Infrastrukturgipfel 2012 - Welche Zukunft für die ... - InnoZ
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„Modern Commons“<br />
„Modern Commons“<br />
sowie: Die Folgen<br />
der Megatrends für<br />
Marktakteure im<br />
Infrastruktursektor<br />
Markus Hofmann<br />
Megatrends verändern <strong>die</strong> gesellschaftlichen Anforderungen<br />
und <strong>die</strong> Nachfrage im Infrastruktursektor. Langfristige Investitionen<br />
in <strong>die</strong> großen technischen Infrastruktursysteme, <strong>die</strong><br />
eine Marktwirtschaft erst funktionsfähig machen, erfordern<br />
eine sektorübergreifende Betrachtung von Nutzen und Synergien.<br />
Eine Befragung untersucht, welche Prioritäten von den Akteuren<br />
gesetzt werden und welche Prämissen für eine nachhaltige<br />
Infrastrukturentwicklung förderlich wirken.<br />
Folgen der Megatrends antizipieren<br />
Weltweit wird zunehmend über <strong>die</strong> Auswirkungen von Megatrends<br />
reflektiert. Es handelt sich in der Regel um heute schon absehbare<br />
Entwicklungen, denen sich Menschen und Märkte kaum<br />
entziehen können. John Naisbitt, der <strong>die</strong>sen Begriff mit seinem<br />
Buch anhand von zehn bis heute validen Transformationsthesen<br />
1982 prägte 1 , wollte keinesfalls als Prophet den Weltuntergang<br />
verkünden, sondern warb für einen offensiven Umgang von<br />
Unternehmen und Gesellschaft mit den veränderten Herausforderungen.<br />
In der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland<br />
werden Megatrends oft als schicksalhafte Entwicklungen dargestellt,<br />
<strong>die</strong> den erworbenen Wohlstand und <strong>die</strong> gewohnte Lebensqualität<br />
bedrohen, ohne dass aus <strong>die</strong>ser partiellen <strong>Zukunft</strong>serkenntnis<br />
Handlungsimplikationen für <strong>die</strong> Gegenwart abgeleitet<br />
würden.<br />
Der folgende Beitrag <strong>die</strong>nt einer sektorübergreifenden Standortbestimmung<br />
der Infrastruktur-Akteure und der Identifikation<br />
gemeinsamer Anforderungen und potenzieller Synergien im<br />
Hinblick auf eine nachhaltige Infrastrukturentwicklung. Der<br />
Handelsblatt-<strong>Infrastrukturgipfel</strong> mit rund 150 Infrastrukturverantwortlichen<br />
aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, der<br />
seit 2010 auf dem EUREF-Campus Berlin stattfindet, bot <strong>die</strong><br />
Gelegenheit einer Primärerhebung unter Infrastrukturentscheidern<br />
aus den Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsmärkten.<br />
Im Rahmen einer umfassenderen Forschungsarbeit<br />
wurden Gipfel-Teilnehmer in den Jahren 2010 und 2011 zu ihren<br />
Erwartungen an <strong>die</strong> regionale und nationale Infrastrukturentwicklung<br />
in ihrem Sektor und an das Zusammenwirken zwischen<br />
öffentlicher Hand und privaten Stakeholdern befragt. Die Er-<br />
1 Naisbitt (1982)<br />
gebnisse der Befragung werden in <strong>die</strong>sem Artikel zum Selbstverständnis<br />
der Infrastrukturbranche, der Bedeutung von Megatrends<br />
und Nachhaltigkeit sowie den Zielen und Prämissen für<br />
Infrastrukturentwicklung auszugsweise präsentiert und lassen<br />
auf <strong>die</strong>sem Wege <strong>die</strong> Stakeholder aus dem Infrastruktursektor<br />
mit ihren <strong>Zukunft</strong>serwartungen zu Wort kommen.<br />
Der Einfluss von Megatrends auf Wirtschaft und Gesellschaft ist<br />
unbestritten. Ihre Bedeutung wird, nach einhelliger Einschätzung<br />
der bisherigen Teilnehmer des <strong>Infrastrukturgipfel</strong>s der Jahre<br />
2010 und 2011, angesichts ihrer substanziellen Auswirkungen<br />
mit Blick auf den zukünftigen Anpassungsbedarf der physischen<br />
Infrastrukturen zunehmen (s.a. Abb. 1).<br />
Primär der demografische Wandel und <strong>die</strong> daraus resultierenden<br />
Veränderungen der Bevölkerungs- und Siedlungsstrukturen<br />
werden zu einer weiter steigenden Disparität von Infrastrukturnachfrage<br />
zwischen Ballungszentren und Peripherie führen.<br />
Der Klimawandel erfordert ein nachhaltiges Umdenken in Bezug<br />
auf antrophogene Emissionen durch Energieerzeugung oder<br />
Verkehr und eine systemische Folgebetrachtung von Investitionsentscheidungen<br />
in physische Infrastrukturnetze. Die sich zunehmend<br />
verknappenden öffentlichen Mittel für Infrastruktur,<br />
bedingt durch steigenden Ausgabenbedarf für Sozialleistungen<br />
und Schulden<strong>die</strong>nst – bei sinkendem Steueraufkommen – bedingen<br />
eine sukzessive Neubewertung des Anspruches auf<br />
Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen. Die europaweiten<br />
Bestrebungen zur Liberalisierung der Infrastrukturnetze eröffnen<br />
Marktchancen über nationale Grenzen hinaus – bei gleichzeitiger<br />
Begrenzung der unternehmerischen Gestaltungsräume und<br />
gezielten Regulierungseingriffen. Der technologische Wandel<br />
erzeugt Effizienzpotenziale bei der zum Teil Jahrzehnte alten<br />
Infrastruktur, <strong>die</strong> im Falle entsprechender Neuplanung bzw.<br />
Erneuerung systematisch gehoben werden können.<br />
Die Bedeutung von Megatrends wie Klimawandel, demografischem<br />
Wandel und technischen Umwälzungen wird nach Einschätzung<br />
aller Befragten zunehmen und stellt <strong>die</strong> Infrastrukturbranche<br />
vor anspruchsvolle Herausforderungen. Eine funktion ierende<br />
Infrastruktur gehört für <strong>die</strong> Teilnehmer eindeutig zur staatlichen<br />
Daseinsvorsorge und wird gleichzeitig als fester Bestandteil<br />
der Marktwirtschaft verstanden.<br />
--<br />
Klimawandel: Mit 84% weist der Klimawandel <strong>die</strong> stärkste<br />
Bedeutungszunahme auf. Einerseits werden <strong>die</strong> zu erwartenden<br />
Aufwendungen zur Anpassung der Infrastruktursysteme<br />
an regional veränderte Klimabedingungen und <strong>die</strong> massiven<br />
Folgeschäden für <strong>die</strong> physische Infrastruktur durch Extremwetterlagen<br />
antizipiert. Andererseits spiegelt <strong>die</strong>s <strong>die</strong> intensive<br />
öffentliche Debatte um das Weltklima wider. Die Bedeutung<br />
hat nach den Ereignissen von Fukushima weiter zugenommen.<br />
--<br />
Demografischer Wandel: Die zunehmend absehbaren Auswirkungen<br />
des demografischen Wandels wie <strong>die</strong> zurückgehende<br />
und alternde Bevölkerung gewinnen für vier Fünftel<br />
der Befragten in ihrem Sektor weiter an Bedeutung. Es gilt<br />
beispielsweise, tragfähige Lösungen für eine seniorengerechte<br />
Mobilität zu entwickeln, aber auch finanzierbare Anpassungen<br />
der Infrastruktur für steigende und volatilere Verkehrsaufkommen<br />
in Ballungsgebieten zu schaffen, oder Zugangsoptionen<br />
12 <strong>Infrastrukturgipfel</strong> <strong>2012</strong> · Begleitheft