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Leistung braucht Leidenschaft – für sich selbst - Aid

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@ online-spezial<br />

Foto: cirquedesprit <strong>–</strong> Fotolia.com<br />

Hartmut Volk<br />

<strong>Leistung</strong> <strong>braucht</strong> <strong>Leidenschaft</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong><br />

Fachliche Qualität und „handwerkliches“ Know-how reichen nicht aus, um leistungsfähig<br />

zu sein <strong>–</strong> und zu bleiben. Zu stabiler, belastbarer <strong>Leistung</strong>sfähigkeit gehört, auf<br />

<strong>sich</strong> selber aufzupassen, <strong>selbst</strong>aufmerksamer zu werden.<br />

Wenn es trotz besten Wissens und Könnens<br />

schwerer fällt mitzuhalten, wenn der Organismus<br />

zu streiken beginnt, dann wird<br />

klar: <strong>Leistung</strong>sfähigkeit hat mit dem „persönlichen<br />

Pflegezustand“ zu tun. Wer viel fordert, muss auch<br />

viel geben. Wer <strong>sich</strong> Tag <strong>für</strong> Tag aus dem eigenen<br />

Kräftereservoir bedient, ohne Kraftstoff nachzufüllen,<br />

kommt oft zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass<br />

es mit dem beherzten Anpacken und Bewältigen<br />

nicht mehr so richtig klappen will.<br />

Bevor Körper, Geist und Seele in Streik treten,<br />

lassen sie <strong>sich</strong> einiges bieten. Irgendwann aber machen<br />

sie auf ihre abnehmende Bereitschaft mitzuspielen<br />

aufmerksam und zeigen an, dass es an der<br />

Zeit wäre, vom Gas zu gehen und das Missverhältnis<br />

von An- und Entspannung wieder auszutarieren.<br />

Die Warnzeichen, die die ansteigende Erschöpfung<br />

signalisieren, wahrzunehmen, ist ein Lernprozess<br />

und nicht mit hypochondrischer Selbstbespiegelung<br />

gleichzusetzen. Wohlbefinden ist kein stabiler<br />

Gleichgewichtszustand, sondern schwankt im<br />

Zeitverlauf. Das gilt es zu bedenken. Verstetigen<br />

<strong>sich</strong> Ermüdungsgefühle, nistet <strong>sich</strong> ein Gefühl der<br />

Gleichgültigkeit ein, wird die Reizschwelle niedriger<br />

und macht gelassenes Reagieren schwer, dann<br />

ist Gefahr im Verzug. All das sind unverkennbare<br />

Fingerzeige darauf, den persönlichen Spannungsbogen<br />

überdehnt zu haben. Ihre Botschaft lautet:<br />

Mensch, sorge <strong>für</strong> Entlastung, überprüfe dein Verhalten,<br />

deine Lebensführung! In diesem Zustand ist<br />

die Ampel sozusagen von Grün auf Gelb gesprungen.<br />

Rot, die von Körper, Geist und Seele „dank“<br />

1/3 <strong>–</strong> B&B Agrar 6 / 2013 @ www.bub-agrar.de


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tiefer Erschöpfung erzwungene Auszeit, ist nun<br />

nicht mehr weit. Wird Gelb nicht beachtet, droht<br />

der Crash. Ignorierte Überspannungszeichen münden<br />

häufig in Abgeschlagenheit und Apathie, ob nun<br />

Burnout oder Depression genannt.<br />

Spätestens dann heißt es aufzuwachen und rück<strong>sich</strong>tsvoller<br />

im Umgang mit <strong>sich</strong> selber zu werden.<br />

Das ist zwar ein typisches „Last-Minute-Verhalten“,<br />

aber allemal besser, als voll vor die Wand zu laufen.<br />

Spät ist nicht immer zu spät, kann aber schnell dahin<br />

umschlagen, werden die Warnzeichen missachtet.<br />

Das Gute am Schlechten ist, der vielfach als<br />

plötzlich empfundene Umschwung in <strong>Leistung</strong>slust<br />

und Wohlbefinden, in Können wie Wollen ist ein<br />

schleichender, ein <strong>sich</strong> allmählich aufbauender Prozess.<br />

Mit ein wenig Selbstaufmerksamkeit ist also<br />

ausreichend Zeit gegeben, dem <strong>sich</strong> anbahnenden<br />

Unheil gegenzusteuern.<br />

Alarmsignale<br />

Der Organismus reagiert oft eindeutig auf den<br />

Kummer, der ihm bereitet wird und den er zum<br />

Selbstschutz irgendwann dann auch bereiten muss.<br />

Unmittelbar körperliche Anzeichen der gestörten<br />

Spannungsbalance sind Muskelverhärtungen und<br />

-verspannungen, die viel beklagten Nacken-, Schulter<br />

und Rückenschmerzen. Auch hoher Blutdruck,<br />

Schlaf- und Verdauungsprobleme, übermäßiges oder<br />

nächtliches Schwitzen, <strong>sich</strong> bei Nachprüfung als<br />

Herzneurose entpuppende Herzschmerzen, Liebund<br />

Lustlosigkeit in der Paarbeziehung sind deutliche<br />

Warnzeichen.<br />

Nicht minder deutlich fallen die seelischen Alarmsignale<br />

aus: das anhaltende und zunehmende Gefühl,<br />

<strong>sich</strong> überfordert, hilflos der Situation ausgeliefert<br />

und <strong>sich</strong> inmitten der Menschen einsam und<br />

verloren zu fühlen, anhaltende innere Unruhe, emotionale<br />

Unausgeglichenheit und Gereiztheit, Versagens-<br />

und Zukunftsängste, intensives Schwarzsehen<br />

und sozialer Rückzug.<br />

Das Abgleiten in die destruktive Überspannung<br />

geht oft einher mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen.<br />

Gedanken von Ausweglosigkeit<br />

und Sinnlosigkeit kreisen im Kopf. Der „Grübelmotor“<br />

läuft auf Hochtouren. Fast alles wird negativ<br />

bewertet: die Arbeit („Alles Mist!“), die Kolleginnen,<br />

Kollegen und sonstigen Mitmenschen („Diese<br />

Idioten!“) und das Lebens überhaupt („Elender<br />

Quatsch!“). Es wächst die Menge an Unerledigtem,<br />

die Ausfallzeiten am Arbeitsplatz nehmen ebenso<br />

zu wie die stressbedingten Unfälle.<br />

Doch die menschliche Blindheit in eigener Sache<br />

ist mitunter erstaunlich. Deshalb hält der Organismus<br />

weitere eindeutige „Wachrüttler“ bereit, wie<br />

unkontrolliertes, vor allem auch Nebenbei-Essen,<br />

den ungezügelten Griff zu Alkohol, den berühmtberüchtigten<br />

Entspannungsschluck, den steigenden<br />

Konsum von Tabak oder aufputschenden und<br />

beruhigenden Medikamenten. In neuerer Zeit sind<br />

Neuro-Enhancer, Drogen zum leistungssteigernden<br />

„Gehirntuning“, in Mode gekommen.<br />

Um nicht immer tiefer in dem Sumpf der Selbstaufzehrung<br />

zu versinken, kommt es darauf an, die<br />

das Wohlbefinden unterminierenden Denk- und<br />

Verhaltensweisen und die <strong>sich</strong> daraus ergebenden<br />

destruktiven Routinen zu entlarven. Es gilt also,<br />

zum Kundschafter in eigener Sache zu werden <strong>–</strong><br />

und eine Bestandsaufnahme zu machen:<br />

▪▪Wie esse ich? Eilig, nebenbei im Vorbeigehen?<br />

Oder nehme ich mir Zeit zum Essen und konzentriere<br />

mich auf meine Mahlzeit, genieße sie Bissen<br />

<strong>für</strong> Bissen? Was esse ich? Was <strong>sich</strong> gerade<br />

anbietet, wonach mein Körper giert, was alle anderen<br />

in <strong>sich</strong> hineinstopfen? Oder achte ich auf<br />

meine Ernährung und nehme ungeachtet aller<br />

schwankenden Empfehlungen ausschließlich das<br />

zu mir, was mir spürbar wohl tut und erfahrungsgemäß<br />

gut bekommt? Welche Mengen esse ich?<br />

Sind die abhängig von meinen Frustgefühlen<br />

oder von meinem körperlichen Wohlbefinden?<br />

▪▪Wie arbeite ich? Überlegt, systematisch, strukturiert,<br />

der Komplexität der meisten Dinge Rechnung<br />

tragend auch in Wirkungszusammenhängen<br />

und nicht nur in Wenn-dann-Kategorien denkend?<br />

Foto: Stauke <strong>–</strong> Fotolia.com<br />

Wer körperliche und seelische Alarmsignale dauerhaft<br />

missachtet, fühlt <strong>sich</strong> am Ende ausgebrannt.<br />

2/3 <strong>–</strong> B&B Agrar 6 / 2013 @ www.bub-agrar.de


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Unterscheide ich wichtig und eilig? Oder steuern<br />

mich der Moment, der Zuruf im Vorbeigehen,<br />

<strong>selbst</strong>schützende Überlegungen, die Flut des Elektronischen,<br />

das Angesagte, Zeitgeistige? Weiche<br />

ich <strong>für</strong> kleine Erfolgserlebnisse in Nebensächliches<br />

oder Nachrangiges aus? Wie steht es mit dem<br />

Unerledigten?<br />

▪▪<br />

Wie verhalte ich mich im sozialen Kontext der<br />

Arbeit? Auf Ansehen und Anpassung bedacht,<br />

Reibungen und Stellungnahmen vermeidend als<br />

Mitschwimmer? Oder vertraue ich auf mein Wissen<br />

und Können, bin ich mir meines Wertes bewusst,<br />

ohne ihn herauszustreichen, andere zu<br />

kränken und in ihrer Persönlichkeit zu erniedrigen?<br />

Argumentiere ich sachlich und ausgewogen,<br />

ertrage kritische Gegenstimmen? Achte ich<br />

auf meine Selbstdarstellung, übertreibe sie aber<br />

nicht und schütze mich so vor unnötigen Anfeindungen<br />

und Quertreibereien?<br />

▪▪<br />

Wie gestalte ich meine Freizeit? In Fortsetzung<br />

der beruflichen Anspannung und der unvermeidlich<br />

dazugehörenden Fremdsteuerung? Muss ich<br />

überall dabei sein? Lebe ich als Sklave des Angesagten<br />

in der Angst, irgendetwas zu versäumen,<br />

sorgsam bedacht, mich stets im Mainstream zu<br />

bewegen? Oder setze ich dazu einen ausgleichenden<br />

Kontrapunkt, nehme mir Raum und Zeit <strong>für</strong><br />

ruhiges Nachdenken, Besinnung, den eigenen<br />

Horizont erweiternden und das Geschehen wie<br />

mich <strong>selbst</strong> relativierenden Gedankenaustausch?<br />

Bei einem Spaziergang, einem guten Glas Wein,<br />

einem schönen Essen? Hält <strong>sich</strong> Geben und Nehmen<br />

in meinem Leben die Balance?<br />

Literatur<br />

▪▪Berndt, C. (2013): RESILIENZ <strong>–</strong> Das Geheimnis<br />

der psychischen Widerstandskraft <strong>–</strong> Was uns<br />

stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout.<br />

München: Deutscher Taschenbuch Verlag.<br />

▪▪<br />

Duhigg, C. (2012): Die Macht der Gewohnheit <strong>–</strong><br />

Warum wir tun was wir tun. Berlin: Berlin Verlag.<br />

▪▪Geißler, K. (2013): Enthetzt Euch! <strong>–</strong>Weniger<br />

Tempo <strong>–</strong> mehr Zeit. Stuttgart: S. Hirzel Verlag.<br />

▪▪Jacob, G., Van Genderen, H., Seebauer, L.<br />

(2011): Andere Wege gehen <strong>–</strong> Lebensmuster verstehen<br />

und verändern. Weinheim: Beltz Verlag.<br />

▪▪Seemann, H. (2012): Mein Körper und ich <strong>–</strong><br />

Freund oder Feind? Psychosomatische Störungen<br />

verstehen. Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

▪▪Stavemann, H. H. (2010): Im Gefühlsdschungel<br />

<strong>–</strong> Emotionale Krisen verstehen und bewältigen.<br />

Weinheim: Beltz Verlag.<br />

▪▪Weiss, H., Harrer, M. E., Dietz, T. (2012): Das<br />

Achtsamkeitsbuch <strong>–</strong> Grundlagen, Übungen, Anwendungen.<br />

Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

Der Autor<br />

Hartmut Volk<br />

Dipl.-Betriebswirt und freier Publizist,<br />

Bad Harzburg<br />

Hartmut.Volk@t-online.de<br />

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