das argument - Berliner Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Soziale Bewegung und Politik 625<br />
methodisch-kategoriellen Apparates die Positionen der .Pluralisten«, etwas zaghafter<br />
auch der »Elite«-Schule. Er liefert so Argumente, die zumindest auf dem Teilgebiet des<br />
politischen Überbaus - nicht jedoch in einer umfassenden typologischen Definition -<br />
denen der Vertreter des »staats monopolistischen Kapitalismus« parallel laufen, ohne<br />
daß er deren Position näher zu kennen scheint, wie überhaupt offenbar eine mangelnde<br />
Information über den Stand der europäischen marxistischen Diskussion über die<br />
Rolle des Staates besteht. Ein zweiter Mangel des Buches liegt in der Reduktion auf die<br />
Hegemonie der Monopolbourgeoisie und der Ausklammerung des ökonomischen<br />
Funktionsmechanismus monopolkapitalistischer Herrschaft. Trotz der Beschränkung<br />
auf amerikanisches Material unterbleibt die Analyse der Spezifik der fortschreitenden<br />
staatsmonopolistischen Verzahnung in bezug auf ihren Charakter als einer »maten'ellen<br />
Vorbereitung des Sozialismus, seiner unmittelbaren Vorstufe« (LW 25, 370) und bedingt<br />
die Skepsis hinsichtlich der strategischen Möglichkeiten der Arbeiterbewegung<br />
selbst. Faktenmaterial und Teilerkenntnisse machen <strong>das</strong> Buch zur lohnenswerten Lektüre<br />
insbesondere <strong>für</strong> Sozialwissenschaftler, aber auch Amerikanisten, die eine verstärkte<br />
Diskussion unter den Linkskräften über den Atlantik hinweg einleiten könnte.<br />
Wolf Kindermann (Köln)<br />
Autorenkollektiv (Barabaschew, G. W., u.a.): Der po!i ti sc h e Me chan i sm u s<br />
der Mono p 01 d ik tat ur. Staatsverlag Berlin/DDR 1977 (319 S., Ln., 18,- M).<br />
Daß »der« Marxismus und auch die Stamokap-<strong>Theorie</strong> ein politiktheoretisches Defizit<br />
haben, ist mittlerweile bekannt. So durfte man gespannt sein auf ein Buch, <strong>das</strong> sich<br />
mit den politischen Systemen der kapitalistischen Gesellschaften sehr differenziert befaßt<br />
- zumindest, was seinen Aufbau betrifft: nach einer Charakterisierung der .Hauptfunktionen<br />
des kapitalistischen Staates der Gegenwart« (politische, ökonomische, soziale,<br />
ideologische Funktion) folgt je ein Kapitel über <strong>das</strong> Parteiensystem, die Regierungsrnacht,<br />
<strong>das</strong> Parlament, <strong>das</strong> Wahlrecht, den Föderalismus und den »bürgerlichen Munizipalismus«,<br />
also die Kommunalpolitik. Die Lektüre ist jedoch enttäuschend. Statt begrifflicher<br />
und theoretischer Differenziertheit findet sich lediglich eine empirische Beschreibung<br />
politischer Phänomene.<br />
Für die amerikanischen Parteien z.B., deren Spezifikum gerade darin besteht, keine<br />
Programmparteien zu sein, konstatieren die Autoren eine »Tendenz«, nämlich die einer<br />
.Verstärkung der ideologischen Tätigkeit«; Begründung: .Während <strong>das</strong> erste Programm<br />
der Demokratischen Partei 520 Wörter enthielt, besteht eines der letzten aus<br />
15000 Wörtern.« (104) Überhaupt strotzen die politischen Systeme nur so von Tendenzen.<br />
Eine Tendenz ist etwas, <strong>das</strong> »sich zeigt« und sprachlich in der Regel einen Komparativ<br />
nach sich zieht, oft in Verbindung mit dem Wörtchen .immer«. Z.B. »zeigt« die<br />
Parteienstruktur .die Tendenz zu einer immer stärkeren Reglementierung, zu einer immer<br />
größeren Einschränkung der Verhaltensfreiheit des Individuums« (111). Weiter<br />
gibt es die .Tendenz zur wachsenden 'Ideologisierung' der Parteien«, die sich allerdings<br />
nur »schwerlich statistisch ausdrücken (läßt)« (104). Die Organe der politischen Unterdrückung<br />
werden »immer umfassender«, ihre Tätigkeit .immer weniger« ans Recht gebunden<br />
(47). Kurz: anstelle einer genetischen <strong>Theorie</strong> tritt der Tendenz-Empirismus<br />
(.Die Erfahrungen des politischen Lebens ... zeigen, daß ...«,141). Da nun aber die<br />
empirische Realität widersprüchlich ist, kommt es auch schon mal zu widersprechenden<br />
Tendenzen: eine »vorherrschende Tendenz« ist in den USA etwa die Stärkung der Präsidialgewalt<br />
gegenüber dem Kongreß (136); .In jüngster Zeit jedoch ist die Tendenz (... )<br />
zur Stärkung der Position des Kongresses zu beobachten.« (146)<br />
Dieser Empirismus ist die Konsequenz eines viel weitergehenden theoretischen Defizits:<br />
wo die Autoren die Erscheinungen des politischen Lebens .erklären«, geschieht<br />
dies rein einflußtheoretisch aus den Handlungen des Monopolkapitals .• Ernste Mei-<br />
DAS ARGUMENT 12211980 ©