Multiples Myelom - Onkopedia
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<strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong><br />
Leitlinie<br />
Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und<br />
Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen
Herausgeber<br />
DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.<br />
Alexanderplatz 1<br />
10178 Berlin<br />
Geschäftsführender Vorsitzender: Prof. Dr. med. Mathias Freund<br />
Telefon: +49 (0)30 27 87 60 89 - 0<br />
Telefax: +49 (0)30 27 87 60 89 - 18<br />
info@dgho.de<br />
www.dgho.de<br />
Ansprechpartner<br />
Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann<br />
Medizinischer Leiter<br />
Quelle<br />
www.dgho-onkopedia.de<br />
Die Empfehlungen der DGHO für die Diagnostik und Therapie hämatologischer<br />
und onkologischer Erkrankungen entbinden die verantwortliche Ärztin / den<br />
verantwortlichen Arzt nicht davon, notwendige Diagnostik, Indikationen,<br />
Kontraindikationen und Dosierungen im Einzelfall zu überprüfen! Die DGHO<br />
übernimmt für Empfehlungen keine Gewähr.
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Was ist das? .................................................................................. 2<br />
1.1 Was ist ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong>? ....................................................................... 2<br />
1.1.1 Wie häufig ist die Krankheit? ...................................................................... 3<br />
1.1.2 Welche Formen gibt es? .............................................................................. 3<br />
2 Krankheitszeichen ......................................................................... 4<br />
2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch?........................................................ 4<br />
3 Untersuchungen ............................................................................ 5<br />
3.1 Wann spricht man von einem Multiplen <strong>Myelom</strong>?.......................................... 6<br />
3.1.1 Was bedeuten die verschiedenen Krankheitsstadien? ................................ 6<br />
3.1.2 Welche Untersuchungen sind erforderlich?................................................. 8<br />
3.1.3 Was könnte es sonst noch sein? ................................................................. 9<br />
4 Behandlung ................................................................................... 9<br />
4.1 Nach welchen Regeln werden Patienten behandelt?.................................... 10<br />
4.1.1 Wann muss behandelt werden? ................................................................ 10<br />
4.1.1.1 Welche Medikamente werden zuerst eingesetzt? .................................. 11<br />
4.1.1.2 Was ist eine Hochdosistherapie mit eigenen Stammzellen? Bei wem ist<br />
sie sinnvoll? ....................................................................................................... 11<br />
4.1.1.3 Ist eine weitere Behandlung erforderlich, wenn die Krankheit nicht oder<br />
kaum noch nachweisbar ist?.............................................................................. 12<br />
4.1.1.4 Welche neuen Medikamente gibt es? Wie wirken sie? ........................... 12<br />
4.1.1.5 Was tun bei Nierenschwäche oder Nierenversagen? ............................. 13<br />
4.1.1.6 Wie werden Sonderformen behandelt? .................................................. 13<br />
4.1.2 Was kann man bei einem Rückfall machen? ............................................. 13<br />
4.1.3 Wann ist eine Bestrahlung sinnvoll? ......................................................... 14<br />
4.1.4 Welche Medikamente gibt es zum Schutz der Knochen? .......................... 14<br />
4.1.5 Bei wem ist eine Hochdosistherapie mit fremden Stammzellen sinnvoll?. 15<br />
5 Nachsorge ................................................................................... 15<br />
5.1 Welche Kontrollen sind erforderlich?............................................................ 15<br />
5.1.1 Wie wird das Ansprechen auf die Behandlung gemessen? ....................... 15<br />
6 Kurzfassung ................................................................................ 17<br />
7 Weitere Infos ............................................................................... 17<br />
8 Wer behandelt? ........................................................................... 17<br />
8.1 Onkologische Zentren .................................................................................. 17<br />
8.2 DGHO Mitgliederdatenbank ......................................................................... 18<br />
8.3 Verfasser der Leitlinie .................................................................................. 18<br />
1
<strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong><br />
Stand der Version: Oktober 2011<br />
1 Was ist das?<br />
Knochenmarkpunktat mit zwei <strong>Myelom</strong>zellen (‚Spiegelei-Form‘)<br />
1.1 Was ist ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong>?<br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong> ist eine Erkrankung des Knochenmarks. Andere Namen sind<br />
Plasmozytom oder Morbus Kahler. Das Multiple <strong>Myelom</strong> entsteht durch die bösartige<br />
Entartung von Plasmazellen. Plasmazellen sind zuständig für die Herstellung<br />
von Eiweißstoffen des Immunsystems, den Immunglobulinen. Die bösartigen<br />
Plasmazellen vermehren sich im Knochenmark. Das führt zu<br />
• Verdrängung anderer Zellen im Knochenmark<br />
• Zerstörung von Knochen<br />
• Herstellung großer Mengen von krankhaftem Eiweiß (Protein)<br />
Diese krankhaften Eiweißstoffe (Proteine) lassen sich im Blut und im Urin finden.<br />
Im Blut werden sie auch als Paraprotein, als monoklonales Protein oder als M-<br />
Gradient bezeichnet. Der Name für das krankhafte Eiweiß im Urin ist Bence Jones<br />
Eiweiß oder Bence Jones Protein.<br />
2
1.1.1 Wie häufig ist die Krankheit?<br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong> ist eine seltene Krankheit. Pro Jahr erkranken in Europa<br />
etwa 4 - 5 Personen auf 100.000 Einwohner. Ab dem 50. Lebensjahr steigt das<br />
Risiko deutlich an. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. In der schwarzen<br />
Bevölkerung der USA tritt ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> doppelt so häufig wie in<br />
der weißen Bevölkerung auf. Die Gründe hierfür sind nicht ausreichend bekannt.<br />
Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit des Multiplen <strong>Myelom</strong>s in verschiedenen Altersgruppen.<br />
Abbildung 3: Häufigkeit und Altersverteilung des Multiplen <strong>Myelom</strong>s in Deutschland<br />
Vorstufe des Multiplen <strong>Myelom</strong>s ist die Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz<br />
(MGUS), siehe Leitlinie Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz.<br />
Bei vielen Patienten wird das Multiple <strong>Myelom</strong> aber nicht im Stadium dieser<br />
Vorstufe, sondern erst nach Ausbruch der Erkrankung entdeckt.<br />
1.1.2 Welche Formen gibt es?<br />
Normale Plasmazellen sind für die Herstellung von Eiweißstoffen des Immunsystems,<br />
den Immunglobulinen oder Antikörpern, zuständig. Vollständige Immunglobuline<br />
bestehen aus einer schweren Kette und aus einer leichten Kette. Darüber<br />
hinaus gibt es bei den schweren Ketten fünf Unterformen mit den Buchstaben<br />
A (Alpha), D (Delta), E (Epsilon), G (Gamma) und M (Mu) und bei den leichten<br />
Ketten die zwei Unterformen Kappa (K) und Lambda (L). Daraus leiten sich die<br />
Bezeichnungen der Immunglobuline ab. Ein Immunglobulin mit einer schweren<br />
Kette G und einer leichten Kette kappa heißt IgG kappa. Ein Immunglobulin mit<br />
einer schweren Kette A und einer leichten Kette lambda heißt IgA lambda, usw.<br />
Jede Gruppe oder jeder Klon von Plasmazellen kann ein bestimmtes Immunglobulin<br />
produzieren. Wenn innerhalb dieser Gruppe eine Zelle bösartig wird und<br />
sich ungehindert verbreitet, wird auch dieser Typ von Immunglobulinen in großer<br />
Menge hergestellt. Bei etwa 80 % der Patienten werden die vollständigen<br />
Immunglobuline gebildet. Am häufigsten beim Multiplen <strong>Myelom</strong> sind die Typen<br />
3
Immunglobulin G (IgG) und Immunglobulin A (IgA). Immunglobulin D (IgD),<br />
Immunglobulin E (IgE) und Immunglobulin M (IgM) werden selten gefunden. Bei<br />
etwa 20 % der Patienten werden nicht die vollständigen Eiweiße, sondern nur<br />
die leichten Ketten von den <strong>Myelom</strong>zellen hergestellt. Diese Erkrankung wird als<br />
Leichtketten-<strong>Myelom</strong> bezeichnet. Der Eiweiß - Typ eines Multiplen <strong>Myelom</strong>s wird<br />
am Anfang festgestellt und ändert sich im Verlauf der Krankheit in der Regel<br />
nicht.<br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong> ist eine Erkrankung des Knochenmarks und findet sich bei<br />
den meisten Patienten an verschiedenen Stellen des Körpers. Sonderformen sind<br />
• asekretorisches <strong>Myelom</strong>: Bei 1 - 3 % der Patienten werden die Eiweißstoffe<br />
in den bösartigen Plasmazellen zwar hergestellt, aber nicht in das Blut abgegeben<br />
oder im Urin ausgeschieden. Bei diesen Patienten sind weder die<br />
kompletten Immunglobuline noch Leichtketten nachweisbar<br />
• extramedulläres <strong>Myelom</strong>: insbesondere in späteren Krankheitsstadien kann<br />
sich das Multiple <strong>Myelom</strong> auch außerhalb des Knochens zeigen<br />
• solitäres <strong>Myelom</strong>: bei dieser Form ist nur ein einzelner Knochenherd nachweisbar.<br />
Selten kann sich ein solcher Herd auch außerhalb des Knochens<br />
finden, siehe extramedulläres <strong>Myelom</strong>. Das Knochenmark ist bei diesen Patienten<br />
nicht betroffen.<br />
• Plasmazell-Leukämie: bösartige <strong>Myelom</strong>zellen (Plasmazellen) sind im Blut<br />
wie bei einer Leukämie nachweisbar.<br />
2 Krankheitszeichen<br />
Sinterung des zweiten Lendenwirbelkörpers<br />
2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch?<br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong> kann sich bei Patienten sehr unterschiedlich zeigen. Die<br />
typischen Krankheitszeichen sind durch das Verhalten der bösartigen Zellen im<br />
Knochenmark zu erklären, siehe Was ist ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong>? Bei etwa 60<br />
% der Patienten ist das Blutbild verändert. Am häufigsten ist eine Blutarmut<br />
(Anämie). Typische Beschwerden bei Blutarmut sind Einschränkungen der körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit und eine blasse Hautfarbe. Weitere Beschwerden bei<br />
Patienten mit Multiplem <strong>Myelom</strong> können das vermehrte Auftreten von Infektionen<br />
4
aufgrund eines Mangels an normalen Eiweißstoffen des Immunsystems<br />
(Immunglobulinen) sein. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann es auch zu einer<br />
vermehrten Blutungsneigung durch eine zu niedrige Zahl von Blutplättchen<br />
(Thrombozyten) kommen. Die Zerstörung des Knochens kann zu Knochenschmerzen,<br />
aber auch bis zu Knochenbrüchen oder zum Zusammensacken von<br />
Wirbeln mit Abnahme der Körpergröße führen. Durch den gesteigerten<br />
Knochenabbau steigt auch das Kalzium im Blut. Stark erhöhtes Kalzium führt<br />
zu psychischen Veränderungen, gesteigertem Durstgefühl, vermehrter Urinausscheidung<br />
und zu Muskelkrämpfen. Wenn das Blut zu viel krankhaftes Eiweiß<br />
enthält, wird es dickflüssig. Diese Patienten können unter Sehstörungen,<br />
Gedächtnisstörungen, Schwindel, Engegefühl in der Brust (Angina pectoris),<br />
Krämpfen im Bauch oder einer vermehrten Blutungsneigung leiden. Der Urin<br />
schäumt, wenn er sehr viel Eiweiß enthält.<br />
Etwa 20 % der Patienten haben keine Beschwerden. Bei ihnen wird die Krankheit<br />
zufällig bei einer Blutuntersuchung festgestellt.<br />
3 Untersuchungen<br />
Eiweiß-Elektrophorese mit einem hohen Paraprotein<br />
5
3.1 Wann spricht man von einem Multiplen <strong>Myelom</strong>?<br />
Es gibt verschiedene Formen des Multiplen <strong>Myelom</strong>s. Die Merkmale zu ihrer<br />
Unterscheidung sind in Abbildung 2 zusammengefasst.<br />
Abbildung 6: Formen des Multiplen <strong>Myelom</strong>s<br />
3.1.1 Was bedeuten die verschiedenen Krankheitsstadien?<br />
Im Jahre 1975 haben die beiden amerikanischen Ärzte Salmon und Durie eine<br />
Einteilung des Multiplen <strong>Myelom</strong>s in die Stadien I bis III eingeführt, siehe Tabelle<br />
1. Mit dieser Einteilung ist eine grobe Abschätzung der Masse kranker Zellen<br />
im Körper möglich. Zusätzlich werden die beiden Bezeichnungen A und B unterschieden,<br />
diese richten sich nach der Nierenfunktion.<br />
Tabelle 1: Stadieneinteilung nach Salmon und Durie<br />
Kriterien<br />
Stadium<br />
I<br />
• Hämoglobin über 10 g / dl und<br />
• Kalzium im Blut normal und<br />
• normale Struktur der Knochen oder höchstens ein Herd und<br />
• krankhaftes Eiweiß niedrig, d. h.<br />
◦ IgG unter 50 g / l im Blut oder<br />
◦ IgA unter 30 g / l im Blut oder<br />
◦ Bence Jones Eiweiß unter 4 g / 24 Stunden im Urin<br />
6
Tabelle 1: Stadieneinteilung nach Salmon und Durie<br />
Stadium<br />
II<br />
Stadium<br />
III<br />
Wenn die Krankheit eines Patienten weder in das Stadium I noch<br />
in das Stadium III eingeordnet werden kann, wird sie als Stadium II<br />
bezeichnet.<br />
• Hämoglobin unter 8,5 g / dl oder<br />
• Kalzium im Blut erhöht oder<br />
• mehrere, fortgeschrittene Herde im Knochen oder<br />
• krankhaftes Eiweiß hoch, d. h.<br />
◦ IgG über 70 g / l im Blut oder<br />
◦ IgA über 50 g / l im Blut oder<br />
◦ Bence Jones Eiweiß über 12 g / 24 Stunden im Urin<br />
Zusatzbezeichnung A<br />
Nierenfunktion normal<br />
Zusatzbezeichnung B<br />
Nierenfunktion eingeschränkt, d. h. Kreatinin größer als 2 mg / dl<br />
Eine Internationale Arbeitsgruppe hat 2005 ein neues System entwickelt, das<br />
eine bessere Unterscheidung nach der Prognose erlaubt. Dieses System stützt<br />
sich auf Beta 2-Mikroglobulin und auf Albumin, siehe Tabelle 2.<br />
Tabelle 2: International Staging System (ISS)<br />
Konzentration im Blut<br />
mittlere Überlebenszeit<br />
(Monate)*<br />
Stadium<br />
I<br />
Beta 2-Mikroglobulin < 3,5<br />
mg/l und<br />
Albumin > 3,5 g/dl<br />
62<br />
Stadium<br />
II<br />
weder Stadium I noch Stadium<br />
III<br />
44<br />
Stadium<br />
III<br />
Beta 2-Mikroglobulin > 5,5 mg<br />
/ l<br />
29<br />
* Die mittleren Überlebenszeiten stammen aus der Zeit vor dem Einsatz der<br />
neuen Medikamente.<br />
7
3.1.2 Welche Untersuchungen sind erforderlich?<br />
Wenn der Verdacht auf ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> besteht, werden folgende Untersuchungen<br />
empfohlen:<br />
Allgemein<br />
• Krankengeschichte<br />
• gründliche körperliche Untersuchung<br />
Labor<br />
• großes Blutbild<br />
• Natrium, Kalium, Kalzium<br />
• Nierenwerte (Kreatinin einschl. berechneter Filtrationsrate, Harnstoff)<br />
• Gesamteiweiß und Albumin im Blut<br />
• Elektrophorese (Auftrennung der Eiweiße) mit Bestimmung des M-Gradienten;<br />
Immunfixations-Elektrophorese im Blut und im Urin<br />
• Immunglobuline (IgG, IgA, IgM)<br />
• freie Kappa- Leichtketten und Lambda-Leichtketten im Blut<br />
• 24 h-Sammelurin zur Messung der Eiweißausscheidung und zur Messung der<br />
Leichtkettenausscheidung<br />
• LDH, GPT<br />
• Beta 2-Mikroglobulin im Blut<br />
Bilder (Röntgen und anderes)<br />
• Röntgenaufnahmen folgender Knochen nach dem sogenannten „Pariser<br />
Schema“: Schädel, Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule,<br />
Oberarme, Oberschenkel, Becken, Rippen<br />
oder<br />
• Computertomographie (CT), sogenanntes Niedrigdosis - Knochen - CT; die<br />
Computertomographie ist empfindlicher als Röntgenaufnahmen, bedeutet<br />
aber auch eine höhere Strahlenbelastung<br />
• Kernspintomographie (oder Magnetresonanztomographie (MRT)) bei<br />
Verdacht auf ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> außerhalb der Knochen<br />
• Ultraschall des Herzens (Echokardiographie) vor Chemotherapie und bei<br />
Verdacht auf eine Herzbelastung durch Eiweißstoffe<br />
Probeentnahme<br />
• Entnahme von Gewebe aus dem Knochenmark (Knochenmarkpunktion)<br />
oder<br />
• Entnahme von Gewebe aus einem anderen Bereich, wenn der Verdacht auf<br />
ein solitäres <strong>Myelom</strong> oder ein extramedulläres <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> besteht<br />
Genetische Untersuchung aus dem Knochenmark<br />
8
Aus dem Knochenmark können heute weitergehende genetische Untersuchungen<br />
durchgeführt werden. Dazu gehört auch die Untersuchung der Chromosomen<br />
in den bösartigen Plasmazellen. Bestimmte Veränderungen können auf<br />
einen ungünstigen Verlauf der Krankheit hindeuten. Diese Untersuchungen sind<br />
aufwändig und teuer. Bisher haben sie keinen Einfluss auf die Behandlung, außer<br />
in Studien. Deshalb werden sie nicht als Standard bei Verdacht auf ein <strong>Multiples</strong><br />
<strong>Myelom</strong> empfohlen.<br />
3.1.3 Was könnte es sonst noch sein?<br />
Bei den meisten Patienten wird zuerst ein Paraprotein gefunden, daraus ergibt<br />
sich der Verdacht auf ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong>. Es gibt andere Krankheiten, bei<br />
denen Paraproteine auftreten können. Hierzu gehören unter anderem:<br />
• Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)<br />
• Morbus Waldenström<br />
• plasmozytisches Marginalzonenlymphom<br />
• primäre AL-Amyloidose<br />
• POEMS-Syndrom<br />
4 Behandlung<br />
9
4.1 Nach welchen Regeln werden Patienten behandelt?<br />
Die Regeln für die Behandlung von Patienten mit Multiplem <strong>Myelom</strong> haben sich in<br />
den letzten Jahren verändert. Hauptgrund sind neue, wirksamere Medikamente.<br />
Viele Fragen dieser neuen Behandlungen sind noch nicht abschließend geklärt.<br />
Ein Gerüst für Entscheidungen ist in Abbildung 3 dargestellt. Wenn möglich, sollten<br />
Patienten im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden.<br />
Abbildung 8: Empfehlungen für die erste Behandlung<br />
Legende: 1 AZ - Allgemeinzustand; 2 Alter - Alter in Jahren: entscheidend für die<br />
Behandlung ist das biologische Alter; 3 ISS International Staging System, siehe:<br />
Welche Krankheitszeichen sind typisch? 4 Behandlung: A - Doxorubicin, ASZT -<br />
autologe Stammzelltransplantation, Bo - Bortezomib, D - Dexamethason, HD -<br />
Hochdosistherapie; M - Melphalan, P - Prednisolon, T - Thalidomid; 5 SD - stabile<br />
Erkrankung; PR - partielle Remission;<br />
4.1.1 Wann muss behandelt werden?<br />
Nicht jeder Patient mit einem Multiplen <strong>Myelom</strong> muss sofort behandelt werden!<br />
Entscheidend ist, ob das Multiple <strong>Myelom</strong> im Körper Schäden angerichtet hat.<br />
Eine internationale Arbeitsgruppe (International <strong>Myelom</strong>a Working Group<br />
(IMWG)) hat festgelegt, ab wann eine Behandlung erforderlich ist und benutzt<br />
dafür die sogenannten CRAB Kriterien. Diese vier Buchstaben leiten sich aus<br />
englischen Begriffen ab:<br />
• C für hyper c alcemia = erhöhtes Kalzium im Blut<br />
• R für r enal insufficiency = Nierenversagen<br />
• A für a nemia = Blutarmut<br />
10
• B für b one lesions = Knochenbeteiligung<br />
Wenn eines dieser Krankheitszeichen bei Patienten mit Multiplem <strong>Myelom</strong><br />
auftritt, ist der Beginn der Behandlung sinnvoll.<br />
Weitere Gründe sind<br />
• Dickflüssigkeit des Blutes (Hyperviskosität)<br />
• allgemeine Krankheitszeichen, z. B. Gewichtabnahme von mehr als 10 % in<br />
den letzten 6 Monaten, Nachtschweiß, Fieber mit Temperatur > 38,5 0 C ohne<br />
erkennbare Ursache<br />
• andere Komplikationen, die durch Zurückdrängen der <strong>Myelom</strong> - Erkrankung<br />
gebessert werden können.<br />
4.1.1.1 Welche Medikamente werden zuerst eingesetzt?<br />
Ziel der Behandlung ist zuerst die Kontrolle des Multiplen <strong>Myelom</strong>s und die Rückbildung<br />
aller Komplikationen, die durch die Erkrankung verursacht wurden, z. B.<br />
Einschränkung der Nierenfunktion, erhöhtes Kalzium oder Blutarmut.<br />
Vor Beginn der Behandlung sollten die behandelnden Ärzte einen Gesamtplan<br />
erstellen, in dem auch spätere Behandlungen wie eine Hochdosistherapie und<br />
eine Stammzelltransplantation berücksichtigt werden.<br />
Die neuen Medikamente Bortezomib, Lenalidomid und Thalidomid verbessern<br />
die Ansprechraten im Vergleich zur klassischen Chemotherapie. Ihr Einsatz muss<br />
gegen das Risiko von späteren Nebenwirkungen abgewogen werden. Dazu<br />
gehören auch mögliche Spätnebenwirkungen, die heute noch nicht bekannt sind.<br />
Bei Patienten mit niedrigem Risiko (ISS 1) wird die Kombination aus einem<br />
Chemotherapie-Medikament und einem Kortison-Präparat empfohlen. Bei Patienten<br />
mit einem höheren Risiko (ISS 2 oder 3) kann die Chemotherapie mit Bortezomib<br />
kombiniert werden. Wenn eine Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation<br />
geplant ist, soll vorher kein Melphalan eingesetzt wird. Es erschwert eine<br />
spätere Behandlung mit eigenen Stammzellen.<br />
Bei Patienten, die für eine Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation nicht<br />
in Frage kommen, wird die Kombination von Melphalan mit einem Kortison-<br />
Präparat empfohlen. Die zusätzliche Behandlung mit Thalidomid oder Bortezomib<br />
verbessert die Ansprechraten, erhöht aber auch das Risiko von Nebenwirkungen.<br />
4.1.1.2 Was ist eine Hochdosistherapie mit eigenen Stammzellen? Bei<br />
wem ist sie sinnvoll?<br />
Die Hochdosistherapie mit eigenen Stammzellen wird als autologe Stammzelltransplantation<br />
bezeichnet.<br />
Die Hochdosistherapie selbst wird mit Medikamenten der Chemotherapie durchgeführt.<br />
Gelegentlich wird zusätzlich auch eine Bestrahlung eingesetzt. Durch die<br />
intensive Behandlung werden die Zellen des Multiplen <strong>Myelom</strong>s sehr wirksam<br />
abgetötet. Die Hochdosistherapie führt aber auch zu einer massiven Unter-<br />
11
drückung des normalen Knochenmarks. Deshalb müssen dem Patienten vorher<br />
Knochenmarksstammzellen entnommen und eingefroren werden. Diese<br />
Knochenmarksstammzellen werden heute aus dem Blut gewonnen und in flüssigem<br />
Stickstoff eingefroren. Nach der Hochdosistherapie werden sie aufgetaut<br />
und den Patienten wie bei einer Blutübertragung zurückgegeben. Dadurch wird<br />
eigenes Knochenmark in ungefähr 10 Tagen wieder aufgebaut.<br />
Einige Wochen nach der Hochdosistherapie wird eine Kontrolle der Aktivität der<br />
Multiplen <strong>Myelom</strong>s in Blut, Urin und Knochenmark durchgeführt. Wenn Patienten<br />
keine komplette Rückbildung (CR) oder keine sehr gute teilweise Rückbildung<br />
(VGPR) erreicht haben, ist eine zweite Hochdosistherapie sinnvoll. Diese sogenannte<br />
Tandemtransplantation verringert das Rückfallrisiko und verlängert die<br />
Überlebenszeit.<br />
4.1.1.3 Ist eine weitere Behandlung erforderlich, wenn die Krankheit<br />
nicht oder kaum noch nachweisbar ist?<br />
Trotz einer erfolgreichen ersten Behandlung ist das Rückfallrisiko bei Patienten<br />
mit Multiplem <strong>Myelom</strong> hoch. Deshalb wird intensiv über eine sogenannte Erhaltungstherapie<br />
diskutiert. Sie soll Reste der Erkrankung im Körper unterdrücken<br />
und dadurch einen Rückfall verzögern. Als wirksame Medikamente haben sich<br />
Interferon alpha, Lenalidomid und Thalidomid. Erwiesen. Der aktuelle Stand ist:<br />
• Interferon alpha verlängert die Zeit bis zum Rückfall und die Gesamtüberlebenszeit.<br />
Die Studien wurden aber vor der Einführung der neuen Medikamente<br />
durchgeführt. Da Interferon alpha zu erheblichen Nebenwirkungen<br />
führen kann, hat es sich nicht als Standard durchgesetzt.<br />
• Lenalidomid verlängert die Zeit bis zum Rückfall. Ob es auch die Gesamtüberlebenszeit<br />
verlängert wird, ist nicht geklärt. Unklar ist auch das Risiko von<br />
Langzeitnebenwirkungen.<br />
• Thalidomid wurde bei jüngeren und bei älteren Patienten untersucht. Es<br />
verlängert die Zeit bis zum Rückfall und kann auch die Gesamtüberlebenszeit<br />
verlängern. Eine kritische Nebenwirkung von Thalidomid ist das Risiko von<br />
Nervenschäden.<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht geklärt, ob die Chancen einer Erhaltungstherapie<br />
das Risiko von Nebenwirkungen aufwiegen. Deshalb wird die Erhaltungstherapie<br />
zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen.<br />
4.1.1.4 Welche neuen Medikamente gibt es? Wie wirken sie?<br />
Bortezomib<br />
Bortezomib ist der erste Vertreter einer neuen Gruppe von Medikamenten, den<br />
Proteasomen-Inhibitoren. Es kann auch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion<br />
unter engmaschiger Überwachung eingesetzt werden. Sehr häufige<br />
Nebenwirkungen sind Nervenschädigung (Neuropathie), Rückgang der Blutplättchen<br />
(Thrombozyten) und Herpes-Infektionen, z. B. eine Gürtelrose. Zur Vorbeugung<br />
der Herpes-Infektionen wird die regelmäßige Einnahme von Aciclovir<br />
empfohlen. Seltene Nebenwirkungen sind eine chemische Lungenentzündung<br />
oder ein akutes Lungenversagen.<br />
12
Thalidomid<br />
Thalidomid war in Deutschland in den 50er Jahren als Schlafmittel zugelassen.<br />
Bei Einnahme in der frühen Schwangerschaft führte es zu schweren Knochenmissbildungen<br />
bei den Neugeborenen. In den 90er Jahren wurde Thalidomid<br />
als eines der wirksamsten Medikamente zur Behandlung des Multiplen <strong>Myelom</strong>s<br />
wiederentdeckt. Sehr häufige Nebenwirkungen sind Infektionen, Nervenschädigung<br />
(Neuropathie), Müdigkeit, Fatigue, Thrombosen und Embolien. Zur Vorbeugung<br />
der Thrombosen und Embolien wird die regelmäßige Gabe von gerinnungshemmenden<br />
Medikamenten während der ersten 4 Behandlungskurse empfohlen.<br />
Am häufigsten wird Heparin gegeben.<br />
Wegen der Contergan - Vorgeschichte darf Thalidomid nur auf besonderen<br />
Rezepten, sogenannten T-Rezepten, von dafür registrierten Ärzten verordnet<br />
werden.<br />
Lenalidomid<br />
Lenalidomid ist eine Weiterentwicklung von Thalidomid. Es wird auch in Tablettenform<br />
eingenommen. Sehr häufige Nebenwirkungen sind Rückgang der weißen<br />
Blutkörperchen (Leukozyten) und der Blutplättchen (Thrombozyten) sowie<br />
Thrombosen und Embolien. Aktuell wird über ein erhöhtes Risiko für das Auftreten<br />
von Zweittumoren diskutiert. Zur Vorbeugung der Thrombosen und Embolien<br />
wird die regelmäßige Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten empfohlen.<br />
Am häufigsten wird Heparin gegeben. Alternativ ist auch ASS bei Patienten<br />
mit niedrigem Risiko wirksam.<br />
Lenalidomid darf nur auf besonderen Rezepten, sogenannten T-Rezepten, von<br />
dafür registrierten Ärzten verordnet werden.<br />
4.1.1.5 Was tun bei Nierenschwäche oder Nierenversagen?<br />
Das krankhafte Eiweiß belastet die Nieren. Wenn die Funktion durch das Multiple<br />
<strong>Myelom</strong> eingeschränkt wird, muss umgehend behandelt werden. Ziel ist eine<br />
möglichst schnelle Rückbildung des Multiplen <strong>Myelom</strong>s und damit eine schnelle<br />
Verminderung der schädigenden Eiweiße. Zusätzlich werden weitere Maßnahmen<br />
eingeleitet, um die Nieren zu schonen: vermehrte Flüssigkeit, Behandlung<br />
von erhöhtem Kalzium, schonender Einsatz von anderen Nieren-belastenden<br />
Medikamenten u. a.. Ob Leichtketten auch durch eine Blutwäsche vermindert<br />
werden können, ist unklar.<br />
4.1.1.6 Wie werden Sonderformen behandelt?<br />
Ein solitäres <strong>Myelom</strong> (Plasmozytom) wird mit Bestrahlung behandelt, eventuell in<br />
Kombination mit einer Operation. Etwa die Hälfte der Patienten entwickelt innerhalb<br />
von 10 Jahren einen Rückfall in Form eines Multiplen <strong>Myelom</strong>s.<br />
4.1.2 Was kann man bei einem Rückfall machen?<br />
Für den Rückfall werden folgende Behandlungen empfohlen:<br />
13
• Bortezomib allein; Bortezomib in Kombination mit liposomalen Doxorubicin<br />
bei Patienten, die mindestens eine vorangegangene Therapie erhalten haben<br />
und die sich bereits einer Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation<br />
unterzogen haben bzw. dafür ungeeignet sind.<br />
• Lenalidomid / Dexamethason für Patienten, die mindestens eine vorausgegangene<br />
Therapie erhalten haben.<br />
• Bendamustin in Kombination mit Prednison.<br />
Auch andere Kombinationen von Bortezomib oder Lenalidomid können bei einem<br />
Rückfall erfolgreich eingesetzt werden. Patienten sollten, wenn möglich, in<br />
Studien eingeschlossen werden.<br />
4.1.3 Wann ist eine Bestrahlung sinnvoll?<br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong> spricht auf eine Bestrahlung gut an. Sie wirkt aber nur am<br />
Ort der Bestrahlung. Sie wird eingesetzt<br />
• wenn ein Knochenbruch droht<br />
• bei chirurgisch versorgten Knochenbrüchen<br />
• bei einem Wirbelbruch mit Verletzung des Rückenmarks<br />
• bei Multiplem <strong>Myelom</strong> außerhalb der Knochen<br />
• bei starken Schmerzen.<br />
Wenn eine spätere Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation geplant ist,<br />
sollte die Bestrahlung zurückhaltend erfolgen.<br />
4.1.4 Welche Medikamente gibt es zum Schutz der Knochen?<br />
Bisphosphonate sind eine eigene Gruppe von Medikamenten. Sie werden<br />
empfohlen für Patienten, bei denen mindestens eine Knochenveränderung nachweisbar<br />
ist. Bisphosphonate vermindern das Risiko von Komplikationen aufgrund<br />
einer Zerstörung der Knochen, z. B. Knochenbrüche, Wirbelbrüche mit Verletzung<br />
des Rückenmarks, Notwendigkeit einer Bestrahlung oder einer Operation, erhöhtes<br />
Kalzium.<br />
Als Medikamente zugelassen sind Pamidronat (intravenös), Zoledronat (intravenös)<br />
und Clodronat (Tabletten). Diese Medikamente sollen über zwei Jahre<br />
gegeben werden. Danach wird individuell über eine Fortsetzung der Behandlung<br />
entschieden. Bei einem Rückfall wird die Bisphosphonat- Therapie wieder aufgenommen.<br />
Eine Behandlung mit dem neuen Medikament Denosumab wird bei<br />
Patienten mit Multiplem <strong>Myelom</strong> nicht empfohlen.<br />
Eine belastende Nebenwirkung von Bisphosphonaten ist die Zerstörung von<br />
Kieferknochen, sog. Kieferosteonekrosen. Sie können bei bis zu 5 % der Patienten<br />
auftreten. Durch optimale Zahnpflege und Mundhygiene kann das Risiko deutlich<br />
gesenkt werden. Notwendige zahnärztliche Behandlungen sollten vor einer<br />
Bisphosphonattherapie durchgeführt werden. Während einer Bisphosphonattherapie<br />
sollten möglichst keine Zähne gezogen werden. Wenn eine solche<br />
Maßnahme unvermeidlich ist, sollte die Bisphosphonattherapie gestoppt und erst<br />
nach der Wundheilung wieder aufgenommen werden.<br />
14
Bei einer deutlichen Einschränkung der Nierenfunktion können Bisphosphonate<br />
nur in niedrigerer Dosis oder gar nicht gegeben werden.<br />
4.1.5 Bei wem ist eine Hochdosistherapie mit fremden Stammzellen<br />
sinnvoll?<br />
Bei der allogenen Stammzelltransplantation werden nicht die eigenen Stammzellen<br />
des Patienten, sondern Stammzellen von Verwandten oder passenden<br />
Spendern eingesetzt. Der Vorteil der Verwendung allogener Stammzellen liegt<br />
vor allem darin, dass das transplantierte Immunsystem auch die Zellen des<br />
Multiplen <strong>Myelom</strong>s wirksam bekämpft. Die allogene Stammzelltransplantation ist<br />
die einzige Behandlung, mit der ein fortgeschrittenes <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> geheilt<br />
werden kann. Das größte Risiko der allogenen Stammzelltransplantation liegt<br />
darin, dass auch gesunde Organe des Körpers durch das transplantierte Immunsystem<br />
angegriffen werden können (Graft versus Host Disease). Dies führt zu<br />
erheblichen Nebenwirkungen bis zu dem Risiko, an den Folgen der Transplantation<br />
zu sterben.<br />
Patienten, bei denen eine allogene Stammzelltransplantation in Frage kommt,<br />
sollten frühzeitig in einem Transplantationszentrum vorgestellt werden. Empfohlen<br />
wird diese Form der Transplantation bei jüngeren und fitten Patienten mit<br />
einem Rückfall innerhalb von einem Jahr nach einer Hochdosistherapie mit autologer<br />
Stammzelltransplantation.<br />
5 Nachsorge<br />
5.1 Welche Kontrollen sind erforderlich?<br />
Im Verlauf werden vor allem die Befunde kontrolliert, die vor einer Behandlung<br />
auffällig waren. Dazu gehören regelmäßige Untersuchungen von Blut, Urin und<br />
Knochenmark.<br />
5.1.1 Wie wird das Ansprechen auf die Behandlung gemessen?<br />
2006 wurden durch die International <strong>Myelom</strong>a Working Group (IMWG) folgende<br />
Festlegungen vereinbart:<br />
Vollständige Rückbildung (komplette Remission (CR))<br />
• negative Immunfixation im Urin und Blut<br />
• kein <strong>Myelom</strong> außerhalb der Knochen<br />
• weniger als 5% Plasmazellen im Knochenmark.<br />
Besonders strenge Maßstäbe für eine vollständige Rückbildung (sCR)<br />
◦ Erfüllung aller CR Kriterien<br />
◦ normalisierter FLC Quotient<br />
◦ immunhistochemisch kein Nachweis klonaler Plasmazellen im Knochenmark.<br />
15
Sehr gute teilweise Rückbildung (VGPR)<br />
• Rückgang des krankhaften Eiweiß in der Eiweiß-Elektrophorese im Blut um<br />
mehr als 90 % und Rückgang des krankhaften Eiweiß im Urin auf weniger als<br />
100 mg / 24 Stunden<br />
oder<br />
• normale Eiweiß - Elektrophorese, aber noch Nachweis des krankhaften Eiweiß<br />
in der Immunfixation<br />
Teilweise Rückbildung (Partielle Remission (PR))<br />
• Rückbildung des krankhaften Eiweiß in der Eiweiß-Elektrophorese im Blut um<br />
mindestens 50 % und im Urin um mindestens 90 % oder auf weniger als 200<br />
mg / 24 Stunden<br />
◦ wenn kein M-Gradient bestimmbar ist, werden die freien Leichtketten,<br />
die Zahl von Plasmazellen im Knochenmark oder die Rückbildung von<br />
<strong>Myelom</strong> außerhalb der Knochen zur Bestimmung der Rückbildung<br />
genutzt<br />
Fortschreitende Erkrankung / Rückfall (progrediente Erkrankung (PD))<br />
• Anstieg des M-Gradienten im Blut um mindestens 25 % (oder um 0,5g/<br />
100ml) und/oder<br />
• Anstieg des M-Gradienten im Urin um mindestens 25 % (oder um 200mg/<br />
24h) und/oder<br />
• Anstieg der beteiligen Leichtketten um mindestens 25 % gegenüber der nicht<br />
beteiligten Leichtkette und/oder<br />
• Anstieg der Plasmazellen im Knochenmark um mindestens 25 % und absoluter<br />
Anstieg um mindestens 10%<br />
sowie bei<br />
• Auftreten neuer Knochenveränderungen oder von <strong>Myelom</strong> außerhalb der<br />
Knochen oder deutliche Vergrößerung von bestehenden Veränderungen<br />
• Auftreten einer Hyperkalzämie, ausgelöst durch das Multiple <strong>Myelom</strong><br />
Stabile Erkrankung (SD)<br />
• weder sCR, CR, VGPR, PR noch PD.<br />
Weiterhin wurden folgende Festlungen vereinbart:<br />
Kein Ansprechen auf die Behandlung (refraktäres <strong>Myelom</strong>)<br />
• Fortschreiten der Erkrankung unter Behandlung oder innerhalb von 60 Tagen<br />
nach Ende einer Behandlung<br />
Geringes Ansprechen (Minor response (MR)) nach einem Rückfall<br />
• Rückbildung des M-Gradienten im Blut um mindestens 25%, aber um höchstens<br />
49% und<br />
16
• Rückbildung des M-Gradienten im Urin um 50 - 89 % (absolut um mehr als<br />
200 mg/24h)<br />
• Rückbildung von <strong>Myelom</strong> außerhalb des Knochen um 24-49%<br />
• keine Zunahme in Anzahl und Größe von Knochenveränderungen<br />
Übergang eines Schleichenden <strong>Myelom</strong>s (Smoldering <strong>Myelom</strong>a) in ein aktives<br />
<strong>Myelom</strong><br />
• fortschreitende Erkrankung (PD), siehe oben, oder<br />
• positive CRAB Kriterien oder<br />
• Entwicklung von <strong>Myelom</strong> außerhalb der Knochen<br />
6 Kurzfassung<br />
Die Kurzfassung kann als Druckversion hier aufgerufen werden:<br />
Kurzfassung <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong><br />
7 Weitere Infos<br />
Arbeitsgemeinschaft Plasmozytom / <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong> :<br />
http://www.myelom.org/<br />
Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe :<br />
http://www.leukaemie-hilfe.de/<br />
Europäisches Netzwerk von <strong>Myelom</strong>-Patientengruppen :<br />
http://www.myeloma-euronet.org/<br />
8 Wer behandelt?<br />
8.1 Onkologische Zentren<br />
Liste zertifizierter Onkologischer Zentren: http://www.onkologie-zertifizierung.de/<br />
17
8.2 DGHO Mitgliederdatenbank<br />
DGHO Mitgliederverzeichnis : http://www.dgho.de/aerzte/<br />
8.3 Verfasser der Leitlinie<br />
Dr. med. Martin Kortüm<br />
Medizinische Klinik und Poliklinik II<br />
Universitätsklinikum<br />
Oberdürrbacher Str. 6<br />
97080 Würzburg<br />
Tel.: 0931/201-40001<br />
Fax: 0931/201-640001<br />
koertuem_M@medizin.uni-wuerzburg.de<br />
Prof. Dr. med. Hermann Einsele<br />
Medizinische Klinik und Poliklinik II<br />
Universitätsklinikum<br />
Oberdürrbacher Str. 6<br />
97080 Würzburg<br />
Tel.: 0931 / 201-40001<br />
Fax: 0931 / 201-640001<br />
einsele_h@klinik.uni-wuerzburg.de<br />
Prof. Dr. med. Ralph Naumann<br />
Zentrum für Innere Medizin<br />
Stiftungsklinikum Mittelrhein gGmbH<br />
Evangelisches Stift Sankt Martin<br />
Johannes-Müller-Str. 7<br />
56068 Koblenz<br />
Tel.: 0261 / 137-3403<br />
Fax: 0261 / 137-1688<br />
ralph.naumann@stiftungsklinikum.de<br />
Prof. Dr. med. Dietrich Peest<br />
Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation<br />
Medizinische Hochschule Hannover<br />
Carl-Neuberg-Str. 1<br />
30625 Hannover<br />
Tel.: 0511 / 532-3020<br />
Fax: 0511 / 532-8041<br />
peest.dietrich@mh-hannover.de<br />
18
PD Dr. med. Peter Liebisch<br />
Klinik für Hämatologie & Internistische Onkologie Evangelisches Bethesda -<br />
Johanniter-Klinikum<br />
Kreuzacker 1-7<br />
47228 Duisburg<br />
Tel.: 02065 / 97-0<br />
Fax: 02065 / 65971<br />
p.liebisch@bethesda-johanniter.de<br />
Prof. Dr. med. Hartmut Goldschmidt<br />
Medizinische Klinik V<br />
Universitätsklinikum Heidelberg und Nationales Centrum für Tumorerkrankungen<br />
(NCT)<br />
Im Neuenheimer Feld 410<br />
69120 Heidelberg<br />
Tel.: 06221 / 56-8003<br />
Fax: 06221 / 56-5467<br />
hartmut.goldschmidt@med.uni-heidelberg.de<br />
Disclaimer:<br />
richtet sich an Patienten, Angehörige und alle Interessierten. Es basiert<br />
auf den aktuellen Leitlinien der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie<br />
und Medizinische Onkologie e. V. für Ärzte, zusammengefasst in . Diese<br />
werden in Kooperation mit der OeGHO Österreichische Gesellschaft für Hämatologie<br />
und Onkologie, der SGMO Schweizerische Gesellschaft für Medizinische<br />
Onkologie und der SGH+SSH Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie,<br />
erstellt. Fachbegriffe und Medikamente sind in einem getrennten Verzeichnis<br />
erklärt.<br />
19