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Schule ohne RaSSiSmuS - Gewerkschaft Erziehung und ...

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Arbeitsplatz <strong>Schule</strong><br />

In Deutschland gibt es bereits r<strong>und</strong> 1.200 <strong>Schule</strong>n, die den Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus – <strong>Schule</strong> mit Courage” tragen.<br />

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Projekt fördert das Miteinander<br />

Ende Januar wurde mit einem Festakt die neue Landeskoordination in Baden-Württemberg für das<br />

Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus – <strong>Schule</strong> mit Courage” gefeiert. Das Netzwerk setzt sich in ganz<br />

Deutschland für Zivilcourage <strong>und</strong> gegen Diskriminierung ein. Welchen Gewinn das Projekt haben<br />

kann, zeigt sich beispielhaft am Gottlieb-Daimler-Gymnasium in Stuttgart.<br />

Mehr als h<strong>und</strong>ert <strong>Schule</strong>n sollen es demnächst<br />

sein. <strong>Schule</strong>n, die sich öffentlich<br />

dazu bekennen, keinen Rassismus zu<br />

dulden <strong>und</strong> mit Zivilcourage gegen Diskriminierung<br />

zu kämpfen. 90 solcher<br />

<strong>Schule</strong>n gibt es bisher in Baden-Württemberg<br />

<strong>und</strong> es werden schnell mehr.<br />

Die erste <strong>Schule</strong> im Südwesten erwarb<br />

1996 den Titel: „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage“. Sieben Jahre dauerte<br />

es, bis sieben weitere dem Beispiel des<br />

Berufskollegs Institut Dr. Flad folgten.<br />

Seit diesem Jahr gibt es Unterstützung<br />

<strong>und</strong> Geld von der Landesregierung. Das<br />

Ministerium für Integration fördert die<br />

Projektarbeit der Landeskoordination<br />

mit 110.000 Euro. Das Kultusministerium<br />

fördert eine Stelle unter dem Dach<br />

des Kolping-Bildungswerks mit 50.000<br />

Euro. Damit bekommt das Projekt<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus – <strong>Schule</strong> mit<br />

Courage” eine feste Anlaufstelle.<br />

Die Integrationsministerin Bilkay Öney<br />

(SPD) setzt sich für das Projekt ein. Auf<br />

einem Festakt Ende Januar in Stuttgart<br />

nannte sie zwei Gründe: „Zum einen<br />

ergreifen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

selbst die Initiative, zum anderen wendet<br />

sich das Projekt gegen jegliche Form von<br />

Diskriminierung.“<br />

Praxisbeispiel<br />

Und wie sieht die Praxis jenseits großer<br />

Reden auf Festakten aus? Wir fragten<br />

nach im Gottlieb-Daimler-Gymnasium<br />

in Stuttgart. Diese <strong>Schule</strong> trägt den Titel<br />

seit drei Jahren <strong>und</strong> niemand kann das<br />

übersehen. An beiden Eingängen <strong>und</strong><br />

mehrere Meter breit im Foyer hängt das<br />

Logo des Titels. Um Mitglied in dem<br />

b<strong>und</strong>esweiten Netzwerk zu werden,<br />

müssen sich mindestens 70 Prozent der<br />

Schüler/innen, Lehrer/innen <strong>und</strong> sonstigen<br />

Beschäftigten für das Projekt aussprechen.<br />

Die stellvertretende Schülersprecherin<br />

Lea Woog versteht gar nicht,<br />

warum diese hohe Beteiligung ein Problem<br />

sein soll. Schon gar nicht an einer<br />

<strong>Schule</strong> wie der ihren, an der es sehr viele<br />

Kinder mit Wurzeln aus vielen Ländern<br />

dieser Welt gibt. Sie erzählt, wie das Projekt<br />

gestartet wurde: „Die SMV hat in der<br />

großen Pause alle Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen<br />

auf dem Schulhof in Blond- <strong>und</strong> in<br />

Dunkelhaarige aufgeteilt. Die Blonden<br />

erhielten Süßigkeiten <strong>und</strong> ihnen wurde<br />

gesagt, sie seien besonders begabt. Die<br />

dunkelhaarigen Schüler/innen wurden<br />

ignoriert. Wenn eine blonde Schülerin<br />

einer dunkelhaarigen Fre<strong>und</strong>in Süßigkeiten<br />

abgeben wollte, ist die SMV eingeschritten.<br />

Auch durfte niemand die<br />

Markierung auf dem Schulhof verlassen.<br />

In der Unterrichtsst<strong>und</strong>e danach wurde<br />

die Aktion aufgeklärt.“ Dieses Erlebnis<br />

<strong>und</strong> die Projekttage zum Thema Diskriminierung<br />

eine Woche später waren für<br />

alle Beteiligten so eindrücklich, dass die<br />

erforderte Anzahl der Unterschriften<br />

problemlos zusammenkam.<br />

Die Initiative kam von den damaligen<br />

12.-Klässler/innen. Sie wollten eine<br />

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> Rassismus sein <strong>und</strong> stellten<br />

ihre Aktion der Gesamtlehrerkonferenz<br />

vor. Die Lehrkräfte sprachen sich mehr-<br />

40 bildung & wissenschaft 03 / 2013


Arbeitsplatz <strong>Schule</strong><br />

Fotos: Julia Stoye<br />

„An allem Unfug, der passiert,<br />

sind nicht etwa nur<br />

die schuld, die ihn tun,<br />

sondern auch die, die ihn<br />

nicht verhindern.“<br />

Erich Kästner<br />

heitlich für das Experiment aus <strong>und</strong><br />

waren eingeb<strong>und</strong>en.<br />

Die SMV griff das Projekt auf <strong>und</strong> lenkt<br />

<strong>und</strong> leitet es seither. In jedes Fest, in jede<br />

Aktion der <strong>Schule</strong> fließt der Gedanke<br />

des Projekts ein. „Schön, dass wir den<br />

Titel haben <strong>und</strong> wir wollen ihn behalten“,<br />

beteuert die Schulsprecherin Annemarie<br />

Fricke. Sie selbst ist erst seit drei Jahren<br />

an der <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> fühlte sich dort sofort<br />

akzeptiert. „Das Gemeinschaftsgefühl ist<br />

hier einfach super“. Für Meelad Barez<br />

war das Projekt der ausschlaggebende<br />

Gr<strong>und</strong>, dass er 2010 in diese <strong>Schule</strong><br />

gehen wollte. „Irgendwo in der Gesellschaft<br />

muss man doch anfangen, sich mit<br />

Rassismus <strong>und</strong> Diskriminierung auseinander<br />

zu setzen“, sagt der Schüler, der aus<br />

Afghanistan stammt <strong>und</strong> stellvertretender<br />

Schulsprecher ist.<br />

Welche Rolle spielt der vielversprechende<br />

Titel im Alltag des Gymnasiums? „Wenn<br />

wir merken, dass jemand gehänselt wird,<br />

weil er zum Beispiel dick ist, dann greifen<br />

wir ein“, berichtet die 18-jährige Lea.<br />

„Ihr wisst doch, das ist eine <strong>Schule</strong> gegen<br />

Diskriminierung“, werden Mitschüler/<br />

innen dann ermahnt. Meelad ergänzt,<br />

dass die Schülerschaft hier sicher sein<br />

könne, dass die Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer<br />

nicht wegschauen, wenn sie mit<br />

einem Problem zu ihnen kämen. Auch<br />

die Lehrerin Eva Khan Durani schätzt<br />

die Haltung. Das Kollegium würde mehr<br />

mitbekommen, weil die Schüler/innen<br />

Problemfälle eher vorbringen. Sie weiß<br />

aber auch, dass damit nicht alle Probleme<br />

aus der Welt geschafft werden.<br />

Die Großen fühlen sich für die Kleinen<br />

verantwortlich<br />

Die Jugendlichen der Jahrgangstufe 1 <strong>und</strong><br />

2 fühlen sich auch den jüngeren Schüler/<br />

innen verpflichtet. Immer wieder erwähnen<br />

sie, dass doch die Kleinen angeleitet<br />

werden müssten. Stolz sind sie allesamt<br />

auf ihren Projektpaten, Cem Özdemir,<br />

B<strong>und</strong>esvorsitzender der Grünen. Er hat<br />

zur Urk<strong>und</strong>enübergabe eine Rede gehalten<br />

<strong>und</strong> nimmt seine Aufgabe ernst. Von<br />

der Landeskoordination wünscht sich<br />

Lea außer Materialien einen prominenten<br />

Redner für Veranstaltungen. „Das<br />

klingt im Programm besser, als wenn da<br />

steht, Lea hält einen Vortrag.“<br />

Wenn in den anderen <strong>Schule</strong>n ähnlich<br />

engagiert <strong>und</strong> ernsthaft der Titel „<strong>Schule</strong><br />

<strong>ohne</strong> Rassismus – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

gelebt wird, behält die Integrationsministerin<br />

Bilkay Öney Recht: Das Projekt<br />

basiert auf Schülerinitiative. Und Prävention<br />

<strong>und</strong> Sensibilisierung beginnen<br />

bereits im Kindesalter.<br />

Maria Jeggle<br />

Redakteurin b&w<br />

oben: Schülersprecherin Annemarie Fricke<br />

(Mitte) <strong>und</strong> Stellvertreter Meelad Barez<br />

unten: Stellvertretende Schülersprecherin Lea<br />

Woog (rechts)<br />

Links:<br />

www. schule-<strong>ohne</strong>-rassismusbw.de<br />

www. schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.<br />

org<br />

Fotos: Maria Jeggle<br />

bildung & wissenschaft 03 / 2013<br />

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