Klausur
Klausur
Klausur
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Prof. Dr. Josef Drexl, LL.M.<br />
Universität München<br />
Europäisches Wirtschaftsrecht<br />
Abschlussklausur LL.M. Eur.<br />
5. Februar 2013<br />
Teil 1:<br />
Erklären Sie die Rolle des Subsidiaritätsgrundsatzes in der Binnenmarktgesetzgebung. Zu welchen<br />
Änderungen hat diesbezüglich der Lissaboner Vertrag geführt?<br />
40 Punkte<br />
Teil II:<br />
Fall: Wir befinden uns im Frühsommer 2012. Das Finale der UEFA Champions League findet in<br />
der Münchner Allianz-Arena statt. Finalisten sind der englische Verein Hooligan United und der<br />
italienische Verein AC Tifoso. Das Finalspiel wird von dem deutschen Fernsehsender ARD<br />
aufgezeichnet und international ausgestrahlt. In Frankreich erfolgt die Ausstrahlung durch den<br />
Sender TF1. Die Trikots der Spieler von AC Tifoso tragen für die Fernsehzuschauer deutlich<br />
sichtbar den bei Verbrauchern sehr bekannten Schriftzug des Likörs „Cremazotti“. Dieser Likör<br />
wird von Crema e Grappa SpA in Italien hergestellt und in allen Staaten der EU vertrieben. Nach<br />
dem französischen Gesetz „Loi Evin“ ist Alkoholwerbung im Fernsehen generell verboten, während<br />
sie in anderen Medien und auf Plakatwänden erlaubt ist. Die französischen Behörden sind daher der<br />
Auffassung, dass das Fußballspiel nicht hätte ausgestrahlt werden dürfen. Deshalb wird der<br />
Vorstand V von TF1 wegen des Rechtsverstoßes angeklagt.<br />
Frage: Verstößt die Anwendung der Loi Evin im vorliegenden Fall gegen EU-Recht?<br />
Sekundärrecht ist nicht zu berücksichtigen.<br />
80 Punkte<br />
Teil III:<br />
Fall: Der französische Filmhersteller Frédéric verwertet seine Filme über Kinos, DVDs, digitale<br />
Downloads und die Ausstrahlung im Fernsehen. Zu diesen Filmen gehört ein in Frankreich sehr<br />
erfolgreicher Film, der in humoristischer Weise das Verhältnis der Franzosen zu den Deutschen<br />
thematisiert.<br />
(a)<br />
(b)<br />
Während der Film noch in den französischen Kinos läuft, bringt Frédéric den Film in Form<br />
von DVDs in Belgien in Verkehr. Didier erwirbt über einen belgischen Großhändler mehrere<br />
dieser DVDs und bietet sie in seinem Laden in Paris zum Weiterverkauf an.<br />
Frédéric gestattet außerdem die Aussendung einer englischen Fassung des Filmes über den<br />
britischen Pay-TV-Sender PSKY. Im Vertrag mit PSKY räumt Frédéric PSKY nur das<br />
Senderecht für das Vereinigte Königreich ein. Die Programme von PSKY werden auch in<br />
Frankreich gesehen. Zwar vertreibt PSKY seine Abonnements nicht gezielt in Frankreich,<br />
aber verschiedene Zuschauer aus Frankreich haben in den Geschäften von PSKY u.a. in<br />
London Abonnementverträge abgeschlossen und dort die für den Satellitenempfang<br />
erforderlichen Decoder von PSKY erworben.<br />
Bitte wenden!!
(c)<br />
Nachdem der Film auch in Frankreich nicht mehr im Kino zu sehen ist, bietet Frédéric den<br />
Film auch in Form von DVDs und digitalen Downloads in Frankreich an. Der in Bordeaux<br />
lebende Bruno lädt sich den Film gegen Bezahlung aus dem Internet auf seine Festplatte<br />
herunter. Nachdem sich Bruno den Film zweimal angesehen hat, brennt er ihn auf eine CD<br />
und verkauft die CD über eBay an den in Marseille lebenden Michel. Die digitale Filmdatei<br />
auf seiner Festplatte hat Bruno unmittelbar nach dem Brennen der CD gelöscht.<br />
Frédéric meint, Didier, PSKY und Bruno haben jeweils das französische Urheberrecht verletzt.<br />
Didier, PSKY und Bruno räumen ein, dass Frédéric die geltend gemachten Rechte im Grundsatz<br />
zwar zustehen. Nach ihrer Ansicht nach haben sich diese Rechte aber jeweils erschöpft.<br />
Frage: Wie ist die Rechtslage, wenn man unterstellt, dass die französischen Rechtsvorschriften den<br />
nachfolgend zitierten Richtlinien entsprechen?<br />
Richtlinie 2001/29 über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft:<br />
Artikel 3 Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen<br />
Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände<br />
(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene<br />
oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der<br />
Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich<br />
sind, zu erlauben oder zu verbieten. (…)<br />
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Rechte erschöpfen sich nicht mit den in diesem Artikel<br />
genannten Handlungen der öffentlichen Wiedergabe oder der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit.<br />
Artikel 4 Verbreitungsrecht<br />
(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf<br />
Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in<br />
beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.<br />
(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf<br />
Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere<br />
erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen<br />
Zustimmung erfolgt.<br />
Richtlinie 93/83 betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweitersendung:<br />
Artikel 1 Definitionen<br />
(1) (…)<br />
(2) a) (…)<br />
b) Die öffentliche Wiedergabe über Satellit findet nur in dem Mitgliedstaat statt, in dem die<br />
programmtragenden Signale unter der Kontrolle des Sendeunternehmens und auf dessen Verantwortung in<br />
eine ununterbrochene Kommunikationskette eingegeben werden, die zum Satelliten und zurück zur Erde<br />
führt.<br />
Artikel 2 Senderecht<br />
Gemäß den Bestimmungen dieses Kapitels sehen die Mitgliedstaaten für den Urheber das ausschließliche<br />
Recht vor, die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken über Satellit zu erlauben.<br />
60 Punkte<br />
VIEL ERFOLG!<br />
Bitte wenden!!