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Stabilität von Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ - am IWE

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Universität Karlsruhe (TH)<br />

Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik<br />

Stabilität <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ<br />

Diplomarbeit<br />

<strong>von</strong><br />

Christoph Peters<br />

Referentin: Prof. Dr.-Ing. Ellen Ivers-Tiffée<br />

Betreuer: Dipl.-Ing. Thomas Schneider<br />

Abgabe: 14.12.2004


Danksagung<br />

Ganz besonders möchte ich mich bei Herrn Dipl. - Ing. Thomas Schneider für die hervorragende<br />

Betreuung dieser Diplomarbeit bedanken.<br />

Den Mitgliedern der Sensorrunde danke ich für die gute Zus<strong>am</strong>menarbeit und die gemeins<strong>am</strong>en<br />

zwei Jahre.<br />

Dr. Heike Störmer (LEM) danke ich für die TEM-Untersuchungen, Volker Sonn für<br />

seine Unterstützung bei den EIS-Messungen.<br />

Frau Prof. Dr.-Ing. Ivers-Tiffée und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern <strong>am</strong> <strong>IWE</strong><br />

danke ich für die angenehme Arbeitsatmosphäre.<br />

Meiner Mensarunde danke ich für alles Nichtfachliche, meiner F<strong>am</strong>ilie und meiner<br />

Freundin, dass es sie gibt.<br />

Erklärung<br />

Ich versichere, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig verfasst und keine<br />

anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.<br />

Karlsruhe, den 14. Dezember 2004<br />

Christoph Peters


Inhaltsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis............................................................................................. iii<br />

1 Einleitung.............................................................................................................1<br />

1.1 Motivation.....................................................................................................1<br />

1.2 Aufgabenstellung...........................................................................................1<br />

2 Grundlagen..........................................................................................................3<br />

2.1 Definition Stabilität .......................................................................................3<br />

2.1.1 Chemische Stabilität ..............................................................................3<br />

2.1.2 Elektrische Stabilität ..............................................................................4<br />

2.2 Einsatz- und Messbereich des Sensors ...........................................................4<br />

2.3 Modellansätze................................................................................................5<br />

2.3.1 Chemisches Modell................................................................................6<br />

2.3.2 Elektrisches Defektmodell ...................................................................11<br />

3 Experimente.......................................................................................................17<br />

3.1 Übersicht Versuche......................................................................................17<br />

3.2 Alterungen...................................................................................................18<br />

3.3 Versuche zur chemischen Stabilität..............................................................19<br />

3.3.1 Optische Untersuchung ........................................................................19<br />

3.3.2 REM....................................................................................................20<br />

3.3.3 XRD und Rietveld Refinement.............................................................21<br />

3.3.4 HT-XRD..............................................................................................25<br />

3.3.5 TEM ....................................................................................................27<br />

3.3.6 Thermogravimetrie (TG)......................................................................29<br />

3.3.7 Dilatometrie (Dil).................................................................................29<br />

3.3.8 Differential Scanning Calorimeter (DSC).............................................29<br />

3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität .............................................................29<br />

3.4.1 Leitfähigkeitsmessung mit Gasmischungen..........................................29<br />

3.4.2 Leitfähigkeitsmessung mit Sauerstoffpumpe ........................................29


ii<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

4 Diskussion ..........................................................................................................29<br />

4.1 Farbänderungen ...........................................................................................29<br />

4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient ..........................................................29<br />

4.3 Chemische Stabilität ....................................................................................29<br />

4.4 Elektrische Stabilität ....................................................................................29<br />

4.5 Reversibilität................................................................................................29<br />

5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung ..........................................29<br />

5.1 Motivation und Herstellung..........................................................................29<br />

5.2 Messergebnisse und Diskussion ...................................................................29<br />

5.2.1 Defektchemie .......................................................................................29<br />

5.2.2 Messergebnisse ....................................................................................29<br />

6 Zus<strong>am</strong>menfassung .............................................................................................29<br />

Literaturverzeichnis..................................................................................................29<br />

Abbildungsverzeichnis ..............................................................................................29<br />

Tabellenverzeichnis...................................................................................................29<br />

Anhang<br />

I. Bestimmung des pO 2 ..........................................................................................29<br />

II. Elektrische Impedanzspektroskopie .................................................................29


Abkürzungsverzeichnis<br />

CTE<br />

DSC<br />

EDX<br />

EIS<br />

ENB<br />

FoM<br />

HT-XRD<br />

<strong>IWE</strong><br />

JSI<br />

LEM<br />

LSM<br />

Coefficient of thermal expansion<br />

Differential Scanning Calorimeter<br />

Energy Dispersive X-Ray Analysis<br />

Elektrische Impedanzspektroskopie<br />

Elektroneutralitätsbedingung<br />

Figure of Merit<br />

High-Temperature X-Ray Diffraction<br />

Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik, Universität Karlsruhe (TH)<br />

Institut „Jožef Stefan“, Ljubljana, Slovenien<br />

Laboratorium für Elektronenmikroskopie, Universität Karlsruhe (TH)<br />

L<strong>am</strong>bdasonde, potentiometrisch<br />

LSTF La 0.1 <strong>Sr</strong> 0.9 (Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ<br />

LSU L<strong>am</strong>bdasonde universal, <strong>am</strong>perometrisch<br />

MIT Massachusetts Institute of Technology, Boston, USA<br />

REM Rasterelektronenmikroskopie<br />

SFO <strong>Sr</strong>FeO 3-δ<br />

STF <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ<br />

STO <strong>Sr</strong>TiO 3-δ<br />

TCR / TCσ Temperature Coefficient of the Resistance / Conductivity<br />

TEM Transmissionselektronenmikroskopie<br />

TG Thermogravimetrie<br />

XRD X-Ray Diffraction


iv<br />

Abkürzungsverzeichnis


1 Einleitung<br />

1.1 Motivation<br />

Zur Regelung <strong>von</strong> Verbrennungsmotoren ist eine genaue und schnelle Bestimmung des<br />

Sauerstoffgehalts im Abgas nötig. Bisher wird die planare Breitband-L<strong>am</strong>bdasonde als<br />

Sauerstoffsensor eingesetzt [8].<br />

Zukünftig sollen Sauerstoffsensoren verwendet werden, die auf dem resistiven Prinzip<br />

beruhen. Dabei dient der elektrische Widerstand als Sensorsignal zur Bestimmung des<br />

Sauerstoffpartialdrucks. Gegenüber den bisherigen Systemen zeichnen sich resistive<br />

Sensoren durch folgende Vorteile aus:<br />

• geringe Ansprechzeit (τ ≈ 5 ms), so dass eine zylinderselektive Regelung <strong>von</strong><br />

Verbrennungsmotoren möglich ist<br />

• hohe Sensitivität<br />

• Temperaturunabhängigkeit <strong>von</strong> 750 bis 1000 °C<br />

• kostengünstige Herstellung.<br />

Am Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik (<strong>IWE</strong>) an der Universität Karlsruhe (TH)<br />

wird Strontiumtitanferrit <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ (STF) als resistives Material verwendet.<br />

STF zeigt die o.g. Vorteile, jedoch ist bisher ungeklärt, wie sich der Materialverbund<br />

bei extrem niedrigen Sauerstoffpartialdrücken, die v.a. beim Kaltstart und bei Beschleunigungen<br />

des Fahrzeugs herrschen, verhält.<br />

1.2 Aufgabenstellung<br />

Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der chemischen und elektrischen Stabilität <strong>von</strong><br />

<strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ (STF). Die möglichen Einsatzgrenzen des Materials sollen ermittelt<br />

und neue Kenntnisse über das Materialsystem STF gewonnen werden.<br />

In Kapitel 2 werden die Grundlagen des Materialsystems erläutert und ein Modellansatz<br />

zur Stabilitätsuntersuchung vorgestellt. Kapitel 3 stellt die Ergebnisse der durchgeführten<br />

Experimente vor, die im 4. Kapitel diskutiert werden. Im Ausblick (Kapitel 5) wird<br />

ein Lösungsansatz zur Verbesserung des Materialsystems erarbeitet.


2 1 Einleitung


2 Grundlagen<br />

Neben der Definition <strong>von</strong> Stabilität und der Beschreibung des Einsatz- und Messbereichs<br />

des Sensors liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung zweier Modelle: eines<br />

chemischen Modells <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 , Fe 0.35 )O 3-δ und eines elektrischen Defektmodells.<br />

2.1 Definition Stabilität<br />

Ein Abgassensor ist im Auto extremen Sauerstoffpartialdruck- und Temperaturbereichen<br />

ausgesetzt. In den verschiedenen Betriebspunkten erfährt der Sensor Sauerstoffpartialdruckwechsel,<br />

wird durch Spritzwasser in Sekundenbruchteilen um einige Hundert<br />

Grad Celsius abgekühlt oder stundenlang bei hohen Temperaturen betrieben. D<strong>am</strong>it<br />

dem Sauerstoffpartialdruck ein Widerstandswert des Sensors eindeutig zugeordnet werden<br />

kann, muss die elektrische Kennlinie des Sensors bei diesen Bedingungen erhalten<br />

bleiben.<br />

Es wird zwischen chemischer Stabilität und elektrischer Stabilität unterschieden.<br />

2.1.1 Chemische Stabilität<br />

Unter chemischer Stabilität versteht man das Fehlen <strong>von</strong> Phasenumwandlungen während<br />

des ges<strong>am</strong>ten Sensorbetriebs. Eine Phasenumwandlung ist eine Umordnung <strong>von</strong><br />

Gitterionen, so dass eine neue Kristallstruktur entsteht. Sie bewirkt eine Veränderung<br />

zahlreicher Materialeigenschaften. U.a. wird dadurch durch eine chemische Instabilität<br />

die elektrische Leitfähigkeit (Kapitel 2.1.2) beeinflusst, was zu einem veränderten Sensorsignal<br />

führt. Außerdem ändert sich mit einer Phasenumwandlung meist das Volumen<br />

des Materials bzw. der thermische Ausdehnungskoeffizient, was bei einem Multi-Layer-<br />

Aufbau (Bild 2-1) die Haftfestigkeit des STF auf dem Substrat vermindert und zu einem<br />

Abplatzen der Schicht führen kann.<br />

Eine Änderung der Materialstöchiometrie wie sie durch den Ein- und Ausbau <strong>von</strong> Sauerstoffionen<br />

in das Gitter erfolgt, ist nicht gleichbedeutend mit einer chemischen Instabilität,<br />

kann aber ab einem bestimmten Maß zu einer Strukturänderung führen.<br />

Auf Diffusionsprozesse <strong>von</strong> STF in das Sensorsubstrat, die ebenfalls Ursache für chemische<br />

Instabilität sind [2], wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Um Diffusionsprozesse<br />

zu unterbinden, entwickelte Endler [6] einen Bufferlayer zwischen resistiver<br />

Schicht und Substrat.


4 2 Grundlagen<br />

<strong>Sr</strong>(Ti 0.65<br />

,Fe 0.35<br />

)O 3<br />

Kontaktierung<br />

Bufferlayer<br />

Al 2<br />

O 3<br />

ZrO 2<br />

Pt-Heizer mit<br />

Al 2<br />

O 3<br />

-Schutzschicht<br />

ZrO 2<br />

Bild 2-1 Sensoraufbau<br />

2.1.2 Elektrische Stabilität<br />

Das Ziel, zuverlässig den Sauerstoffpartialdruck des Abgases durch das Messen des<br />

Sensorwiderstandes zu bestimmen, setzt elektrische Stabilität voraus. Bei elektrischer<br />

Stabilität erreicht der Sensorwiderstand bei gleichen Bedingungen (T, pO 2 ) nahezu instantan<br />

den gleichen Wert unabhängig <strong>von</strong> seiner Historie, z.B. nach einem RedOx-<br />

Zyklus.<br />

2.2 Einsatz- und Messbereich des Sensors<br />

Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, möglichst<br />

wenig fossile Energie zu verbrauchen. Deshalb wurde für den Automobilbereich das<br />

Magermotorkonzept entwickelt. Dabei wird λ 1 so geregelt, dass sich der Motor im Mageren<br />

(λ>1) befindet. Zwar nehmen die Leistungsfähigkeit und die Laufruhe des Motors<br />

im Magerbetrieb etwas ab. Dafür sinkt der Kraftstoffverbrauch und somit die CO 2 -<br />

Emission. Wird eine höhere Motorleistung abgefragt, wird λ kurzzeitig ins Fette (λ


2.3 Modellansätze 5<br />

turbereich <strong>von</strong> 0 °C bis 1000 °C („Überlebensbereich“) erfährt der Sensor während des<br />

Betriebs plötzliche Temperaturschwankungen wie sie z.B. durch Spritz- und Schwallwasser<br />

oder das Aufheizen des Sensors mit 500 K pro Sekunde nach einem Kaltstart<br />

entstehen. Diese Belastungen dürfen den Sensor nicht zerstören.<br />

Im Magerbetrieb kommen Sauerstoffpartialdrücke <strong>von</strong> pO 2 = 10 -5 bar bis 0,21 bar vor.<br />

In diesem Bereich wird der λ-Wert durch Messung des Sensorwiderstandes ermittelt. Im<br />

Fetten hingegen wird der Sensor einem λ <strong>von</strong> bis zu 0,7 ausgesetzt, was bei 750 °C einem<br />

Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong> pO 2 = 10 -20 bar entspricht [8], [23]. Bei 1000 °C erhält<br />

man für λ = 0,7 einen Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong> pO 2 = 10 -15 bar. Für diesen Betriebspunkt<br />

ist in Bild 2-2 der Messbereich (flächig) und der Überlebensbereich (gestreift) des<br />

Sensors über dem Sauerstoffpartialdruck aufgetragen.<br />

1<br />

<strong>Sr</strong>(Ti 0,65<br />

Fe 0,35<br />

)O 3<br />

σ / (Ω cm) -1<br />

0,1<br />

950°C<br />

900°C<br />

850°C<br />

800°C<br />

750°C<br />

-20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 2-2 Sensorkennlinie; Messbereich (flächig) und Überlebensbereich (gestreift)<br />

über dem Sauerstoffpartialdruck [9]<br />

2.3 Modellansätze<br />

Um Aussagen über die chemische Instabilität <strong>von</strong> STF zu erhalten, wird in Kapitel 2.3.1<br />

die Idee des Mischkristallsystems verfolgt. STF wird als „solid solution“ <strong>von</strong> 65vol%<br />

<strong>Sr</strong>TiO 3 (STO) und 35vol% <strong>Sr</strong>FeO 3 (SFO) angesehen. Aus der Literatur werden die Ergebnisse<br />

<strong>von</strong> Stabilitätsuntersuchungen zu STO und SFO zus<strong>am</strong>mengestellt, die Aufschlüsse<br />

über die Stabilität <strong>von</strong> STF geben sollen. Diese Erkenntnisse werden mit<br />

MALT 2 -Berechnungen verglichen [11].<br />

Kapitel 2.3.2 beschäftigt sich mit zwei Defektmodellen <strong>von</strong> STF, die <strong>von</strong> Rothschild<br />

[26] und Schreiner [3] entwickelt wurden. Die Beschreibung der Sensorkennlinie im<br />

2 MALT: MAterials-oriented Little Thermodyn<strong>am</strong>ic Database, http://www.kagaku.com/malt/product.html


6 2 Grundlagen<br />

Messbereich liegt dem Modell <strong>von</strong> Rothschild, die Beschreibung der ges<strong>am</strong>ten Kennlinie<br />

dem Modell <strong>von</strong> Schreiner zugrunde. Es wird gezeigt, dass die unterschiedliche Abhängigkeit<br />

der Leitfähigkeit vom pO 2 physikalisch erklärt werden kann. Der nichtlineare<br />

Verlauf der Sensorkennlinie in Bild 2-2 stellt also keine elektrische Instabilität dar.<br />

2.3.1 Chemisches Modell<br />

Sowohl Strontiumtitanat als auch Strontiumferrit kristallisieren in der kubischen Perovskitstruktur.<br />

Bild 2-3 zeigt die Elementarzelle des Kristalls. An den Ecken befinden<br />

sich zweiwertige Strontiumatome <strong>Sr</strong> 2+ , flächenzentriert zweiwertige Sauerstoffatome<br />

O 2- und volumenzentriert ein vierwertiges Titanatom Ti 4+ bzw. ein drei- oder vierwertiges<br />

Eisenatom Fe 3+ , Fe 4+ .<br />

<strong>Sr</strong><br />

Ti, Fe<br />

O<br />

Bild 2-3 Kubischer Perovskit<br />

Bild 2-4 zeigt die Idee des Mischkristallsystems: STF setzt sich zu 65vol% aus STOund<br />

zu 35vol% aus SFO-Einheitszellen zus<strong>am</strong>men. Es wird angenommen, dass sich<br />

diese Einheitszellen statistisch verteilt und <strong>von</strong>einander unabhängig im STF befinden.<br />

+<br />

Stabilität <strong>Sr</strong>TiO 3-δ Stabilität <strong>Sr</strong>FeO 3-δ Stabilität <strong>Sr</strong>(Ti,Fe)O 3-δ<br />

Bild 2-4 STF als Mischkristallsystem aus <strong>Sr</strong>TiO 3 und <strong>Sr</strong>FeO 3<br />

Um die Idee der „solid solution“ zu bestätigen, wurde STF-Pulver <strong>am</strong> JSI 3 mittels Tranmissionselektronenmikroskopie<br />

(TEM) bzw. energiedispersiver Röntgenspektroskopie<br />

(EDXS) untersucht (Bild 3-15). In Tabelle 3-8 ist exemplarisch das Ergebnis einer<br />

3 JSI: Institut „Jožef Stefan“, Ljubljana, Slovenien


2.3 Modellansätze 7<br />

EDXS-Aufnahme mit der stöchiometrischen Elementzus<strong>am</strong>mensetzung <strong>von</strong> STF verglichen.<br />

Zwar gibt es geringe Abweichungen zwischen der theoretischen Materialzus<strong>am</strong>mensetzung<br />

<strong>von</strong> STF und der ermittelten. Außerdem sind teilweise Inhomogenitäten<br />

zu beobachten. Aber es wird deutlich, dass es in den STF-Körnern keine reinen<br />

STO- bzw. SFO-Bereiche gibt. Da die Einheitszellen statistisch verteilt vorliegen, ist<br />

STF ein Mischkristallsystem. Für die Idee der getrennten Betrachtung der STO- und<br />

SFO-Einheitszellen wird außerdem angenommen, dass die Einheitszellen unabhängig<br />

<strong>von</strong>einander im Korn vorliegen, d.h. dass keine Zelle stabilisierend auf die Nachbarzelle<br />

wirkt.<br />

Durch die Untersuchung der Stabilität <strong>von</strong> STO und SFO sollen ersten Anhaltspunkte<br />

auf die Stabilität <strong>von</strong> STF gewonnen werden.<br />

2.3.1.1 Strontiumtitanat <strong>Sr</strong>TiO 3-δ<br />

STO ist über einen weiten Sauerstoffpartialdruck- und Temperaturbereich chemisch und<br />

elektrisch stabil.<br />

Durch Leitfähigkeitsuntersuchungen stellte Moos [10] elektrische Stabilität zwischen<br />

einem Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong> pO 2 = 10 -20 bar und 1 bar und einer Temperatur <strong>von</strong><br />

T = 1000 °C und 1400 °C fest. Balachandran [5] hat ebenfalls durch Messungen <strong>von</strong> σ<br />

in einem Bereich <strong>von</strong> pO 2 = 10 -22 bar bis 1 bar und T = 850 °C bis 1050 °C elektrische<br />

Stabilität festgestellt.<br />

Aufgrund der elektrischen Stabilität kann auf eine chemische Stabilität <strong>von</strong> STO im<br />

untersuchten pO 2 - und T-Bereich geschlossen werden.<br />

Der grau hinterlegte Bereich in Bild 2-5 kennzeichnet den <strong>von</strong> Moos und Balachandran<br />

untersuchten Stabilitätsbereich. Da Strontiumtitanat bei niedrigeren Temperaturen ebenfalls<br />

als kubischer Perovskit vorliegt, kommt es im ges<strong>am</strong>ten Einsatzbereich des Sensors<br />

zu keiner chemischen Instabilität der STO-Einheitszellen.


8 2 Grundlagen<br />

1400<br />

1200<br />

[10]<br />

T / °C<br />

1000<br />

800<br />

[5]<br />

600<br />

50<br />

0<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 2-5 Bereich chemischer Stabilität <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>TiO 3 als Funktion des pO 2 und der T [5], [10]<br />

2.3.1.2 Strontiumferrit <strong>Sr</strong>FeO 3-δ<br />

Bei Untersuchungen <strong>von</strong> Strontiumferrit wurden Phasenumwandlungen abhängig vom<br />

Sauerstoffpartialdruck und der Temperatur festgestellt. Bild 2-6 fasst die Ergebnisse aus<br />

mehreren Veröffentlichungen zus<strong>am</strong>men.<br />

1200<br />

Perovskit<br />

ungeordnete Sauerstoffleerstellen<br />

1000<br />

800<br />

T / °C<br />

600<br />

400<br />

[15]<br />

[13]<br />

[18]<br />

[16]<br />

MALT<br />

Brownmillerit<br />

geordnete Sauerstoffleerstellen<br />

50<br />

0<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 2-6 Bereich chemischer Stabilität <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>FeO 3-δ als Funktion<br />

des pO 2 und der T [13], [15], [16], [18]


2.3 Modellansätze 9<br />

Oberhalb und rechts einer Stabilitätsgrenze befindet sich SFO in der perovskitischen<br />

Phase. Unterhalb und links dieses grauen Bandes liegt SFO in der Brownmilleritstruktur<br />

vor. Der Phasenübergang findet nach Grenier (, [15]) bei niedrigeren Temperaturen<br />

statt, was nach Schmidt (, [16]) auf einem Messfehler beruht. Grenier achtete beim<br />

Erstellen des Phasendiagr<strong>am</strong>ms nicht auf das Einstellen des thermodyn<strong>am</strong>ischen<br />

Gleichgewichts.<br />

Erhöht sich die Temperatur <strong>von</strong> Strontiumferrit, entstehen Sauerstoffleerstellen. In der<br />

perovskitischen Struktur liegen die Leerstellen ungeordnet und statistisch verteilt im<br />

Kristall vor. Die Brownmilleritstruktur zeichnet sich durch eine Ordnung dieser Sauerstoffleerstellen<br />

aus ( in Bild 2-7). Dadurch verschieben sich die volumenzentrierten<br />

Fe-Atome (durch Pfeile gekennzeichnet) und es kommt zu einer Verzerrung des Gitters.<br />

Bild 2-7 Brownmillerit <strong>Sr</strong>FeO 2,5+δ ohne <strong>Sr</strong>-Atome (<br />

x<br />

O<br />

o ,<br />

V o<br />

,<br />

x<br />

Fe<br />

Fe<br />

)<br />

Eisen wechselt bei der Phasenumwandlung die Valenz. Während Eisen im Perovskit bei<br />

Stöchiometrie vierwertig (Fe 4+ ) vorliegt, ist es im Brownmillerit bei Stöchiometrie dreiwertig<br />

(Fe 3+ ).


10 2 Grundlagen<br />

2.3.1.3 Strontiumtitanferrit <strong>Sr</strong>(Ti 0,65 ,Fe 0,35 )O 3-δ<br />

1400<br />

1200<br />

Stabilität <strong>von</strong> SFO<br />

T / °C<br />

1000<br />

800<br />

λ = 0,7<br />

600<br />

Stabilität <strong>von</strong> STO<br />

50<br />

0<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2 / bar)<br />

Bild 2-8 Stabilität <strong>von</strong> STF als Mischkristallsystem <strong>von</strong> STO und SFO<br />

Bild 2-8 fasst die Erkenntnisse über die Stabilität <strong>von</strong> STO und SFO zus<strong>am</strong>men. Nach<br />

dem Modell des Mischkristallsystems ist STF rechts <strong>von</strong> λ = 0,7 instabil. Zwar liegt<br />

STO im ges<strong>am</strong>ten Einsatzbereich chemisch stabil als Perovskit vor (gestreift). Allerdings<br />

kommt es zu einer Phasenumwandlung der SFO-Einheitszellen. Strontiumferrit<br />

liegt nur bei hohen Temperaturen und hohen Sauerstoffpartialdrücken als Perovskit vor<br />

(grau hinterlegt). Der überlappende Bereich kennzeichnet den Stabilitätsbereich <strong>von</strong><br />

STF.<br />

2.3.1.4 MALT 4<br />

Mit der Software MALT lässt sich das chemische Potenzial <strong>von</strong> Elementverbindungen<br />

in Abhängigkeit <strong>von</strong> Temperatur und Sauerstoffpartialdruck errechnen [11]. Die Berechnung<br />

erfolgt unter Berücksichtigung der thermodyn<strong>am</strong>ischen Daten der beteiligten<br />

Elemente Strontium, Titan, Eisen und Sauerstoff. Für einen festen pO 2 - und T-Wert<br />

ergeben sich die möglichen Materialverbindungen des Systems im thermodyn<strong>am</strong>ischen<br />

Gleichgewicht.<br />

Für <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ wird wieder die Idee des Mischkristallsystems aufgegriffen und<br />

eine „solid solution“ aus <strong>Sr</strong>TiO 3 , <strong>Sr</strong>FeO 3 und <strong>Sr</strong>FeO 2.5 angesetzt. Alle drei Stoffe liegen<br />

in der perovskitischen Phase vor. <strong>Sr</strong>FeO 2.5 berücksichtigt die Menge der Sauerstoffleerstellen<br />

im Kristall (δ). Bei sinkendem pO 2 erhöht sich mit der Anzahl der Sauerstoffleerstellen<br />

die Unterstöchiometrie des Materials.<br />

4 MALT: MAterials-oriented Little Thermodyn<strong>am</strong>ic Database, http://www.kagaku.com/malt/product.html


2.3 Modellansätze 11<br />

In Bild 2-9 wird <strong>von</strong> einem Mol Ges<strong>am</strong>tstoffmenge ausgegangen. <strong>Sr</strong> 1 (Ti 0.65 ,Fe 0.35 ) 1 O 3<br />

(„113“) setzt sich also aus 0,65 Mol <strong>Sr</strong> 1 Ti 1 O 3 und 0,35 Mol <strong>Sr</strong> 1 Fe 1 O 3 zus<strong>am</strong>men. Laut<br />

MALT ist STF bei T = 900 °C bis zu einem Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong> 10 -18 bar chemisch<br />

stabil. Bei einem geringeren pO 2 -Gehalt entstehen zwei zusätzliche Phasen: eine<br />

Phase der Form 214 (<strong>Sr</strong> 2 Ti 1 O 4 , <strong>Sr</strong> 2 Fe 1 O 4 bzw. <strong>Sr</strong> 2 Fe 1 O 3.5 für das defizitär angesetzte<br />

Strontiumferrit) und eine Phase der Form 327 (<strong>Sr</strong> 3 Ti 2 O 7 , <strong>Sr</strong> 3 Fe 2 O 7 bzw. <strong>Sr</strong> 3 Fe 2 O 6 für<br />

das defizitär angesetzte Strontiumferrit). Außerdem lagert sich metallisches Eisen aus.<br />

Molanteil<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

T = 900 °C<br />

<strong>Sr</strong>FeO 2.5<br />

<strong>Sr</strong>FeO 3<br />

<strong>Sr</strong>TiO 3<br />

Fe<br />

113<br />

214<br />

327<br />

0.2<br />

0.0<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 2-9 MALT-Berechnung des Systems <strong>Sr</strong>-Ti-Fe-O bei T = 900 °C,<br />

Abkürzungen sind im Text erläutert<br />

2.3.2 Elektrisches Defektmodell<br />

Der Messbereich des STF-Sensors wird nach dem defektchemischen Modellansatz <strong>von</strong><br />

Rothschild beschrieben, der Überlebensbereich nach dem defektchemischen Modellansatz<br />

<strong>von</strong> Schreiner.<br />

Es wird gezeigt, dass die nichtlineare Kennlinie aus defektchemischer Sicht keinen<br />

Hinweis auf eine elektrische Instabilität im Einsatzbereich des Sensors gibt. Außerdem<br />

wird erklärt, warum die Leitfähigkeit <strong>von</strong> STF vom Sauerstoffpartialdruck und nicht<br />

<strong>von</strong> der Temperatur abhängt [3], [4], [20], [26].<br />

STF ist ein Mischleiter. Im Messbereich ist die ionische Leitung durch Sauerstoffleerstellen<br />

im Vergleich zur elektronischen Leitung sehr gering, so dass sie vernachlässigt<br />

werden kann und sich die elektrische Leitfähigkeit ausschließlich aus der elektronischen<br />

ergibt.<br />

Für die elektronische Leitfähigkeit gilt:<br />

( T, pO ) e ( T) p( T,<br />

pO )<br />

σ = ⋅µ<br />

⋅ (2.1)<br />

2 p<br />

2


12 2 Grundlagen<br />

wobei für die Beweglichkeit der Löcher gilt:<br />

µ µ<br />

−m<br />

p<br />

=<br />

0<br />

⋅ T<br />

(2.2)<br />

Der Exponent m setzt sich aus Werten für die Phononenstreuung, lokalen Ladungsanreicherungen<br />

und Kristalldefekten zus<strong>am</strong>men. m kann bei Mischkristallen wie STF, bei<br />

denen die Sauerstoffleerstellen statistisch im Kristall verteilt sind, 4,5 betragen [19].<br />

Laut Blaise ist die Beweglichkeit durch einen Hoppingmechanismus geprägt, der grundsätzlich<br />

durch (2.3) beschrieben ist.<br />

E<br />

1 − C<br />

kT<br />

µ<br />

hop<br />

∝ ⋅ e<br />

4.5<br />

(2.3)<br />

( kT )<br />

Heilig führte an STF25 zwischen 572 °C und 886 °C Halleffekt-Messungen durch [20],<br />

aus denen Rothschild m mit 4,4 ± 0,9 abschätzte.<br />

Die Ladungsträgerkonzentration in Gleichung (2.1) wird <strong>von</strong> drei physikalischen<br />

Prozessen beeinflusst: der intrinsischen Ladungsträgergeneration, dem Eisengehalt im<br />

<strong>Sr</strong>TiO 3 -Kristall und einer Austauschreaktion des Sauerstoffs in der umgebenden<br />

Atmosphäre mit dem Material. Obwohl diese physikalischen Prozesse im Folgenden<br />

separat betrachtet werden, hängen sie über die Materialkonstanten miteinander<br />

zus<strong>am</strong>men. So sinkt z.B. mit zunehmender Fe-Dotierung der Bandabstand E C -E V und<br />

das Ferminiveau rückt näher an die Valenzbandkante heran, was die intrinsische<br />

Ladungsträgergeneration beeinflusst.<br />

• intrinsische Ladungsträgergeneration<br />

Die Löcherkonzentration folgt einem Arrhenius-Gesetz:<br />

N V : effektive Zustandsdichte<br />

intr<br />

EF<br />

( T)<br />

+ EV<br />

−<br />

kT ⋅<br />

pT ( ) = N ( T)<br />

⋅ e<br />

(2.4)<br />

V<br />

kT⎞<br />

⋅<br />

* ⎛<br />

NV( T) = 2⋅ 2⋅π<br />

⋅mp⋅<br />

h<br />

2<br />

1.5<br />

(2.5)<br />

E F : Fermienergieniveau<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎝<br />

⎠<br />

F<br />

kT ⋅<br />

pO<br />

( )<br />

( 2<br />

⎛ ⎞ ⎡ ⎤<br />

,<br />

2<br />

=<br />

F<br />

⎢ ⎥<br />

,0<br />

− ln<br />

4 pO )<br />

E T pO E<br />

2 0<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ ⎢ ⎥<br />

⎝<br />

(2.6)<br />

E F,0 ist die Fermienergie bei dem Referenzsauerstoffpartialdruck pO 2,0 .<br />

• Ladungsträgergeneration durch Eisendotierung<br />

Um den Eisengehalt <strong>von</strong> STO zu erhöhen, wird bei der Herstellung <strong>von</strong> STF Fe 2 O 3 als<br />

Eisenspender verwandt. Fe-Atome auf vierwertigen Titanplätzen können leicht ionisiert<br />

werden, so dass dreiwertiges Eisen entsteht. Bei der Ionisierung wird ein Elektron vernichtet<br />

bzw. ein Defektelektron entsteht. Die Ionisierung <strong>von</strong> Eisen erfolgt nach Glei-<br />

⎣<br />


2.3 Modellansätze 13<br />

chung (2.7).<br />

3+ ∆H<br />

Fe h Fe<br />

⎡<br />

−<br />

⎣ ⎦<br />

kT<br />

=<br />

4+<br />

k<br />

1<br />

⋅ e<br />

Fe<br />

⎤⋅<br />

⎤ ⎡<br />

⎦ ⎣<br />

Fe ⎡<br />

⎣<br />

pFe<br />

= ⋅k ⋅e<br />

Fe<br />

4+ ∆H<br />

Fe<br />

− ⎤<br />

⎦<br />

kT<br />

3+<br />

1<br />

(2.7)<br />

⎡<br />

⎤<br />

Die entstehenden Löcher werden durch die Reaktion<br />

•<br />

e′ + h ↔ nil<br />

(2.8)<br />

vernichtet. Die Elektronen für diese Reaktion st<strong>am</strong>men aus der Ionisierung <strong>von</strong> Sauerstoffatomen,<br />

die im Kristall die geringste Ionisierungsenergie besitzen. Der Sauerstoff<br />

ist nur noch schwach im Gitter gebunden, so dass einzelne Ionen das Gitter verlassen.<br />

Es entstehen Sauerstoffleerstellen nach Gleichung (2.9).<br />

Es wird die Defektnotation <strong>von</strong> Kröger und Vink verwandt [27].<br />

3<br />

Fe<br />

+ 2 V<br />

••<br />

⎤ ⎡ ⎤ = ⋅<br />

⎡<br />

o<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦ (2.9)<br />

⎣<br />

⎦<br />

Insges<strong>am</strong>t verändert sich durch die Eisendotierung die Ladungsträgerkonzentration<br />

nicht.<br />

Grundsätzlich kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass sich die Defekte des Kationengitters<br />

nach dem Sintern in einem „eingefrorenen“ Zustand befinden, während sich die<br />

Defekte des Anionengitters ins Gleichgewicht setzen (s.u.).<br />

• Ladungsträgergeneration durch den Ein- und Ausbau <strong>von</strong> Sauerstoff<br />

Der Ein- und Ausbau <strong>von</strong> Sauerstoff ins bzw. aus dem Gitter erfolgt nach Gleichung<br />

(2.10).<br />

•• 1<br />

x •<br />

Vo<br />

+ O2<br />

↔ Oo<br />

+ 2h<br />

2<br />

bzw.<br />

x •• 1<br />

Oo<br />

↔ Vo<br />

+ 2e′<br />

+ O2<br />

2<br />

Durch Anwendung des Massenwirkungsgesetzes erhält man Gleichung (2.11).<br />

(2.10)<br />

1<br />

2<br />

1 −<br />

••<br />

−<br />

2 0<br />

ox ••<br />

⎡ ⎤<br />

⎣ ⎦<br />

V o 2 ox<br />

o<br />

K = p ⋅ V ⋅ pO = k ⋅e<br />

••<br />

Vo<br />

⎡ ⎤<br />

1<br />

0 •• 2<br />

ox o 2<br />

p = k ⋅ V ⋅ pO ⋅e<br />

⎦ ⎣<br />

bzw.<br />

∆H<br />

ox −<br />

kT<br />

∆H<br />

ox −<br />

kT<br />

(2.11)<br />

⎡ ⎤<br />

⎣ ⎦<br />

1<br />

2 •• 2 0<br />

red ••<br />

Vo<br />

o 2 red<br />

K = n ⋅ V ⋅ pO = k ⋅e<br />

∆H<br />

red −<br />

kT


14 2 Grundlagen<br />

••<br />

Vo<br />

1<br />

0<br />

1 −<br />

••<br />

−<br />

⎡ ⎤<br />

2<br />

red o<br />

2<br />

n = k ⋅ V ⋅ pO ⋅e<br />

∆Hred<br />

−<br />

kT<br />

⎦ ⎣<br />

Die Anzahl der Ladungsträger und d<strong>am</strong>it die elektrische Leitfähigkeit hängen also direkt<br />

vom Sauerstoffpartialdruck der Umgebung ab. Für höhere Sauerstoffpartialdrücke<br />

steigt die Löcherdichte mit<br />

0,25<br />

pO − 2<br />

.<br />

pO +<br />

0,25<br />

2<br />

, für geringere Sauerstoffpartialdrücke sinkt sie mit<br />

Trotz der Generation und Vernichtung <strong>von</strong> Ladungsträgern bleibt die Quasineutralität<br />

des Kristalls gewahrt (2.12): Die positiven Sauerstoffleerstellen werden durch Elektronen<br />

im Leitungsband ausgeglichen.<br />

[ ]<br />

′ ′<br />

<br />

2 V0<br />

p ⎡ ⎤ ⋅ + = n + Fe<br />

⎦ ⎣<br />

Ti<br />

(2.12)<br />

Moos [4] berichtet bei STO <strong>von</strong> Strontiumleerstellen, die ebenfalls durch Sauerstoffleerstellen<br />

ausgeglichen werden. Diese Art <strong>von</strong> Defekten spielt hier keine Rolle.<br />

Die Löcherkonzentration setzt sich also zus<strong>am</strong>men aus dem intrinsischen Teil, dem Fe-<br />

Beitrag und dem Anteil aus der RedOx-Reaktion.<br />

( )<br />

Für die Temperaturabhängigkeit <strong>von</strong> p gilt:<br />

pTpO ,<br />

2<br />

= ∑ p , p , p ••<br />

(2.13)<br />

intr Fe V O<br />

EFO+ EV ∆Hox<br />

kT<br />

VO<br />

−<br />

−<br />

1,5 kT<br />

2<br />

( ) ••<br />

pT = c ⋅T ⋅ e + c ⋅ e<br />

(2.14)<br />

intri<br />

Bei Temperaturen <strong>von</strong> 750 °C bis 1000 °C und hohen Sauerstoffpartialdrücken kompensieren<br />

sich für eine 35%ige Eisendotierung (STF) die Temperaturabhängigkeiten der<br />

Löcherkonzentration und der Beweglichkeit gerade. Deshalb ist die Leitfähigkeit in<br />

diesem Bereich unabhängig <strong>von</strong> der Temperatur.<br />

Für die Temperaturkoeffizienten der Beweglichkeit (TCR µ ) und der Löcherkonzentration<br />

(TCR p ) gilt:<br />

1 dR<br />

TCR : = ⋅<br />

R dT<br />

TCRges<br />

= TCRµ<br />

+ TCRp<br />

= 0<br />

TCRµ<br />

=−TCRp<br />

TCRµ<br />

> 0<br />

TCR < 0<br />

p<br />

(2.15)


2.3 Modellansätze 15<br />

0.004<br />

E F0<br />

= 0,1 eV<br />

E F0<br />

= 0,2 eV<br />

E F0<br />

= 0,3 eV<br />

E F0<br />

= 0,4 eV<br />

0.002<br />

TCR<br />

0.000<br />

-0.002<br />

-0.004<br />

600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050 1100<br />

T / °C<br />

Bild 2-10 TCR <strong>von</strong> STF für unterschiedliche E F0<br />

Bild 2-10 zeigt den TCR über der Temperatur. Die Konstante E F0 (2.6), die nicht bekannt<br />

ist, wurde mit 0,1 bis 0,4 eV, pO 20 (2.6) mit 0,2 bar und m (2.2) mit 4,5 angenommen.<br />

Die restlichen Konstanten wurden [26] entnommen. Ab 700 °C ergibt sich<br />

eine temperaturunabhängige Kennlinie mit einem TCR <strong>von</strong> kleiner als 0,2%.<br />

Der Bereich <strong>von</strong> ca. 10 -7 bar bis ca. 10 -12 bar in Bild 2-2 wird intrinsischer Bereich genannt.<br />

Die elektrische Leitfähigkeit ist minimal und die Ladungsträgerkonzentration ist<br />

nahezu konstant.<br />

Es gilt:<br />

E g<br />

−<br />

1/2 kT<br />

el,min 2 e (<br />

n pNC NV<br />

) e<br />

σ = ⋅ µ µ ⋅ (2.16)<br />

Die Beweglichkeiten der Elektronen und Löcher und die effektiven Zustandsdichten des<br />

Leitungsbandes N C und des Valenzbandes N V haben folgende Temperaturabhängigkeiten:<br />

(2.17)<br />

µ T ; µ T ; N T ; N T<br />

−1,5 −4,5 1,5 1,5<br />

n p C V<br />

Daraus ergibt sich eine Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit im intrinsischen Bereich<br />

<strong>von</strong> σ ~ T -1,5 . Es herrscht also keine Temperaturunabhängigkeit mehr.<br />

Elektrische Instabilität liegt vor, falls die Sensorkennlinie eine Abweichungen <strong>von</strong>


16 2 Grundlagen<br />

σ ~ pO 2 -0,25 im linken, σ ~ pO 2 +0,25 ~ T 0 im rechten und σ ~ pO 2 0 ~ T +1,5 im mittleren<br />

Bereich aufweist.<br />

Tabelle 2-1 Physikalische Konstanten Defektchemie STF<br />

Gleichung Variable Wert Quelle<br />

(2.2) µ 0 1,1 ּ10 6 cm² / Vs<br />

m 2,36<br />

[10], Untersuchungen an<br />

STO<br />

m 4,5 [19]<br />

m 4,4 ± 0,9 [20], [26]<br />

(2.4),(2.5) N C 7,1 10 16 T 1,5 [cm³] -1<br />

Waser, ּ Bieger, Maier : „Determination<br />

of Acceptor Con-<br />

N V 2,5 10 16 T 1,5 [cm³] -1 ּ<br />

centration and Energy Levels<br />

in Oxides Using an Optoelectrochemical<br />

Technique“. Solid<br />

State Commun. (1990),<br />

76, S. 1077-81<br />

(2.6) E F0 nicht bekannt<br />

(2.7) k 1 N V<br />

∆H Fe<br />

0,94 – (3,5 ּ10 -4 ּ T) [eV]<br />

(2.8) E g 3,26 – 1,93x + 0,54x² [eV]<br />

Choi, Tuller : “Defect Structure<br />

and Electrical Properties<br />

of Single-Crystal Ba 0.03 <strong>Sr</strong> 0.97<br />

TiO 3 ”. J. Am. Cer<strong>am</strong>. Soc.<br />

(1988), 71, 201-05<br />

[26]<br />

(2.11)<br />

2,65 eV für STF<br />

0<br />

k<br />

red<br />

(1,53 ± 0,17)ּ10 69 [Pa 0,5 cm -9 ]<br />

∆H red<br />

5,18 ± 0,18 [eV]<br />

0<br />

k<br />

red<br />

5ּ10 71 [bar 0,5 cm -9 ]<br />

∆H red<br />

6,1 [eV]<br />

Choi, Tuller, Goldschmidt :<br />

„Electronic-Transport Behavior<br />

in Single-Crystalline Ba 0.03<br />

<strong>Sr</strong> 0.97 TiO 3 “. Phys. Rev. B:<br />

Condens. Matter (1986), 34,<br />

6972-79<br />

[10], Untersuchungen an<br />

STO


3 Experimente<br />

Um die Überlegungen zum Mischkristallsystem (Bild 2-8) und die Ergebnisse der MALT-<br />

Simulation (Bild 2-9) zu veri- bzw. falsifizieren, wurden Alterungsversuche durchgeführt und<br />

die Proben auf Mikrostruktur- und Leitfähigkeitsänderungen untersucht.<br />

Ziel war es, eine Grafik zu erstellen, die die Bereiche chemischer und elektrischer Stabilität<br />

<strong>von</strong> STF aufzeigt.<br />

3.1 Übersicht Versuche<br />

Es wurden gezielt Arbeitspunkte des Sensors eingestellt, in denen eine Pulverschüttung oder<br />

eine Ker<strong>am</strong>ikprobe mehrere Stunden ausgelagert wurde. Eine Übersicht über die Alterungsversuche<br />

zeigt Bild 3-1.<br />

1400<br />

1200<br />

2<br />

T / °C<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

8|7|6|5|4 3<br />

λ = 0,7<br />

1<br />

50<br />

0<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 3-1 Übersicht Alterungsversuche<br />

Tabelle 3-1 referenziert die Nummern in Bild 3-1 und gibt die Versuchspar<strong>am</strong>eter an.


18 3 Experimente<br />

Tabelle 3-1 Übersicht Alterungsversuche<br />

Gasmischung T / °C t / h T Wasserbad<br />

/ °C<br />

pO 2 / bar p (λ = 0,7) /<br />

bar<br />

1 Luft 1000 12 - 0,2 -<br />

2 100% N 2 1300 50 - 10 -4 -<br />

3 100% N 2 1000 12 - 10 -4 -<br />

4 10% H 2 , 90% N 2 1000 50 45 2,48 · 10 -15 10 -15<br />

5 10% H 2 , 90% N 2 1000 12 10 4,06 · 10 -17 10 -15<br />

6a 20% H 2 , 80% N 2 1000 2 10 1,02 · 10 -17 10 -15<br />

6b 20% H 2 , 80% N 2 1000 12 10 1,02 · 10 -17 10 -15<br />

7 50% H 2 , 50% N 2 1000 12 10 1,63 · 10 -18 10 -15<br />

8 70% H 2 , 30% N 2 1000 12 10 8,29 · 10 -19 10 -15<br />

Es wurden Ker<strong>am</strong>iken und Pulverschüttungen gealtert. Zur Herstellung der Ker<strong>am</strong>iken wurde<br />

STF-Pulver leicht uniaxial vorgepresst („Handdruck“), in eine Folie geschweißt und in einem<br />

Wasserbad unter hohem Druck isostatisch verpresst (p = 2500 bar). Die Grünlinge wurden bei<br />

1300 °C für 10 h an Luft gesintert. Nach dem Sintern wurden sie mit einer Di<strong>am</strong>antsäge in<br />

6 x 3 x 12 mm große Quader geschnitten.<br />

Zur Untersuchung der elektrischen Stabilität (Kapitel 3.4) wurden die Ker<strong>am</strong>iken kontaktiert:<br />

Entweder wurde an den Stirnflächen der Ker<strong>am</strong>iken Silberleitlack aufgebracht, Platinkontakte<br />

eingebrannt [21] oder die Ker<strong>am</strong>iken mit Platindraht umwickelt. Die Leitfähigkeit der Ker<strong>am</strong>iken<br />

wurde in Abhängigkeit der Temperatur und des Sauerstoffpartialdrucks gemessen<br />

(3.4.1 und 3.4.2).<br />

Neben den Experimenten zur Untersuchung der elektrischen Stabilität wurden Versuche<br />

durchgeführt, um die Grenzen der chemischen Stabilität zu evaluieren. Die Ker<strong>am</strong>iken wurden<br />

optisch (3.3.1) und mittels Rasterelektronenmikroskop (3.3.2) untersucht. Zusätzlich<br />

wurden Thermogravimetrie - (3.3.6) und Dilatometer - (3.3.7) Untersuchungen durchgeführt.<br />

Um STF mittels Röntgenbeugung (3.3.3) und Transmissionselektronenmikroskopie (3.3.5)<br />

untersuchen zu können, wurden die Ker<strong>am</strong>iken gemörsert, so dass ein feines Pulver entstand.<br />

Teils wurde das STF-Pulver auch direkt prozessiert.<br />

Für den Einsatz im Automobil muss der Sensor einem λ-Wert <strong>von</strong> 0,7 standhalten. Bild 3-1<br />

zeigt den Grenzsauerstoffpartialdruck über der Temperatur als schwarze Linie.<br />

3.2 Alterungen<br />

Es wurden Ker<strong>am</strong>iken und Pulverschüttungen gealtert. Dazu wurden die Proben in einem<br />

Al 2 O 3 -Behälter in einen Rohrofen (4) geschoben. Die Probe wurde auf Temperatur gebracht<br />

und gleichzeitig das gewünschte Gas durch den Ofen geleitet.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 19<br />

(1)<br />

(2)<br />

(3)<br />

1 2 3<br />

60.5<br />

(6)<br />

(5)<br />

(4)<br />

Bild 3-2 Versuchsaufbau Alterungen; Gasversorgung (1), Gasmischbatterie (2), Blubberflasche und<br />

Thermostatbecken (3), Rohrofen mit Probe (4), λ-Sonde (5), Blubberflasche (6)<br />

In Bild 3-2 ist der Versuchsaufbau für die Alterungen schematisch dargestellt. Über separate<br />

Rohrleitungen gelangen Stickstoff und Wasserstoff (1) zur Gasmischbatterie (2). Die Gasmischung,<br />

die mittels Flowmeter eingestellt wird, wird zu einer Blubberflasche geführt, die in<br />

einem Kältebad steht (3). Die zu alternde Probe befindet sich im Rohrofen (4). Von dort gelangt<br />

das Gas zu einer Messk<strong>am</strong>mer, in der eine λ-Sonde den pO 2 -Gehalt der Gasmischung<br />

misst (5). Eine zweite Blubberflasche verhindert eine Rückdiffusion <strong>von</strong> Sauerstoff in das<br />

System (6). Über eine Freileitung gelangt das Gas in die Umgebungsluft.<br />

Ein Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong> 10 -4 bar wird durch 100% Stickstoff eingestellt (Versuche 2,3<br />

in Bild 3-1). Durch Diffusionsprozesse entweicht der Großteil des Sauerstoffs aus dem System<br />

und der pO 2 sinkt.<br />

Um Sauerstoffpartialdrücke zu erreichen, die nahe bei λ = 0,7 liegen (Versuche 4 bis 8), wird<br />

ein Wasserstoff-Stickstoff-Gemisch eingesetzt. Der Wasserstoff reagiert chemisch mit Sauerstoff<br />

zu Wasser, so dass der pO 2 sinkt. Der Zus<strong>am</strong>menhang zwischen Gasmischung und pO 2<br />

ist in Anhang I gezeigt.<br />

3.3 Versuche zur chemischen Stabilität<br />

3.3.1 Optische Untersuchung<br />

STF erscheint nach seiner Herstellung schwarz. Während der Alterung im Schweißgas (Versuch<br />

4) wurden die Ker<strong>am</strong>iken braun (Bild 3-3).


20 3 Experimente<br />

Bild 3-3 Links gealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik, rechts ungealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik<br />

Einige Ker<strong>am</strong>iken sprangen während der Alterung in zwei oder mehr Teile (Bild 3-4). Die<br />

Risse waren sehr geradlinig und die Bruchstücke oberflächig braun. Um thermische Spannungen<br />

als Grund für den Bruch auszuschließen, wurden die Bruchstücke zersägt. Auf den nun<br />

auftretenden Innenseiten erschienen die Bruchstücke schwarz.<br />

Bild 3-4 Zerborstene Ker<strong>am</strong>ik; das Innere ist ungealtert, der Randbereich ist gealtert<br />

Der Prozess der Farbänderung bei hohen Temperaturen ist reversibel, d.h. eine braune Ker<strong>am</strong>ik,<br />

an Luft bei 1000 °C ausgelagert, wird instantan schwarz. Die abgebildeten Ker<strong>am</strong>iken<br />

wurden unter Schweißgas abgekühlt, um die braune Farbe zu konservieren.<br />

1<br />

6<br />

7<br />

8<br />

3<br />

Bild 3-5 Pulverschüttungen nach Auslagerungen<br />

Bild 3-5 zeigt die Farbänderungen der Pulverschüttungen während der Alterung. Während die<br />

in Luft und Stickstoff ausgelagerten Proben schwarz sind, erkennt man bei den in Wasserstoff<br />

gealterten Proben eine Braun- (Versuch 6) bzw. Graufärbung (Versuch 7, 8).<br />

3.3.2 REM<br />

Im Rasterelektronenmikroskop (LEO 1530, [2]) wurde der Einfluss der Alterung bzw. Auslagerung<br />

auf die Mikrostruktur der Probe bestimmt.<br />

Bild 3-6 zeigt das REM-Bild einer ungealterten, gebrochenen Ker<strong>am</strong>ik. Deutlich ist die offene<br />

Porosität der Ker<strong>am</strong>ik zu erkennen. Nach der Auslagerung in Stickstoff bei 1300 °C hat die<br />

Porosität deutlich abgenommen (Bild 3-7). Die gealterte Ker<strong>am</strong>ik (Bild 3-8) hat eine ähnliche<br />

Porosität wie die ungealterte Ker<strong>am</strong>ik.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 21<br />

Bild 3-6 Ungealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik<br />

Bild 3-7 Ausgelagerte STF-Ker<strong>am</strong>ik<br />

(Versuch 2)<br />

Bild 3-8 Gealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik (Versuch 6)<br />

Bild 3-9 Bruchfläche; während der Alterung<br />

gebrochen<br />

3.3.3 XRD und Rietveld Refinement<br />

XRD steht für X-Ray Diffraction. Es wurde das Siemens D5000 verwandt 5 .<br />

Monochromatische Röntgenstrahlung wird <strong>am</strong> Kristall reflektiert. Die Reflexe bilden ein materialspezifisches,<br />

charakteristisches Spektrum, so dass man anhand der Reflexe Auskunft<br />

über die Probenzus<strong>am</strong>mensetzung erhält. Genauer ist das Messprinzip in [2] dargestellt.<br />

Mittels Rietveld Refinement wird aus dem gemessenen Spektrum eine Kristallstruktur errechnet,<br />

deren theoretische Peaks möglichst gut mit dem realen Gitter übereinstimmen.<br />

Normalerweise bezieht ein Rietveld Refinement die Gitterpar<strong>am</strong>eter (a,b,c,α,β,γ), die Millerschen<br />

Indizes (h,k,l), das Braggsche Reflexionsgesetz und die Strukturfaktoren F(h,k,l), die<br />

5 Zur Aufnahme aller Röntgendiffraktogr<strong>am</strong>me wurde verwandt: Siemens D500-Diffraktometer, Quelle: CuKα 1 ,<br />

CuKα 2 (Peaks wurden mit Software nachträglich entfernt), Beschleunigungsspannung 40 kV, Strahlstrom 30<br />

mA, Blende V6, step size 1s, step 0,0142814°, scan type locked coupled


22 3 Experimente<br />

die Beugung der Röntgenstrahlung <strong>am</strong> jeweiligen Atom beschreiben, in die Simulation mit<br />

ein.<br />

Die Strukturfaktoren können in diesem Abschnitt vernachlässigt werden, da eine elementunabhängige<br />

Bestimmung der Gitterstruktur ausreicht. Es handelt sich bei dem hier vorgestellten<br />

Rietveld Refinement um ein sog. „indexing“.<br />

(1)<br />

(2)<br />

0 30 0 0 60 0 80<br />

(3)<br />

30 40 50 60 70 80 90<br />

2θ / °<br />

Bild 3-10 Prinzip XRD – Rietveld-Refinement;<br />

gemessenes XRD-Spektrum (1), Diskretisierung (2), errechnetes Spektrum (3)<br />

Bild 3-10 zeigt das prinzipielle Vorgehen: mittels XRD werden die Gitterebenenreflexe auf-


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 23<br />

genommen (1) und diskretisiert (2). Dabei werden die Maxima des kontinuierlichen Spektrums<br />

markiert. Dieses diskrete Spektrum wird in die Software „Win-Index“ 6 importiert, das<br />

zu den Peaks nach dem Bragg’schen Gesetz (3.1) die passende Gitterzelle errechnet. Das untere<br />

Spektrum (3) in Bild 3-10 zeigt die errechneten Peaks.<br />

2d⋅sinΘ= m⋅ λ<br />

(3.1)<br />

d: Gitterebenenabstand; Θ: Reflexionswinkel; m: Ordnung des Reflexes; λ: Wellenlänge der Quelle<br />

Zur Bestimmung der Genauigkeit dieser Methode wurde die Eichprobe SiO 2 vermessen.<br />

Tabelle 3-2 vergleicht die Kristallpar<strong>am</strong>eter, bekannt aus der Literatur, mit den mittels Indexing<br />

bestimmten.<br />

Tabelle 3-2 Vergleich der Gitterpar<strong>am</strong>eter <strong>von</strong> SiO 2 Datenbank vs. indexing<br />

Quelle Kristallstruktur Gitterkonstanten<br />

JCPDS-ICDD 33-1161 7 hexagonal a = 4,91340 Å b = 4,91340 Å c = 5,40530 Å<br />

XRD-Messung, indexing hexagonal<br />

a = 4,91557 Å b = 4,91557 Å c = 5,40336 Å<br />

Die Abweichung zwischen Literaturwerten und ermittelten Werten beträgt weniger als 0,1%.<br />

Der Fehler setzt sich zus<strong>am</strong>men aus einem Messfehler durch das XRD, einer Ungenauigkeit<br />

beim Ermitteln der Intensitätsmaxima und einem Fehler beim Indexing. Trotz dieser Fehler<br />

zeichnet sich die Kombination Diffraktometrie und Indexing durch eine hohe Genauigkeit<br />

aus.<br />

Tabelle 3-3 gibt die ermittelten Gitterpar<strong>am</strong>eter für die Ausgangspulver <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3 - δ<br />

an. Neben der Pulver-ID sind die Kristallstruktur und die ermittelte Gitterkonstante in<br />

Angström angegeben. Je größer das Gütemaß „Figure of Merit“ ist, desto besser stimmen das<br />

errechnete und das gemessene Spektrum überein. Die Anzahl der Lösungen steht für die Anzahl<br />

der Fits, die bei den gemessenen Intensitätspeaks möglich sind. Allerdings weisen die<br />

nicht aufgeführten Lösungen eine schlechte Güte auf (FoM < 20).<br />

Tabelle 3-3 Gitterpar<strong>am</strong>eter STF35<br />

Pulver-ID Kristallstruktur Gitterkonstante / Å Figure of Merit Anzahl der weiteren<br />

Lösungen<br />

STF_3_Siem kubisch a = b = c = 3,896 FoM = 309 3<br />

STF_8_Siem kubisch a = b = c = 3,896 FoM = 322 0<br />

STF_9_Siem kubisch a = b = c = 3,895 FoM = 413 3<br />

STF_10_Siem kubisch a = b = c = 3,895 FoM = 390 0<br />

6 Win-Index Version 3.0.8, SIGMA-C GmbH Thomas-Dehler-Str. 9, 81737 München<br />

7 Eichsubstanz SiO 2 , JCPDS-ICDD (Joint Commitee on Powder Diffraction Standards – International Centre for<br />

Diffraction Data) 33-1161


24 3 Experimente<br />

Tabelle 3-4 Bestimmung der Gitterpar<strong>am</strong>eter mittels TEM und Literaturangabe<br />

Messmethode<br />

Quelle Material Kristallstruktur<br />

Gitterkonstante / Å<br />

TEM Heike Störmer, LEM STF kubisch a = b = c = 3,8925 ± 0,01<br />

XRD Steinsvik [22] STF40 kubisch a = b = c = 3,900 ± 0,001<br />

Um die mittels XRD und Rietveld-Refinement bestimmten Gitterpar<strong>am</strong>eter abzusichern, wurden<br />

Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) - Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis<br />

(Tabelle 3-4) liegt in guter Übereinstimmung mit den ermittelten Konstanten.<br />

Steinsviks [22] Untersuchungen an STF40 zeigen ebenfalls eine kubische Struktur. Die Gitterkonstante<br />

liegt etwas über der <strong>von</strong> STF.<br />

Nach der N 2 -Alterung (Versuch 2) wurde eine kubische Struktur mit einer geringfügig größeren<br />

Gitterkonstante (+ 0,008 Å) gemessen als beim ungealterten Pulver. Die Gitterebenenabstände<br />

<strong>von</strong> STF nach den H 2 -Alterungen sind ebenfalls in Tabelle 3-5 aufgeführt. „Pseudokubisch“<br />

heißt, dass neben einer kubischen Gitterstruktur noch weitere Kristallstrukturen im<br />

Material gefunden wurden.<br />

Tabelle 3-5 Gitterebenenabstände und –struktur nach Alterung <strong>von</strong> STF<br />

Gitterstruktur<br />

Gitterpar<strong>am</strong>eter<br />

FoM Pulver Bemerkung<br />

1 kubisch 3,895 413 STF_9_Siem einphasig<br />

2 kubisch 3,903 261 STF_8_Siem einphasig<br />

3 kubisch 3,906 348 STF_9_Siem einphasig<br />

4 kubisch 3,910 553 STF_9_Siem einphasig<br />

5 kubisch 3,898 899 STF_9_Siem einphasig<br />

6a kubisch 3,899 255 STF_9_Siem einphasig<br />

6b pseudokubisch<br />

7 pseudokubisch<br />

3,914 149 STF_9_Siem mehrphasig<br />

3,906 273 STF_9_Siem mehrphasig<br />

Anzeichen für Fe-Auslagerung,<br />

Zweitphasenbildung, teils unsymmetrische<br />

Peaks<br />

Fe-Auslagerung,<br />

Zweiphasenbildung<br />

8 pseudokubisch<br />

3,906 202 STF_9_Siem mehrphasig<br />

Fe-Auslagerung,<br />

Jede Alterung wurde mindestens zweimal durchgeführt.<br />

Zweiphasenbildung


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 25<br />

Bild 3-11 zeigt eine Überlagerung der XRD-Spektren <strong>von</strong> verschieden gealterten Pulvern<br />

(Versuche 4-8). Man erkennt deutlich eine Veränderung des Spektrums mit zunehmender<br />

Wasserstoffkonzentration. Die Tendenzen sind durch Pfeile markiert.<br />

10000<br />

10% H 2<br />

/ 90% N 2<br />

Intensität / cts<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

20% H 2<br />

/ 80% N 2<br />

50% H 2<br />

/ 50% N 2<br />

70% H 2<br />

/ 30% N 2<br />

2000<br />

0<br />

31 32 33 40 42 44 46<br />

2θ / °<br />

Bild 3-11 XRD-Spektrum nach unterschiedlichen Alterungen<br />

Neben einmaligen Alterungen wurde das Pulver RedOx-Zyklen ausgesetzt. Die reduzierende<br />

Phase entsprach Versuch 8, die oxidierende Phase Versuch 1.<br />

Tabelle 3-6 Ergebnisse der RedOx-Zyklen<br />

Gitterstruktur<br />

Gitterpar<strong>am</strong>eter<br />

FoM<br />

Bemerkung<br />

1 kubisch 3,897 197 einphasig<br />

8 mehrphasig, Fe-Auslagerung, Zweitphasenbildung<br />

1 kubisch 3,899 382 einphasig<br />

8<br />

1<br />

keine XRD-Analyse<br />

8 mehrphasig, verstärkte Umlagerung im Kationengitter<br />

1 kubisch 3,898 131 einphasig<br />

3.3.4 HT-XRD<br />

HT-XRD steht für High Temperature X-Ray Diffraction. Bild 3-12 zeigt den Aufbau des Versuchs.


26 3 Experimente<br />

40.451<br />

1 2 3<br />

STOP<br />

30 kV<br />

60.5<br />

Bild 3-12 Versuchsaufbau Hochtemperatur-XRD<br />

Die Messungen wurden mit der HTK 16 durchgeführt. Diese Hochtemperaturk<strong>am</strong>mer wurde<br />

auf das Goniometer des XRD geschraubt. Das zu untersuchende Pulver wurde auf ein Platinband<br />

aufgebracht und mit einigen Tropfen Isopropanol eben auf dem Band verteilt.<br />

Die Probe lässt sich auf dem Platinband bis auf 1600 °C erhitzen und kann unterschiedlichen<br />

Gasatmosphären ausgesetzt werden. An der HTK sind zwei gasundurchlässige Kaptonfolien<br />

befestigt, durch die die Röntgenstrahlung zur Probe bzw. zum Detektor gelangt. Der Vorteil<br />

des Systems ist die Möglichkeit <strong>von</strong> In-situ-Messungen.<br />

Das Beugungsspektrum der Probe wurde in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Temperatur aufgenommen.<br />

Mittels des in Kapitel 3.3.3 beschriebenen Verfahrens wurden die Gitterkonstanten des gemessenen<br />

Spektrums bestimmt (Bild 3-13).<br />

Bei hohen Temperaturen k<strong>am</strong> es zu einer Peakverbreiterung des XRD-Spektrums und die<br />

Genauigkeit der ermittelten Gitterpar<strong>am</strong>eter nahm ab.<br />

3.97<br />

3.96<br />

3.95<br />

3.94<br />

a / Å<br />

3.93<br />

3.92<br />

3.91<br />

3.90<br />

3.89<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

T / °C<br />

Bild 3-13 HTXRD: Gitterkonstante <strong>von</strong> STF, grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors<br />

In Bild 3-14 sind die Gitterkonstanten <strong>von</strong> STF in Luft (), Stickstoff () und einer 10%igen<br />

Wasserstoff-Stickstoffmischung () aufgetragen.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 27<br />

3.97 Luft<br />

3.96<br />

100% N 2<br />

10% H 2<br />

/ 90% N 2<br />

T / °C<br />

3.95<br />

3.94<br />

3.93<br />

3.92<br />

3.91<br />

3.90<br />

3.89<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

Bild 3-14 Gitterpar<strong>am</strong>eter <strong>von</strong> STF in Luft (), N 2 () und 10% H 2 in N 2 (),<br />

grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors<br />

3.3.5 TEM<br />

Die TEM-Untersuchungen wurden <strong>am</strong> Jožef Stefan Institut (JSI) in Ljubljana, Slovenien und<br />

<strong>am</strong> Laboratorium für Elektronenmikroskopie (LEM), Universität Karlsruhe (TH) durchgeführt.<br />

Die gesinterten und gealterten Proben wurden mit einer Di<strong>am</strong>antsäge in 200 µm dicke Blöcke<br />

geschnitten und mit einem Ultraschallfräser zu Scheiben zerkleinert. Die Scheiben wurden<br />

mit Di<strong>am</strong>antpaste und Argonionen ausgedünnt.<br />

Mit einem JEM-2010F TEM/STEM wurden Hellfeld- und Dunkelfeldabbildungen der Probe<br />

aufgenommen. Die analytischen Aufnahmen wurden mit einem Oxford Instruments ISIS 300<br />

EDXS System erstellt.<br />

Zum besseren Verständnis <strong>von</strong> TEM-Aufnahmen sei auf [14] verwiesen.<br />

Um die Idee der „solid solution“ zu bestätigen (2.3.1), wurde STF-Pulver <strong>am</strong> JSI mittels TEM<br />

bzw. energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDXS) untersucht (Bild 3-15). In Tabelle 3-8<br />

ist exemplarisch das Ergebnis einer EDXS-Aufnahme mit der stöchiometrischen Elementzus<strong>am</strong>mensetzung<br />

<strong>von</strong> STF verglichen.


28 3 Experimente<br />

0,5 µm<br />

Bild 3-15 TEM-Aufnahme <strong>von</strong> STF, EDXS-Aufnahmen ()<br />

Am JSI wurden drei Ker<strong>am</strong>iken untersucht: eine ungealterte Ker<strong>am</strong>ik (JSI_bulk_5) und zwei<br />

bei unterschiedlichen Temperaturen gealterte Ker<strong>am</strong>iken (JSI_bulk_3, JSI_bulk_4). Alle Proben<br />

wurden 10 h bei 1300 °C gesintert.<br />

In Tabelle 3-7 sind die Ergebnisse der EDXS und STEM-Untersuchungen qualitativ zus<strong>am</strong>mengefasst.<br />

Eine quantitative Elementverteilung zeigt Tabelle 3-8.<br />

Die ungealterte Probe zeigt neben reinen STF-Körnern einige inhomogene Bereiche (Agglomerate,<br />

L<strong>am</strong>ellen). In den Inhomogenitäten ist eine unterschiedliche Elementzus<strong>am</strong>mensetzung<br />

zu beobachten. Die gealterten Proben weisen eine höhere Homogenität auf.<br />

Tabelle 3-7 TEM-Ergebnisse der untersuchten Proben<br />

S<strong>am</strong>ple – ID Prozessierung Ergebnis der Untersuchung<br />

JSI_bulk_5 ungealtert Körner:<br />

STF (PK)<br />

Agglomerate: STO<br />

mit 15%iger Fe-<br />

Dotierung<br />

L<strong>am</strong>ellen:<br />

etwas an <strong>Sr</strong><br />

verarmt<br />

JSI_bulk_4 5% H 2 , 900 °C<br />

JSI_bulk_3 5% H 2 , 700 °C<br />

homogener als<br />

JSI-bulk-5<br />

an KG leichte Anreicherung<br />

<strong>von</strong> Fe<br />

Eine brownmilleritische Phase, wie sie bei SFO bekannt ist, wurde bei den TEM-<br />

Untersuchungen des JSI nicht gefunden (vgl. STF (δ=0,5) in Tabelle 3-8).<br />

Zur Absicherung wurde eine ungealterte STF-Probe und die Probe JSI_bulk_4 <strong>am</strong> LEM erneut<br />

untersucht. Zusätzlich wurde eine Probe untersucht, die bei 1000 °C für 12 h einer<br />

70%igen Wasserstoffatmosphäre ausgesetzt war (Versuch 8). Für die ungealterte Probe wurde<br />

eine kubische Struktur mit einer durchschnittliche Gitterkonstante <strong>von</strong> a = 3,914 ± 0,007 Å<br />

bestimmt. Insges<strong>am</strong>t wurden 20 Beugungsbilder analysiert. Außerdem wurden Ausscheidungen<br />

und L<strong>am</strong>ellen detektiert, die eisenreich waren.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 29<br />

Tabelle 3-8 Prozentuale Elementverteilung der untersuchten Proben<br />

S<strong>am</strong>ple – ID Prozessierung Ti (at%) Fe (at%) <strong>Sr</strong> (at%) O (at%) <strong>Sr</strong>/(Ti+Fe)<br />

JSI_bulk_5 ungealtert 13,9 7,3 20,1 58,8 0,95<br />

JSI_bulk_4 5% H 2 , 900 °C 12,6 7,4 21,6 58,2 1,08<br />

JSI_bulk_3 5% H 2 , 700 °C 12,8 7,0 22,1 58,0 1,12<br />

STF (δ=0) 13,0 7,0 20,0 60,0 1,00<br />

STF (δ=0,5) 14,4 7,8 22,2 55,6 1,00<br />

Bei der mit 5% H 2 gealterten Probe (JSI_bulk_4) wurde ebenfalls eine kubische Struktur<br />

identifiziert. Die mittlere Gitterkonstante wurde aus 9 Beugungsbildern bestimmt:<br />

a = 3,917 ± 0,004 Å.<br />

Die gealterte Probe wies gegenüber der ungealterten mehr Defekte auf. Bild 3-16 zeigt zwei<br />

Arten auftretender Defekte: links ist eine Ausscheidung zu erkennen, die die gleiche Gitterkonstante<br />

hat wie das umliegende Material; rechts sieht man eine L<strong>am</strong>ellenstruktur. Beide<br />

Defektarten wurden auch bereits bei der ungealterten Probe detektiert.<br />

30 nm 10 nm<br />

Bild 3-16 TEM-Aufnahme <strong>von</strong> JSI_bulk_4 (gealtert mit 5% H 2, 900 °C);<br />

links Ausscheidung, rechts L<strong>am</strong>ellenstruktur<br />

Für die Ausscheidungen wurde die gleiche Gitterkonstante wie für das Wirtsgitter ermittelt.<br />

Da <strong>Sr</strong>TiO 3 mit a = 3,905 Å nahezu die gleiche Gitterkonstante hat wie STF, könnte es sich bei<br />

den Ausscheidungen um leicht Fe-dotiertes STO handeln. <strong>Sr</strong>FeO 3 kommt als Ausscheidung<br />

mit einer Gitterkonstanten <strong>von</strong> a = 3,85 Å nicht in Frage.<br />

Neben den JSI-Proben wurde eine gealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik (Versuch 8) <strong>am</strong> LEM untersucht.<br />

Diese Aufnahmen wurden nicht mit dem Philips CM 200 FEG/ST, das hochauflösende Untersuchungen<br />

ermöglicht, gemacht, da bei der gealterten Probe eine Magnetisierung festgestellt<br />

wurde, die das Gerät zerstört hätte. Stattdessen wurde zur Untersuchung ein Zeiss 912 Omega<br />

verwandt, das einen Energiefilter besitzt.


30 3 Experimente<br />

(2)<br />

181 nm<br />

(1)<br />

(2)<br />

(3)<br />

Bild 3-17 TEM-Aufnahme eines gealterten STF-Kristalls, l<strong>am</strong>ellare Strukturen (1),<br />

Eisenausscheidungen (2), Matrix (3)<br />

Im oberen Teil des Bildes Bild 3-17 sind die l<strong>am</strong>ellaren Strukturen (1) zu erkennen, die bereits<br />

bei der ungealterten Probe gefunden wurden. EDX-Untersuchungen ergaben ein Ti/Fe-<br />

Verhältnis <strong>von</strong> kleiner 0,35. Im unteren Teil des Bildes ist die Kristallmatrix (3) zu erkennen,<br />

die reich an Titan ist. Neben l<strong>am</strong>ellenartigen Strukturen und der Kristallmatrix sind deutlich<br />

zwei Ausscheidungen zu sehen, die aus nahezu reinem Eisen bestehen (2).<br />

500<br />

<strong>Sr</strong><br />

Fe<br />

400<br />

Intensität / cts<br />

300<br />

200<br />

Ti<br />

<strong>Sr</strong><br />

100<br />

0<br />

Ti<br />

Fe<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

E / keV<br />

Bild 3-18 EDX-Scan der Eisenausscheidung (schwarz) im Vergleich mit dem Scan der Matrix (grau)<br />

Die Beobachtung des JSI, dass sich Eisen an den Korngrenzen angelagert habe, konnte nicht<br />

bestätigt werden.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 31<br />

3.3.6 Thermogravimetrie (TG)<br />

Mittels einer Balkenwaage wurde die Gewichtsänderung <strong>von</strong> STF relativ zu einer Referenzmasse<br />

(Saphirscheiben) in Abhängigkeit zur Temperatur und zum Sauerstoffpartialdruck bestimmt.<br />

60.5<br />

1 2 3<br />

protective: N 2<br />

60.5<br />

Bild 3-19 Versuchsaufbau Thermogravimetrie<br />

Die Massenänderung <strong>von</strong> STF-Pulver () und einer STF-Ker<strong>am</strong>ik () nach einem Gaswechsel<br />

Stickstoff zu Luft sind in Bild 3-20 gezeigt.<br />

98.8<br />

98.7<br />

98.6<br />

m/m 0<br />

/ %<br />

98.5<br />

98.4<br />

98.3<br />

98.2<br />

0 60 120 180 240 300<br />

t / s<br />

Bild 3-20 Massenänderung <strong>von</strong> STF-Pulver () und STF-Ker<strong>am</strong>ik () nach einem Gaswechsel N 2 – Luft<br />

Beide Proben reagierten nahezu zeitgleich auf den Gaswechsel. Deshalb kann da<strong>von</strong> ausgegangen<br />

werden, dass STF gleich schnell auf Alterungen (3.2) reagiert, unabhängig da<strong>von</strong>, ob<br />

STF als Pulverschüttung oder in Form einer Ker<strong>am</strong>ik vorliegt.


32 3 Experimente<br />

100.0<br />

99.5<br />

m/m 0<br />

/ %<br />

99.0<br />

98.5<br />

0 200 400 600 800<br />

T / °C<br />

Bild 3-21 Massenänderung mit steigender Temperatur <strong>von</strong> STF (grau) und Saphir (schwarz)<br />

Bild 3-21 zeigt den Massenverlust mehrerer STF-Proben (grau) über der Temperatur. Deutlich<br />

sind mehrere Bereiche zu erkennen: nach einem großen Massenverlust bis ca. 200 °C<br />

flacht die Kurve ab. Die Massenänderung ist minimal. Ab 400 °C ist ein nahezu kontinuierlicher<br />

Massenverlust zu erkennen.<br />

3.3.7 Dilatometrie (Dil)<br />

Es wurde das Dilatometer Netzsch DIL 402C verwandt. Bild 3-22 zeigt den Versuchsaufbau.<br />

1 2 3<br />

60.5<br />

Bild 3-22 Aufbau Dilatometer<br />

In einem Ofen liegt die Probe auf einer geeignet geformten Auflage. Eine Schubstange überträgt<br />

die thermische Ausdehnung der Probe auf einen Wegaufnehmer, der die Verschiebung<br />

misst. Die thermische Ausdehnung der Schubstange wird vom gemessenen Ergebnis subtrahiert,<br />

so dass man die Probenausdehnung erhält.<br />

Mittels Dilatometermessung können Sintervorgänge (irreversible Schrumpfung des Materials),<br />

Phasenumwandlungen und thermische Ausdehnungskoeffizienten erkannt bzw. ermittelt<br />

werden.<br />

Bild 3-23 zeigt die thermische Ausdehnung <strong>von</strong> STF in Luft (schwarz) und Stickstoff (grau).<br />

Man erkennt jeweils einen leichten Knick in der Kennlinie bei ca. 400 °C.


3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 33<br />

1.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

∆l / l 0 / %<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0 200 400 600 800<br />

T / °C<br />

Bild 3-23 Längenänderung einer STF-Ker<strong>am</strong>ik beim Aufheizen in Luft (schwarz)<br />

und Stickstoff (grau), Führungslinie (gepunktet)<br />

3.3.8 Differential Scanning Calorimeter (DSC)<br />

Ein Calorimeter dient zur Messung <strong>von</strong> Wärme. Es wird die Differenz der Wärmeströme vom<br />

Ofen zur Probe und vom Ofen zur Referenzprobe über der Zeit gemessen. Peaks, die sich<br />

oberhalb der Messkurve befinden, sind charakteristisch für eine exotherme Reaktion, bei der<br />

Wärme frei wird. Befindet sich ein Peak unterhalb der Messkurve, fand eine endotherme<br />

Reaktion statt, bei der Wärme aufgenommen wurde. Glatte Kurven bedeuten, dass es keine<br />

Wärmeströme zwischen den Proben gegeben hat und es somit zu keiner Reaktion gekommen<br />

ist.<br />

Durch Integration der Wärmestromdifferenzkurve über der Zeit erhält man einen Wert für die<br />

<strong>von</strong> der Probe aufgenommene oder abgegebene Wärme. Diese „Peakfläche“ entspricht z.B.<br />

der Reaktionsenthalpie oder Umwandlungsenthalpie.


34 3 Experimente<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

U diff<br />

/ mV<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800<br />

T / °C<br />

Bild 3-24 DSC-Ergebnis <strong>von</strong> STF<br />

Bild 3-24 zeigt das Ergebnis der DSC-Messung <strong>von</strong> STF-Pulver. Im interessanten Bereich<br />

zwischen T = 300 °C und T = 550 °C ist keine Reaktion zu erkennen. Die Signale bei niedrigeren<br />

Temperaturen sind auf die Verdunstung <strong>von</strong> Wasser an der Probe zurückzuführen.<br />

3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität<br />

Zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit standen zwei Messplätze zur Verfügung. In 3.4.1<br />

werden die Ergebnisse des sog. „Leitfähigkeitsmessplatzes“ dargestellt, in dem der Sauerstoffpartialdruck<br />

mit einer Gasmischung aus Luft, Stickstoff und Wasserstoff eingestellt wurde.<br />

Eine zweite Möglichkeit, den Sauerstoffpartialdruck einzustellen, nutzte der Messplatz<br />

„Sauerstoffpumpe“ in Kapitel 3.4.2. Durch einen Ionenleiter wurden solange Sauerstoffionen<br />

<strong>von</strong> der Messk<strong>am</strong>mer in die Umgebungsluft gepumpt, bis der gewünschte Sauerstoffpartialdruck<br />

erreicht war. Dieses Prinzip wird auch bei der <strong>am</strong>perometrischen L<strong>am</strong>bdasonde verwandt.<br />

Um während der Alterung Veränderungen an den Korngrenzen <strong>von</strong> STF zu detektieren, wurden<br />

Versuche mittels elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) durchgeführt. Allerdings<br />

konnten die Ergebnisse nicht reproduziert werden. Die Möglichkeiten der EIS bei der Untersuchung<br />

der Stabilität <strong>von</strong> STF und die Probleme, die während der Messungen auftraten, sind<br />

in Anhang II zus<strong>am</strong>mengefasst.<br />

3.4.1 Leitfähigkeitsmessung mit Gasmischungen<br />

Am Leitfähigkeitsmessplatz wurde der elektrische Widerstand in Abhängigkeit der Temperatur<br />

und der Gaszus<strong>am</strong>mensetzung gemessen. Die Temperatur betrug T = 1000 °C.


3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität 35<br />

Tabelle 3-9 elektrischer Widerstand bei unterschiedlichen Gaszus<strong>am</strong>mensetzungen<br />

Gas Luft (12h) 100% N 2 (1h) 10% H 2 / 90% N 2 (8h) Luft (16h)<br />

R / Ω 9,94 53 nicht messbar 15,3 (4h), 13,6 (16h)<br />

Tabelle 3-9 zeigt die Ergebnisse eines RedOx-Zyklus. Der Ausgangswert des elektrischen<br />

Widerstands wird nach der Alterung in dem H 2 /N 2 -Gasgemisch nicht mehr erreicht.<br />

3.4.2 Leitfähigkeitsmessung mit Sauerstoffpumpe<br />

Der schematische Aufbau der Sauerstoffpumpe ist in Bild 3-25 gezeigt. Herzstück des Messplatzes<br />

ist ein sauerstoffionenleitendes ZrO 2 -Rohr, in dem sich die Probe befindet. Eine Insitu-Messung<br />

der elektrischen Leitfähigkeit der Probe ist in Abhängigkeit des Sauerstoffpartialdrucks<br />

und der Temperatur möglich.<br />

Spülgas<br />

O 2<br />

Aluminiumoxidröhre<br />

Probe<br />

YSZ-<br />

Röhre<br />

O 2<br />

Spülgas<br />

Dichtungsring<br />

Wasserkühlung<br />

Ofen (bis 1000 o C)<br />

Thermoelement<br />

Bild 3-25 Schematischer Aufbau der Sauerstoffpumpe [36]<br />

Es wurden zwei STF-Proben vermessen. Die Proben wurden vier bzw. fünf unterschiedlich<br />

langen RedOx-Zyklen ausgesetzt. Eine der beiden Proben wurde in reduzierter Atmosphäre<br />

auf Raumtemperatur heruntergekühlt. Dabei zersprang die Ker<strong>am</strong>ik. Die Bruchstücke wurden<br />

gemörsert und das Pulver mit dem XRD untersucht. Das Ergebnis ist in 4.4 präsentiert. Die<br />

zweite Probe wurde in oxidierter Atmosphäre heruntergekühlt.<br />

Bild 3-26 zeigt den zeitlichen Verlauf des Probenwiderstandes über mehreren RedOx-Zyklen,<br />

wobei „Red x“ die reduzierende Phase und „Ox x“ die oxidierende Phase kennzeichnet. Es<br />

fällt auf, dass der Widerstand während der oxidierenden Phase relativ schnell seinen Ausgangswert<br />

<strong>von</strong> knapp 20 Ω erreicht. Im Reduzierten hingegen steigt der Widerstand langs<strong>am</strong><br />

bis auf einen konstanten Wert an bzw. sinkt wieder leicht ab. Dieser Anstieg deutet auf eine<br />

elektrische Instabilität hin, die in Kapitel 4.4 diskutiert wird.


36 3 Experimente<br />

R / Ω<br />

100<br />

Red 3<br />

Red 4<br />

Red 5<br />

10<br />

Ox 3 Ox 4 Ox 5<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

t / h<br />

Bild 3-26 Widerstand R einer STF-Probe B über RedOx-Zyklen, 900 °C<br />

Bild 3-27 zeigt einen Ausschnitt der elektrischen Instabilität der zweiten gealterten Probe.<br />

Grau ist die Nernstspannung eingezeichnet, die mit geringerem Sauerstoffpartialdruck wächst.<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

1.25 U 80<br />

Nernst<br />

/ V<br />

-21<br />

1.20<br />

70<br />

-20<br />

-19<br />

-18<br />

-17<br />

1.15<br />

1.10<br />

1.05<br />

1.00<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

R / Ω<br />

10000 20000 30000 40000 50000 60000 70000<br />

t / s<br />

Bild 3-27 Zersetzung <strong>von</strong> STF bei 900 °C, Widerstand: schwarz, Nernstspannung: grau<br />

Durch Umrechnung des Widerstandes auf die Leitfähigkeit der Probe und der Nernstspannung<br />

auf den pO 2 erhält man die Sensorkennlinie <strong>von</strong> STF (Bild 3-28). Dabei ist zu beachten,<br />

dass das Ziel der Messung nicht das Aufnehmen der Sensorkennlinie war – dazu hätten unterschiedliche<br />

Sauerstoffpartialdrücke als Messpunkte angefahren und das Einstellen des thermodyn<strong>am</strong>ischen<br />

Gleichgewichts abgewartet werden müssen. Stattdessen wurde versucht, den


3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität 37<br />

Grenzdruck an Restsauerstoff in der Messk<strong>am</strong>mer zu evaluieren, bei dem ein Abweichen <strong>von</strong><br />

der bekannten Sensorkennlinie (Bild 2-2) sichtbar wurde. Diese Grenze ist in Bild 3-28 deutlich<br />

bei ca. 10 -19 bar zu erkennen (Markierung). Alle anderen Abweichungen <strong>von</strong> der Sensorkennlinie<br />

sind auf Kinetikprobleme zurückzuführen (grau gestrichelter Bereich).<br />

1<br />

σ / S / cm<br />

0.1<br />

0.01<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 3-28 Leitfähigkeit mehrerer RedOx-Zyklen (schwarz) über pO 2 bei 900 °C, Sensorkennlinie (grau)


38 3 Experimente


4 Diskussion<br />

4.1 Farbänderungen<br />

Wie in Kapitel 3.3.1 gezeigt, verfärben sich die Ker<strong>am</strong>iken während der Alterungen <strong>von</strong><br />

schwarz über braun zu grau mit sinkendem Sauerstoffpartialdruck. Es ist zu klären, ob Phasenumwandlungen<br />

Ursache für diese Farbwechsel sind.<br />

Durch einen Vergleich der XRD-Spektren der gealterten Proben mit denen <strong>von</strong> FeO bzw.<br />

Fe 2 O 3 kann die Bildung <strong>von</strong> Eisenoxid insbesondere bei der braunen Probe ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Die Farbänderung der grauen Probe könnte durch die entstehenden Zweitphasen erklärt werden,<br />

auf die später eingegangen wird. Allerdings liegen die braunen Proben weiterhin als kubischer<br />

Perovskit vor, unter Berücksichtigung der Auflösungsgrenze des XRD und der punktförmigen<br />

Untersuchungen im TEM.<br />

Von Strontiumferrit ist bekannt [15], dass Eisen bei hohem pO 2 vierwertig, bei sehr geringem<br />

pO 2 dreiwertig vorliegt. Ob diese Valenzänderung ebenfalls bei STF vorliegt, konnte in dieser<br />

Arbeit nicht geklärt werden. Eine Untersuchung mittels Mössbauer-Spektroskopie würde<br />

Aufschlüsse geben.<br />

Ein Valenzwechsel könnte evtl. den Farbwechsel schwarz – braun erklären, allerdings nicht<br />

die weitere Verfärbung zu grau bei sinkendem pO 2 .<br />

Neben dem Bandabstand, der die Energie absorbierter und emittierter Photonen und somit<br />

deren Wellenlänge bestimmt, spielt die Anzahl der Ladungsträger für die Farbe eines Festkörpers<br />

eine Rolle. Je mehr Ladungsträger der Festkörper enthält, desto häufiger wird einfallendes<br />

Licht im Körper gestreut und schließlich absorbiert. Das Material erscheint also<br />

schwarz. STF enthält bei hohem pO 2 viele Defektelektronen (p-Leitung) und in sehr reduzierter<br />

Atmosphäre viele Elektronen (n-Leitung), die jeweils als Streuzentren wirken. Deshalb<br />

erscheint das Material schwarz bzw. grau. Für mittlere pO 2 -Drücke befindet sich STF im intrinsischen<br />

Minimum und enthält relativ wenig Ladungsträger. Deshalb wird die Farbe des<br />

Materials durch den Bandabstand E g bestimmt.<br />

Mit<br />

2<br />

Eg<br />

( x) = 3, 26 −1,93⋅ x+ 0,54⋅x eV<br />

x : Eisengehalt<br />

[26] (4.1)<br />

ergibt sich bei einer 35%igen Eisendotierung ein Bandabstand <strong>von</strong> 2,65 eV. Mit<br />

Eg<br />

= h⋅ υ<br />

(4.2)<br />

und<br />

c<br />

λ = (4.3)<br />

υ


40 4 Diskussion<br />

ergibt sich eine Wellenlänge λ <strong>von</strong> 468 nm, was dem Farbton „blau“ entspricht. Strahlt man<br />

mit weißem Licht auf eine STF-Ker<strong>am</strong>ik, absorbiert sie die „blaue“ Wellenlänge und reflektiert<br />

grün (λ = 555 nm) und rot (λ = 670 nm). Die Überlagerung <strong>von</strong> grünem und rotem Licht<br />

vermittelt dem Betrachter den braunen Farbeindruck.<br />

Durch eine optische Untersuchung der Ker<strong>am</strong>iken erhält man also Hinweise auf den pO 2 -<br />

Gehalt, dem die Ker<strong>am</strong>iken während der Alterung ausgesetzt waren. Außerdem lassen sich<br />

Teile <strong>von</strong> Rothschilds Defektmodell [26] für STF durch die Farbbestimmung verifizieren.<br />

Die beobachteten Farbwechsel sind somit kein eindeutiger Beweis für eine Phasenumwandlung.<br />

Vielmehr können die Farbänderungen mittels des zugrunde liegenden defektchemischen<br />

Modellansatzes erklärt werden.<br />

4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient<br />

Die Untersuchungen mittels Dilatometer (3.3.7) zeigen eine Ausdehnung der STF-Ker<strong>am</strong>ik<br />

mit der Temperatur. Bemerkenswert ist die Änderung des linearen, thermischen Ausdehnungskoeffizienten<br />

bei ca. 450 °C.<br />

Bild 4-1 zeigt das Ergebnis der Dilatometermessung im Vergleich zu der thermischen Ausdehnung<br />

<strong>von</strong> MgO (1), Al 2 O 3 (2), ZrO 2 (3) und Spinell (MgAl 2 O 4 , 4). Man erkennt, dass die<br />

Ausdehnung <strong>von</strong> STF die der anderen Schichten im Sensor für höhere Temperaturen übersteigt.<br />

Der resistive Abgassensor ist als Multilayeraufbau konzipiert (Bild 2-1). Um die Haftfestigkeit<br />

zwischen den Schichten bei verschiedenen Temperaturen zu gewährleisten, sind aber<br />

ähnliche Ausdehnungskoeffizienten der einzelnen Schichten entscheidend.<br />

∆L/L * 1000<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

T / °C<br />

Bild 4-1 Lineare Längenausdehnung <strong>von</strong> STF (), MgO (1), Al 2O 3 (2), ZrO 2 (3)<br />

und MgAl 2O 4-Spinell (4) an Luft<br />

Dass die Ausdehnung materialspezifisch und nicht etwa auf die nichtlineare Ausdehnung der<br />

Poren in der Ker<strong>am</strong>ik zurückzuführen ist, zeigen die Ergebnisse der HT-XRD-Untersuchung


4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient 41<br />

(3.3.4). Es sind ebenfalls zwei Bereiche zu erkennen, in denen sich der Kristall linear ausdehnt.<br />

Die Grenze der Bereiche liegt auch hier bei T = 450 °C.<br />

Die Ergebnisse der DSC-Untersuchung (3.3.8) weisen darauf hin, dass eine Phasenumwandlung<br />

als Ursache für die Nichtlinearität der thermischen Ausdehnung nicht in Frage kommt.<br />

Im kritischen Bereich zwischen T = 300 °C und 500 °C lässt sich keine Exotherme (Anstieg<br />

der DSC-Kurve) oder Endotherme (Abfall der DSC-Kurve) erkennen. Im Bereich einer etwaigen<br />

Phasenumwandlung würde das System Wärmeenergie aufnehmen, ohne dass sich die<br />

Temperatur des Materials erhöht. Wäre die Phasenumwandlung abgeschlossen, bewirkte eine<br />

weitere Erhöhung der thermischen Energie wieder eine Temperaturerhöhung im Material.<br />

Eine Phasenänderung ohne eine Änderung der Enthalpie ist nicht möglich. Allerdings wurde<br />

<strong>von</strong> Krügel und Ivers-Tiffée darauf hingewiesen, dass aufgrund der unzureichenden Messgenauigkeit<br />

des verwendeten Instruments eine Phasenumwandlung trotzdem nicht auszuschließen<br />

sei [37].<br />

Laut TG-Untersuchung (3.3.6) verliert die Probe mit steigender Temperatur an Gewicht. Diese<br />

Massenänderung kann nicht durch ein Abd<strong>am</strong>pfen <strong>von</strong> Atomen des Kationengitters (<strong>Sr</strong>, Ti,<br />

Fe) erklärt werden, da es bei erhöhter Temperatur nicht zu einer Strukturumwandlung im<br />

Kristall kommt (DSC, HT-XRD mit anschließendem Indexing).<br />

Stattdessen spricht für eine Umwandlung im Anionengitter (O) ab 450°C:<br />

• Umwandlungen im Anionengitter sind gegenüber Umwandlungen im Kationengitter<br />

kinetisch schnell.<br />

• Die Umgebungsatmosphäre dient als Senke für den Ausbau und Quelle für den Wiedereinbau<br />

<strong>von</strong> Sauerstoff in den Kristall.<br />

• Je reduzierender die Umgebungsatmosphäre, desto größer die Massenänderung (s.u.).<br />

Bisher wird der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient ε nach (4.4) beschrieben.<br />

∆L<br />

ε = = ( CTE)<br />

⋅∆ T<br />

(4.4)<br />

L<br />

0<br />

CTE steht für „coefficient of thermal expansion“ und beschreibt die lineare, eindimensionale<br />

Ausdehnung des Materials mit der Temperatur. Der CTE ist temperaturunabhängig und konstant.<br />

Der Atomabstand bei 0 K sei a 0 . Mit zunehmender Temperatur erhöht sich die thermische<br />

Energie im Kristall. Die Schwingungsenergie der Atome nimmt zu. Da die anziehenden Kräfte<br />

im Kristall mit 1/r² und die abstoßenden Kräfte mit 1/r 9…12 in die Ges<strong>am</strong>tenergie eingehen,<br />

schwingen die Atome nicht symmetrisch um a 0 . Der mittlere Atomabstand nimmt zu, der<br />

Kristall dehnt sich aus [32].<br />

Adler [29] führt neben der „thermal expansivity“ (thermische Expansion) die „chemical expansivity“<br />

(chemische Expansion) ein.<br />

Bei Übergangsmetalloxiden wie STF wirkt eine steigende Temperatur reduzierend, so dass<br />

der Sauerstoffgehalt (und die Kationenvalenz) im Material abnimmt. Viele drei- und vierwertige<br />

Kationen ändern ihre Oxidationsstufe mit dem Sauerstoffgehalt, ohne dass es zu einer<br />

Phasenumwandlung kommt. D<strong>am</strong>it verbunden ist ein Anwachsen der mittleren Metall-


42 4 Diskussion<br />

Sauerstoff-Bindung, was einen nichtlinearen Anteil an der thermischen Expansion hat.<br />

Thermische und chemische Expansion sind unabhängig <strong>von</strong>einander. Der nichtlineare, thermische<br />

Ausdehnungskoeffizient α setzt sich zus<strong>am</strong>men aus α 1 , das die lineare thermische<br />

Expansion ε nach Gleichung (4.4) wider gibt und α 2 , einem Wert für die Addition aus thermischer<br />

und chemischer Expansion.<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend sind in Tabelle 4-1 die bekannten linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten<br />

<strong>von</strong> MgO, Al 2 O 3 , Spinell und ZrO 2 wieder gegeben. Außerdem zeigt die Tabelle die<br />

Ergebnisse der Dilatometer– und HT-XRD–Untersuchungen.<br />

Tabelle 4-1 Thermischer Ausdehnungskoeffizient α<br />

Material α / K -1<br />

MgO 13 · 10 -6<br />

Al 2 O 3 9 · 10 -6 – 11 · 10 -6<br />

MgAl 2 O 4 7,5 · 10 -6 [30]<br />

ZrO 2 9 · 10 -6 – 13 · 10 -6<br />

STF α <br />

= 12,3 · 10 -6 K -1 0 – 400 °C HT-XRD<br />

α 2 = 19,2 · 10 -6 K -1 500 – 1000 °C HT-XRD<br />

α 1 = 12 · 10 -6 K -1 0 – 400 °C Dilatometer<br />

α 2 = 18 · 10 -6 K -1 500 – 900 °C Dilatometer<br />

STF40 [31] α <br />

= 11,7 · 10 -6 K -1 0 – 450 °C Dilatometer<br />

α 2 = 16,6 · 10 -6 K -1 450 – 800 °C Dilatometer<br />

Die Diskrepanz zwischen den Dilatometer- und den HT-XRD-Ergebnissen könnte auf der<br />

Porosität <strong>von</strong> STF beruhen. Während eine Veränderung der Gitterkonstante im XRD direkt<br />

bemerkbar ist, puffern die Hohlräume zwischen den Körnern in der STF-Ker<strong>am</strong>ik einen Teil<br />

der Ausdehnung ab. Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist somit geringfügig kleiner.<br />

Auch Fagg führt als Begründung für die Unstetigkeit im Ausdehnungskoeffizienten den Einfluss<br />

<strong>von</strong> Sauerstoffleerstellen an, deren Konzentration bei höheren Temperaturen zunähme<br />

und einen Einfluss auf den Koeffizienten habe [12], [31]. Mittels einer 40%igen Lanthandotierung<br />

des A-Platzes erreichte Fagg eine Stabilisierung des Ausdehnungskoeffizienten. Dieser<br />

Ansatz wird im Ausblick (Kapitel 5) aufgegriffen.


4.3 Chemische Stabilität 43<br />

1.6<br />

1.4<br />

STF in N 2<br />

STF in Luft<br />

1.2<br />

1.0<br />

∆L/L 0<br />

/ %<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

T / °C<br />

Bild 4-2 Dilatometermessung: Ausdehnung <strong>von</strong> STF über T in Luft und Stickstoff<br />

Bild 4-2 vergleicht die thermische Ausdehnung einer STF-Ker<strong>am</strong>ik in Luft und Stickstoff.<br />

Die Ausdehnung in Stickstoff ist größer als die in Luft, was ebenfalls darauf hindeutet, dass<br />

Sauerstoffleerstellen die Ursache für die erhöhte Ausdehnung oberhalb <strong>von</strong> 450 °C sind.<br />

Diese Beobachtung stimmt mit den Ergebnissen der gasabhängigen HT-XRD-Analyse (Bild<br />

3-13) überein. Je reduzierender die umgebende Atmosphäre, desto größere Gitterkonstanten<br />

werden gemessen.<br />

Obwohl die Ausdehnungskoeffizienten des Multilayersystems nicht als angepasst bezeichnet<br />

werden können, hat sich in der Arbeit <strong>von</strong> Endler [6] eine gute Haftfestigkeit zwischen den<br />

Schichten gezeigt. Dieser Widerspruch kann durch die hohe Porosität der resistiven Sensorschicht<br />

und durch die Bildung starker Verbundschichten erklärt werden.<br />

4.3 Chemische Stabilität<br />

Laut XRD- (Tabelle 3-3) und TEM-Untersuchungen (Tabelle 3-4, Tabelle 3-5) liegt STF nach<br />

dem Sintern als kubischer Perovskit mit einer Gitterkonstante <strong>von</strong> a ≈ 3,895 Å vor.<br />

Kommt es während des Betriebs im Automobil zu einer Änderung dieser Phase, ist STF als<br />

resistives Sensormaterial zur Messung des Sauerstoffpartialdrucks nicht einsetzbar. Die Automobilindustrie<br />

gibt als Betriebsbedingung λ = 0,7 vor, was bei 1000 °C einem Sauerstoffpartialdruck<br />

<strong>von</strong> ca. 10 -15 bar entspricht.<br />

In Kapitel 2.3.1.3 wurde das Modell eines Mischkristallsystems <strong>von</strong> STO und SFO vorgestellt.<br />

Daraus wurden die Stabilitätsgrenzen <strong>von</strong> STF abgeleitet. Da STO im ges<strong>am</strong>ten<br />

Einsatzbereich des Sensors als stabil angesehen wird, begrenzt SFO den Stabilitätsbereich <strong>von</strong><br />

STF.<br />

In dem Modell des Mischkristallsystems liegt die Stabilitätsgrenze zwischen pO 2 = 10 -8 und<br />

10 -7 bar für T = 900 – 1000 °C, was auf einer Phasenumwandlung der SFO-Einheitszellen


44 4 Diskussion<br />

beruht. Eine Umwandlung <strong>von</strong> ungeordneten Sauerstoffleerstellen (Perovskit) zu geordneten<br />

Sauerstoffleerstellen (Brownmillerit) wurde <strong>von</strong> Steinsvik [22] bei STFx, x > 0,5 beobachtet.<br />

Für STF gibt es in der Literatur keine Hinweise auf ein sog. „ordering“. Es wird da<strong>von</strong> ausgegangen,<br />

dass die STO-Einheitszellen stabilisierend auf das Ges<strong>am</strong>tsystem wirken, so dass die<br />

in Kapitel 2.3.1.3 ermittelten Stabilitätsgrenzen zwar einen ersten Anhaltspunkt bieten, <strong>von</strong><br />

der tatsächlichen Stabilitätsgrenze allerdings weit entfernt sind.<br />

In der MALT-Simulation (2.3.1.4) wurde ebenfalls <strong>von</strong> der Idee des Mischkristallsystems für<br />

STF ausgegangen und für T = 900 °C eine Stabilitätsgrenze <strong>von</strong> pO 2 = 10 -17 bar ermittelt. Unterhalb<br />

dieser Grenze ist mit einer Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung zu rechnen.<br />

STF-Ker<strong>am</strong>iken wurden bei T = 1000 °C für t = 12 h unterschiedlichen pO 2 -Drücken ausgesetzt<br />

(3.2) und im XRD untersucht (3.3.3). Bild 4-3 zeigt das XRD-Spektrum der ungealterten<br />

Probe.<br />

15000<br />

Intensität / cts<br />

10000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

20 30 40 50 60 70 80 90<br />

2θ / °<br />

Bild 4-3 XRD-Spektrum STF ungealtert<br />

In Bild 4-4 sind ausgewählte Peaks der gealterten Probe gezeigt. Das Spektrum der ungealterten<br />

Probe ist zum Vergleich grau hinterlegt.


4.3 Chemische Stabilität 45<br />

10000<br />

7500<br />

(1)<br />

Intensität / cts<br />

5000<br />

2500<br />

(2)<br />

(5)<br />

(3)<br />

(4)<br />

0<br />

30 31 32 33 40 42 44 46 48<br />

2θ / °<br />

Bild 4-4 STF gealtert (schwarz, Versuch 8) und ungealtert (grau)<br />

Vier Veränderungen im Spektrum fallen auf: der Peak bei 32,5° spaltet sich auf (1), der Peak<br />

bei 40° verliert an Intensität (2) und im Bereich bei 42° (3) und 45° (4) sind zusätzliche Peaks<br />

zu erkennen.<br />

(4) lässt sich als Fe-Peak identifizieren (Bild 4-5). Die zusätzlichen Reflektionen bei 42° (3)<br />

weisen auf die Bildung <strong>von</strong> Zweitphasen hin wie sie durch die MALT-Simulation (2.3.1.4)<br />

prognostiziert wurden. Bild 4-6 zeigt die „Diffraction Pattern“ <strong>von</strong> <strong>Sr</strong> 3 Ti 2 O 7 und <strong>Sr</strong> 3 Fe 2 O 7 ,<br />

deren Peaks auch die Aufspaltung (1) erklären. Eine Abnahme der Intensität des 40°-Peaks<br />

(2) könnte d<strong>am</strong>it begründet sein, dass sich die SFO-Einheitszellen im STF-Kristall während<br />

der Alterung zersetzen. Aus den SFO-Zellen bildeten sich dann Zweitphasen, die an Fe verarmt<br />

sind (<strong>Sr</strong> 3 Fe 2 O 7 ) und metallisches Eisen. Bild 4-7 zeigt die Peaks reiner STO- und SFO-<br />

Kristalle.<br />

Zur besseren Übersichtlichkeit sind die eingefügten Peaks nicht auf die Intensitätsverteilung<br />

des gemessenen Spektrums skaliert.


46 4 Diskussion<br />

Intensität / cts<br />

5000<br />

2500<br />

0<br />

30 31 32 33 40 42 44 46 48<br />

2θ / °<br />

Bild 4-5 STF gealtert (Versuch 8) mit Fe-Auslagerung (grau, JCPDS-Kartei Nr. 06-0696 8 )<br />

Intensität / cts<br />

5000<br />

2500<br />

0<br />

30 31 32 33 40 42 44 46 48<br />

2θ / °<br />

Bild 4-6 STF gealtert (Versuch 8), <strong>Sr</strong> 3Ti 2O 7 (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 78-2479), <strong>Sr</strong> 3Fe 2O 7 (dunkelgrau,<br />

JCPDS-Kartei Nr. 70-1395)<br />

8 Die “Diffraction Pattern” sind der Datenbank der JCPDS-ICDD (Joint Commitee on Powder Diffraction Standards<br />

– International Centre for Diffraction Data) entnommen.


4.3 Chemische Stabilität 47<br />

Intensität / cts<br />

5000<br />

2500<br />

0<br />

30 31 32 33 40 42 44 46 48<br />

2θ / °<br />

Bild 4-7 STF gealtert (Versuch 8), STO (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 89-4934), SFO (dunkelgrau, JCPDS-<br />

Kartei Nr. 40-0905)<br />

Durch Alterungsversuche mit verschiedenen H 2 /N 2 -Konzentrationen wurde eine Stabilitätsgrenze<br />

<strong>von</strong> 10 -17 bar bei 1000 °C festgestellt (Bild 3-11).<br />

Mittels TEM konnte ebenfalls eindeutig eine Auslagerung <strong>von</strong> Eisen nach der Alterung gezeigt<br />

werden.<br />

Obwohl die Thermogravimetriemessung an Luft einen nichtlinearen Massenverlust <strong>von</strong> STF<br />

über der Temperatur zeigt (Bild 3-21), wird da<strong>von</strong> ausgegangen, dass es sich nicht um eine<br />

chemische Instabilität des Materials handelt. Vielmehr wird der Massenverlust unterhalb <strong>von</strong><br />

200 °C mit der Verdunstung <strong>von</strong> Wasser erklärt, das während des Abkühlens der Probe nach<br />

dem Sintern kondensiert ist. Ab 400 °C beginnt der Ausbau <strong>von</strong> Sauerstoff aus dem Kristall<br />

nach Gleichung (2.10), was den Massenverlust erklärt. Die Überlegungen decken sich mit den<br />

Dilatometer- und HT-XRD-Messungen.<br />

Bild 4-8 fasst die Ergebnisse zur chemischen Stabilität <strong>von</strong> STF zus<strong>am</strong>men. Die Markierungen<br />

symbolisieren die Stabilitätsgrenze. Rechts dieser Grenze ist STF chemisch stabil, links<br />

da<strong>von</strong> instabil. Neben den Ergebnissen der XRD-Untersuchungen, der MALT-Simulation und<br />

der TEM-Untersuchungen ist das Ergebnis des Mischkristallansatzes eingefügt. Dass dieses<br />

Ergebnis <strong>von</strong> den übrigen abweicht, beruht auf der Annahme, dass die Stabilität der STO- und<br />

SFO-Einheitszellen unabhängig <strong>von</strong>einander untersucht wurde. Offensichtlich wirken die<br />

STO-Einheitszellen stabilisierend auf das Ges<strong>am</strong>tsystem. Zur TEM-Untersuchung ist anzumerken,<br />

dass lediglich zwei Proben untersucht werden konnten: ungealtertes STF (stabil) und<br />

nach Versuch 8 gealtertes STF (instabil).


48 4 Diskussion<br />

1100<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

T / °C<br />

700<br />

600<br />

500<br />

50<br />

λ = 0,7<br />

XRD<br />

MALT<br />

TEM<br />

STO / SFO<br />

0<br />

-30 -25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 4-8 Zus<strong>am</strong>menfassung chemische Stabilität<br />

4.4 Elektrische Stabilität<br />

Für die elektrische Stabilität sind sowohl die Gleichgewichtswerte der Leitfähigkeit mit der<br />

Temperatur und dem Sauerstoffpartialdruck als auch die Kinetik entscheidend.<br />

Dazu wurden Leitfähigkeitsmessungen mit Gasmischungen (3.4.1) und mittels Sauerstoffpumpe<br />

(3.4.2) durchgeführt. Da die Ergebnisse aus dem ersten Messplatz durch die Polarisation<br />

der Pt-Kontakte aufgrund der H 2 /N 2 -Gasmischung wahrscheinlich verfälscht sind, werden<br />

sie nicht zur Diskussion der elektrischen Stabilität herangezogen.<br />

Die Sensorkennlinie in Bild 4-9 wurde in (2.3.2) mit den Defektmodellen <strong>von</strong> Rothschild und<br />

Schreiner vorgestellt. Abweichungen <strong>von</strong> dieser Kennlinie weisen auf eine elektrische Instabilität<br />

hin.


4.4 Elektrische Stabilität 49<br />

1<br />

σ / S / cm<br />

0.1<br />

-22 -20 -18 -16 -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 4-9 Kennlinie <strong>von</strong> STF ohne Instabilitäten nach Schreiner [3]<br />

1<br />

elektrische<br />

Instabilität<br />

reduzierende Messung<br />

oxidierende Messung<br />

σ / S / cm<br />

0.1<br />

-22 -20 -18 -16 -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 4-10 Messplatz Sauerstoffpumpe: Sensorkennlinie bei 900 °C ohne Einstellen des Gleichgewichts bei<br />

mittleren Sauerstoffpartialdrücken<br />

Bild 4-10 zeigt die Sensorkennlinie, ohne dass für mittlere Sauerstoffpartialdrücke ein<br />

Gleichgewicht erreicht wurde; das Ziel dieser Messung war nicht das Aufnehmen einer korrekten<br />

Kennlinie, sondern die Untersuchung des Materials bei niedrigen Sauerstoffpartialdrücken.<br />

Die „Badewannenkurve“ ist trotzdem schemenhaft zu erkennen. Eine leichte Verschiebung<br />

der Kennlinie in y-Richtung gegenüber der in Bild 4-10 ist durch die Ungenauigkeit der<br />

Messungen der Probengeometrie und Kontakte zu erklären, mit der der elektrische Widerstand<br />

jeweils auf die Leitfähigkeit umgerechnet wurde.<br />

Auffällig ist das Absinken der Leitfähigkeit für pO 2 < 10 -20 bar, obwohl es laut Defektmodell


50 4 Diskussion<br />

zu einer erhöhten Ladungsträgergeneration (n-Leitung) und somit zu einem Anstieg der Leitfähigkeit<br />

kommen müsste. Dieses Abweichen <strong>von</strong> der theoretischen Kurve weist auf eine Instabilität<br />

des Materials hin. Die Instabilität steigt mit zunehmender Dauer (Bild 4-11, „Instabilität<br />

I, II“).<br />

Korngrenzen haben auf die Leitfähigkeit in Metalloxiden einen großen Einfluss. Häufig behindern<br />

Korngrenzen den Transport <strong>von</strong> Ladungen und Ionen; der Korngrenzwiderstand wird<br />

durch eine Raumladungszone verursacht, in der sich keine freien Ladungen befinden. Deshalb<br />

wird vermutet, dass sich die Korngrenzen <strong>von</strong> STF ändern und somit die elektrische Instabilität<br />

verursachen.<br />

Souza [34] setzt für eine Korngrenze in eisendotiertem <strong>Sr</strong>TiO 3 zwei Schottky-Übergänge als<br />

Modell an. Die Grenzfläche ist in diesem Modell positiv geladen, was zu einer Verarmung<br />

<strong>von</strong> Sauerstoffleerstellen und Löchern in den Körnern führt. Die positive Korngrenze wird<br />

also durch eine negative Raumladungszone der unbeweglichen, negativ geladenen Eisenionen<br />

Fe′<br />

Ti<br />

kompensiert. Mit der Poissongleichung lässt sich der Potentialverlauf über eine Korngrenze<br />

errechnen (für die mathematische Ausführung siehe [34]). Für Ladungsträger stellt<br />

dieser Potentialverlauf eine Barriere dar. Mit zunehmender Reduzierung steigt diese Barriere<br />

an, so dass der Widerstand der Probe steigt bzw. die Leitfähigkeit sinkt.<br />

Ein Widerstandsanstieg wurde auch bei den Untersuchungen zur elektrischen Impedanz festgestellt<br />

(Anhang II). Da die Messungen bei 100 °C durchgeführt wurden, lag bereits der Ausgangswiderstand<br />

mit ca. 10 kΩ deutlich über dem Ausgangswiderstand des Leitfähigkeitsmessplatzes<br />

(10 Ω, 900 °C). Nach der Alterung (Versuch 8, S. 18) erhöhte sich der Widerstandswert<br />

um mehrere Dekaden (die Proben waren weitgehend isolierend), während sich der<br />

Widerstand während der Alterung im Leitfähigkeitsmessplatz maximal verdoppelte.<br />

Die starke Temperaturabhängigkeit der Widerstandsänderung spricht ebenfalls für eine Veränderung<br />

der Korngrenzen. Bei einer hohen Temperatur <strong>von</strong> 900 °C überwinden die Ladungsträger<br />

die Potentialbarriere leichter als bei der niedrigen Temperatur <strong>von</strong> 100 °C.<br />

Der starke Widerstandsanstieg nach 128 h in Bild 4-11 ist auf Rissbildung in der Probe zurückzuführen.<br />

Die Risse entstanden nach einer T-Variation <strong>von</strong> 900 auf 850 °C.


4.4 Elektrische Stabilität 51<br />

1E9<br />

1E7<br />

100000<br />

1000<br />

R / Ω<br />

sinkender pO 2<br />

steigender pO 2<br />

300<br />

200<br />

Instabilität I<br />

Instabilität II<br />

100<br />

0 15 30 45 111 125<br />

t / h<br />

Bild 4-11 Messplatz Sauerstoffpumpe: Reversibilität bleibt erhalten bis zum Zerspringen der Probe,<br />

T = 900 °C<br />

Auf die Reversibilität des elektrischen Widerstandes während der RedOx-Sprünge wird in<br />

Kapitel 4.5 eingegangen.<br />

Um die Ergebnisse zur chemischen und elektrischen Stabilität zu korrelieren, wurde die im<br />

Leitfähigkeitsmessplatz gealterte Probe im XRD untersucht. Bild 4-12 zeigt das Ergebnis:<br />

Deutlich sind die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung zu erkennen, die auch während<br />

der Alterung im Rohrofen festgestellt wurden.<br />

Da STF auch in der Sauerstoffpumpe zersetzt wurde, ist die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung<br />

kein chemisch initiierter Prozess, der z.B. auf dem Gas Wasserstoff beruht.


52 4 Diskussion<br />

50000<br />

40000<br />

Intensität / cts<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

31 32 33 40 41 42 43 44 45 46 47 48<br />

2Θ / °<br />

Bild 4-12 XRD-Spektren der in der Sauerstoffpumpe gealterten Probe (schwarz),<br />

mit Gasmischungen gealterte Probe (grau)<br />

Die Zus<strong>am</strong>menfassung der Ergebnisse zur Untersuchung der elektrischen Stabilität zeigt Bild<br />

4-13. Während Moos [4] und Schreiner [3] ebenfalls STF untersuchten, bezieht sich die Stabilitätsgrenze<br />

<strong>von</strong> Fagg [12] auf STF40. Die durch den Leitfähigkeitsmessplatz ermittelten Stabilitätsgrenzen<br />

sind durch Sternchen gekennzeichnet, wobei die Grenze elektrischer Stabilität<br />

mit der RedOx-Zyklenanzahl variiert.<br />

1100<br />

T / °C<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

50<br />

λ = 0,7<br />

Moos, interner Bericht, 1995<br />

Schreiner [3]<br />

Fagg STF40 [12]<br />

RedOx-Zyklen<br />

0<br />

-30 -25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

Bild 4-13 Zus<strong>am</strong>menfassung elektrische Stabilität


4.5 Reversibilität 53<br />

4.5 Reversibilität<br />

Die chemische Reversibilität wurde anhand dreier RedOx-Zyklen untersucht. Ein RedOx-<br />

Zyklus bestand aus einer zwölfstündigen Auslagerung in einer 70% H 2 / 30% N 2 – Gasmischung<br />

(Versuch 8, Tabelle 3-1) und einer anschließenden Auslagerung an Luft (12h). Der<br />

Versuch fand bei 1000 °C statt.<br />

XRD-Untersuchungen ergaben, dass es während jedes Zyklus zu einer Fe-Auslagerung und<br />

einer Zweitphasenbildung k<strong>am</strong>, dass sich diese Zersetzung während der anschließenden oxidierenden<br />

Phase aber komplett zurück bildete. Wie Tabelle 3-6 zeigt, wurden an Luft jeweils<br />

nahezu identische Gitterkonstanten ermittelt.<br />

Fagg stellte für STF40 ebenfalls eine Reversibilität der chemischen Zersetzung fest [12].<br />

Elektrisch war ebenfalls eine Reversibilität der Instabilität zu beobachten. Nach einer mehrstündigen<br />

Auslagerung bei 900 °C und bis zu 10 -21 bar wurde die STF-Probe einer oxidierenden<br />

Atmosphäre ausgesetzt. Nahezu instantan erreichte die Probe ihren Ausgangswiderstand.<br />

Diese Ergebnisse widersprechen der Vorstellung, dass Umlagerungen im Kationengitter irreversibel<br />

zu einer Änderung des elektrischen Widerstandes führen bzw. dass die Zeitkonstanten<br />

für eine Umwandlung in den Ausgangskristall in derselben Größenordnung liegen wie die<br />

der Zersetzung. Evtl. liegen die Zeitkonstanten für die chemische Zersetzung tatsächlich in<br />

der gleichen Größenordnung wie die für die Umwandlung in das Ausgangskristall. Die XRD-<br />

Untersuchungen fanden jeweils nach 12 h in reduzierter und 12 h in oxidierte Atmosphäre<br />

statt. Dass elektrisch der Widerstand instantan seinen Ausgangswert erreicht, könnte mit der<br />

Größe der Eisenausscheidungen zu tun haben. Zwar erhöhten die Eisenpartikel die Ges<strong>am</strong>tleitfähigkeit,<br />

aber gleichzeitig erhöhte sich auch der Bandabstand des Halbleiters aufgrund der<br />

geringeren Fe-Konzentration in der Matrix. Außerdem verminderte sich die ionische Leitfähigkeit<br />

des Festkörpers. Insges<strong>am</strong>t ist es also trotz Umlagerungen im Kationengitter möglich,<br />

dass die Leitfähigkeit der Ker<strong>am</strong>ik an Luftatmosphäre den gleichen Wert beibehält.


54 4 Diskussion


5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung<br />

5.1 Motivation und Herstellung<br />

In den vorherigen Kapiteln wurde zum einen gezeigt, dass sich STF in einer reduzierenden<br />

Umgebung bei hohen Temperaturen zersetzt. Zum anderen liegt der thermische Ausdehnungskoeffizient<br />

<strong>von</strong> STF über dem der anderen Materialien, aus denen das Multilayersystem<br />

Sensor besteht. In dieser chemischen Zus<strong>am</strong>mensetzung ist STF somit nicht als resistives<br />

Sensormaterial einsetzbar.<br />

In dem Ausblick soll gezeigt werden, dass eine Lanthandotierung stabilisierend auf das Materialsystem<br />

<strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ wirkt.<br />

Grund für den Sprung im thermischen Ausdehnungskoeffizienten <strong>von</strong> STF (siehe 4.2) ist die<br />

hohe Anzahl <strong>von</strong> Sauerstoffleerstellen, die durch die 35%ige Eisendotierung entstehen (siehe<br />

2.3.2). Wird die Eisendotierung reduziert, vermindert sich auch die Anzahl der Sauerstoffleerstellen.<br />

Allerdings bestimmt die Eisenkonzentration (x) ebenfalls die Bandlücke im Halbleiter<br />

gemäß E g = 3,26 – 1,94 x + 0,54 x² eV [26]. Mit einem veränderten Bandabstand verliert STF<br />

seine Temperaturunabhängigkeit (siehe 2.3.2).<br />

Eine weitere Möglichkeit, die Sauerstoffleerstellenanzahl zu reduzieren, ist die Dotierung <strong>von</strong><br />

STF mit einem Donator. Die Ionisierungsenergie des Donators liegt unterhalb der Energie, die<br />

aufgewendet werden muss, d<strong>am</strong>it Sauerstoffatome das Gitter verlassen und zwei Elektronen<br />

abgeben. Der Akzeptor Eisen erhält sein zusätzliches Elektron deshalb vom Donator und<br />

nicht <strong>von</strong> der Sauerstoffleerstelle. Lanthan wirkt sozusagen als Gegendotierung zum Akzeptor<br />

Eisen.<br />

Mit einer Donatordotierung verschiebt sich das intrinsische Minimum hin zu höheren Sauerstoffpartialdrücken.<br />

Der Ges<strong>am</strong>twiderstand steigt leicht an. Die Kinetik und die Ansprechzeit<br />

des Sensors ändern sich nicht [3] [24].<br />

Mit der üblichen „Mixed-Oxide-Technik“ wurde La 0.1 <strong>Sr</strong> 0.9 (Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ (L10STF) hergestellt,<br />

d.h. 10% der <strong>Sr</strong>-Atome wurden dabei durch La-Atome ersetzt. Problematisch erwies<br />

sich während der Präparation, dass Lanthan mit Wasser leicht ein Hydroxid bildet (5.1). Der<br />

Rohstoff La 2 O 3 bildete also keine stabile Einwägeform. Es ist somit unwahrscheinlich, dass<br />

die La-Dotierung tatsächlich 10% betrug. Rechnet man die Elementverbindungen auf die<br />

Molmassen um, erhält man eine verminderte Einwaage <strong>von</strong> 14,2%, was<br />

La 0.085 <strong>Sr</strong> 0.9 (Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ entspräche.<br />

2La+ 6H2O←⎯⎯→<br />

⎯ 2 La( OH) 3+<br />

3H2<br />

(5.1)<br />

Deshalb hätte zur Einwaage besser nicht hygroskopisches Lanthanoxycarbonat (LaO) 2 CO 3<br />

verwandt werden sollen.


56 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung<br />

5.2 Messergebnisse und Diskussion<br />

5.2.1 Defektchemie<br />

Lanthan wird nach Gleichung (5.2) in das Gitter eingebaut.<br />

2+ 3+<br />

( <strong>Sr</strong>1- La )( <strong>Ti0.65</strong>,<br />

<strong>Fe0.35</strong> ) <strong>O3</strong>-<br />

α α δ<br />

(5.2)<br />

Die Anzahl der ionisierten Lanthanatome lässt sich nach Gleichung (5.3) beschreiben. Dabei<br />

ist K D die Massenwirkungskonstante und E D die Ionisierungsenergie <strong>von</strong> Lanthan.<br />

La<br />

•<br />

⎡<br />

⎣ ⎦<br />

[ La]<br />

E<br />

⎤⋅ n<br />

− D<br />

kT<br />

= K ⋅ e<br />

(5.3)<br />

Alle La-Atome sind als Donator elektrisch aktiv, weil Lanthan schon bei 4,2 K vollständig<br />

ionisiert ist [25]. Die entstehenden Elektronen rekombinieren mit den Defektelektronen (siehe<br />

Gleichung (2.7)) nach Gleichung (2.8).<br />

Es gilt die erweiterte Elektroneutralitätsgleichung (5.4).<br />

D<br />

[ ]<br />

<br />

2 V0<br />

p ⎡ La ⎤ ⎡ ⎤<br />

⋅ + +<br />

<strong>Sr</strong><br />

= n + Fe<br />

⎦ ⎣ ⎦ ⎣ Ti<br />

•<br />

′ ′<br />

(5.4)<br />

Nach Moos [4] kann es bei einer Lanthandotierung <strong>von</strong> STO zur Bildung <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>-Leerstellen<br />

´´<br />

kommen (5.5), was zur Bildung <strong>von</strong> Ruddlesden-Popper-Strukturen führt.<br />

V <strong>Sr</strong><br />

⎡<br />

⎤<br />

⎣<br />

⎦<br />

1<br />

20 <strong>Sr</strong> La TiO + O →<strong>Sr</strong>O ⋅20<br />

<strong>Sr</strong> La V TiO<br />

2<br />

≡ <strong>Sr</strong> LaTiO<br />

0.9 0.1 3 2 0.85 0.1 <strong>Sr</strong> 0.05 3<br />

18 2 20 61<br />

(5.5)<br />

Mittels XRD können diese Strukturen der Form <strong>Sr</strong> n+1 Ti n O 3n+1 nur für n ≤ 3 detektiert werden.<br />

Die in (5.5) beschriebene Struktur liegt also unterhalb der Auflösungsgrenze des XRD.<br />

5.2.2 Messergebnisse<br />

Um Informationen über die Gitterstruktur des La-dotierten STF-Pulvers zu erhalten, wurde<br />

eine XRD-Untersuchung durchgeführt. Es fällt auf, dass die Peaks der La-dotierten Probe<br />

gegenüber den Peaks der undotierten Probe aufgeweitet sind (Bild 5-1).


5.2 Messergebnisse und Diskussion 57<br />

2000<br />

1500<br />

Intensität / cts<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

76 78 80 82 84 86 88<br />

2θ / °<br />

Bild 5-1 Abflachung der Peaks, STF (schwarz) LSTF (grau)<br />

Während das Indexing bei der STF-Probe eindeutig eine kubische Gitterstruktur ergab, ließ<br />

sich den Peaks der La-dotierten Probe keine einphasige, insbesondere keine rein kubische<br />

Struktur zuordnen. Wahrscheinlich befand sich das LSTF-Pulver in einem mehrphasigen Zustand.<br />

Da sich aber durch Nichtbeachten einiger Peaks beim Indexing eine kubische Struktur mit<br />

hohem FoM im Spektrum fand, wurden die HT-XRD-Untersuchungen mittels „pseudokubischem<br />

Indexing“ ausgewertet. Bild 5-2 zeigt die Gitterkonstante des undotierten, rein<br />

kubischen STF () und die Gitterkonstante des pseudo-kubischen L10STF (). Zwar sind<br />

sowohl beim STF als auch beim LSTF zwei unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten zu<br />

erkennen. Beim LSTF ändert sich die Steigung der Geraden aber nur geringfügig.


58 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung<br />

3.97<br />

3.96<br />

3.95<br />

3.94<br />

a / Å<br />

3.93<br />

3.92<br />

3.91<br />

3.90<br />

3.89<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

T / °C<br />

Bild 5-2 HT-XRD: Veränderung der Gitterkonstante bei kubischem bzw. pseudo-kubischem Indexing für<br />

STF () und L10STF ()<br />

In Bild 5-3 ist die thermische Ausdehnung <strong>von</strong> STF (schwarz) und LSTF (grau) über der<br />

Temperatur aufgetragen. Die Messung erfolgte mittels Dilatometer. Zur besseren Orientierung<br />

ist gestrichelt eine Gerade mit der Steigung des Ausdehnungskoeffizienten bei niedrigen<br />

Temperaturen eingefügt.<br />

Auch dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass der Ausdehnungskoeffizient durch die La-<br />

Dotierung stabilisiert wird.<br />

Die gleichen qualitativen Ergebnisse wurden für STF40 <strong>von</strong> Fagg [12] erzielt. Bei einer<br />

40%igen La-Dotierung erreichte Fagg eine vollständige Stabilisierung des Ausdehnungskoeffizienten.<br />

Derart hohe Dotierungen kommen für das STF-System nicht in Frage. Bei einer 40%igen La-<br />

Dotierung erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit der Zweitphasenbildung bei niedrigem Sauerstoffpartialdruck<br />

und d<strong>am</strong>it die chemische Instabilität des Materials. Neue Bänder entstünden.<br />

Das Material verlöre seine Temperaturunabhängigkeit. Hinzu kommt, dass mit zunehmender<br />

Lanthandotierung die Sensitivität des resistiven Materials abnimmt.


5.2 Messergebnisse und Diskussion 59<br />

14<br />

12<br />

10<br />

∆ L/L 0<br />

*10 3<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000<br />

T / °C<br />

Bild 5-3 Dilatometerkurve <strong>von</strong> STF (schwarz) und LSTF (grau),<br />

Stützgerade (gestrichelt)<br />

Tabelle 5-1 Thermische Ausdehnungskoeffizienten in ppm K -1<br />

Al 2 O 3 0 – 1000 °C 9 – 11<br />

MgO 0 – 1000 °C 13<br />

ZrO 2 0 – 1000 °C 9 – 13<br />

<strong>Sr</strong>(Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ<br />

0 – 400 °C 12<br />

400 – 1000 °C 18 – 19<br />

(La 0.10 <strong>Sr</strong> 0.90 )(Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ<br />

0 – 400 °C 12<br />

400 – 1000 °C 16 – 17<br />

La 0.20 <strong>Sr</strong> 0.70 Ti 0.6 Fe 0.4 O 3-δ<br />

100 – 300 °C 12.33 ± 0.05 [12]<br />

300 – 800 °C 12.97 ± 0.02 [12]<br />

Das zweite Problemfeld <strong>von</strong> STF ist seine chemische Instabilität bei niedrigen Sauerstoffpartialdrücken<br />

und hohen Temperaturen. Bild 5-4 vergleicht die XRD-Spektren einer gealterten<br />

STF- und einer gealterten LSTF-Probe.


60 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung<br />

5000<br />

4000<br />

Intensität / cts<br />

3000<br />

2000<br />

Bereich 1<br />

Bereich 2<br />

Bereich 3<br />

1000<br />

0<br />

30 31 32 33 40 42 44 46 48<br />

2θ / °<br />

Bild 5-4 Teilstabilisierung durch 10%ige Lanthandotierung (grau), STF (schwarz)<br />

Der Vergleich der XRD-Spektren zeigt folgendes: Die Ausbildung der 327-Phase (Bereich 1)<br />

fällt bei der dotierten Probe geringer aus. Der ursprüngliche STF-Peak (Bereich 2) hat bei der<br />

LSTF-Probe eine größere Intensität. Der Eisenpeak der LSTF-Probe ist kleiner als der <strong>von</strong><br />

STF (Bereich 3).<br />

Die Lanthandotierung wirkt stabilisierend auf das Materialsystem <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 ,Fe 0.35 )O 3-δ . Allerdings<br />

kann eine 10%ige Dotierung die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung nicht vollständig<br />

unterbinden.<br />

RedOx-Zyklen zeigen eine Zersetzung im Reduzierten und eine Umwandlung in das Ursprungsgitter<br />

im Oxidierten (Tabelle 5-2).


5.2 Messergebnisse und Diskussion 61<br />

Tabelle 5-2 Ergebnisse der RedOx-Zyklen <strong>von</strong> LSTF<br />

Gitterstruktur<br />

Gitterpar<strong>am</strong>eter<br />

FoM<br />

Bemerkung<br />

1 pseudo-kubisch 3,904 166 mehrphasig<br />

8 mehrphasig, Fe-Auslagerung, Zweitphasenbildung<br />

1 pseudo-kubisch 3,896 151 mehrphasig<br />

8<br />

1<br />

keine XRD-Analyse<br />

8 mehrphasig, verminderte Umlagerung im Kationengitter<br />

1 pseudo-kubisch 3,896 180 mehrphasig<br />

Die stabilisierenden Eigenschaften der Lanthandotierung sollten in zukünftigen Versuchen<br />

weiter untersucht werden. Es bleibt zu testen, ob mit einer 20%igen La-Dotierung die gewünschte<br />

Stabilisierung bei bestehender Temperaturunabhängigkeit und Sensitivität erzielt<br />

werden kann. Zwar erreichte Fagg mit dieser Dotierung keine komplette Stabilisierung des<br />

Ausdehnungskoeffizienten [12]. Allerdings ist die Differenz der Ausdehnungskoeffizienten in<br />

dem Multilayersystem Sensor so gering, dass eine gute Haftfestigkeit zwischen den Schichten<br />

bestehen könnte. Ebenso ist wahrscheinlich, dass eine 20%ige La-Dotierung die Teilstabilisierung<br />

im Reduzierten weiter erhöht.<br />

Vor weiteren Untersuchungen ist allerdings die Präparationsmethode des Pulvers auf die Zugabe<br />

<strong>von</strong> Lanthanoxycarbonat statt Lanthanoxid umzustellen.


62 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung


6 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Das resistive Material <strong>Sr</strong>(Ti 0.65 Fe 0.35 )O 3-δ liegt über einem weiten Temperatur- und Sauerstoffpartialdruckbereich<br />

selbst bei großer Unterstöchiometrie als kubischer Perovskit vor. Bei<br />

sehr niedrigen pO 2 -Werten und hohen Temperaturen kommt es allerdings zu einer Zersetzung<br />

des Materials.<br />

Die Stabilitätsgrenze ist pO 2 - und T-abhängig. Sie liegt in der gleichen Größenordnung wie<br />

die Messbereichsgrenze (λ = 0,7).<br />

Bild 6-1 zeigt die Ergebnisse der Untersuchungen. Neben Angaben aus der Literatur (graue<br />

Symbole) sind in schwarz die theoretisch (Ansatz Mischkristallsystem (), MALT()) und<br />

experimentell (XRD(), Leitfähigkeit(), TEM()) ermittelten Grenzwerte zu sehen. Bei<br />

dem TEM-Ergebnis ist zu beachten, dass lediglich eine gealterte Probe (T = 1000 °C,<br />

pO 2 = 8ּ10 -19 bar) untersucht wurde. Das Ergebnis ist nicht als Stabilitätsgrenze, sondern<br />

vielmehr als Bestätigung der übrigen Messwerte zu interpretieren. Grundsätzlich gilt: links<br />

des Symbols ist STF instabil, rechts da<strong>von</strong> stabil.<br />

1100<br />

1000<br />

900<br />

λ = 0,7<br />

T / °C<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

50<br />

0<br />

-30 -25 -20 -15 -10 -5 0<br />

log (pO 2<br />

/ bar)<br />

XRD (3.3.3)<br />

MALT (2.3.1.4)<br />

TEM (3.3.5)<br />

Leitfähigkeit (3.4.2)<br />

Moos [38] Leitfähigkeit<br />

Schreiner [3] Leitfähigkeit<br />

Fagg STF40 [12] XRD, Dil<br />

Mischkristall (2.3.1)<br />

Bild 6-1 Stabilitätsgrenzen <strong>von</strong> STF über T und pO 2<br />

Bereich chemischer Instabilität (grau)<br />

Durch gezielte Substitution <strong>von</strong> <strong>Sr</strong> durch La kann das Materialsystem stabilisiert und die Stabilitätsgrenze<br />

zu niedrigeren Sauerstoffpartialdrücken hin verschoben werden. Die richtige<br />

Dotierungskonzentration wurde noch nicht gefunden.


64 6 Zus<strong>am</strong>menfassung


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1995


68 Literaturverzeichnis


Abbildungsverzeichnis<br />

Bild 2-1 Sensoraufbau ............................................................................................................4<br />

Bild 2-2 Sensorkennlinie; Messbereich (flächig) und Überlebensbereich (gestreift) über dem<br />

Sauerstoffpartialdruck [9].......................................................................................................5<br />

Bild 2-3 Kubischer Perovskit..................................................................................................6<br />

Bild 2-4 STF als Mischkristallsystem aus <strong>Sr</strong>TiO 3 und <strong>Sr</strong>FeO 3 ................................................6<br />

Bild 2-5 Bereich chemischer Stabilität <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>TiO 3 als Funktion des pO 2 und der T [5], [10]..8<br />

Bild 2-6 Bereich chemischer Stabilität <strong>von</strong> <strong>Sr</strong>FeO 3-δ als Funktion des pO 2 und der T [13],<br />

[15], [16], [18]........................................................................................................................8<br />

Bild 2-7 Brownmillerit <strong>Sr</strong>FeO 2,5+δ ohne (<br />

x<br />

<strong>Sr</strong>-Atome O<br />

o<br />

, V o<br />

<br />

x<br />

, Fe<br />

Fe<br />

)...........................9<br />

Bild 2-8 Stabilität <strong>von</strong> STF als Mischkristallsystem <strong>von</strong> STO und SFO................................10<br />

Bild 2-9 MALT-Berechnung des Systems <strong>Sr</strong>-Ti-Fe-O bei T = 900 °C, Abkürzungen sind im<br />

Text erläutert........................................................................................................................11<br />

Bild 2-10 TCR <strong>von</strong> STF für unterschiedliche E F0 ..................................................................15<br />

Bild 3-1 Übersicht Alterungsversuche ..................................................................................17<br />

Bild 3-2 Versuchsaufbau Alterungen; Gasversorgung (1), Gasmischbatterie (2),<br />

Blubberflasche und Thermostatbecken (3), Rohrofen mit Probe (4), λ-Sonde (5),<br />

Blubberflasche (6)................................................................................................................19<br />

Bild 3-3 Links gealterter STF-Ker<strong>am</strong>ik, rechts ungealteter STF-Ker<strong>am</strong>ik.............................20<br />

Bild 3-4 Zerborstene Ker<strong>am</strong>ik; das Innere ist ungealtert, der Randbereich ist gealtert...........20<br />

Bild 3-5 Pulverschüttungen nach Auslagerungen..................................................................20<br />

Bild 3-6 Ungealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik.......................................................................................21<br />

Bild 3-7 Ausgelagerte STF-Ker<strong>am</strong>ik (Versuch 2) ................................................................21<br />

Bild 3-8 Gealterte STF-Ker<strong>am</strong>ik (Versuch 6) .......................................................................21<br />

Bild 3-9 Bruchfläche; während der Alterung gebrochen .......................................................21<br />

Bild 3-10 Prinzip XRD – Rietveld-Refinement; gemessenes XRD-Spektrum (1),<br />

Diskretisierung (2), errechnetes Spektrum (3)......................................................................22<br />

Bild 3-11 XRD-Spektrum nach unterschiedlichen Alterungen ..............................................25<br />

Bild 3-12 Versuchsaufbau Hochtemperatur-XRD.................................................................26<br />

Bild 3-13 HTXRD: Gitterkonstante <strong>von</strong> STF, grau hinterlegt der Messbereich des<br />

Sauerstoffsensors .................................................................................................................26<br />

Bild 3-14 Gitterpar<strong>am</strong>eter <strong>von</strong> STF in Luft (), N 2 () und 10% H 2 in N 2 (), grau<br />

hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors .................................................................27


70 Abbildungsverzeichnis<br />

Bild 3-15 TEM-Aufnahme <strong>von</strong> STF, EDXS-Aufnahmen ()...............................................28<br />

Bild 3-16 TEM-Aufnahme <strong>von</strong> JSI_bulk_4 (gealtert mit 5% H 2 , 900 °C); links<br />

Ausscheidung, rechts L<strong>am</strong>ellenstruktur ................................................................................29<br />

Bild 3-17 TEM-Aufnahme eines gealterten STF-Kristalls, l<strong>am</strong>ellare Strukturen (1),<br />

Eisenausscheidungen (2), Matrix (3) ....................................................................................29<br />

Bild 3-18 EDX-Scan der Eisenausscheidung (schwarz) im Vergleich mit dem Scan der Matrix<br />

(grau) ...................................................................................................................................29<br />

Bild 3-19 Versuchsaufbau Thermogravimetrie .....................................................................29<br />

Bild 3-20 Massenänderung <strong>von</strong> STF-Pulver () und STF-Ker<strong>am</strong>ik () nach einem<br />

Gaswechsel N 2 – Luft...........................................................................................................29<br />

Bild 3-21 Massenänderung mit steigender Temperatur <strong>von</strong> STF (grau) und Saphir (schwarz)<br />

.............................................................................................................................................29<br />

Bild 3-22 Aufbau Dilatometer ..............................................................................................29<br />

Bild 3-23 Längenänderung einer STF-Ker<strong>am</strong>ik beim Aufheizen in Luft (schwarz) und<br />

Stickstoff (grau), Führungslinie (gepunktet) .........................................................................29<br />

Bild 3-24 DSC-Ergebnis <strong>von</strong> STF ........................................................................................29<br />

Bild 3-25 Schematischer Aufbau der Sauerstoffpumpe [36]..................................................29<br />

Bild 3-26 Widerstand R einer STF-Probe B über RedOx-Zyklen, 900 °C .............................29<br />

Bild 3-27 Zersetzung <strong>von</strong> STF bei 900 °C, Widerstand: schwarz, Nernstspannung: grau ......29<br />

Bild 3-28 Leitfähigkeit mehrerer RedOx-Zyklen (schwarz) über pO 2 bei 900 °C, σ ∝ pO 2<br />

0,25<br />

(grau) ...................................................................................................................................29<br />

Bild 4-1 Lineare Längenausdehnung <strong>von</strong> STF (), MgO (1), Al 2 O 3 (2), ZrO 2 (3) und<br />

MgAl 2 O 4 -Spinell (4) an Luft ................................................................................................29<br />

Bild 4-2 Dilatometermessung: Ausdehnung <strong>von</strong> STF über T in Luft und Stickstoff..............29<br />

Bild 4-3 XRD-Spektrum STF ungealtert...............................................................................29<br />

Bild 4-4 STF gealtert (schwarz, Versuch 8) und ungealtert (grau).........................................29<br />

Bild 4-5 STF gealtert (Versuch 8) mit Fe-Auslagerung (grau, JCPDS-Kartei Nr. 06-0696)...29<br />

Bild 4-6 STF gealtert (Versuch 8), <strong>Sr</strong> 3 Ti 2 O 7 (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 78-2479), <strong>Sr</strong> 3 Fe 2 O 7<br />

(dunkelgrau, JCPDS-Kartei Nr. 70-1395) .............................................................................29<br />

Bild 4-7 STF gealtert (Versuch 8), STO (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 89-4934), SFO<br />

(dunkelgrau, JCPDS-Kartei Nr. 40-0905) .............................................................................29<br />

Bild 4-8 Zus<strong>am</strong>menfassung chemische Stabilität ..................................................................29<br />

Bild 4-9 Kennlinie <strong>von</strong> STF ohne Instabilitäten nach Schreiner [3].......................................29<br />

Bild 4-10 Messplatz Sauerstoffpumpe: Sensorkennlinie bei 900 °C ohne Einstellen des<br />

Gleichgewichts bei mittleren Sauerstoffpartialdrücken .........................................................29


Bild 4-11 Messplatz Sauerstoffpumpe: Reversibilität bleibt erhalten bis zum Zerspringen der<br />

Probe, T = 900 °C.................................................................................................................29<br />

Bild 4-12 XRD-Spektren der in der Sauerstoffpumpe gealterten Probe (schwarz), mit<br />

Gasmischungen gealterte Probe (grau)..................................................................................29<br />

Bild 4-13 Zus<strong>am</strong>menfassung elektrische Stabilität................................................................29<br />

Bild 5-1 Abflachung der Peaks, STF (schwarz) LSTF (grau)................................................29<br />

Bild 5-2 HT-XRD: Veränderung der Gitterkonstante bei kubischem bzw. pseudo-kubischem<br />

Indexing für STF () und L10STF () ...............................................................................29<br />

Bild 5-3 Dilatometerkurve <strong>von</strong> STF (schwarz) und LSTF (grau), Stützgerade (gestrichelt)..29<br />

Bild 5-4 Teilstabilisierung durch 10%ige Lanthandotierung (grau), STF (schwarz) ..............29<br />

Bild 6-1 Stabilitätsgrenzen <strong>von</strong> STF über T und pO 2 Bereich chemischer Instabilität (grau)..29<br />

Bild II-2 Ersatzschaltbild des idealisierten Systems Elektrode, Ker<strong>am</strong>ik, Elektrode..............29<br />

Bild II-3 Nyquist-Plot des idealisierten Systems Elektrode, Ker<strong>am</strong>ik, Elektrode...................29<br />

Bild II-4 Nyquist-Plot STF bei 50 °C mit Variation der rel. Feuchte.....................................29<br />

Bild II-5 Logarithmischer Nyquistplot einer ungealterten Probe (schwarz) und zweier<br />

gealterten Proben (dunkelgrau, hellgrau) ..............................................................................29<br />

71


72 Abbildungsverzeichnis


Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 2-1 Physikalische Konstanten Defektchemie STF ....................................................16<br />

Tabelle 3-1 Übersicht Alterungsversuche .............................................................................18<br />

Tabelle 3-2 Vergleich der Gitterpar<strong>am</strong>eter <strong>von</strong> SiO 2 Datenbank vs. indexing .......................23<br />

Tabelle 3-3 Gitterpar<strong>am</strong>eter STF35 ......................................................................................23<br />

Tabelle 3-4 Bestimmung der Gitterpar<strong>am</strong>eter mittels TEM und Literaturangabe...................24<br />

Tabelle 3-5 Gitterebenenabstände und –struktur nach Alterung <strong>von</strong> STF..............................24<br />

Tabelle 3-6 Ergebnisse der RedOx-Zyklen ...........................................................................25<br />

Tabelle 3-7 TEM-Ergebnisse der untersuchten Proben .........................................................28<br />

Tabelle 3-8 Prozentuale Elementverteilung der untersuchten Proben ....................................29<br />

Tabelle 3-9 elektrischer Widerstand bei unterschiedlichen Gaszus<strong>am</strong>mensetzungen.............29<br />

Tabelle 4-1 Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient α................................................29<br />

Tabelle 5-1 Thermische Ausdehnungskoeffizienten in ppm K -1 ............................................29<br />

Tabelle 5-2 Ergebnisse der RedOx-Zyklen <strong>von</strong> LSTF...........................................................29<br />

Tabelle I-1 Sauerstoffpartialdruck in Abhängigkeit der Gasmischung bei 1000 °C ...............29


74 Tabellenverzeichnis


I. Bestimmung des pO 2<br />

In Luftatmosphäre beträgt der Sauerstoffpartialdruck pO 2 = 0,2 bar.<br />

In einer 100%igen Stickstoffatmosphäre erreicht man einen Sauerstoffpartialdruck <strong>von</strong><br />

pO 2 = 10 -4 bar. Durch Diffusionsprozesse entweicht der Großteil des Sauerstoffs aus dem System.<br />

Zur Herstellung einer reduzierten Atmosphäre wird ein H 2 / N 2 – Gasgemisch verwendet. Der<br />

Wasserstoff bindet den Restsauerstoff, der sich im Probenraum befindet, unter der Bildung<br />

<strong>von</strong> Wasser (I.1).<br />

Aus<br />

folgt<br />

1<br />

H<br />

2O← ⎯⎯→ ⎯ H2 + O2<br />

(I.1)<br />

2<br />

2<br />

( ) ( )<br />

pH O<br />

2<br />

⎛ ⎞<br />

2<br />

= ⋅⎜ ⎟<br />

Gg<br />

pH2<br />

pO T K T<br />

2<br />

(I.2)<br />

mit der Massenwirkungskonstante<br />

⎝<br />

⎠<br />

1<br />

0 2<br />

Gg<br />

= 906,6 bar<br />

Gg<br />

( )<br />

0<br />

Gg<br />

E Gg<br />

kT<br />

K T = K ⋅ e −<br />

(I.3)<br />

K und E = 2,587 eV können aus der Literatur entnommen werden [4]. Aus<br />

Gg<br />

Formel (I.2) wird deutlich, dass der Sauerstoffpartialdruck nicht nur vom Wasserstoffpartialdruck<br />

pH 2 und der Probentemperatur T abhängt, sondern ebenso vom Wasserd<strong>am</strong>pfpartialdruck<br />

pH 2 O. Deshalb werden die eingeleiteten Gase, bevor sie den Rohrofen durchströmen,<br />

durch eine Befeuchtung geführt, die in einem temperierten Wasserbad steht. Die Feuchte der<br />

Gase und somit der pH 2 O hängen <strong>von</strong> der Wasserbadtemperatur ab. Der D<strong>am</strong>pfdruck <strong>von</strong><br />

Wasser über der Temperatur ist in [33] aufgeführt. Bei 10 °C beträgt der D<strong>am</strong>pfdruck des<br />

Wassers pH 2 O = 0,012281 bar, bei 45 °C 0,095898 bar.<br />

Der Ges<strong>am</strong>tdruck des nach außen hin offenen Systems beträgt ca. 1 bar und setzt sich aus<br />

dem Sauerstoff-, Wasser- und Wasserstoffpartialdruck zus<strong>am</strong>men:<br />

p ges ≈ 1 bar = pN 2 + pH 2 + pH 2 O + pO 2<br />

Für die Experimente wird Stickstoff 5.0 verwandt, der eine Reinheit > 99,999Vol.% aufweist.<br />

Angenommen, die Unreinheit beschränkt sich auf Wasserd<strong>am</strong>pf, befindet sich weniger als<br />

0,001Vol.% Wasserd<strong>am</strong>pf im N 2 -Gas. Bei einer 10%igen H 2 / N 2 – Gasmischung liefert die<br />

Unreinheit des Stickstoffs einen Beitrag zum Wasserpartialdruck <strong>von</strong> 9 ּ 10 -6 bar. Das entspricht<br />

einer Erhöhung um 0,07%. Somit ist die Verunreinigung des Stickstoffs mit Wasserd<strong>am</strong>pf<br />

bei der Berechnung des pO 2 vernachlässigbar.<br />

Angenommen die Unreinheit besteht ausschließlich aus Sauerstoff (pO 2,N2 = 9 ּ10 -6 bar bei<br />

10%igen H 2 / N 2 – Gasmischung), so reagiert der Sauerstoff mit dem Wasserstoff zu Wasser<br />

(I.1). Dadurch erhöht sich der Wasserpartialdruck um pH 2 0 = 3 ּ pO 2,N und der Wasserstoffpartialdruck<br />

wird um pH 2 = 2 ּ pO 2,N gesenkt. Insges<strong>am</strong>t wird der Sauerstoffpartialdruck um<br />

(I.4)


76 Anhang I<br />

1,85 ּ 10 -19 bar oder 0,45% erhöht. Somit ist auch eine Verunreinigung des Stickstoffs durch<br />

Sauerstoff vernachlässigbar.<br />

Für alle anderen H 2 / N 2 – Gasmischungen fällt der Beitrag der Verunreinigung sogar geringer<br />

aus.<br />

Zur Kontrolle der reduzierenden Atmosphäre wurde den Alterungsöfen eine LSM11 L<strong>am</strong>bdasonde<br />

9 nachgeschaltet. Diese potentiometrische Sonde beruht auf dem Nernstschen Prinzip.<br />

Ihre Spannung ist eine Funktion des Sauerstoffpartialdrucks (I.5) und ist in Tabelle I-1 aufgeführt.<br />

RT pO2<br />

Luft<br />

U = ln<br />

λ<br />

2F<br />

⋅ pO<br />

(I.5)<br />

2Abgas<br />

Das Gas wird im Ofen auf 1000 °C geheizt. Anschließend kühlt das Gas in der Schlauchverbindung<br />

zwischen Rohrofen und L<strong>am</strong>bdasonde auf Raumtemperatur ab, so dass es zur Kondensation<br />

<strong>von</strong> Wasser <strong>am</strong> Schlauchrand kommt. Der pH 2 O und somit der pO 2 sind in der<br />

Messk<strong>am</strong>mer der L<strong>am</strong>bdasonde folglich geringer als im Rohrofen. Deshalb lassen sich aus<br />

den gemessenen Spannungen qualitative, aber keine quantitativen Schlüsse ziehen.<br />

Für eine Ofentemperatur T Ofen <strong>von</strong> 1273 K, einer Wasserbadtemperatur T Wasserbad <strong>von</strong> 10 °C<br />

bzw. 45 °C und verschiedenen H 2 / N 2 -Gasmischungen ergeben sich folgende Sauerstoffpartialdrücke:<br />

Tabelle I-1 Sauerstoffpartialdruck in Abhängigkeit der Gasmischung bei 1000 °C<br />

pO 2 / bar Gasgemisch T Wasserbad / °C U λ / V<br />

2 ּ 10 -1 Luft - 0,00<br />

1 ּ 10 -4 100 % N 2 - 0,19<br />

4,06 ּ 10 -17 10 % H 2 / 90 % N 2 10 1,07<br />

1,02 ּ 10 -17 20 % H 2 / 80 % N 2 10 1,10<br />

1,63 ּ 10 -18 50 % H 2 / 50 % N 2 10 1,14<br />

8,29 ּ 10 -19 70 % H 2 / 30 % N 2 10 1,141 - 1,148<br />

2,48 ּ 10 -15 10 % H 2 / 90 % N 2 45 -<br />

9 Robert Bosch GmbH, Erstausrüstungs-Informationen L<strong>am</strong>bda-Sonden, Stuttgart, 1995


II. Elektrische Impedanzspektroskopie<br />

Ziel der Untersuchungen mittels elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) war es, Erkenntnisse<br />

über den Alterungsvorgang <strong>von</strong> STF in reduzierenden Atmosphären zu gewinnen. Als<br />

Arbeitshypothese wurde vermutet, dass der Widerstandsanstieg während der Alterung durch<br />

eine Veränderung der Korngrenzen verursacht wird. Aufgrund <strong>von</strong> Messproblemen bei der<br />

EIS <strong>von</strong> STF konnte diese These nicht bestätigt werden. Um zukünftigen Arbeiten zu diesem<br />

Thema den Einstieg zu erleichtern, sollen hier trotzdem kurz die Messungen beschrieben und<br />

auf einige Messprobleme hingewiesen werden.<br />

Die Einleitung zur elektrischen Impedanzspektroskopie wurde [35] entnommen.<br />

Impedanzmessungen bieten die Möglichkeit, verschiedene Beiträge zum Ladungstransport<br />

(Probenvolumen, Korngrenzen, Elektroden) innerhalb des Festkörpers zu separieren. An eine<br />

STF-Ker<strong>am</strong>ik wird eine Wechselspannung der Form<br />

ˆ<br />

j t<br />

U = U ⋅ e ω<br />

(II.6)<br />

angelegt, so dass bei linearem Verhalten ein Strom entsteht:<br />

0<br />

ˆ<br />

j t<br />

0<br />

( )<br />

I = I ⋅ e ω +Φ<br />

(II.7)<br />

Es resultiert ein komplexer Widerstand, der nach (II.8) definiert ist.<br />

ˆ<br />

ˆ U ˆ jΦ<br />

Z = = Z ⋅ e<br />

(II.8)<br />

Iˆ<br />

Die Darstellung erfolgt im Nyquistplot (Im{Z} über Re{Z}) oder im Bode-Diagr<strong>am</strong>m (log |Z|<br />

über log f und φ über log f).<br />

Zur Interpretation der EIS-Messergebnisse wird ein elektrisches Ersatzschaltbild entworfen,<br />

das eine Idealisierung der realen Prozesse im Festkörper repräsentiert. Das Ersatzschaltbild<br />

besteht meist aus einem Konstantphasenglied (reeller Widerstand) und mehreren RC-<br />

Gliedern.<br />

Für den Aufbau Elektrode – Ker<strong>am</strong>ik – Elektrode ergibt sich folgendes Modell (Bild II-2),<br />

das noch um die induktiven und reellen Beiträge der Kontaktierung erweitert werden kann.<br />

Neben dem reinen Ker<strong>am</strong>ikbeitrag (R bulk ) lassen sich Korngrenzbeiträge (R KG ) und Elektrodenbeiträge<br />

(R El ) identifizieren.<br />

Bild II-2 Ersatzschaltbild des idealisierten Systems Elektrode, Ker<strong>am</strong>ik, Elektrode<br />

Um den Einfluss der Kontaktierung auf die Ges<strong>am</strong>timpedanz möglichst gering zu halten, wird<br />

meist eine Vierpunktkontaktierung verwandt, bei der der stromführende Pfad und der Pfad zur<br />

Spannungsmessung getrennt werden. So wird das Ergebnis nicht durch einen Spannungsabfall


78 Anhang II<br />

über der Leitung verfälscht.<br />

Bild II-3 zeigt einen Nyquist-Plot des idealisierten Systems. In der Praxis existieren lokal unterschiedliche<br />

R- und C-Werte. Diese Nichtlinearitäten führen dazu, dass die gemessenen Impedanzverläufe<br />

nahezu immer vom idealen Halbkreis-Verlauf abweichen. Typischerweise<br />

sind die gemessenen Halbkreise flacher, die Mittelpunkte liegen unterhalb der reellen Achse.<br />

Bild II-3 Nyquist-Plot des idealisierten Systems Elektrode, Ker<strong>am</strong>ik, Elektrode<br />

Die Separierbarkeit der verschiedenen Impedanzanteile wird durch die unterschiedlichen Relaxationszeiten<br />

der Prozesse begrenzt. Es gilt:<br />

1 1<br />

ω0<br />

= = (II.9)<br />

τ RC<br />

Aufgenommen wurden die Impedanzspektren durch die Analysegeräte „Zahner IM6“ bzw.<br />

„Novocontrol High Resolution Dielectric Analyzer“.<br />

Als Kontaktierung erwiesen sich das Aufbringen <strong>von</strong> Silberleitlack, das Anlegen <strong>von</strong> Goldnetzen<br />

und das Einspannen mit Gold-Federstiften in eine Teflonmessk<strong>am</strong>mer als ungünstig.<br />

Die Umwicklung mit Platindraht bzw. das Einbrennen <strong>von</strong> Platinkontakten war als Kontaktierung<br />

aber geeignet.<br />

Neben dem Einsatz als resistiver Sauerstoffsensor wird <strong>Sr</strong>TiO 3 auch zur Detektion <strong>von</strong> Feuchte<br />

eingesetzt [4]. Um zu evaluieren, welchen Einfluss die Feuchte der umgebenden Atmosphäre<br />

auf die Spektren hat, wurde die relative Feuchte <strong>von</strong> 15% über 30% zu 85% in einer<br />

Klimak<strong>am</strong>mer geregelt. Man erkennt, dass Messungen bei niedrigen Temperaturen ohne definierte<br />

Feuchte nicht reproduzierbar sind (Bild II-4).


Elektrische Impedanzspektroskopie 79<br />

0<br />

-5000<br />

Im (Z) / Ω<br />

-10000<br />

-15000<br />

-20000<br />

-25000<br />

-30000<br />

0 20000 40000 60000 80000<br />

Re (Z) / Ω<br />

85% RF<br />

30% RF<br />

15% RF<br />

Bild II-4 Nyquist-Plot STF bei 50 °C mit Variation der rel. Feuchte<br />

Die aufgenommenen Spektren wurden mit der Software ZView 2.80 gefittet. Dabei wurden<br />

Ersatzschaltbilder mit zwei RC- bzw. RQ-Gliedern mit seriellem R zugrunde gelegt.<br />

In-situ-Messungen bei hohen Temperaturen (1000 °C) waren nicht möglich. Deshalb wurden<br />

die STF-Ker<strong>am</strong>iken einer Eingangsmessung unterzogen, gealtert (70% H 2 , 30% N 2 , 1000 °C,<br />

12 h, Versuch 8) und erneut vermessen.<br />

Während sich das EI-Spektrum der ungealterten Probe durch ein RC-Glied anfitten ließ, waren<br />

bei den gealterten Proben mindestens zwei Prozesse und d<strong>am</strong>it zwei RC- bzw. RQ-<br />

Glieder zu erkennen. Der Widerstand der gealterten Probe ist während der Alterung um ca.<br />

den Faktor 1000 angestiegen. Bei weiteren Messungen k<strong>am</strong> es wiederholt zum Brechen der<br />

Ker<strong>am</strong>iken während der Alterung. Um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu testen und<br />

den Einfluss des Messplatzes zu evaluieren, wurden die Messungen an einem modifizierten<br />

Messplatz wiederholt. Diese gealterten Proben waren bei 100 °C vollständig isolierend, so<br />

dass das aufgenommene Spektrum nicht durch ein elektrisches Ersatzschaltbild angefittet<br />

werden konnte.<br />

Da die gealterten Proben <strong>am</strong> Leitfähigkeitsmessplatz bei 900 °C durchaus eine elektrische<br />

Impedanz aufwiesen, könnten die Korngrenzen bei 100 °C elektrisch isolierend, bei 900 °C<br />

elektrisch leitend sein.<br />

Aufgrund der hohen Änderung der Polarisationswiderstände sind zur Identifizierung einzelner<br />

Prozesse deshalb In-situ-Messungen nötig. Bild II-5 macht den enormen Anstieg des Widerstandes<br />

mit zunehmender Alterung deutlich.<br />

Ob es überhaupt zu einer Veränderung an den Korngrenzen mit der Alterung <strong>von</strong> STF<br />

kommt, bleibt bei Abschluss dieser Arbeit unklar. XRD- und TEM-Untersuchungen belegen<br />

allerdings die Ausbildung ganzer Eisenkörner und nicht nur Eisenanlagerungen an den Korngrenzen.


80 Anhang II<br />

10 10 Alterung 70% H 2<br />

Alterung 10% H 2<br />

ungealtert<br />

10 8<br />

Im (Z) / Ω<br />

10 6<br />

10 4<br />

10 2<br />

10 0<br />

10 0 10 2 10 4 10 6 10 8 10 10<br />

Re (Z) / Ω<br />

Bild II-5 Logarithmischer Nyquistplot einer ungealterten Probe (schwarz) und zweier gealterten Proben<br />

(dunkelgrau, hellgrau)

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