag, 8.10–8.30 Uhr<br />
Predigten, Gottesdienste<br />
So, 9.30 Uhr: röm.-kath. Predigt<br />
So, 9.45 Uhr: evang.-ref. Predigt<br />
Perspektiven<br />
jeweils So, 8.30 Uhr und Do, 15 Uhr<br />
3.11. Das reformierte Pfarrhaus:<br />
Was soll <strong>das</strong> heute noch?<br />
Es ist ein Gebäude, ein Wohnort,<br />
ein Lehrhaus. Doch <strong>das</strong> reformierte<br />
Pfarrhaus ist noch viel<br />
mehr, es ist auch ein Beispiel der<br />
Veränderung innerhalb der reformierten<br />
Kirche. Der Pfarrberuf<br />
hat sich verändert und Finanzen<br />
sind knapp, nicht jedes Pfarrhaus<br />
kann erhalten bleiben. Wie geht<br />
<strong>das</strong> weiter?<br />
Das reformierte Pfarrhaus hat eine<br />
lange Geschichte, es war ein<br />
Zeichen der Präsenz der Kirche in<br />
der Gesellschaft. Ein neues Buch<br />
«Das reformierte Pfarrhaus –<br />
Auslauf- oder Zukunftsmodell?»<br />
beleuchtet die historische und<br />
kulturelle Bedeutung des Pfarrhauses.<br />
Doch heute hat sich der<br />
Status des Pfarrhauses verändert,<br />
die Lebensgewohnheiten und<br />
Partnerschaftsformen sind anders,<br />
der Pfarrer hat neue Aufgaben.<br />
Wie sieht die Zukunft aus<br />
für diese Institution?<br />
10.11. Reis und Wasser –<br />
eine befreiende Botschaft<br />
aus Südkorea<br />
Die südkoreanische Theologin<br />
Meehyun Chung legt <strong>mit</strong> ihrem<br />
auf Deutsch verfassten Buch<br />
«Reis und Wasser» eine feministische<br />
Theologie aus Korea vor.<br />
Kunstvoll greift sie befreiende<br />
Volkslegenden aus ihrer Heimat<br />
auf und bringt sie <strong>mit</strong> biblischen<br />
Gestalten ins Gespräch.<br />
Meehyun Chung hat nicht nur<br />
Theologie in Basel, sondern auch<br />
die deutsche Sprache studiert, arbeitete<br />
als Gender-Beauftragte für<br />
«mission 21» und ist so zu einer<br />
der profundesten Ver<strong>mit</strong>tlerinnen<br />
zwischen koreanischen und<br />
europäischen Kirchen geworden.<br />
Mit feministischer Kritik hält sie<br />
beiden Kulturen gegenüber nicht<br />
hinterm Berg. Die befreiende<br />
Kraft des Evangeliums formuliert<br />
Chung eigenständig und originell.<br />
17.11. Gibt es ein Grundrecht<br />
auf Gesundheit?<br />
Die moderne Medizin, der Klimawandel<br />
oder auch die Globalisierung<br />
werfen ganz neue ethische<br />
Fragen auf, die von existenzieller<br />
Tragweite sind. Der Berliner<br />
Theologe Wolfgang Huber beschäftigt<br />
sich <strong>mit</strong> neuen ethischen<br />
Fragen im Zusammenhang <strong>mit</strong><br />
politischer Verantwortung und<br />
christlichem Bekenntnis.<br />
Neue Entwicklungen in der Medizin<br />
haben die Entscheidung über<br />
Geburt und Tod wie nie zuvor in<br />
die Hände der Menschen gelegt.<br />
Welcher Embryo darf überleben?<br />
Wie lange darf ein Leben über die<br />
Erträglichkeit hinaus verlängert<br />
werden? Der langjährige Ratsvorsitzende<br />
der Evangelischen Kirche<br />
in Deutschland, Wolfgang Huber,<br />
sucht in seinem neuen Buch<br />
«Ethik – die Grundfragen unseres<br />
Lebens» nach Massstäben für eine<br />
der Moderne angepassten Ethik.<br />
24.11. Thema offen<br />
Radio FM1<br />
«Gott und d’Wält»<br />
Sonntagmorgen, 9–10 Uhr<br />
Wiederholung: Sonntag, 22–23 Uhr<br />
Auf FM-Melodie: Sonntag, 12–13 Uhr<br />
Radio Zürisee<br />
«Über Gott und d’Wält»<br />
jeden Sonntag, 8.25 Uhr<br />
TV<br />
SRF 1<br />
Wort zum Sonntag: Sa, 19.55 Uhr<br />
Sternstunden: 10 Uhr: Religion<br />
11 Uhr: Philosophie, 12 Uhr: Kunst<br />
SRF 2<br />
«Fenster zum Sonntag»<br />
Samstag, 17.15 und Sonntag, 11.30 Uhr<br />
auf SRF info: Sa, 18.30 und So, 17.45 Uhr<br />
Tele Ostschweiz (TVO)<br />
«Gedanken zur Zeit»<br />
Sa, 18.55 Uhr, bis So, 7.55 Uhr,<br />
stündlich wiederholt<br />
Bücher<br />
Monika Renz:<br />
Der Mystiker aus Nazaret<br />
«Der Name Jesus ist im Abendland<br />
blutleer geworden», meint<br />
die Schweizer Theologin und<br />
Psychotherapeutin Monika Renz.<br />
In ihrem neuen Buch «Der Mystiker<br />
aus Nazaret» deutet sie die gegenwärtige<br />
Krise der Kirchen und<br />
des Christentums als Symptom<br />
einer tiefer liegenden spirituellen<br />
Krise. Der postmoderne Mensch<br />
habe die Sehnsucht nach einer<br />
Wirklichkeit, die sein Dasein<br />
transzendiert, verloren. Gegen<br />
die seelische Entfremdung unserer<br />
Zeit ist nur <strong>mit</strong> authentischer<br />
religiöser Erfahrung anzukommen.<br />
Und hier setzt Renz <strong>mit</strong><br />
ihrem Jesusbuch an: Ein Christentum,<br />
<strong>das</strong> den Graben von<br />
2000 Jahren überbrücken will,<br />
muss dem Menschen von heute<br />
eine neue Begegnung <strong>mit</strong> seinem<br />
Stifter ermöglichen. Das Wirken<br />
und die Ausstrahlung, die von<br />
Jesus ausgehen, seien aber nur<br />
vor dem Hintergrund seiner «absoluten<br />
Gottnähe» verständlich,<br />
glaubt Renz. Jesu Geheimnis,<br />
seine bleibende Faszination und<br />
Bedeutung sieht die Theologin<br />
darin, <strong>das</strong>s er in besonderer Weise<br />
an Gott «angeschlossen» war. Aus<br />
dieser intensiven Verbundenheit<br />
<strong>mit</strong> dem göttlichen Urgrund lebte<br />
Jesus, aus ihr bezog er die<br />
Kraft, <strong>mit</strong> der er Menschen heilte<br />
und sie wieder an die göttliche<br />
Energie anschloss. Ausgehend<br />
von dieser These, die sie <strong>mit</strong> zahlreichen<br />
Bibelstellen und tiefenpsychologischen<br />
Erkenntnissen<br />
untermauert, entwirft Renz ein<br />
für viele ungewohntes Bild des<br />
Nazareners: «Ich möchte den<br />
ganzen Jesus, den Heiler, den Liebenden<br />
und den Rebellen, aus<br />
seiner besonderen spirituellen<br />
Erfahrung heraus begreifen: Jesus<br />
war in hohem Masse Mystiker.»<br />
Mit ihrem Jesusbuch ist Monika<br />
Renz eine überzeugende Aktualisierung<br />
der christlichen Botschaft<br />
jenseits akademischer<br />
Kopflastigkeit gelungen. Viele<br />
rätselhafte Texte des Neuen<br />
Testaments werden <strong>mit</strong>hilfe der<br />
Annahme von Jesu «Angeschlossen-Sein»<br />
in ihrem mystischen<br />
Tiefensinn erschlossen und so der<br />
religiösen Erfahrung zugänglich.<br />
Nicht zuletzt plädiert die Autorin<br />
<strong>mit</strong> zahlreichen Beispielen aus ihrer<br />
Praxis <strong>mit</strong> kranken und sterbenden<br />
Menschen für die Einbeziehung<br />
des Spirituellen in der<br />
Therapie. MARCO BÄCHLI<br />
Monika Renz: Der Mystiker aus Nazaret:<br />
Jesus neu begegnen – Jesuanische Spiritualität,<br />
Kreuz Verlag, Fr. 24.90.<br />
Kurt Marti:<br />
Heilige Vergänglichkeit<br />
Aufgrund eigener Erfahrungen,<br />
die von Abschiednehmen und Altern<br />
geprägt sind, überprüft der<br />
Schweizer Theologe und Dichter<br />
seine bisherigen Überzeugungen.<br />
Martis vielleicht persönlichstes<br />
Buch zeigt, <strong>das</strong>s eine unbeugsame<br />
Diesseitsgläubigkeit auch am Ende<br />
eines Lebensweges tragen kann.<br />
Kurt Marti: Heilige Vergänglichkeit.<br />
Spätsätze. Radius, 48 Seiten, Fr. 15.–<br />
Tipp<br />
des Monats<br />
Sternstunde Religion<br />
SRF 1: 10 November, 10 Uhr<br />
«Erlöse uns von dem Bösen» –<br />
ein Film von Christa Miranda<br />
Der Teufel hat überlebt, allen<br />
Reformen und Aufklärungen zum<br />
Trotz: Noch immer fühlen sich<br />
Menschen von Dämonen besessen,<br />
von finsteren Mächten bedroht.<br />
Hilfe versprechen Befreiungsdiener<br />
und Exorzisten. Sie berufen<br />
sich auf <strong>das</strong> Neue Testament und<br />
<strong>das</strong> Handeln Jesu. Gibt es Besessenheit?<br />
Was ist <strong>das</strong> überhaupt?<br />
Wie begründen Seelsorger, Pastoren<br />
und Priester exorzistische<br />
Praktiken?<br />
Die Dokumentation «Erlöse uns<br />
von dem Bösen» von Christa Miranda<br />
besucht Befreiungsgottesdienste<br />
sowie einen Kurs für «geistliche<br />
Kampfführung» und spricht<br />
<strong>mit</strong> Seelsorgern, Priestern und<br />
Psychiatern. Wir müssen diesen<br />
Menschen helfen, sagen alle. Aber<br />
wie? Eine Spurensuche in der<br />
Schweiz. PD<br />
14 <strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013
Ist lieber Richter als Verteidiger: Peter Jans, Präsident des Kreisgerichts St.Gallen.<br />
Monatsporträt<br />
Ein irdischer Richter<br />
Peter Jans arbeitet seit 2006 als vollamtlicher<br />
Richter. Vor rund einem Jahr<br />
hat er <strong>das</strong> Präsidium des Kreisgerichts<br />
St.Gallen übernommen. Zusammen <strong>mit</strong><br />
weiteren Kreisrichterinnen und Kreisrichtern<br />
sorgt er dafür, <strong>das</strong>s Straftäter<br />
eine möglichst gerechte Strafe erhalten.<br />
Der berufliche Werdegang des 53-jährigen<br />
Kreisgerichtspräsidenten begann <strong>mit</strong><br />
einer Ausbildung zum Primarlehrer.<br />
Während rund zehn Jahren unterrichtete<br />
er in Schulhäusern der Stadt St.Gallen, so<br />
im Boppartshof, im Schoren und im Bild.<br />
Sozial- und Umweltpolitik<br />
Ende der 80er-Jahre wurde Peter Jans vor<br />
allem durch sein politisches Engagement<br />
bekannt. Von 1989 bis 1996 sass er für die<br />
SP im St.Galler Stadtparlament. Ab 1996<br />
war er Mitglied des Kantonsrates. In den<br />
beiden Parlamenten engagierte er sich im<br />
Besonderen für die Sozial- und Umweltpolitik.<br />
Er profilierte sich als Verteidiger<br />
der Luftreinhalteverordnung und einer<br />
neuen Verkehrspolitik.<br />
Nach dem Lehrerberuf amtierte er<br />
als Geschäftsführer der VCS-Sektion<br />
St.Gallen/Appenzell. Mit dem Job beim<br />
Umweltverband finanzierte er sich einen<br />
Teil seines Rechtsstudiums an der UniversitätSt.Gallen,erwarbimJahr2000<strong>das</strong>Anwaltspatent<br />
und machte sich selbstständig.<br />
Übergeordneter Blickwinkel<br />
Fortan gab es für Peter Jans unterschiedliche<br />
Berührungspunkte <strong>mit</strong> den <strong>Gericht</strong>en.<br />
Zum einen vertrat er als Rechtsanwalt<br />
– unter anderem auch als Pflichtverteidiger<br />
– Mandanten vor Schranken. Zum<br />
anderen gehörte er im Kantonsparlament<br />
der Rechtspflegekommission an, die er ab<br />
2004 präsidierte.<br />
Wenige Jahre später kam <strong>mit</strong> der Wahl<br />
ansKreisgerichtSt.Galleneineneueberufliche<br />
Herausforderung.«Gereizt hat mich,<br />
<strong>das</strong>s ich als Richter einen anderen Blickwinkel<br />
einnehmen kann, als es dem<br />
Rechtsanwalt möglich ist», begründet er<br />
unter anderem seine Motivation für den<br />
damaligenWechsel.DerVerteidiger sei Interessenvertreter<br />
und habe die Anliegen<br />
seines Mandanten wahrzunehmen. «Der<br />
Richtermusshingegeneineneutrale,übergeordnete<br />
Betrachtungsweise haben und<br />
so ausgleichend wirken.Das liegt mir.»<br />
«Der Richter muss eine<br />
übergeordnete Betrachtungsweise<br />
haben.»<br />
Mit dem Amtsantritt am Kreisgericht<br />
trat Peter Jans aus dem Parlament aus.Der<br />
Rücktritt erfolgte freiwillig, um eine unerwünschte<br />
Ämterkumulation zu vermeiden.<br />
«Leicht fiel es mir nicht,weil ich mich<br />
gerne politisch engagierte.Will man etwas<br />
Neuesanpacken,istesaberoftso,<strong>das</strong>sman<br />
etwas Liebgewordenes aufgeben muss.»<br />
Richtige Gewichtung<br />
Wie frei aber ist ein Richter? «Das Gesetz<br />
gibt im Strafrecht jeweils einen Rahmen<br />
vor. Es kann aber immer nur allgemeine<br />
Aussagen machen», so Peter Jans. «Wir<br />
Richter und Richterinnen haben die Aufgabe,<br />
die verschiedenen Aspekte und Elemente<br />
eines Falles zu betrachten,den Umständen<br />
die richtige Gewichtung zu geben<br />
und schliesslich alle Erkenntnisse im Rahmen<br />
des Gesetzes in ein Urteil zu übertragen.»<br />
Die Tätigkeit als Richter sei eine sehr<br />
interessante, manchmal aber auch belastende<br />
Aufgabe. CLAUDIA SCHMID, ST.GALLEN<br />
Foto: Claudia Schmid<br />
Interview<br />
«Auf den korrekten Weg bringen»<br />
Kibo: Was unterscheidet den irdischen Richter<br />
vom Richter des <strong>Jüngste</strong>n <strong>Gericht</strong>s?<br />
Ich gehe davon aus, <strong>das</strong>s der Richter des <strong>Jüngste</strong>n<br />
<strong>Gericht</strong>s allwissend und unfehlbar ist. Das sind wir<br />
irdischen Richter und Richterinnen nicht. Wir sind<br />
immer wieder auch Zweifeln unterworfen. Wir alle<br />
haben einen eigenen Hintergrund und unsere eigenen<br />
Überzeugungen. Bei der Urteilsfindung kann<br />
<strong>das</strong> Weltbild der einzelnen <strong>Gericht</strong>s<strong>mit</strong>glieder eine<br />
Rolle spielen. Dies trifft im Strafrecht vor allem auf<br />
die Strafzumessung zu, bei der <strong>das</strong> Gesetz einen<br />
grösseren Spielraum zulässt als im Beweisverfahren,<br />
wo objektivere Vorgaben bestehen, was als<br />
bewiesen gilt.<br />
Was geschieht, wenn Zweifel bestehen?<br />
Für den Täter, aber auch allfällige Opfer hat ein<br />
<strong>Gericht</strong>sverfahren eine grosse Bedeutung. Es<br />
muss deshalb korrekt und fair durchgeführt werden.<br />
Lassen sich erhebliche Zweifel an der Schuld<br />
nicht aus dem Weg räumen, gilt der Grundsatz «in<br />
dubio pro reo», im Zweifel für den Angeklagten.<br />
Spielen bei der Urteilsfindung die christlichen<br />
Werte eine Rolle?<br />
Die Richter und Richterinnen sind wie gesagt Individuen<br />
<strong>mit</strong> einem eigenen Weltbild. Natürlich spielen<br />
Werte, wie sie <strong>das</strong> Christentum oder andere Religionen<br />
kennen, eine Rolle. So wie die religiösen<br />
Wurzeln auch in der Verfassung, den Gesetzen und<br />
in unserer Gesellschaft in irgendeiner Form Niederschlag<br />
gefunden haben, zum Beispiel im Resozialisierungsgedanken.<br />
Ich wage aber zu behaupten,<br />
<strong>das</strong>s ein Atheist ein ebenso guter Richter sein<br />
kann wie seine Kollegen, die einer Religion angehören.<br />
Übrigens zeigen meine Erfahrungen, <strong>das</strong>s<br />
die Parteizugehörigkeit der <strong>Gericht</strong>s<strong>mit</strong>glieder bei<br />
der Urteilsfindung praktisch nicht ins Gewicht fällt.<br />
In jüngster Zeit fiel im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem<br />
Zürcher Fall «Carlos» oft der Begriff Kuscheljustiz.<br />
Ich bin nicht der Meinung, <strong>das</strong>s wir eine Kuscheljustiz<br />
haben. Jene, die aufgrund von Schlagworten<br />
urteilen, kennen meistens die Hintergründe nicht.<br />
Für die angemessene Strafzumessung muss vieles<br />
berücksichtigt werden. Ausgangspunkt ist <strong>das</strong> Verschulden.<br />
Dieses hängt ab von der Schwere der Tat,<br />
den Beweggründen und Zielen des Täters oder seinem<br />
Vorleben, um nur einige Beispiele zu nennen.<br />
Was soll die Strafe bewirken? Ist sie eine Art Vergeltung<br />
oder eine Umerziehungsmassnahme?<br />
Das Gesetz geht davon aus, <strong>das</strong>s die Strafe zum einen<br />
generalpräventiv ist und zum anderen speziell<br />
auf den Täter Wirkung zeigt. Sie soll die Fehlbaren<br />
wieder auf den korrekten Weg bringen und <strong>das</strong> Risiko<br />
einer Wiederholungstat verhindern. Man geht<br />
also davon aus, <strong>das</strong>s der Täter lernfähig oder zumindest<br />
anpassungsfähig ist. In diesem Sinne geht<br />
es also nicht einfach nur um Vergeltung, obwohl<br />
der Ausgleich des Unrechts gerade bei schweren<br />
Delikten auch eine Rolle spielt. INTERVIEW: CS<br />
<strong>Kirchenbote</strong> Kanton St.Gallen 11/2013 15
Biblische Namen<br />
Ich heisse Jona(s)<br />
Jonas Gähwiler, Wil<br />
Für eine gute Geschichte<br />
war ich schon immer zu begeistern.<br />
Auch für die Geschichte<br />
meines biblischen<br />
Namensgebers Jonas, der<br />
drei Tage im Bauch eines<br />
Wals zugebracht hat. Besonders<br />
angenehm wird <strong>das</strong><br />
nicht gewesen sein. Der<br />
amerikanische Comedian Bill Maher hat in seinem<br />
religionskritischen Dokumentarfilm «Religulous»<br />
die Frage aufgeworfen, ob es denn nicht gänzlich<br />
unmöglich sei, drei Tage in einem Wal überleben<br />
zu können. Es falle ihm schwer, an dieses Wunder<br />
zu glauben. Er erhielt darauf die gleichsam unsinnige<br />
wie überzeugende Antwort: «Die Bibel spricht<br />
nicht von einem Wal. Es war ein grosser Fisch.»<br />
Jonas Maurer, Uznach<br />
Von vier Geschwistern bin<br />
ich als Letzter geboren.<br />
Warum meine Eltern mir den<br />
Namen Jonas gegeben haben,<br />
weiss ich nicht. Doch sie<br />
waren dabei fortschrittlich,<br />
denn in meinem Alter treffe<br />
ich kaum andere Jonas, aber<br />
bei heutigen Eltern ist der<br />
Name beliebt. Ich kenne mehrere Kinder <strong>mit</strong> diesem<br />
Namen in der Nachbarschaft. Vom Jonas der<br />
Bibel weiss ich nur, <strong>das</strong>s er von einem Walfisch<br />
verschluckt und später an Land gespuckt wurde.<br />
Jona Bassoumi, St.Gallen<br />
Vor 17 Monaten sind mein<br />
Zwillingsbruder und ich zur<br />
Welt gekommen. Mein Papa<br />
und meine Mama nannten<br />
uns bereits während der Zeit<br />
im Bauch bei unseren Namen.<br />
Obwohl meine Eltern<br />
uns noch nie gesehen hatten,<br />
war es für sie klar, <strong>das</strong>s ich<br />
«Jona» bin und mein Bruder «Finn» ist. Wir waren<br />
schon vor der Geburt sehr verschieden: Mein Bruder<br />
sehr aktiv. Ich eher ruhig. Mama und Papa haben<br />
uns also intuitiv die passenden Namen gegeben,<br />
denn «Jona» bedeutet «der Friedliebende/die<br />
Taube». Auf diese unterschiedliche Art und Weise<br />
erkunden wir seither die Welt: Mein Bruder wandert<br />
und turnt umher und ich «arbeite im Kleinen»<br />
und untersuche alles genau. Es ist schön, <strong>das</strong>s wir<br />
so verschieden sind! Juhui, seit Kurzem kann ich<br />
«Nana» sagen, was so viel wie «Jona» bedeutet.<br />
Das Zeichen des Jona:<br />
drei Tage und Nächte<br />
in der Unterwelt<br />
Der biblische Prophet Jona (hebr.<br />
Taube) ist die Hauptfigur einer kurzen<br />
Lehrerzählung aus dem 4. Jh. vor Chr.<br />
Jona wird von Gott beauftragt,der assyrischen<br />
Hauptstadt Ninive <strong>das</strong> <strong>Gericht</strong> anzusagen.<br />
Doch Jona läuft vor dem Auftrag<br />
weg. Statt nach Osten geht er nach<br />
Westen ans Meer und dort auf ein Schiff.<br />
Gott aber lässt einen gewaltigen<br />
Sturm aufkommen.Jona gesteht,<strong>das</strong>s er<br />
vor Gott geflohen ist, man solle ihn ins<br />
Meer werfen. Das macht die Besatzung,<br />
und der Sturm lässt nach.<br />
Da lässt Gott einen «grossen Fisch»<br />
kommen, der Jona verschlingt. Von den<br />
drei Tagen und drei Nächten im Bauch<br />
des Fisches wird nur berichtet, wie Jona<br />
betet: «… Aus dem Innern des Totenreichs<br />
rief ich um Hilfe, du hast meine<br />
Stimme gehört. Du hast mich in die Tiefe<br />
geworfen, <strong>mit</strong>ten ins weite Meer, …<br />
alle deine Wogen und deine Wellen gingen<br />
über mich hinweg. … die Erde – ihre<br />
Riegel schlossen sich hinter mir für<br />
immer. Da hast Du mein Leben aus der<br />
Grube gezogen, Herr, mein Gott! …<br />
und der Herr sprach zum Fisch, und<br />
dieser spie Jona aufs Trockene.»<br />
Jetzt macht sich Jona auf den Weg<br />
nach Ninive. Er geht durch die Stadt<br />
und schreit: «Noch vierzig Tage, dann<br />
ist Ninive zerstört.» Zu Jonas Erstaunen<br />
glauben die Menschen an Gott. Der König<br />
zieht ein Trauergewand an. Alle tun<br />
Busse und fasten, selbst die Tiere – hier<br />
ist <strong>das</strong> Vorbild für die heutigen nationalen<br />
Dank-, Buss und Bettage.<br />
Gott vergibt der Stadt Ninive ihr Unrecht.<br />
Sie bleibt erhalten – zum Ärger<br />
von Jona,der vor der Stadt sitzend deren<br />
Zerstörung <strong>mit</strong>erleben will.<br />
Eine Art Nahtoderfahrung<br />
Die Lehrerzählung zeigt, <strong>das</strong>s Gott gnädig<br />
und barmherzig ist und <strong>das</strong>s auch<br />
«Heiden» an ihn glauben können.<br />
Bekannter aber ist <strong>das</strong> Bild von Jona<br />
im Schlund des Meeresungeheuers.<br />
Dieses Bild als historische Begebenheit<br />
zu deuten,verfehlt die Tiefe des archetypischen<br />
Motivs, <strong>das</strong> in vielen alten Kulturen<br />
für die Reise ins Totenreich steht,<br />
auch für Jesus. Den Pharisäern, die von<br />
ihm ein Zeichen seiner göttlichen Mission<br />
sehen wollten, sagte er, <strong>das</strong>s sie kein<br />
Zeichen erhalten «ausser dem Zeichen<br />
des Propheten Jona. Denn wie Jona im<br />
Bauch des Fisches war, drei Tage und<br />
drei Nächte, so wird der Menschensohn<br />
im Schoss der Erde sein, drei Tage und<br />
drei Nächte.» Matth. 12, 40<br />
Im alten Israel wurde <strong>das</strong> Meer als Bild<br />
der Abgründe erlebt, zumal dort gemäss<br />
Schöpfungsbericht die «grossen Seetiere»<br />
hausen. Diese symbolisieren in der Tiefenpsychologie<br />
<strong>das</strong> Reich des Unterbewusstseins.<br />
In der Antike galt <strong>das</strong> Verschlungenwerden<br />
vom Ungeheuer als Initiation<br />
in die Unterwelt. Die christliche<br />
Ikonografie zeigt <strong>das</strong> Ungeheuer in der<br />
Hölle, wo Jesus nach seinem Tod gewesen<br />
sein soll, um Adam und Eva aus der Tiefe<br />
zu befreien. ANDREAS SCHWENDENER<br />
Die vorreformatorische «Armenbibel» erläuterte die Erlösungsgeschichte <strong>mit</strong> Vorbildern<br />
aus dem Alten Testament, so die Auferstehung Christi <strong>mit</strong> Simson, der die Tore<br />
von Gaza entfernte, und <strong>mit</strong> Jona, der nach drei Tagen aus dem Fischleib «auferstand».<br />
<strong>Kirchenbote</strong><br />
Gemeindenachrichten im Mittelbund<br />
11/2013 | 62. Jahrgang