das argument - Berliner Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Zu Preis werks entwlcklungrpo/ttischem Konzept 575<br />
ten« (170) ausschalten - und damit auch jene »Wetkzeuge der Unterdrückung«. Dementsprechend<br />
setzt Preiswerk dann bei der paarweisen Untersuchung der Verbindung<br />
zwischen den drei Variablen auch stets ähnlich positive Wertakzente wie in dem oben<br />
zitierten Abschnitt über die Grundbedürfnisse. Bei dieser paarweisen Untersuchung<br />
wird <strong>das</strong> alles übrigens noch viel krauser, als es in der tabellarischen Übersicht schon<br />
war. Taiwan und Korea sollen (wieder neben China und Japan und Costa Rica) nicht<br />
nur als Beleg <strong>für</strong> »Befriedigung der Grundbedürfnisse« herhalten, sondern gar als Beispiele<br />
<strong>für</strong> »Wahrung der kulturellen Identität« - wo doch der Cocacola- und Kaugummi-Imperialismus<br />
kaum irgendwo größere Triumphe feiert als in diesen beiden Ländem;<br />
und wo doch beide beispielsweise zu den Ländern mit der größten Zahl an Weltmarktfabriken<br />
und freien Produktionszonen gehören (übertroffen nur noch von Malaysia<br />
und Mexiko), riesigen, isolierten Exportenklaven, die man, wenn die Worte noch irgendeinen<br />
Sinn haben sollen, geradezu als Musterbeispiel <strong>für</strong> »übermäßige Penetration<br />
von außen« ansehen muß. Oder meint Preiswerk, diese "Produktionsweisen« seien den<br />
»Besonderheiten der örtlichen menschlichen und sozialen Entwicklung« besonders gut<br />
angepaßt - weil hier auf ein Überangebot an billigen, geschickten und gewaltsam disziplinierten<br />
Arbeitskräften zurückgegriffen werden kann)<br />
Die These, »eine Entwicklungspolitik der Self-Reliance begünstigt die Befriedigung<br />
der Grundbedürfnisse«, wird mit der schlichten Behauptung von Collins und Lappe bewiesen:<br />
»Hungernde Menschen können und werden sich selbst ernähren, wenn es ihnen<br />
gestattet wird« (174). Das heißt, die Probleme rausdefinieren. Schon auf dieser abstrakten<br />
Plausibilitätsebene könnte man entgegnen, daß Hungernde, <strong>für</strong> die es ums schiere<br />
Überleben geht, sich auch auf Kosten etwa des langfristigen ökologischen Gleichgewichts<br />
selbst ernähren würden, wenn es ihnen geSotattet würde - und wer könnte ihnen<br />
<strong>das</strong> verdenken I Wenn man konkreter wird, wird es aber noch sehr viel komplizierter:<br />
Dandekar und Rath haben in einer äußerst gründlichen Studie nachgewiesen, daß der<br />
gesamte kultivierbare Boden Indiens auch bei gleichmäßiger Verteilung nicht ausreicht,<br />
um allen von der LandwirtSchaft lebenden Haushalten soviel Land zu geben, daß sie<br />
sich beim gegebenen Stand der Produktivkräfte davon ernähren könnten. Ohne Erhöhung<br />
der Produktivität in der Landwirtschaft geht es also nicht. Nun kann man die sicherlich<br />
auf vielen Wegen anstreben (die »grüne Revolution« war fraglos nicht der beste).<br />
Verbesserte Bewässerungssysteme und verstärkte Kooperation gehören sicherlich<br />
dazu - und beides könnte in Indien aufgrund der lokalen Machtbasen der Landlords<br />
allenfalls durch eine starke Zentralregierung durchgesetzt werden (s.o.). Aber selbst in<br />
China hat man sich nicht darauf beschränkt; man hat vielmehr auch hier - mit überwiegend<br />
ausländischer Technologie, wenngleich nach dem Bruch mit Moskau nicht<br />
mehr mit ausländischem Personal - eine moderne Großindustrie aufgebaut!, deren<br />
Produkte aufgrund der in China erreichten Vermaschung zwischen Industrie und Landwirtschaft<br />
wesentlich dazu beigetragen haben, die agrarische Produktion zu effektivieren<br />
- was auch Mao selbst so sieht, wenn er schreibt: »Sol! die Schwerindustrie entwickelt<br />
werden) ... Wenn ihr sie nicht wollt, dann würdet ihr der Leichtindustrie und<br />
der Landwirtschaft einen schweren Schaden zufügen .... Je größer der Aussroß an täglich<br />
lebensnotwendigen Gütern sein soll, desto größere (Kapital-)Akkumulation ist nötig«<br />
(»Die zehn gtoßen Beziehungen«; zitiert nach Hennicke, 422; verfaßt nach der Abkehr<br />
vom sowjetischen Entwicklungsmodell).<br />
Was ist nun der Sinn dieser Kritik' Handelt es sich um ein Plädoyer <strong>für</strong> die Rückkehr<br />
DAS AKGUMl:::N"l 122/ 1980~;: