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Welchen Weg die Gymnasien in einem Zwei-Wege-Modell ...

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Titelthema<br />

<strong>die</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit e<strong>in</strong>er relativ schlechten<br />

Zukunftsprognose zugewiesen bekommt und auf <strong>die</strong>se Weise<br />

völlig überfordert wird. E<strong>in</strong> wichtiger Impuls des <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<br />

<strong>Modell</strong>s war genau <strong>die</strong>ses: Hauptschulen mit anderen Schulformen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten System zusammenzufassen, um<br />

auf <strong>die</strong>se Weise anregungsarme Lernmilieus zu vermeiden.<br />

„Die Oberstufe ist nun e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e<br />

Voraussetzung dafür, zwei alternative<br />

<strong>Weg</strong>e zum Abitur anzubieten.“<br />

Die Akzeptanz des <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong>s<br />

Das <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong> wurde zunächst sowohl von den Befürwortern<br />

der <strong>in</strong>tegrierten Gesamtschule als auch denen e<strong>in</strong>er vielgliedrigen<br />

Schule zurückgewiesen. Zu tief waren noch <strong>die</strong> Gräben<br />

des Schulkriegs, <strong>in</strong> denen sich alle e<strong>in</strong>gebunkert hatten. Erst<br />

nach der überraschenden Vere<strong>in</strong>igung der beiden deutschen<br />

Staaten im Jahr 1990 veränderte sich <strong>die</strong> Lage, und zwar erstaunlich<br />

schnell. Das <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong> spielte – auch wegen der<br />

herausgehobenen Berichterstattung im Wochenmagaz<strong>in</strong> „Die<br />

Zeit“ (1991) bei den Beratungen<br />

über <strong>die</strong> Schulstruktur im<br />

frisch vere<strong>in</strong>ten Deutschland<br />

– e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Resultat<br />

der Verhandlungen war, dass<br />

<strong>in</strong> den ostdeutschen Bundesländern<br />

gegen den Trend der <strong>in</strong><br />

anderen Politikbereichen üblichen<br />

völligen Übernahme der Strukturen der alten Bundesrepublik<br />

das dreigliedrige Schulsystem nicht e<strong>in</strong>geführt wurde. In allen<br />

ostdeutschen Ländern wurde auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung der Hauptschule<br />

verzichtet, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen auch auf <strong>die</strong> Realschule. Damit wurde<br />

e<strong>in</strong> erster Schritt <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>es zweigliedrigen Schulsystems<br />

vorgenommen. Am deutlichsten war das <strong>in</strong> Sachsen, wo es unter<br />

Berufung auf me<strong>in</strong> <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong> ab 1991 (neben den Förderschulen)<br />

<strong>in</strong> der Sekundarstufe I nur noch Mittelschulen und<br />

<strong>Gymnasien</strong> gibt.<br />

In den westdeutschen Bundesländern dauerte es noch e<strong>in</strong>mal<br />

fünf Jahre, bis – auch unter dem E<strong>in</strong>druck der PISA-Untersuchungen,<br />

– <strong>in</strong> den Beratungen über Schulstrukturfragen<br />

<strong>in</strong> Parlament und Öffentlichkeit neue Akzente gesetzt wurden.<br />

Da der Trend zum Abitur anhielt und jedes Jahr fast e<strong>in</strong><br />

Prozent mehr der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>die</strong>sen Schulabschluss<br />

auch erfolgreich erwarben, sackte <strong>die</strong> Attraktivität der<br />

Hauptschulen immer weiter ab. Die Bildungsforschung konnte<br />

immer mehr Belege dafür vorlegen, dass <strong>die</strong> frühe Aufteilung<br />

der Schülerschaft auf Schulformen mit unterschiedlichen<br />

Abschlussperspektiven <strong>die</strong> Bildungsungleichheit konservierte<br />

und zum schlechten Abschneiden Deutschlands bei den PISA-<br />

Untersuchungen beitrug (Hurrelmann 2013a). Daraufh<strong>in</strong><br />

begann auch <strong>in</strong> Westdeutschland e<strong>in</strong>e Debatte über den Abbau<br />

der Dreigliedrigkeit. Die ersten westdeutschen Bundesländer<br />

leiteten schrittweise Reformen e<strong>in</strong>.<br />

Die nach 2004 erfolgten Reformen der Schulstruktur <strong>in</strong> den<br />

drei westdeutschen Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berl<strong>in</strong><br />

und im Saarland g<strong>in</strong>gen dann deutlich über den Stand <strong>in</strong><br />

Ostdeutschland h<strong>in</strong>aus. Hier wurde nicht nur e<strong>in</strong>e <strong>Zwei</strong>gliedrigkeit,<br />

sondern e<strong>in</strong> echtes <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong> e<strong>in</strong>geführt:<br />

Die Schulformen Haupt-, Real- und Gesamtschule wurden<br />

fusioniert und erhielten <strong>in</strong><br />

der Regel e<strong>in</strong>e eigene Oberstufe.<br />

Zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Bezeichnung der Schulform<br />

neben dem Gymnasium<br />

konnten sich <strong>die</strong> vier<br />

Bundesländer aber nicht<br />

durchr<strong>in</strong>gen; es entstanden<br />

Oberschulen (Bremen), Stadtteilschulen (Hamburg), Integrierte<br />

Sekundarschulen (Berl<strong>in</strong>) und Geme<strong>in</strong>schaftsschulen<br />

(Saarland) (Hurrelmann 2013a). In anderen westdeutschen<br />

Bundesländern wurde das weiterführende Schulsystem auf<br />

unterschiedliche Weise so umgestaltet, dass <strong>die</strong> Hauptschulen<br />

faktisch zum Auslaufmodell gemacht und neben den <strong>Gymnasien</strong><br />

auch andere <strong>in</strong>tegrierte Schulformen e<strong>in</strong>geführt wurden,<br />

<strong>die</strong> teilweise e<strong>in</strong>e eigene Oberstufe führen. Das gilt für Nordrhe<strong>in</strong>westfalen,<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz und Schleswig-Holste<strong>in</strong>. Die<br />

politischen Weichenstellungen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen Ländern lassen es<br />

grundsätzlich zu, mittel- bis langfristig zu e<strong>in</strong>em <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<br />

<strong>Modell</strong> übergehen zu können (Hurrelmann 2007, 2013b).<br />

Bayern, Hessen und Niedersachsen haben ebenfalls <strong>die</strong> Hauptschulen<br />

formell oder faktisch abgeschafft und an ihre Stelle<br />

(teil-)<strong>in</strong>tegrierte Mittelstufenschulen gesetzt, <strong>die</strong>sen aber<br />

16<br />

bildung & wissenschaft 11 / 2013

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