Download - HfMDK Frankfurt
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Wie helfen Sie Ihren Studierenden,<br />
sich auf ihre berufliche<br />
Zukunft vorzubereiten?<br />
Zum einen versuche ich meine<br />
Studierenden dazu anzuleiten,<br />
alle musikalische und pädagogische<br />
„Arbeit“ mit Leidenschaft<br />
und Authentizität anzugehen und<br />
dadurch ihre Berufung zu finden.<br />
Genauso wichtig sind Neugier<br />
und Offenheit gegenüber allen<br />
Arten von Musik, die sie zu<br />
hoher Flexibilität befähigen und<br />
die ihnen ermöglichen, mehrere<br />
musikalische Standbeine<br />
aufzubauen.<br />
Wie fühlen Sie sich von der<br />
Hochschule auf Ihre berufliche<br />
Zukunft vorbereitet?<br />
Man kann sich eigentlich in der<br />
Regie nicht vorbereiten lassen<br />
auf irgendetwas, von irgendwem.<br />
Die Idee, ein „Handwerk“ zu erlernen,<br />
ist fragwürdig. Aber man<br />
kann Eindrücke und Erfahrungen<br />
sammeln, Meinungen austauschen,<br />
ausprobieren, und dafür<br />
gibt es hier schon genug Raum.<br />
STATEMENT<br />
Fabian Sennholz,<br />
Gastprofessor<br />
für Bandcoaching und<br />
Gruppenmusizieren<br />
STATEMENT<br />
Gertje Graef,<br />
Regie-Studentin<br />
Inwiefern ist die <strong>HfMDK</strong> für<br />
die Zukunft gerüstet?<br />
Zukünftige Absolventen der<br />
<strong>HfMDK</strong> brauchen sowohl für<br />
künstlerische als auch für<br />
pädagogische Berufe den Blick<br />
über den Tellerrand und die<br />
Vernetzung mit anderen<br />
Disziplinen. Die <strong>HfMDK</strong> sollte<br />
dafür durchlässigere Studienstrukturen<br />
schaffen und<br />
insbesondere in allen pädagogischen<br />
Studiengängen ein<br />
stilistisch breiteres Angebot<br />
machen, das auch Populäre<br />
Musik mit einbezieht und das<br />
„Schubladendenken“ beendet.<br />
Wie sollte aus Ihrer Sicht eine<br />
Hochschule der Zukunft<br />
aussehen?<br />
„Hochschule der Zukunft“ klingt<br />
immer, als würde man nur noch<br />
im Hof sitzen, Kaffee trinken und<br />
die Kunst generiere sich in einem<br />
weißen, sterilen Hinterzimmer<br />
vollautomatisch über irgendwelche<br />
ausgetüftelten Computerprogramme.<br />
Ja, man könnte mehr<br />
interdisziplinäre Unterrichte und<br />
Projekte einführen: Musik, Tanz,<br />
Theater, da gibt es schon viele<br />
Gründe, sich auszutauschen.<br />
Ob Harnoncourt oder Raab:<br />
• Ich erlebe eine manifeste Körperlichkeit oder besser noch: eine<br />
Leiblichkeit des Musizierens, die auch der Unberechenbarkeit und<br />
Nichtbeherrschbarkeit des Leibes Rechnung trägt,<br />
• ich spüre eine beinahe schmerzhafte Bühnenpräsenz,<br />
• ich fühle mich infiziert und hineingezogen in eine äußerst<br />
intensive Interaktion,<br />
• ich bemerke den produktiven Umgang mit dem Abweichenden<br />
und Überraschenden,<br />
• ich höre die raue Tongebung, das Spiel an der Grenze.<br />
Also wenden wir uns der Aufführungssituation zu, einer Situation,<br />
von der man ja zunächst sagen könnte, in ihr ginge es um die<br />
Vermittlung von Musik:<br />
• einem Publikum überhaupt erst zur Musik zu verhelfen,<br />
• eine Brücke zwischen dem Erklingenden und den Hörenden zu<br />
bauen und möglicherweise eine freundschaftliche Beziehung<br />
zwischen den musikalischen Objekten und den Hörersubjekten zu<br />
stiften bzw. – im Falle eines sperrigen oder spröden Werkes – das<br />
Verhältnis von Werk und Rezipient „einzurenken“,<br />
• einer Öffentlichkeit den Gehalt des Vorgeführten zu bezeugen und<br />
dieser Öffentlichkeit dann Verstehen zu ermöglichen.<br />
Und wenn Sie nun „Publikum“, „Hörer“ oder „Öffentlichkeit“ durch<br />
Schülerinnen und Schüler ersetzen, dann kommen Sie darauf, dass<br />
es auch im Unterricht – neben dem systematischen Aufbau von<br />
Kompetenzen – um Ähnliches geht: zu neuem musikalischem<br />
Besitz verhelfen, Beziehung stiften, Verstehen ermöglichen, also:<br />
die Aneiignung dieses Besitzes ermöglichen.<br />
Aber so triftig das alles auch zu sein scheint: Ich stelle die Selbstverständlichkeit<br />
der Denkfigur „Vermittlung“ prinzipiell in Frage.<br />
Ich stelle sie grundsätzlich in Frage, weil ich am Artefaktcharakter<br />
der Musik grundsätzlich zweifle; ich stelle sie in Frage, weil mich<br />
das flüchtige, ephemere Wesen des Musikalischen geradezu<br />
zwingt, mein Augenmerk auf das musikalische Handeln selbst zu<br />
richten, jenes Handeln, das Musik im Hier und Jetzt überhaupt<br />
erst hervorbringt, und zwar in je singulärer und unwiederholbarer<br />
Weise (und keine noch so präzise ausnotierte Partitur könnte die<br />
wirkliche Identität von Aufführungen je garantieren!).<br />
„Music is what people do“, sagt David Elliott – ich würde ergänzen,<br />
etwas, das Menschen in ästhetischer Absicht und Einstellung<br />
hervorbringen, und Musik wäre dann nicht etwas Gegebenes,<br />
Seiendes, an und für sich Existierendes, sondern etwas, das in der<br />
performativen Handlung überhaupt erst Wirklichkeit wird, etwas,<br />
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