WDL März 2014
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Müssen Kinder die Pflege<br />
ihrer Eltern bezahlen?<br />
Wadersloh (wdl/mg). Wer so um<br />
die 45 Jahre jung ist, dürfte diese<br />
Frage brennend interessieren: Was<br />
kommt auf mich zu, wenn meine Eltern<br />
pflegebedürftig werden? Das<br />
Szenario: Oft leben unsere Eltern<br />
75 +/-, selbstständig in einem Eigenheim.<br />
Alles läuft gut, wir selber<br />
kümmern uns um unsere erwachsen<br />
werdenden Kinder. Wäre da<br />
nicht das flaue Gefühl in der Magengegend,<br />
wenn es um die mögliche<br />
Pflegebedürftigkeit der Eltern<br />
geht. Sicherlich werden mittlerweile<br />
viele gute Angebote in der Region<br />
vorgehalten; von der Tagespflege<br />
über ambulante Wohngruppen<br />
bis hin zur vollstationären Pflege –<br />
es ist für jeden Fall etwas dabei.<br />
Nur muss das ja auch bezahlt werden<br />
– können. Als erstes muss dazu<br />
das Vermögen des Pflegebedürftigen<br />
eingesetzt werden. Da ist dann<br />
schon die erste Überraschung,<br />
wenn der Verkaufswert der liebevoll<br />
von den Eltern gepflegten Immobilie<br />
bei weitem unter dem ideellen<br />
Wert liegt. Zur Finanzierung der<br />
Pflegekosten kann für den Pflegebedürftigen<br />
ein Antrag auf Sozialhilfe<br />
gestellt werden. Darin kommt<br />
es zu einer Offenlegung des Vermögens.<br />
Das Sozialamt prüft dann, ob<br />
der Paragraph 1601 des bürgerlichen<br />
Gesetzbuches Anwendung<br />
findet: „Verwandte in gerader Linie<br />
sind verpflichtet, einander Unterhalt<br />
zu gewähren“. Sind die Finanzen<br />
der Eltern erschöpft, werden in<br />
der Regel die Kinder herangezogen.<br />
Unbegrenzt müssen Kinder jedoch<br />
nicht zahlen. Wie hoch der Elternunterhalt<br />
ausfällt, richtet sich nach<br />
der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen<br />
Kindes. Das kommt<br />
zwar nicht einer Lebensstandgarantie<br />
gleich, jedoch muss eine dauerhafte<br />
und spürbare Senkung des<br />
Lebensstandards nicht hingenommen<br />
werden, urteilte der Bundesgerichtshof.<br />
Um herauszufinden, wie<br />
hoch die Unterhaltsleistung sein<br />
könnte, wird zunächst das Vermögen<br />
der Kinder geprüft. In der Regel<br />
bleibt dabei das Eigenheim außen<br />
vor. Mit dem Ausschluss der<br />
Verwertung des Eigenheims darf<br />
gerechnet werden, wenn es<br />
a) zur eigenen Altersvorsorge dient<br />
und<br />
b) angemessen selbst genutzt wird.<br />
Auch für den eigenen Unterhalt der<br />
Kinder hat der Bundesgerichtshof<br />
Regeln ausgestellt: Der Selbstbehalt<br />
liegt bei 1250 Euro des monatlichen<br />
Einkommens. Hinzugerechnet<br />
werden können dann noch 440<br />
Euro bei Ledigen oder 770 Euro bei<br />
Verheirateten. In einer Entscheidung<br />
aus 2006 hat der Bundesgerichtshof<br />
entschieden, dass Kinder<br />
jährlich fünf Prozent ihres Bruttoeinkommens<br />
über das gesamte Erwerbsleben<br />
hinweg zusätzlich ansparen<br />
dürfen. Wer eine verbindliche<br />
Aussage haben möchte, setzt<br />
sich am besten mit seinem zuständigen<br />
Sozialamt zusammen. Dort<br />
sollte man gut vorbereitet erscheinen<br />
(alle Unterlagen dabei und<br />
auch mal einen Streifzug durchs Internet<br />
zum Thema Elternunterhalt<br />
gemacht haben). Am Ende wird<br />
man feststellen, das eine Unterhaltspflicht<br />
gegenüber den Eltern<br />
durchaus „erschwinglich“ ist. Die<br />
Angebote in der Region sind ihr<br />
Geld wert. Bei genauem Hinsehen<br />
kann man erleben, dass es den Senioren<br />
in den Tagespflegen, ambulanten<br />
Wohngruppen oder stationären<br />
Einrichtungen (Seniorenheime)<br />
trotz hoher Pflegebedürftigkeit<br />
emotional sehr gut geht. Dort wird<br />
ein reichhaltiges Programm vorgehalten.<br />
Die Zeit in Gemeinschaft<br />
wirkt der Vereinsamung im Alter<br />
entgegen.<br />
Nicht zuletzt sollte man sich von<br />
der Prämisse leiten lassen, seine Eltern<br />
gut versorgt, betreut und professionell<br />
gepflegt zu wissen, wenn<br />
man selber dazu nicht die Zeit aufbringen<br />
kann. Denn „zu Hause“ ist<br />
nicht in jedem Fall besser – auch<br />
wenn es billiger erscheint.<br />
Andreas Wedeking,<br />
Einrichtungsleiter Seniorenheim<br />
St. Josef Wadersloh<br />
Foto: S. Hofschlaeger_pixelio.de<br />
<strong>WDL</strong> aktuell — <strong>März</strong> <strong>2014</strong><br />
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